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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:ZK1-09-33
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZK1-09-33 vom 07.06.2010 (GR)
Datum:07.06.2010
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Grunddienstbarke
Schlagwörter : Richt; Recht; Recht; Urteil; Zelle; Berufung; Parzelle; Schaft; Instanz; Spruch; Barkeit; Meinschaft; Grundbuch; Stück; Zellen; Parzellen; Grundstück; Fläche; Genden; Legung; Vorinstanz; StWE-; Zirksgericht; Gemeinschaft; Urteils; Bezirksgericht; Liegenden; Eigentümer; Anspruch; Gerin
Rechtsnorm: Art. 19 ZPO ; Art. 218 ZPO ; Art. 219 ZPO ; Art. 22 ZPO ; Art. 26 ZPO ; Art. 292 StGB ; Art. 36 ZPO ; Art. 641 ZGB ; Art. 712a ZGB ; Art. 712m ZGB ; Art. 712t ZGB ; Art. 728 ZGB ; Art. 730 ZGB ; Art. 738 ZGB ; Art. 741 ZGB ;
Referenz BGE:114 II 310; 121 III 474; 121 III 477; 123 III 19; 126 III 63; 127 III 506; 128 III 169; 132 III 651;
Kommentar zugewiesen:
Liver, Zürcher Kommentar, Band IV, 2a, 1, Zürich, 1980
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden

Dretgira chantunala dal Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
___________________________________________________________________________________________________

Ref.:
Chur, 07. Juni 2010
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK1 09 33

(Eine gegen dieses Urteil beim Bundesgericht erhobene Beschwerde ist mit Urteil
vom 26. Mai 2011 abgewiesen worden, soweit darauf einzutreten war).
Urteil
I. Zivilkammer
Vorsitz
Kantonsrichterin Michael Dürst
RichterInnen
Vizepräsident Schlenker und Kantonsrichter Bochsler
Redaktion
Aktuarin ad hoc Gadient Stecher

In der zivilrechtlichen Berufung
der X., Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Re-
mo Cahenzli, Städtlistrasse 12, 7130 Ilanz,
gegen
das Urteil des Bezirksgerichtes D. vom 12. Mai 2009, mitgeteilt am 29. Juni 2009,
in Sachen der
S t o c k w e r k e i g e n t ü m e r g e m e i n s c h a f t Z . , Klägerin und Berufungsbe-
klagte,
Q., Kläger und Berufungsbeklagte,
Dr. med. dent. R., Kläger und Berufungsbeklagter,
L., Kläger und Berufungsbeklagte,
S., Klägerin und Berufungsbeklagte,
T., Klägerin und Berufungsbeklagte,
Y., Kläger und Berufungsbeklagte,

alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Marco Ettisberger, Hinterm Bach 40,
7002 Chur, gegen die Beklagte und Berufungsklägerin,

betreffend Grunddienstbarkeit,

hat sich ergeben:
Seite 2 — 37

I. Sachverhalt
A.
Die aufgeführten Parteien sind Eigentümer der in A. an der Via B. gelege-
nen Parzellen Nr. 4276 (Y.), Nr. 1752 (im Stockwerkeigentum von Q., R., L., S.
sowie T., welche zusammen die Stockwerkeigentümergemeinschaft Z. bilden) und
Nr. 1751 (X.). Die als Zufahrtsstrasse zur Via C. dienende Via B. ist nicht als sepa-
rate Parzelle ausgeschieden, weshalb die Zufahrt zum jeweiligen Grundstück un-
ter Beanspruchung der Grundstücke der einzelnen Eigentümer erfolgt. Auf den
einzelnen Grundstücken besteht zu diesem Zweck ein Fuss- und Fahrwegrecht zu
Gunsten und zu Lasten der übrigen Parzellen, welches Gegenstand des vorlie-
genden Berufungsverfahrens bildet. Die Eigentümer zweier weiterer Parzellen an
der Via B. (Nr. 3318 I.; Nr. 3319 J.), zu deren Gunsten bzw. Lasten das Fuss- und
Fahrwegrecht ebenfalls besteht, wurden nicht ins Recht gefasst und sind am vor-
liegenden Prozess nicht beteiligt.

Im Bereich der Parzellen Nr. 1752 und 4276 verfügt die Via B. über eine
Ausbuchtung, welche sich je hälftig auf den beiden genannten Parzellen befindet.
Diese Ausbuchtung war von X. bzw. deren Ehemann seit dem Erwerb der Liegen-
schaft im Jahre 1991 regelmässig als Wendeplatz beansprucht worden. In den
Jahren 2002 bis 2004 wurde die Parzelle Nr. 1752 mit einem Mehrfamilienhaus
überbaut und der sich dort befindende Teil der Strassenausbuchtung zu Parkplät-
zen umgestaltet. Die Eigentümer der Parzelle Nr. 4276 haben auf dem ihrigen Teil
der Ausbuchtung Eisenstangen mit Kettenspannung einbetoniert. Durch diese
baulichen Veränderungen wurde die Durchführung von Wendemanövern verun-
möglicht.
B.
Im Jahre 2001 gelangten die damaligen Eigentümer der Parzellen Nr. 3318
(I.), Nr. 3319 (J.), Nr. 1752 (H.) und Nr. 4276 (Y.) nach erfolglos durchgeführter
Sühneverhandlung gegen X. an des Bezirksgericht D. mit dem Begehren um Fest-
legung der Unterhaltslasten für die Via B.. Mit Urteil vom 20. März 2002, mitgeteilt
am 22. Mai 2002, regelte das Bezirksgericht D. die Unterhaltslast der Zufahrts-
strasse mit gleichzeitiger Festlegung der Dienstbarkeitsanlage. Die von X. gegen
dieses Urteil erhobene Berufung wurde vom Kantonsgericht von Graubünden mit
Urteil vom 14. Oktober 2002, mitgeteilt am 20. November 2002, abgewiesen.

Mit Kontumaz-Urteil des Bezirksgerichtes D. in der Streitsache zwischen
denselben Parteien betreffend Sanierung der Via B. vom 12. Juni 2007, mitgeteilt
am 16. August 2007, wurde deren Sanierungsbedürftigkeit bejaht. Die klagenden
Eigentümer der Parzellen Nr. 3318, 3319, 1752 und 4276 wurden ermächtigt, die
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Sanierungsarbeiten ausführen zu lassen und die beklagte Eigentümerin der Par-
zelle Nr. 1751 wurde verpflichtet, die entsprechenden Arbeiten zu dulden. Für die
Tragung der Sanierungskosten wandte das Bezirksgericht D. denselben Verteil-
schlüssel wie bei der Verteilung der Unterhaltskosten an. Dieses Urteil wurde sei-
tens X. erfolglos beim Kantonsgericht von Graubünden sowie beim Eidgenössi-
schen Bundesgericht angefochten.

Mit Eingabe vom 26. April 2006 stellte X. beim Kreisamt E. das Begehren,
es sei auf den Parzellen Nr. 4276 und 1752 ein Zustand wiederherzustellen, wel-
cher ihr die ungehinderte Ausübung von Wendemanövern erlaube. Zu diesem
Zweck hätten insbesondere Y. als Eigentümer des Grundstücks Nr. 4276 nicht nur
die einbetonierten Eisen-Absperrpfosten (inklusive Kettenspannung), sondern
auch den am östlichen Ende der Dienstbarkeitsanlage angelegten Pflanzgarten zu
entfernen. Der Kreispräsident E. wies das Gesuch mit Verfügung vom 30. Juni
2006 ab, wogegen X. Beschwerde beim Kantonsgerichtspräsidium Graubünden
erhob. Mit Verfügung vom 14. September 2006 hob die Rechtsmittelinstanz den
Entscheid auf und wies die Streitsache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägun-
gen an die Vorinstanz zurück. In seinen Entscheiden vom 7. Dezember 2006 hiess
der Kreispräsident E. die von X. eingereichten Gesuche in der Folge gut und hielt
die Eigentümer der Parzellen Nr. 4276 und 1752 unter Hinweis auf die Straffolgen
gemäss Art. 292 StGB an, die genannten baulichen Veränderungen rückgängig zu
machen und den Untergrund wieder herzustellen. Die Entscheide erwuchsen un-
angefochten in Rechtskraft.

Am 17. September 2007 stellte X. beim Kreisamt E. ein Gesuch um Vollzug
der rechtskräftigen Amtsbefehle des Kreispräsidenten E. vom 7. Dezember 2006
gegen Y. einerseits und die StWE-Gemeinschaft Z. anderseits. Diese gelangten in
der Folge ihrerseits mit je separaten Eingaben vom 28. September 2007 an das
Bezirksgerichtspräsidium D. mit dem Begehren um Sistierung der Verfahren
betreffend Vollzug der Amtsbefehle bis zur rechtskräftigen Entscheidung der vor
Bezirksgericht D. hängigen Zivilstreitsache (vgl. nachfolgend C.). Es sei sowohl X.
als auch dem Kreisamt E. unter Strafandrohung einstweilen zu verbieten, den
Streitgegenstand zu verändern bzw. verändern zu lassen. Diese Begehren erneu-
erten Y. und die StWE-Gemeinschaft Z. mit Eingabe vom 31. Oktober 2007, nach-
dem der Kreispräsident E. am 25. Oktober 2007 den Vollzugsentscheid betreffend
die beiden Amtsbefehle vom 7. Dezember 2006 erlassen hatte. Mit Verfügung
vom 12. Dezember 2007 trat der Bezirksgerichtspräsident auf das Gesuch von Y.
und der StWE-Gemeinschaft Z. nicht ein. Die dagegen eingereichte Beschwerde
vom 3. Januar 2008 hiess der Bezirksgerichtsausschuss D. mit Beiurteil vom 4.
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März 2008, mitgeteilt am 2. April 2008, gut und untersagte die Veränderung des
Streitgegenstandes während des hängigen Verfahrens. Dagegen erhob X. am 5.
Mai 2008 Beschwerde beim Eidgenössischen Bundesgericht, welches diese mit
Entscheid vom 12. März 2009, mitgeteilt am 3. April 2009, abwies, soweit es dar-
auf eintrat.

Gestützt auf das Beiurteil des Bezirksgerichtsausschusses D. vom 4. März
2008, mitgeteilt am 2. April 2008, sistierte der Kreispräsident E. mit Verfügungen
vom 4. April 2008 die vorgesehene Ersatzvornahme. Die dagegen von X. am 17.
April 2008 beim Kantonsgerichtspräsidium von Graubünden erhobene Beschwer-
de wurde mit Verfügung vom 22. Mai 2008, mitgeteilt am 20. Juni 2008, abgewie-
sen.
C.
Am 26. Februar 2007 erhoben die StWE-Gemeinschaft Z., die einzelnen
Stockwerkeigentümer sowie Y. Klage gegen X. beim Kreisamt E., welche nach
erfolgloser Vermittlung vom 19. Juni 2007 und Ausstellung des Leitscheines am
21. Juni 2007 mit Prozesseingabe vom 11. Juli 2007 und folgendem Rechtsbegeh-
ren an das Bezirksgericht D. prosequiert wurde:
1. „Es sei festzustellen, dass
a. ein Fuss- und Fahrwegrecht
b. und/oder Kehrplatzrecht
c. und/oder ein allgemeines Benutzungsrecht

an der im beigehefteten Plan gelb markierten Fläche zulasten der
Parzelle Nr. 4276 und zu Gunsten der Parzelle Nr. 1751, Grund-
buch A., nicht besteht.

2. Eventualiter sei festzustellen, dass
a. ein Fuss- und Fahrwegrecht
b. und/oder Kehrplatzrecht
c. und/oder ein allgemeines Benutzungsrecht

an der im beigehefteten Plan schraffierten Fläche zulasten der
Parzelle Nr. 4276 und zu Gunsten der Parzelle Nr. 1751, Grund-
buch A., nicht besteht.

3. Subeventualiter sei das zulasten der Parzellen Nr. 4276 und zu
Gunsten der Parzelle Nr. 1751 im Grundbuch A. eingetragene Fuss-
und Fahrwegrecht im Umfang der gelb markierten, allenfalls der
schraffierten, auf Parzelle Nr. 4276 gelegenen Fläche zu löschen, al-
lenfalls abzulösen.

4. Es sei festzustellen, dass
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a. ein Fuss- und Fahrwegrecht
b. und/oder Kehrplatzrecht
c. und/oder ein allgemeines Benutzungsrecht

an der im beigehefteten Plan gelb markierten Fläche zulasten der
Parzelle Nr. 1752 und zu Gunsten der Parzelle Nr. 1751, Grund-
buch A., nicht besteht.

5. Eventualiter sei festzustellen, dass
a. ein Fuss- und Fahrwegrecht
b. und/oder Kehrplatzrecht
c. und/oder ein allgemeines Benutzungsrecht

an der im beigehefteten Plan schraffierten Fläche zulasten der
Parzelle Nr. 1752 und zu Gunsten der Parzelle Nr. 1751, Grund-
buch A., nicht besteht.

6. Subeventualiter sei das zulasten der Parzellen Nr. 1752 und zu
Gunsten der Parzelle Nr. 1751 im Grundbuch A. eingetragene Fuss-
und Fahrwegrecht im Umfang der gelb markierten, allenfalls der
schraffierten, auf Parzelle Nr. 1752 gelegenen Fläche zu löschen, al-
lenfalls abzulösen.

7. Es sei das Grundbuchamt A. anzuweisen, die hierfür (vorstehende
Ziffer 1 bis 6) notwendigen Eintragungen vorzunehmen und die
betreffenden Belege entsprechend zu ergänzen.

8. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zuzüglich Mehrwertsteuer
zulasten der Beklagten.“

In ihrer Prozessantwort vom 22. Oktober 2007 machte X. geltend, die Klage
sei vollumfänglich und unter voller Kostenfolge abzuweisen, soweit auf diese ein-
zutreten sei. Die Replik bzw. Duplik erfolgten am 3. Januar 2008 bzw. am 18. Feb-
ruar 2008.

Am 31. März 2008 erging die Beweisverfügung des Bezirksgerichtspräsi-
denten D., in welcher sämtliche eingereichten Urkunden, die von den Parteien
aufgerufenen Zeugen jedoch nur teilweise als relevant erklärt wurden. Sodann
wurden die Edition weiterer Urkunden und ein Augenschein angeordnet. Die ge-
gen die Beweisverfügung von X. erhobene Beschwerde vom 21. April 2008 wurde
vom Bezirksgerichtsausschuss D. mit Beiurteil vom 10. Juni 2008, mitgeteilt am
18. August 2008, abgewiesen.

Am 12. Mai 2009 fand die Hauptverhandlung vor Bezirksgericht D. mit vor-
gängiger Durchführung eines Augenscheines statt, nachdem die zunächst auf den
18. November 2008 angesetzte Hauptverhandlung wegen Ausstandsbegehren
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seitens X. nicht hatte durchgeführt werden können. Mit Urteil vom 18. Dezember
2008, mitgeteilt am 19. Januar 2009, war der Bezirksgerichtsausschuss D. auf die
Ausstandsbegehren nicht eingetreten bzw. hatte diese abgewiesen.

Mit Urteil vom 12. Mai 2009, mitgeteilt am 29. Juni 2009, erkannte das Be-
zirksgericht D. was folgt:
1. „Die Klage wird teilweise gutgeheissen und es wird festgestellt, dass
dem jeweiligen Eigentümer der Parzelle Nr. 1751, Grundbuch A.,
(heute: X.), auf der im beiliegenden Grundbuchplan - welcher hiermit
einen integrierenden Bestandteil des Urteils bildet - schraffierten und
mit gelber Farbe unterlegten, je ca. hälftig auf den Parzellen Nr. 1752
und Nr. 4276 gelegenen Fläche weder ein Fuss- und Fahrwegrecht
noch ein Kehrplatzrecht zusteht.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
3. Die Kosten des Bezirksgerichts D., bestehend aus:

- einer Gerichtsgebühr von

Fr.
8'000.00

- einer Schreibgebühr von
Fr. 2'000.00

- Barauslagen von
Fr.
400.00

total somit
Fr. 10'400.00
gehen zu ¾ unter solidarischer Haftung zu Lasten der Kläger und zu
¼ zu Lasten der Beklagten.

Ausseramtlich haben die Kläger die Beklagte unter solidarischer Haf-
tung mit Fr. 9'000.00 (inkl. 7.6% Mehrwertsteuer) zu entschädigen.

4. (Mitteilung).“
D.
Dagegen liess X. am 27. August 2009 Berufung beim Kantonsgericht von
Graubünden erheben und stellte folgendes Rechtsbegehren:
1. „Ziff. 1. und 3. des Urteils des Bezirksgerichtes D. vom 12. Mai 2009
(Proz.Nr. 110-2007-45) seien aufzuheben.
2. Die Klage sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf überhaupt
einzutreten ist.
3. Unter voller vermittleramtlicher, gerichtlicher und aussergerichtlicher
Kosten- und Entschädigungsfolge zzgl. 7.6% MWST für das Klage-
und das Berufungsverfahren solidarisch zu Lasten der Kläger 1-7.“

Seite 7 — 37


Im Weiteren wurde die Durchführung eines weiteren Augenscheins sowie
die Zeugeneinvernahme von K. beantragt. Zudem wurde ein (vorsorgliches) Aus-
standsbegehren gegen den Kantonsgerichtspräsidenten gestellt, welches un-
bestritten blieb und folglich bei der Besetzung der I. Zivilkammer berücksichtigt
wurde.
E.
Mit Verfügung vom 11. März 2010 lehnte die Vorsitzende der I. Zivilkammer
die Beweisanträge ab, soweit auf sie einzutreten sei. Mit Verfügung vom 23. März
2010 erfolgte die Vorladung für die Hauptverhandlung an die Parteien. Diese wur-
den ausdrücklich aufgefordert, sich im Rahmen ihrer Parteivorträge zum Streitwert
des Berufungsverfahrens zu äussern.

Mit Schreiben vom 19. April 2010 teilte der Rechtsvertreter der StWE-
Gemeinschaft Z. dem Kantonsgericht unter Beilage eines entsprechenden Grund-
buchauszuges mit, dass die Berufungsbeklagte H. ihre Stockwerkeinheit an L.
verkauft habe. Diese träten als neue Eigentümer anstelle von H. in den Prozess
ein.
F.
Am 7. Juni 2010 fand um 14.05 Uhr die Hauptverhandlung vor der I. Zivil-
kammer des Kantonsgerichts von Graubünden statt. Anwesend waren die Beru-
fungsklägerin X. in Begleitung ihres Ehemannes K. sowie deren Rechtsvertreter
lic. iur. Remo Cahenzli. Auf Seiten der Berufungsbeklagten war deren Rechtsver-
treter Dr. iur. Marco Ettisberger anwesend. Die Vorsitzende verlas die Rechtsbe-
gehren gemäss Berufung. Gegen Zuständigkeit, Zusammensetzung und Legitima-
tion des Gerichtes wurden keine Einwände erhoben. Die Vorsitzende wies auf den
Parteiwechsel H. - Ehegatten L./L. seitens der Berufungsbeklagten hin. Sie legte
sodann dar, dass sich die Berufung sowohl gegen die Stockwerkeigentümerge-
meinschaft als auch gegen die einzelnen Stockwerkeigentümer richte, was von
Rechtsanwalt lic. iur. Remo Cahenzli als korrekt bestätigt wurde. Im Weiteren stell-
te die Vorsitzende fest, dass die Prozessvollmachten vorlägen und die Vorschüsse
geleistet worden seien. Die Vorsitzende wies darauf hin, dass allfällige Beweisan-
träge im Rahmen des Plädoyers erneuert werden könnten. Rechtsanwalt Dr. iur.
Marco Ettisberger reichte in der Folge zwei Urkunden zu den Akten, welche sich -
allerdings in unvollständiger Fassung - bereits bei den Akten befänden. Der geg-
nerische Rechtsvertreter brachte keinen Einwand dagegen vor. Die Vorsitzende
schloss daraufhin das Beweisverfahren unter dem dargelegten Vorbehalt. In der
Folge hielten die Parteivertreter ihre Plädoyers. Lic. iur. Remo Cahenzli gab vor-
gängig eine schriftliche Ausführung des Parteivortrages zu den Akten. Er reichte
im Weiteren eine Aufstellung bezüglich des Kaufpreises eines Parkplatzes in der
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Gemeinde A. ein. Dr. iur. Marco Ettisberger reichte vorgängig ebenfalls eine
schriftliche Ausführung des Parteivortrages zu den Akten. Anschliessend erhielten
die Parteivertreter in ihrer Replik bzw. Duplik Gelegenheit, noch einmal vertieft zu
ihren Standpunkten Stellung zu nehmen. In der Folge legten die beiden Rechts-
vertreter ihre Honorarnoten ein und nahmen gegenseitig Einsicht, ohne etwas zu
beanstanden. Die Vorsitzende erklärte, dass das Urteil schriftlich mitgeteilt werde.
In der Folge wurde die Hauptverhandlung um 15.35 Uhr zur geheimen Urteilsbera-
tung geschlossen.
G.
Das Urteil ist den Parteien am 17. Juni 2010 im Dispositiv ohne Begrün-
dung gemäss Art. 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO eröffnet worden. Mit Schreiben vom
23. Juni 2010 verlangte die Berufungsklägerin eine Kopie des Protokolls der
Hauptverhandlung vom 7. Juni 2010, welches am 28. Juni 2010 zugestellt wurde.
Mit Schreiben vom 8. Juli 2010 beantragte die Berufungsklägerin sodann eine Be-
richtigung bzw. Ergänzung des Protokolls. Die Gegenpartei verzichtete mit Schrei-
ben vom 16. August 2010 auf die Abgabe einer entsprechenden Stellungnahme.
Mit Verfügung der vorsitzenden Kantonsrichterin vom 18. August 2010 wurde dem
Begehren um Berichtigung des Verhandlungsprotokolls entsprochen.

Mit unter Berücksichtigung der Gerichtsferien fristgemässem Schreiben
vom 19. August 2010 verlangte die Berufungsklägerin schliesslich die Zustellung
einer vollständigen und schriftlich begründeten Ausfertigung des ergangenen Ur-
teils vom 7. Juni 2010.

Auf die weiteren Ausführungen anlässlich der Hauptverhandlung, die Be-
gründung der Anträge in den Rechtsschriften sowie auf das angefochtene Urteil
wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
II. Erwägungen
1. a) Gegen Urteile der Bezirksgerichte über vermögensrechtliche Streitigkeiten
im Betrag von über Fr. 8'000.-- kann Berufung an das Kantonsgericht ergriffen
werden (Art. 218 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Art. 19 ZPO). Massgebend ist
hierbei nach allgemeiner schweizerischer Lehre - welcher auch das Kantonsge-
richt folgt - der im Zeitpunkt der Ausfällung der angefochtenen Entscheidung noch
vorhandene Streitwert, unter Abrechnung der im Laufe des Verfahrens fallenge-
lassenen oder anerkannten Begehren (PKG 1994 Nr. 15 mit Hinweisen). In den
Rechtschriften der Parteien sowie im angefochtenen Urteil finden sich - abgese-
Seite 9 — 37

hen vom Hinweis auf Art. 19 Ziff. 1 ZPO und dem grundsätzlichen Eintreten auf
die Angelegenheit, woraus auf die Annahme eines Streitwertes über Fr. 8'000.--
geschlossen werden muss - keine Feststellungen zur Höhe des Streitwertes. Die
Parteien waren deshalb auch im Hinblick auf einen allfälligen Weiterzug der Streit-
sache ans Eidgenössische Bundesgericht (vgl. Art. 112 Abs. 1 lit. d des Bundes-
gerichtsgesetzes [BGG]; SR 173.110) aufgefordert worden, sich anlässlich der
Hauptverhandlung hierzu zu äussern.

Streitigkeiten bezüglich Grunddienstbarkeiten sind vermögensrechtlicher
Natur. Nach Art. 22 Abs. 1 ZPO wird der Wert des Streitgegenstandes durch das
klägerische Rechtsbegehren bestimmt; insbesondere hat eine allfällige Widerklage
unberücksichtigt zu bleiben. Für die Bestimmung des Streitwertes ist somit in ers-
ter Linie das Interesse des Klägers an der Gutheissung seiner Rechtsbegehren
bzw. der Wert der sich daraus für das klägerische Grundstück ergebenden Vortei-
le massgebend. Alternativ kann es jedoch je nach Sachlage auch angezeigt sein,
auf das Interesse des Beklagten bzw. den Wert der sich für diesen ergebenden
Nachteile abzustellen, sofern sich dieser Wert als höher erweist (vgl. PKG 1997
Nr. 7; Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Zürich 1979, S. 109 Fn 14b;
Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung,
3. Auflage, Zürich 1997, § 24 N 1).

Im Gegensatz zum Berufungsverfahren, in welchem lediglich noch der Be-
stand und Inhalt der Dienstbarkeit auf der genannten Strassenausbuchtung, deren
Fläche ca. 40 m2 umfasst, streitig ist, war im vorinstanzlichen Verfahren auch das
Wegrecht auf der Via B. selber umstritten. Entsprechend war das Bundesgericht
im Beschwerdeverfahren gegen das im Massnahmeverfahren ergangene Beiurteil
des Bezirksgerichtsausschusses D. von einem Streitwert über Fr. 30'000.-- aus-
gegangen (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 12. März 2009 [5A_309/2008] E.
1.3; Proz.Nr. 120-2008-2 Pli Bundesgericht). Damit ist die Berufungsfähigkeit des
angefochtenen Urteils ohne weiteres zu bejahen und die Zuständigkeit des Kan-
tonsgerichts von Graubünden zur Beurteilung der vorliegenden Streitsache als
Berufungsinstanz ist damit gegeben. Fraglich ist hingegen, ob auch im Berufungs-
verfahren noch ein Streitwert von über Fr. 30'000.-- gegeben ist, wovon beide Par-
teien gemäss ihren Äusserungen anlässlich der Hauptverhandlung ausgehen. Da-
bei gilt es zu berücksichtigen, dass für die Kläger bzw. die Berufungsbeklagten der
Bestand zweier Parkplätze auf dem Spiel steht und zusätzlich die Kosten der
Rückgängigmachung der vorgenommenen baulichen Veränderungen anfallen
würden. Im Weiteren gilt es die von den Klägern zu tragende Werteinbusse durch
die Belastung der Grundstücke durch von Dritten durchgeführte Wendemanöver
Seite 10 — 37

miteinzubeziehen. Der Wert eines Aussenparkplatzes in der Gemeinde A. wird
von den Klägern mit bis zu Fr. 10'000.-- und von der Beklagten mit zumindest Fr.
18'000.-- beziffert. Letztere reichte hierzu anlässlich der Hauptverhandlung eine
Preisliste für Parkplätze einer Wohnresidenz in der Gemeinde A. ein, bei welcher
der Aussenparklatz mit Fr. 18'000.-- veranschlagt wurde (act. 07.2). Selbst wenn
vom tieferen Wert der Kläger ausgegangen wird, ist damit auch im Berufungsver-
fahren jedenfalls von einem Streitwert von über Fr. 30'000.-- auszugehen, wenn
neben dem Wert der zwei Aussenparkplätze sowohl die anfallenden Wiederher-
stellungskosten als auch die Werteinbusse durch eine Berechtigung Dritter be-
rücksichtigt werden. Folglich ist auch die Streitwertgrenze gemäss Art. 74 Abs. 1
lit. b BGG erreicht.
b)
Eine Berufung ist innert der peremptorischen Frist von 20 Tagen seit der
schriftlichen Mitteilung des Urteils zu erklären und hat die formulierten Anträge auf
Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und der Beiurteile sowie neue Einreden,
soweit solche noch zulässig sind, zu enthalten (Art. 219 Abs. 1 ZPO). Die Beru-
fungsklägerin reichte ihre Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts D. vom
12. Mai 2009, mitgeteilt am 29. Juni 2009, am 27. August 2009 und damit fristge-
recht ein. Überdies entspricht die Berufung den Formerfordernissen, weshalb auf
diese eingetreten werden kann.
2. a) Gemäss Berufungserklärung vom 27. August 2009 (act. 01.1) richtet sich
die Berufung gegen die StWE-Gemeinschaft Z. (Klägerin 1), gegen die einzelnen
Stockwerkeigentümer (Kläger 2 - 6) sowie gegen die Eheleute Y. (Kläger 7). Da-
mit übernahm die Berufungsklägerin die von der Klägerschaft gewählte Parteibe-
zeichnung gemäss Leitschein vom 21. Juni 2007 (act. I./1) und Prozesseingabe
vom 11. Juli 2007 (act. I./2). Demgegenüber sind im Rubrum des angefochtenen
Urteils des Bezirksgerichtes D. vom 12. Mai 2009, mitgeteilt am 29. Juni 2009,
lediglich die StWE-Gemeinschaft Z. und das Ehepaar Y. als Kläger aufgeführt; die
einzelnen Stockwerkeigentümer werden zwar namentlich genannt, dies jedoch
lediglich als Mitglieder der klagenden StWE-Gemeinschaft und nicht als selbstän-
dige, zusätzlich zur StWE-Gemeinschaft auftretende Kläger, wie dies die Kläger-
schaft gewollt und explizit erklärt hatte. Damit erweist sich die von der Vorinstanz
im angefochtenen Urteil verwendete Parteibezeichnung als offensichtlich falsch
bzw. unvollständig, was es im Berufungsverfahren entsprechend zu berichtigen
gilt.

Eine korrekte Parteibezeichnung erweist sich im vorliegenden Fall denn
auch als durchaus von Bedeutung, da die Frage der Parteistellung auf Klägerseite
Seite 11 — 37

von der Beklagten in mehrfacher Hinsicht in Frage gestellt wurde. So bestritt diese
ursprünglich noch die Aktivlegitimation der einzelnen Stockwerkeigentümer (vgl.
Duplik S. 5 [vorinstanzliche Akten act. I./5]) und später dann jene der StWE-
Gemeinschaft. Letzteren Einwand hat die Beklagte auch anlässlich der Hauptver-
handlung vor Kantonsgericht von Graubünden vorgebracht (vgl. Plädoyer RA Ca-
henzli S. 2, act. 07). Bezüglich der StWE-Gemeinschaft rügte sie im Weiteren das
Fehlen eines gültigen Prozessführungsbeschlusses und einer gehörigen Vermitt-
lung (vgl. etwa Prozessantwort S. 3 und Duplik S. 3 f. [vorinstanzliche Akten act.
I./3 bzw. I./5]), worauf nachfolgend ebenfalls noch einzugehen sein wird. Von Be-
deutung ist die Parteistellung aber auch hinsichtlich der Kostenfolge, stünde der
Beklagten mit der im vorinstanzlichen Urteil verwendeten Parteibezeichnung doch
lediglich gegen die StWE-Gemeinschaft und die Eheleute Y., nicht aber gegen die
einzelnen Stockwerkeigentümer ein Entschädigungsanspruch zu.
b)
Obwohl die Vorinstanz gemäss Rubrum nur der StWE-Gemeinschaft und
nicht den einzelnen Stockwerkeigentümern Parteistellung zuerkannte, befasste sie
sich in den Erwägungen mit der Frage des Parteiwechsels infolge der Veräusse-
rung der StWE-Nr. S53584 durch H. an die Eheleute L. (vgl. vorinstanzliches Urteil
S. 11). Dabei kam sie zum Ergebnis, dass mangels Nachweis der Eintragung des
Kaufvertrages ins Grundbuch noch kein Eigentumsübergang stattgefunden habe,
weshalb H. ihre Stellung als Stockwerkeigentümerin und damit ihre Aktivlegitimati-
on nicht eingebüsst habe. Tatsächlich fehlte auf dem mit Schreiben vom 23. März
2009 eingereichten Kaufvertrag vom 20. Februar 2009 (Akten Vorinstanz act.
II./52) die Eintragungsbescheinigung des Grundbuchamtes. Mit dem nunmehr im
Berufungsverfahren eingelegten Grundbuchauszug (act. 06.2) ist nun aber aus-
gewiesen, dass die Eheleute L. bzw. L. seit dem 25. Februar 2009 Eigentümer der
in Frage stehenden Stockwerkeinheit sind. Die neue Urkunde betrifft die als
Rechtsfrage von Amtes wegen zu prüfende Aktivlegitimation einer Partei, weshalb
deren Einlegung im Berufungsverfahren noch zuzulassen ist (vgl. hierzu PKG
1988 Nr. 28). Im Übrigen ist ein Parteiwechsel im Sinne von Art. 36 Abs. 1 ZPO in
jedem Verfahrensstadium zulässig und folglich bei entsprechendem Nachweis
auch im Rechtsmittelverfahren noch zu beachten.
3.
Die Beklagte hat eingewendet, dass die Klage mit Bezug auf die StWE-
Gemeinschaft Z. wegen Fehlens eines (vorgängigen) Prozessführungsbeschlus-
ses der StWE-Versammlung nicht gehörig vermittelt worden sei (vgl. etwa Pro-
zessantwort S. 3 und Duplik S. 3 f. [vorinstanzliche Akten act. I./3 bzw. I./5]). Die
Vorinstanz hat diesen Einwand zurückgewiesen (vgl. vorinstanzliches Urteil E. 2a).
Die Beklagte bringt im Weiteren vor, dass die Aktivlegitimation der StWE-
Seite 12 — 37

Gemeinschaft Z. nicht gegeben sei. Auf diesen Einwand sei die Vorinstanz nicht
eingegangen. Der Rechtsvertreter der Kläger hat anlässlich der Hauptverhandlung
vor Kantonsgericht anerkannt, dass die Aktivlegimitation der StWE-Gemeinschaft
Z. nicht gegeben sei.
a)
Zunächst gilt es festzustellen, dass die Vorinstanz den Einwand der nicht
gehörigen Vermittlung in Bezug auf die StWE-Gemeinschaft Z. zu Recht zurück-
gewiesen hat. Gemäss Art. 712t Abs. 2 ZGB bedarf der Verwalter zur Führung
eines anzuhebenden oder vom Gegner eingeleiteten Zivilprozesses ausserhalb
des summarischen Verfahrens der vorgängigen Ermächtigung durch die Ver-
sammlung der Stockwerkeigentümer, unter Vorbehalt dringender Fälle, in denen
die Ermächtigung nachgeholt werden kann. Dem Verwalter wird somit eine be-
schränkte gesetzliche Vertretungsmacht zur Führung von Prozessen zugunsten
der StWE-Gemeinschaft eingeräumt. Wenn das Gesetz verlangt, dass diese Er-
mächtigung unter Vorbehalt dringender Fälle, in denen sie nachgeholt werden
kann, vorgängig einzuholen ist, so wurde die Anwendung dieser ursprünglich
streng befolgten Bestimmung im Laufe der Zeit insofern gelockert, als die nach-
trägliche Einreichung des Prozessbeschlusses heute allgemein geduldet wird (vgl.
PKG 1995 Nr. 18 E. 1; 1992 Nr. 20 E. 2a). Die Ermächtigung zur Prozessführung
kann in analoger Anwendung der vereinsrechtlichen Bestimmungen entweder an-
lässlich einer Versammlung der Stockwerkeigentümer gefasst werden oder durch
einen Zirkularbeschluss erfolgen (Art. 712m Abs. 2 ZGB in Verbindung mit Art. 66
Abs. 2 ZGB). Der Unterschied zwischen den beiden Varianten besteht darin, dass
im ersten Falle je nach den statutarischen beziehungsweise reglementarischen
Bestimmungen ein Mehrheitsentscheid ausreichend sein kann, während ein Zirku-
larbeschluss der Zustimmung sämtlicher Stockwerkeigentümer bedarf (Art. 66
Abs. 2 ZGB). Entgegen dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung kann damit ein
Prozessführungsbeschluss auch noch nachträglich gefasst und - als behebbarer
Formmangel - innert einer vom Gericht anzusetzenden Nachfrist im Sinne von
Art. 26 Abs. 1 ZPO eingereicht werden. Dies entspricht auch der ständigen Praxis
des Kantonsgerichts von Graubünden (PKG 1995 Nr. 18 E. 1; 1992 Nr. 20 E. 2a;
vgl. auch BGE 114 II 310; Pellascio, in: Kren Kostkiewicz/Schwander/Wolf (Hrsg.),
Handkommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Zürich 2006, N 11 zu
Art. 712t mit weiteren Hinweisen; eher zurückhaltend Bösch, in: Hon-
sell/Vogt/Geiser (Hrsg.), Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 3. Auflage, Basel
2007, N 6 zu Art. 712t).

Vorliegend hat klägerischerseits lic. iur. Ralf Capeder, ein Mitarbeiter des
Rechtsvertreters der Kläger, an der Vermittlung teilgenommen, welcher sowohl für
Seite 13 — 37

die StWE-Gemeinschaft als auch für die einzelnen Stockwerkeigentümer handelte.
Ob er sich bereits damals als Vertreter der StWE-Gemeinschaft ausweisen konnte
oder lediglich über die an ihn substituierten Vollmachten der Stockwerkeigentümer
(vgl. vorinstanzliche Akten act. VI./2-6) verfügte, kann ebenso dahingestellt blei-
ben wie die Frage, ob diese Vollmachten allenfalls einem einstimmig gefassten
Zirkularbeschluss gleichzusetzen wären. Das Handeln des Rechtsvertreters wurde
jedenfalls spätestens mit dem Ermächtigungsbeschluss der StWE-Versammlung
vom 2. Februar 2008 (vorinstanzliche Akten act. II./47) nachträglich genehmigt,
was wie soeben dargelegt zulässig ist. Nachweislich bereits im Zeitpunkt der Ver-
mittlungsverhandlung vorgelegen hat zudem die Vollmacht der Verwalterin (vor-
instanzliche Akten act. VI./1), was ebenfalls zu belegen vermag, dass der Mitarbei-
ter des klägerischen Rechtsvertreters nicht nur die einzelnen Stockwerkeigentü-
mer, sondern darüber hinaus ebenfalls die StWE-Gemeinschaft vertrat. Das vo-
rinstanzliche Urteil ist somit diesbezüglich nicht zu beanstanden.
b)
Nicht bzw. nur am Rande ist die Vorinstanz auf die Frage eingegangen, ob
die StWE-Gemeinschaft im vorliegenden Verfahren überhaupt aktivlegitimiert ist
und ihr die Aktivlegitimation gegebenenfalls ausschliesslich oder neben den -
auch selbständig klagenden - Stockwerkeigentümern zukommt. Sie hat in ihrem
Urteil jedoch im Rahmen der Prüfung der gehörigen Vermittlung immerhin erkannt,
dass der StWE-Gemeinschaft im vorliegenden Fall eine beschränkte Prozessfüh-
rungsbefugnis zustehe (vgl. vorinstanzliches Urteil S. 10 oben). Als Parteien auf-
geführt wurden im vorinstanzlichen Urteil wie bereits dargelegt die StWE-
Gemeinschaft Z. sowie Y.. Die einzelnen Stockwerkeigentümer wurden lediglich
als Mitglieder der StWE-Gemeinschaft im Rubrum des vorinstanzlichen Urteils
aufgeführt.
ba)
Aktivlegitimiert ist, wer berechtigt ist, das eingeklagte Recht oder Rechts-
verhältnis geltend zu machen; sie fehlt, wenn der Anspruch nicht dem Kläger zu-
steht. Die Prüfung der Aktivlegitimation erfolgt frei und von Amtes wegen. Der Ent-
scheid über die fehlende Sachlegitimation erfolgt durch Sachurteil, mithin durch
Abweisung der Klage (vgl. BGE 126 III 63; Vogel/Spühler, Grundriss des Zivilpro-
zessrechts, 8. Auflage, Bern 2006, § 36 N 89 f.).

Aus der Verpflichtung des Gerichtes zur freien Prüfung der Aktivlegitimation
von Amtes wegen folgt zunächst einmal, dass die im Rahmen der Berufungsver-
handlung geäusserte Zustimmung des klägerischen Rechtsvertreters zur angeb-
lich fehlenden Aktivlegitimation der StWE-Gemeinschaft für das Gericht nicht von
Belang ist, zumal damit weder eine teilweise Anerkennung der Berufung noch ein
Seite 14 — 37

Rückzug der Klage seitens der StWE-Gemeinschaft verbunden war. Vielmehr er-
gibt sich aus den weiteren Ausführungen des klägerischen Rechtsvertreters ein-
deutig, dass er an seinem Antrag auf vollumfängliche Abweisung der Berufung
festhielt. Entgegen den Parteien ist denn auch der Vorinstanz darin zuzustimmen,
dass der StWE-Gemeinschaft vorliegend eine beschränkte Prozessfähigkeit zu-
steht. Der StWE-Gemeinschaft kommt die Prozessfähigkeit vor allem, aber kei-
neswegs nur im Zusammenhang mit dem Verwaltungsvermögen zu, sondern im
ganzen Bereich gemeinsamer Nutzung und Verwaltung von gemeinschaftlichen
Teilen des im Miteigentum stehenden Objekts. Darüber hinaus ist die Gemein-
schaft ganz allgemein immer dann prozessfähig, wenn es um Rechtsbegehren
geht, die von den Stockwerkeigentümern in ihrer Eigenschaft als gemeinschaftli-
che Eigentümer der zu Stockwerkeigentum aufgeteilten Liegenschaft (dem ge-
meinschaftlichen Grundstück) anhängig gemacht werden. Neben den sich aus
dem Bereich der gemeinschaftlichen Nutzung und Verwaltung von gemeinschaftli-
chen Teilen des in Miteigentum stehenden Objekts ergebenden Ansprüchen ge-
genüber einzelnen Stockwerkeigentümern sind somit auch solche Ansprüche
durch die Gemeinschaft verfolgbar, welche sich auf die Abwehr ungerechtfertigter
Angriffe auf die gemeinschaftliche Liegenschaft bzw. auf gemeinschaftliche Teile
derselben beziehen. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich, zumindest was
die noch streitigen Feststellungsbegehren anbelangt, um eine Art Eigentumsfrei-
heitsklage in Form einer Eigentumsfreiheits-Feststellungsklage, mit welcher ein
ungerechtfertigter Angriff auf die gemeinschaftliche Liegenschaft abgewehrt wer-
den soll. Derartige Klagen können wie dargelegt gemäss einhelliger Lehre von
einer StWE-Gemeinschaft in eigenem Namen geltend gemacht werden (vgl. hier-
zu Bösch, BSK, a.a.O., N 14 zu Art. 712l; Wermelinger, Das Stockwerkeigentum,
Zürich 2004, N 187 zu Art. 712l; Meier-Hayoz/Rey, Berner Kommentar, Bern 1988,
N 91 f. zu Art. 712l). Damit ist die Aktivlegitimation der StWE-Gemeinschaft Z. zu
bejahen.
bb)
Fraglich bleibt damit, ob daneben auch die einzelnen Stockwerkeigentümer
persönlich klagen können, was von der Berufungsklägerin noch in ihrer Duplik
(S. 5, vorinstanzliche Akten act. I./5) ausdrücklich bestritten worden war. Das
Stockwerkeigentum vermittelt jedem Stockwerkeigentümer einen Miteigentumsan-
teil an der betreffenden Liegenschaft. Mit diesem Miteigentumsanteil ist das Son-
derrecht verknüpft, bestimmte Teile der auf dem Grundstück errichteten Gebäude
ausschliesslich zu nutzen und innen auszubauen (Art. 712a Abs. 1 ZGB). Nicht zu
Sonderrecht ausgeschieden werden kann etwa der Boden der Liegenschaft, wozu
auch Autoparkplätze im Freien zu zählen sind (Art. 712b Abs. 2 Ziff. 1 ZGB; Pel-
Seite 15 — 37

lascio, a.a.O., N 14 zu Art. 712b). Diese Flächen befinden sich im Miteigentum
aller Stockwerkeigentümer der betreffenden Liegenschaft, sind folglich gemein-
schaftliches Eigentum. Gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB ist jeder Eigentümer legiti-
miert, sich gegen Beeinträchtigungen seines Eigentums zur Wehr zu setzen. Dies
gilt auch für jeden einzelnen Miteigentümer und zwar selbst dann, wenn die Stö-
rung von einem anderen Miteigentümer bzw. einem anderen Stockwerkeigentü-
mer ausgeht (vgl. hierzu PKG 1994 Nr. 5 E. 2 sowie 1990 Nr. 5 E. 3; Meier-
Hayoz/Rey, BK, a.a.O., N 123 f. zu Art. 712a mit Verweis auf Meier-Hayoz, Berner
Kommentar, Bern 1981, N 96 zu Art. 646 und N 7 f. zu Art. 648 sowie Meier-
Hayoz, BK, a.a.O., N 91 ff. zu Art. 641; zurückhaltender Wermelinger, a.a.O.,
N 194 ff. zu Art. 712a). Damit ergibt sich, dass die einzelnen Stockwerkeigentümer
aufgrund ihrer Stellung als Miteigentümer der Stammparzelle, welche sie persön-
lich zur Abwehr von Eingriffen in dieselbe berechtigt, zusätzlich zur StWE-
Gemeinschaft persönlich klagen können. Die Aktivlegitimation der einzelnen
Stockwerkeigentümer ist folglich zu bejahen, ihnen kommt die Position eigenstän-
diger Kläger zu.
4.
Im Folgenden wird nunmehr der von der Beklagten vorgebrachte Einwand
der abgeurteilten Sache hinsichtlich der Dienstbarkeitsfläche zu prüfen sein. Die
Vorinstanz hat diesen Einwand mit der Begründung verworfen, dass es vorliegend
an einer Identität des Streitgegenstandes fehle, da es im aktuellen Verfahren um
die Ermittlung des konkreten Dienstbarkeitsinhaltes gehe, während sich der frühe-
re Prozess (Urteil des Bezirksgerichtes D. vom 20. März 2002 bzw. Urteil des Kan-
tonsgerichts von Graubünden vom 14. Oktober 2002) einzig mit der Verteilung der
Unterhaltslast für Schneeräumung, Erneuerung und Administrativaufwand befasst
habe. Aus der blossen Festlegung eines Verteilschlüssels für die entsprechenden
Kosten liessen sich keine Rückschlüsse auf den Servitutsinhalt ziehen, weshalb
es nicht um die Beurteilung identischer Rechtsfragen gehe und folglich bezüglich
der Dienstbarkeitsfläche keine abgeurteilte Sache vorliege (vgl. vorinstanzliches
Urteil E. 2b).
a) aa) Das Bezirksgericht D. hatte in seinem Urteil vom 20. März 2002 betreffend
Unterhaltsregelung der Zufahrtsstrasse und Forderung (vorinstanzliche Akten ZF
01/31 act. I./11) unter anderem folgende Erwägungen gemacht (E. 4 S. 9):

„Im Hinblick auf die Frage, welche Fläche die Vorrichtung bzw. die Dienst-
barkeitsanlage umfasst, besteht aufgrund der Ausführungen des klägerischen
Rechtsvertreters anlässlich der Hauptverhandlung mittlerweile Übereinstimmung
darin, dass diese die auf dem der Prozessantwort beiliegenden Plan orange mar-

Seite 16 — 37

kierte Fläche aufweisen soll. Anzumerken ist jedoch, dass die Teil der Parzelle Nr.
4276 bildende, von der Beklagten
(Anm.: vorliegend Beklagte und Berufungsklä-
gerin) als „Kehrplatz“ bezeichnete Fläche nach den massgebenden Umständen
keinem derartigem Zweck dienen soll. Zum einen beanspruchte mit Ausnahme der
Beklagten keiner der anderen Verfahrensbeteiligten diese Fläche als Wendeplatz,
sondern benutzten diese die Zufahrtsstrasse ausschliesslich dazu, um auf ihre
Grundstücke zu gelangen. Zum anderen haben, wie sich anlässlich des Augen-
scheins eindeutig ergeben hat, sämtliche Eigentümer die Möglichkeit, die Fahr-
zeuge auf ihren Vorplätzen zu wenden. ( ) Im Übrigen stellt sich die Frage des
konkreten Inhalts der Dienstbarkeit im vorliegenden Verfahren nicht, geht es doch
lediglich um die Verteilung der Unterhaltslast.“


Bei der genannten, orange markierten Fläche handelt es sich um die Fläche
gemäss den Markierungen im Plan, welcher Anhang des obigen Urteils bildet bzw.
um die gesamte Fläche der Via B. einschliesslich der Ausbuchtung (sog. „Kehr-
platz“
).

Im Dispositiv des genannten Urteils wurde sodann folgende Regelung ge-
troffen:

„( )

3. Im Übrigen wird die Klage dahin gutgeheissen, dass die Unterhaltslast,

insbesondere für Schneeräumung, Erneuerung und Administrativaufwand,

für die massgebende Dienstbarkeitsanlage (im beiliegenden, Bestandteil

des Urteils bildenden Plan rot markierte Fläche) den jeweiligen Grund-

stückeigentümern wie folgt auferlegt wird: ( ).

4. Das Grundbuchamt A. wird angewiesen, das Grundbuch in Bezug auf

die unter Ziff. 3 genannten Parzellen wie folgt zu ergänzen:

Fuss- und Fahrwegrecht mit gerichtlich festgelegter Kostenregelung.

( )“
ab)
Im diesbezüglichen Berufungsurteil vom 14. Oktober 2002 erwog sodann
das Kantonsgericht von Graubünden unter anderem Folgendes (ZF 02 38; E. 10
S. 14):

„Weiter ist beizufügen, dass die Vorinstanz im Hinblick auf die Frage, wel-
che Fläche die Vorrichtung beziehungsweise die Dienstbarkeitsanlage umfasst,
richtigerweise angenommen hat, die rot markierte Fläche des dem Urteil beilie-

Seite 17 — 37

genden Plans sei massgebend. Dabei muss die von der Berufungsklägerin als
„Kehrplatz“ bezeichnete Fläche unberücksichtigt bleiben, da sie nach den mass-
gebenden Umständen keinem derartigen Zweck dient. Mit Ausnahme der Beru-
fungsklägerin benutzt keine der Verfahrensbeteiligten die fragliche Fläche als
Wendeplatz. Die Zufahrtsstrasse wird von den Eigentümern ausschliesslich dazu
benutzt, um auf ihre Grundstücke zu gelangen. Zudem haben sämtliche Eigentü-
mer die Möglichkeit, die Fahrzeuge auf ihren Vorplätzen zu wenden.“


Im Dispositiv des Urteils wurde schliesslich lediglich festgehalten, dass die
Berufung abgewiesen werde.
ac)
Der im Urteil des Bezirksgerichtes D. vom 20. März 2002 verfügte Grund-
bucheintrag (Ziff. 4 Dispositiv) erfolgte gemäss Eintragungsbescheinigung des
Grundbuchamtes A. vom 30. Januar 2003 per 23. Januar 2003 (vgl. Eintragungs-
bescheinigung [act. II./35 bzw. III./15] sowie die entsprechenden Grundbuchaus-
züge [act. II./10 - 18]; der Eintrag fehlt allerdings erstaunlicherweise und entgegen
der Eintragungsbescheinigung auf act. II./16 bzw. III./8).
b) ba) Die Einrede der abgeurteilten Sache (Res iudicata) bzw. die Frage der ma-
teriellen Rechtskraft eines früheren Urteils, das heisst dessen Verbindlichkeit für
spätere Prozesse, betrifft nach der formellen Rechtskrafttheorie eine Prozessvor-
aussetzung. Ihre Gutheissung hat daher zur Folge, dass auf die neue Klage nicht
eingetreten wird (vgl. zum Ganzen Vogel/Spühler, a.a.O., S. 213 ff., insb. N 67
und 70; BGE 121 III 474 E. 2 mit Hinweisen). Eine abgeurteilte Sache liegt vor,
wenn der streitige Anspruch mit einem schon rechtskräftig beurteilten identisch ist.
Dies trifft zu, falls der Anspruch dem Richter aus demselben Rechtsgrund und ge-
stützt auf denselben Sachverhalt erneut zur Beurteilung unterbreitet wird (BGE
121 III 474 E. 4a; 123 III 16 E. 2a; Urteil des Bundesgerichts vom 5. September
2007 [4A_209/2007] E. 2.2.1). In anspruchsbezogene materielle Rechtskraft er-
wächst demzufolge allein das Sachurteil. Ein solches ist nur gegeben, wenn und
soweit das Gericht die Sachverhaltsvorbringen der Parteien materiellrechtlich wür-
digt, das heisst den geltend gemachten Anspruch inhaltlich beurteilt (BGE 121 III
474 E. 4a; 123 III 16 E. 2a; 115 II 187 E. 3). Die Rechtskraftwirkung tritt folgerich-
tig nur soweit ein, als über den geltend gemachten Anspruch entschieden worden
ist. Inwieweit dies der Fall ist, ergibt die Auslegung des Urteils, zu welcher dessen
ganzer Inhalt heranzuziehen ist. Zwar erwächst der Entscheid nur in jener Form in
Rechtskraft, wie er im Urteilsdispositiv zum Ausdruck kommt, doch ergibt sich
dessen Tragweite vielfach erst aus einem Beizug der Urteilserwägungen (BGE
121 III 474 E. 4a; 123 III 16 E. 2a; 115 II 187 E. 3; Urteil des Bundesgerichts vom
Seite 18 — 37

5. September 2007 [4A_209/2007] E. 2.2.2; Vogel/Spühler, a.a.O., S. 228 N 71).
Nicht zur Urteilsformel gehören die tatsächlichen Feststellungen und die rechtli-
chen Erwägungen des Entscheids. Sie haben in einer anderen Streitsache keine
bindende Wirkung. Gleiches gilt für Feststellungen zu präjudiziellen Rechtsver-
hältnissen oder sonstigen Vorfragen sowie für weitere Rechtsfolgen, die sich aus
dem Inhalt des Urteils mit logischer Notwendigkeit ergeben. Sie sind bloss Glieder
des Subsumtionsschlusses, die für sich allein nicht in materielle Rechtskraft er-
wachsen (BGE 121 III 474 E. 4a mit Hinweisen; 123 III 16 E. 2a). Entsprechend
entfaltet ein Urteil über eine Teilklage - auch wenn bei ihrer Beurteilung die Ge-
samtforderung berücksichtigt wurde - im Prozess über die Restforderung nur be-
züglich des beurteilten Teilbetrages, nicht jedoch bezüglich der Erwägungen und
Feststellungen zur Gesamtforderung Rechtskraftwirkung (Urteil des Bundesge-
richts vom 5. September 2007 [4A_209/2007] E. 2.2.2 mit Hinweisen; BGE 125 III
8 E. 3b).

Die materielle Rechtskraft der Entscheidung wird begrenzt durch den
Streitgegenstand. Der Begriff der Anspruchsidentität ist nicht grammatikalisch,
sondern inhaltlich zu verstehen. Er wird durch die Rechtsbehauptungen bestimmt,
die von den im abgeschlossenen Verfahren gestellten und beurteilten Begehren
erfasst werden. Der neue Anspruch ist deshalb trotz abweichender Umschreibung
vom beurteilten nicht verschieden, wenn er in diesem bereits enthalten war, wenn
bloss das kontradiktorische Gegenteil zur Beurteilung unterbreitet wird oder wenn
die im ersten Prozess beurteilte Hauptfrage für Vorfragen des zweiten Prozesses
von präjudizieller Bedeutung ist. Anderseits sind Rechtsbehauptungen trotz glei-
chen Wortlauts dann nicht identisch, wenn sie nicht auf dem gleichen Entste-
hungsgrund, das heisst auf denselben Tatsachen und rechtlichen Umständen be-
ruhen (Vogel/Spühler, a.a.O., S. 227 f. N 66 ff.; BGE 121 III 474 E. 4a und 123 III
16 E. 2a je mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts vom 5. September 2007
[4A_209/2007] E. 2.2.1 mit Hinweisen; vgl. zur Unterscheidung von Identität und
Präjudizialität nachfolgend E. 4 b/bb).
bb)
Wie soeben dargelegt gilt der Grundsatz, dass die Urteilsgründe an der
Rechtskraft keinen Anteil haben, jedoch nach Lehre und Rechtsprechung zur Aus-
legung des Urteilsdispositives heranzuziehen sind. Es stellt sich daher die Frage
der objektiven Reichweite der materiellen Rechtskraft (vgl. zur grundsätzlichen
Problematik Schwander, Die objektive Reichweite der materiellen Rechtskraft -
Ausgewählte Probleme, Zürich 2002, S. 4 f.). Bezüglich eines rechtskräftig bejah-
ten Anspruchs stellt sich im Speziellen die Frage, ob dessen rechtliche Qualifikati-
on ebenfalls Anteil an der Rechtskraft hat. Grundsätzlich gilt, dass diejenigen Ur-
Seite 19 — 37

teilserwägungen, die Vorfragen zum Gegenstand haben, deren Beantwortung im
Hinblick auf den streitgegenständlichen Anspruch notwendig ist, in relative
Rechtskraft erwachsen. Dies bedeutet, dass sie mit Bezug auf den streitgegen-
ständlichen Anspruch - deshalb relativ - rechtskräftig feststehen. In absolute
Rechtskraft erwächst dagegen nur der Anspruch selbst (Schwander, a.a.O.,
S. 135 mit weiteren Hinweisen; vgl. etwa auch BGE 121 III 477 sowie 123 III 18,
wo von „anspruchsbezogener materieller Rechtskraft“ die Rede ist).

Insgesamt folgt daraus, dass die rechtliche Qualifikation eines bejahten An-
spruchs lediglich eine Vorfrage darstellt, die relativ rechtskräftig feststeht. Eine
absolute Rechtskraft der Anspruchsqualifikation ist schon begrifflich nicht denkbar,
weil eine Anspruchsqualifikation unabhängig von einem Anspruch keinen Sinn
macht (vgl. Schwander, a.a.O., S. 136 mit Hinweisen). Unter all den Vorfragen, die
bei der Prüfung eines bestimmten Anspruchs zu klären sind und daher mit Bezug
auf diesen in relative Rechtskraft erwachsen, nimmt die Qualifikation des An-
spruchs eine ganz besondere Stellung ein. Sie stellt gleichsam eine Eigenschaft
des im Dispositiv bejahten Anspruchs dar, ist mit diesem folglich besonders eng
verbunden. Dass die Anspruchsqualifikation lediglich aus den Urteilserwägungen
hervorgeht, ist dabei nicht ungewöhnlich (Schwander, a.a.O., S. 136 f. mit Hinwei-
sen). Die relative Rechtskraft der rechtlichen Qualifikation bei bejahtem Anspruch
verbietet lediglich, dass diese Qualifikation im Rahmen eines späteren Prozesses
verneint wird, sie steht jedoch einer zusätzlichen anderen rechtlichen Qualifikation
desselben Anspruchs im Rahmen eines späteren Verfahrens nicht entgegen, so-
fern dadurch nach Massgabe der materiellen Rechtslage kein Widerspruch mit der
im Erstprozess erfolgten Qualifikation entsteht (vgl. Schwander, a.a.O., S. 137).
Wird demgegenüber der bereits bejahte Anspruch erneut Gegenstand eines Ver-
fahrens, sei es dass er selber infolge neuer Tatsachen zur Neubeurteilung ge-
langt, sei es dass er Vorfrage bei der Beurteilung eines anderen Anspruchs ist
(Präjudizialitätszusammenhang), so kann die im Erstprozess erfolgte rechtliche
Qualifikation wie dargelegt nicht mehr in Frage gestellt werden (Schwander,
a.a.O., S. 138, S. 143 sowie S. 7 f. mit Hinweisen). Dabei gilt es die Identität -
welche Ausschlusswirkung zur Folge hat - klar von der Präjudizialität - welche
Bindungswirkung zur Folge hat und eben gerade keine Identität der Streitsache
voraussetzt - zu trennen (vgl. hierzu Schwander, a.a.O., S. 138, Fn 597 mit Ver-
weis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung [BGE 123 III 19] sowie S. 7 f.).
c) ca) Zunächst ergibt sich bei der Beurteilung des vorliegenden Falles die
Schwierigkeit, dass ein offensichtlicher Widerspruch besteht zwischen der Rege-
lung gemäss Dispositiv und den diesbezüglichen Erwägungen, und zwar sowohl
Seite 20 — 37

im Urteil des Bezirksgerichtes D. vom 20. März 2002 als auch im entsprechenden
Berufungsurteil des Kantonsgerichtes vom 14. Oktober 2002. So ergibt sich aus
Ziff. 3 des Dispositivs des Urteils des Bezirksgerichtes D. und dem dem Urteil an-
gefügten Plan eindeutig, dass die festgelegte Dienstbarkeitsanlage die gesamte
Via B. einschliesslich der Ausbuchtung (sog. „Kehrplatz) umfasse. Auch die ent-
sprechende Ergänzung des Grundbuches erfolgte allein gestützt hierauf und ent-
hält keine davon abweichenden Einschränkungen. Dagegen wurde in offensichtli-
chem Widerspruch hierzu in den Erwägungen - aber ebenso unmissverständlich -
ausgeführt, dass die in die Dienstbarkeitsanlage bzw. -vorrichtung miteinbezogene
und als „Kehrplatz bezeichnete Fläche keinem solchen Zweck dienen solle. Die
Zufahrtsstrasse werde von den Eigentümern ausschliesslich dazu benutzt, um auf
ihre Grundstücke zu gelangen. Zudem hätten sämtliche Eigentümer die Möglich-
keit, die Fahrzeuge auf ihren Vorplätzen zu wenden. Der dargelegte Widerspruch
wurde im Berufungsurteil nicht beseitigt und blieb in der Folge auch von den Par-
teien unangefochten, obwohl sich aus den Akten ohne weiteres ergibt, dass der
Umfang der Nutzung der Ausbuchtung schon zum damaligen Zeitpunkt strittig war.

Der Vorinstanz gilt es insoweit zuzustimmen, als gestützt auf die zitierte
Rechtsprechung zum Institut der materiellen Rechtskraft eine Identität der Klage
auf Feststellung des Dienstbarkeitsinhaltes mit jener auf Verteilung der Unterhalts-
last im Sinne von Art. 741 ZGB dem Grundsatze nach zu verneinen ist. Tatsäch-
lich wurde mit dem Urteil aus dem Jahre 2002 keine rechtskräftige Feststellung
des Inhalts der Dienstbarkeit auf einer bestimmten Fläche getroffen, finden sich
doch lediglich in den Erwägungen des Urteils des Bezirksgerichtes D. bzw. auch in
denjenigen des Berufungsurteils gewisse Ausführungen zu den auf dem so ge-
nannten Kehrplatz bestehenden Rechten, welche jedoch wie dargelegt keinen
Eingang ins Urteilsdispositiv gefunden haben und damit an der Rechtskraft des-
selben auch nicht teilhaben können. Fraglich bleibt damit jedoch, ob der im Ur-
teilsdispositiv enthaltenen Festlegung der Dienstbarkeitsanlage, welche im Hin-
blick auf die Verteilung der Unterhaltskosten bzw. der Festlegung eines Verteil-
schlüssels für die Kosten, welche aus dem Unterhalt der besagten Fläche resultie-
ren, erfolgte, unabhängig davon, dass der Inhalt der Dienstbarkeit nicht rechtskräf-
tig festgelegt wurde, Verbindlichkeit in Bezug auf die Dienstbarkeitsfläche zu-
kommt oder nicht. Es stellt sich mit anderen Worten die Frage, welche Bindungs-
wirkung den zitierten Urteilen über die Dienstbarkeitsfläche im gegenwärtigen Ver-
fahren auf Feststellung des Dienstbarkeitsinhaltes für einen Teil derselben Fläche
zukommt.
Seite 21 — 37


Nicht gefolgt werden kann jedenfalls der Argumentation, dass die Dienst-
barkeitsanlage bzw. -vorrichtung im Sinne von Art. 741 ZGB nicht zwingend mit
der Dienstbarkeitsfläche gemäss Art. 730 ZGB übereinstimme und die planliche
Festlegung der Dienstbarkeitsanlage demzufolge nur hinsichtlich der Unterhalts-
last, nicht aber in Bezug auf die daran bestehenden Rechte Wirkung entfalten
könne (vgl. in diesem Sinne Plädoyer RAin Oesch [vorinstanzliche Akten act.
VI./10 S. 4 ff.] und ähnlich bereits die Argumentation von RA Raschein in ZF 01/31
act. I./4 S. 7 und VI./3 S. 3 f.). Eine Dienstbarkeitsvorrichtung ist definitionsgemäss
eine Anlage, die sich auf dem belasteten Grundstück befindet und der Ausübung
der Dienstbarkeit dient (vgl. Liver, Zürcher Kommentar, Band IV/2a/1, Zürich 1980,
N 20 zu Art. 741). Dabei besteht eine Unterhaltspflicht des Dienstbarkeitsberech-
tigten ohne Rücksicht auf die Eigentumszugehörigkeit insoweit, als er die Anlage
auch benützt (Liver, ZK, a.a.O., N 22 zu Art. 741). Auf einer Fläche, die nicht be-
nützt werden darf bzw. nicht mit der Dienstbarkeit belastet ist, kann demnach von
vornherein gar keine Unterhaltspflicht bestehen. Mit anderen Worten kann sich die
Unterhaltslast nicht auf eine grössere Fläche beziehen als die sich aus der
Dienstbarkeit ergebende Berechtigung. Dabei ändert der Umstand, dass der vom
Gericht damals festgelegte Verteilschlüssel über das Kriterium der Weglänge dem
geringeren Interesse der vorderliegenden Parzellen an der Benützung der gesam-
ten Anlage Rechnung trug, nichts daran, dass mit dem Einbezug des so genann-
ten Kehrplatzes eine Beteiligung an den Kosten des Unterhalts desselben verfügt
wurde, was wiederum voraussetzen würde, dass die besagte Fläche - allerdings
im Widerspruch zu den diesbezüglichen Erwägungen in den genannten Urteilen
aus dem Jahr 2002 - auch benützt werden dürfte. Mit dieser Argumentation kann
folglich eine Bindungswirkung nicht verneint werden.
cb)
In den zitierten früheren Verfahren hatten die angerufenen Gerichte den
damals geltend gemachten Anspruch auf Unterhalt der Strasse zu beurteilen. Der
im Dispositiv des Urteils des Bezirksgerichtes D. vom 20. März 2002 benannte
Anspruch auf Unterhalt ist, wie sich aus den entsprechenden Urteilserwägungen
ergibt, dienstbarkeitsrechtlicher Natur. Voraussetzung und Grundlage für die Beur-
teilung des damals geltend gemachten Unterhaltsanspruchs war denn auch zu-
nächst die Festlegung der Dienstbarkeitsvorrichtung an sich, d.h. einer Vorrich-
tung, welche der Ausübung einer Dienstbarkeit dient. Wie ausgeführt stellt die
rechtliche Qualifikation eines (bejahten) Anspruchs lediglich eine Vorfrage dar, die
relativ rechtskräftig feststeht. Daraus folgt, dass die rechtliche Qualifikation des
bejahten Unterhaltsanspruchs als dienstbarkeitsrechtlicher Natur ebenfalls eine
solche vom Gericht notwendigerweise zu beantwortende Vorfrage darstellte, wel-
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che folglich lediglich in relative Rechtskraft erwuchs. Dass es sich hierbei lediglich
um eine Vorfrage handelte, wurde im Übrigen auch von der Berufungsklägerin im
vorliegenden Verfahren ausdrücklich festgestellt (vgl. Plädoyer RA Cahenzli S. 2
act. 07). Daraus folgt jedoch eben nicht, dass der Umfang der Dienstbarkeit, für
welche die Unterhaltspflicht bejaht wurde, mit absoluter Rechtskraft feststehen
würde. Fest steht bzw. absolut rechtskräftig ist lediglich, dass der im Dispositiv
festgehaltene Anspruch ein dienstbarkeitsrechtlicher ist bzw. dass der Bestand
des Dienstbarkeit mit Bezug auf den streitgegenständlichen Anspruch - den Un-
terhalt - nicht mehr negiert werden kann. Soweit es in der Folge zu einem neuen
Prozess betreffend derselben Dienstbarkeit, jedoch bezüglich anderer Ansprüche
kommt - vorliegend ist denn auch nicht mehr die Regelung des Unterhalts, son-
dern sind Bestand und Inhalt der Dienstbarkeit auf der Ausbuchtung zu beurteilen
-, so ist das Gericht bei der Beurteilung dieser neuen Fragen dagegen völlig frei.
Die Frage der Bindungswirkung (Präjudizialität) würde sich nur dann stellen, wenn
der in den früheren Verfahren bereits bejahte Anspruch, also die Regelung des
Unterhalts, erneut Gegenstand eines Verfahrens bilden würde. Dies ist vorliegend
jedoch offensichtlich nicht der Fall.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass in Bezug auf den Inhalt der
Dienstbarkeit an einer bestimmten Fläche, welchen es im vorliegenden Verfahren
festzustellen gilt, keine Bindungswirkung der zitierten Urteile des Bezirksgerichtes
D. bzw. des Kantonsgerichtes von Graubünden aus dem Jahr 2002 besteht. Die
diesbezüglichen Ausführungen sind lediglich in relative Rechtskraft erwachsen.
Absolut rechtskräftig festgelegt wurden in den damaligen Urteilen lediglich der Un-
terhaltsanspruch auf einer bestimmten Fläche, deren Festlegung vorfrageweise
erfolgte, der Verhältnisschlüssel sowie die Zahlungspflicht der Parteien. Eine Bin-
dungswirkung vermöchten die genannten Urteile wie dargelegt daher nur insoweit
zu entfalten, als wiederum ein Prozess bezüglich des Unterhalts eingeleitet würde,
jedoch nicht, wenn wie vorliegend ein anderer Anspruch geltend gemacht wird.
Damit ergibt sich, dass die angerufenen Gerichte im vorliegenden Verfahren völlig
frei sind bezüglich der Beurteilung des Inhaltes bzw. des Bestandes der Dienst-
barkeit an der strittigen Ausbuchtung. Der Einwand der abgeurteilten Sache er-
weist sich damit als nicht stichhaltig, weshalb dem Antrag auf Nichteintreten aus
diesem Grunde nicht gefolgt werden kann.
5. a) Die vorliegende Berufung richtet sich einzig gegen die in teilweiser Gutheis-
sung der Klage erfolgte Feststellung der Vorinstanz, dass auf der je ca. hälftig auf
den Parzellen Nr. 1752 und Nr. 4276 gelegenen Ausbuchtung der Via B. weder
ein Fuss- und Fahrwegrecht noch ein Kehrplatzrecht zugunsten der Parzelle Nr.
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1751 besteht (Ziffer 1 des Urteilsdispositivs). Soweit die Vorinstanz auf die Klage
nicht eingetreten ist, was hinsichtlich der jeweiligen lit. c der Ziffern 1, 2, 4 und 5
(Begehren um Feststellung des Nichtbestandes eines allgemeinen Benutzungs-
rechts) der Fall ist (vgl. dazu Erw. 5a des angefochtenen Urteils), ist kein Weiter-
zug erfolgt. Dasselbe gilt insoweit, als die Vorinstanz die Klage abgewiesen hat.
Dies betrifft einerseits die Ziffern 3, 6 und 7 des klägerischen Rechtsbegehrens,
deren Beurteilung die Vorinstanz mit der Begründung abgelehnt hat, dass es den
Kläger diesbezüglich an der Aktivlegitimation fehle (vgl. Erw. 4a und 4b des ange-
fochtenen Urteils). Anderseits bezieht sich die Abweisung aber auch auf die lit. a
und b der Ziffern 1 und 4 des klägerischen Rechtsbegehrens, mit welchen die Klä-
ger die Feststellung des Nichtbestands der entsprechenden Rechte auf dem ihre
Parzellen betreffenden Teil der Via B. beantragt hatten. So ist die Vorinstanz be-
züglich des Fuss- und Fahrwegrechts gestützt auf den als klar und nicht weiter
interpretationsbedürftig erachteten Grundbucheintrag zum Schluss gekommen,
dass auf dem eigentlichen Strassenbereich ein ebensolches Recht zugunsten der
Parzelle Nr. 1751 bestehe (vgl. Erw. 5i des angefochtenen Urteils). Hinsichtlich
des Kehrplatzrechts hat die Vorinstanz in ihren Erwägungen (S. 22 f.) zwar sinn-
gemäss festgehalten, dass mangels eines Rechts auf Benutzung der Strassen-
ausbuchtung auch ein Wenderecht auf dem Strassenkörper entfalle, da die Via B.
ohnehin nicht die für die Durchführung von Wendemanövern notwendige Breite
aufweise. Im Urteilsdispositiv hat diese Überlegung indessen offensichtlich keinen
Niederschlag gefunden. Stattdessen wurde die Gutheissung der Klage ausdrück-
lich auf die im Bestandteil des Urteils bildenden Plan schraffierte Fläche be-
schränkt, was einer Gutheissung der lit. a und b der Ziffern 2 und 5 des klägeri-
schen Rechtsbegehrens entspricht. Nur in diesem Umfang ist das Urteil folglich
Gegenstand des Berufungsverfahrens, zumal seitens der Klägerschaft weder
selbständige Berufung noch Anschlussberufung erhoben wurde.
b)
Mit Bezug auf die von der Vorinstanz verneinte Aktivlegitimation der Kläger
ist der Vollständigkeit halber immerhin darauf hinzuweisen, dass wegen des feh-
lenden Einbezugs der Eigentümer der Parzellen Nr. 3318 und 3319 - wenn über-
haupt - nicht die Aktivlegitimation, sondern vielmehr die Passivlegitimation in Fra-
ge zu stellen gewesen wäre, zumal jene als Dienstbarkeitsberechtigte gegebenen-
falls auf der Passivseite am Prozess hätten beteiligt werden müssen (vgl. so auch
vorinstanzliches Plädoyer RA Cahenzli [act. VI./11 S. 1 f.]). Allerdings ist die Vor-
instanz ohnehin zu Unrecht von einer notwendigen Streitgenossenschaft ausge-
gangen. Eine notwendige Streitgenossenschaft ist dann gegeben, wenn mehrere
Personen als Kläger gemeinsam auftreten oder als Beklagte gemeinsam belangt
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werden müssen, da das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber
nur einheitlich festgestellt werden kann. Die notwendige Streitgenossenschaft be-
ruht auf dem materiellen Recht (Vogel/Spühler, a.a.O., N 47 S. 143). Wird nun
beispielsweise zugunsten mehrerer Parzellen eine Dienstbarkeit errichtet (eine
derartige mehrfache Berechtigung etwa in Form von Wegrechten kommt häufig
vor), so bedeutet dies nicht, dass damit eine einzige Dienstbarkeit geschaffen
würde, welche den Eigentümern der berechtigten Grundstücke nur gemeinsam
zukäme. Vielmehr liegen in einem derartigen Fall so viele Dienstbarkeiten vor, wie
berechtigte Parzellen vorhanden sind; eine jede von ihnen hat ihre eigene, von
den andern unabhängige Existenz. Steht die Ausübung der Dienstbarkeit aber
nicht allen Dienstbarkeitsberechtigten gemeinsam, sondern jedem von ihnen indi-
viduell zu, so bilden sie folglich bei entsprechenden Klagen auch keine notwendi-
ge Streitgenossenschaft; sie können vielmehr einzeln - unabhängig von der Frage
der Zweckmässigkeit eines solchen Vorgehens - oder gemeinsam, dann aber im
Sinne einer einfachen Streitgenossenschaft, ins Recht gefasst werden (vgl. hierzu
ZF 2004 39 E. 3 sowie Liver, ZK, a.a.O., N 56 zu Art. 730). Dies gilt gleichermas-
sen, wenn erst durch Teilung mehrere mit einer Dienstbarkeit belastete bzw. be-
rechtigte Parzellen entstanden sind (sog. Vervielfältigung einer Dienstbarkeit; vgl.
hierzu ebenfalls Liver, ZK, a.a.O., N 20 ff. zu Art. 743 sowie N 14 ff. zu Art. 744).
Mangels Anschlussberufung der Klägerschaft ist die mit der fehlenden Sachlegiti-
mation begründete Abweisung der subeventualiter gestellten Löschungsbegehren
allerdings rechtskräftig geworden, weshalb im vorliegenden Verfahren darauf nicht
mehr einzugehen ist. Einer erneuten Klage auf Löschung bzw. Ablösung der
Dienstbarkeit (gegen einzelne oder sämtliche Dienstbarkeitsberechtigten) stünde
damit indessen nichts im Wege.
6.
Damit gilt es im Folgenden den Inhalt bzw. das Bestehen der Dienstbarkeit
an der Ausbuchtung zu ermitteln. Das Fuss- und Fahrwegrecht auf der Strasse an
sich bildet im vorliegenden Berufungsverfahren dagegen nicht mehr Streitpunkt
und bleibt damit entsprechend dem Urteil der Vorinstanz bestehen.
a)
Die allgemeinen Ausführungen der Vorinstanz bezüglich der Ermittlung des
Inhalts einer Dienstbarkeit auf dem Wege der Auslegung und des gesetzlich vor-
gesehenen Vorrangs des Grundbucheintrages gemäss Art. 738 Abs. 1 ZGB er-
weisen sich grundsätzlich als zutreffend (vgl. vorinstanzliches Urteil E. 5b und 5c
S. 15 f.). Demnach ist gemäss Art. 738 Abs. 1 ZGB der Grundbucheintrag für den
Inhalt der Dienstbarkeit massgebend, soweit sich Rechte und Pflichten aus dem
Eintrag deutlich ergeben. Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der
Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während
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längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist (Art. 738
Abs. 2 ZGB). Ist der genaue Inhalt einer Dienstbarkeit strittig, schreibt Art. 738
ZGB somit eine Reihenfolge vor, nach welcher das Gericht diesen zu bestimmen
hat: 1. Grundbucheintrag; 2. Erwerbsgrund (bzw. Erwerbstitel samt Belegen); 3.
längere gutgläubige Ausübung. Diese Reihenfolge ist zwingend (PKG 1998 Nr. 18
E. 2 mit Hinweis; BGE 132 III 651 E. 8; 128 III 169 E. 3a; Petitpierre, in: Hon-
sell/Vogt/Geiser (Hrsg.), Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 3. Auflage, Basel
2007, N 1 zu Art. 738). Wie die einzelnen Kriterien auszulegen sind, schreibt
Art. 738 ZGB nicht vor. Hingegen wird festgehalten, dass das Gericht nicht aus
einer dem klaren Wortlaut des Bestellungsaktes abweichenden Ausübung Schlüs-
se ziehen darf und dass ein dem Grundbucheintrag widersprechender Bestel-
lungsakt ohne Bedeutung für die Auslegung bleiben muss (Petitpierre, BSK,
a.a.O., N 3 zu Art. 738).
b) ba) Zunächst ist damit der Wortlaut des Grundbucheintrages massgebend und
zwar uneingeschränkt, soweit sich daraus die Rechte und Pflichten deutlich erge-
ben. Der Wortlaut des Grundbucheintrages hat also nur, aber immerhin dann ab-
solute und alleinige Wirkung, wenn er klar, unmissverständlich und bezogen auf
das zur Diskussion stehende Element erschöpfend ist, was eher selten der Fall
sein dürfte. Enthält der Grundbucheintrag, wie dies häufig gegeben ist, lediglich
ein Stichwort wie z.B. Quellen-, Weg- oder Grenzbaurecht, so ist er in der Regel
zu rudimentär, als dass sich Rechte und Pflichten aus ihm deutlich ergäben (PKG
1998 Nr. 18 E. 3a mit weiteren Hinweisen; BGE 128 III 169 E. 3a; Petitpierre,
BSK, a.a.O., N 3 f. zu Art. 738; Liver, ZK, a.a.O., N 31 f. zu Art. 738). Wie die Vor-
instanz ebenfalls zutreffend festgehalten hat, führt dies allein aber noch nicht da-
zu, dass für die Inhaltsbestimmung der zur Diskussion stehenden Servitut zwin-
gend auf die weiteren, in Art. 728 Abs. 2 ZGB genannten Auslegungsmittel abzu-
stellen wäre. Vielmehr entspricht es herrschender Lehre und Rechtsprechung,
dass der Wortlaut des Eintrages keinen selbständigen Bestand hat, sondern an-
hand weiterer Auslegungsmittel verifiziert werden muss (vgl. vorinstanzliches Ur-
teil E. 5d S. 16 f.). Bei der primär massgeblichen Auslegung des Grundbuchein-
trages ist der daraus ersichtliche Wortlaut wie dargelegt einziger Gegenstand der
Auslegung. Subjektive Vorstellungen der Begründer und Rechtsnachfolger bleiben
ausser Betracht. Entscheidend zu berücksichtigen ist neben dem blossen Wortlaut
jedoch auch der Zweck, welcher mit der Errichtung der Dienstbarkeit vernünftiger-
weise gesetzt worden ist. Dabei ist in erster Linie von den legitimen Bedürfnissen
des herrschenden Grundstücks, zu dessen Befriedigung die Dienstbarkeit errichtet
worden ist und wie sie nach den damaligen tatsächlichen Verhältnissen bestanden
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haben, auszugehen. Bei der Auslegung des Bucheintrages nach dem Zweck sind
sodann das damalige Verhältnis zwischen dem Vorteil für das berechtigte Grund-
stück und der Schwere der Belastung für das dienende Grundstück nach dem
Grundsatz der Verhältnismässigkeit und die strenge Wahrung der Identität der
Dienstbarkeit im Auge zu behalten. Da es sich nicht um eine Personal-, sondern
um eine Grunddienstbarkeit handelt, ist die Auslegung nach dem Zweck notwen-
digerweise eine stark objektivierte. Die rein persönlichen Bedürfnisse und Vorlie-
ben des derzeit Berechtigten haben demgegenüber zurückzutreten (vgl. PKG
1998 Nr. 18 E. 3b mit Hinweisen; Liver, ZK, a.a.O., N 15 ff., N 39 ff. sowie N 48 zu
Art. 738; Petitpierre, BSK, a.a.O., N 10 zu Art. 738; BGE 132 III 651 E. 8).
bb)
Zu ergänzen bliebt in diesem Zusammenhang, dass entgegen der diesbe-
züglichen Erwägungen der Vorinstanz an sich nicht der Eintrag auf dem Blatt des
berechtigten Grundstückes, sondern derjenige auf den Blättern der belasteten
Grundstücke (act. III./5 sowie III./8) massgebend ist. Der Eintrag auf dem Blatt des
berechtigten Grundstückes hat keine selbständige Bedeutung und weist bloss auf
den entsprechenden Eintrag auf dem Blatt des belasteten Grundstückes hin (vgl.
hierzu Liver, ZK, a.a.O., N 21 zu Art. 738).
bc)
Der Grundbucheintrag auf den Blättern der belasteten Grundstücke erweist
sich auch im vorliegenden Fall als bloss stichwortartig und lautet: „Fuss- und
Fahrwegrecht zu Lasten und zu Gunsten 1751, 3318, 3319, 4276, mit gerichtlich
festgelegter Kostenregelung“
(act. III./5) bzw. „Fuss- und Fahrwegrecht zu Lasten
und zu Gunsten 1751, 1752, 3318, 3319“
(act. III./8, wo der Hinweis auf die Kos-
tenregelung wie oben dargelegt fehlt). Der ergänzende Hinweis auf die Kostenre-
gelung war wie ausgeführt erst nachträglich im Jahr 2003 erfolgt. Bezüglich der
Umschreibung der Dienstbarkeit im Grundbuch ist der Feststellung der Vorinstanz
zu folgen, wonach sich aus dieser Formulierung lediglich das Recht ableiten lässt,
die Via B. in der einen oder anderen Richtung zu begehen oder zu befahren. Dar-
über hinaus erweist sich diese Umschreibung jedoch als völlig unergiebig. So
bleibt etwa die mit dem Fuss- und Fahrwegrecht belastete Fläche unklar. Insbe-
sondere lässt sich aus diesem Eintrag damit nicht ableiten, dass auch das Wen-
den auf der von der Berufungsklägerin so bezeichneten Kehrplatzfläche ohne wei-
teres mit umfasst sein sollte und zwar in beiderlei Hinsicht, also sowohl bezüglich
des Wendens als Manöver an sich als auch bezüglich der genannten Fläche.
Dass gestützt auf das Urteil des Bezirksgerichtes D. vom 20. März 2002 bezüglich
des vorliegenden Verfahrens nicht auf einen bestimmten Dienstbarkeitsinhalt ge-
schlossen werden kann, wurde bereits ausführlich dargelegt. Insbesondere gilt es
auch darauf hinzuweisen, dass die Bezeichnung der Ausbuchtung als „Kehrplatz,
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welche sich wiederholt als Beschriftung auf Plänen findet, von der Berufungsklä-
gerin stammt und daraus damit ebenfalls nicht auf ein bestimmtes derartiges
Recht geschlossen werden könnte.

Damit stellt sich die Frage, ob der Miteinbezug der weiteren Kriterien bei
der Auslegung des Grundbucheintrages mehr Klarheit zu verschaffen vermag. Zu
berücksichtigen gilt es den mit der Errichtung der Dienstbarkeit objektiv verfolgten
Zweck, die für einen objektiven Dritten ohne weiteres erkennbaren Grundstück-
verhältnisse und die legitimen Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks. Die
Vorinstanz hat sich in ihrem Urteil unter dem Aspekt der legitimen Bedürfnisse des
herrschenden Grundstücks ausführlich mit der von der Berufungsklägerin behaup-
teten Unmöglichkeit von Wendemanövern auf der eigenen Parzelle und der sich
daraus ergebenden Notwendigkeit zur Benützung der Ausbuchtung auf den Par-
zellen der Berufungsbeklagten befasst (vgl. angefochtenes Urteil E. 5e). Die Vor-
instanz stützte sich dabei hauptsächlich auf die eigenen Beobachtungen anläss-
lich des durchgeführten Augenscheins und kam zum Schluss, dass ein Wenden
auf dem eigenen Parkplatz für die damals Beklagte, gleichermassen wie für alle
anderen Eigentümer der an der Via B. gelegenen Liegenschaften, durchaus mög-
lich sei und es ihr im Übrigen zumutbar wäre, die gegenwärtig etwas ungünstige
Anlage ihres eigenen Parkplatzes durch bauliche Massnahmen auf der eigenen
Parzelle zu verbessern. Die Inanspruchnahme des sog. Kehrplatzes diene ledig-
lich der subjektiven Bequemlichkeit, auf welche es jedoch nicht ankommen könne.
Diese Einschätzung erweist sich aufgrund der örtlichen Verhältnisse zweifellos als
korrekt, das Kantonsgericht gelangt diesbezüglich denn auch zur gleichen Ein-
schätzung. Dabei kann bezüglich der örtlichen Verhältnisse insbesondere auf die
Fotodokumentation der im Verfahren vor Bezirksgericht D. betreffend Sanierung
einer Privatstrasse (Unterhalt einer Dienstbarkeitsanlage gemäss Art. 741 ZGB;
Proz. Nr. 110-2005-29) eingeholten Expertise verwiesen werden. Sodann ergibt
sich dieses Ergebnis auch aus den Zeugenaussagen von M. (vgl. act. IV./1) und I.
(vgl. act. IV./4). Dass die eigenen Vorplätze durch das Parkieren von Fahrzeugen
besetzt sein können und für Besucher daher eine zusätzliche Wendemöglichkeit
bestehen müsse (so vorinstanzliches Plädoyer RA Cahenzli [act. VI./11 S. 5 f.]),
ginge mit Rücksicht auf den Grundsatz der zu wahrenden Verhältnismässigkeit
zwischen Vorteil für das berechtigte Grundstück und Schwere der Belastung für
das dienende Grundstück offensichtlich zu weit.

Sodann gilt es ebenfalls in Übereinstimmung mit der Vorinstanz festzustel-
len, dass allein aus dem Vorhandensein der Ausbuchtung bzw. „Kehrplatzfläche
auf den belasteten Grundstücken nicht auch gleichzeitig auf das Bestehen eines
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Wenderechtes geschlossen werden kann. Zwar gilt es die objektiv erkennbaren
Grundstückverhältnisse und insbesondere auch die bestehenden baulichen Anla-
gen - als Indiz für den Umfang einer Dienstbarkeit - bei der Auslegung des
Grundbucheintrages wohl mit zu berücksichtigen (vgl. Liver, ZK, a.a.O., N 55 zu
Art. 738). Davon ausgehend sah sich das Kantonsgericht von Graubünden auch
schon veranlasst, das Recht zum Wenden aufgrund der konkreten örtlichen Ver-
hältnisse als notwendigen Inhalt eines Wegrechts zu bezeichnen (vgl. PKG 1998
Nr. 18 E. 3). Ausschlaggebend hierbei war jedoch im betreffenden Fall eben das
objektiv begründbare Bedürfnis des herrschenden Grundstückes, da ohne Wende-
recht am Ende des Weges auch die aus dem Wegrecht fliessende Hauptbefugnis
des Zugangs zum Grundstück übermässig erschwert bzw. geradezu vereitelt wor-
den wäre (vgl. PKG 1998 Nr. 18 E. 3c). Ein derartiges objektiv begründbares Be-
dürfnis des herrschenden Grundstückes fehlt jedoch bei Bestehen einer Wende-
möglichkeit auf dem eigenen Grundstück, wie dies im vorliegenden Fall gegeben
ist, offensichtlich. Dass kein objektives Bedürfnis für ein Wenden auf dem belaste-
ten Grundstück besteht, heisst umgekehrt aber auch noch nicht, dass ein solches
Recht als Bestandteil eines blossen Fahrwegrechts jedenfalls auszuschliessen
wäre, wenn auch das Wenden zweifellos mehr Raum beansprucht als das blosse
Fahren. Ob das Wenden zum Inhalt des Fahrwegrechts gehört, kann in einer sol-
chen Situation vielmehr erst in Verbindung mit dem Errichtungsakt und allenfalls
unter Miteinbezug der Art der langjährigen Ausübung beantwortet werden, zumal
der stichwortartige Grundbucheintrag wie festgestellt allein nichts darüber aussagt,
wo und wie gefahren werden kann. Soweit sich die Vorinstanz in ihren Erwägun-
gen bereits bei der Auslegung des Grundbucheintrages unter Einbezug der ge-
nannten ergänzenden Kriterien mit dem Verhalten der früheren Grundeigentümer
befasste (vgl. angefochtenes Urteil S. 18 f.), gilt es darauf hinzuweisen, dass diese
Ausführungen - wenngleich grundsätzlich zutreffend - unter diesem Aspekt nicht
relevant sind. Sie werden erst von Bedeutung sein, soweit in der Folge die Art der
Ausübung als dritte Stufe zu prüfen sein wird.

Was schliesslich die Erwägungen der Vorinstanz zum Zweck der Dienst-
barkeit betrifft (vgl. angefochtenes Urteil E. 5 f), ist auch gemäss Überzeugung des
Kantonsgerichtes zweifellos zutreffend, dass mit der Dienstbarkeitserrichtung aus
objektiver Sicht lediglich der ungehinderte Zugang jedes Eigentümers zu seinem
an der Via B. gelegenen Grundstück verschafft werden sollte und die Vorderlieger
daher objektiv betrachtet kein schützenswertes Interesse daran haben können, die
als Sackgasse ausgestaltete Via B. bis zu deren Ende zu befahren, um dort statt
auf ihrem eigenen Grundstück zu wenden. Wie die Vorinstanz selber festgehalten
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hat, geht der Grundbucheintrag jedoch gerade über diesen Zweck hinaus, indem
das Wegrecht zugunsten der Parzellen Nr. 1751, 3318 und 3319 dem klaren Wort-
laut zufolge auch auf den hinterliegenden Parzellen Nr. 1752 und 4276 lastet. Ent-
sprechend hat die Vorinstanz denn auch erkannt, dass das Wegrecht auf dem ei-
gentlichen Strassenbereich trotz des objektiv nicht erkennbaren Zweckes dessel-
ben Bestand habe (vgl. angefochtenes Urteil E. 5 i). Es besteht somit ein Wider-
spruch zwischen dem objektiv erkennbaren Zweck der Dienstbarkeit und dem
Grundbucheintrag, weshalb der Inhalt der Dienstbarkeit ohne Beizug der weiteren
gesetzlich vorgesehenen Bestimmungsgründe nicht ermittelt werden kann. Der
Grundbucheintrag erscheint mit anderen Worten nicht als derart klar, dass allein
gestützt auf diesen der genaue Inhalt des Wegrechts abschliessend bestimmt
werden könnte.
c) ca) In einem zweiten Schritt gilt es folglich den Erwerbstitel auszulegen. Or-
dentlicher Erwerbstitel im Sinne des Gesetzes ist der Dienstbarkeitsvertrag. Seine
Auslegung erfolgt nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen. Der Inhalt des
Vertrages bestimmt sich somit nach dem übereinstimmenden wirklichen Willen der
Parteien. Nur wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt,
ist der Vertrag nach dem Vertrauensgrundsatz auszulegen (PKG 1998 Nr. 18 E. 4;
Liver, ZK, a.a.O., N 94 zu Art. 738). Bei Auslegung des Dienstbarkeitsvertrages
können gegenüber Dritten, die an der Errichtung der Dienstbarkeit nicht beteiligt
waren und im Vertrauen auf das Grundbuch die dinglichen Rechte erworben ha-
ben, individuelle persönliche Umstände und Motive nicht berücksichtigt werden,
die für die Willensbildung der ursprünglichen Vertragsparteien bestimmend waren,
aus dem Dienstbarkeitsvertrag selber aber nicht hervorgehen und für einen unbe-
teiligten Dritten normalerweise auch nicht erkennbar sind (vgl. Petitpierre, BSK,
a.a.O., N 5 f. zu Art. 738; BGE 132 III 651 E. 8; Liver, ZK, a.a.O., N 20, N 83 ff.;
N 94 ff. zu Art. 738).
cb)
Die Vorinstanz hat sich im Sinne einer Eventualbegründung ebenfalls mit
der Auslegung des Erwerbsgrundes befasst (vgl. angefochtenes Urteil E. 5 g). Al-
lerdings hat sie sich fälschlicherweise mit dem zwischen dem Ehemann der Beru-
fungsklägerin und dem vormaligen Eigentümer der Liegenschaft im Jahre 1991
abgeschlossenen Kaufvertrag befasst, welcher sich gar nicht bei den Akten befin-
det, und dabei übersehen, dass unter dem Erwerbsgrund der Dienstbarkeit richti-
gerweise der eigentliche Errichtungsakt bzw. die im Grundbuch als Belege für die
Dienstbarkeit angegebenen Erwerbstitel zu verstehen sind. Mit besagtem Kaufver-
trag wurde die in Frage stehende Dienstbarkeit nicht neu begründet, sondern es
wurde lediglich die Parzelle Nr. 1751 mit der bereits seit 1963 bestehenden Servi-
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tut auf den neuen Eigentümer übertragen. Indem nun die Vorinstanz den Kaufver-
trag als Erwerbsgrund angesehen und dessen Wortlaut vermutungsweise mit dem
im Recht liegenden Grundbuchauszug vom 29. Oktober 1991 (act. III./9) gleichge-
setzt hat, hat sie im Ergebnis noch einmal den Grundbucheintrag ausgelegt und
konnte konsequenterweise zu keinem anderen Ergebnis gelangen als bei den
diesbezüglichen Erwägungen. Dasselbe gilt für die anschliessenden Erwägungen
dazu, wie die Berufungsklägerin die mutmasslich im Kaufvertrag enthaltene Um-
schreibung der Servitut „Fuss- und Fahrwegrecht zulasten und zugunsten 1751,
1751, 3318 und 3319 in Verbindung mit der damaligen Parzellensituation - die
Strassenausbuchtung befand sich damals inmitten der noch ungeteilten Parzelle
Nr. 1752 - nach Treu und Glauben verstehen musste, erfolgte damit doch erneut
eine auf den objektiven Zweck beschränkte Auslegung, welche der Tatsache,
dass trotz an sich fehlendem Bedürfnis zu einem Befahren der hinterliegenden
Parzellen ein Fahrwegrecht auf der Parzelle Nr. 1752 besteht, zu wenig Rechnung
trägt. Was das Verhalten der Parteien nach dem Erwerb der Liegenschaft betrifft,
vermischt die Vorinstanz sodann wiederum Feststellungen zur Art der Ausübung
mit solchen zum Erwerbsgrund, was nach der zwingenden Systematik von Art.
738 ZGB nicht angeht.

Zur Auslegung des Erwerbsgrundes erweisen sich richtigerweise die Kauf-
verträge vom 16. April 1963 für die von den Parzellen Nr. 1750 und 1751 abge-
trennten Parzellen Nr. 3318 und 3319 mit Begründung des Fuss- und Fahrweg-
rechts zugunsten und zulasten der jeweiligen hinterliegenden Parzellen (act. II./22
und II./23), im Weiteren der Kaufvertrag vom 13. Juli 1965 für die Parzelle Nr.
1752 (vereinigt aus den ursprünglichen Parzellen Nr. 1752 bis 1754) mit Hinweis
auf das als Recht und Last - unter anderem zugunsten der Parzelle Nr. 1751 -
bestehende Fuss- und Fahrwegrecht (act. II./24) sowie schliesslich die Planbeila-
ge zum Kaufvertrag vom 1. Oktober 1963 für die (später vereinigten) Parzellen Nr.
1752 bis 1754 und Teile der Parzelle Nr. 1750 (act. III./26) als massgebend. Aus
diesen Urkunden geht hervor, dass die in Frage stehenden Parzellen im Zeitpunkt
der Dienstbarkeitserrichtung noch allesamt unüberbaut waren und die Lage des
neu begründeten Fuss- und Fahrwegrechts in keiner Art und Weise bestimmt wur-
de. Es finden sich damit keinerlei zusätzliche Hinweise, aus denen eine umfas-
sendere Beschreibung der Servitut abgeleitet werden könnte. Ausserdem fällt auf,
dass für die gegenseitige Begünstigung und Belastung der Parzellen Nr. 1751 bis
1754 (die vorerst alle im Eigentum des Verkäufers verblieben sind) kein selbstän-
diger Errichtungsakt existiert, sondern diese offenbar lediglich aus der Errichtung
der Wegrechte zugunsten und zulasten der Parzellen Nr. 3318 und 3319 abgelei-
Seite 31 — 37

tet wurden (vgl. hierzu den entsprechenden Vermerk in act. II./24). Was die ur-
sprünglichen Vertragsparteien - und namentlich der damalige Eigentümer der
Parzellen Nr. 1751 bis 1754 - tatsächlich gewollt haben, ist nicht bekannt bzw.
lässt sich nicht mehr ermitteln, so dass der Errichtungsakt, welcher regelmässig
das geistige Produkt der an seiner Errichtung Beteiligten ist, im Unterschied zum
Bucheintrag nach dem Vertrauensprinzip auszulegen ist. Dabei können gegenüber
damals nicht beteiligten Dritten, welche im Vertrauen auf das Grundbuch das ding-
liche Recht erworben haben, individuelle persönliche und willensbildende Um-
stände und Motive der ursprünglichen Vertragsparteien, welche aus dem Dienst-
barkeitsvertrag selber nicht hervorgehen, wie bereits dargelegt nicht berücksichtigt
werden. Auch der Errichtungsakt unterliegt daher einer stark objektivierten Ausle-
gung, die wiederum zur selben Frage führt wie die Auslegung des Grundbuchein-
trages: welchen Zweck sollte die Berechtigung der vorderliegenden Parzellen Nr.
3318, 3319 und 1751 auf den hinterliegenden Parzellen Nr. 1751 bis 1754 haben
Aus heutiger Sicht, das heisst mit der heute gegebenen baulichen Situation, macht
diese Berechtigung - ausser eben für ein Befahren zum Zwecke des erleichterten
Wendens - tatsächlich keinen Sinn mehr. Allerdings ginge es doch wohl zu weit,
aus dem heute nicht mehr erkennbaren Zweck ohne Weiteres auf das Fehlen ei-
nes entsprechenden Willens der damaligen Parteien zu schliessen - diese Ansicht
vertritt jedoch der heutige Grundbuchverwalter N. in seiner schriftlichen Auskunft
vom 15. April 2008 (act. IV./5 zu Frage 4) -, zumal der grundbuchliche Vollzug mit
der expliziten Begünstigung der vorderliegenden Parzellen, welche zudem auch
bei den späteren Übertragungen stets bestätigt wurde, ausdrücklich für das Ge-
genteil spricht. Andernfalls hätte von Beginn an ein ungerechtfertigter Grundbuch-
eintrag bestanden, was die Kläger bis zum vorliegenden Verfahren (vgl. hierzu
vorinstanzliches Plädoyer RAin Oesch S. 11 ff.) selber nie geltend gemacht bzw.
im Verfahren zur Einführung des eidgenössischen Grundbuchs erst verspätet vor-
gebracht haben (vgl. act. II./40, II./50 und II./51).
d) da) Lassen sich die Rechte und Pflichten nicht aus dem Eintrag und auch nicht
aus dem Erwerbstitel mit genügender Klarheit und Deutlichkeit erkennen, kann die
Art der Ausübung den massgebenden Anhaltspunkt für die Ergänzung der Ausle-
gung bieten. Sie muss während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glau-
ben erfolgt sein. Eine derartige lange Übung kann Ausdruck des ursprünglichen
Parteiwillens bei Abschluss des Dienstbarkeitsvertrages bilden (PKG 1998 Nr. 18
E. 5). Wenn der Eigentümer des belasteten Grundstückes es hingenommen hat,
dass das Recht in der Art, wie es ausgeübt wurde, überschritten wurde, weil er es
nicht wagte, sich dagegen zu wehren, wird er oder wird sein Rechtsnachfolger
Seite 32 — 37

geltend machen können, dass die Dienstbarkeit nicht in gutem Glauben ausgeübt
worden sei. Das Vorliegen des guten Glaubens ist nach den allgemeinen Regeln
zu eruieren. Er kann aber keineswegs vorliegen, wenn die Ausübung im Wider-
spruch zum eindeutigen Grundbucheintrag steht, was bereits Konsequenz aus der
Reihenfolge der Auslegungshilfen ist (vgl. zum Ganzen Petitpierre, BSK, a.a.O.,
N 8 zu Art. 738; Liver, ZK, N 114 ff. zu Art. 738). Damit ergibt sich, dass die Aus-
übung das Recht jedenfalls nicht überschreiten darf, da sie sonst in ihrer Funktion,
den Inhalt der Dienstbarkeit zu bestimmen, versagt und höchstens ein Ersitzungs-
tatbestand in Frage kommt. Die lange unangefochtene Ausübung ändert Inhalt
und Umfang des Rechts nicht; sie ist lediglich Auslegungshilfe für den Parteiwillen
nach den allgemeinen Vertragsauslegungsregeln. Art. 738 Abs. 2 ZGB erlaubt die
Inhaltsbestimmung einer Dienstbarkeit nach dem Erwerbstitel oder nach lang an-
dauernder Übung lediglich im Rahmen des entsprechenden Eintrages (PKG 1998
Nr. 18 E. 5 mit Hinweisen).
db)
Nachdem weder die Auslegung des Grundbucheintrages noch diejenige
des Erwerbsgrundes zu einem klaren Ergebnis führen, ist der Inhalt der auf den
Parzellen Nr. 1752 und 4276 lastenden Dienstbarkeit mittels der Art der langjähri-
gen unangefochtenen Ausübung als Ausdruck des ursprünglichen Parteiwillens
bei Abschluss des Dienstbarkeitsvertrages zu bestimmen. Diese zeigt sich vorab
in der baulichen Anlage der Strasse, mit der die beteiligten Grundeigentümer die
genaue Lage des Fuss- und Fahrwegrechts gemeinsam festgelegt haben. Dabei
gilt es zunächst darauf hinzuweisen, dass die Ausbuchtung sich vor der Teilung
der Parzelle Nr. 1752 im Jahre 1998 noch mitten im Grundstück und damit unmit-
telbar neben dem damals bereits bestehenden Gebäude befand, was für einen
Wendeplatz zumindest als ungewöhnlich zu bezeichnen wäre. Wie weit das Weg-
recht auf der damals noch ungeteilten Parzelle Nr. 1752 tatsächlich gehen sollte
und ob es auch die dort angelegte Ausbuchtung umfassen sollte, kann hingegen
nicht allein anhand der baulichen Anlage, sondern erst in Verbindung mit dem be-
weismässig erstellten Verhalten der früheren Grundeigentümer - und zwar in der
Zeit vor 1998 - beantwortet werden. Im Jahre 1998 war es zum Eigentümerwech-
sel der ursprünglichen Parzelle Nr. 1752 bzw. in der Folge zur Teilung derselben
und zum Weiterverkauf der Teilparzelle mit der Nr. 4276 gekommen (vgl. Kaufver-
trag zwischen O. und H. [act. II./28] bzw. zwischen H. und den Eheleuten Y. [act.
II./29]). Aufgrund der Teilung befand sich die Ausbuchtung neu je etwa zur Hälfte
auf den Parzellen Nr. 1752 bzw. 4276. In der Folge kam es im Zuge des Baupro-
jektes auf Parzelle Nr. 1752 erstmals zu einem Verfahren, in welchem seitens der
jetzigen Berufungsklägerin auch ein Kehrplatzrecht auf der betreffenden Ausbuch-
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tung geltend gemacht wurde (vgl. act. II./30). Bezüglich des erstellten Verhaltens
der früheren Grundeigentümer vor dem Jahre 1998 kann zum einen auf die ent-
sprechenden, in diesem Kontext zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz (vgl.
angefochtenes Urteil S. 18 f.) und zum andern auf die mehrheitlich darin erwähn-
ten Beweismittel verwiesen werden. Es handelt sich dabei um das Schreiben von
M., der Tochter der damaligen Liegenschaftseigentümerin O., an den Ehemann
der Berufungsklägerin vom 27. Januar 1993 (act. III./12), das Schreiben von M. an
Rechtsanwalt Thomas Hess vom 20. September 1998 (act. II./27), die rechtshilfe-
weise Zeugeneinvernahme von M. vor Amtsgericht F. vom 26. Juni 2008 (act.
IV./1) sowie die Zeugeneinvernahme von I., dem Eigentümer der Parzelle
Nr. 3318, durch das Gerichtspräsidium G. vom 14. Mai 2008 (act. IV./4). Als nicht
relevant erweist sich dagegen entgegen der Darstellung der Berufungsklägerin die
Zeugenaussage von P. (act. IV./3), aus welcher lediglich hervorgeht, dass dieser
als Revierförster selber die Via B. nur sehr selten benütze, bei diesen Gelegenhei-
ten jedoch auch schon auf der Parzelle Y. parkiert und in der Folge auch dort ge-
wendet habe. Zur Benützung der Strasse bzw. der Ausbuchtung in der Zeit vor
Beginn der diesbezüglichen Differenzen konnte er jedoch keinerlei Aussagen ma-
chen. Die Würdigung des übrigen, genannten Beweismaterials ergibt entgegen
der Darstellung der Berufungsklägerin dagegen klar und unzweifelhaft, dass die
frühere Grundeigentümerin der Parzelle Nr. 1752 die Ausbuchtung der Via B. auf
ihrer Liegenschaft als zusätzliche Parkfläche erstellt hatte. Ihre Liegenschaft war
regelmässig auch als Ferienheim für das Personal ihrer Klinik benützt worden,
was den erweiterten Parkplatzbedarf zudem ohne weiteres zu erklären vermag.
Sodann ergibt sich ebenso, dass sie das Wenden auf dieser Fläche im Hinblick
auf ein gutnachbarschaftliches Verhältnis während Jahrzehnten geduldet hat, so-
weit diese eben nicht gerade durch eigene Fahrzeuge belegt war bzw. insbeson-
dere in ihrer Abwesenheit (vgl. etwa act. IV./1). Gemäss dem Schreiben von M.
vom 20. September 1998 (act. II./27) hatten die Eigentümer der vorderliegenden
Parzellen die Ausbuchtung nie zu Wendemanövern benützt, lediglich die Beru-
fungsklägerin bzw. deren Ehemann hätten sich nach Erwerb der Nachbarliegen-
schaft ungefragt angemasst, ihr Grundstück zum Wenden zu benützen. Sie habe
deshalb bei Anwesenheit ihren Personenwagen quer auf der Ausbuchtung par-
kiert, um dieses unerwünschte Verhalten zu unterbinden. Ausserdem legte die
Zeugin M. dar, dass für kurze Zeit auch einmal eine Abschrankung an der Parzel-
lengrenze zwischen den Parzellen Nr. 1751 und 1752 angebracht worden war.
Diese habe dann aber wieder entfernt werden müssen, da es sich um eine öffent-
liche Strasse handle (act. IV./1). Auch dies vermag deutlich aufzuzeigen, dass die
damalige Grundeigentümerin der Parzelle Nr. 1752 selber davon ausgegangen ist,
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dass der auf ihrem Grundstück gelegene Teil der Strasse an sich befahren werden
durfte, während aber die Benützung der Ausbuchtung durch Dritte stets nur inso-
weit zugestanden wurde, als sie nicht selber von der Familie bzw. von Gästen für
das Abstellen von Fahrzeugen benötigt wurde. Aus der Art der Ausübung der
Dienstbarkeit auf der strittigen Ausbuchtung ergibt sich somit unzweifelhaft, dass
dessen Benützung durch andere Personen stets nur im Rahmen einer prekaristi-
schen Mitbenützung gestattet worden war. Die prekaristische Ge-stattung zeichnet
sich dadurch aus, dass eine Person einer anderen aus blosser Gefälligkeit, auf
Zusehen hin, ohne Einräumung eines Rechtes und mit dem Vorbehalt des jeder-
zeitigen Widerrufs erlaubt, eine Sache zu benützen (BGE 127 III 506 E. 4a;
Schmid/Hürlimann, Sachenrecht, 2. Auflage, Zürich 2003, N 1202 mit weiteren
Hinweisen). Im vorliegenden Fall wurde die Benützung der Strassenausbuchtung
entsprechend nur dann und lediglich aus Gefälligkeit gestattet, wenn die Fläche
insbesondere bei Abwesenheit der Grundstückeigentümer bzw. deren Gästen
nicht selbst zum Parkieren benötigt wurde. Die Einräumung eines subjektiven
Rechts zugunsten der an der Strasse Dienstbarkeitsberechtigten und damit ein
Anspruch auf jederzeitige Freihaltung der strittigen Fläche insbesondere zum
Zwecke des erleichterten Wendens lässt sich daraus jedoch jedenfalls nicht ablei-
ten. Dies gilt selbst dann, wenn die Benützung zu Wendemanövern über einen
sehr langen Zeitraum auf Zusehen hin gestattet worden wäre (vgl. wiederum BGE
127 III 506 E. 4a). Daraus muss folglich der Schluss gezogen werden, dass auf
der Ausbuchtung - anders als auf der eigentlichen Strasse - zu keinem Zeitpunkt
eine Dienstbarkeit bestand, die Berufungsklägerin sich somit weder auf ein Kehr-
platzrecht noch auf ein Fuss- und Fahrwegrecht an der von ihr als „Kehrplatz be-
zeichneten Fläche berufen kann.

Damit ergibt sich aber, dass der Argumentation der Vorinstanz zumindest
im Ergebnis zuzustimmen und die Berufung vollumfänglich abzuweisen ist.
7. a) Bei diesem Ergebnis des Berufungsverfahrens ist die von der Vorinstanz
getroffene Kostenregelung weder hinsichtlich der Verteilung der Verfahrenskosten
noch bezüglich der Auferlegung der ausseramtlichen Entschädigung zu beanstan-
den (vgl. Ziff. 3 des Dispositivs). Vor der Zivilkammer wurde denn auch zu Recht
nicht geltend gemacht, dass an der erstinstanzlichen Kosten- und Entschädi-
gungsregelung selbst dann etwas zu ändern sei, wenn es im Wesentlichen beim
bezirksgerichtlichen Urteil sein Bewenden haben sollte.
b)
Da die Berufungsklägerin mit ihrem Rechtsmittel keinen Erfolg zu erzielen
vermochte, gehen die Kosten des Berufungsverfahrens, bestehend aus Gerichts-
Seite 35 — 37

und Schreibgebühr, vollumfänglich zu ihren Lasten. Überdies hat sie die Gegen-
parteien angemessen ausseramtlich zu entschädigen. Der Rechtsvertreter der
Berufungsbeklagten hat seinen Aufwand für das Berufungsverfahren mit
Fr. 3'607.95 inklusive 7.6 % Mehrwertsteuer und Barauslagen beziffert. Dies er-
scheint dem Gericht unter Einbezug des mutmasslich notwendigen Aufwandes als
angemessen, weshalb die Berufungsklägerin zur Leistung einer ausseramtlichen
Entschädigung im genannten Umfang zu verpflichten ist.
Seite 36 — 37

III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Berufung wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 7'608.-- (Gerichtsgebühr Fr.
7'000.-- zuzüglich Schreibgebühr Fr. 608.--) gehen vollumfänglich zu Lasten
der Berufungsklägerin.
3.
Die Berufungsklägerin hat die Berufungsbeklagten für das Verfahren vor
Kantonsgericht mit Fr. 3'607.95 inkl. MwSt und Barauslagen ausseramtlich
zu entschädigen.
4.
Gegen diese, einen Streitwert von mindestens 30'000 Franken betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72, Art. 74 Abs. 1 lit. b des Bundesge-
richtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische
Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt werden. Die Beschwerde ist
dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollstän-
digen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorge-
schriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegi-
timation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde
gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und Art. 90 ff. BGG.
5.
Mitteilung an:
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