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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:ZF-05-28
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZF-05-28 vom 04.10.2005 (GR)
Datum:04.10.2005
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung aus Baurechtsvertrag
Schlagwörter : Baurecht; Vertrag; Baurechts; Unterbaurecht; Trags; Bodenwert; Vertrags; Mindestzins; Baurechtszins; Teien; Partei; Zinsfuss; Parteien; Unterbaurechtszins; Hungsweise; Denwertes; Zinssatz; Bodenwertes; Rechtsverträge; Mindestzinssatz; Vereinbart; Rechtszinses; Berufung; Klagte; Zinssatz; Unterbaurechtsverträge; Nebst; Grenze; Bezahlt
Rechtsnorm: Art. 11 OR ; Art. 115 OR ; Art. 12 OR ; Art. 122 ZPO ; Art. 18 OR ; Art. 181 ZPO ; Art. 2 ZGB ; Art. 229 ZPO ; Art. 779a ZGB ;
Referenz BGE:106 II 146; 123 III 97; 130 III 71;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden

Tribunale cantonale dei Grigioni

Dretgira chantunala dal Grischun
___________________________________________________________________________________________________

Ref.:
Chur, 04. Oktober 2005
Schriftlich mitgeteilt am:
ZF 05 28

Urteil
Zivilkammer
Vorsitz Vizepräsident
Schlenker
RichterInnen Rehli,
Sutter-Ambühl, Tomaschett-Murer und Vital
Aktuarin Mosca
——————
In der zivilrechtlichen Berufung
der X., Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Ot-
mar Kurath, Wilerstrasse 21, 8570 Weinfelden,

gegen

das Urteil des Bezirksgerichtes Plessur vom 19. Oktober 2004, mitgeteilt am 14.
April 2005, in Sachen der Klägerin und Berufungsklägerin gegen Y., und Z., Be-
klagte und Berufungsbeklagte, beide vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Erich
Vogel, c/o Anwaltsbüro Janett, Schulstrasse 1, 7302 Landquart,
betreffend Forderung aus Baurechtsvertrag,
hat sich ergeben:



2


A.
a)
A. war Eigentümer des Grundstücks Nr. 6408, Grundbuch C.,
einem Lagerplatz von 1'565.8 m2 Fläche. Mit Baurechtsvertrag vom 6. April 1981
räumte A. B. ein selbständiges und dauerndes Baurecht für die Dauer von 70 Jah-
ren bis 2051 ein. Der Vertrag regelte in Art. 14 wie sich der Baurechtszins und
seine Untergrenze bis 2051 bestimmen sollten. Das Baurecht wurde am 10. April
1981 als Grundstück-Nr. 5863 im Grundbuch der C. eingetragen. Infolge Erbgangs
übernahm X. am 24. Juli 1991 das Eigentum an der Liegenschaft Nr. 6408 und trat
als Baurechtsgeberin in die Rechte und Pflichten des Baurechtsvertrages mit B.
vom 6. April 1981 ein.
b)
Am 8. März 1984 belastete B. sein Baurechtsgrundstück wiederum
mit je zwei selbständigen und dauernden Unterbauchrechten. Eines zu Gunsten
der D. über eine Teilfläche von 742 m2, das andere zu Gunsten der E. über eine
Teilfläche von 842 m2. Die beiden Unterbaurechte wurden am 8. März 1984 zu
Lasten des verselbständigten Baurechtsgrundstückes Nr. 5863 wiederum als
selbständige Grundstücke Nr. 5882 und Nr. 5885 im Grundbuch der C. eingetra-
gen. In Art. 10 der Unterbaurechtsverträge wurde der konkrete Bodenwert „vorläu-
fig bis zum 6. April 1991“ mit Fr. 156'252.60 (E.) beziehungsweise Fr. 140'737.35
(D.) beziffert. Absatz 2 regelt sodann, wie man anhand des Bodenwertes und des
jeweiligen Zinssatzes der Graubündner Kantonalbank den Baurechtszins ermittelt.
Nämlich, indem der jeweilige Bodenwert zum „jeweiligen Zinsfuss der Graubünd-
ner Kantonalbank für Neuhypotheken im ersten Rang auf Gewerbeliegenschaften
unter Berücksichtigung des vereinbarten Mindestbetrages verzinst“ wird. Die Par-
teien hielten fest, dass der Zins bei Vertragsabschluss 5.25% betrage, was einen
Unterbaurechtszins von jährlich Fr. 8'203.30 (E.) beziehungsweise Fr. 7'388.70
(D.) ergebe. Nach Abs. 3 des Art. 10 gilt der vereinbarte Unterbaurechtszins als
Mindestansatz und erfährt bei einer Senkung des Zinsfusses unter 5.25% keine
Reduktion. Erhöht sich der von der Graubündner Kantonalbank für die vorgenann-
te Kategorie von Hypotheken berechnete Zinssatz, so wird der Unterbaurechtszins
auf der Basis des neuen Zinsfusses neu festgesetzt. Gemäss Abs. 4 des Art. 10
wird der Bodenwert der Unterbaurechtsparzelle nach Ablauf von 10 Jahren für
eine weitere Periode von zehn Jahren aufgrund der dannzumaligen Bodenwert-
verhältnisse von den Parteien neu festgesetzt.
c)
Gemäss den Unterbaurechtsverträgen (Art. 10 und 15) war auf den
6. April 1991 der Bodenwert neu festzulegen. Da sich die damaligen Parteien nicht
einigen konnten, wurde gemäss Art. 16 der Unterbaurechtsverträge ein Schieds-
verfahren zur Klärung dieser Frage eingeleitet. Mit Verfügung vom 13. Juli 1994



3


setzte das Schiedsgericht den Bodenwert der Parzelle Nr. 6408 auf Fr. 421'200.--
fest. Im Verhältnis der jeweiligen Bodenflächen belief sich dieser Wert für das Un-
terbauchrecht Nr. 5885 E. auf Fr. 221'602.-- und für das Unterbaurecht Nr. 5882
D. auf Fr. 199'598.--.
d)
Am 21. September 1995 verkaufte die E. ihr selbständiges und dau-
erndes Unterbaurecht Nr. 5885 an Y..
e)
1994 geriet B. mit der Zahlung der Baurechtszinsen in Verzug. Im
September 1995 wurde über ihn der Konkurs eröffnet. Im Zuge der konkursamtli-
chen Verwertung der Aktiven kam es 1997 zum Heimfall des Baurechtes Nr. 5863
von B. an X.. Letztere, als Grundeigentümerin von Parzelle Nr. 6408, wurde damit
gleichzeitig auch Inhaberin des darauf lastenden Baurechts Nr. 5863. Damit trat
sie als Baurechtsgeberin in das direkte Verhältnis zu den Unterbaurechtsnehmern
D. und Y..
f)
Am 10. Dezember 1998 wurde über die D. der Konkurs eröffnet. Z.
erwarb in der Folge das selbständige Baurecht Nr. 5882 durch Freihandverkauf
auf den 1. Mai 2000.
g)
Nach Art. 10 der Unterbaurechtsverträge war auf den 1. April 2001
für eine weitere Periode von zehn Jahren der Bodenwert neu festzulegen. Der
Verkehrswert der Baurechtsparzelle wurde von einer Expertin auf Fr. 556'000.--
beziffert. Mit Schreiben vom 24. und 28. September 2001 anerkannten Y. bezie-
hungsweise Z. den neu vorgeschlagenen Bodenwert von Fr. 556’000.--. Auf Z.
entfiel neu ein Bodenwert von Fr. 263’443.20 und auf Y. ein solcher von Fr.
292'556.80. Darauf entstand jedoch ein Streit, wie die in Art. 10 der Unterbau-
rechtsverträge geregelte Untergrenze des Unterbaurechtszinses ermittelt werden
muss.
B.
Nachdem sich die Parteien nicht einigen konnten, liess X. am 2. Juli
2003 eine Klage mit folgenden Rechtsbegehren beim Vermittleramt des Kreises C.
anhängig machen:
„1. Der Beklagte 1 (Z.) sei zu verpflichten, der Klägerin Fr. 1'815.80 nebst
5 % Zins seit dem 30.06.2002 zu bezahlen.

Der Beklagte 2 (Y.) sei zu verpflichten, der Klägerin Fr. 27'652.-- nebst
5 % Zins seit dem 30.06.2002 zu bezahlen.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen inklusive 7.6% MWSt.“



4


Anlässlich der Vermittlungsverhandlung vom 21. August 2003 liessen Z.
und Y. die kostenfällige Abweisung der Klage beantragen. Der Leitschein wurde
am 25. August 2003 ausgestellt.
C.
Mit Prozesseingabe vom 12. September 2003 prosequierte X. ihre
Klage an das Bezirksgericht Plessur. Sie reduzierte ihre Forderung gegenüber Y.
aufgrund eingegangener Zahlungen von Fr. 27'652.-- nebst Zins auf Fr. 16'018.--
nebst 5% Zins seit dem 30.06.2002. Die Klage gegenüber Z. blieb unverändert. Z.
und Y. liessen mit Prozessantwort vom 18. November 2003 die kostenfällige Ab-
weisung der Klage beantragen.
D.
Anlässlich der Hauptverhandlung vor Bezirksgericht Plessur vom 19.
Oktober 2004 reduzierte X. ihre Klage um die auf den 5. September 2003 einge-
gangene Zahlung von Y. für den Unterbaurechtszins für das 2. Semester 2003 in
Höhe von Fr. 5'817.-- auf Fr. 10'201.-- nebst 5% Zins seit 30. Juni 2002.
E. Mit Urteil vom 19. Oktober 2004, mitgeteilt am 14. April 2005, erkannte
das Bezirksgericht Plessur:
„1. Die Klage gegen Z. wird abgewiesen.
2. Die Klage gegen Y. wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Kreisamtes C. von Fr. 250.-- sowie die Kosten des Be-
zirksgerichtes Plessur von Fr. 4'580.-- (Gerichtsgebühren Fr. 4'500.--,
Barauslagen Fr. 80.--) gehen zu Lasten der Klägerin. Die Gerichtskos-
ten werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

4. Die Klägerin hat die Beklagten ausseramtlich mit Fr. 9'151.40 zu ent-
schädigen.
5. (Mitteilung)“
F.
Dagegen liess X. am 6. Mai 2005 Berufung an das Kantonsgericht
von Graubünden erklären. Sie beantragt:
„1. Das angefochtene Urteil sei aufzuheben,
2. statt dessen sei der Beklagte 1 zu verpflichten, der Klägerin Fr.
1'815.80 nebst 5% Zins seit dem 30. Juni 2002 zu bezahlen.
3. statt dessen sei der Beklagte 2 zu verpflichten, Fr. 10'201.-- nebst 5%
Zins seit dem 30. Juni 2002 zu bezahlen.
4. statt dessen seien die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ange-
messen festzusetzen, den Beklagten aufzuerlegen und die Klägerin
sei für dieses Verfahren angemessen ausseramtlich zu entschädigen.“




5


G.
An der mündlichen Berufungsverhandlung vom 4. Oktober 2005 vor
Kantonsgericht waren die beiden Rechtsvertreter Rechtsanwalt lic. iur. Otmar Ku-
rath und Rechtsanwalt lic. iur. Erich Vogel anwesend. X. liess ihre schriftlichen
Berufungsanträge bestätigen. Z. und Y. liessen die kostenfällige Abweisung der
Berufung beantragen. Rechtsanwalt lic. iur. Otmar Kurath und Rechtsanwalt lic.
iur. Erich Vogel gaben überdies von ihren Vorträgen im Sinne von Art. 51 Abs. 1
lit. b OG schriftliche Ausführungen zu den Akten.
Auf die Begründung der Anträge sowie auf das angefochtene Urteil wird,
soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.


Die Zivilkammer zieht in Erwägung :
1.
Y. und Z. haben mit Kaufverträgen vom 21. September 1995 bezie-
hungsweise 8. Mai 2000 jeweils ein selbständiges und dauerndes Unterbaurecht
am Grundstück Nr. 6408, Grundbuch der C., erworben. Gemäss Ziff. 7 des Kauf-
vertrages zwischen der D. in Liquidation (Verkäuferin) und Z. (Käufer) war der In-
halt der Baurechtsverträge dem Käufer bekannt und er hat ausdrücklich Rechte
und Pflichten aus dem Unterbaurechtsvertrag der Rechtsvorgängerin übernom-
men (bB 3, kB 66). Der Kaufvertrag zwischen der E. und Y. als Käufer liegt nicht
vollständig bei den Akten (vgl. kB 11). Ob eine entsprechende Bestimmung auch
im Kaufvertrag zwischen der E. und Y. enthalten ist, kann vorliegend nicht festge-
stellt werden. Die Klägerin und die Beklagten sind sich jedoch darüber einig, dass
Ziff. 10 der Unterbaurechtsverträge (kB 5 und 6) Grundlage für die Berechnung
des jeweiligen Baurechtszinses bildet (vgl. Plädoyers vor Kantonsgericht: RA Vo-
gel, S. 1; RA Kurath S. 3 f.).
2.
Streitig ist im vorliegenden Fall, wie sich der Baurechtszins gemäss
des Art. 10 der Unterbaurechtsverträge errechnet beziehungsweise wie die Unter-
grenze des Baurechtszinses ermittelt werden muss. Die Klägerin vertritt die Auf-
fassung, die Beklagten hätten auf jeden Fall einen Mindestzinssatz von 5 ¼%
des jeweilig für zehn Jahre festgesetzten Bodenwertes zu bezahlen, während die
Beklagten behaupten, es sei lediglich ein Mindestzinsbetrag von Fr. 8'203.30 (Y.)
beziehungsweise Fr. 7'388.70 (Z.) vereinbart worden, ohne einen Mindestzinssatz
festzulegen.



6


a)
Welche Bedeutung dem Art. 10 der Unterbaurechtsverträge zu-
kommt, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. zum Ganzen Peter Gauch/Walter R.
Schluep/Jörg Schmid/ Heinz Rey, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner
Teil, Band I, 8. Aufl., Zürich 2003, N. 1197 ff.; Wolfgang Wiegand, Basler Kom-
mentar, Obligationenrecht I, 3. Aufl., Basel 2003, Art. 18 OR N. 9 f.). Massgebend
ist dabei in erster Linie der - sich gegebenenfalls durch Indizien erschliessende -
übereinstimmende wirkliche Parteiwille (Art. 18 Abs. 1 OR) oder mit anderen Wor-
ten das übereinstimmende tatsächliche Verständnis der Parteien zu den ausge-
tauschten Erklärungen. Kann eine solche tatsächliche Willensübereinstimmung
nicht festgestellt werden, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die
Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie
nach ihrem Wortlaut sowie nach den gesamten Umständen verstanden werden
durften und mussten (vgl. etwa BGE 130 III 71; Pra 2002 57 329 f.;
Gauch/Schluep/Schmid/Rey, a. a. O., N. 1200 ff.; Wiegand, a. a. O., Art. 18 OR N.
11 ff.).
Unter den Auslegungsmitteln, welche dem Gericht zur Verfügung stehen,
kommt dem Wortlaut insoweit besonderes Gewicht zu, als es bei ihm sein Bewen-
den hat, wenn die übrigen Umstände nicht mit genügender Sicherheit den Schluss
auf einen abweichenden Sinn erlauben. Zu diesen ergänzend zu beachtenden
Auslegungsmitteln gehören beispielsweise die Begleitumstände des Vertragsab-
schlusses, das Verhalten der Parteien vor und nach Vertragsabschluss, die Inte-
ressenlage der Parteien bei Vertragsabschluss (der Vertragszweck) sowie die
Verkehrsauffassung und die Verkehrsübung (vgl., Gauch/Schluep/Schmid/Rey, a.
a. O., N. 1205 ff.; Wiegand, a. a. O., Art. 18 OR N. 18 ff.). - Darüber hinaus haben
sich in Lehre und Rechtsprechung eine Vielzahl von Auslegungsregeln herausge-
bildet, auf die das Gericht ebenfalls zurückgreifen kann. Dazu zählen insbesonde-
re die Auslegung ex tunc, die Auslegung nach Treu und Glauben, das Verbot der
reinen Buchstabenauslegung, die ganzheitliche Auslegung, die gesetzeskonforme
Auslegung sowie die für die Behandlung von Zweifelsfällen aufgestellten Regeln
(vgl. Gauch/Schluep/Schmid/Rey, a. a. O., N. 1222 ff.; Wiegand, a. a. O., Art. 18
OR N. 32 ff.).
b)
Da vorliegend keine tatsächliche Willensübereinstimmung der Par-
teien in Bezug auf die hier interessierende Frage mehr festgestellt werden kann,
muss der Richter durch objektivierte Auslegung den Vertragswillen ermitteln, den
die ursprünglichen Vertragsparteien mutmasslich gehabt haben. Der in diesem



7


Zusammenhang interessierende Art. 10 der Unterbaurechtsverträge lautet wie
folgt:
„10. Unterbaurechtszins

Der jährliche Unterbaurechtszins berechnet sich wie folgt:



Der Bodenwert des unterbaurechtsbelasteten Grundstücks, auf Ver-
tragsbeginn vorläufig bis zum 6. April 1991 mit Fr. 156'252.60 (Z. Fr.
140'737.35) festgesetzt, wird zum jeweiligen Zinsfuss der Graubünd-
ner Kantonalbank, C., für neu ausgegebene Hypotheken im ersten
Rang auf Gewerbeliegenschaften unter Berücksichtigung des verein-
barten Mindestbetrages verzinst. Zur Zeit des Vertragsabschlusses be-
trägt dieser Zins 5 ¼%, was einen Unterbaurechtszins von jährlich Fr.
8'203.30 (Z. Fr. 7'388.70) ergibt, zahlbar jeweils im voraus auf den 30.
Juni und 31. Dezember.


Der vereinbarte Unterbaurechtszins von Fr. 8'203.30 (Z. Fr. 7'388.70)
gilt als Mindestansatz und erfährt bei einer Senkung des Zinsfusses
unter 5 ¼% keine Reduktion. Erhöht sich der von der Graubündner
Kantonalbank, C., für die vorgenannte Kategorie von Hypotheken be-
rechnete Zinssatz, so wird der Unterbaurechtszins auf der Basis des
neuen Zinsfusses neu festgesetzt. Spätere Reduktionen sind insofern
zu berücksichtigen, als sie den Unterbaurechtszins von Fr. 8'203.30
(Z. Fr. 7'388.70) nicht unterschreiten.


Nach Ablauf von zehn Jahren wird der Bodenwert der Unterbau-
rechtsparzelle jeweils für eine weitere Periode von zehn Jahren auf-
grund der dannzumaligen Bodenwertverhältnisse von den Parteien
neu festgesetzt.“

Dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 2 der Unterbaurechtsverträge kann ent-
nommen werden, dass der Bodenwert zum jeweiligen Zinsfuss der Graubündner
Kantonalbank für neu ausgegebene Hypotheken im ersten Rang auf Gewerbelie-
genschaften zu verzinsen ist. Die Formulierung der Verzinsung des Bodenwertes
zum „jeweiligen Zinsfuss“ wurde im Vertragstext durch Unterstreichen hervorge-
hoben, was zeigt, dass die Parteien eine variable Ausgestaltung des Zinsfusses
vereinbart haben. Der Bodenwert wurde für die ersten zehn Jahre, bis zum 6. April
1991, auf Fr. 156'252.60 (Y.) beziehungsweise Fr. 140'737.35 (Z.) festgesetzt.
Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses betrug der Zinssatz der Graubündner
Kantonalbank für neu ausgegebene Hypotheken im 1. Rang auf Gewerbeliegen-
schaften 5 ¼%. Dies ergab einen Unterbaurechtszins von Fr. 8'203.30 (Y.) bezie-
hungsweise Fr. 7'388.70 (Z.). Dieser Unterbaurechtszins gilt nach Abs. 3 von Art.
10 der Unterbaurechtsverträge als Mindestzins, der auch bei einer Senkung des
Zinsfusses unter 5 ¼% keine Reduktion erfährt. Diese Formulierung spricht dafür,
dass ein Mindestbetrag, jedoch nicht ein Mindestzinssatz vereinbart worden ist,
wurde doch ausdrücklich festgehalten, dass bei einer Reduktion des Zinsfusses



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unter 5 ¼% die besagten Mindestzinsbeträge zu bezahlen sind. Somit wurde im
Wortlaut von den Parteien ausdrücklich festgehalten, dass ein Zinsfuss unter 5
¼% zu berücksichtigen ist, wobei die erwähnten Mindestbeträge nicht unterschrit-
ten werden dürfen. Die Klägerin setzt dieser Auslegung entgegen, die Mindest-
zinsbeträge von Fr. 8'203.30 (Y.) beziehungsweise Fr. 7'388.70 (Z.) hätten ledig-
lich bis zum 6. April 1991 - somit bis zur neuen Festsetzung des Bodenwertes -
gegolten. Die Angabe der Mindestzinsbeträge in Franken für die Zeitspanne bis
April 1991 sei nur darum erfolgt, weil im Vertrag der Bodenwert für die gleiche
Zeitspanne ebenfalls in Franken angegeben worden sei. Wenn die Parteien tat-
sächlich einen fixen Frankenbetrag für die ganze Vertragsdauer hätten vereinba-
ren wollen, so hätten die Parteien nach Ansicht der Klägerin keinen Bezug zum
Zinsfuss von 5 ¼% hergestellt. Mit anderen Worten hätte man lediglich festgehal-
ten, dass der Unterbaurechtszins von Fr. 8'203.30 beziehungsweise Fr. 7'388.70
als Mindestansatz gelte. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Es fin-
den sich im Vertragstext keine Anhaltspunkte, welche für die Sichtweise der Klä-
gerin sprechen. Die Angabe des Zinssatzes von 5 ¼% erfolgte aus dem Grunde,
weil der Zinssatz der Graubündner Kantonalbank für neu ausgegebene Hypothe-
ken im 1. Rang auf Gewerbeliegenschaften zum Vertragszeitpunkt 5 ¼% betrug.
Wie bereits ausgeführt, zeigt die Formulierung in Abs. 2 des Art. 10, dass - entge-
gen der Auffassung der Klägerin - auch Zinssätze unter 5 ¼% zu beachten sind.
Im Weiteren wurde in Abs. 3 des Art. 10 vereinbart, dass der Unterbaurechtszins
bei einer Erhöhung des Zinssatzes der Graubündner Kantonalbank für die vorge-
nannte Kategorie von Hypotheken auf der Basis des neuen Zinsfusses festgesetzt
werden müsse, wobei spätere Reduktionen insofern zu berücksichtigen sind, als
sie den Unterbaurechtszins von Fr. 8'203.30 (Y.) beziehungsweise Fr. 7'388.70
(Z.) nicht unterschreiten. Dieser letzte Satz deutet ebenfalls darauf hin, dass ein
Mindestzinsbetrag und kein Mindestzinssatz festgelegt wurde, zumal wiederum
festgehalten wurde, dass bei einer Reduktion des Zinssatzes der Betrag von Fr.
8'203.30 (Y.) beziehungsweise Fr. 7'388.70 (Z.) die untere Grenze des geschulde-
ten Zinses bilde. Es wurde hingegen mit keinem Wort erwähnt, dass der Zinssatz
von 5 ¼% nicht unterschritten werden dürfe. Der Zinsfuss wurde demnach ge-
mäss Wortlaut weder nach oben noch nach unten vertraglich eingeschränkt. Par-
teien, welche einen Mindestzinssatz von 5 ¼% vereinbaren wollen, erwähnen dies
regelmässig ausdrücklich im Vertrag. Nach Abs. 4 des Art. 10 ist der Bodenwert
der Unterbaurechtsparzellen jeweils für eine weitere Periode von zehn Jahren neu
festzusetzen. Demnach ist die besagte Vertragsklausel nach Treu und Glauben so
zu verstehen, dass die Parteien, den - alle 10 Jahre durch die Parteien anzupas-
senden - Bodenwert zum jeweiligen Zinsfuss der Graubündner Kantonalbank ver-



9


zinsen, wobei ein Mindestbetrag nicht unterschritten werden kann. Wie die Vo-
rinstanz richtig festgehalten hat, ist diese Lösung auch sachgerecht. Auf diese Er-
wägungen kann im Sinne von Art. 229 Abs. 3 ZPO verwiesen werden. Es wäre
ungerecht, die Klägerin allein an steigenden Hypothekarzinssätzen partizipieren
zu lassen, während Hypothekarzinssätze unter 5 ¼% sich nicht zu Gunsten der
Beklagten auswirken würden. Mit anderen Worten wäre es unangemessen, das
ganze Hypothekarzinsrisiko auf die Unterbaurechtsnehmerschaft abzuwälzen.
Kommt hinzu, dass durch die Festsetzung eines Mindestbetrages Bodenwertstei-
gerungen durch Hypothekarzinsminderungen kompensiert werden können. Art. 10
der Unterbaurechtsverträge muss aus all diesen Gründen gemäss Treu und Glau-
ben so verstanden werden, dass ein Mindestzinsbetrag und nicht ein Mindestzins-
satz vereinbart wurde.
Die Klägerin wendet ein, sowohl die Beklagten als auch die D. als Vertrags-
partei hätten über eine längere Zeitspanne hinweg einen Mindestzinssatz von 5
¼% beachtet und die entsprechenden Beträge auch bezahlt. Dies zeige, dass die
Parteien tatsächlich einen Mindestzinssatz vereinbart hätten. Die Klägerin ver-
kennt bei ihrer Argumentation, dass das Verhalten der Beklagten nicht massge-
bend ist, um Schlüsse auf den tatsächlichen Willen bei Vertragsabschluss zu zie-
hen, zumal sowohl Y. als auch Z. nicht ursprüngliche Vertragsparteien waren. Der
Klägerin ist aber insofern zuzustimmen, als die D. ursprüngliche Partei in Bezug
auf den hier interessierenden Vertragspunkt war und in den Jahren 1996 und 1997
- obwohl der Zinssatz der Graubündner Kantonalbank teilweise unter 5 ¼% lag -
stets mindestens einen minimalen Zinssatz von 5 ¼% des damals geltenden Bo-
denwertes bezahlt hat. Es gilt aber zu berücksichtigen, dass die D. im Jahre 1996
und im ersten Semester 1997, obwohl der Zinssatz der Graubündner Kantonal-
bank unter 5 ¼% lag, sogar einen Zinssatz von 5.5% beachtet hat. Dies zeigt ge-
rade, dass die D. die fragliche Klausel anders verstanden hat, ansonsten sie einen
Mindestzinssatz von 5 ¼% des damals geltenden Bodenwertes bezahlt hätte.
Nichts zu ihren Gunsten kann die Klägerin im Übrigen aus der Tatsache ableiten,
dass das Kreispräsidium C. in zwei Entscheiden bezüglich Vormerkung bezie-
hungsweise Eintragung eines gesetzlichen Pfandrechtes (kB 13, 14, 15, 45 und
46) einen Mindestzinssatz von 5 ¼% beachtet hat, zeitigen doch die entsprechen-
den Entscheide keine Auswirkungen auf das vorliegende Verfahren.
Die Klägerin macht ferner geltend, es mache bei einer Vertragsdauer von
70 Jahren keinen Sinn, einen fixen Geldbetrag für die Untergrenze des Zinses zu
vereinbaren, da dieser Betrag aufgrund des Verlustes der Kaufkraft an Wert verlie-



10


re. Der angeblich vereinbarte Mindestbetrag würde auch im Verhältnis zum alle
zehn Jahre neu festzulegenden Bodenwert immer geringer. So habe der von den
Gegenparteien geltend gemachte Mindestzinsbetrag von Fr. 8'203.30 (Y.) bezie-
hungsweise Fr. 7'388.70 (Z.) im Jahre 2001 2.8% des Bodenwertes betragen. Im
Jahre 2041 würde der fragliche Mindestzinsbetrag jedoch unter ein Prozent des
Bodenwertes fallen. Zweck der Baurechtsverzinsung sei die Verzinsung des Kapi-
tals, das im Boden liege, wenn der Boden überlassen werde. Darum sei eine ga-
rantierte Mindestverzinsung legitim. Die Teuerung und der steigende Bodenwert
müssten Wirkung in Bezug auf die Untergrenze des Baurechtszinses zeitigen. Zu-
dem sei es nicht üblich, bei lang dauernden Verträgen, die Untergrenze des Bau-
rechtszinses in Franken anzugeben. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Parteien
bei langfristigen Verträgen mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass die zur Zeit
des Vertragsabschlusses bestehenden Verhältnisse sich während der Vertrags-
dauer ändern. Sehen sie - wie vorliegend - ausdrücklich oder dem Sinne nach
davon ab, den Einfluss solcher Änderungen auf die gegenseitigen Leistungen
auszuschliessen, so entspricht es dem Wesen des Vertrages, dass er so erfüllt
wird, wie er abgeschlossen worden ist. Diesfalls hat jede Partei grundsätzlich die
Risiken zu tragen, die sich für sie aus Änderungen der Verhältnisse ergeben. Sie
hat keinen Anspruch darauf, dass sich die Vertragserfüllung für sie lohnend gestal-
te
(vgl.
BGE
100
II
348
f.).

c)
Die Klägerin macht sodann geltend, die Auslegung von Art. 10 der
Unterbaurechtsverträge sei überflüssig, zumal nachträglich eine Vereinbarung
zwischen der Klägerin und den Beklagten zustande gekommen sei, wonach die
Untergrenze des Baurechtszinses bei 5 ¼% des jeweiligen Bodenwertes liege.
Wie noch zu zeigen sein wird, ist mangels Vertragswille kein derartiger Vertrag
zwischen der Klägerin und den Beklagten zustande gekommen.
aa) Mit Brief vom 29. Mai 1997 wandte sich Y. an den Rechtsvertreter
der Klägerin mit der Feststellung, er habe zuviel bezahlt, da der Hypothekarzins-
satz der Graubündner Kantonalbank unter 5 ¼% liege (kB 79). Am 5. Juni 1997
antwortete der Rechtsvertreter der Klägerin in dem Sinne, es sei ein Mindestzins-
satz von 5 ¼% vereinbart worden, wie ein Auszug aus dem Baurechtsvertrag zei-
ge. Der Baurechtszins belaufe sich deshalb für das Jahr 1996 auf Fr. 5'817.--. Pro
Semester habe er demnach Fr. 277.-- zu wenig bezahlt (kB 80). Am 7. Juni 1997
stellte die Klägerin diesen Betrag auch in Rechnung. Y. bezahlte sodann am 22.
August 1997 den in Rechnung gestellten Betrag. Nach Ansicht der Klägerin habe
sich Y. damit konkludent dem Verständnis der Klägerin angeschlossen und es sei



11


ein eigenständiger Vertrag über den Mindestzins zustande gekommen. Komme
hinzu, dass im Juni 1997 ein Gespräch zwischen Y. und F. über die Untergrenze
des Baurechtszinses stattgefunden habe. Anlässlich dieses Gesprächs habe man
sich ebenfalls darauf geeinigt, dass die Untergrenze des Baurechtszinses 5 ¼%
betrage. Dies habe F. als Zeuge bestätigt. Schliesslich sei zu beachten, dass die
Klägerin mit Schreiben vom 30. November 1997 an Y. zunächst auf die telefoni-
sche Vereinbarung vom Juni 1997 (kB 83) hingewiesen und ihn darum gebeten
habe, die ausstehenden Differenzbeträge von Fr. 831.-- (3 x Fr. 277.--) nachzu-
zahlen. In der Folge habe Y. die verlangte Zahlung getätigt (kB 83 a), ohne zu be-
streiten, dass eine telefonische Vereinbarung zustande gekommen sei. Damit sei
bewiesen, dass eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und Y.
über die Untergrenze des Baurechtszinses bei 5 ¼% zustande gekommen sei.
bb)
Vertragliche Bindung setzt einen tatsächlichen oder normativen Kon-
sens voraus, auf Seiten des Verpflichteten einen ausdrücklich oder vertrauensthe-
oretisch erklärten Rechtsfolgewillen. Fehlt es an einer solchen Willenskundgabe,
tritt keine rechtliche Verpflichtung im Sinne eines obligatorischen Schuldverhält-
nisses ein. Dabei obliegt es demjenigen, welcher sich auf eine vertragliche Bin-
dung beruft, die Umstände darzutun, unter denen er nach dem Vertrauensgrund-
satz auf einen Rechtsfolgewillen des Leistenden schliessen durfte (BGE 116 II
698). Solche Umstände sind vorliegend aber nicht festgestellt. Allein gestützt auf
die Tatsache, dass Y. mehr bezahlt hat, als er aufgrund der für ihn unklaren ver-
traglichen Grundlagen hätte zahlen müssen, kann nicht geschlossen werden, dass
er sich zu einer derartigen Mehrzahlung verpflichten wollte. Es ist wohl vielmehr
davon auszugehen, dass Y. irrtümlich glaubte, dass die schriftliche Auskunft des
Rechtsvertreters der Gläubigerin betreffend Mindestzinssatz richtig sei (vgl. kB 80)
und er aufgrund dieser falschen Auskunft freiwillig zuviel bezahlt hat und nicht
aufgrund seines Willens. Es kann nämlich üblicherweise nicht davon ausgegangen
werden, dass jemand mehr leistet, als er vertraglich muss. Dass Y. anlässlich ei-
nes Gesprächs mit F. sich nachträglich mit einer Mehrzahlung einverstanden er-
klärt haben soll, ist unglaubhaft. Zunächst gilt es zu beachten, dass es sich bei F.
um den Ehemann der Klägerin handelt und dieser ein grosses Interesse am Aus-
gang des Verfahrens hat. Seine Zeugenaussage ist deshalb unter diesem Blick-
winkel zu würdigen. Kommt hinzu, dass der Zeuge nicht frei über das Beweisthe-
ma befragt worden ist, wie dies Art. 181 Abs. 2 ZPO vorsieht, sondern überwie-
gend Suggestivfragen zu beantworten hatte. Umso kritischer ist daher zu prüfen,
welche Feststellungen der Zeuge tatsächlich aus eigener Wahrnehmung gemacht
hat. Schliesslich kann aufgrund des Umstandes, dass Y. am 22. August 1997, also



12


nach dem besagten Gespräch, den von der Klägerin in Rechnung gestellten Be-
trag bezahlt hat, nicht abgeleitet werden, er habe sich nachträglich mit einer Mehr-
zahlung einverstanden erklärt, zumal Y. sich auf die Auskunft des Rechtsvertreters
der Klägerin - deren Fehlerhaftigkeit er nicht erkannt hat - verlassen hat. Die
Mehrzahlung erfolgte demnach, wie bereits ausgeführt, aufgrund der falschen
Auskunft. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin mit Brief vom
30. November 1997 an Y. auf die „telefonische Vereinbarung“ verwiesen hat und
letzterer dagegen nicht opponiert hat. Nach dem Gesagten ist es der Klägerin
nicht gelungen nachzuweisen, dass nachträglich eine Änderungsvereinbarung
zwischen der Klägerin und Y. über die Untergrenze des Baurechtszinses bei 5 ¼%
des jeweiligen Bodenwertes zustande gekommen ist. Zum selben Ergebnis ge-
langt man auch in Bezug auf Z..
cc)
Die Klägerin behauptet, das konkludente Verhalten von Z. habe eine
besondere Vereinbarung zwischen ihr und Z. über die Untergrenze des Bau-
rechtszinses begründet. Z. habe zwischen dem 1. Mai 2000 und 31. Dezember
2001 dreimal hintereinander einen Baurechtszins von Fr. 5'240.-- auf der Basis
von 5 ¼% des Bodenwertes bezahlt, obwohl der Zinssatz der Graubündner Kan-
tonalbank damals 4.5% beziehungsweise 5% betragen habe. Dieser Begründung
kann nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, dass Z. dreimal einen Baurechtszins
von Fr. 5'240.-- auf der Basis von 5 ¼% des Bodenwertes bezahlt hat. Daraus
kann aber nicht abgeleitet werden, dass er mehr bezahlen wollte, als er gemäss
dem Unterbaurechtsvertrag verpflichtet war. Dagegen spricht die allgemeine Le-
benserfahrung und es sind auch sonst keine Umstände ersichtlich, welche diesen
Schluss zuliessen. Die Tatsache, dass Z. dreimal zu viel bezahlt hat, ist eher da-
rauf zurückzuführen, dass er die entsprechenden Rechnungen nicht präzise kon-
trolliert hat. Diese Nachlässigkeit kann ihm aber nicht zum Nachteil gereichen, da
er bereits mit Brief vom 24. September 2001 an F. (kB 105), welcher übrigens
auch von Y. unterzeichnet wurde, sich auf den Standpunkt gesetzt hat, dass ein
Mindestzinsbetrag und nicht ein Mindestzinssatz vereinbart worden war. Auf die-
sem Standpunkt beharrten er und Y. in der Folge (vgl. kB 106, 107,114). Dies
zeigt, dass keine nachträgliche Vereinbarung über einen Mindestzinssatz von 5
¼% des jeweiligen Bodenwertes zustande gekommen ist.
d)
Selbst aber wenn zwischen den Beklagten und der Klägerin nach-
träglich entsprechende Änderungsverträge über einen Mindestzinssatz von 5 ¼%
des jeweiligen Bodenwertes zustande gekommen wären, müsste die Berufung



13


aufgrund der Formungültigkeit dieser Vereinbarungen in diesem Punkt abgewie-
sen werden.
aa)
Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen
Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt (Art. 11 OR). Gemäss Art. 779a
ZGB unterliegt der Baurechtsvertrag der Form der öffentlichen Beurkundung,
wenn - wie vorliegend - ein selbständiges und dauerndes Baurecht begründet
wird. Ob die Formvorschrift der öffentlichen Beurkundung bei selbständigen und
dauernden Baurechten auch auf die Vertragsbestimmungen über den Baurechts-
zins anwendbar ist, ist umstritten. Das Kantonsgericht bejaht diese Frage und
kann sich diesbezüglich vollumfänglich den überzeugenden Erwägungen des
Handelsgerichtes Zürich anschliessen: Grundsätzlich gehören die Bestimmungen
über die Festlegung des Baurechtszinses nicht zum notwendigen Vertragsinhalt
des Baurechtsvertrages, weil ein Baurecht auch unentgeltlich eingeräumt werden
kann. Wird aber ein Entgelt vereinbart, so bildet es das Korrelat zur Hauptleistung
und gehört mithin zum Geschäftskern des entgeltlichen Baurechtsvertrags. Es
stellt somit einen objektiv wesentlichen Punkt dar und unterliegt als solcher dem
Beurkundungszwang (Art. 779a ZGB). Gleiches gilt, wenn man vom Regelfall
ausgeht, dass die Abrede überdies einen subjektiv wesentlichen Vertragspunkt
darstellt. Die Bejahung der Formbedürftigkeit ist auch aus dem Blickwinkel des
Schutzzweckes der Formvorschrift gerechtfertigt: Nicht nur der Baurechtsgeber,
sondern auch der Baurechtsnehmer, der sich zur Leistung eines Entgelts ver-
pflichtet, verdient Schutz, zumal der Baurechtszins gewöhnlich eine nicht unbe-
achtliche Höhe erreicht und auch in zeitlicher Hinsicht (mindestens 30 Jahre, ma-
ximal 100 Jahre) von beträchtlichem Umfang ist. Entsprechend Art. 12 OR ist prin-
zipiell auch jede Anpassung der Vertragsbestimmungen zum Baurechtszins der
Form der öffentlichen Beurkundung zu unterstellen, weil es sich dabei um die Mo-
difizierung eines wesentlichen Vertragspunktes handelt. Eine bloss einfach schrift-
liche oder formfreie Abänderung nach Art. 115 OR ist deshalb nicht angängig, weil
sowohl bei einer Erhöhung als auch bei einer Verminderung des Baurechtszinses
für eine Partei eine Mehrbelastung eintritt (Urteil des Handelsgerichtes Zürich vom
25. Oktober 2002, ZBGR 86 (2005) S. 291 ff. mit weiteren Hinweisen; a.M. Peter
R. Isler, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 2. Aufl., Basel 2003, N 38 f. zu Art.
779a ZGB). Das Bundesgericht bezeichnet die bei Vorliegen eines Formmangels
eintretende Formungültigkeit als Nichtigkeit. Auf diesen Formmangel kann sich
jedermann berufen und der Richter hat die Formnichtigkeit von Amtes wegen zu
berücksichtigen (BGE 106 II 146 ff.). Vorbehalten bleibt nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichts stets der Fall, dass die Berücksichtigung der Formnichtigkeit



14


gegen Treu und Glauben verstösst und die Berufung darauf rechtsmissbräuchlich
ist (Art. 2 Abs. 2 ZGB). In diesem Fall ist die Formnichtigkeit unter den Parteien
unbeachtlich und der Vertrag so zu behandeln, wie wenn er gültig wäre
(Gauch/Schluep/Schmid/Rey, a. a. O., N 550 ff. mit weiteren Hinweisen). Es gilt
jedoch zu beachten, dass eine Berufung auf Art. 2 Abs. 2 ZGB nicht zur Bejahung
eines Anspruchs auf Erfüllung des Vertrags führen kann. Denn diese Bestimmung
ist nur in einem negativen Sinn anwendbar und darf nicht zur positiven Handhabe
für die Behebung des Formmangels werden, indem ein ungültiger Vertrag doch als
verbindlich erklärt wird, weil dadurch die gesetzlichen Formvorschriften unterlau-
fen würden (Urteil des Handelsgerichtes Zürich vom 25. Oktober 2002, a. a. O., S.
300 f. mit weiteren Hinweisen).
bb)
Da somit Modifikationen des Baurechtszinses der Form der öffentli-
chen Beurkundung bedürfen, sind im vorliegenden Fall die von der Klägerin be-
haupteten mündlichen beziehungsweise konkludenten Änderungsverträge über
einen Mindestzinssatz von 5 ¼% des Bodenwertes formungültig. Wie bereits aus-
geführt, hat der Richter die Formnichtigkeit von Amtes wegen zu berücksichtigen.
Die Prüfung, ob die Berücksichtigung der Formnichtigkeit gegen Treu und Glau-
ben verstösst, kann vorliegend unterbleiben, da die Klägerin Erfüllung des Ver-
trags verlangt und Art. 2 Abs. 2 ZGB gemäss Lehre und Rechtsprechung nicht zur
Bejahung des Anspruchs auf Erfüllung des Vertrags führen kann.
Die Klägerin wendet - mit Bezug auf eine neue Rechtsprechung des Bun-
desgerichts - dagegen ein (BGE 123 III 97), Änderungsverträge über Baurechts-
zinsen würden keiner gesetzlichen Form unterliegen. Ihr Einwand ist nicht stich-
haltig. Die Abänderung eines Vertrags, für den die Schriftform vorgeschrieben ist,
bedarf der Einhaltung derselben Form (Art. 12 OR), was analog auch für Rechts-
geschäfte gilt, die der öffentlichen Beurkundung unterliegen. Nicht der entspre-
chenden Form bedürfen nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ergän-
zende Nebenbestimmungen, die mit dem ursprünglichen Vertrag nicht im Wider-
spruch stehen. Darunter fallen Klauseln, die schon beim ursprünglichen Vertrags-
schluss nicht formbedürftig gewesen wären, weil sie weder objektiv noch subjektiv
wesentlich sind. Ein Teil der Lehre und auch das Bundesgericht subsumieren da-
runter auch Vertragsänderungen, die zwar mit der ursprünglichen Urkunde im Wi-
derspruch stehen, jedoch objektiv unwesentliche Punkte betreffen. Diese neue
Rechtsprechung ist vorliegend - entgegen der Meinung der Klägerin - nicht von
Belang, weil die den Baurechtszins regelnde Klausel, wie dargelegt, einen objektiv



15


wesentlichen Punkt des entgeltlichen Baurechtsvertrags darstellt (vgl. Urteil des
Handelsgerichtes Zürich vom 25. Oktober 2002, a. a. O., S. 296).
e)
Im Resultat kann somit festgehalten werden, dass mangels Ver-
tragswille nachträglich keine Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Be-
klagten zustande gekommen sind, wonach die Untergrenze des Baurechtszinses
bei 5 ¼% des jeweiligen Bodenwertes liegt. Aber selbst wenn entsprechende Än-
derungsverträge zustande gekommen wären, wären diese formnichtig. Somit
bleibt es inhaltlich beim Resultat der Auslegung von Art. 10 der Unterbaurechts-
verträge, wonach vernünftigerweise ein Mindestzinsbetrag und nicht ein Mindest-
zinssatz vereinbart worden ist.
3.
Die Klägerin rügt, selbst wenn im Resultat davon auszugehen sei,
dass ein Mindestzinsbetrag und nicht ein Mindestzinssatz vereinbart worden sei,
habe Y. Fr. 3'663.-- samt Verzugszins zu wenig bezahlt. Wie eine Gegenüberstel-
lung zwischen dem geschuldeten Zins und den Zahlungen von Y. (vgl. kB 96, 98,
116, 118,120) zeigt, beläuft sich die Schuld von Y. auf Fr. 2'139.50 nebst Zins.
Entgegen der Berechnung der Klägerin sind die Zinsfussschwankungen während
des Jahres zu berücksichtigen, zumal gemäss Vertrag der „jeweilige“ Zinsfuss
massgebend ist und nicht der Zinsfuss auf den 1. 1. des entsprechenden Jahres.
Der Baurechtszins ist gemäss Art. 10 der Unterbaurechtsverträge jeweils im Vo-
raus auf den 30. Juni und 31. Dezember zu bezahlen. Der geschuldete Mindest-
zins beträgt für Y. Fr. 8'203.30.


Zeitraum Zinsfuss
Massgeblicher
Geschuldeter Bezahlter
Differenz
Bodenwert
Zins
Zins
1.1.01-31.3.01
5% 221’602.--

2’770.--

(3 Mt)
1.4.01-30.06.01
5% 292’556.80
3’656.95
5'860.--

(3 Mt)
(6 Mt)
1.7.01-31.12.01
4.5% 292’556.80

6’582.55 5'817.--

(6 Mt)
(6 Mt)



16


1.1.02-31.1.02
4.5% 292’556.80
1'097.10

(1 Mt)
1.2.02-31.10.02
4.25% 292’556.80

9’325.25

(9 Mt)
1.11.02-31.12.02
4% 292’556.80
1'950.40
11'634.--

(2 Mt)
(12 Mt)
1.1.03-31.12.03
4% 292'556.80 11'702.25
11'634.--

(12 Mt)
(12 Mt)
Total
37'084.50
34'945.--
2'139.50
Die Berufung ist demnach in diesem Punkt teilweise gutzuheissen und Y. ist
zu verpflichten, der Klägerin Fr. 2'139.50 nebst Zins zu 5% seit dem 30. Juni 2002
(mittlerer Verfall) zu bezahlen.
4.
Nachdem die Klägerin mit ihren Begehren vor Bezirksgericht Plessur
noch ohne jeden Erfolg geblieben war, erreichte sie nunmehr, dass ihre Klage ge-
genüber Y. im Umfang von Fr. 2'139.50 nebst 5% Zins seit dem 30. Juni 2002
gutgeheissen wurde. Anlässlich der Hauptverhandlung vor Vorinstanz war in Be-
zug auf Y. noch ein Betrag von Fr. 10'201.-- nebst Zins strittig. Die Klage gegen Z.
wurde hingegen vollumfänglich abgewiesen. Bei dieser Sachlage ist es gemäss
Art. 122 Abs. 1 ZPO angezeigt, die Kosten der Vermittlung von Fr. 250.--, jene des
Bezirksgerichtes Plessur von Fr. 4'580.-- sowie jene des Weiterzugsverfahrens
von Fr. 5'000.-- nebst Schreibgebühren zu 1/5 Y. und zu 4/5 X. aufzuerlegen. Zu-
dem ist X. zu verpflichten, Y. und Z. für das vorinstanzliche Verfahren mit insge-
samt Fr. 5'490.85 einschliesslich Mehrwertsteuer ausseramtlich zu entschädigen
(Art. 122 Abs. 2 ZPO). Für das Verfahren vor Kantonsgericht ist X. zu verpflichten,
Y. und Z. mit insgesamt Fr. 1'920.-- einschliesslich Mehrwertsteuer ausseramtlich
zu entschädigen (Art. 122 Abs. 2 ZPO).




17


Demnach erkennt die Zivilkammer :
1.
Die Berufung wird teilweise gutgeheissen und die Ziffern, 2., 3. und 4. des
angefochtenen Urteils werden aufgehoben.
2.
Y. wird verpflichtet, X. Fr. 2'139.50 nebst 5% Zins seit dem 30. Juni 2002 zu
bezahlen.
3.
Die Kosten des Kreisamtes C. von Fr. 250.-- sowie die Kosten des Bezirks-
gerichtes Plessur von Fr. 4'580.-- gehen zu 1/5 zu Lasten von Y. und zu 4/5
zu Lasten von X., welche Y. und Z. mit insgesamt Fr. 5'490.85 einschliess-
lich Mehrwertsteuer ausseramtlich zu entschädigen hat.
4.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, bestehend aus einer Gerichtsgebühr
von Fr. 5'000.-- und Schreibgebühren von Fr. 270.--, total somit Fr. 5'270.--,
gehen zu 1/5 zu Lasten von Y. und zu 4/5 zu Lasten von X., welche Y. und
Z. mit insgesamt Fr. 1'920.-- einschliesslich Mehrwertsteuer ausseramtlich
zu entschädigen hat.
5. Mitteilung
an:
__________
Für die Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin:


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