Zusammenfassung des Urteils 7H 14 273: Kantonsgericht
Der Gemeinderat Flühli bestätigte im angefochtenen Einspracheentscheid die Pflicht des Beschwerdeführers zur Bezahlung der Abwasserreinigungsanlagen-Betriebsgebühr für sein Stockwerkeigentum. Die Entscheidung erging in Anwendung des Siedlungsentwässerungs-Reglements der Einwohnergemeinde Flühli. Gemäss dem Gebührengesetz kann die gebührenpflichtige Person einen beschwerdefähigen Entscheid verlangen. Die Verweisung des EGGSchG auf das Verwaltungsrechtspflegegesetz regelt die Einsprachefrist. Das Verursacherprinzip im Umweltrecht besagt, dass diejenigen, die Massnahmen verursachen, die Kosten tragen müssen. Das Bundesgericht hat sich mit der Gebührenerhebung bei Eigentümern von Ferienwohnungen befasst und festgestellt, dass eine verursachergerechte Abgabe wichtig ist. Es wird empfohlen, in Tourismusregionen eine Bandbreite im Verhältnis von Grund- und Verbrauchsgebühr anzupassen, um den Aspekt der Fixkosten gerecht zu werden. Die Berechnung der Betriebsgebühr für Ferienwohnungen in Flühli entspricht jedoch nicht dem Verursacherprinzip und ist nicht mit übergeordnetem Recht vereinbar.
Kanton: | LU |
Fallnummer: | 7H 14 273 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | 4. Abteilung |
Datum: | 28.05.2015 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Die Bestimmung des Siedlungsentwässerungsreglements Flühli, wonach bei Ferienwohnungen für die Berechnung der Abwasser-Mengengebühr unabhängig vom effektiven Wasserverbrauch von einem gesetzlich angenommenen Wert ausgegangen wird, ist mit übergeordnetem Recht und namentlich mit dem verfassungsmässigen Verursacherprinzip nicht vereinbar. |
Schlagwörter : | Grund; Menge; Verursacherprinzip; Gebühr; Gebühren; Urteil; Mengengebühr; BGer-Urteil; Recht; Grundgebühr; Betrieb; Ferienwohnung; Verbrauch; Einsprache; Abgabe; Gemeinde; GSchG; Karlen; Ferienwohnungen; Gewässer; Abwasseranlage; Verhältnis; Anschluss; Wasserverbrauch; Entscheid; Abgaben; Abwasserentsorgung; Verursacherprinzips |
Rechtsnorm: | Art. 74 BV ; |
Referenz BGE: | 129 I 290; |
Kommentar: | - |
Aus den Erwägungen:
1.
1.1.
Mit dem angefochtenen Einspracheentscheid bestätigte der Gemeinderat Flühli die Pflicht des Beschwerdeführers zur Bezahlung der Abwasserreinigungsanlagen-Betriebsgebühr für dessen Stockwerkeigentum im Betrag von Fr. 290.50 bzw. Fr. 313.75 inkl. MWST. Der Einspracheentscheid erging in Anwendung des Siedlungsentwässerungs-Reglements der Einwohnergemeinde Flühli vom 29. November 2002 (nachfolgend SER). Der Einspracheentscheid bestätigt die Betriebsgebührenrechnung für das erwähnte Grundstück betreffend das Jahr 2014 vom 1. Juli 2014.
1.2.
1.2.1.
Gemäss § 26 des Gebührengesetzes (GebG; SRL Nr. 680) kann die gebührenpflichtige Person innert zehn Tagen seit Zustellung der Rechnung unentgeltlich einen beschwerdefähigen Entscheid verlangen. Die mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Gebührenrechnung stellt bereits einen solchen anfechtbaren Entscheid dar (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Luzern V 11 16 vom 11.5.2011). Gegen Entscheide im Sinn von § 26 GebG kann Einsprache erhoben werden und gegen Einspracheentscheide ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (§ 27 Abs. 1 und 2 GebG). Übereinstimmend mit dem Instanzenzug nach dem Gebührengesetz sieht § 39 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (EGGSchG; SRL Nr. 702) vor, dass gegen Entscheide über Beiträge und Gebühren Einsprache im Sinn des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SRL Nr. 40) und gegen die Einspracheentscheide die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden kann (vgl. auch Art. 55 Abs. 2 SER).
1.2.2.
Mit der Verweisung des EGGSchG auf das Verwaltungsrechtspflegegesetz kommen für die Einsprache grundsätzlich die Bestimmungen der §§ 117 ff. VRG zur Anwendung. Gemäss § 119 Abs. 1 VRG beträgt die Einsprachefrist bei Endentscheiden 20 Tage, soweit das kantonale eidgenössische Recht nichts anderes vorschreibt. Dieser Vorbehalt ist hier bedeutsam, weil das kantonale Gebührengesetz die Einsprachefrist betreffend Verfügungen im Sinn von § 26 GebG besonders regelt: Laut § 27 Abs. 1 GebG kann gegen Entscheide im Sinn des § 26 GebG innert 30 Tagen seit Zustellung Einsprache erhoben werden.
Indem die Gemeinde Flühli mit der Rechnung/Verfügung vom 1. Juli 2014 eine Einsprachefrist von 20 Tagen belehrte, gab sie dem Einsprecher somit eine zu kurze Frist an. Da der Beschwerdeführer indes die angegebene Frist wahrte, wirkte sich das im vorliegenden Verfahren nicht aus.
( )
4.
4.1.
4.1.1.
Für die Bemessung von Kausalabgaben ist nebst dem Kostendeckungsund Äquivalenzprinzip im Bereich des Umweltrechts auch das Verursacherprinzip zu beachten (Tschannen/Zimmerli/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 58 N 10 und 12). Gemäss Art. 3a des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer (GSchG; SR 814.20) hat derjenige, der Massnahmen nach diesem Gesetz verursacht, die Kosten dafür zu tragen. Dieses Verursacherprinzip ist bereits in Art. 74 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) für den gesamten Umweltschutz statuiert. Gemäss Art. 60a Abs. 1 GSchG haben die Kantone dafür zu sorgen, dass die Kosten für Bau, Betrieb, Unterhalt, Sanierung und Ersatz von Abwasseranlagen, die öffentlichen Zwecken dienen, mit Gebühren anderen Abgaben den Verursachern überbunden werden (verursachergerechte und kostendeckende Kausalabgaben). Bei der Ausgestaltung der Abgabe sind u.a. die Art und die Menge des erzeugten Abwassers zu berücksichtigen (Art. 60a Abs. 1 lit. a GSchG). Auf kantonaler Ebene sieht sodann auch § 31 EGGSchG vor, dass die Kosten der Abwasserentsorgung und der Nutzung der Gewässer als Vorfluter nach dem Verursacherprinzip finanziert werden. Auf kommunaler Ebene konkretisieren Art. 39 Abs. 2 und Art. 45 Abs. 6 SER das Verursacherprinzip. Die Anwendung des Verursacherprinzips hat dabei eine gewisse Gebrauchslenkung zur Folge (vgl. Karlen, Die Erhebung von Abwasserabgaben aus rechtlicher Sicht, in: URP 1999, S. 548; vgl. auch BGer-Urteil 2P.266/2003 vom 5.4.2004 E. 3.3).
Gemeinsames Merkmal der umweltschutzrechtlichen Kausalabgaben ist unter dem Aspekt des Verursacherprinzips, dass die staatlichen Gegenleistungen grundsätzlich individuell zurechenbar sind (Steiner, Die Umsetzung des Verursacherprinzips durch das Umweltschutzrecht, Diss. Basel 1999, S. 188).
4.1.2.
Würde eine kostendeckende und verursachergerechte Abgabe die umweltverträgliche Entsorgung des Abwassers gefährden, lässt Art. 60a Abs. 2 GschG im Sinn einer Ausnahmeregelung eine andere Finanzierung zu. Diese Bestimmung ist namentlich auf die Konstellation zugeschnitten, in der mangels genügender Rückstellungen in einer Übergangsphase verursachergerechte Abgaben übermässig hoch waren und die Gemeinden daher dazu verleitet werden könnten, mit dem im Interesse des Gewässerschutzes gebotenen Investitionen zuzuwarten. Sodann kann von kostendeckenden und verursachergerechten Abgaben auch dort abgewichen werden, wo wie in einzelnen Regionen - namentlich in Berggebieten - die Kosten für die Abwasserentsorgung besonders hoch sind (vgl. zum Ganzen Karlen, a.a.O., S. 551 m.w.H.).
4.2.
4.2.1.
Im Bereich der Abwasserbeseitigung wird mit Blick auf eine verursachergerechte Abgabenbelastung regelmässig eine periodische Benützungsgebühr erhoben, welche sich unterteilt in Grundund Verbrauchsgebühren (Karlen, a.a.O., S. 556; Steiner, a.a.O., S. 197). Die Grundgebühren (auch Bereitstellungsgebühren bezeichnet) sind als Entgelt für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur konzipiert. Da die Infrastruktur für die Abwasserentsorgung unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme durch einzelne Liegenschaften aufrechterhalten werden muss, darf ein Teil der damit verbundenen Aufwendungen den Benützern durch die mengenunabhängige Grundgebühr überbunden werden (BGer-Urteil 2P.266/2003 vom 5.3.2004 E. 3.2 m.w.H.; Karlen, a.a.O., S. 556). Gleichwohl hält das Bundesgericht jedoch fest, dass der Bereitstellungsaufwand auf die Benützer nach einem rechtsgleichen Massstab verteilt werden und zu den mengenabhängigen Gebühren, welche die normale Nutzung der Liegenschaft mit sich bringt, in einem vernünftigen Verhältnis stehen muss (BGer-Urteil 2P.266/2003 vom 5.3.2004 E. 3.4). Als mögliche Anknüpfungspunkte für die Bemessung der Grundgebühr werden genannt: Nutzfläche, umbauter Raum Anzahl Wohnräume der Liegenschaft (BGer-Urteil 2P.266/2003 vom 5.3.2004 E. 3.2 m.w.H.; vgl. auch Karlen, a.a.O., S. 558). Die Verbrauchsgebühren sind dagegen variabel und richten sich nach der tatsächlichen Benutzung der Abwasseranlage (BGer-Urteil 2C_995/2012 vom 16.12.2013 E. 5.1 m.w.H.). Allgemein infrastrukturelle Gesichtspunkte fallen bei der Verbrauchsgebühr ausser Betracht (Karlen, a.a.O., S. 556).
4.2.2.
Allerdings entfällt bei der Abwasserentsorgung ein Grossteil der Aufwendungen auf die Erstellung der Anlage und nicht auf den Gebrauch. Daher werden von den Grundeigentümern regelmässig einmalige grössere Abgaben in Form von Beiträgen (Vorzugslasten) und Anschlussgebühren erhoben. Zwar gilt das Verursacherprinzip an sich ebenfalls für diese einmalige Anschlussgebühr, doch dürfen für deren Berechnung auch noch andere kausalabgaberechtliche Grundsätze berücksichtigt werden (vgl. BGer-Urteil 2C_101/2007 vom 22.8.2007 E. 4.1). So erlaubt das Verursacherprinzip, die Anschlussgebühr nicht nach der effektiv aktuellen Nutzung, sondern nach jenen Parametern zu bemessen, welche aufgrund planungsrechtlicher Vorgaben für die Dimensionierung der Abwasseranlage massgebend waren (vgl. BGer-Urteil 2C_101/2007 vom 22.8.2007 E. 4.2 m.w.H.). Über diese einmaligen Beiträge bzw. Gebühren wird dem Kostenfaktor bei möglichen Spitzenbelastungen Rechnung getragen (BGer-Urteil 2P.266/2003 vom 5.3.2004 E. 3.2).
4.2.3
Demnach entfaltet das in Art. 60a Abs. 1 GSchG statuierte Verursacherprinzip seine Wirkung vor allem bei den periodischen Benützungsgebühren, welche einen Bezug zur produzierten Abwassermenge haben müssen (vgl. BGer-Urteil 2C_101/2007 vom 22.8.2007 E. 4.1, 2P.266/2003 vom 5.3.2006 E. 3.1). Gleichwohl wird nicht verlangt, dass die Abwassergebühren ausschliesslich proportional zur Menge des Abwassers erhoben werden, doch muss die Abgabehöhe eine Abhängigkeit zur Abwassermenge aufweisen. Dies schliesst eine Schematisierung dieses Faktors nicht aus (BGE 129 I 290 E. 3.2; BGer-Urteil 2C_995/2012 vom 16.12.2013 E. 6.4 m.w.H., 2P.266/2003 vom 5.3.2004 E. 3.1; Karlen, a.a.O., S. 557). Eine gewisse Schematisierung ist sodann auch mit dem Äquivalenzprinzip sowie dem Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung vereinbar (vgl. BGer-Urteil 2C_160/2014 vom 7.10.2014 E. 6.4.1, 2C_1054/2013 vom 20.9.2014 E. 6.1 und 6.2).
4.3.
Das Bundesgericht hat sich bereits mehrfach mit der Gebührenerhebung bei Eigentümern von Ferienwohnungen bzw. in Tourismusregionen befasst. In der älteren Rechtsprechung erachtete es das Bundesgericht als unzulässig, eine höhere Anschlussgebühr für Ferienoder Zweitwohnungen zu erheben; stattdessen hätten allerdings die Ferienwohnungseigentümer in Kauf zu nehmen, dass sie allenfalls bei den periodischen Benützungsgebühren stärker belastet würden, als es dem tatsächlichen Gebrauch entspräche (vgl. BGer-Urteil 2P.257/1996 vom 10.7.1997 E. 6b, in: ZBI 1999 179; Karlen, a.a.O., S. 566). In einem späteren Entscheid hielt das Bundesgericht fest, dass es zulässig sei, den Kostenfaktor der möglichen Spitzenbelastungen, welche die Dimensionierung der Anlage beeinflussen, im Bereich der Abwasserentsorgung durch die einmaligen Beiträge und/oder Anschlussgebühren zu erfassen (BGer-Urteil 2P.266/2003 vom 5.3.2004 E. 3.2). Ob es dabei zulässig ist, die Eigentümer von Ferienwohnungen und -häuser stärker als die Wohnbevölkerung zu belasten, lässt sich dem Entscheid nicht entnehmen. Das Bundesgericht hielt allerdings fest, dass es bei Liegenschaften, welche nur wenige Tage im Jahr bewohnt seien und die variablen Kosten wegen eines weit unterdurchschnittlichen Wasserverbrauchs gegenüber der Grundgebühr ausserordentlich niedrig ausfallen würden, nicht ausgeschlossen sei, die tatsächliche Inanspruchnahme der Abwasserentsorgung nur in ganz nebensächlichem Ausmass zu erfassen (BGer-Urteil 2P.266/2003 vom 5.3.2004 E. 3.3).
Gemäss der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist aber immerhin aufgrund des Anteils Ferienwohnungen eine Bandbreite im Verhältnis von Grundund Verbrauchsgebühr allgemein anerkannt. Ein gänzlicher nahezu gänzlicher Verzicht auf die Erhebung einer Mengengebühr ist dagegen bei der Abwassergebühr - dies im Gegensatz zur Wasserversorgungsgebühr - untersagt und die Menge des erzeugten Abwassers darf nicht gänzlich ignoriert werden (BGer-Urteil 2C_995/2012 vom 16.12.2013 E. 6.4).
5.
Die Erhebung von Gebühren der Siedlungsentwässerung erfolgte vorliegend gestützt auf Art. 40 Abs. 1 i.V.m. Art. 45 Abs. 1, 3 und 7 SER. Demnach erhebt die Gemeinde von den Grundeigentümern eine einmalige Anschlussgebühr, Baubeiträge und jährliche Betriebsgebühren. Die jährliche Betriebsgebühr dient zur Deckung der Kosten für den Betrieb und den Unterhalt der öffentlichen Abwasseranlagen (Art. 45 Abs. 1 SER). Sie setzt sich zusammen aus einer Grundgebühr pro Anschluss (gewichtete Fläche) und einer Mengengebühr pro m3 bezogenes Frischund/oder Brauchwasser (Art. 45 Abs. 3 SER). Die Grundgebühren haben 30 %, die Mengengebühren 70 % der Betriebskosten der Siedlungsentwässerung zu decken (Art. 45 Abs. 4 SER). Für Ferienhäuser bzw. Ferienwohnungen mit Schmutzabwasseranschluss wird die Mengengebühr nicht wie für alle anderen an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossenen Grundstücke nach dem Frischund/oder Brauchwasserverbrauch des abgelaufenen Jahres bemessen, sondern es wird gemäss Art. 45 Abs. 7 SER ein minimaler Wasserverbrauch von 120 m3 pro Hausbzw. Wohnung und für Wohnwagen mit stationärem Anschluss von 60 m3 pro Wagen verrechnet.
6.
6.1.
Im vorliegenden Fall setzt sich die streitige Abwassergebühr (Betriebsgebühr) aus einer Grundgebühr von Fr. 20.50 und einer Mengengebühr von Fr. 270.-zusammen. Bei der Grundgebühr berücksichtigte die Beschwerdegegnerin die Grundstücksfläche von 64 m2, den Tarifzonenfaktor (Gewichtungsfaktor 2) sowie die Kosten pro gewichteter m2 in der Höhe von Fr. 0.32 (vgl. Art. 46 SER). Gegen die Berechnung der Grundgebühr opponierte der Beschwerdeführer zu Recht nicht. Bei der Mengengebühr wurde der in Art. 45 Abs. 7 SER bei Ferienwohnungen vorgesehene minimale Wasserverbrauch von 120 m3 pro Jahr mit den Kosten pro m3 Frischwasser von 2.25 (Fr./m2) multipliziert (vgl. Art. 46 Abs. 1 SER). Letzterer Wert ist unbestritten; streitig ist dagegen der pauschal angenommene Wasserverbrauch von 120 m3.
6.2.
Mit dieser Gebührenberechnung hält sich die Beschwerdegegnerin an die reglementarischen Vorgaben von Art. 45 Abs. 3 lit. b i.V.m. Abs. 7 und Art. 46 SER. Zu prüfen bleibt, ob die Gebührenveranlagung in Anwendung von Art. 45 Abs. 3 i.V.m. Abs. 7 und Art. 46 SER mit übergeordnetem Recht, namentlich dem verfassungsrechtlichen und dem gewässerschutzrechtlichen Verursacherprinzip vereinbar ist. Das Gericht hat mithin die Rechtmässigkeit der vorliegend angewendeten Rechtssätze im konkreten Anwendungsfall zu prüfen (vgl. § 37 Abs. 1 VRG). Ergibt sich, dass die betreffenden Normen in Widerspruch zu höherrangigem Recht stehen, finden sie keine Anwendung. Dem Kantonsgericht kommt dabei keine Befugnis zur Aufhebung der bemängelten Norm zu. Die Zuständigkeit dafür liegt allein beim rechtssetzenden Organ (vgl. Wirthlin, Luzerner Verwaltungsrechtspflege, Bern 2011, N 35.3).
6.3.
Wie bereits erwähnt (vgl. E. 4.1.1) ist auf Verfassungsstufe festgehalten, dass die Kosten für den Umweltschutz von den Verursachern zu tragen sind (Art. 74 Abs. 2 BV). Konkretisiert wird diese Verfassungsbestimmung u.a. durch Art. 60a Abs. 1 GSchG, welcher die Kantone dazu anhält, die Kosten für Bau, Betrieb, Unterhalt, Sanierung und Ersatz der Abwasseranlagen, die öffentlichen Zwecken dienen, mit Gebühren anderen Abgaben den Verursachern zu überbinden. Der kantonale Gesetzgeber setzte diese Vorgaben in § 31 EGGSchG um.
6.4.
Art. 45 Abs. 7 SER geht bei Ferienhäusern bzw. Ferienwohnungen mit Schmutzwasseranschluss bei der Berechnung der Mengengebühr von einem minimalen Wasserverbrauch von 120 m3 pro Wohnung bzw. 60 m3 für Wohnwagen mit einem stationären Anschuss aus. Mit dieser Berechnungsweise wird allerdings von einem einheitlichen Wasserverbrauch ausgegangen, welcher u.U. weit entfernt liegt vom effektiven Wasserverbrauch bzw. von der Abwassermenge einer Ferienwohnung. Der tatsächliche Verbrauch bzw. die effektive Abwassermenge bleibt unberücksichtigt. Eine verursachergerechte Gebührenerhebung ist damit weitgehend ausgeschlossen.
Zwar bildet gemäss Art. 45 Abs. 5 SER bei der Berechnung der Grundgebühr die gewichtete Grundstücksfläche die Grundlage, womit sich diese Bestimmung eines zulässigen Kriteriums für eine verursachergerechte Gebühr bedient (vgl. Karlen, a.a.O., S. 558). Dies ist jedoch lediglich eine Ergänzung zu den mengenabhängigen Faktoren, welche Art. 60a GSchG aufführt und täuscht nicht darüber hinweg, dass der effektive Verbrauch vorliegend sowohl bei der Mengenals auch bei der Grundgebühr unberücksichtigt bleibt, was nach der bereits erwähnten bundesgerichtlichen Rechtsprechung unzulässig ist.
Sodann liegt auch kein Anwendungsfall von Art. 60a Abs. 2 GschG vor (vgl. E. 4.1.2), welcher ein Abweichen vom Verursacherprinzip zulassen würde. Mit dieser Mengengebühr will die Beschwerdegegnerin nicht eine umweltverträgliche Entsorgung das Abwassers sicherstellen, sondern sie möchte die Grundgebührenbelastung für die ständige Wohnbevölkerung tief halten. Die vom Verursacherprinzip weit abweichende Gebührenerhebung erfolgt somit nicht aufgrund von fehlender Vorfinanzierung der Abwasseranlagen der geographischen Lage der Gemeinde Sörenberg; zwar handelt es sich um eine voralpine Region, jedoch ist nicht diese Höhenlage der Grund für die reglementarische Fixierung der für die Mengengebühr massgeblichen Abwassermenge.
6.5.
Die Bestimmung von Art. 45 Abs. 7 SER verfolgt, wie die Beschwerdegegnerin ausführt, das Ziel, bei der Abwassergebührenerhebung die einheimische Bevölkerung gegenüber der nicht dauerhaften Wohnbevölkerung zu entlasten und zu verhindern, dass die durch die zahlreichen Ferienwohnungen und -häuser bedingten Infrastrukturkosten für Abwasseranlagen der ständigen Wohnbevölkerung übertragen werden. Es ist jedoch nicht zulässig, bei der Bemessung der Abgabenhöhe die Abhängigkeit zur Abwassermenge weitestgehend unberücksichtigt zu lassen. Die Verfassung verlangt die Verknüpfung von Gebührenlast und verursachtem Aufwand zum Schutz der Umwelt und damit insbesondere des Wassers, weil damit ein haushälterischer Umgang mit Ressourcen erreicht werden kann. Andere Ziele dürfen dem verfassungsmässigen Umweltschutz und dem Gewässerschutz nicht voran gestellt werden.
Zudem werden mit einer verbrauchsorientierten Gebührenerhebung auch keine falschen Anreize gesetzt. Vielmehr werden neben der ortsansässigen Wohnbevölkerung auch die Ferienwohnungseigentümer bei einem geringen Abwasserverbrauch mit tieferen Mengengebühren belohnt und so zu einem massvollen Verbrauch angehalten.
6.6.
Zwar ist aus Praktikabilitätsüberlegungen gerade bei Ferienwohnungen eine gewisse Schematisierung auch bei der Benützungsgebühr und insbesondere auch bei der Verbrauchsgebühr nicht ausgeschlossen. Allerdings wären dafür differenziertere Kriterien heranzuziehen, welche immerhin eine gewisse Annäherung an den konkreten Wasserverbrauch erlauben würden (vgl. Karlen, a.a.O., S. 558 f.). Die blosse Unterscheidung zwischen Ferienwohnungen bzw. Ferienhäuser und Wohnwagen mit stationären Anschlüssen genügt dagegen nicht, um den Mindestanforderungen des verfassungsmässigen Verursacherprinzips Rechnung zu tragen.
Für die besondere Situation in touristischen Regionen mit saisonabhängigen Spitzenbelastungen empfiehlt die Lehre sodann, dass aus ökonomischer Sicht eine zweigeteilte Mengengebühr geführt werden müsste: Eine sehr hohe Mengengebühr in der Hauptsaison, welche die Betriebskosten und die Kapitalgrenzkosten abdeckt und eine tiefere Mengengebühr in der Zwischensaison in der Höhe der variablen Betriebskosten. Dabei wird allerdings ein mehrmaliges Ablesen des Wasserzählers pro Jahr als in der Regel zu aufwändig erachtet. Als eine weitere Möglichkeit wird vorgeschlagen, den Mengenpreis zur Deckung der variablen Betriebskosten (rund 30 % der gesamten Benutzungsgebühr) und den Grundpreis so festzulegen, dass er die restlichen Kosten deckt und z.B. in Abhängigkeit der Anzahl Betten erhoben wird. Damit der zu tiefe Mengenpreis in der Hauptsaison nicht zur "Wasserverschwendung" und damit zu langfristig steigenden Kosten führt, können flankierende Massnahmen (z.B. Information, Aufklärung, Abgabe von wassersparenden Apparaturen, usw.) ergriffen werden (vgl. Müller, Finanzierung der kommunalen Abwasserentsorgung aus ökonomischer Sicht, in: URP 1999, S. 532).
Die Vorbringen der Beschwerdegegnerin, eine feinere Stufung z.B. aufgrund der Zimmeranzahl das Anbringen von Wasserzählern sei nicht praktikabel bzw. wäre mit zusätzlichen Kosten verbunden, vermag nicht zu überzeugen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es unzumutbar sein soll z.B. mittels schriftlicher Befragung bzw. Auferlegung einer Auskunftspflicht, die Anzahl Zimmer in Erfahrung zu bringen. Auch erweisen sich Wasserzähler nicht als ungeeignet und mit zu hohen Kosten verbunden. So kann von den Grundeigentümern durchaus verlangt werden, dass sie auf eigene Kosten einen Wasserzähler auf ihrem Grundstück anbringen und der Gemeinde die Verbrauchsmenge mitteilen.
6.7.
Der Beschwerdegegnerin hilft sodann auch der Einwand nicht, dass die Grundgebühr für alle Grundeigentümer in Sörenberg erhöht werden müsste, wenn bei den Ferienwohnungen dem Verursacherprinzip in einem erhöhten Mass Rechnung getragen würde. Wie bereits ausgeführt, rechtfertigt dies kein weitgehendes Ausserachtlassen des Verursacherprinzips. Andere Gründe, weshalb eine Erhöhung der Grundgebühr nicht möglich sein sollte, macht die Beschwerdegegnerin nicht geltend und sind auch nicht ersichtlich.
Mit Blick auf eine verursachergerechte Kostenverteilung wird denn auch in der Lehre zu Recht vorgeschlagen, dass in Tourismusregionen die durch die Dimensionierung der Abwasseranlagen verursachten Mehrkosten über das Verhältnis zwischen Grundund Mengengebühr aufgefangen werden. Als Verhältnisregel soll gelten, dass je ausgeprägter die saisonalen Schwankungen in touristischen Regionen sind, desto geringer der Anteil des Mengenpreises ist. Desweitern ist die Grösse bzw. die Kosten für die Kläranlage massgebend: Je grösser die Kläranlage, desto geringer ist der Anteil Mengenpreis. Zudem ist der Mengenpreis umso höher, je grösser die Differenz zwischen der heutigen und der langfristigen kostendeckenden Benutzungsgebühr ist (vgl. zum Ganzen Müller, a.a.O., S. 532 f.).
Damit korrespondierend setzt sich auch das Musterreglement für die Siedlungsentwässerung des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements des Kantons Luzern (vgl. Musterreglement [Version 2014], einsehbar unter: https://uwe.lu.ch/themen/abwasser/siedlungsentwaesserung_ara/reglement_ siedlungsentwaesserung_2) mit der Gebührenerhebung bei Gemeinden mit einem grossen Anteil touristisch genutztem Grundeigentum auseinander und schlägt vor, dass Gemeinden mit einem grossen Anteil saisonal genutzter Abwasseranschlüsse das Verhältnis von Grundund Mengengebühr auf 40 % zu 60 % (statt 30 % zu 70 %) anpassen sollen, um so dem Aspekt der im Verhältnis zur Menge höheren Fixkosten Rechnung zu tragen. Dies erscheint mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vereinbar, welche eine Bandbreite im Verhältnis von Grundund Verbrauchsgebühr allgemein anerkennt (vgl. BGer-Urteil 2C_995/2012 vom 16.12.2013 E. 6.4).
6.8.
Die Beschwerdegegnerin sieht sich zu Unrecht in ihrer Auffassung bestärkt, das Verursacherprinzip könne u.U. vernachlässigt werden, weil die kantonale Gewässerschutzverordnung eine verbrauchsunabhängige Mindestgebühr vorsehe. Die erwähnte Verordnung schreibt in § 40 Abs. 2 lit. b dann eine Mindestgebühr vor, welche einem Ansatz von 50 m3 Frischwasser entsprechen soll, wenn die Gemeinden allgemeine Steuermittel für die Finanzierung der Siedlungsentwässerung beiziehen müssen. Diese Umstände sind bei der Beschwerdegegnerin nicht gegeben (vgl. Art. 39 Abs. 1 SER). Aber selbst wenn diese Bestimmung zur Anwendung gelangen würde, regelt das kantonale Recht allein einen Schwellenwert, ab welchem Steuermittel beigezogen werden dürfen. Ein Absehen vom Verursacherprinzip bei der Bemessung der Gebühren gegenüber dem Verbraucher lässt sich daraus nicht ableiten. Im Gegenteil schreibt auch die kantonale Gewässerschutzverordnung die Anwendung des Verursacherprinzips bei der Erhebung von Abwassergebühren vor (vgl. § 39 Abs. 2 lit. a der Vollzugsverordnung zum Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer [KGSchV; SRL Nr. 703]).
6.9.
Schliesslich findet die beschwerdegegnerische Auffassung auch im bereits erwähnten Bundesgerichtsentscheid 2C_995/2012 vom 16. Dezember 2013 keine Stütze. Denn das Bundesgericht sah gerade in der Festsetzung der Abwassergebühr ohne Berücksichtigung der Abwassermenge eine Verletzung des Verursacherprinzips. Zwar würde die föderalistische Lösung des Gewässerschutzrechtes es den Kantonen überlassen, in welcher Form sie Art. 60a GschG konkretisieren wollten; angesichts der grossen Unterschiede zwischen den Gemeinden sei eine Bandbreite im Verhältnis von Grundund Verbrauchsgebühr allgemein anerkannt. Aber gänzlich nahezu gänzlich auf die Erhebung einer Mengengebühr zu verzichten, sei bundesrechtswidrig (E. 6.4). Im Übrigen bestätigte es, dass auch das Äquivalenzprinzip verletzt sei, wenn der individuelle Verbrauch nicht in die Bemessung der Abwassergebühr einbezogen werde (E. 6.5).
6.10.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die in Art. 45 Abs. 3 lit. b i.V.m. Abs. 7 und Art. 46 SER vorgesehene Bemessung der Betriebsgebühr insbesondere der Mengengebühr - nicht mit dem übergeordneten Recht, namentlich nicht mit dem verfassungsmässigen Verursacherprinzip, vereinbar ist. Daher dürfen diese Bestimmungen des SER vorliegend nicht zur Anwendung gelangen (vgl. § 37 VRG).
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