E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Kantonsgericht GraubĂĽnden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:ZF-08-32
Instanz:Kantonsgericht GraubĂĽnden
Abteilung:-
Kantonsgericht GraubĂĽnden Entscheid ZF-08-32 vom 15.12.2008 (GR)
Datum:15.12.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Steuer; Auftrag; Berufung; Einfuhr; Export; Recht; Fuhrumsatzsteuer; Einfuhrumsatzsteuer; Gerin; Recht; Gericht; Firma; Erteilt; Läge; Transport; Klagte; Vorinstanz; Steuer; Rechnung; Deutschland; Rücktransport; Frachtgut; Nahme; Frachtführer; Klagten; Hinweis; Bezirksgericht; Beklagten; Hafte
Rechtsnorm: Art. 118 ZPO ; Art. 156 ZPO ; Art. 224 ZPO ; Art. 229 ZPO ; Art. 402 OR ; Art. 444 OR ; Art. 446 OR ; Art. 451 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
SpĂĽhler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
Kantonsgericht
von GraubĂĽnden
Dretgira
chantunala
dal
Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
____________________________________________________________________________________________________

Ref.:
Chur, 15. Dezember 2008
Schriftlich mitgeteilt am:
ZF 08 32
Urteil
Zivilkammer
Vorsitz Vizepräsident
Bochsler
RichterInnen
Rehli, , Tomaschett-Murer, Giger und Möhr
Aktuar ad hoc
Walder
——————
In der zivilrechtlichen Berufung
der X., Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. HSG
Hermann Just, Masanserstrasse 35, Chur,

gegen

das Urteil des Bezirksgerichts Plessur vom 16. November 2007, mitgeteilt am 2.
April 2008, in Sachen der Y., vormals A. AG, Klägerin und Berufungsbeklagte, ver-
treten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Daniel Hunkeler, Bahnhofplatz 9, ZĂĽrich, gegen
die Berufungsklägerin,
betreffend Forderung,
hat sich ergeben:

A.
Mit einem Telefax-Schreiben vom 25. Juli 2003 beauftragte die X.
die heute unter der Firma Y. AG auftretende A. AG mit dem Transport von acht
Paletten bedruckten Papiers und Umschlägen nach München. Dem Transportauf-
trag lag eine Rechnung an die Buchbinderei C. in I., Ortsteil J., bei MĂĽnchen ĂĽber
Fr. 84'785.-- bei, welche den Vermerk „MWST, Export steuerfrei“ enthält. Die be-
druckten Buchseiten waren bei der K. in H., die Umschläge bei der Firma F. im
liechtensteinischen G. abzuholen.
Die A. AG liess den Auftrag durch das Transportunternehmen B. GmbH +
Co. KG in Ravensburg ausfĂĽhren. Bei der Einfuhr des Frachtgutes nach Deutsch-
land am 1. August 2003 erhob das Hauptzollamt Ulm Einfuhrabgaben von €
8'780.32, was zum damaligen Umrechnungskurs einem Betrag von Fr. 13'553.30
entsprach. Am 15. August 2003 stellte die Transportfirma die Einfuhrumsatzsteuer
nebst Spesen, total € 8'993.17, der C. GmbH in Rechnung; diese war jedoch nicht
bereit, die angefallenen Einfuhrabgaben zu bezahlen. Sie begrĂĽndete dies damit,
ihr Kunde sei die Firma L. in MĂĽnchen. Von welchem Partner ihr die gedruckten
Manuals/BroschĂĽren geliefert worden seien, entziehe sich ihrer Kenntnis; sie
komme daher als Auftraggeberin bzw. Rechnungsempfängerin nicht in Frage. Die
B. GmbH + Co. KG stellte darauf am 23. September 2003 der A. AG Rechnung fĂĽr
die Einfuhrumsatzsteuer. Diese leitete die Rechnung am 30. Dezember 2004 mit
dem Hinweis an die X. weiter, der Kunde sei nicht bereit, die Einfuhrumsatzsteuer
zu bezahlen, weshalb man gezwungen sei, ihr diese als Auftraggeberin in Rech-
nung zu stellen. Sie wies darauf hin, sie habe schon etwa zehn Mal versucht, mit
dem Treuhandbüro Montana zu einer Lösung zu gelangen; dies jedoch ohne Er-
folg, sie sei stets vertröstet worden. Die K. GmbH antwortete am 28. Januar 2005,
man habe die Sache mit dem Firmenchef der L. besprochen und dieser habe sich
bereit erklärt, die Rechnung zu bezahlen und den Betrag vom Finanzamt zurück-
zufordern. Dazu kam es jedoch nicht, und trotz verschiedener Schreiben und Tele-
fongespräche zwischen der A. AG und der X. blieb die Rechnung unbezahlt.
Schliesslich betrieb die nunmehr in Y. AG umbenannte A. AG die X. mit am 9. No-
vember 2005 zugestelltem Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes H. fĂĽr den Be-
trag von Fr. 13'553.30 nebst 7% Zins seit 20. Januar 2005. Die Betriebene erhob
Rechtsvorschlag.
B. 1. Am 3. Mai 2006 meldete die Y. AG die Streitsache beim Kreisamt H.
zur Vermittlung an. Nach erfolglos verlaufener SĂĽhneverhandlung vom 7. Juni
2006 bezog sie den Leitschein und prosequierte die Klage durch Prozesseingabe
vom 7. Juli 2006 an das Bezirksgericht Plessur. Sie stellte das Rechtsbegehren:
Seite 2 — 17

„1. Die Beklagte sei zur Bezahlung von CHF 13'553.30 nebst Zins zu 5 %
seit dem 20. Januar 2005 zu verpflichten.
2. Es sei der Klägerin in der Betreibung Nr. 20508085 des Betreibungs-
amtes H. (Ausstellung des Zahlungsbefehls: 7. November 2005) defini-
tive Rechtsöffnung für die Forderung gemäss Rechtsbegehren Ziff. 1
hievor zu erteilen.

3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.“
Unter Bezugnahme auf den oben geschilderten Sachverhalt führte die Klä-
gerin aus, sie sei von der Beklagten mit einem Warentransport nach Deutschland
beauftragt worden, bei welchem Einfuhrsteuern angefallen seien. Ăśber einen im
Hintergrund stehenden Auftraggeber habe sie erst nach AusfĂĽhrung des Auftrages
Kenntnis erhalten. Sämtliche Zollanfertigungsunterlagen habe sie einwandfrei be-
sorgt und der Beklagten ĂĽbergeben. Nachdem die von dieser bezeichnete Emp-
fängerin, die Buchbinderei C., nicht bereit gewesen sei, die angefallenen Einfuhr-
abgaben zu ĂĽbernehmen, hafte dafĂĽr die Beklagte.
2.
Die X. beantragte die kostenfällige Abweisung der Klage. Sie führte
in ihrer Prozessantwort vom 25. September 2006 aus, ihr Geschäftsführer, E., ha-
be der A. AG telefonisch den Auftrag erteilt, BĂĽcher in loser Form nach Deutsch-
land und die fertigen BĂĽcher darauf wieder in die Schweiz zu transportieren. Dabei
sei ausdrücklich erwähnt worden, dass es sich um eine Veredelung handle, und
es sei auch vereinbart worden, dass alle Formalitäten im Zusammenhang mit der
Ein- und Ausfuhr und mit dem Zoll von der A. AG erledigt werden sollten. Offenbar
sei der RĂĽcktransport der fertigen BĂĽcher in Vergessenheit geraten, und der Auf-
trag erst auf Intervention von E. wieder aufgenommen worden. Nun habe sich eine
Frau M. um die Angelegenheit gekĂĽmmert, doch habe die Abwicklung des Auftra-
ges weiterhin nicht funktioniert. So sei die Beklagte nicht darĂĽber informiert wor-
den, dass sie in Sachen Einfuhrumsatzsteuer etwas hätte unternehmen müssen.
Erst Monate später habe man von D., dem Sachbearbeiter der Klägerin, erfahren,
dass nach der Vorstellung der Klägerin die Empfängerin die Einfuhrumsatzsteuer
zuerst hätte begleichen und sich diese dann im Rahmen der Vorsteueranmeldung
hätte erstatten lassen sollen.
C.
Mit Urteil vom 16. November 2007 erkannte das Bezirksgericht Ples-
sur:
„1. Die Klage wird gutgeheissen. Die X. wird verpflichtet, der Y. AG CHF
13'553.30, zuzĂĽglich 5 % Zins seit dem 10. November 2005 zu bezah-
len.

Seite 3 — 17

2. Der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. 20508085 des Betrei-
bungsamtes H. wird im Umfang von CHF 13'553.30, zuzĂĽglich 5 %
Zins seit dem 10. November 2005, beseitigt.

3. Die Kosten des Kreisamtes H. von CHF 300.00 sowie die Kosten des
Bezirksgerichtes Plessur von CHF 5'906.50 (GerichtsgebĂĽhren CHF
4'500.00, SchreibgebĂĽhren CHF 758.00, BargebĂĽhren CHF 377.50,
Streitwertzuschlag CHF 271.00) gehen zu Lasten der X.. Da diese erst
einen Kostenvorschuss von CHF 5'800.00 geleistet hat, ist der Restbe-
trag von CHF 106.50 innert 30 Tagen auf das PC-Konto 70-3596-3
des Bezirksgerichtes Plessur zu ĂĽberweisen.

Die X. hat die Y. AG ausseramtlich mit CHF 8'021.75 (inkl. MWSt und
Auslagen) zu entschädigen.
4. Mitteilung an ..“
D.
Gegen dieses Urteil liess die X. am 23. April 2008 die Berufung an
das Kantonsgericht von Graubünden erklären mit dem Antrag, das angefochtene
Urteil sei aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen. Durch Verfügung
vom 13. Mai 2008 ordnete das Kantonsgerichtspräsidium Graubünden die Durch-
fĂĽhrung des schriftlichen Verfahrens im Sinne von Art. 224 Abs. 2 ZPO an. Nach-
dem ihm die Frist zur Einreichung der BerufungsbegrĂĽndung mehrmals erstreckt
worden war, reichte der Rechtsvertreter der Berufungsklägerin am 11. Juli 2008
seine Rechtsschrift ein, wobei er die Berufungsanträge bestätigte. Nachdem auch
der Berufungsbeklagten mehrere Fristerstreckungen gewährt worden waren, be-
antragte der klägerische Rechtsvertreter in seiner Berufungsantwort vom 28. Ok-
tober 2008 die vollumfängliche Abweisung der Berufung. - Auf die Ausführungen
zur Begründung der im Berufungsverfahren gestellten Anträge wird, soweit erfor-
derlich, in den Erwägungen eingegangen.
Die Zivilkammer zieht in Erwägung:
I. 1. Das Bezirksgericht Plessur stellte fest, die Parteien hätten einen
Frachtvertrag im Sinne von Art. 440 ff. OR abgeschlossen. Da es sich um einen
Transportauftrag handle, bei dem der Ort der Ăśbernahme des Frachtgutes und
jener der Ablieferung desselben in zwei verschiedenen Staaten gelegen habe, sei
grundsätzlich das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationa-
len Strassengüterverkehr (CMR) anwendbar, das als völkerrechtlicher Vertrag den
nationalen Kollisionsregeln des IPRG vorgehe. Dieses Ăśbereinkommen enthalte
aber keine abschliessende Regelung des Rechts betreffend den Transport von
Gütern auf der Strasse, sondern sei bewusst lückenhaft konzipiert und beschränke
sich auf die Regelung wichtige Fragenkreise. FĂĽr die vorliegend zu beurteilende
Forderung enthalte die CMR keine Vorschriften, weshalb das schweizerische
Seite 4 — 17

Recht zur Anwendung gelange. Mit Bezug auf die streitige Frage, ob die Beklagte
der A. AG den Auftrag erteilt habe, nicht nur das bedruckte Papier zur Weiterver-
arbeitung nach Deutschland zu transportieren, sondern auch die fertig gestellten
BĂĽcher wieder in die Schweiz zurĂĽckzubringen, kam die Vorinstanz zum Schluss,
die X. habe der Klägerin entgegen ihrer Darstellung lediglich einen Exportauftrag
erteilt. Diese mache nun die im Rahmen der Zollabfertigung angefallenen Einfuhr-
abgaben geltend. Sie habe die Zollanmeldung korrekt vorgenommen und habe
infolge fehlender Anweisungen nicht davon ausgehen mĂĽssen, dass der Export
steuerfrei erfolgen sollte. Die Einfuhrsteuer sei veranlagt, vom Hauptzollamt Ulm in
Rechnung gestellt und von der Firma B. GmbH + Co. von der Klägerin eingefor-
dert worden. Die Aufwendungen der Klägerin seien aus der Sicht eines sorgfälti-
gen Beauftragten in gleicher Lage erforderlich gewesen, weshalb gemäss Art. 402
Abs. 1 OR ein Anspruch auf Auslagenersatz bestehe. Dem Einwand der Beklag-
ten, das Inkassorisiko für die veranlagten Steuern hätten beim Transporteur gele-
gen, der gestĂĽtzt auf sein Retentionsrecht die Auslieferung der Ware von der Be-
zahlung der Einfuhrumsatzsteuer hätte abhängig machen sollen, begegnete die
Vorinstanz mit dem Argument, eine Pflicht zur Geltendmachung des Retentions-
rechts bestehe nicht. Die Klägerin und die von dieser beauftragte B. GmbH + Co.
hätten keine Veranlassung gehabt, ein solches auszuüben. Die Beklagte habe
kein Inkassomandat erteilt, so dass kein Grund bestanden habe, bei Ablieferung
der Produkte direkte Bezahlung zu fordern und bei Weigerung ein Retentionsrecht
auszuüben. Die Klägerin habe bei dieser Sachlage Anspruch auf Ersatz der be-
zahlten Einfuhrumsatzsteuer.
2. a) Die Beklagte macht in ihrer BerufungsbegrĂĽndung geltend, ein Beleg
dafĂĽr, dass die Berufungsbeklagte den von der B. GmbH + Co. geltend gemachten
Betrag bezahlt und damit eine effektive Auslage gehabt habe, liege sowenig bei
den Akten wie ein Beleg, dass die B. GmbH + Co. die Einfuhrsteuer tatsächlich
habe bezahlen müssen. Auf sämtlichen Zahlungsbelegen sei ein Zahlungsauf-
schub bis zum 16. September 2003 vermerkt; aus den Akten ergebe sich also kei-
neswegs, ob die Steuer wirklich bezahlt worden sei und insbesondere sei nicht
ausgewiesen, dass dies durch die Berufungsbeklagte geschehen sei. Die Y. hält
diesem Einwand entgegen, die Beklagte habe diese Behauptung in den Rechts-
schriften des erstinstanzlichen Verfahrens nicht vorgebracht. Für alle Fälle lege sie
aber mit ihrer Berufungsantwort ein Bestätigungsschreiben ihrer Subunternehme-
rin ein, aus welchem sich ergebe, dass die Bezahlung beziehungsweise die Ab-
rechnung tatsächlich erfolgt sei.
Seite 5 — 17

Die mit der Berufungsantwort erfolgte Akteneinlage durch die Klägerin ist
unzulässig. Im Berufungsverfahren können nur vor der Vorinstanz fristgemäss an-
gemeldete und nicht abgenommene Beweise neu eingelegt werden. Dieser Fall
trifft bezüglich des Bestätigungsschreibens der B. GmbH + Co. vom 24. Oktober
2008 nicht zu, es handelt sich vielmehr um ein erst im Laufe des Berufungsverfah-
rens erstelltes Dokument, das folglich nicht mehr berĂĽcksichtigt werden kann und
aus dem Recht zu weisen ist. Die Klägerin ist auf die Einlage dieses Aktenstückes
aber ĂĽberhaupt nicht angewiesen. Die X. liess in ihrer Duplik unter Ziffer 13 aus-
führen: „Zwar hat letztendlich die Klägerin die Einfuhrumsatzsteuer beglichen. Sie
hat dabei aber keine Auslage für die Beklagte getätigt.“ Mit dieser Feststellung hat
die Beklagte die Bezahlung der Einfuhrumsatzsteuer durch die Klägerin ausdrück-
lich anerkannt. Gemäss Art. 156 Abs. 1 ZPO müssen aber die von einer Partei vor
Gericht zugestandenen Tatsachen nicht bewiesen werden. Damit ist jedenfalls
erstellt, dass die Y. die fragliche Steuer von umgerechnet Fr. 13'553.30 bezahlt
hat, ohne dass es eines zusätzlichen Beweises bedürfte; der Einwand der Beru-
fungsklägerin ist somit unbehelflich. Eine andere Frage ist, ob die Klägerin mit der
Bezahlung der Einfuhrumsatzsteuer eine Auslage fĂĽr die Beklagte oder jemanden
anders getätigt hat.
b)
Mit Bezug auf die Frage, ob die K. GmbH der A. AG gleichzeitig mit
dem Exportauftrag auch den Auftrag zur Wiedereinfuhr der in MĂĽnchen gebunde-
nen BĂĽcher erteilte, warf die Vorinstanz der Beklagten vor, sie habe die Verhand-
lungsmaxime verletzt, indem sie es entgegen der Vorschrift von Art. 118 ZPO ver-
säumt habe, den von ihr behaupteten Anspruch in den Rechtsschriften darzulegen
und zu beweisen. Die Berufungsklägerin wehrt sich zu Recht gegen diesen Vor-
wurf. Die Vorinstanz geht bei ihren diesbezüglichen Erwägungen von einem fal-
schen Begriff der Verhandlungsmaxime aus. Die Beklagte hat in den Rechtsschrif-
ten behauptet, einen Auftrag fĂĽr den Hin- und RĂĽcktransport gegeben zu haben,
wobei sie zum Beweis hierfür ihren Geschäftsführer E. anerbot. Damit ist sie ihrer
Substantiierungspflicht durchaus nachgekommen, und diese ist auch nicht ver-
letzt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der angebotene Beweis die aufge-
stellte Behauptung nicht zu stützen vermag. Die Vorinstanz hätte vielmehr, wenn
man ihrer Beweiswürdigung folgt, erwägen müssen, mangels rechtsgenüglicher
Beweise sei von der Sachlage auszugehen, dass die Beklagte der Klägerin Ende
Juli 2003 lediglich einen Exportauftrag erteilt habe. Auf die Beurteilung des vorlie-
genden Falles hat dieser Fehler der Vorinstanz jedoch keine Auswirkungen.
3. a) Die Parteien streiten sich darĂĽber, welches der Inhalt des von der X.
der A. AG erteilten Transportauftrages war. Die Klägerin stellt die Sache so dar,
Seite 6 — 17

dass sie im Sommer 2003 von der Beklagten den Auftrag erhalten habe, bedruck-
tes Papier von deren Firmensitz in H. und Umschläge von der Firma F. in G. ab-
zuholen und in die Gegend von MĂĽnchen zu transportieren. Die Auftraggeberin
macht hingegen geltend, der Auftrag habe nicht nur den Transport der losen Blät-
ter und Umschläge nach Deutschland umfasst, sondern auch den Rücktransport
der gebundenen BĂĽcher in die Schweiz. Es sei vereinbart worden, dass die A. AG
alle Formalitäten im Zusammenhang mit der Aus- und der Wiedereinfuhr und mit
dem Zoll erledigen sollte. Beide Parteien stĂĽtzen ihre Sachdarstellung in erster
Linie auf die Aussagen von Mitarbeitern, die Klägerin auf jene von D., Angestellter
in der Niederlassung Buchs SG, und die Beklagte auf jene ihres Geschäftsführers
E.. Diese beiden zum Zeugnis aufgerufenen Mitarbeiter der Parteien telefonierten
bezĂĽglich des auszufĂĽhrenden Transportes miteinander. - Es ist vorweg festzuhal-
ten, dass sich angesichts der Verbindungen dieser Personen mit den Parteien be-
zĂĽglich beider Zeugen eine gewisse ZurĂĽckhaltung rechtfertigt. E., der auch Ge-
sellschafter der X. ist, hat den fraglichen Auftrag an die damalige A. AG erteilt. D.
war zur relevanten Zeit Sachbearbeiter der Klägerin für Exporte nach Deutsch-
land; er hatte zudem, bevor er als Zeuge befragt wurde, bereits von den Zeugen-
fragethemata Kenntnis erhalten.
b) Das
Bezirksgericht
Plessur kam mit ĂĽberzeugenden Argumenten
zum Schluss, dass die X. der Klägerin Ende Juli 2003 lediglich einen Exportauf-
trag erteilt hat. Sie stellte zu Recht fest, dass E. die Frage, ob gleichzeitig mit dem
Auftrag, das bedruckte Papier nach Deutschland zu transportieren, die Klägerin
auch mit dem RĂĽcktransport beauftragt worden sei, nicht eindeutig beantwortete.
Tatsächlich blieb der Zeuge der Beklagten in seinen Aussagen recht unbestimmt.
Auf die konkrete Frage, ob er die Vertreter der A. AG darauf hingewiesen habe,
dass die Produkte lediglich zum Binden nach Deutschland zu ĂĽberfĂĽhren seien
und danach wieder in die Schweiz zurĂĽck gebracht werden mĂĽssten, verwies er
darauf, er habe D. von der A. AG in der weiter oben geschilderten Form in Kennt-
nis . An der fraglichen Stelle fĂĽhrte E. aus, die Ware habe zum Binden nach MĂĽn-
chen transportiert werden müssen, worauf der Rücktransport in die Schweiz hätte
erfolgen sollen. Der Auftrag habe zeitlich in etwa drei Wochen abgewickelt werden
müssen. Es fällt auf, dass E. nicht klipp und klar aussagte, er habe mit dem Ex-
portauftrag die Klägerin auch mit der Wiedereinfuhr beauftragt. Zwar liessen sich
seine Depositionen im Gesamtzusammenhang in diesem Sinne interpretieren,
doch stĂĽnden einer solchen Auslegung die klaren Aussagen des Zeugen D. ent-
gegen, der auf die entsprechende Frage die eindeutige Antwort gegeben hat, es
Seite 7 — 17

sei ihm nur der Exportauftrag erteilt worden, einen Auftrag zum RĂĽcktransport in
die Schweiz habe er nicht erhalten.
Nach den Aussagen von E. führte er das erste Telefongespräch mit der A.
AG nicht mit dem allein für Exporte nach Deutschland zuständigen D., sondern mit
einer anderen Person; er kann sich aber nicht mehr erinnern, mit wem dies war.
Es ist damit denkbar, dass E. im ersten Telefonat mit der unbekannten Person
einen Auftrag fĂĽr den Hin- und den RĂĽcktransport erteilt hatte, diese dann aber
fälschlicherweise den Auftrag an den einzig für den Export zuständigen D. weiter-
leitete. Möglich wäre aber auch, dass E. der fraglichen Person einzig den Auftrag
fĂĽr den Hintransport erteilt hatte, und diese daher den Auftrag an den hierfĂĽr zu-
ständigen D. weiterleitete. Welche der beiden Varianten zutrifft, ist nicht ausge-
wiesen. Insbesondere hat es die Beklagte aber unterlassen, die Angestellte aus-
findig zu machen, mit welcher das erste Telefongespräch stattgefunden haben
soll, und diese Person als Zeugin aufzurufen. Aus dem angeblichen ersten Tele-
fongespräch lassen sich somit hinsichtlich des Auftrages keine Erkenntnisse ge-
winnen.
Der Zeuge E. behauptet nun allerdings, dass er auch D. ĂĽber den Ablauf
des Auftrages, nämlich den Hin- und den Rücktransport, in Kenntnis gesetzt habe.
Dies wird jedoch von D. entschieden bestritten. Es stehen sich somit Aussage ge-
gen Aussage gegenüber, wobei angesichts der geschäftlichen Bindungen beider
Zeugen keiner Aussage ein entscheidend höheres Gewicht beigemessen werden
kann. Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass die beweispflichtige Be-
klagte mittels Zeugenbeweis nicht rechtsgenĂĽglich nachzuweisen vermochte, dass
sie der Klägerin auch einen Auftrag für den Rücktransport erteilt hatte. Die strittige
Frage ist daher anhand der weiteren Beweisurkunden zu prĂĽfen. Die Berufung
befasst sich im Zusammenhang mit dieser Frage allein mit den Zeugenaussagen
und äussert sich nicht zu den von der Vorinstanz gemachten Erwägungen über die
Beweiskraft der bei den Akten liegenden Urkunden. Die vom Bezirksgericht vor-
genommene BeweiswĂĽrdigung ist denn auch nicht zu beanstanden. In der Tat ist
im schriftlichen Transportauftrag vom 25. Juli 2003 mit keinem Wort die Rede da-
von, dass die nach MĂĽnchen zu transportierenden BĂĽcher irgendwann wieder in
die Schweiz zurĂĽck gebracht werden sollten. Auch die Tatsache, dass diesem Do-
kument eine Rechnung an die Empfängerin der Ware beigelegt war, sprach eher
dafĂĽr, dass es sich um die Lieferung von Material ging, das fĂĽr den Verbrauch in
Deutschland bestimmt war, und auch der auf dieser Rechnung enthaltene Hinweis
„MWST, Export steuerfrei“ musste von der Klägerin nicht dahin interpretiert wer-
den, dass die zu transportierende Ware von ihr wieder in die Schweiz zurĂĽckge-
Seite 8 — 17

bracht werden sollte. Dass der Abholauftrag vom 29. Juli 2003 und die Versand-
anzeige vom 30. Juli 2003 keinen Hinweis auf einen allfällige Rücktransport ent-
halten, ist naheliegend; diese Dokumente sind also fĂĽr die zu beurteilende Frage
bedeutungslos. Zusammengefasst ist damit festzustellen, dass die Beklagte den
ihr obliegenden Beweis dafĂĽr, dass sie zusammen mit dem Exportauftrag die A.
AG auch mit der WiedereinfĂĽhrung der verarbeiteten Ware beauftragt hat, nicht zu
erbringen vermochte. Es ist somit im Folgenden davon auszugehen, dass lediglich
ein Auftrag fĂĽr die Ausfuhr erteilt wurde. Wie sich noch herausstellen wird, spielt
es fĂĽr den Ausgang des Verfahrens letztlich jedoch keine Rolle, ob die A. AG le-
diglich mit dem Export oder gleichzeitig auch mit dem RĂĽcktransport der zu trans-
portierenden Produkte beauftragt worden ist.
4.
Die Vorinstanz hat sich eingehend mit der Frage auseinandergesetzt,
ob das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien als Speditionsvertrag oder als
Frachtvertrag zu qualifizieren ist. Mit ausfĂĽhrlicher und ĂĽberzeugender BegrĂĽn-
dung ist sie zum Schluss gekommen, dass ein Frachtvertrag vorliegt. Diese recht-
liche Qualifikation ist nach Auffassung des Kantonsgerichts nicht zu beanstanden
und sie wird auch in den Berufungsschriften zu Recht nicht bestritten, so dass sich
weitere AusfĂĽhrungen zu dieser Frage erĂĽbrigen.
5.
Die Y. AG stĂĽtzt ihre Auffassung, wonach die Beklagte fĂĽr die beim
Import des Frachtgutes nach Deutschland angefallenen Einfuhrabgaben hafte,
nachdem die Empfängerin der Ware nicht bereit gewesen sei, diese Kosten zu
ĂĽbernehmen, neben den gesetzlichen Bestimmungen ĂĽber den Frachtvertrag auch
auf die allgemeinen Bedingungen der SPEDLOGSWISS, also die Verbandsbe-
stimmungen des Verbandes schweizerischer Speditions- und Logistikunterneh-
men. Die Beklagte bestritt in ihrer Prozessantwort die Anwendbarkeit dieses priva-
ten Vertragswerks mit der BegrĂĽndung, die entsprechenden allgemeinen Ver-
bandsbestimmungen seien ihr nie ausgehändigt worden, und ein erster Hinweis
auf diese Bestimmungen sei erst nach AusfĂĽhrung des Auftrags in der Versand-
anzeige vom 8. August 2003 erfolgt. Die Vorinstanz fĂĽhrte dazu aus, D. habe als
Zeuge erklärt, er könne nicht sagen, dass er die Beklagte eigens auf die allgemei-
nen Bedingungen der SPEDLOGSWISS hingewiesen habe. Damit liege kein Be-
weis vor, dass bei der Auftragserteilung auf diese Bedingungen Bezug genommen
worden sei, weshalb diese nicht zur Anwendung gelangen könnten.
In der Berufung stellt sich die Beklagte nun auf den Standpunkt, die Kläge-
rin habe ihren Anspruch unter anderem unter Hinweis auf die allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen der SPEDLOGSWISS, und insbesondere gestützt auf Art. 30
Seite 9 — 17

derselben begrĂĽndet. Wenn sich die Y. AG also auf den Standpunkt stelle, dass
sie sämtliche Aufträge entsprechend dieser Bestimmungen handhabe, so habe sie
bei der Frage, wie sie den Auftrag verstanden habe, die entsprechenden Bestim-
mungen gegen sich gelten zu lassen, auch wenn diese Bedingungen nicht ĂĽber-
nommen worden seien. Die Klägerin hält dem in ihrer Berufungsantwort entgegen,
der Hinweis der Berufungsklägerin auf die SPEDLOGSWISS erfolge völlig zu Un-
recht. Erstens habe die Vorinstanz festgestellt, dass diese Bedingungen gerade
keine Anwendung fänden und im Übrigen habe die Berufungsklägerin diese offen-
sichtlich nicht richtig verstanden.
Die X. verhält sich in dieser Frage widersprüchlich. Sie hat im vorinstanzli-
chen Verfahren die Anwendbarkeit der fraglichen Bestimmungen gänzlich bestrit-
ten und will diese nun im Berufungsverfahren - allerdings nur hinsichtlich der Klä-
gerin und nur soweit es ihr nach ihrer Auffassung zum Vorteil gereicht - gelten las-
sen. Dieses Vorgehen stellt ein „venire contra factum proprium“, das heisst ein
gegen Treu und Glauben verstossendes Verhalten dar, das keinen Rechtsschutz
verdient. Bestritt die Beklagte die Anwendbarkeit dieser Verbandsbestimmungen,
weil ihr diese nicht zur Kenntnis gebracht worden seien, und stĂĽtzte das erstin-
stanzliche Gericht aufgrund der Zeugenaussagen diese Behauptung, so ist es
treuwidrig, im Berufungsverfahren einen teilweise anderen Standpunkt einzuneh-
men. Es bleibt also dabei, dass die Bestimmungen der SPEDLOGSWISS nicht
anwendbar sind, womit auf die unterschiedliche Meinung der Parteien ĂĽber den
Inhalt der Art. 28 ff. nicht weiter eingegangen werden muss. Ob seitens der Kläge-
rin Anspruch auf Auslagenersatz besteht, beurteilt sich - wie dies die Vorinstanz
getan hat - allein nach Art. 402 Abs. 1 OR.
6. a) Als Auslage im Sinne von Art. 402 Abs. 1 OR gilt der Geldaufwand
des Beauftragten. Es handelt sich um eine freiwillige Vermögensentäusserung, die
der Beauftragte zum Zwecke der AuftragserfĂĽllung auf sich nimmt oder die sich
als notwendige Folge der Geschäftsführung ergibt (Walter Fellmann, Berner
Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, N. 15 zu Art. 402 OR). Auch wenn
der Gesetzestext von Auslagenersatz nur bei richtiger AusfĂĽhrung des Auftrages
spricht, hält Fellmann unter Hinweis auf die Judikatur und Literatur fest, dass dies-
bezüglich grundsätzlich kein Zusammenhang bestehe; der Auslagenersatz sei
also nicht „von gehöriger Leistung abhängig“. Der Beauftragte habe vielmehr An-
spruch auf die Aufwendungen, die er nach den Umständen als geboten habe er-
achten dĂĽrfen (N. 37). Massgebend sei, ob die Auslagen zur AusfĂĽhrung des Auf-
trags erforderlich gewesen seien. Dies richte sich danach, was der Beauftragte in
seiner Lage bei pflichtgemässer, sorgfältiger und vernünftiger Überlegung unter
Seite 10 — 17

Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände ( ) objektiv für erforderlich halten
dĂĽrfe (N. 41). Das Bezirksgericht hat sich unter Hinweis auf Fellmann zu diesen
Fragen mit eingehenden Erwägungen, auf die - um Wiederholungen zu vermeiden
- gemäss Art. 229 Abs. 3 ZPO verwiesen werden kann, geäussert. Letztlich geht
es um die Frage einer allfälligen Sorgfaltspflichtverletzung durch die Klägerin.
b)
Die Beklagte misst dem auf der Rechnung an die Buchbinderei C.
enthaltenen Vermerk „Export steuerfrei“ ein erhebliches Gewicht bei. In der Duplik
fĂĽhrte sie dazu aus, sie habe durch diesen Hinweis klar zum Ausdruck gebracht,
dass sie nicht gewillt sei, die Einfuhrumsatzsteuer zu ĂĽbernehmen. Folglich habe
die Klägerin dafür zu sorgen gehabt, dass sie diese Steuer von der Firma C.
GmbH erlange. Sie trage das Risiko, wenn sie die Ware abliefere, ohne sich vor-
her die Steuer von der Empfängerin bezahlen zu lassen. Damit seien ihr die Kos-
ten nicht in richtiger AusfĂĽhrung des Auftrags entstanden. Mit diesen Bemerkun-
gen geht die X. zu Recht selbst davon aus, dass beim Export von Ware nach
Deutschland eine Einfuhrumsatzsteuer erhoben wird. Abgesehen davon, dass es
nun nicht an der Beklagten lag zu bestimmen, dass die Exportware steuerfrei zu
behandeln war, da diesbezĂĽglich die deutsche (Zoll-)Gesetzgebung massgebend
ist, hat die Beklagte den Vermerk „Export zollfrei“ offensichtlich selbst nicht dem
Wortsinn nach verstanden. Damit ist festzuhalten, dass gemäss Duplik auch die X.
davon ausging, dass auf der Exportware eine Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten
war.
Mit einer schwer nachvollziehbaren Argumentation versuchte die Beklagte
vor erster Instanz darzulegen, dass der Ausdruck „Export steuerfrei“ in dem Sinne
zu verstehen gewesen sei, dass die Steuer von der Buchbinderei C. als Empfän-
gerin der Ware zu bezahlen gewesen sei und dass dies auch die B. GmbH + Co.
so verstanden habe, da sie bei der Einfuhr der Ware am Zoll die Buchbinderei C.
als Anmelderin und damit als Steuerschuldnerin angegeben habe. Allein aus der
Anmeldung kann nun aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ge-
schlossen werden, dass damit auch für die Klägerin beziehungsweise deren Sub-
unternehmerin klar gewesen ist, dass die Firma C. die Einfuhrumsatzsteuer zu
bezahlen hatte. Dies allein schon deshalb, weil nach der zutreffenden Feststellung
der Vorinstanz gemäss Art. 64 des Zollkodex der Anmelder in der Europäischen
Gemeinschaft ansässig sein muss. Die Auslegung der Beklagten bezüglich des
Begriffs „Export steuerfrei“ krankt an ihrer widersprüchlichen Argumentation. Ge-
mäss ihrer Version will sie den Auftrag für den Hin- und den Rücktransport der
Waren (nach der „Veredelung“) erteilt haben. In einem solchen Fall wird aber - wie
die Beklagte selbst moniert - gar keine Einfuhrumsatzsteuer erhoben. Werden die
Seite 11 — 17

Waren nicht in den Wirtschaftskreislauf der EG eingespiesen, sondern nach der
„Veredelung“ wieder aus der EG ausgeführt, werden sie nicht in das ordentliche
Zollverfahren ĂĽberfĂĽhrt, sondern in eines der ĂĽbrigen Zollverfahren. Ein solches
wird gewählt, um zum Beispiel keine oder geringere Abgaben zu zahlen. In sol-
chen Fällen wird eine Bewilligung vorausgesetzt, wobei die Zollanmeldung nur
vom Bewilligungsinhaber selbst oder fĂĽr dessen Rechnung abgegeben werden
kann. Als Bewilligungsinhaber ist wohl der Exporteur, im vorliegenden Fall also die
Beklagte gemeint.
Die Beklagte argumentiert also auch in diesem Punkt wiederum wider-
sprĂĽchlich, wenn sie sich einerseits auf den Standpunkt stellt, sie habe einen Auf-
trag fĂĽr den Hin- und den RĂĽcktransport erteilt, womit auch die Lieferung nach
Deutschland von der Einfuhrumsatzsteuer befreit worden wäre, und andererseits
behauptet, mit dem Vermerk „Export steuerfrei“ habe sie zum Ausdruck gebracht,
dass diese Steuer nicht von ihr, sondern von der Firma C. zu bezahlen sei. In
Wirklichkeit konnte die Bemerkung „MWST, Export steuerfrei“ nicht als Hinweis
darauf verstanden werden, dass keine Abgaben an den deutschen Fiskus oder die
deutsche Zollbehörde zu entrichten seien. Bei diesem Vermerk handelte es sich
doch offensichtlich um eine die schweizerische Mehrwertsteuer betreffende Fest-
stellung, welche besagte, dass auf der zu exportierenden Ware keine Mehrwert-
steuer geschuldet war. Mit dem deutschen Recht hat der Hinweis also nichts zu
tun.
c)
Wie durfte und musste nun die Klägerin den ihr von der X. erteilten
Auftrag verstehen Wie oben dargestellt, ergibt sich aus dem Beweisergebnis,
dass die Klägerin einzig von einem Exportauftrag ausgehen durfte und musste.
Damit stellt sich die Frage, ob sie bei dem von ihr so verstandenen Auftrag den ihr
obliegenden Sorgfaltspflichten nachgekommen ist. Dass bei blossem Export von
Waren nach Deutschland eine Einfuhrumsatzsteuer erhoben wird, musste der A.
AG als professioneller FrachtfĂĽhrerin bekannt sein. Ebenso musste sie wissen,
wie in solchen Fällen beim Zoll verfahren wird und welche rechtlichen Möglichkei-
ten ihr beim Vorschuss der Steuer gegenüber dem Empfänger der Ware zur Ver-
fügung stehen. Die von der Klägerin mit dem Transport beauftragte Firma B.
GmbH + Co. gab beim Zoll als Anmelderin die Buchbinderei C. GmbH an. Dies
war richtig so, weil diese Firma in der EG ansässig ist. Wie sich aus dem Steuer-
bescheid vom 1. August 2003 ergibt, wurde die Firma C. als Anmelderin Schuld-
nerin der Einfuhrabgaben. Auch dies musste der Klägerin bekannt sein. Entsteht
mit der Annahme der Zollanmeldung eine Abgabeschuld, so dĂĽrfen die Waren
dem Anmelder nach Art. 74 des Zollkodex erst ĂĽberlassen werden, wenn die Ab-
Seite 12 — 17

gabeschuld entrichtet beziehungsweise durch Hinterlegung einer Sicherheit abge-
deckt wurde. Damit die Ware der Firma C. als Anmelderin zugefĂĽhrt werden konn-
te, hat die Firma B. GmbH + Co. am Zoll die Steuer offenbar selbst vorschusswei-
se bezahlt und alsdann die Rechnung der Firma C. GmbH zugestellt. Es scheint
ein branchenĂĽbliches Vorgehen zu sein, dass die FrachtfĂĽhrerin am Zoll die Steu-
erabgaben bevorschusst; von dieser Ăśbung musste die A. AG Kenntnis haben.
d)
Die Beklagte wirft der Klägerin beziehungsweise deren Subunter-
nehmerin nun vor, sie habe sich eine Sorgfaltspflichtverletzung zuschulden kom-
men lassen, indem sie von dem ihr zustehenden Retentionsrecht keinen Ge-
brauch gemacht habe. Die Y. AG bringt dagegen vor, es handle sich bei diesem
Rechtsinstitut um ein Recht und nicht um eine Pflicht. Dieser Einwand ĂĽberzeugt
allerdings nicht. Wenn die Frachtfirma von diesem Recht, dessen AusĂĽbung zur
Sorgfaltspflicht gehört, keinen Gebrauch machen will, so trägt sie auch das Risiko
hierfĂĽr. Das Bezirksgericht befasste sich mit der von der Beklagten aufgeworfenen
Frage des dem Transporteur gemäss Art. 451 OR zustehenden Retentionsrecht,
ging dann aber sogleich auf die AusfĂĽhrungen von Staehelin zur Nachnahme ĂĽber
(Basler Kommentar, N. 5 und 6 zu Art. 451 OR) und hielt fest, dass in den Akten
keine Hinweise vorlägen, dass betreffend Zollkosten eine Nachnahme vereinbart
worden sei. Daraus schliesst sie, dass kein Inkassomandat erteilt worden sei, so
dass für die Klägerin beziehungsweise die B. GmbH + Co. keine Veranlassung
bestanden habe, bei der Ablieferung der Produkte direkte Bezahlung zu fordern
und bei Nichtbezahlung ein Retentionsrecht - bei dem es sich um ein Recht und
nicht um eine Pflicht handle - auszuĂĽben.
Die Vorinstanz verkennt mit dieser Argumentation, dass es sich beim Re-
tentionsrecht und bei der Nachnahme um zwei verschiedene Institute handelt,
auch wenn diese in der praktischen Auswirkung identisch sind. Dem Inhalt nach
bezieht sich das Retentionsrecht nur auf eine auf dem Frachtgut haftende Forde-
rung des FrachtfĂĽhrers, also Transport- und Zollkosten. Die Nachnahme kann
demgegenüber weitere Kosten umfassen. Beschränkt sie sich auf Transport- und
Zollkosten, liegt eine so genannte Kostennachnahme vor, fĂĽr die dem FrachtfĂĽh-
rer ohne weiteres auch das Retentionsrecht zusteht (Staehelin, a.a.O. N. 1 zu Art.
451 OR). Aus dem Umstand, dass die Parteien keine (Kosten-)Nachnahme ver-
einbart haben, ist nun aber nicht zu schliessen, dass die Klägerin daher auch nicht
gehalten war, vom Retentionsrecht Gebrauch zu machen, setzt doch dessen Aus-
ĂĽbung keineswegs voraus, dass der Absender und der FrachtfĂĽhrer eine Nach-
nahme vereinbart haben. Die Frage ist also, ob die Klägerin beziehungsweise die
Subunternehmerin bei sorgfältiger Ausübung des Auftrages nicht das Retentions-
Seite 13 — 17

recht hätte ausüben müssen, auch wenn keine Kostennachnahme vereinbart wor-
den ist.
7. a) Gemäss Art. 444 Abs. 1 OR hat der Frachtführer unter anderem
dann, wenn die Zahlung der auf dem Frachtgut haftenden Forderung nicht geleis-
tet wird, den Absender hievon zu benachrichtigen und inzwischen das Frachtgut
auf Gefahr und Kosten des Absenders aufzubewahren oder bei einem Dritten zu
hinterlegen. Nach Art. 446 OR hat der FrachtfĂĽhrer bei AusĂĽbung der ihm in Be-
zug auf die Behandlung des Frachtgutes eingeräumten Befugnisse die Interessen
des Eigentümers bestmöglich zu wahren, und er haftet bei Verschulden für Scha-
denersatz. Bestreitet der Empfänger die auf dem Frachtgut haftende Forderung,
so kann er die Ablieferung nur verlangen, wenn er den streitigen Betrag amtlich
hinterlegt (Art. 451 Abs. 1 OR). Der FrachtfĂĽhrer hat also insoweit ein Retentions-
recht; ein solches steht ihm fĂĽr Transport- und Zollkosten zu (Staehelin, a.a.O. N.
6 Zu Art. 451 OR). Das Retentionsrecht bezieht sich jeweils auf eine auf dem
Frachtgut haftende Forderung des FrachtfĂĽhrers. Mit der Bezahlung der Ein-
fuhrumsatzsteuer durch die Firma B. GmbH + Co. hat diese somit eine Forderung
gegenĂĽber der C. GmbH als Steuerschuldnerin erworben, wobei ihr hierfĂĽr das
Frachtgut haftete. Hat der Absender die Frachtkosten nicht im Voraus bezahlt,
wird der FrachtfĂĽhrer solche Kosten als Teil der frachtvertraglichen Verpflichtun-
gen beim Empfänger beziehen wollen. Weigert sich dieser, diese Kosten zu zah-
len, so ist die fĂĽr die Ablieferung gesetzte Bedingung nicht erfĂĽllt, womit der
FrachtfĂĽhrer nicht abliefern darf. Tut er es dennoch, so auf eigenes Risiko
(Staehelin, a.a.O. N. 3 zu Art. 444 OR).
Bei Annahme- oder Zahlungsverweigerung liegt ein so genanntes Abliefe-
rungshindernis vor. In einem solchen Fall hat der Frachtführer zunächst den Ab-
sender zu benachrichtigen und dessen Weisungen einzuholen; eine Ablieferung
darf vorerst nicht erfolgen. Gleichzeitig hat der FrachtfĂĽhrer bis zum Erhalt der
Weisungen des Absenders das Frachtgut selbst aufzubewahren oder er hat die-
ses bei einem Dritten zu hinterlegen (Staehelin, a.a.O. N. 3 und 5 zu Art. 444 OR).
b)
Wie oben dargelegt wurde, ging die Klägerin im Gegensatz zur Be-
klagten von Anfang an davon aus, dass sie lediglich einen Auftrag zum Export der
Ware nach Deutschland erhalten hatte; diese Darstellung wurde durch das Be-
weisverfahren bestätigt. Will die Klägerin aber nicht auch mit dem Rücktransport
der Ware in die Schweiz beauftragt worden sein, musste sie wissen, dass beim
Import des Frachtgutes nach Deutschland eine Einfuhrumsatzsteuer zu bezahlen
war. Ebenso musste ihr bekannt sein, dass auf dem Zollpapier die Firma C. GmbH
Seite 14 — 17

als in Deutschland ansässige Firma als Anmelderin anzugeben war. Dies hat die
Transportunternehmer B. GmbH + Co. als Subunternehmerin der Klägerin denn
auch richtigerweise getan. Schliesslich musste die A. AG auch wissen, dass die
Anmelderin, und damit also die Firma C. GmbH, als Steuerschuldnerin galt. Ob
sich dies auch aus dem auf der Rechnung angebrachten Vermerk „Export steuer-
frei“ ergab, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.
Mit der Bezahlung der Einfuhrumsatzsteuer am Zoll hat die Firma B. GmbH
+ Co. somit eine Steuerschuld der C. GmbH beglichen, womit dieser gegenĂĽber
eine Forderung entstand, fĂĽr die das Frachtgut haftete. Ob die Transportunter-
nehmung vor der Ablieferung des Frachtgutes an die Buchbinderei C. von dieser
die Zahlung der Steuer verlangte und die Empfängerin die Zahlung verweigerte,
oder ob die B. GmbH + Co. bei der Ablieferung der Ware die Steuer gar nicht ein-
verlangte und diese erst später mittels Rechnung einzufordern versuchte, geht aus
den Akten nicht hervor. Wie es sich damit verhält, kann allerdings offen bleiben,
da sich die B. GmbH + Co. in beiden Fällen Sorgfaltspflichtverletzungen zuschul-
den kommen liess, und zwar im ersten Fall, weil sie die Beklagte als Absenderin
nicht benachrichtigte und von ihr keine Weisungen einholte, sondern die Ware
ohne diese RĂĽckfrage ablieferte und es zudem unterliess, von ihrem Retentions-
recht Gebrauch zu machen, und im zweiten Fall, weil sie der Firma C. die Ware
auslieferte, ohne von ihr vorgängig die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer zu ver-
langen.
Diese Sorgfaltspflichtverletzungen werden entgegen der Auffassung der
Vorinstanz nicht dadurch behoben, dass die Parteien keine Nachnahme vereinbart
haben. Die gesetzlichen Rechte und Pflichten des Frachtführers gemäss Art. 444
OR gelten unabhängig von einer solchen Vereinbarung. Diesen Pflichten ist die
Subunternehmerin B. GmbH + Co. offensichtlich nicht nachgekommen. Indem sie
die Einfuhrumsatzsteuer selbst bezahlt und bei der Ablieferung der Ware das Re-
tentionsrecht nicht ausgeĂĽbt hat, hat sie auf eigenes Risiko gehandelt.
c)
Zusammenfassend kann somit auf Grund der oben angestellten Er-
wägungen festgestellt werden, dass es letztlich für die Frage, ob die X. für den
Auslagenersatz im Sinne von Art. 402 Abs. 1 OR aufzukommen hat, keine Rolle
spielt, ob die Beklagte der A. AG einen Auftrag bloss fĂĽr den Hintransport von
bedrucktem Papier nach Deutschland oder zugleich auch einen solchen fĂĽr den
RĂĽcktransport der durch die Buchbinderei zu erstellenden HandbĂĽcher erteilt hat.
Hätte die Berufungsklägerin der A. AG einen Auftrag für den Hin- und Rücktrans-
port erteilt, wäre eine Einfuhrumsatzsteuer entfallen und es hätte die Klägerin we-
Seite 15 — 17

gen falscher AuftragserfĂĽllung (nur Export) die Zollpapiere falsch deklariert und
damit die Steuer ausgelöst. In dieser fehlerhaften Auftragserfüllung läge eine klare
Sorgfaltspflichtverletzung. Nimmt man hingegen an, die Klägerin habe von einem
blossen Exportauftrag ausgehen dĂĽrfen, so ist ihr vorzuwerfen, dass ihr bekannt
sein musste, dass dadurch eine Einfuhrumsatzsteuer anfiel und sie wissen muss-
te, welche Schritte in solchen Fällen vorzukehren sind. Auch die Unterlassung der
sich in diesem Falle aufdrängenden Vorkehren stellt eine klare Sorgfaltspflichtver-
letzung dar. Das Kantonsgericht kommt damit zum Schluss, dass die Berufung
gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen ist.
II.
Ist die Berufung gutzuheissen und die Klage abzuweisen, gehen die
Kosten aller Instanzen zu Lasten der Klägerin, welche die Beklagte ausseramtlich
angemessen zu entschädigen hat. Im Zusammenhang mit der Festsetzung der
aussergerichtlichen Entschädigung ist zu bemerken, dass die Vorinstanz die von
der Klägerin eingereichte Honorarnote von Fr. 11'515.-- durch Reduktion des gel-
tend gemachten Stundenansatzes von 350 Franken auf 220 Franken einschliess-
lich Barauslagen und Mehrwertsteuer auf Fr. 8'021.75 gekĂĽrzt hat. Die Honorarno-
te des Anwalts der Beklagten belief sich vor erster Instanz auf Fr. 9'405.60, wobei
ein Stundenansatz von 220 Franken berechnet und im Gegensatz zur Gegenpar-
tei auch ein Interessenwertzuschlag von 650 Franken erhoben worden war, was
nicht zu beanstanden ist. Das Kantonsgericht sieht keine Veranlassung, das von
Rechtsanwalt Just geltend gemachte Honorar auf die von der Vorinstanz der Klä-
gerin zugesprochene aussergerichtliche Entschädigung zu reduzieren. Unter Be-
rĂĽcksichtigung eines angemessenen Aufwandes fĂĽr das Berufungsverfahren er-
scheint damit für beide Instanzen zusammen eine Parteientschädigung von insge-
samt 12'500 Franken angemessen.
Seite 16 — 17

Demnach erkennt die Zivilkammer:
1.
Die Berufung wird gutgeheissen und das angefochtene Urteil wird aufgeho-
ben.
2.
Die Klage wird abgewiesen.
3.
Die Kosten des Kreisamtes H. von Fr. 300.-- und des Bezirksgerichts Ples-
sur von Fr. 5'906.50 sowie die Kosten des Berufungsverfahrens, bestehend
aus einer GerichtsgebĂĽhr von Fr. 5'000.-- und einer SchreibgebĂĽhr von Fr.
288.--, total somit Fr.5'288.--, gehen zu Lasten der Y. AG, die zudem die X.
fĂĽr beide Instanzen ausseramtlich mit insgesamt Fr. 12'500.-- (inkl. MWST)
zu entschädigen hat.
4.
Gegen vorliegende, einen Streitwert von weniger als 30'000 Franken betref-
fende Entscheidung kann gemäss Art. 72 und Art. 74 Abs. 2 lit. a des Bun-
desgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde an das Schweizerische Bundes-
gericht geführt werden, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung stellt. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht schriftlich, innert
30 Tagen sei Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung, in
der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die
Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen
und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff., und Art.90
ff. BGG.
5. Mitteilung
an:
__________
FĂĽr die Zivilkammer des Kantonsgerichts von GraubĂĽnden
Der Vizepräsident:
Der Aktuar ad hoc:


Seite 17 — 17

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurĂĽck zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz