Art. 283 Abs. 1 und 299 Abs. 1 OR; Art. 23 LPG. Rückübertragung eines Milchkontingents bei Beendigung der Pacht.
======================================================================
Der Vater des Klägers schloss 1984 mit dem Beklagten einen Pachtvertrag ab. Mit Schreiben vom 6. Februar 1999 kündigte der Verpächter dem Beklagten die Pacht auf Ende Februar 2000. Am 22. Dezember 1999 übertrug er die Liegenschaft mit Nutzenund Schadenübergang per 1. März 2000 an den Kläger. Dieser machte in der Folge eine Rückübertragung des seinerzeit mit dem Pachtland verbundenen Milchkontingentes geltend, was vom Beklagten verweigert wurde.
Aus den Erwägungen:
6.1. Gemäss schriftlichem Pachtvertrag vom 13. Oktober 1984 verpachtete der Vater des Klägers dem Beklagten eine Scheune, eine Schweinescheune, 343 a Land und eine Garage. Die Pacht wurde auf 15 Jahre vereinbart. Das Milchkontingent wurde im Vertrag nicht erwähnt. Laut übereinstimmenden Angaben der Parteien übernahm der Beklagte jedoch auch das mit dem Pachtland verbundene Milchkontingent.
Das 1977 beschlossene und 1979 eingeführte Milchkontingent war im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages an die jeweilige Landfläche geknüpft. Es gab deshalb für die Parteien keine Möglichkeit, eine andere als die gesetzlich vorgesehene Regelung bezüglich des Milchkontingents zu treffen. Die Parteien hätten also gar nichts anderes vertraglich festhalten können, da Landfläche und Milchkontingent eine untrennbare Einheit bildeten. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass das Milchkontingent im Pachtvertrag nicht weiter erwähnt wurde. Erst mit der auf den 1. Mai 1999 erfolgten Aufhebung des Prinzips der Flächenbindung wurde die Möglichkeit der flächenunabhängigen Kontingentsübertragung geschaffen. Ein Milchproduzent konnte seither einem anderen Produzenten sein Kontingent ganz teilweise endgültig nicht endgültig übertragen. Als "nicht endgültig" übertragen gilt diejenige Menge, die mit der Verpflichtung übertragen wird, dass sie dem Kontingentsabgeber rückübertragen werden muss (Art. 3 Abs. 5 der Verordnung vom 07.12.1998 über die Kontingentierung der Milchproduktion, [MKV; SR 916.350.1]).
6.2. Soweit der Pachtvertrag keine abweichenden Bestimmungen enthält, gelten die gesetzlichen Vorschriften des Obligationenrechts. Das Hauptrecht eines Pächters liegt darin, den Pachtgegenstand während der Dauer des Pachtvertrages zu nutzen (Studer/Hofer, Das landwirtschaftliche Pachtrecht, Brugg 1987, S. 55; Studer/Hofer, Das landwirtschaftliche Pachtrecht, 2. Aufl., Vorabdruck 2007, N 147 und 160).
Der Pächter ist nach Art. 283 Abs. 1 OR verpflichtet, die Pacht sorgfältig zu bewirtschaften und insbesondere auch für nachhaltige Ertragsfähigkeit zu sorgen. Diese Regelung ist seit 1. Januar 2004 auch in der Spezialgesetzgebung des LPG (Bundesgesetz vom 4.10.1985 über die landwirtschaftliche Pacht [SR 221.213.2]) enthalten. Demnach muss der Pächter den Pachtgegenstand sorgfältig bewirtschaften und namentlich für eine nachhaltige Ertragsfähigkeit des Bodens sorgen (Art. 21a LPG). Von grösster Bedeutung für die Werterhaltung im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung sind die Produktionsrechte, da sie einen Bestandteil des Verkehrswertes bilden, welcher bei Misswirtschaft verloren geht. Bezüglich des Milchkontingentes, welches als Recht bis und mit Mai 1999 direkt mit der Fläche verbunden war, trifft dies besonders zu (vgl. dazu Studer/Hofer, a.a.O., Brugg 1987, S. 58). Da der Pächter verpflichtet ist, die nutzbare Sache während der Dauer des Pachtvertrages sorgfältig zu nutzen, um sie nach Pachtende wieder an den Verpächter zurückzugeben (vgl. Art. 23 Abs. 4 LPG), muss er auch für die Erhaltung der bestehenden Produktionsrechte sorgen.
6.3. Nach Art. 5 des Pachtvertrags vom 13. Oktober 1984 gehen mit der Verpachtung alle mit dem Pachtobjekt verbundenen Rechte und Lasten auf den Pächter über, soweit sie für die Bewirtschaftung von Bedeutung sind. Ob das Milchkontingent als Produktionsrecht unter diese (in einem Standardvertrag vorformulierte) Bestimmung fällt, ist durch Vertragsauslegung zu ermitteln.
Ein übereinstimmender wirklicher Wille der Parteien ist nicht erkennbar; sie haben sich zu Art. 5 des Pachtvertrags nicht geäussert. Es hat daher eine objektivierte Auslegung nach dem Vertrauensprinzip zu erfolgen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung gehen alle für die Bewirtschaftung bedeutsamen Rechte auf den Pächter über. Es lag denn auch im Interesse der Vertragsparteien, die Voraussetzungen für eine möglichst sinnvolle und zweckmässige Bewirtschaftung zu schaffen. Das im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an die Landfläche geknüpfte Milchkontingent war für die Weiterführung der bisherigen Bewirtschaftungsart notwendig. Es ist daher als Recht im Sinne von Art. 5 zu betrachten und bildet somit Gegenstand des Pachtvertrags.
Der Pachtvertrag regelt die Rückgabe des Milchkontingents nicht. Anwendbar sind daher die gesetzlichen Vorschriften über die landwirtschaftliche Pacht (Art. 31 des Pachtvertrags). Nach Art. 299 Abs. 1 OR und Art. 23 Abs. 1 LPG hat der Pächter den Pachtgegenstand in dem Zustand, in dem er sich befindet zurückzugeben. Der Beklagte hatte deshalb bei Pacht-ende das bei ihm unbestritten noch vorhandene - Milchkontingent (als Gegenstand des Pachtvertrags) zurückzuübertragen. Dass bei Pachtvertragsende das Prinzip der Flächenbindung nicht mehr galt und das Kontingent flächenunabhängig übertragbar war, ändert nichts. Die privatrechtliche Rückübertragungsverpflichtung wurde durch die Änderung der öffentlich-rechtlichen Kontingentsbestimmungen nicht aufgehoben.
I. Kammer, 18. Januar 2010 (11 09 101)