Zusammenfassung des Urteils BO.2011.11: Kantonsgericht
Der Kläger hat von der Beklagten die Rückzahlung eines Darlehens gefordert, das durch eine Novation entstanden ist. Die Novation setzte jedoch voraus, dass die vorherige Abtretung der Forderung gültig war. Die Beklagte bestreitet die Gültigkeit der Abtretung, da sie als Selbstkontrahierung betrachtet wird. Es wird diskutiert, ob die Forderungsabtretung abstrakt oder kausal ist. Die Beklagte beruft sich auf Rechtsmissbrauch und verzögerte Rechtsausübung. Es wird festgestellt, dass kein offensichtlicher Rechtsmissbrauch vorliegt, der einen Erfüllungsanspruch des Klägers rechtfertigen würde. Letztendlich wird die Klage abgewiesen, da der Kläger nicht nachweisen konnte, dass er rechtmässiger Inhaber der Forderung ist.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | BO.2011.11 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | Kantonsgericht |
Datum: | 29.08.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 2 Abs. 2 ZGB (SR 210); Art. 116, 164 ff., 718b OR (SR 220). Die Novation |
Schlagwörter : | Quot; Darlehen; Recht; Darlehens; Forderung; Schuld; Abtretung; Berufung; Verpflichtung; Vertrag; Verfügung; Gesellschaft; Darlehensvertrag; Novation; Zession; Beklagten; Kläger; Selbstkontrahieren; Verpflichtungs; Entscheid; Klägers; Gültigkeit; Darlehensforderung; Schuldner; Anspruch; Verpflichtungsgeschäft; Berufungsantwort; Inhaber |
Rechtsnorm: | Art. 116 OR ;Art. 164 OR ;Art. 165 OR ;Art. 17 OR ;Art. 2 ZGB ;Art. 311 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 32 ZPO ;Art. 405 ZPO ;Art. 406 ZPO ;Art. 707 OR ;Art. 718b OR ;Art. 8 ZGB ; |
Referenz BGE: | 106 II 320; 115 II 331; 118 II 142; 121 III 60; 126 III 361; 131 II 222; 84 II 355; 95 II 109; |
Kommentar: | - |
Erwägungen
I.
1. a) B ("Beklagte") quittierte am 21. Mai 1990 von der H-AG ein Darlehen von Fr. 85'000.00 erhalten zu haben (bekl. act. 4). Am 23. Juni 1993 trat A ("Kläger"),
einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat ("VR") der H-AG, das "Darlehen gemäss Bilanz per 31.12.1992" der Beklagten gegen Verrechnung eines eigenen Guthabens gegenüber der Gesellschaft "sofort und unwiderruflich" an sich selbst ab (bekl. act. 7).
In der Folge büsste die H-AG ihr Domizil ein und wurde am 31. Januar 1994 von Amtes wegen als aufgelöst erklärt. Am 2. Juni 1994 wurde der Konkurs über sie eröffnet und
das Verfahren am 16. Juni 1994 mangels Aktiven eingestellt; am 12. Dezember 1995
wurde die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht (bekl. act. 5).
Am 4. Juli 2000 unterzeichneten die Parteien einen "Darlehensvertrag", in dem der Kläger als Darlehensgeber und die Beklagte als Darlehensnehmerin fungierten (kläg. act. 2). Der Vertrag hält namentlich fest:
Der Geber gewährt dem Nehmer ein Darlehen im Total-Betrage von CHF 60'000.- (sechzig-tausend). Dieses Darlehen ersetzt dasjenige vom 21. Mai 1990. Beginn 1. Juli 2000.
Als Sicherheit erhält der Geber folgenden an ihn abgetretenen Inhaber-Schuldbrief: Ein Inhaber-Schuldbrief im Betrage von Fr. 50'000.im 5. Rang auf Grundstück Nr. X Rest Y.Bei Verkauf des Unterpfandes wird dieses Darlehen inkl. Zinsen sofort zur Zahlung fällig.
Diese Sicherheit wird erst nach vollständiger Bezahlung des Darlehens inkl. Zinsen vom Geber zurückgegeben.
Der Jahreszins beträgt Basis 1. Hypothek St. Gallische Kantonalbank, derzeit 4.5% und ist unaufgefordert, vierteljährlich in BAR fällig, erstmals per 30.9.2000.
Dieses Darlehen kann nicht mit event. Gegenforderungen verrechnet werden, und der Nehmer betrachtet dies als unwiderrufliche Schuldanerkennung.
Die Rückzahlung hat folgendermassen zu erfolgen (ausgenommen Punkt 2): Der Darlehensbetrag inkl. Rest-Zinsen bis spätestens 31.12.2005.
Teil-Amortisationszahlungen mindestens CHF 1'000.-, pro Quartal.
Sollte der Nehmer mit dem Darlehen Zinsen, wenn auch nur teilweise, in Zahlungsverzug geraten, wird die gesamte Forderung sofort zur Zahlung fällig.
Der Gerichtsstand ist der Wohnsitz des Gebers. [ ]"
Die per 30. September und 31. Dezember 2000 in Rechnung gestellten Amortisationen und Zinsen wurden bezahlt (kläg. act. 4 f.; Klage, S. 3). In der Folge machte die Beklagte Liquiditätsschwierigkeiten geltend und bat um Stundung der Amortisationen und Teilerlass der Forderung (kläg. act. 7-10).
Am 18. Februar 2009 liess die Beklagte, nun anwaltlich vertreten, den Bestand der Darlehensforderung bestreiten; im Rahmen der anschliessenden Korrespondenz zwischen den Rechtsvertretern konnte keine Einigung erzielt werden (kläg. act. 13-23).
2. Am 17. August 2009 wurde der Beklagten in der Betreibung auf Pfandverwertung des Betreibungsamtes der Zahlungsbefehl zugestellt; sie erhob fristgerecht am 18. August 2009 Rechtsvorschlag (kläg. act. 24).
Nach erfolgloser Durchführung des Vermittlungsverfahrens (vi-act. 1) wurde am
29. April 2010 beim Kreisgericht die Klage anhängig gemacht (vi-act. 2, "Klage"). Nach doppeltem Schriftenwechsel (vi-act. 11, "Klageantwort"; vi-act. 13, "Replik"; vi-act. 17, "Duplik") fällte die Vorinstanz nach Durchführung der Hauptverhandlung am 18. Januar 2011 das eingangs zitierte Urteil (vi-act. 23), welches den Parteien am 3. März 2011 in begründeter Form zugestellt wurde (vi-act. 24, "angefochtener Entscheid").
3. Gegen diesen Entscheid erhob die Beklagte mit Eingabe vom 1. April 2011 Berufung (B 1, "Berufung"). Der Kläger beantragte in der Berufungsantwort vom 7. Juni 2011 Abweisung der Berufung, soweit eingetreten werden könne (B 9, "Berufungsantwort"). Im Berufungsverfahren wurden weder eine Verhandlung noch ein zweiter Schriftenwechsel durchgeführt (B 12).
II.
Das Berufungsverfahren richtet sich nach der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) und der gestützt darauf erlassenen st. gallischen Ausführungsgesetzgebung (Art. 405 Abs. 1 ZPO; Art. 29 EGZPO; Art. 44 GO; Art. 34 GKV).
Die von Amtes wegen vorzunehmende Prüfung der Prozessvoraussetzungen (Art. 59 f., 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2, 311 ZPO) ergibt, dass diese erfüllt sind. Insbesondere ist zufolge vorbehaltloser Einlassung der Beklagten die örtliche Zuständigkeit der angerufenen St. Gallischen Ziviljustiz trotz Widerspruchs zur
getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung gegeben (Art. 32 Abs. 1 ZPO/SG in der bis
zum 31. Dezember 2002 gültigen Fassung i.V.m. Art. 406 ZPO).
Der Kläger macht geltend (Berufungsantwort, S. 3 Ziff. III.A und B.1), die Vorinstanz habe sich in ihrem Urteil auf zwei unabhängige Begründungen gestützt. Zum einen habe sie die Gültigkeit der Abtretung der Darlehensschuld von der H-AG an den Kläger bejaht (angefochtener Entscheid, E. II.2), zum andern habe sie aber dargestellt, die Novation durch den Darlehensvertrag vom 4. Juli 2000 sei gültig zustande gekommen (angefochtener Entscheid E. II.3), wobei nach des Klägers Auffassung korrekt gewesen wäre, dies als neuen Vertrag mit unabhängigem rechtlichem Schicksal darzustellen. Indem die Beklagte nur die erste Begründung in Frage stelle, fechte sie nur die eine von zwei unabhängigen Begründungen an, auf ihre Vorbringen sei deshalb nicht einzutreten.
Die Kritik an der Berufungsbegründung geht fehl: Die Beklagte stellt die Gültigkeit des Darlehensvertrages vom 4. Juli 2000 sehr wohl in Frage, und zwar als Folgewirkung der behaupteten Ungültigkeit der Forderungsabtretung im Jahre 1993. Damit stützen sich Kläger und Beklagte auf unterschiedliche rechtliche Konzeptionen, indem diese von voneinander abhängigen Rechtsgeschäften ausgeht, jener dagegen von zwei völlig selbständigen Vorgängen (was nicht exakt der Argumentation der Vorinstanz entspricht). Ob das eine andere mehr zu überzeugen vermag, ist eine Frage der materiellen rechtlichen Beurteilung und nicht des Eintretens. Offen bleiben kann, ob der vom Kläger angerufenen Lehrmeinung, welche sich auf die Rechtsprechung zum Verfahren vor Bundesgericht stützt, im Berufungsverfahren (welches nicht im selben Masse vom Rügeprinzip dominiert ist wie das Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht) zu folgen wäre (vgl. immerhin Ivo M. Hungerbühler, DIKE-Komm-ZPO, N 38 zu Art. 311 ZPO).
Auf die Berufung ist einzutreten.
III.
1. Der Abschluss eines Darlehensvertrages zwischen der Beklagten und der H-AG im Jahr 1990 ist nicht umstritten. Nicht substantiiert bestritten wird seitens der Beklagten zudem, im Rahmen dieses Darlehens von der H-AG den Betrag von Fr. 85'000.00 gemäss der unterzeichneten Quittung (bekl. act. 4) erhalten zu haben.
Der Kläger leitet die eingeklagte Forderung aus dem hiervor zitierten Vertrag vom
4. Juli 2000 ab; damit sei als Ersatz desjenigen von 1990 durch Novation ein neuer Darlehensvertrag mit selbständigem rechtlichem Schicksal über Fr. 60'000.00 vereinbart worden. Der Wortlaut des Vertrages enthalte eine eindeutige Schuldanerkennung, es seien Amortisationen und Zinsen bezahlt worden und das Darlehen sei mehrfach anerkannt worden.
Die Beklagte hält dagegen, die Forderungsabtretung vom 23. Juni 1993 durch ein einzelzeichnungsberechtigtes VR-Mitglied an sich selbst sei ein ungültiges Selbstkontrahieren. Der Kläger sei deshalb nicht rechtsgültig Inhaber der Darlehensforderung geworden. Folgegeschäfte, wie insbesondere die Errichtung eines Schuldbriefes und der Darlehensvertrag vom 4. Juli 2000 seien folglich ebenfalls ungültig, das ungültige Selbstkontrahieren werde durch Novation nicht geheilt.
Novation ist der Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldnerin, kraft dessen eine bestehende Recht-Pflicht-Beziehung so auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt wird, dass die alte Forderung erlischt und dafür eine neue, inhaltlich identische begründet wird. Die der alten Forderung anhaftenden Einwendungen und Einreden, aber auch Bürgschaften und Sicherheiten bestehen nicht mehr. Zu beachten ist indessen, dass mit der Novation eine Forderung erlischt, nicht aber das begründende Schuldverhältnis. Der Novationsvertrag enthält mithin die Bedingung, dass die zu tilgende Forderung bestehe: Eine Forderung, die wegen Widerrechtlichkeit, Formungültigkeit ähnlicher Mängel nicht besteht, kann durch Novation nicht "gerettet werden". Der Schuldnerin stehen mithin wie beim beweisabstrakten Schuldversprechen (dazu nachstehend E. 4) - der Nachweis eines solchen Bedingungszusammenhanges und die Bestreitung der erfüllten Bedingung offen (Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2. A. 1988, S. 406, 409 f.; BSK OR I [4. A.]-Gonzenbach, N 4 zu Art. 116 OR; KUKO OR-Lardi/ Vanotti, N 4 zu
Art. 116 OR). Denkbar ist zwar, dass die Begründung einer vom bisherigen
Schuldgrund völlig unabhängigen Schuld gewollt ist; dies setzt aber ein (materiell) abstraktes Schuldbekenntnis, verbunden mit einem Erlassvertrag voraus, was sich aus der Auslegung der Vereinbarung ergeben muss (Bucher, a.a.O., S. 61, 409).
Aus dem vorliegenden Darlehensvertrag vom 4. Juli 2000 ergibt sich eine solch umfassende Abkehr vom ursprünglichen Vertragsverhältnis gerade nicht. Der Vertrag enthält eine ausdrückliche Schuldanerkennung und bestellt eine (neue) Sicherheit für die anerkannte Forderung über Fr. 60'000.00. Der Vertrag verweist ausdrücklich auf den früheren Darlehensvertrag vom 21. Mai 1990. Aus dem Kontext wird klar, dass nur der Vertrag zwischen der Beklagten und der H-AG gemeint sein konnte. Bei der Darlehensforderung des Klägers an die Beklagte handelt es sich mithin um die Rückforderung der durch die H-AG an die Beklagte übergebenen Darlehenssumme (resp. deren Restanz).
Ein Ersatz des Darlehensvertrages aus dem Jahr 1990 durch denjenigen aus dem Jahr 2000 durch Novation setzt das gültige Bestehen der zu novierenden Forderung voraus. Damit der Kläger gültig für sich mit der Beklagten eine Novation vereinbaren konnte, musste er Inhaber der Forderung sein.
Die Abtretung von Forderungen (Zession) ist ein Vertrag, der zwischen Zedent und Zessionar geschlossen wird, ohne dass der betroffene Schuldner seine Zustimmung dazu geben müsste (Art. 164 Abs. 1 OR; zur Ausnahme: BSK OR I-Girsberger, N 2 zu Art. 164 OR). Sie ist ein Verfügungsgeschäft, das rechtstechnisch auf einem Verpflichtungsgeschäft ("Rechtsgrundgeschäft", "pactum de cedendo") beruht. Verpflichtung und Verfügung fallen zeitlich häufig zusammen (Bucher, a.a.O. S. 552 ff.; BSK OR I-Girsberger, N 15 f. zu Art. 164 OR; ZK-Spirig, N 31, 33 f. vor Art. 164 OR; BGE 118 II 142 E. 1.b).
Die umstrittene Forderungsabtretung vom 23. Juni 1993 (bekl. act. 7) ist unter dem Briefkopf der H-AG verfasst, mit Verwendung der Privatadresse des Klägers. Es wurde eine Darlehensforderung der H-AG (gegenüber der Beklagten) unter Verrechnung eines Guthabens des Klägers gegenüber der H-AG abgetreten. Betreffend die Höhe der verschiedenen Positionen wird auf ein externes Dokument verwiesen (Bilanz per 31. Dezember 1992 betreffend Darlehensforderung) resp. geschwiegen (Guthaben Kläger).
Unterzeichnet ist die Abtretung durch den Kläger namens der Abtretenden. Es handelt sich um einen Fall der Forderungsabtretung, in der Verpflichtungsgeschäft (Verpflichtung zur Übertragung der Forderung B gegen Tilgung Aktionärsguthaben A) und Verfügungsgeschäft (effektiver Übergang der Berechtigung am Darlehen B an den Kläger) zeitlich zusammenfallen. Der Kläger unterzeichnete dieses Dokument für sich selbst nicht, doch ist die stillschweigende Annahme zu vermuten (vgl. BSK OR I- Girsberger, N 15 zu Art. 164 OR; ZK-Spirig, N 23 vor Art. 164 OR).
Beim Verpflichtungsgeschäft stand der Kläger als Organ der Gesellschaft sich selbst als Vertragspartner gegenüber. Es handelt es sich um einen klaren Fall des Selbstkontrahierens (Böckli, Schweizer Aktienrecht, 4. A. 2009, § 13 N 602).
Am 1. Januar 2008 trat der neue Art. 718b OR in Kraft, der im Kern auf einen Vorentwurf vom 28. April 1999 und die anschliessende Vernehmlassung zurückgeht (vgl. BBl 2002 3153, 3230 und 3291). Die herkömmliche Lehre und Praxis ging davon aus, ein Selbstkontrahieren des Organs sei grundsätzlich verboten und nur in Ausnahmefällen zulässig (BGE 126 III 361 E. 3.a; Forstmoser/ Meier-Hayoz/ Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996 § 30 N 122 f.). In der Lehre besteht Einigkeit, dass Art. 718b OR - der das Selbstkontrahieren als erlaubt darstellt ein Formerfordernis regelt, welches zu den bisherigen materiellen Anforderungen hinzutritt (BSK OR II-Watter/ Roth Pellanda [3. A.], N 9 zu Art. 718b OR; Böckli, a.a.O., § 13 N 605e, je m.w.H.). Inhaltlich hat sich durch das Inkrafttreten des Art. 718b OR nichts geändert: Statt eines Verbotes mit restriktiven Ausnahmen ist nun von einer Zulässigkeit unter denselben restriktiven Voraussetzungen auszugehen. Die übergangsrechtliche Frage nach dem anwendbaren Recht es gelten die im Jahre 1993 anwendbaren Regeln (Art. 1 Abs. 2 SchlT ZGB) ist damit ohne inhaltliche Auswirkungen.
Schliesst das Organ namens der Gesellschaft einen Vertrag mit sich selbst, so liegt ein Interessenkonflikt vor. Dieser besteht darin, dass das einzelzeichnungsberechtigte Organ für beide Vertragsparteien über Leistung und Gegenleistung entscheidet sowie darüber, wie sich Wert und Gegenwert die Waage halten. Gemünzt auf den vorliegenden Fall soll das Organ für die Gesellschaft entscheiden, ob ein Aktivum zur Tilgung einer bestimmten Forderung übergeben wird (und in welchem Umfang die
Tilgung erfolgt), während das Organ für sich als natürliche Person entscheidet, ob es das Aktionärsdarlehen (im Wissen um die Substanz der Unternehmung) gegen ein (unter Umständen werthaltigeres) Darlehen mit einer Drittperson "austauscht". Die gesellschaftsrechtliche Vertretungsmacht des VR deckt ein solches Selbstkontrahieren
in Fortführung der bisherigen Praxis - nur ab, wenn eine Genehmigung durch nicht betroffene VR-Mitglieder resp. die Generalversammlung (GV) vorliegt aber wenn die Benachteiligung der Gesellschaft durch den Inhalt des Geschäfts praktisch ausgeschlossen ist durch die Anwendung (offengelegter) Marktwerte, das Vorliegen einer verlässlichen externen Bewertung des Rechtsgeschäftes im Hinblick auf die Gesellschaftsinteressen ("Fairness Opinion") die Anwendung eines objektiven Beurteilungsmassstabes (Böckli, a.a.O., § 13 N 603; BSK OR II-Watter/ Roth Pellanda, N 8 zu Art. 718b OR). Die Anforderungen dienen dem Schutz der Minderheitsaktionäre und der Gesellschaft, nicht aber der Gesellschaftsgläubiger (BGE 126 III 361 E. 5.a). Sonderfall ist deshalb die Einpersonengesellschaft: Hält der Aktionär alle Aktien und ist er alleiniger einzelzeichnungsberechtigter Aktionär, so kann er mit sich selbst Geschäfte abschliessen - die Gesellschaftsgläubiger sind durch die paulianische Anfechtungsklage und die Verantwortlichkeit des VR geschützt (BGE 126 III 361 E. 5.a; Böckli, a.a.O., § 13 N 608). Rechtsfolge des "treuwidrigen" Geschäfts ist die Missbrauchseinrede, Rückforderungsklage Verantwortlichkeitsklage der Gesellschaft (Böckli, a.a.O., § 13 N 609).
Der Kläger ist beweispflichtig dafür, Inhaber der im Jahr 2000 novierten Forderung zu sein (Art. 8 ZGB). Die Klage schweigt sich zum Darlehen von 1990 gänzlich aus und setzt erst mit dem Vertrag vom 4. Juli 2000 ein. Die erstinstanzliche Replik begnügt sich mit Bestreitungen und der Betonung dieses Vertrages als Schuldanerkennung. Auch an der Hauptverhandlung war die Gültigkeit der Abtretung kein Thema (angefochtener Entscheid, E. I.5). In der Berufungsantwort schliesslich behauptet der Kläger, er sei bei der Abtretung Alleinaktionär gewesen und habe seine Aktien nach dieser Abtretung verkauft (Berufungsantwort, S. 4). Diese Behauptung ist neu und daher von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - nicht zu berücksichtigen (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Zum Beweis verweist der Kläger zudem lediglich auf den Handelsregisterauszug (bekl. act. 5). Dieser aber sagt zu den Verhältnissen im Juni 1993 nichts aus: Mit Erfassung des Eintrages im November 1993 anlässlich der Sitzverlegung in den Kanton Zürich wurden der Kläger und E gleichzeitig als
Verwaltungsräte eingetragen (der Kläger gleichzeitig aber gelöscht). In der im Jahr 1993 gültigen Fassung von Art. 707 OR setzte die Wahl von E in den VR seine Aktionärseigenschaft voraus. Wann E Aktionär und/ Verwaltungsratsmitglied wurde, und damit auch, ob er dies neben nach dem Kläger war, ist nicht ersichtlich. Über die Beteiligungsverhältnisse und deren Veränderung sagt der Auszug (entgegen der Auffassung der Vorinstanz [angefochtener Entscheid, E. II.2]) nichts aus. Zumal die Rechtsprechung zum Selbstkontrahieren stark den Schutzzweck zugunsten der Gesellschaft und der Mitaktionäre betont, kann nicht ohne entsprechend substantiierten Beweis zugunsten des Klägers vermutet werden, er sei tatsächlich zur massgeblichen Zeit Alleinaktionär gewesen.
Als Alleinaktionär wäre der Kläger zum Selbstkontrahieren ermächtigt gewesen. Andernfalls hätte das Geschäft entweder (durch die GV weitere VR-Mitglieder) genehmigt werden müssen aber es hätte objektiv "gefahrlos" sein müssen. Angeblich hatte die H-AG ein Guthaben (Aktionärsdarlehen o.ä.) beim Kläger ausstehend (Belege dazu fehlen gänzlich). Dieses angebliche Passivum wurde mit der Abtretung des Aktivums "Darlehen B" getilgt. Eine unabhängige Bewertung dieses Geschäfts liegt nicht vor. Die im Raume stehenden Zahlen (Höhe Darlehen/ Guthaben) resp. deren objektive Bewertungen sind weder bekannt noch belegt. Weist der Kläger aber nicht nach, dass er entweder Alleinaktionär war das In-Sich-Geschäft von den anderen VR-Mitgliedern der GV genehmigen liess dieses objektiv für die Gesellschaft unschädlich war, so fehlt der Nachweis, dass die damalige Abtretung von seiner Vertretungsmacht (und nicht nur -befugnis; Böckli, a.a.O., § 13 N 603, 509) als VR gedeckt war.
Diese Einschränkung betrifft die Abtretung, soweit sie das Verpflichtungsgeschäft ist, denn dieses ist wegen des Entscheides über Leistung und Gegenleistung mit einem Interessenkonflikt behaftet und die Verpflichtung ist durch die Zweiseitigkeit einer neutralen Bewertung mit Blick auf ihre Schädlichkeit für die Gesellschaft zugänglich. Die Übertragung der Forderung als Verfügungsgeschäft demgegenüber ist der blosse Vollzug der eingegangenen Verpflichtung, welcher keinen Entscheid über die Gegenleistung mehr enthält.
Nachdem zwar nicht nachgewiesen, aber auch nicht bestritten ist, dass der Kläger im Abtretungszeitpunkt einzelzeichnungsberechtigtes VR-Mitglied war, ist vom Vorliegen der Verfügungsmacht (ZK-Spirig, N 33 vor Art. 164 OR) des Klägers auszugehen. Es ist in der Folge die Frage zu beantworten, ob die Abtretung als Verfügungsgeschäft dahin fällt, wenn die Gültigkeit des Verpflichtungsgeschäfts nicht erstellt ist. Hängt die Gültigkeit des Verfügungsgeschäfts vom zugrundeliegenden Rechtsgeschäft ab, so spricht man von Kausalität (ZK-Spirig, N 65 ff. vor Art. 164 OR); hat die Abtretung auch Bestand, wenn die zugrundeliegende causa nicht vorliegt, ungültig ist sich nicht verwirklicht hat, so liegt Abstraktheit vor (ZK-Spirig, N 38 ff. vor Art. 164 OR). Während bei der Übereignung von Grundund Fahrniseigentum die Geltung des Kausalitätsprinzips anerkannt ist, ist die Frage bei der Forderungsabtretung umstritten. Das Bundesgericht liess sich in der älteren Rechtsprechung vom Abstraktionsprinzip leiten, konnte die Frage später aber auch wenn sich eine "erneute Prüfung dieser grundsätzlichen Frage des Zessionsrechtes genügend rechtfertigen" dürfte (BGE 84 II 355 E. 1) jeweils offen lassen. Die Diskussion wird in der Lehre engagiert geführt; galt einst die Lehre von der abstrakten Natur der Zession geradezu als Dogma, ist heute keine eindeutig herrschende Meinung mehr auszumachen (ausführliche Nachweise der Diskussion insbesondere bei ZKSpirig, N 37 ff. vor Art. 164 OR; Bucher, a.a.O. S. 554 ff.; BSK OR I-Girsberger, N 22 ff. zu Art. 164 OR; Alfred Koller, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 3. A. 2009, § 3 N 61, § 84 N 78 ff.; vgl. ferner Gauch/ Schluep/ Schmid/ Emmenegger,
Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 9. A. 2008, N 1504 ff. und 3514 ff.; Huguenin, Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 3. A. 2008, N 1288 ff. [mit Aufteilung der "Lager"]; Jäggi, Zur "Rechtsnatur" der Zession, SJZ 67/ 1971, 6 ff.; KUKO OR-Lardelli, N 3 f. zu Art. 164 OR; BGE 95 II 109 E. 2.b; Wieland Schmid, Zur Rechtsnatur der Forderungsabtretung, SJZ 66/ 1970, 299 ff.; Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 5. A. 2009, N 90.08; Entscheid des Bundesgerichts 4C.75/2006 vom 20. Juni 2006 E. 1.3).
Umstritten ist neben anderen Details auch, ob die Nennung des Rechtsgrundes in der Abtretungsurkunde (Art. 165 Abs. 1 OR) alleine schon die Abtretung zur kausalen mache (so: ZK-Spirig N 39 und 66 vor Art. 164 OR) ob dies nur der Fall sei, wenn die Abhängigkeit vom Grundgeschäft ausdrücklich als Bedingung vereinbart ist (so: Bucher, a.a.O., S. 558).
Die Diskussion braucht nicht im Einzelnen aufgezeigt zu werden (siehe dazu die zitierte Literatur), da wesentliche Aspekte im Zentrum der Frage nach der Rechtsnatur (insbesondere Thesen, die sich an der Verkehrsfähigkeit von Forderungen orientieren) hier nicht berührt sind. Zu beantworten ist konkret die im Allgemeinen "ungelöste Frage des Zessionsrechts" (Jäggi, a.a.O., S. 8), ob die Schuldnerin im Prozess mit dem Zessionar dessen Gläubigerschaft durch Einwendungen aus den Rechtsbeziehungen zwischen Zedent und Zessionar zu bestreiten befugt ist (statt vieler: Gauch/ Schluep/ Schmid/ Emmenegger, a.a.O., N 3526 ff.; BSK OR I-Girsberger, N 23 zu Art. 164 OR). Erklärte Befürworter der Abstraktionslehre vertreten die Auffassung, es könne nicht angehen, der Schuldnerin die Möglichkeit einzuräumen, Mängel aus einem Rechtsgeschäft Dritter Parteien ausserhalb ihrer Sphäre ("res inter alios acta") geltend zu machen; sehr wohl aber könne sie die Gültigkeit der Zession selbst bestreiten. Mit Recht streicht Jäggi (a.a.O., S. 8) hervor, dass die auf der abstrakten Konzeption beruhende, "überbetonte" Unterscheidung zwischen Verpflichtungsund Verfügungsgeschäft der Klärung von Sachfragen nicht diene; sein Einwand, schliesslich sei auch die Abtretung ein (Verfügungs-)Vertrag, der sich für die Schuldnerin unter Dritten abspiele, bekommt besonderen Gehalt in Fällen wie dem vorliegenden, da beide Akte - Verpflichtung und Verfügung in einer Urkunde vorgenommen werden, in welcher Verpflichtungsund Verfügungs-Ebene auch grammatikalisch verwoben sind. Die Unterscheidung dieser Ebenen führt bei rein abstrakter Sichtweise zum Resultat, dass nur die Verfügung soll in Frage gestellt werden können, nicht aber Verpflichtung und dass die Verfügung unter Umständen gar Gültigkeit behielte, obwohl die Verpflichtung dahin fällt - dieses Resultat wäre nicht nur darum stossend, weil beide Vorgänge in einem Dokument festgehalten wären und sprachlich gar nicht voneinander gesondert werden können, sondern auch deshalb, weil so derselbe Autor, der die von der Vertretungsmacht nicht gedeckte Verpflichtung abschliesst, diese im selben Akt durch die gleichzeitige Verfügung faktisch zu heilen vermöchte. Fällen wie dem vorliegenden kann nur begegnet werden, wenn man in Anlehnung an vorzitiertes Postulat Spirigs (ZK-Spirig, N 39 und 66 vor Art. 164 OR) unterstellt, die Verquickung von Verpflichtung und Verfügung berge den Parteiwillen "vernünftiger und redlicher Vertragsparteien" (ZK-Spirig, N 106 vor Art. 164 OR) in sich, die beiden Ebenen kausal zu verknüpfen.
Zusammengefasst kann der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung des Darlehens gestützt auf den Darlehensvertrag vom 4. Juli 2000 dann fordern, wenn damit eine Forderung noviert wurde, die davor bestand und ihm vor allem auch zustand. Zumal unbestritten ist, dass die novierte Darlehensforderung diejenige gemäss Darlehensvertrag zwischen der H-AG und der Beklagten vom 21. Mai 1990 ist, war der Kläger nur dann berechtigter Inhaber der Forderung, wenn die Abtretung (Zession) vom 23. Juni 1993 gültig war. Dies wiederum hängt davon ab, ob die der Zession zugrundeliegende Verpflichtung (Tilgungsvertrag; causa) gültig ist. Da diese causa aus gesellschaftsrechtlicher Warte ein Selbstkontrahieren war, setzte die Gültigkeit voraus, dass der Kläger Alleinaktionär war, das Geschäft genehmigt war dessen Unschädlichkeit objektiv belegt war. Die Beklagte ist berechtigt, die Aktivlegitimation der Klägers unter Berufung auf das ungültige Selbstkontrahieren im Verpflichtungsgeschäft zu bestreiten, und sie hat das getan. Dem Kläger gelingt nicht, eine der alternativen Voraussetzungen für die Gültigkeit der Verpflichtung zu belegen.
Der Kläger beruft sich auf die "unwiderrufliche Schuldanerkennung", welche im
Darlehensvertrag vom 4. Juli 2000 enthalten sei (Berufungsantwort, S. 4).
Soweit sich der Kläger damit auf Art. 17 OR beruft, kann festgehalten werden, dass es das völlig abstrakte Schuldbekenntnis nicht gibt. Ein Schuldbekenntnis ist in jedem Falle von der zugrundeliegenden Forderung abhängig (BSK OR I-Schwenzer, N 13 zu Art. 17 OR). Im vorliegenden Fall gilt analog den Ausführungen zur Novation -, dass mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf den vorbestehenden Darlehensvertrag ein mehr als beweisabstraktes Schuldbekenntnis, das nur aber immerhin eine Beweislastumkehr bewirkt, nicht angenommen werden kann (BSK OR I-Schwenzer, N 8 f. zu Art. 17 OR).
Der Kläger (Berufungsantwort, S. 4 u.) und die Vorinstanz (angefochtener Entscheid, E. II.2) werfen der Beklagten treuwidriges resp. rechtsmissbräuchliches Verhalten vor. Sie habe so die Vorinstanz kein schützenswertes Interesse, sich auf die 18 Jahre zurückreichende Ungültigkeit des Verpflichtungsgeschäfts zu berufen und sich so "ihrer Rückzahlungspflicht zu entschlagen im Wissen, dass die ursprüngliche Gläubigerin nicht mehr existiert". Dazu fällt was folgt in Betracht:
Verträge resp. Schuldverhältnisse begründen (i.d.R. relative) subjektive Rechte der Parteien (vgl. Bucher, a.a.O., S. 27 ff.). Diese stehen einer (natürlichen juristischen) Person zu, welche folglich berechtigt ist, diese Rechte klageweise geltend zu machen ("Aktivlegitimation"). Die Tatsache, dass ein Anspruchsinhaber seine Rechtspersönlichkeit verloren hat sei es durch Tod, Verschollenerklärung Liquidation -, wirft die materiellrechtliche Frage nach der weiteren Trägerschaft des Anspruchs auf (im Rahmen einer Universal- [z.B. Erbgang] Spezialsukzession [bspw. konkursrechtliche Verwertung]). Auch nach dem Verlust der Rechtspersönlichkeit des Inhabers eines Anspruchs bestimmt sich nach materiellem Recht, wem der Anspruch zusteht und wem nicht, ob ein Ansprecher aktivlegitimiert ist nicht. Bestreiten der Aktivlegitimation ist die Behauptung, ein Anspruch käme, wenn er bestünde, jedenfalls nicht dem Ansprecher zu (Bucher, a.a.O., S. 50). Die in Anspruch genommene Schuldnerin hat ein Interesse daran - unabhängig davon, ob sie die Existenz des Anspruchs bestreitet nicht -, in Frage zu stellen, ob der Ansprecher wirklich legitimiert ist.
Das Eingehen eines Darlehens begründet für den Darlehensnehmer die Rückleistungspflicht. Das Rückforderungsrecht ist ein subjektives Recht, welches vom Darlehensgeber als Anspruchsinhaber (oder seinem Rechtsnachfolger) geltend zu machen ist. Tut er dies nicht kann er es nicht, so mag sich die Schuldnerin im Effekt tatsächlich "der Rückzahlungspflicht entschlagen". Indessen ist die Möglichkeit der Nicht-Inanspruchnahme der Schuldnerin alleine kein Grund, ihr das Rechtsschutzinteresse an der Bestreitung der Aktivlegitimation des Ansprechers abzusprechen.
Art. 2 Abs. 2 ZGB verweigert dem "offenbaren Missbrauch" eines Rechts den Rechtsschutz. Die Norm dient als "Notbehelf" der Lösung von Einzelfällen, in denen formales Recht zu materiell krassem Unrecht führen würde. Der Normmissbrauch ist dann ein offenbarer, wenn niemand die normgetreue Entscheidung begreifen würde, die Anwendung der fraglichen Norm, konsequent zu Ende gebracht, untragbar erschiene, weil sie auf keinerlei Anerkennung in der Rechtsgemeinschaft stösst. Die Anwendbarkeit des Rechtsmissbrauchsverbotes beschränkt sich auf das "schlechthin nicht mehr zu billigende", auf die "injustice manifeste" (Hausheer/ Jaun, Stämpflis Handkommentar, N 89 f. zu Art. 2 ZGB; BSK ZGB I [4.A.]-Honsell, N 28 zu Art. 2 ZGB;
BK-Merz, N 40 zu Art. 2 ZGB; BGE 131 II 222 E. 4.2; 135 III 162 E. 3.3.1).
Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB hat jede Instanz von Amtes wegen zu beachten, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von einer Partei in der vom Prozessrecht vorgeschriebenen Weise vorgetragen worden sind und feststehen. Einer besonderen Einrede bedarf es nicht (BGE 121 III 60 E. 3.d; 140 II 99 E. 2.b).
Der Kläger bringt vor, die Beklagte habe "schon am 4. Juli 2002 [recte: 2000] spätestens" Kenntnis von der Abtretung der Darlehensforderung gehabt, welche an jenem Tag in einen neuen Vertrag gefasst und mit einem Inhaberschuldbrief gesichert worden sei. Der Darlehensvertrag sei zur "unwiderruflichen Schuldanerkennung" erklärt worden, es seien zwei Amortisationsraten und mehrere Zinszahlungen geleistet und mehrere Erklärungen abgegeben worden, welche als Anerkennungen zu qualifizieren seien. Nach alledem nehme sie nun von Dritten geleitet treuwidrig einen neuen Standpunkt ein (Berufungsantwort, S. 3-5). Die Klägerin erklärt die vorerst erfolgten Erfüllungshandlungen mit "Gutgläubigkeit, Irrtum und [ ] Dummheit" und Unterlegenheit in rechtlichen Belangen (Berufung, S. 3; Klageantwort, S. 4).
Das Gebot der Einzelfallorientierung in überschaubare Bahnen lenkend, haben sich die Praxis und die Lehre bemüht, die Fälle anerkannten Rechtsmissbrauchs in Fallgruppen einzuteilen (Hausheer/ Jaun, a.a.O., N 93 ff. zu Art. 2 ZGB; BSK ZGB I-Honsell, N 37 ff. zu Art. 2 ZGB [zur Methodik vgl. insbesondere N 37]; BK-Merz, N 285 ff. zu Art. 2 ZGB), wobei sich die Prüfung vorliegendenfalls offenkundig auf die Fallgruppen des widersprüchlichen Verhaltens, der unzulässigen Berufung auf einen Formmangel und der Verwirkung durch verzögerte Rechtausübung beschränken kann.
Grundsätzlich besteht keine Gebundenheit an das eigene Handeln. Gestattet ist insbesondere jedermann, sein Verhalten und seine Meinung im Laufe der Zeit aufgrund besserer Einsicht zu ändern. Erst recht gilt dies, wenn die Rechtslage unklar zweifelhaft ist. Ein Verbot widersprüchlichen Verhaltens greift nur dann, wenn durch das frühere Handeln ein schutzwürdiges Vertrauen auf konsequentes Verhalten geschaffen wurde, welches durch die neue Handlung enttäuscht wurde. Der Vertrauende musste Dispositionen getroffen haben, die sich angesichts der neuen Situation als nachteilig erweisen (Hausheer/ Jaun, a.a.O., N 130 zu Art. 2 ZGB m.w.H.;
BSK ZGB I-Honsell, N 43 zu Art. 2 ZGB; BK-Merz, N 401 zu Art. 2 ZGB; BGE 106 II 320
E. 3).
Aus den vorgelegten Tatsachenbehauptungen und Beweismitteln ergibt sich nicht, dass die Beklagte vor dem Juli 2000 von der "Abtretung" der Darlehensforderung von der H-AG an den Kläger überhaupt Kenntnis hatte. Ob sie den Vorgang damals verstand dieser sich ihr erst im Mai/Juni 2009 im Zuge der anwaltlichen Korrespondenz (kläg. act. 18 f.) erhellte, kann offen bleiben. Die Beklagte sperrte sich erst nach anwaltlicher Beratung gegen die erhobene Forderung (kläg. act. 13), wobei vorab auf den Widerspruch in der Gläubigerschaft der Darlehen 1990 resp. 2000 hingewiesen wurde (kläg. act. 18). Die Beklagte kannte nicht nachweislich vor dem 19. Juni 2009 (kläg. act. 19) die Abtretungsurkunde und damit den Mangel der Abtretung. Es ist legitim, sich auf einen Mangel erst zu berufen, nachdem man ihn erkannt hat. Inwiefern das vermeintlich vertragskonforme Verhalten der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers schuf und dieser nachteilige Dispositionen traf, ist unklar: Seitens des Klägers werden erst nach dem Darlehen von 2000 Erklärungen und Handlungen der Beklagten dargetan, die auf eine vorbehaltlose Vertragserfüllung hindeuteten entsprechende Handlungen Erklärungen aus der Zeit vor dem Jahr 2000 sind nicht ersichtlich und wären mangels Aktenkundigkeit der damaligen Darlehensvereinbarung auch nicht beurteilbar. Einzig denkbare "schädliche" Disposition des Klägers ist der Verzicht, sich um eine nachträgliche Genehmigung resp. Dokumentierung der Objektvität der Abtretung zu bemühen, was nur vor dem Konkurs über die H-AG denkbar gewesen wäre. Dass der Kläger dies vor der Liquidation der H- AG im Vertrauen auf den Eindruck nur vermeintlicher Vertragskonformität unterliess, ist nicht zu erkennen.
Rechtsprechung und Lehre zur missbräuchlichen Berufung auf Formungültigkeit können nur sinngemäss beigezogen werden, da vorliegend zwischen den Parteien nicht ein Formmangel (sondern mangelnde Aktivlegitimation vor der Novation) im Raume steht resp. das wegen fehlender Vertretungsmacht mangelhafte Geschäft (Abtretung im Jahre 1993) nicht zwischen den Parteien geschlossen wurde. Zur missbräuchlichen Berufung auf den Formmangel eines Rechtsgeschäfts hat das Bundesgericht festgehalten, dass sich aus dem Rechtsmissbrauchsverbot grundsätzlich kein Erfüllungsanspruch ergeben kann. Rechtsmissbräuchlich ist das
Geltendmachen des Formmangels nur, wenn der Vertrag in wesentlichen Punkten bereits freiwillig und in Kenntnis des Formmangels erfüllt wurde. Ob ein Rechtsmissbrauch vorliege, hat der Richter nicht in Anwendung von starren Regeln zu entscheiden, sondern unter Würdigung aller Umstände des konkreten Falles (BGE 115 II 331 E. 5.a; 104 II 99 E. 3, je m.w.H.; vgl. Hausheer/ Jaun, a.a.O., N 139 ff. zu Art. 2 ZGB; BSK ZGB I-Honsell, N 45 zu Art. 2 ZGB; BK-Merz, N 462 ff. zu Art. 2 ZGB).
Unter Verweis auf die unmittelbar vorstehende Erwägung kann wiederholt werden, dass nicht nachgewiesen ist, dass die Beklagte vor dem Jahr 2009 Kenntnis von der Mangelhaftigkeit der Abtretung im Jahre 1993 und folglich der Novation im Jahre 2000 hatte. Mit Erfüllungshandlungen, die nicht klar im Wissen um die Fehlerhaftigkeit des Anspruchs erfolgten, kann nicht gestützt auf das Rechtsmissbrauchsverbot ein Erfüllungsanspruch begründet werden.
Eine Verwirkung infolge verzögerter Rechtsausübung wird vor allem dann angerufen, wenn ein (insbesondere an einer Unterlassung) Berechtigter sich in unvereinbaren Widerspruch zu seiner früheren Untätigkeit setzt, und zwar unter Umständen, die das Zuwarten als Verstoss gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist der Fall etwa dann, wenn mit dem Zuwarten mit Sicherheit auf einen Verzicht geschlossen werden kann, wenn dem Partner aus dem Zuwarten Nachteile erwachsen wenn eine Beweisverdunkelung herbeigeführt werden soll (Hausheer/ Jaun, a.a.O., N 136 ff.; BSK ZGB I-Honsell, N 49 zu Art. 2 ZGB; BK-Merz, N 512 ff. zu Art. 2 ZGB).
Tatsachenbehauptungen, welche eines dieser notwendigen Elemente zu stützen vermöchten, liegen nicht vor. Unter Verweis auf die Erwägungen zu den vorab behandelten beiden Fallgruppen ist festzustellen, dass insbesondere kein Anhaltspunkt besteht, auf einen Verzicht der Geltendmachung fehlender Aktivlegitimation zu schliessen.
Insgesamt ist in der langen Dauer zwischen der Abtretung der Darlehensforderung von der H-AG an den Kläger und der Geltendmachung ihrer Ungültigkeit durch die Beklagte und der in dieser Zeit erfolgten Erfüllungshandlungen kein
Rechtsmissbrauchstatbestand zu erkennen, der das Entstehen eines Erfüllungsanpruchs des Klägers gestützt auf Art. 2 Abs. 2 ZGB rechtfertigen würde.
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