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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZK2-14-32: Kantonsgericht Graubünden

Die Beschwerdeführerin A. erstattete eine Strafanzeige gegen den Beschwerdegegner B. wegen Betrug. Die Staatsanwaltschaft nahm die Untersuchung jedoch nicht an die Hand. Die Beschwerdeführerin legte Beschwerde ein und forderte eine Strafuntersuchung. Nach verschiedenen Verfahrensschritten entschied das Obergericht des Kantons Zürich, dass keine strafbaren Handlungen vorliegen und wies die Beschwerde ab. Die Gerichtskosten wurden auf Fr. 1'500.- festgesetzt, und die Beschwerdeführerin muss diese tragen.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZK2-14-32

Kanton:GR
Fallnummer:ZK2-14-32
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZK2-14-32 vom 29.01.2016 (GR)
Datum:29.01.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ausübung eines vertraglichen Vorkaufsrechts
Schlagwörter : Berufung; Berufungsbeklagte; Berufungsklägerin; Aktie; Aktien; Vorkaufsrecht; Verkauf; Partei; Ziffer; Vorinstanz; Parteien; Vorkaufsrechts; Vertraulichkeit; Recht; Akten; Berufungsbeklagten; Entscheid; Kaufvertrag; Modifikation; „Vertraulichkeitsverpflichtung“; Vertrag; „Modifikation“; Ausübung; Verkaufs; Beru-
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 150 ZPO ;Art. 18 OR ;Art. 19 OR ;Art. 216d OR ;Art. 222 ZPO ;Art. 292 StGB ;Art. 308 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 56 ZPO ;Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:123 III 35; 132 III 24; 133 III 61; 136 III 186; 97 II 277;
Kommentar:
Claire Huguenin, Obligationenrecht I, Art. 19 OR, 2011
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts ZK2-14-32

Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni

Ref.:
Chur, 29. Januar 2016
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK2 14 32




09. Februar 2016
Urteil
II. Zivilkammer
Vorsitz
Hubert
Richter
Michael Dürst und Schnyder
Aktuarin ad hoc Riesen-Ryser

In der zivilrechtlichen Berufung
der X . _ _ _ _ _ , Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt
MLaw Christian Fey, Hartbertstrasse 1, Postfach 540, 7002 Chur,

gegen

den Entscheid des Bezirksgerichts Plessur vom 27. März 2014, mitgeteilt am 30.
Juni 2014, in Sachen der Y.___, Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten
durch Rechtsanwalt MLaw Severin Riedi, Hartbertstrasse 11, Postfach 180, 7002
Chur, gegen die Beklagte und Berufungsklägerin,
betreffend Ausübung eines vertraglichen Vorkaufsrechts,
hat sich ergeben:
1 / 27

I. Sachverhalt
A.
Die X.___ ist Hauptaktionärin der A.___ AG und hält mindestens 963
der insgesamt 1‘400 Namenaktien. Die A.___ AG wiederum ist Eigentümerin
und Betriebsinhaberin des A.___ in O.1___.
Bis ins Jahr 1999 war B.___ Alleinaktionär der X.___. Mit schriftlichem Kauf-
vertrag vom 17. Februar 1999 veräusserte er die Aktienmehrheit derselben an
seinen Sohn C.___. Bei C.___ handelt es sich heute um den einzelzeich-
nungsberechtigten Präsidenten des Verwaltungsrates der X.___.
In Ziffer 7 lit. f des Kaufvertrages vom 17. Februar 1999 über die Aktien der
X.___ wurde Y.___, Tochter von B.___ und Schwester von C.___, ein
Vorkaufsrecht mit folgendem Wortlaut eingeräumt:
„Frau Y.___ steht beim Verkauf des A.___ O.1___ der
A.___ AG (auch bei Teilverkauf) das Vorkaufsrecht mit einem Einschlag
von 10% zu. Das Vorkaufsrecht muss innert 60 Tagen beansprucht wer-
den. Andernfalls verfällt die Bevorzugung.“

B.
a) Im Herbst 2012 teilte C.___ Y.___ mit, dass er sich mit dem Gedan-
ken trage, die Aktien der A.___ AG zu verkaufen. Am 25. März 2013 unter-
zeichnete Y.___ eine von C.___ aufgesetzte und mit „Vertraulichkeitsver-
pflichtung“ bezeichnete Erklärung. Deren Ziffer 7 lautet:
„Ich nehme zur Kenntnis, dass sich die Verkäuferschaft (X.___) jederzeit
und ohne Begründung von einem Verkauf zurückziehen kann.“

b)
Am 11. Juni 2013 unterzeichneten C.___, X.___, einerseits sowie
D.___ und E.___ andererseits eine Absichtserklärung betreffend den Ver-
kauf/Kauf von Aktien der A.___ AG. C.___ verpflichtete sich dabei abzuklä-
ren, ob Y.___ das Vorkaufsrecht geltend machen werde. In der Folge äusserte
sich Y.___ auf Frage dahingehend, dass sie darüber erst nach Kenntnis des
Inhalts eines allfälligen Kaufvertrages entscheiden könne.
Mit Kaufvertrag vom 1. Juli 2013 verkauften die X.___, vertreten durch C.___,
und H.___ ihre Aktien der A.___ AG an D.___ und E.___. Der Kaufver-
trag gelangte Y.___ am 12. Juli 2013 zur Kenntnis. Mit Schreiben vom 30. Au-
gust 2013 an C.___ erklärte Y.___, dass sie ihr Vorkaufsrecht ausübe. Sie
legte dem Schreiben ein unwiderrufliches Zahlungsversprechen der Graubündner
Kantonalbank über Fr. 1‘733‘400.-zu Gunsten der X.___ und über Fr.
280‘000.-zu Gunsten von H.___ bei. Das Schreiben ging der X.___ am 2.
September 2013 zu. Gleichentags unterzeichneten C.___ für die X.___ sowie
2 / 27

D.___ und E.___ eine Aufhebungsvereinbarung bezüglich des Kaufvertrages
vom 1. Juli 2013. Eine Übergabe von Aktien an Y.___ erfolgte nicht.
C.
Am 12. September 2013 stellte Y.___ beim Bezirksgericht Plessur ein
Gesuch um Erlass (superprovisorischer) vorsorglicher Massnahmen zur Wahrung
der von ihr geltend gemachten Rechte an den Aktien der A.___ AG. Ebenfalls
am 12. September 2013, mitgeteilt am 13. September 2013, hiess der Einzelrich-
ter in Zivilsachen am Bezirksgericht Plessur das Gesuch um Erlass superproviso-
rischer Massnahmen gut und verbot den Organen und Vertretern der A.___ AG
unter Androhung einer Strafe nach Art. 292 StGB superprovisorisch, über die Ak-
tien der A.___ AG zu verfügen. Mit Entscheid des Einzelrichters in Zivilsachen
am Bezirksgericht Plessur vom 17. September 2013, mitgeteilt am 20. September
2013, wurde den Organen und Vertretern der X.___ unter Androhung einer
Strafe nach Art. 292 StGB verboten, über die Aktien der A.___ AG zu verfügen
sowie für die A.___ AG neue Pachtverhältnisse zu begründen bestehende
Pachtverhältnisse zu verändern. Ausserdem wurde Y.___ eine Frist von 30 Ta-
gen seit Mitteilung des Entscheids zur Einreichung der Klage gesetzt.
D.
Mit Klage vom 22. Oktober 2013 unterbreitete Y.___ die Streitsache ohne
vorangehendes Schlichtungsverfahren dem Bezirksgericht Plessur. Die Klage rich-
tete sich gegen die X.___ und enthielt folgendes Rechtsbegehren:
„1. Die Beklagte sei zu verpflichten, 963 Aktien der A.___ AG, nament-
lich die Namenaktien Nrn. 1-13, 18-230, 425-541, 582-642, 655-684,
690-694, 710-711, 725, 759-778, 786, 787, 797-800, 811-825, 827-
832, 838-890, 901-962, 966-1200, 1277-1400, spätestens bei Eintritt
der Rechtskraft blanko indossiert auf die Klägerin zu übertragen.

2.
Vollstreckungsantrag: Die Beklagte sei für jeden Tag der Nichterfüllung
mit einer Ordnungsbusse von CHF 1‘000.00, eventuel einer vom Ge-
richt festzusetzenden Ordnungsbusse, zu bestrafen.

3.
Unter gerichtlicher und aussergerichtlicher Kostenund Entschädi-
gungsfolge zulasten der Beklagten.“

Am 21. November 2013 reichte die X.___ ihre Klageantwort mit folgendem
Rechtsbegehren ein:
„1. Die Klage sei abzuweisen.
2.
Der Vollstreckungsantrag auf Bestrafung der Beklagten mit einer Ord-
nungsbusse von CHF 1‘000.00 auf Bestrafung der Beklagten mit
eine[m] vom Gericht festzusetzenden Betrag für jeden Tag der Nichter-
füllung sei abzuweisen.

3.
Eventualiter sei der Beklagten eine angemessene, vom Gericht zu be-
stimmende Frist zur Erfüllung ab Eintritt der Rechtskraft zu setzen.

4.
Unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der Klägerin.“
3 / 27

Die Replik datiert vom 13. Dezember 2013 und die Duplik vom 16. Januar 2014.
Sowohl Y.___ als auch die X.___ hielten an ihren Rechtsbegehren fest.
E.
Am 27. Februar 2014, gleichentags mitgeteilt, erliess das Bezirksgericht
Plessur die Beweisverfügung, in welcher die von den Parteien eingereichten Ur-
kunden als relevant erklärt und die Akten des Verfahrens betreffend vorsorgliche
Massnahmen beigezogen wurden. Der Entscheid über die Anträge auf Parteibe-
fragung von Y.___ und C.___ wurde für die Hauptverhandlung vorbehalten.
Die Beweisverfügung blieb unangefochten.
F.
Am 27. März 2014 fand die Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Ples-
sur statt, welches mit Entscheid vom gleichen Tag, mitgeteilt am 30. Juni 2014,
wie folgt erkannte.
„1. Die X.___ wird verpflichtet, 963 Aktien der A.___ AG, nämlich die
Namenaktien Nrn. 1-13, 18-230, 425-541, 582-642, 655-684, 690-694,
710-711, 725, 759-778, 786, 787, 797-800, 811-825, 827-832, 838-
890, 901-962, 966-1200 und 1277-1400 innert 20 Tagen seit Eintritt
der Vollstreckbarkeit des vorliegenden Entscheids blanko indossiert
und Zug um Zug gegen Barzahlung die Vorlage eines unwiderruf-
lichen Zahlungsversprechens einer Schweizer Bank in Höhe von CHF
1‘733‘400.00 auf Y.___ zu übertragen.

2.
Die Verpflichtung nach Ziffer 1 wird mit der Strafandrohung nach Art.
292 StGB verbunden, wonach mit Busse bestraft wird, wer der von ei-
ner zuständigen Behörde einem zuständigen Beamten unter
Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels erlassenen Verfügung
nicht Folge leistet.

3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. a) Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 15‘500.00 gehen zu Lasten der
X.___ und werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von CHF
30‘000.00 verrechnet. CHF 14‘500.00 werden Y.___ durch das Ge-
richt zurückerstattet, sobald der vorliegende Entscheid vollstreckbar
geworden ist.

b) Die X.___ hat Y.___ mit CHF 8‘463.00 aussergerichtlich zu ent-
schädigen und ihr den geleisteten Vorschuss in Höhe von CHF
15‘500.00 zu ersetzen.

5.
(Rechtsmittelbelehrung.)
6.
(Mitteilung.)“
G.
Gegen diesen Entscheid führt die X.___ mit Eingabe vom 28. August
2014 Berufung beim Kantonsgericht von Graubünden. Sie beantragt:
„1. Der Entscheid des Bezirksgerichts Plessur vom 27.03.2014, mitgeteilt
am 30.06.2014, sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen.
2.
Unter Kostenund Entschädigungsfolge, zuzüglich 8% Mehrwertsteu-
er, zulasten der Berufungsbeklagten.“

4 / 27

Mit Berufungsantwort vom 2. Oktober 2014 beantragt Y.___ die kostenfällige
Abweisung der Berufung und die Bestätigung des angefochtenen Urteils.
H.
Auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid und die Ausführungen in
den Rechtsschriften wird, soweit erforderlich, im Folgenden eingegangen.
II. Erwägungen
1.
a) Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen erstinstanzli-
chen Endentscheid in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit, welcher mit Be-
rufung angefochten werden kann, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhalte-
nen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10‘000.-beträgt (Art. 308 Abs. 2 ZPO).
Massgebend ist dabei der Streitwert, welcher nach den Begehren der Parteien bei
Erlass des erstinstanzlichen Urteils noch streitig war (Peter Reetz/Stefanie Theiler,
in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizeri-
schen Zivilprozessordnung, 2. Auflage, Zürich 2013, N 39 f. zu Art. 308 ZPO; Karl
Spühler, Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Auflage, Ba-
sel 2013, N 9 zu Art. 308 ZPO; Myriam A. Gehri, in: Gehri/Kramer [Hrsg.], Schwei-
zerische Zivilprozessordnung, Kommentar, Zürich 2010, N 6 zu Art. 308 ZPO; Kurt
Blickenstorfer, in: Brunner/Gasser/Schwander, Kommentar zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung, Zürich 2011, N 24 f. zu Art. 308 ZPO). Vorliegend hat die
Berufungsbeklagte im Zeitpunkt der vorinstanzlichen Urteilsfällung die Übertra-
gung von 963 genau bezeichneten Namenaktien der A.___ AG auf sie selbst
verlangt, während die Berufungsklägerin die Abweisung dieses Begehrens gefor-
dert hat. Damit lauten die Rechtsbegehren nicht auf eine bestimmte Summe. Der
Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren entspricht jedoch offen-
sichtlich gerade dem Preis, den die Berufungsbeklagte für die Aktien zu bezahlen
hätte (vgl. BGE 97 II 277 E. 1). Dieser Preis ergibt sich aus den Akten (Akten der
Vorinstanz, act. III/1, S. 4 lit. f, act. III/4, S. 2 Ziff. 1, act. III/9 und act. III/10); er be-
trägt Fr. 1‘733‘400.-- (vgl. insoweit auch den angefochtenen Entscheid, act. B.1,
dessen Erwägungen auf S. 16 Ziff. 3e/aa zutreffend sind) und ist zwischen den
Parteien nicht strittig. Der Streitwert beträgt demzufolge Fr. 1‘733‘400.--. Er liegt
weit über dem für die Berufung notwendigen Betrag von Fr. 10‘000.--. Der Ent-
scheid der Vorinstanz ist damit mit Berufung anfechtbar.
b)
Gemäss Art. 311 ZPO ist die Berufung unter Beilage des angefochtenen
Entscheids innert 30 Tagen seit Zustellung des begründeten Entscheids bezie-
hungsweise seit der nachträglichen Zustellung der Entscheidbegründung schrift-
lich und begründet einzureichen. Der angefochtene Entscheid des Bezirksgerichts
5 / 27

Plessur vom 27. März 2014 wurde den Parteien am 30. Juni 2014 begründet mit-
geteilt (angefochtener Entscheid, act. B.1) und ging der Berufungsklägerin am 2.
Juli 2014 zu (act. B.3). Die Berufung der Berufungsklägerin erfolgte mit Eingabe
vom 28. August 2014 unter Berücksichtigung des Fristenstillstands vom 15. Juli
bis und mit dem 15. August (Art. 145 Abs. 1 lit. b ZPO) fristgerecht. Da die
Rechtsschrift zudem den übrigen Formerfordernissen entspricht, ist auf die Beru-
fung einzutreten. Die Zuständigkeit des Kantonsgerichts von Graubünden ergibt
sich aus Art. 7 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur ZPO (EGzZPO; BR 210.100).
c)
Wie die Vorinstanz im Weiteren zu Recht darauf hingewiesen hat, hat die
Berufungsbeklagte ihre Klage ohne vorheriges Schlichtungsverfahren eingereicht.
Dies ist nicht zu beanstanden, nachdem der Einzelrichter in Zivilsachen am Be-
zirksgericht Plessur im Rahmen seiner Entscheidung über das Gesuch um Erlass
vorsorglicher Massnahmen der Berufungsbeklagten Frist zur Einreichung einer
Klage gesetzt hatte (vgl. Art. 198 lit. h ZPO; Akten der Vorinstanz, act. VI/a.1, S. 8
Ziff. 3). Dieses Vorgehen der Berufungsbeklagten wird von der Berufungsklägerin
denn auch nicht in Frage gestellt.
2.
Bezüglich des Sachverhalts bemängelt die Berufungsklägerin, die Vor-
instanz sei bei ihrem Entscheid zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Parteien
anfangs 2013 in Verhandlungen über einen direkten Verkauf der Aktien der
A.___ AG, die von der Berufungsklägerin gehalten werden, an die Berufungs-
beklagte gestanden hätten und dass die „Vertraulichkeitsverpflichtung“ vom 25.
März 2013 in diesem Zusammenhang unterzeichnet worden sei und nicht im Hin-
blick auf die Ausübung des Vorkaufsrechts. Sie bestreitet, dass zwischen den Par-
teien jemals Verhandlungen über einen Verkauf der Aktien an die Berufungsbe-
klagte stattgefunden hätten, und sie macht geltend, dass auch die Berufungsbe-
klagte solche Verhandlungen nie behauptet habe. Damit lege die Vorinstanz dem
angefochtenen Entscheid einen Sachverhalt zugrunde, der von keiner der beiden
Parteien je behauptet, geschweige denn bewiesen anerkannt worden sei. Die
Berufungsklägerin macht folglich eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts
durch die Vorinstanz geltend (vgl. Art. 310 lit. b ZPO). Die Berufungsbeklagte da-
hingegen stellt sich auf den Standpunkt, die Feststellung der Vorinstanz, dass
zwischen den Parteien direkte Verkaufsverhandlungen stattgefunden hätten, sei
zutreffend und Entsprechendes habe sie im vorinstanzlichen Verfahren auch be-
hauptet. Ihre diesbezügliche Tatsachendarstellung sei von der Berufungsklägerin
nicht substantiiert bestritten worden und gelte deshalb als anerkannt (Art. 222 Abs.
2 ZPO), weshalb ein Beweis darüber nicht notwendig gewesen sei.
6 / 27

a)
Gemäss Art. 222 Abs. 2 ZPO hat die beklagte Partei in der Klageantwort
darzulegen, welche Tatsachenbehauptungen der klagenden Partei im Einzelnen
bestritten werden. Die beklagte Partei trifft mithin eine Bestreitungslast, wobei die
Bestreitung substantiiert zu erfolgen hat; die Tatsachenbehauptungen sind detail-
liert („Punkt für Punkt“) zu bestreiten. Pauschale Bestreitungen, wie zum Beispiel
die bekannte Floskel, wonach alles bestritten sei, was nicht ausdrücklich zuge-
standen werde, sind unzureichend und die beklagte Partei vermag damit ihre Ob-
liegenheit zur substantiierten Bestreitung nicht zu erfüllen. Ein unsubstantiiertes
Bestreiten hat zur Folge, dass die klägerischen Tatsachenbehauptungen unbestrit-
ten geblieben und damit nicht beweisbedürftig sind (Art. 150 Abs. 1 ZPO). Sie
können grundsätzlich dem Entscheid zugrunde gelegt werden (vgl. aber Art. 153
Abs. 2 ZPO; zum Ganzen siehe Eric Pahud, Basler Kommentar, Schweizerische
Zivilprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2013, N 11 zu Art. 222 ZPO; Laurent Killi-
as, Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. II, Bern 2013, N
17 f. und N 21 zu Art. 222 ZPO; Christoph Leuenberger, in: Sutter-Somm/Hasen-
böhler/Leuenberger [Hrsg.], a.a.O., N 20 f. zu Art. 222 ZPO; Daniel Willisegger, in:
Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], a.a.O., N 20 ff. zu Art. 222 ZPO; Dominik
Gasser/Brigitte Rickli, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommen-
tar, 2. Auflage, Zürich 2014, N 3 zu Art. 222 ZPO; Adrian Staehelin/Daniel Staehe-
lin/Pascal Grolimund, Zivilprozessrecht, Zürich 2013, § 18 N 5 und § 21 N 3). Dem
steht auch die Fragepflicht des Gerichts (Art. 56 ZPO) nicht entgegen, kommt sie
zum einen bei anwaltlich vertretenen Parteien doch nur mit Zurückhaltung zum
Zuge und dient sie zum anderen nicht dazu, prozessuale Nachlässigkeiten der
Parteien auszugleichen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_444/2013 vom 5. Feb-
ruar 2014 E. 6.6.3 mit zahlreichen Hinweisen; ebenso die Urteile des Bundesge-
richts 4A_57/2014 vom 8. Mai 2014 E. 1.3.2 und 4A_336/2014 vom 18. Dezember
2014 E. 7.6).
b)
Die bereits damals von einem Anwalt vertretene Berufungsklägerin hat so-
wohl in ihrer Klageantwort als auch in der Duplik im vorinstanzlichen Verfahren
eine pauschale Bestreitung angebracht (Akten der Vorinstanz, act. II/2, S. 2 N 3,
und act. II/4, S. 2 N 2), was jedoch wie gesehen - nicht genügt, um ihrer Oblie-
genheit gemäss Art. 222 Abs. 2 ZPO nachzukommen. Sofern die Berufungskläge-
rin die Tatsachenbehauptungen der Berufungsbeklagten, die in der Klage und in
der Replik enthalten sind, nicht konkret, das heisst jede für sich, bestritten hat,
müssen die Tatsachenbehauptungen als unbestritten gelten und dürfen dem Ent-
scheid zugrunde gelegt werden, ohne dass darüber Beweis geführt werden müss-
te.
7 / 27

c)
In der Klage finden sich keine Hinweise darauf, dass es zwischen der Beru-
fungsklägerin und der Berufungsbeklagten Verhandlungen über den direkten Ver-
kauf der Aktien der A.___ AG an die Berufungsbeklagte gegeben hätte. In der
Replik jedoch hat die Berufungsbeklagte wörtlich festgehalten:
„Herr C.___ [ist] nicht erst zu Beginn des Jahres 2013 mit den Verkaufs-
absichten der Beklagten [X.___] an die Klägerin [Y.___] herangetre-
ten, sondern schon im Herbst 2012. Damals erklärte er gegenüber der Klä-
gerin, er schlage sich mit dem Gedanken herum, das A.___ zu veräus-
sern. Er habe zwei Interessenten, die sich vorsichtig um eine Übernahme
der A.___ AG bemühten. Einer davon sei [...] D.___. Dieser könne die
Mittel für eine Übernahme nicht alleine aufbringen und suche noch einen
Investor. [...] Anlässlich dieses Gesprächs äusserte die Klägerin gegenüber
Herrn C.___, selbst ein ernsthaftes Interesse an der Übernahme [der Ak-
tien] zu haben. Herr C.___ sagte ihr damals, das A.___ AG sei
schwierig zu führen, er rate ihr deshalb von einer Übernahme ab. Sollte er
zur Überzeugung gelangen, die A.___ AG zu verkaufen, könne man ein
Kaufgeschäft untereinander noch einmal genauer diskutieren. Den Wert
der A.___ AG schätzte er damals auf höchstens CHF 3‘000‘000.00.

Am 14. Januar 2013 teilte Herr C.___ der Klägerin telefonisch mit, Herr
D.___ habe nun einen möglichen Partner für die Finanzierung der
A.___ AG gefunden. Die Klägerin ersuchte Herrn C.___ anlässlich
dieses Telefongesprächs, ihr und ihren Beratern Einblick in die Finanzun-
terlagen der A.___ AG zu gewähren, damit sie ihm allenfalls ein Angebot
unterbreiten könne“ (Akten der Vorinstanz, act. II/3, S. 3 N 3 f.).

Weiter führte die Berufungsbeklagte in der Replik aus:
„Nachdem die Klägerin [Y.___] von der Beklagten [X.___] die Unterla-
gen erhalten hatte, liess sie Herrn F.___ eine
Review durchführen. In
dieser Zeit traf sich Herr F.___ auch mit Herrn C.___ und führte diver-
se Korrespondenz mit ihm. Herr F.___ kam nach eingehender Überprü-
fung zum Ergebnis, dass der innere Wert der von der Beklagten gehaltenen
Aktien der A.___ AG unter den angekündigten CHF 3‘000‘000.00 liege
und empfahl der Klägerin, vorerst mit einem Kaufangebot abzuwarten“ (Ak-
ten der Vorinstanz, act. II/3, S. 4 N 8).

In der Duplik fehlen konkrete, substantiierte Bestreitungen dieser Tatsachenbe-
hauptungen der Berufungsbeklagten; die Berufungsklägerin hat sich damit über-
haupt nicht auseinandergesetzt. Erst im Plädoyer vor der Vorinstanz hat sie, aller-
dings ohne weiter darauf einzugehen, kurz festgestellt, mit der Berufungsbeklag-
ten habe sie nie irgendwelche Übernahmegespräche geführt (Akten der Vorin-
stanz, act. IV/10, S. 2). Nachdem die Bestreitung in der Rechtsschrift und zudem
substantiiert zu erfolgen hat (vgl. Art. 222 Abs. 2 ZPO), genügt dieser Hinweis im
Plädoyer nicht. Die oben zitierten Tatsachenbehauptungen der Berufungsbeklag-
ten sind damit nicht bestritten und dürfen dem Entscheid zugrunde gelegt werden,
ohne dass darüber Beweis geführt werden müsste. Aus den zitierten Ausführun-
gen der Berufungsbeklagten in der Replik im vorinstanzlichen Verfahren ergibt
sich nun aber entgegen der Auffassung der Berufungsklägerin in der Berufung
8 / 27

durchaus, dass die Parteien über einen direkten Verkauf der Aktien der A.___
AG an die Berufungsbeklagte gesprochen haben. C.___ als Verwaltungsrats-
präsident der Berufungsklägerin und damit als ihr Organ hat der Berufungsbeklag-
ten einen ungefähren Wert der Aktien genannt und die Berufungsbeklagte hat ge-
genüber C.___ davon gesprochen, allenfalls selbst ein Angebot für die Aktien
machen zu wollen. „Ein Angebot für die Aktien machen“ bedeutet im vorliegenden
Kontext klarerweise, eine Offerte für den Kauf der Aktien abzugeben. Dies ergibt
sich zweifelsfrei aus dem Umstand, dass der Preis, zu welchem die Aktien bei
Ausübung des Vorkaufsrechts zu übernehmen waren, bereits im Vertrag vom 17.
Februar 1999, in welchem das Vorkaufsrecht begründet worden war, bestimmt
worden war („mit einem Einschlag von 10%“, Akten der Vorinstanz, act. III/1, S. 4
lit. f), so dass ein Angebot in diesem Fall weder nötig war, noch Sinn gemacht hät-
te. Das war beiden Parteien, die den Vertrag vom 17. Februar 1999 kannten (vgl.
ihre Unterschriften am Ende des Vertrages, Akten der Vorinstanz, act. III/1, S. 4),
zweifellos bekannt und bewusst. Aus den zitierten Ausführungen der Berufungs-
beklagten in ihrer Replik im vorinstanzlichen Verfahren ergibt sich im Weiteren,
dass die Berufungsbeklagte für sich und ihre Berater Einblick in die Finanzunterla-
gen der A.___ AG verlangt hat, weil sie daran dachte, ein Angebot abzugeben
(und nicht, weil sie den Wert der Aktien bestimmen wollte, bevor sie über die Aus-
übung des Vorkaufsrechts entschied, wie es die Berufungsklägerin in der Beru-
fung geltend macht). Weiter hat sich ihr Finanzberater im Rahmen der Prüfung der
Finanzunterlagen mit C.___ getroffen und er hat zudem mit diesem diverse Kor-
respondenz geführt. Damit aber ist dargetan, dass zwischen den Parteien Ge-
spräche über den direkten Verkauf der Aktien der A.___ AG, die von der Beru-
fungsklägerin gehalten werden, geführt worden sind. Es ergibt sich im Übrigen
auch aus der von C.___ aufgesetzten „Vertraulichkeitsverpflichtung“, dass die
Parteien Vertragsverhandlungen über den Verkauf der Aktien an die Berufungsbe-
klagte geführt haben. Ziffer 1 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ lautet nämlich wie
folgt:
„Hiermit verpflichte ich mich, [dass ich] alle Informationen über die A.___
AG, welche ich im Verlauf von Verkaufsverhandlungen über die Mehrheit
der A.___ Aktien erhalte, mit unbedingter Vertraulichkeit behandle und
nicht an Dritte weiterleite“ (Akten der Vorinstanz, act. IV/2, Ziff. 1).

Es ist nicht ersichtlich, wie die Berufungsbeklagte im Verlauf von Verkaufsver-
handlungen hätte zu Informationen kommen können, wenn die Verkaufsverhand-
lungen nicht mit ihr geführt worden wären. Denn in Verkaufsverhandlungen mit
Dritten hätte die Berufungsbeklagte nicht miteinbezogen werden müssen und wäre
sie zweifellos auch nicht miteinbezogen worden. Die Formulierung von Ziffer 1 der
„Vertraulichkeitsverpflichtung“ führt daher sehr deutlich zum Schluss, dass die
9 / 27

Parteien miteinander in Verkaufsverhandlungen gestanden haben. Zum selben
Ergebnis gelangt man bei Durchsicht der E-Mail von C.___ vom 24. Januar
2013 an die Berufungsbeklagte. In dieser E-Mail weist C.___ die Berufungsbe-
klagte nach Hinweis auf die angehängte „Vertraulichkeitsverpflichtung“ an, „mit
Niemandem über einen allfälligen Kauf des A.___zu sprechen“ (Akten der Vo-
rinstanz, act. IV/4). Die Verwendung des Begriffs „Kauf“ (und nicht „Verkauf“) zeigt
deutlich auf, dass zwischen den Parteien Gespräche über einen Kauf der Aktien
durch die Berufungsbeklagte stattfanden. Eine Würdigung der Rechtsschriften und
Akten führt mithin zum Ergebnis, dass zwischen den Parteien Verhandlungen über
einen direkten Verkauf der Aktien an die Berufungsbeklagte geführt worden sind.
Dem steht nicht entgegen, dass der Berufungsbeklagten bekannt war, dass
C.___ auch mit D.___ und E.___ Verkaufsverhandlungen führte. Es ist
durchaus nicht aussergewöhnlich, dass gleichzeitig mit mehreren Interessenten
ernsthaft über den Verkauf einer Sache verhandelt wird. Dass die Berufungskläge-
rin von Anfang an erklärt hätte, nicht an die Berufungsbeklagte verkaufen zu wol-
len was ernsthafte Gespräche über einen Verkauf an die Berufungsbeklagte we-
nig glaubhaft machen würde -, ist nicht nachgewiesen (vgl. Erwägung 7).
Aus dem Dargelegten erhellt, dass die Feststellung der Vorinstanz, es seien Ver-
handlungen zwischen den Parteien über den direkten Verkauf der Aktien an die
Berufungsbeklagte geführt worden, nicht zu beanstanden ist. Es ist auch im vor-
liegenden Verfahren in sachverhaltlicher Hinsicht davon auszugehen. Die Rüge
der unrichtigen Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz erweist sich
folglich als unbegründet.
3.a)
Folgende weiteren Tatsachen sind unter den Parteien unbestritten: Der Be-
rufungsbeklagten ist mit Vertrag zwischen B.___ und C.___/G.___ vom 17.
Februar 1999 ein Vorkaufsrecht beim Verkauf (auch Teilverkauf) des A.___
O.1___ der A.___ AG eingeräumt worden. Dabei steht ihr ein Einschlag
von 10% zu. Der Verwaltungsratspräsident der Berufungsklägerin, C.___, hat
der Berufungsbeklagten gegenüber seine Absicht geäussert, die von der Beru-
fungsklägerin gehaltenen Namenaktien der A.___ AG zu veräussern. Am 25.
März 2013 hat die Berufungsbeklagte eine mit „Vertraulichkeitsverpflichtung“
überschriebene und von C.___ aufgesetzte Erklärung unterzeichnet, deren
Wortlaut unbestritten ist. Am 11. Juni 2013 haben C.___, X.___, sowie
D.___ und E.___ eine Absichtserklärung bezüglich Verkauf/Kauf der von der
Berufungsklägerin gehaltenen Namenaktien der A.___ AG unterzeichnet. Der
Inhalt der Absichtserklärung ist unbestritten. Am 1. Juli 2013 haben die Beru-
fungsklägerin, vertreten durch C.___, und H.___ als Verkäufer sowie
10 / 27

D.___ und E.___ als Käufer einen Kaufvertrag über insgesamt 1103 Namen-
aktien der A.___ AG (wovon 963 von der Berufungsklägerin gehaltene Aktien)
abgeschlossen. Der Inhalt des Kaufvertrages ist unbestritten. Die Berufungsbe-
klagte ist am 12. Juli 2013 in den Besitz einer Kopie des Kaufvertrages gelangt.
Mit schriftlicher Erklärung vom 30. August 2013 hat die Berufungsbeklagte ihr Vor-
kaufsrecht ausgeübt. Die Erklärung ist der Berufungsklägerin am 2. September
2013 zugegangen. Am selben Tag haben die Berufungsklägerin, vertreten durch
C.___, einerseits sowie D.___ und E.___ andererseits eine Aufhebungs-
vereinbarung bezüglich des Kaufvertrages vom 1. Juli 2013 unterzeichnet. Der
Inhalt der Vereinbarung ist unbestritten. Eine Übertragung der Aktien der A.___
AG, die die Berufungsklägerin hält, an die Berufungsbeklagte ist nie erfolgt.
b)
Streitig ist unter den Parteien dahingegen insbesondere die Frage, ob Ziffer
7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ eine „Modifikation“ des Vorkaufsrechts in dem
Sinne enthält, dass die Berufungsklägerin auch nach Ausübung des Vorkaufs-
rechts durch die Berufungsbeklagte von einem abgeschlossenen Kaufvertrag über
die Namenaktien zurücktreten kann mit der Folge, dass das Vorkaufsrecht dahin-
fällt. Ob die Parteien diese von der Berufungsklägerin behauptete Abänderung des
Vorkaufsrechts tatsächlich vereinbart haben, ist im Folgenden zu klären.
Bereits an dieser Stelle kann festgestellt werden, dass der in der Berufung geäus-
serten Auffassung der Berufungsklägerin, der Vorkaufsfall trete aufgrund der in
Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ vereinbarten (von der Berufungsbeklag-
ten jedoch bestrittenen) „Modifikation“ erst in dem Zeitpunkt ein, in dem die Beru-
fungsklägerin die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Berufungsbeklagte ak-
zeptiere und nicht vom Verkauf der Aktien zurücktrete (act. A.1, S. 8 N 27), von
vornherein nicht zugestimmt werden kann. Würde man nämlich in diesem Punkt
der Ansicht der Berufungsklägerin folgen, so würde der das Vorkaufsrecht auslö-
sende Vorkaufsfall erst nach Ausübung des Vorkaufsrechts eintreten, was schon
denklogisch nicht sein kann. Ein solches Szenario ist denn wohl auch kaum die
Meinung der Berufungsklägerin. Bei der von der Berufungsklägerin behaupteten,
von der Berufungsbeklagten aber bestrittenen „Modifikation“ des Vorkaufsrechts
könnte es sich demnach jedenfalls nicht um eine nähere Bestimmung des Vor-
kaufsfalles handeln. Vielmehr wäre entsprechend den weiteren Ausführungen der
Berufungsklägerin davon auszugehen, dass das Vorkaufsrecht der Berufungsbe-
klagten bei Vereinbarung einer „Modifikation“, wie sie die Berufungsklägerin gel-
tend macht, nur unter der Bedingung zum Tragen käme, dass die Berufungskläge-
rin den den Vorkaufsfall bildenden Kaufvertrag nicht wieder aufheben würde. Dar-
aus folgt, dass die Berufungsklägerin den Verkauf der Aktien als Vorkaufsfall be-
11 / 27

trachtet, was im Übrigen auch die Berufungsbeklagte tut, ansonsten sie nach Ab-
schluss des Aktienkaufvertrages vom 1. Juli 2013 nicht ihr Vorkaufsrecht ausgeübt
hätte. Damit ist unter den Parteien nicht streitig, dass der Verkauf der Aktien als
Vorkaufsfall anzusehen ist.
4.
Das schweizerische Privatrecht ist von der Vertragsfreiheit beherrscht; die
Vertragsparteien können innerhalb der Schranken des Gesetzes den Inhalt des
Vertrages frei vereinbaren (vgl. Art. 19 Abs. 1 OR). Teil dieser Vertragsfreiheit ist
auch die Änderungsfreiheit, wonach den Parteien unter anderem die Möglichkeit
der gemeinsamen Modifikation eines Vertrages offensteht (Claire Huguenin, Bas-
ler Kommentar, Obligationenrecht I, 5. Auflage, Basel 2011, N 10 und N 12 ff. zu
Art. 19/20 OR). Der vorkaufsbelasteten Berufungsklägerin und der vorkaufsbe-
rechtigten Berufungsbeklagten stand es daher grundsätzlich frei, im Rahmen der
gesetzlichen Schranken die Ausgestaltung des Vorkaufsrechts gemeinsam zu än-
dern. Da die von der Berufungsklägerin behauptete „Modifikation“ zudem die Beru-
fungsklägerin nicht belasten würde, wäre auch eine einseitige Erklärung der Beru-
fungsbeklagten an die Berufungsklägerin genügend, um die „Modifikation“ zu be-
wirken (vgl. Christian Brückner, in: Alfred Koller, Der Grundstückkauf, 2. Auflage,
Bern 2001, § 11 N 73). Genau eine solche durch Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsver-
pflichtung“ vereinbarte beziehungsweise einseitig erklärte „Modifikation“ behauptet
die Berufungsklägerin, während die Berufungsbeklagte das Zustandekommen ei-
ner Vereinbarung beziehungsweise die einseitige Erklärung einer “Modifikation“
bestreitet. Die Parteien weisen Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ im vor-
liegenden Verfahren mithin nicht denselben Erklärungsinhalt zu. Es ist im Folgen-
den daher zu prüfen, ob sich aus den Akten für den Zeitpunkt der Unterzeichnung
der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ bezüglich des Inhalts von Ziffer 7 ein tatsächli-
cher zumindest ein normativer Konsens der Parteien bezüglich einer „Modifi-
kation“ des Vorkaufsrechts ergibt nicht.
Der Inhalt vertraglicher Bestimmungen bestimmt sich in erster Linie nach dem
übereinstimmenden wirklichen Parteiwillen (Art. 18 Abs. 1 OR). Wenn dieser un-
bewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklä-
rungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach
ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen, die ihnen
vorausgegangen und unter denen sie abgegeben worden sind, verstanden werden
durften und mussten (BGE 132 III 24 E. 4; 131 III 606 E. 4.1; Urteil des Bundesge-
richts 4A_517/2013 vom 2. April 2014 E. 4 mit Hinweisen). Es ist also darauf ab-
zustellen, wie die zur Streitigkeit Anlass gebende Willenserklärung vom Empfän-
ger in guten Treuen verstanden werden durfte und musste. Dabei kommt es nicht
12 / 27

auf den inneren Willen des Erklärenden an, sondern auf den objektiven Sinn sei-
nes Erklärungsverhaltens (vgl. dazu das Urteil des Bundesgerichts 4A_67/2014
vom 4. März 2015 E. 4.2). Der Erklärende hat gegen sich gelten zu lassen, was
ein vernünftiger und korrekter Mensch unter der Erklärung verstehen durfte. Bei
einseitig vorformulierten Vertragsbestimmungen greift zudem die Unklarheitenre-
gel, sofern die übrigen Auslegungsmittel versagen (BGE 123 III 35 E. 2c/bb; 122
III 118 E. 2d). Danach sind mehrdeutige Wendungen in vorformulierten Vertrags-
bestimmungen im Zweifel zu Lasten jener Partei auszulegen, welche sie verfasst
hat (BGE 133 III 61 E. 2.2.2.3; 133 III 607 E. 2.2, 124 III 155 E. 1b; 122 III 118 E.
2a; Urteil des Bundesgerichts 4A_48/2015 vom 29. April 2015 E. 2.1). Für die Aus-
legung nach dem Vertrauensprinzip ist im Übrigen der Zeitpunkt des Empfangs
der Willenserklärung massgebend, weshalb nachträgliches Parteiverhalten dafür
nicht von Bedeutung ist. Es kann jedoch, im Rahmen der Beweiswürdigung, auf
einen tatsächlichen Willen der Parteien schliessen lassen (BGE 133 III 61 E.
2.2.2.2, 132 III 626 E. 31, Urteile des Bundesgerichts 4A_627/2012 vom 9. April
2013 E. 8.5 und 4C.302/2003 vom 26. Mai 2004 E. 1.3).
5.a)
Wie die Vorinstanz zu Recht festgehalten hat, ist für die Feststellung des
wirklichen Willens der Parteien, aber auch für die Auslegung nach dem Vertrau-
ensprinzip zunächst der Wortlaut der zu beurteilenden Bestimmung massgebend.
Davon ausgehend, dass die gewählten Bezeichnungen von den Parteien gewöhn-
lich in ihrer objektiven Bedeutung verwendet werden und den korrekten Sinn der
Erklärung wiedergeben, hat ein klarer Wortlaut bei der Auslegung nach dem Ver-
trauensprinzip Vorrang vor weiteren Auslegungsmitteln. Aber auch wenn der Wort-
laut auf den ersten Blick klar erscheint, darf es doch nicht bei einer reinen Wort-
auslegung sein Bewenden haben. So kann sich aus den anderen Vertragsbe-
stimmungen, aus dem von den Parteien verfolgten Zweck und aus weiteren Um-
ständen ergeben, dass der Wortlaut der strittigen Bestimmung nicht genau ihren
Sinn wiedergibt (vgl. BGE 136 III 186 E. 3.2.1, 131 III 606 E. 4.2, 129 III 702 E.
2.4.1; Urteil des Bundesgerichts 5A_136/2008 vom 25. September 2008 E. 3.2).
b)
Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ lautet:
„Ich nehme zur Kenntnis, dass sich die Verkäuferin (X.___) jederzeit und
ohne Begründung von einem Verkauf zurückziehen kann“ (Akten der Vo-
rinstanz, act. IV/2).

aa)
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid festgehalten, der Begriff
„Verkauf“ werde im allgemeinen Sprachgebrauch verstanden als „das Verkaufen“,
das heisse, etwas zum Verkauf anbieten zum Verkauf bringen. In diesem
Sinne sei es Ausdruck für Handlungen, die zur Veräusserung einer Sache führten,
13 / 27

und nicht für einen abgeschlossenen Kaufvertrag als Rechtsgeschäft. Dieser (zu)
engen grammatikalischen Auslegung des Begriffs „Verkauf“ kann sich die II. Zivil-
kammer des Kantonsgerichts nicht anschliessen. Im täglichen Sprachgebrauch
umfasst der Begriff „Verkauf“ vielmehr wie es die Berufungsklägerin in der Beru-
fung geltend macht - neben allen Handlungen, die zur Veräusserung einer Sache
führen, auch das Rechtsgeschäft/den abgeschlossenen Kaufvertrag an sich („Der
Verkauf meines Autos/Hauses/...“ schliesst klarerweise auch das Rechtsgeschäft
mit ein). Der Begriff „Verkauf“, den C.___ beim Aufsetzen von Ziffer 7 der „Ver-
traulichkeitsverpflichtung“ verwendet hat, spricht allein aufgrund des Wortsinns
mithin nicht gegen die Interpretation der Berufungsklägerin. Jedoch ist entgegen
den Ausführungen der Berufungsklägerin in ihrer Berufung mit dem Begriff „Ver-
kauf“ in Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ nicht nur ein Verkauf an
D.___ und E.___ gemeint. Denn die Berufungsklägerin stützt ihre Meinung
einerseits darauf, dass mit der Berufungsbeklagten keine Verkaufsverhandlungen
geführt worden seien, und andererseits darauf, dass die Berufungsbeklagte im
Zeitpunkt der Unterzeichnung der Erklärung gewusst habe, dass die Berufungs-
klägerin nur an D.___ und E.___ habe verkaufen wollen. Beides trifft nicht zu
(vgl. Erwägungen 2 und 7), womit den Ausführungen der Berufungsklägerin der
Boden entzogen ist. Der Begriff „Verkauf“ in Ziffer 7 meint offensichtlich nicht allein
den Verkauf an D.___ und E.___.
bb)
Mit Bezug auf das Verb „sich zurückziehen“ hat die Vorinstanz ausgeführt,
gemäss allgemeinem Sprachgebrauch bedeute dies, dass jemand eine Tätigkeit
aufgebe, und nicht, dass eine Partei einen abgeschlossenen Vertrag aufheben
oder auflösen könne. Dem ist zuzustimmen. Das Verb „sich [von etwas] zurück-
ziehen“ steht im täglichen Sprachgebrauch klarerweise für das Aufgeben bezie-
hungsweise das Nichtweiterverfolgen einer Sache, die noch nicht abgeschlossen
ist. Es enthält insofern eine willentliche Komponente, als es den Eindruck erweckt,
dass derjenige, der sich zurückzieht, autonom darüber entscheidet, mithin nicht
auf die Zustimmung eines anderen angewiesen ist, und der andere sich nicht da-
gegen wehren kann. Mit Bezug auf einen abgeschlossenen Kaufvertrag passt das
Verb daher nicht, suggeriert es doch, dass der Rückzug nur vom Willen desjeni-
gen abhängt, der sich zurückzieht. Wird das Verb im Zusammenhang mit dem Be-
griff „Verkauf“ - der auch die Handlungen umfasst, die zum Abschluss des
Rechtsgeschäfts führen verwendet, beeinflusst es die Bedeutung desselben in
der Weise, dass gemäss allgemeinem Sprachgebrauch kaum ein abgeschlosse-
ner Kaufvertrag gemeint sein kann. „Sich zurückziehen“ betrifft in Verbindung mit
dem Begriff „Verkauf“ zweifellos die vorvertragliche Phase, in der jede Partei die
Verhandlungen jederzeit aus eigenem Willen und ohne Einverständnis der Ge-
14 / 27

genpartei abbrechen kann. Diese Meinung hat auch die Vorinstanz vertreten, in-
dem sie festgestellt hat, werde das Verb „sich zurückziehen“ im Sinne von „für
nichtig nicht mehr gültig erklären“, „rückgängig machen“, „wieder aufheben“
oder „widerrufen“ verstanden, beziehe es sich auf die vorvertragliche Phase, bei-
spielsweise auf ein Verkaufsangebot eine Erklärung von Verkaufsabsichten.
Die Auslegung der Vorinstanz ist mithin entgegen der Meinung der Berufungsklä-
gerin weder widersprüchlich noch nicht stichhaltig.
cc)
Schliesslich hat sich die Vorinstanz zum Ausdruck „zur Kenntnis nehmen“
geäussert. Sie hat ausgeführt, dies bedeute gemeinhin, dass etwas beachtet wer-
den solle beziehungsweise dass jemandem das Wissen von einer Tatsache be-
kannt gemacht worden sei. Die II. Zivilkammer des Kantonsgerichts teilt diese Auf-
fassung. „Zur Kenntnis nehmen“ bedeutet dem Wortsinn nach nicht dasselbe wie
zustimmen akzeptieren. Es heisst lediglich, dass jemand sich einer Tatsache
bewusst (geworden) ist. Wie diese Person die Tatsache wertet, lässt sich aus dem
Begriff allein nicht ableiten. Insofern ist er neutral, weder zustimmend noch ableh-
nend.
c)
Gemäss Wortsinn ist der Berufungsbeklagten mit Ziffer 7 der „Vertraulich-
keitsverpflichtung“ folglich die Tatsache zur Kenntnis gebracht worden, dass die
Berufungsklägerin Verkaufsverhandlungen mit der Berufungsbeklagten mit
Dritten jederzeit und ohne Begründung abbrechen könne. Insgesamt gesehen
stützt der allgemeine Sprachgebrauch die Auffassung der Berufungsklägerin nicht,
wonach die Berufungsbeklagte mit Unterzeichnung der „Vertraulichkeitsverpflich-
tung“ zugestimmt habe, dass die Berufungsklägerin auch nach Ausübung des
Vorkaufsrechts den den Vorkaufsfall auslösenden Kaufvertrag auflösen könne.
Dass die Parteien die Ausdrücke übereinstimmend anders verstanden hätten, als
der allgemeine Sprachgebrauch es vorgibt, ist nicht nachgewiesen. Der Wortsinn
spricht mithin weder dafür, dass die Berufungsbeklagte einer Änderung des Vor-
kaufsrechts, wie sie die Berufungsklägerin geltend macht, zugestimmt hätte, noch
dafür, dass sie einseitig eine solche Änderung erklärt hätte.
d)
In diesem Zusammenhang ist der Vollständigkeit halber noch Folgendes
festzuhalten: Die Berufungsklägerin moniert im Kontext der grammatikalischen
Auslegung, dass eine Klausel, in welcher lediglich darauf hingewiesen werde,
dass Vertragsverhandlungen jederzeit und ohne Begründung abgebrochen wer-
den könnten, keinen Sinn machen würde, da die Möglichkeit des Abbruchs von
Verhandlungen ohnehin klar sei. Die Berufungsbeklagte hat dazu richtig festge-
stellt, dass die Berufungsklägerin mit diesem Argument die grammatikalische und
die teleologische Auslegung vermischt. Die grammatikalische Auslegung hält sich
15 / 27

an den Wortsinn, die teleologische Auslegung fragt nach Sinn und Zweck. Im Üb-
rigen macht eine Klausel, wie sie der Wortsinn vorliegend ergibt, in einer Situation,
in der die eine Partei zu erkennen gibt, dass sie sich anschickt, im Vertrauen auf
einen Vertragsabschluss weitergehende Abklärungen zu treffen, die Kosten verur-
sachen, durchaus Sinn. Durch den Hinweis, dass Vertragsverhandlungen jederzeit
abgebrochen werden könnten, stellt die Klausel klar, dass ein endgültiger Ent-
scheid, die Aktien der Berufungsbeklagten überhaupt zu verkaufen, noch
nicht gefallen ist. Damit aber kann einer möglichen vorvertraglichen Haftung (aus
culpa in contrahendo) vorgebeugt werden. Dies hat die Vorinstanz bereits so er-
wogen. Entgegen der Auffassung der Berufungsklägerin durfte die Vorinstanz im
Rahmen ihrer eigenen Beweiswürdigung zudem zu diesem Schluss gelangen,
auch wenn die Berufungsbeklagte eine solche Interpretation der Klausel nicht ei-
gentlich vorgebracht hatte, ist das Gericht in der Würdigung der Beweise doch frei.
e)
In einem weiteren Punkt ist der Berufungsklägerin insofern Recht zu geben,
als sie darauf hinweist, dass die Berufungsbeklagte einseitig auf ihr Vorkaufsrecht
verzichten und daher dieses auch einseitig modifizieren könnte. Die Vorinstanz hat
denn auch nicht festgestellt, dass der Umstand, dass die „Vertraulichkeitsverpflich-
tung“ nur von der Berufungsbeklagten unterzeichnet worden sei, gegen einen Be-
zug zum Vorkaufsrecht spreche. Vielmehr hat sie zu Recht ausgeführt, die
Tatsache, dass die Berufungsbeklagte die Erklärung alleine unterzeichnet habe,
spreche gegen eine gemeinsam vereinbarte Modifikation, wie sie die Berufungs-
klägerin geltend mache.
6.
Nach dem Wortlaut hat sich die Vorinstanz richtigerweise der Systematik
zugewandt. Das Gericht darf bei der Beurteilung einer Bestimmung nicht bei einer
rein grammatikalischen Interpretation stehen bleiben. Vielmehr muss stets die Ge-
samtheit der vertraglichen Regelungen und insbesondere die systematische An-
ordnung der einzelnen Bestimmungen mitberücksichtigt werden. Man spricht in
diesem Zusammenhang vom „systematischen Element der Auslegung“ (Urteil des
Bundesgerichts 5A_122/2008 vom 30. Juli 2008 E. 3.3.1).
Die zu beurteilende Bestimmung findet sich in einer mit „Vertraulichkeitsverpflich-
tung“ überschriebenen Erklärung (Akten der Vorinstanz, act. IV/2). Dieser Titel
deutet in keiner Weise an, dass im darauf folgenden Text auch eine „Modifikation“
des Vorkaufsrechts enthalten sein könnte. Die Ziffern 1 - 6 und 8 der Erklärung
befassen sich denn auch mit der im Titel genannten Vertraulichkeit. Einzig die Zif-
fer 7 beschlägt ein völlig fremdes Thema, das gänzlich ohne Bezug zu den übri-
gen Bestimmungen der Erklärung ist. In der Erklärung wird im Weiteren von „Ver-
kaufsverhandlungen“ (Ziff. 1), „Verkaufsabsichten“ und „unverbindliche[n] Ver-
16 / 27

handlungen“ (Ziff. 2), „Beendigung der Verhandlungen“ (Ziff. 5) und „Abschluss
der Gespräche“ (Ziff. 6) gesprochen. Mit diesen Begriffen wird offensichtlich die
vorvertragliche Phase umschrieben, in der über den Vertragsschluss eben noch
verhandelt wird. In Ziffer 4 wird dahingegen vom „vollendeten Verkauf“ gespro-
chen. Mit dieser Wortwahl soll augenscheinlich deutlich gemacht werden, dass
diese Verpflichtung im Gegensatz zu den vorherigen und nachfolgenden über die
vorvertraglichen Verhandlungen hinaus Gültigkeit haben soll. Der Verfasser der
Erklärung, C.___ (Berufung, act. A.1, S. 3 Ziff. 8), hat folglich sprachlich genau
unterschieden, bis wann eine Verpflichtung andauern soll. Insbesondere hat er die
längere Dauer der Verpflichtung in Ziffer 4 deutlich festgehalten. In Ziffer 7 fehlt
eine solche Verdeutlichung. Es wird allein von „einem Verkauf“ gesprochen, von
dem sich die Verkäuferin jederzeit und ohne Begründung zurückziehen könne.
Nachdem sich die meisten Punkte der Erklärung auf die vorvertragliche Phase
beziehen und die Ausnahme in Ziffer 4 sehr deutlich auf die längere Dauer der
Verpflichtung hinweist, spricht die fehlende Verdeutlichung in Ziffer 7 dagegen,
dass von diesem Punkt auch ein abgeschlossener Kaufvertrag erfasst wird. Dies
auch unter dem Blickwinkel, dass von einem rechtsgültig geschlossenen Vertrag
grundsätzlich nicht einfach zurückgetreten werden kann („pacta sunt servanda“),
was C.___ und der Berufungsbeklagten, die beide aufgrund ihrer Tätigkeit nicht
als geschäftsunterfahren angesehen werden können, zweifellos bewusst war und
ist. Der von der Berufungsklägerin behauptete Sinn von Ziffer 7 entspräche daher
einer sehr ungewöhnlichen Interpretation und ein vernünftiger und korrekter
Mensch hätte die Erklärung ohne entsprechende Verdeutlichung nicht in diesem
Sinne verstanden.
Inhaltlich ist festzustellen, dass in den Ziffern 1 bis 6 und 8 der „Vertraulichkeits-
verpflichtung“ jeweils eine Verpflichtung der Berufungsbeklagten statuiert wird.
Dies wird in den Ziffern 1 - 4 und 6 sprachlich deutlich festgehalten, indem jeweils
explizit der Ausdruck „ich verpflichte mich“ verwendet wird. In Ziffer 7 dahingegen
hat die Berufungsbeklagte lediglich etwas zur Kenntnis zu nehmen. Die Formulie-
rung der Ziffer 7 und ihr Auftauchen in einem Text, der in allen übrigen Punkten
Verpflichtungen statuiert, die zudem ein ganz anderes Thema betreffen, sprechen
dafür, dass es sich bei Ziffer 7 um eine reine Meinungsäusserung von C.___
handelt, jedoch nicht um eine verbindliche Vereinbarung beziehungsweise eine
einseitige Erklärung einer „Modifikation“, wie sie die Berufungsklägerin geltend
macht.
Für die systematische Auslegung ist im Weiteren von Belang, dass C.___ die
„Vertraulichkeitsverpflichtung“ als Anhang zu einer E-Mail geschickt hat, die an die
17 / 27

Berufungsbeklagte gerichtet war. Diese E-Mail datiert vom 24. Januar 2013 und ist
als Antwort auf eine E-Mail der Berufungsbeklagten vom 17. Januar 2013 erfolgt,
in welcher die Berufungsbeklagte die Unterlagen benannt hatte, in die sie Einsicht
wünschte, um die Abgabe eines Angebots für die Aktien zu prüfen. C.___ hat in
seiner E-Mail vom 24. Januar 2013 unter anderem wörtlich festgehalten:
„Anbei findest du eine Vertraulichkeitserklärung zur Unterschrift. Ich bitte
dich aber schon jetzt eindrücklich, mit Niemandem über einen allfälligen
Kauf des A.___ zu sprechen. Schon gar nicht mit Mitarbeitern des
A.___! Ich behalte mir zudem einen Rücktritt von meinen Verkaufsab-
sichten vor. Das heisst, dass ich dir heute nicht garantieren kann, dass ich
bei einer Zusage deinerseits wirklich verkaufen werde“ (Akten der Vo-
rinstanz, act. IV/4).

Bezeichnenderweise erwähnt C.___ in seiner E-Mail wie im Übrigen auch in
der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ selbst - das Vorkaufsrecht mit keiner Silbe.
Vielmehr weist er auf die Verschwiegenheit hin, die er von der Berufungsbeklagten
erwartet und die er mit der Vertraulichkeitserklärung schriftlich festgehalten und
unterschriftlich bestätigt haben will. Mit Bezug auf einen Rücktritt spricht er explizit
nur von seinen Verkaufsabsichten, was sich klarerweise nicht auf einen abge-
schlossenen Verkauf beziehen kann. Der letzte Satz wiederum erwähnt eine Zu-
sage der Berufungsbeklagten. Nachdem die Parteien in jenem Zeitpunkt in Ge-
sprächen über einen direkten Verkauf der Aktien an die Berufungsbeklagte ge-
standen haben, was bereits einlässlich dargelegt worden ist, ist der Ausdruck „Zu-
sage“ zweifellos als Abgabe eines Angebots zu verstehen. Zu diesem Ergebnis
gelangt man auch, wenn man in die Überlegungen miteinbezieht, dass im Januar
2013 zwar schon bekannt war, dass sich D.___ für die Aktien interessierte und
einen möglichen Investor gefunden hatte. Ob sich daraus eine Übernahme der
Aktien ergeben würde, stand jedoch noch nicht fest. Ernsthafte Verkaufsverhand-
lungen mit weiteren Interessenten (abgesehen von der Berufungsbeklagten und
D.___/E.___) ergeben sich aus den Akten nicht und werden auch von keiner
Partei geltend gemacht. Es war im Januar 2013, als C.___ seine E-Mail schrieb,
daher noch unklar, ob es überhaupt zu einem Verkauf der Aktien an Dritte und
damit zu einem Vorkaufsfall kommen würde. Ob die Berufungsbeklagte ihr Vor-
kaufsrecht überhaupt würde ausüben können, stand daher nicht fest. Unter die-
sem Gesichtspunkt erscheint es nicht überzeugend, dass mit dem Begriff „Zusa-
ge“ ein Ausüben des Vorkaufsrechts gemeint sein sollte. Schliesslich wäre der
Ausdruck „Zusage“ auch vollkommen unüblich als Bezeichnung für die Ausübung
eines Vorkaufsrechts. Viel eher ist der Begriff „Zusage“ im gesamten Kontext (die
Parteien standen in Verkaufsverhandlungen) als Abgabe eines Angebots für die
Aktien durch die Berufungsbeklagte beziehungsweise als ihre Äusserung, dass sie
jetzt tatsächlich kaufen möchte, nachdem sie vorher bereits Interesse an einem
18 / 27

Kauf bekundet hatte, zu interpretieren. Mit dem letzten Satz stellte C.___ folg-
lich lediglich klar, dass er ein Angebot der Berufungsbeklagten nicht zwingend an-
nehmen werde. Auch aus der begleitenden E-Mail ist somit kein Hinweis auf eine
„Modifikation“ des Vorkaufsrechts zu gewinnen.
Insgesamt gesehen spricht das systematische Element deutlich gegen eine „Modi-
fikation“ des Vorkaufsrechts durch Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“. Da-
ran vermögen die Ausführungen der Berufungsklägerin in der Berufung nichts zu
ändern, bildet Grundlage ihrer Äusserungen doch der nicht zutreffende Sachver-
halt, dass zwischen den Parteien keine Verkaufsverhandlungen stattgefunden hät-
ten. Ihre Schlussfolgerungen beruhen daher auf einem falschen Sachverhalt und
überzeugen nicht.
Auch im Zusammenhang mit der Systematik moniert die Berufungsklägerin, für
einen anderen Grund als denjenigen der Modifikation des Vorkaufsrechts ergebe
die „Vertraulichkeitsverpflichtung“ gar keinen Sinn. Es kann insoweit auf das be-
reits zur ähnlichen Argumentation im Rahmen der grammatikalischen Auslegung
Gesagte verwiesen werden.
7.
Ergänzend dürfen neben dem grammatikalischen und dem systematischen
Element auch die Begleitumstände die Interessenlage der Parteien im Zeit-
punkt der Willensäusserung berücksichtigt werden (vgl. für die Auslegung BGE
133 III 406 E. 2.2). Daran hat sich die Vorinstanz gehalten, indem sie auch das
Verhalten und die Interesselage der Parteien miteinbezogen hat.
a)
Die Berufungsbeklagte hatte C.___ bereits im Herbst 2012 ihr Interesse
an einer Übernahme der Aktien der A.___ AG signalisiert. Am 14. Januar 2013
bekräftigte sie ihr Interesse in einem Telefongespräch mit C.___, indem sie da-
rauf hinwies, dass sie sich überlege, ein Angebot für die Aktien zu machen, und
indem sie Einsicht in verschiedene Unterlagen der A.___ AG wünschte, um die
Abgabe eines Angebots prüfen zu können. Die Berufungsbeklagte war damit of-
fensichtlich ernsthaft an einer Übernahme der Aktien interessiert. Dies zeigt auch
die Tatsache, dass sie nicht einen ungewissen Vorkaufsfall abwarten wollte, ob-
wohl sie bei der Übernahme der Aktien im Rahmen der Ausübung ihres Vorkaufs-
rechts durchaus mit einem tieferen Kaufpreis rechnen durfte, als sie ihn sonst zu
bezahlen gehabt hätte, da ihr bei Ausübung des Vorkaufsrechts ein Einschlag von
10% zustand. Dass sie bei dieser Interessenlage einer ganz massiven Beschrän-
kung ihres Vorkaufsrechts zugestimmt hätte, notabene ohne eine entsprechende
Gegenleistung zu erhalten, ist nicht überzeugend. Dabei ist vor allem zu berück-
sichtigen, dass eine „Modifikation“ des Vorkaufsrechts, wie sie die Berufungsklä-
19 / 27

gerin der Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ entnehmen möchte, einer fak-
tischen Aufgabe des Rechts auf Übernahme der Aktien im Vorkaufsfall gleichge-
kommen wäre, hätte die Berufungsklägerin doch bei jeder Ausübung des Vor-
kaufsrechts den mit einem Dritten geschlossenen Kaufvertrag auflösen und so den
Übergang der Aktien an die Berufungsbeklagte verhindern können, sofern der Drit-
te Hand zur Auflösung des Kaufvertrages geboten hätte, was aber sehr wahr-
scheinlich gewesen wäre, da ihm die Aktien bei Ausübung des Vorkaufsrechts
sowieso nicht zugekommen wären. Das Vorkaufsrecht wäre in dieser Konstellation
seines Inhalts weitgehend entleert und zu einem reinen Vetorecht herabgestuft
worden, wie die Vorinstanz und die Berufungsklägerin zu Recht festgestellt haben.
Dies hätte der Interessenlage der Berufungsbeklagten diametral entgegengestan-
den, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie sich auf eine sol-
che „Modifikation“ eingelassen hätte beziehungsweise dass die Vereinbarung
die einseitige Erklärung einer solchen „Modifikation“ ihrem Willen entsprochen hat.
Aus den von der Berufungsbeklagten gewählten Formulierungen im Schreiben
vom 30. August 2013 an C.___, in welchem die Berufungsbeklagte ihr Vor-
kaufsrecht ausübte, geht im Weiteren unmissverständlich hervor, dass die Beru-
fungsbeklagte noch in jenem Zeitpunkt fest davon überzeugt war, die Aktien nun
ohne weitere Hindernisse und auch gegen das Missbehagen von C.___ zwin-
gend übernehmen zu können (Akten der Vorinstanz, act, III/9). Auch dies spricht
dafür, dass es nicht der Wille der Berufungsbeklagten gewesen ist, mit Ziffer 7 der
„Vertraulichkeitsverpflichtung“ eine „Modifikation“ des Vorkaufsrechts, wie sie die
Berufungsklägerin behauptet, zu vereinbaren einseitig zu erklären, und dass
sie Ziffer 7 auch nicht so verstanden hat.
b)
Die Berufungsklägerin wiederum hatte ihr Interesse, die Aktien der A.___
AG zu verkaufen, mehrfach bekundet. Sie macht weiter geltend, C.___ habe
schon früh erklärt, dass er nur an D.___ verkaufen wolle und nicht bereit sei, die
Aktien an die Berufungsbeklagte zu verkaufen. Die Berufungsbeklagte hat diese
Darstellung in der Replik (Akten der Vorinstanz, act. II/3, S. 5 Ziff. 9) - und auch in
der Berufungsantwort (act. A.2, S. 4 Ziff. 6) - dezidiert bestritten. In der Duplik hat
die Berufungsklägerin daraufhin geltend gemacht, die Berufungsbeklagte habe nie
einen Einwand gegen Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ erhoben, womit
erstellt sei, dass die Berufungsbeklagte bereits ab Januar 2013 gewusst habe,
dass die Berufungsklägerin nicht bereit gewesen sei, die Aktien an die Berufungs-
beklagte zu verkaufen, und sich bei Ausübung des Vorkaufsrechts vom Verkauf
zurückziehen werde (Akten der Vorinstanz, act. II/4, S. 4 Ziff. 11). Dieser Auffas-
sung der Berufungsklägerin kann nicht gefolgt werden. Aus dem Umstand, dass
die Berufungsbeklagte die Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ vor Unter-
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zeichnung der Erklärung nicht beanstandet hat, kann nicht einfach geschlossen
werden, sie habe die Ziffer 7 gleich verstanden, wie es die Berufungsklägerin im
vorliegenden Verfahren tut. Vielmehr spricht der fehlende Protest der Berufungs-
beklagten unter Berücksichtigung ihrer dargelegten Interessenlage dafür, dass die
Berufungsbeklagte die Ziffer 7 gerade nicht so interpretiert hat, wie es die Beru-
fungsklägerin möchte, ansonsten sie eine Abänderung dieser Ziffer verlangt hätte.
Dass die Berufungsbeklagte die Ziffer 7 anders verstanden hat, als es die Beru-
fungsklägerin nun geltend macht, ist im Übrigen auch aus den Formulierungen im
Schreiben der Berufungsbeklagten an C.___ vom 30. August 2013 (Akten der
Vorinstanz, act. III/9) zu schliessen, welche deutlich zeigen, dass die Berufungs-
beklagte noch in jenem Zeitpunkt davon ausging, durch das Ausüben des Vor-
kaufsrechts die Aktien ohne weiteres und auch gegen den Willen von C.___
übernehmen zu können. Ihr fehlender Protest kann daher weder als Zustimmung
zu einer Interpretation, wie sie die Berufungsklägerin geltend macht, noch als Wis-
sen darüber, dass C.___ nicht an sie verkaufen werde, gewertet werden.
Schliesslich musste die Berufungsbeklagte auch aus der Mitteilung von C.___
anlässlich eines gemeinsamen Telefongesprächs am 14. Januar 2013, dass
D.___ einen möglichen Investor gefunden habe, nicht schliessen, dass C.___
nun nur noch an D.___ und den Investor verkaufen werde. Es handelte sich
augenscheinlich nur um eine Mitteilung des Standes der Verhandlungen mit
D.___, allenfalls auch um Verhandlungstaktik gegenüber der Berufungsbeklag-
ten. Insgesamt vermag die Berufungsklägerin nicht nachzuweisen, dass C.___
der Berufungsbeklagten schon früh mitgeteilt hätte, dass er die Aktien an sie nicht
beziehungsweise nur an D.___ und E.___ verkaufen werde. Es muss folglich
als nicht erstellt gelten, dass die Berufungsklägerin schon vor Unterzeichnung der
„Vertraulichkeitsverpflichtung“ erkennen liess, dass sie an die Berufungsbeklagte
nicht verkaufen werde. Ob es daher im Zeitpunkt der Unterzeichnung der „Vertrau-
lichkeitsverpflichtung“ das Interesse der Berufungsklägerin war, die Aktien nicht an
die Berufungsbeklagte zu verkaufen, ist nicht nachgewiesen.
Die nachgewiesene Interessenlage der beiden Parteien - Verkauf der Aktien bei
der Berufungsklägerin, Kauf der Aktien bei der Berufungsbeklagten spricht ein-
deutig gegen eine vereinbarte „Modifikation“ des Vorkaufsrechts, wie sie die Beru-
fungsklägerin moniert.
c)
Im Übrigen hat die Berufungsklägerin weder in der Absichtserklärung, die
C.___ sowie D.___ und E.___ am 11. Juni 2013 unterzeichnet haben (Ak-
ten der Vorinstanz, act. III/7), noch im Kaufvertrag vom 1. Juli 2013 zwischen der
Berufungsklägerin und H.___ als Verkäufer und D.___ und E.___ als Käu-
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fer (Akten der Vorinstanz, act. III/4) sich das Recht ausbedungen, vom Vertrag
zurücktreten zu können, wenn die Berufungsbeklagte ihr Vorkaufsrecht ausübe. In
der Absichtserklärung ist sogar vielmehr festgehalten worden, im Falle der Aus-
übung des Vorkaufsrechts der fehlenden Entscheidung darüber bis zum 18.
Juni 2013 hätten die Käufer die Möglichkeit, von der Absichtserklärung zurückzu-
treten (Akten der Vorinstanz, act. III/7, Ziff. 1.4). Offensichtlich haben Verkäuferin
und Käufer durchaus über die Konsequenzen einer Ausübung des Vorkaufsrechts
gesprochen, jedoch ohne einen Rücktritt für die Verkäuferin vorzusehen. Im Kauf-
vertrag wiederum wird festgestellt, dass sich H.___ für den Fall, dass die Beru-
fungsbeklagte ihr Vorkaufsrecht ausübe, bereit erkläre, seine Aktien ebenfalls an
die Berufungsbeklagte zu verkaufen, allerdings ohne den Einschlag von 10% (Ak-
ten der Vorinstanz, act. III/4, S. 3 Ziff. 6). In Ziffer 8 des Kaufvertrages halten die
Verkaufsparteien sogar fest, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts auch die Ak-
tien von H.___ zum Preis von Fr. 2‘000.-pro Aktie umfassen würde, da der
Vertrag ohne diese Aktien nicht zustande gekommen wäre. Die Absichtserklärung
und der Kaufvertrag sprechen damit deutlich dafür, dass die Berufungsklägerin
noch im Zeitpunkt der Erstellung und Unterzeichnung dieser Dokumente - und
damit mehrere Monate nach Unterzeichnung der „Vertraulichkeitsverpflichtung“
durch die Berufungsbeklagte - davon ausgegangen ist, dass die Ausübung des
Vorkaufsrechts durch die Berufungsbeklagte unweigerlich einen Verkauf der Ak-
tien an dieselbe nach sich ziehen werde. Dem steht der weitere Inhalt von Ziffer 8
des Kaufvertrages nicht entgegen. Die Verkaufsparteien halten darin nämlich fest,
dass sie auch nach Unterzeichnung des Vertrages gegeneinander keine Forde-
rung besitzen würden, sofern die Berufungsbeklagte ihr Vorkaufsrecht ausübe
(Akten der Vorinstanz, act. III/4, S. 4). Damit wird entgegen den Ausführungen der
Berufungsklägerin offensichtlich nicht ein Rücktrittsrecht statuiert. Vielmehr si-
chern sich die beiden Verkaufsparteien ab für den Fall, dass das Vorkaufsrecht
ausgeübt wird und der Kaufvertrag nicht vollzogen werden kann. Es ist ohne wei-
teres nachvollziehbar, dass sowohl die Berufungsklägerin als auch die Käufer für
diesen Fall sicherstellen wollten, dass die Gegenseite nach Ausübung des Vor-
kaufsrechts keine (Ersatz-)Forderungen würde geltend machen können. Von der
Möglichkeit eines Rücktritts der Berufungsklägerin vom Vertrag nach Ausübung
des Vorkaufsrechts spricht Ziffer 8 jedoch nicht. Dasselbe ist zu Ziffer 7 des Kauf-
vertrages vom 1. Juli 2013 zu sagen (Akten der Vorinstanz, act. III/4, S. 3 unten).
Der Hinweis, der Vertrag werde nur unter der Bedingung abgeschlossen, dass
sämtliche Aktien der Berufungsklägerin und von H.___ verkauft würden, an-
dernfalls das Geschäft dahinfalle, enthält keine Rücktrittsklausel. Ist ein Vertrag
dahingefallen, hat er seine Wirkung verloren und ein Rücktritt ist nicht mehr not-
wendig. Die Bedingung, dass der Kaufvertrag dahinfalle, wenn das Vorkaufsrecht
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ausgeübt werde, ist im Übrigen wirkungslos (vgl. Christian Brückner, a.a.O., § 11
N 93; vgl. auch Art. 216d Abs. 2 OR).
Auch die Interessenlage und das Verhalten der Parteien sprechen gegen eine
„Modifikation“ des Vorkaufsrechts in Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“.
8.
Zusammenfassend ergibt sich, dass weder Wortlaut noch Systematik eine
mit Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ vereinbarte aber einseitig er-
klärte „Modifikation“ des Vorkaufsrechts, wie sie die Berufungsklägerin geltend
macht, stützen. Die klare Interessenlage und das Verhalten der Berufungsbeklag-
ten wiederum lassen den Schluss zu, dass sie weder bei Unterzeichnung der „Ver-
traulichkeitsverpflichtung“ noch später den Willen hatte, eine „Modifikation“ des
Vorkaufsrechts, wie sie die Berufungsklägerin behauptet, zu vereinbaren ein-
seitig zu erklären. Gemäss Aktenlage hat die Berufungsbeklagte die Ziffer 7 der
„Vertraulichkeitsverpflichtung“ denn auch nicht in dem Sinne verstanden, dass die
Berufungsklägerin auch nach Ausübung des Vorkaufsrechts vom Kaufvertrag zu-
rücktreten könne mit der Folge, dass das Vorkaufsrecht dahinfalle und keine Wir-
kung entfalte. Wie die Ausführungen zu Wortlaut, Systematik und Interessenlage
der Parteien zeigen, musste die Berufungsbeklagte die Ziffer 7 auch nicht so ver-
stehen, wie es die Berufungsklägerin im vorliegenden Verfahren verlangt. Damit
aber steht fest, dass die Berufungsbeklagte die von der Berufungsklägerin be-
hauptete „Modifikation“ des Vorkaufsrechts nicht einseitig erklärt hat. Aber auch
eine Vereinbarung über eine solche „Modifikation“ liegt nicht vor. Denn war es tat-
sächlich der wirkliche Wille der Berufungsklägerin, mit Ziffer 7 der „Vertraulich-
keitsverpflichtung“ eine „Modifikation“ zu vereinbaren, wie sie sie vorliegend be-
hauptet, so fehlte der Berufungsbeklagten doch dieser Wille, so dass kein über-
einstimmender wirklicher Wille der Parteien vorliegen würde. Und nachdem die
Berufungsbeklagte die Ziffer 7 auch nicht so verstehen musste, wie es die Beru-
fungsklägerin möchte, wäre auch kein normativer Konsens über eine „Modifikati-
on“ zustande gekommen. Die Parteien haben die von der Berufungsklägerin be-
hauptete „Modifikation“ des Vorkaufsrechts folglich auch nicht vereinbart. Damit
steht fest, dass die von der Berufungsklägerin behauptete „Modifikation“ des Vor-
kaufsrechts durch Ziffer 7 der „Vertraulichkeitsverpflichtung“ weder von der Beru-
fungsbeklagten einseitig erklärt, noch von den Parteien vereinbart worden ist.
9.
Unter den Parteien ist nicht strittig, dass der Aktienkaufvertrag vom 1. Juli
2013 zwischen der Berufungsklägerin und H.___ als Verkäufer sowie D.___
und E.___ als Käufer gültig zustande gekommen ist. Ebenso wenig ist streitig,
dass der Verkauf der Aktien der A.___ AG an D.___ und E.___ als Vor-
kaufsfall zu werten ist. Des Weiteren ist wie bereits ausgeführt - unbestritten,
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dass die Berufungsbeklagte am 12. Juli 2013 in den Besitz eines Exemplars des
Kaufvertrages gelangt ist (Akten der Vorinstanz, act. III/4, Handschriftliche Notiz
auf S. 1) und dass sie am 30. August 2013 ihr Vorkaufsrecht ausgeübt hat (Akten
der Vorinstanz, act. III/9). Ihr diesbezügliches Schreiben ist C.___ unbestritte-
nermassen am 2. September 2013 zugegangen (Akten der Vorinstanz, act. III/11).
Damit aber hat die Berufungsbeklagte ihr Vorkaufsrecht rechtzeitig innerhalb der
Frist von 60 Tagen (Akten der Vorinstanz, act. III/1, S. 4 lit. f) geltend gemacht.
Auch dies wird von den Parteien nicht bestritten. Schliesslich ist ebenso wenig
streitig, dass die Berufungsklägerin sowie D.___ und E.___ am 2. September
2013 eine Aufhebungsvereinbarung betreffend den Vertrag vom 1. Juli 2013 un-
terzeichnet haben (Akten der Vorinstanz, act. IV/3). Da die von der Berufungsklä-
gerin behauptete „Modifikation“ des Vorkaufsrechts nicht nachgewiesen ist, ist für
die Beurteilung der Auswirkungen dieser Aufhebungsvereinbarung auf das ausge-
übte Vorkaufsrecht der Berufungsbeklagten Art. 216d Abs. 2 OR analog heranzu-
ziehen. Danach bleibt die Ausübung des Vorkaufsrechts von einer nachträglichen
Aufhebung des Kaufvertrages unberührt. Die Aufhebungsvereinbarung vom 2.
September 2013 hat mithin auf die Ausübung des Vorkaufsrechts keinen Einfluss,
insbesondere macht sie diese nicht rückgängig ungültig. Die Berufungsbe-
klagte hat ihr Vorkaufsrecht damit rechtsgültig ausgeübt und dadurch jene Rechts-
lage herbeigeführt, die auch bestanden hätte, wenn die Berufungsbeklagte und die
Berufungsklägerin einen Kaufvertrag über die 963 Aktien der A.___ AG abge-
schlossen hätten. Zu diesem Ergebnis ist bereits die Vorinstanz gelangt.
10.
Im angefochtenen Entscheid hat sich die Vorinstanz des Weiteren zu den
Folgen der rechtsgültigen Ausübung des Vorkaufsrechts geäussert. So hat sie den
Kaufpreis berechnet und die Modalitäten der Bezahlung und der Übergabe der
Aktien festgelegt. Ebenso hat sie die Frist bezeichnet, innert welcher der Kaufver-
trag abgewickelt werden soll. Schliesslich hat sie auf Antrag der Berufungsbeklag-
ten als Vollstreckungsmassnahme die Verpflichtung der Berufungsklägerin auf
Übertragung der Aktien auf die Berufungsbeklagte in Anwendung von Art. 343
Abs. 1 lit. a ZPO mit der Strafdrohung nach Art. 292 StGB verbunden, wonach
derjenige mit Busse bestraft wird, der einer von der zuständigen Behörde mit Hin-
weis auf die Strafdrohung von Art. 292 StGB erlassenen Verfügung nicht Folge
leistet. Zu all diesen Punkten äussert sich die Berufungsklägerin in ihrer Berufung
nicht. Sie setzt sich mit dem vorinstanzlichen Entscheid insoweit gar nicht ausei-
nander und erhebt insbesondere keine konkreten und substantiierten Rügen. Mit
Bezug auf den Kaufpreis, die Modalitäten und die Frist zur Abwicklung des Kauf-
vertrages sowie die Vollstreckungsmassnahme mangelt es mithin an der notwen-
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digen Begründung der Berufung (Art. 311 Abs. 1 ZPO), so dass sich die II. Zivil-
kammer des Kantonsgerichts nicht weiter mit diesen Punkten befassen muss.
11.
Zusammenfassend ergibt sich aus dem Dargelegten, dass die Berufungs-
beklagte ihr Vorkaufsrecht rechtsgültig ausgeübt hat. Die Berufungsklägerin hat
die 963 Aktien der A.___ AG, die sie hält, namentlich die Namenaktien Nrn. 1-
13, 18-230, 425-541, 582-642, 655-684, 690-694, 710-711, 725, 759-778, 786,
787, 797-800, 811-825, 827-832, 838-890, 901-962, 966-1200 und 1277-1400,
gegen die Bezahlung des Kaufpreises in Höhe von Fr. 1‘733‘400.-in bar
gegen Vorlage eines unwiderruflichen Zahlungsversprechens einer Schweizer
Bank in selber Höhe innert 20 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft des vorinstanzli-
chen Entscheides auf die Berufungsbeklagte zu übertragen. Als Vollstreckungs-
massnahme ist diese Verpflichtung mit der Strafdrohung von Art. 292 StGB zu
verbinden, wonach mit Busse bestraft wird, wer der von einer zuständigen Behör-
de unter Hinweis auf die Straffolgen dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung
nicht Folge leistet. Genau so hat bereits die Vorinstanz entschieden. Die Berufung
erweist sich damit als unbegründet. Das vorinstanzliche Urteil ist zu schützen und
die Berufung ist abzuweisen.
12.
Gemäss Rechtsbegehren ficht die Berufungsklägerin auch die Kosten im
vorinstanzlichen Verfahren und deren Verteilung an. In der Begründung der Beru-
fung unterlässt sie es jedoch, sich zu diesen Punkten zu äussern. Insbesondere
hat sie auf jedwelche Ausführungen für den Fall verzichtet, dass das vorinstanzli-
che Urteil entgegen dem Berufungsantrag im Hauptpunkt geschützt wird. Insoweit
fehlt es an konkreten und substantiierten Rügen mit Bezug auf den Kostenent-
scheid. Da der vorinstanzliche Entscheid in der Hauptsache gemäss den vorste-
henden Erwägungen geschützt wird, bleibt es somit auch bei der vorinstanzlichen
Kostenverteilung und es ist nicht weiter darauf einzugehen. Selbst wenn aber die
Höhe der Prozesskosten im vorinstanzlichen Verfahren und deren Verteilung zu
überprüfen wären, so würden sich keine Änderungen aufdrängen, da die Vor-
instanz bei ihrem diesbezüglichen Entscheid im Rahmen der gesetzlichen Vorga-
ben (Art. 106 Abs. 1 ZPO; Art. 2 und 3 Honorarverordnung) geblieben ist.
13.
Abschliessend sind die Prozesskosten des Berufungsverfahrens (Gerichts-
kosten und Parteientschädigung; Art. 95 Abs. 1 ZPO) zu verlegen. Es hat sich vor-
liegend gezeigt, dass die Berufung abgewiesen werden muss. Damit aber unter-
liegt die Berufungsklägerin mit ihrem Rechtsmittel vollständig, weshalb die Pro-
zesskosten zu ihren Lasten gehen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Berufungsklägerin
hat folglich die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren, die gestützt auf Art. 9
der Verordnung über die Gerichtsgebühren in Zivilverfahren (VGZ; BR 320.210)
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auf Fr. 8‘000.-festgesetzt werden, gänzlich zu tragen. Sie werden im vollen Um-
fang mit dem von der Berufungsklägerin geleisteten Kostenvorschuss in gleicher
Höhe verrechnet (Art. 111 Abs. 1 ZPO).
Bezüglich der Parteientschädigung für das Berufungsverfahren ist festzustellen,
dass die Berufungsbeklagte keine Honorarnote eingereicht hat. Die II. Zivilkammer
des Kantonsgerichts hat die ausseramtliche Entschädigung somit nach pflichtge-
mässem Ermessen festzusetzen. Angesichts der sich stellenden Sachund
Rechtsfragen sowie unter Berücksichtigung der eingereichten Rechtsschrift er-
scheint der II. Zivilkammer des Kantonsgerichts für die Berufungsbeklagte ein
Aufwand von pauschal Fr. 3‘000.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer)
angemessen. Auch diese Kosten hat die Berufungsklägerin aufgrund ihres Unter-
liegens vollständig zu übernehmen. Die Berufungsklägerin wird daher verpflichtet,
die Berufungsbeklagte für das Berufungsverfahren mit Fr. 3‘000.-ausseramtlich
zu entschädigen.
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III. Demnach wird erkannt
1.
Die Berufung wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 8‘000.-gehen zu Lasten der
X.___ und werden mit dem von ihr in derselben Höhe geleisteten Kos-
tenvorschuss verrechnet.
3.
Die X.___ hat Y.___ für das Berufungsverfahren aussergerichtlich mit
Fr. 3‘000.-zu entschädigen.
4.
Gegen diese, einen Streitwert von mindestens 30‘000 Franken betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72, Art. 74 Abs. 1 lit. b des Bundesge-
richtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische
Bundesgericht geführt werden. Diese ist dem Bundesgericht schriftlich, in-
nert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entschei-
dung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen.
Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Vorausset-
zungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und
90 ff. BGG.
5.
Mitteilung an:
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