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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils OG 1991 1: Obergericht

Die Cour de Cassation pénale hat über einen Rekurs von K.________ und L.________ gegen ein Urteil des Jugendgerichts in einer Strafsache entschieden. Der Beschuldigte Z.________ wurde des Diebstahls und anderer Vergehen beschuldigt, jedoch aufgrund fehlender Beweise freigesprochen. Die Rekurrenten forderten die Verurteilung des Beschuldigten und eine Entschädigung in Höhe von 500 CHF. Die Cour de Cassation entschied, dass der Rekurs abgewiesen wird und die Gerichtskosten in Höhe von 650 CHF den Rekurrenten auferlegt werden.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG 1991 1

Kanton:LU
Fallnummer:OG 1991 1
Instanz:Obergericht
Abteilung:I. Kammer
Obergericht Entscheid OG 1991 1 vom 08.03.1990 (LU)
Datum:08.03.1990
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 7, 955 ZGB, Art. 135 0R. Auf den Anspruch nach Art. 955 ZGB sind, in Anwendung von Art. 7 ZGB, ausschliesslich die Bestimmungen des OR über die Verjährungsunterbrechung anzuwenden.

Schlagwörter : Verjährung; Unterbrechung; Anspruch; Recht; Bestimmungen; Zivilrecht; Forderung; Staat; Schuld; Klage; Bundeszivilrecht; Haftung; Beamtengesetz; Forderungen; Lehre; Handlung; Natur; Gründen; Schuldner; Ansprüche; Zweifel; Urteil; Obligationenrecht; Vorinstanz; Schadenersatzforderung; Rechtsprechung; Geltendmachung; Deschenaux/Weber; Huber
Rechtsnorm:Art. 135 OR ;Art. 55 OR ;Art. 6 ZGB ;Art. 60 OR ;Art. 7 ZGB ;Art. 955 ZGB ;
Referenz BGE:51 II 394; 51 II 395; 86 II 343;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts OG 1991 1

Die Kläger beanstanden, dass die Vorinstanz für die Unterbrechung der Verjährung ausschliesslich Art.135 OR gelten lasse. Sie vertreten die Auffassung, bei der eingeklagten Schadenersatzforderung wegen falscher Vermessung der Parzellen durch den Nachführungsgeometer handle es sich um einen Anspruch aus öffentlichem Recht. Zur Unterbrechung der Verjährung solcher Forderungen bedürfe es nach Lehre und bundesgerichtlicher Rechtsprechung lediglich ihrer Geltendmachung und nicht einer qualifizierten Handlung nach Art. 135 OR.

a) (. . .)

b) Die Klage nach Art. 955 ZGB (Haftbarkeit der Kantone für die Grundbuchführung) ist materiell öffentlichrechtlicher Natur (Deschenaux/Weber, Schweizerisches Privatrecht, Band. V/3.I, S. 239). Öffentlichrechtliche Bestimmungen des ZGB und OR sind allerdings Bundeszivilrecht im formellen Sinn, sie gehören zum formellen Bundesprivatrecht (Deschenaux/Weber, a. a. O., S. 236; Huber, Berner Kommentar, N 105 ff. zu Art. 6 ZGB). Dies wird die Vorinstanz wohl gemeint haben, wenn sie erwägt, der Schadenersatzanspruch nach Art. 955 ZGB unterstehe dem Zivilrecht. Die zu formellem Bundeszivilrecht gewordenen öffentlichrechtlichen Normen sind denn auch an Rang und Vorrang des Bundeszivilrechts beteiligt, gleichwie das nicht bloss formelle Zivilrecht (Huber, a. a. O., N 108 zu Art. 6 ZGB).

c) Es fragt sich, inwiefern sich die soeben genannte Zweiteilung auf die Gründe der Verjährungsunterbrechung auswirkt. Während nämlich das Bundeszivilrecht die Unterbrechungsgründe in Art. 135 OR abschliessend aufzählt, unterbricht im Verwaltungsrecht (zusätzlich zu den Gründen nach Art. 135 OR) bereits jede Handlung, mit der die Forderung in geeigneter Weise bei der zuständigen Behörde geltend gemacht wird, die Verjährung (ZBl 71/1970, S. 312 Ziff. 4). Unter "zuständiger Behörde" ist offenbar (auch) der Schuldner zu verstehen und nicht etwa (bloss) die den Streit zwischen Gläubiger und Schuldner entscheidende Instanz (Imboden/Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Band I, 5. Aufl., 1976, S. 204 Nr. 34; Spiro Karl, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungsund Fatalfristen, Band II, Bern 1975, S. 1576). Das gilt nicht nur für Forderungen des Gemeinwesens, sondern auch für Ansprüche gegen das Gemeinwesen (Binder Markus, Die Verjährung im schweizerischen Steuerrecht, Diss. Zürich 1985, S. 277 mit zahlreichen Verweisen). Diese in Lehre und Rechtsprechung entwickelte Unterbrechungsordnung für die Verjährung öffentlichrechtlicher Ansprüche gilt selbstverständlich nur dort, wo eine ausdrückliche Regelung fehlt ergänzungsbedürftig ist (vgl. Spiro Karl, a. a. O., S. 1573 ff.; Zweifel, Zeitablauf als Untergangsgrund öffentlich-rechtlicher Ansprüche, Diss. Basel 1960, in Basler Studien zur Rechtswissenschaft, Band. 59, S. 1, 37 ff.).

Die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts über die Entstehung, Erfüllung und Aufhebung der Verträge wozu auch die ganze Verjährungsordnung von Art. 127 ff. OR gehört (BGE 86 II 343) finden auch auf andere zivilrechtliche Verhältnisse Anwendung (Art. 7 ZGB). Streitig ist, ob Schadenersatzansprüche nach Art. 955 ZGB ebenfalls von dieser Bestimmung erfasst werden und damit für die in Lehre und Praxis entwickelte grosszügigere Unterbrechungsordnung des öffentlichen Rechts kein Raum bleibt. Homberger, der den Anspruch gegen den Staat seinem Wesen nach zwar als öffentlichrechtlicher Natur betrachtet, hält jedenfalls dafür, dass dieser in allen übrigen Beziehungen nach privatrechtlichen Bestimmungen zu behandeln sei (Homberger, Zürcher Kommentar, 2. Aufl., N 11 zu Art. 955 ZGB).

Aus den nachfolgenden Gründen sind auf den Anspruch nach Art. 955 ZGB, in Anwendung von Art. 7 ZGB, ausschliesslich die Bestimmungen des OR über die Verjährungsunterbrechung anzuwenden: Wie bereits erwähnt, ist der Anspruch obwohl öffentlichrechtlicher Natur im ZGB geregelt, so dass er formelles Zivilrecht darstellt. Das Bundesgericht ist zum Schluss gelangt, die entsprechende Haftung des Staates stehe der Haftung des Geschäftsherrn nach Art. 55 OR am nächsten, so dass die einjährige Verjährungsfrist des Art. 60 OR auf die Haftpflicht des Staates für seine Grundbuchbeamten anzuwenden sei (BGE 51 II 394). Bezüglich der Unterbrechung der Verjährung wird im gleichen Urteil sinngemäss auf die Bestimmungen des OR verwiesen (BGE 51 II 395). Über die streitige Schadenersatzforderung nach Art. 955 ZGB hat der Zivilrichter nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung zu entscheiden (§ 39 Abs. 1 Beamtengesetz, SRL Nr. 51, und § 18 Haftungsgesetz, SRL Nr. 23; vgl. § 7 Haftungsgesetz). Die Anspruchsgrundlage findet sich also im Zivilrecht, und die Durchsetzung des Anspruchs geschieht nach zivilprozessualen Grundsätzen. Es liegt deshalb nahe, dass sich auch die Frage des Erlöschens der Schuld infolge Verjährung vollumfänglich und ausschliesslich nach dem Obligationenrecht richtet, dies schon aus Gründen der Rechtssicherheit. Offenbar erachtet auch Zweifel die sogenannte "Einforderungshandlung" nur dann als zur Unterbrechung der Verjährungsfrist ausreichend, wenn der Bürger Forderungen gegen den Staat nicht durch Betreibung und anschliessende Klage, sondern in einem Verwaltungsverfahren durchsetzen muss (Zweifel, a. a. O., S. 41 f. und 43). Hinzu kommt, dass sich die Anerkennung der Forderung durch den Schuldner, die Schuldbetreibung, die Klage Einrede vor Gericht und die Ladung zum amtlichen Sühneversuch (Art. 135 OR) in einem Fall wie dem vorliegenden denkbar gut zur Unterbrechung der Verjährung eignen, ebenso gut wie bei einem Schadenersatzanspruch materiell-privatrechtlichen Charakters. Es geht den Klägern um eine Geldforderung, zu deren Geltendmachung eine Sühneverhandlung nötig ist, nachdem der Zivilrichter auf Klage hin gemäss zivilprozessualen Grundsätzen zu urteilen hat.

d) (. . .)

e) Zu keinem anderen Schluss gelangt man selbst dann, wenn für die Frage der Verjährung das damals noch geltende und im vorliegenden Fall anwendbare Beamtengesetz als Grundlage diente. Dieses erklärte nämlich hinsichtlich der Verjährung von Schadenersatzansprüchen (die gemäss § 35 Abs. 1 Beamtengesetz der Staat nach den Vorschriften des Zivilrechts zu erfüllen verpflichtet war) ausdrücklich den Abschnitt des Obligationenrechts über unerlaubte Handlungen für ergänzend anwendbar (§ 38). Das Beamtengesetz kannte keine eigenen Bestimmungen zur Unterbrechung der Verjährung, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt ausschliesslich die Unterbrechungsgründe nach Art. 135 OR aufgrund der obigen Erwägungen zum Zuge kämen.





Die gegen dieses Urteil eingereichte Berufung wurde vom Bundesgericht mit Urteil vom 27. Februar 1991 abgewiesen.



Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

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