Das Handelsgericht des Kantons Zürich urteilte am 15. April 2019 in einem Fall betreffend Organisationsmangel. Die Beklagte, das Handelsregisteramt des Kantons Zürich, wurde aufgelöst und zur Liquidation nach den Konkursvorschriften angeordnet, da sie schwerwiegende Organisationsmängel aufwies. Der Richter, Dr. Johann Zürcher, entschied, dass die Beklagte die Gerichtskosten in Höhe von CHF 2'200.00 tragen muss und dem Kläger eine Umtriebsentschädigung von CHF 300.00 zahlen muss. Die unterlegene Partei war das Handelsregisteramt des Kantons Zürich (firma d).
Urteilsdetails des Kantongerichts AR 18 130
Kanton: | LU |
Fallnummer: | AR 18 130 |
Instanz: | Aufsichtsbehörden und Kommissionen |
Abteilung: | Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte |
Datum: | 12.03.2019 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Anforderungen an die Statuten von Anwaltsgesellschaften (AG oder GmbH). |
Schlagwörter : | Gesellschaft; Aufsichtsbehörde; Anwaltsregister; Liste; Verwaltungsrat; Anwältinnen; Anwälte; Statuten; Gesellschafter; Aktionäre; Aktien; Geschäftsführung; Anforderungen; Personen; Erwerb; Luzern; Rechtsdienstleistungen; Gesellschafterversammlung; Anwaltsgesellschaft; Anwaltsgesellschaften; Aktiengesellschaft; Zweckartikel; Erbringen; Berater; Namenaktien; Vinkulierung; Zustimmung; Erwerber; Generalversammlung |
Rechtsnorm: | Art. 685a OR ;Art. 685c OR ;Art. 685g OR ;Art. 786 OR ;Art. 812 OR ; |
Referenz BGE: | 144 II 147; |
Kommentar: | - |
Entscheid des Kantongerichts AR 18 130
Die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte hat aufgrund der vielen dispositiven Normen im Gesellschaftsrecht und der damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten auf die Bekanntgabe von Musterstatuten für Anwaltsgesellschaften verzichtet. Hingegen hat sie den Luzerner Anwaltsverband über die aufgrund der Bundesgerichtspraxis (BGE 144 II 147) einzuhaltenden Anforderungen orientiert:
Anforderungen an die Statuten von Anwaltsgesellschaften (AG GmbH), damit von ihnen angestellte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Anwaltsregister in der öffentlichen Liste des Kantons Luzern eingetragen bleiben werden können.
A. Aktiengesellschaft (AG)
1. Zweckartikel
Die Gesellschaft bezweckt das Erbringen von Rechtsdienstleistungen und damit verbundene Tätigkeiten im In- und Ausland durch in der Schweiz registrierte Anwältinnen und Anwälte sowie durch andere qualifizierte Beraterinnen und Berater.
Unzulässig ist eine Ausdehnung des Gesellschaftszwecks auf beliebige weitere Dienstleistungen, da der Charakter als Anwaltskanzlei zu wahren ist.
Von Seiten der Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte bestehen keine Einwände gegen eine Erwähnung von Notariatsdienstleistungen im Zweckartikel. Ausdrücklich vorbehalten bleiben jedoch die Weisungen der Aufsichtsbehörde über die Urkundspersonen vom 17. September 2013 betreffend Notariatsgesellschaften.
2. Aktienart
Zugelassen sind nur Namenaktien.
3. Aktionäre
Aktionäre bzw. Nutzniesser können nur Personen sein, die in einem kantonalen Anwaltsregister nach Art. 6 BGFA in einer öffentlichen Liste nach Art. 28 BGFA eingetragen sind.
4. Vinkulierung
Die Übertragbarkeit der Namenaktien ist statutarisch zu beschränken (Art. 685a OR).
Der Verwaltungsrat muss die Zustimmung zu einer Übertragung von Aktien fristgerecht verweigern (Art. 685c Abs. 3 und Art. 685g OR), falls die Erwerberin der Erwerber nicht in einem kantonalen Anwaltsregister in einer öffentlichen Liste nach Art. 28 BGFA eingetragen ist.
5. Besondere Erwerbsarten
Beim Erwerb von Aktien durch Erbgang, Erbteilung, eheliches Güterrecht Zwangsversteigerung (Art. 685c Abs. 2 OR) hat der Verwaltungsrat innert der gesetzlich vorgesehenen Frist (Art. 685c Abs. 3 OR) dafür zu sorgen, dass die zwingende Anwaltsregistrierung bei allen Aktionären erfüllt wird.
6. Stimmrecht
Aktionäre können sich in der Generalversammlung nur durch Personen vertreten lassen, die in einem kantonalen Anwaltsregister in einer öffentlichen Liste nach Art. 28 BGFA eingetragen sind.
7. Verwaltungsrat
Der Präsident und alle Mitglieder des Verwaltungsrats müssen zwingend in einem kantonalen Anwaltsregister in einer öffentlichen Liste nach Art. 28 BGFA eingetragene Anwältinnen und Anwälte sein.
8. Geschäftsführung
Der Verwaltungsrat kann die Geschäftsführung an Personen delegieren, die im Anwaltsregister resp. in einer öffentlichen Liste nach Art. 28 BGFA eingetragen sind.
Der Verwaltungsrat kann die bloss administrative Geschäftsführung ganz zum Teil an eine mehrere Personen übertragen, die nicht im kantonalen Anwaltsregister in der öffentlichen Liste nach Art. 28 BGFA eingetragen sind.
B. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
1. Generell
Die bei der Aktiengesellschaft für Aktionärinnen und Aktionäre gestellten Anforderungen gelten bei einer GmbH für Gesellschafterinnen und Gesellschafter, jene für die Generalversammlung gelten bei der GmbH für die Gesellschafterversammlung und jene für den Verwaltungsrat gelten bei der GmbH für die Geschäftsführung.
2. Vinkulierung
Bei der GmbH ist die Abtretung der Stammanteile von Gesetzes wegen vinkuliert (Art. 786 Abs. 1 OR). Die Pflicht zur fristgerechten Verweigerung der Zustimmung zur Abtretung von Stammanteilen trifft die Gesellschafterversammlung.
3. Geschäftsführung
Bei der GmbH erfolgt die Ernennung von Dritten, die nicht Gesellschafter sind, zu Geschäftsführern (Direktoren) durch die Gesellschafterversammlung (Art. 804 Abs. 3 und Art. 812 OR).
C. Allgemeine Hinweise
1. In den Statuten kann fakultativ festgehalten werden, dass die angestellten und mandatführenden Anwältinnen und Anwälte ihre Rechtsdienstleistungen unter Beachtung der Berufsregeln gemäss BGFA erbringen. Ebenso kann auf die Pflicht zur Wahrung des Anwaltsgeheimnisses hingewiesen werden.
2. Die bei einer Anwaltsgesellschaft angestellten Anwältinnen und Anwälte haben beim Erbringen von Rechtsdienstleistungen im Namen der Gesellschaft aufzutreten und so klare Verhältnisse zu schaffen.
3. Die oben unter lit. A aufgeführten Anforderungen an die Statuten können nicht in einem Organisationsreglement in einem Aktionärsbindungsvertrag vereinbart werden, sondern sind zwingend in den Statuten zu regeln.
4. Soweit bei der Gesellschaftsgründung bereits weitere Gründungsdokumente wie Sacheinlagevertrag, Organisationsreglement, Aktionärsbindungsvertrag Anstellungsvertrag ausgearbeitet sind, sind auch diese der Aufsichtsbehörde mit den zu prüfenden Statuten einzureichen.
5. Ein Prüfungsgesuch ist der Aufsichtsbehörde wenn immer möglich vor der Gesellschaftsgründung einzureichen. Für die Prüfung ist ausreichend Zeit bis zum beabsichtigten Gründungstermin einzuplanen.
6. Der Aufsichtsbehörde sind Änderungen der Statuten unverzüglich bekannt zu geben und die entsprechenden Kopien sind ihr einzureichen.
Luzern, 12. März 2019
lic. iur. Renata Wüest-Schwegler, Präsidentin der Aufsichtsbehörde
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