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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:ZB-06-24
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZB-06-24 vom 21.11.2006 (GR)
Datum:21.11.2006
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Feststellung und Teilung von Nachlässen/Nebenintervention
Schlagwörter : Richt; Recht; Beschwer; Scheid; Beschwerde; Vention; Partei; Hauptpartei; Interesse; Entscheid; Nient; Nebenintervention; Zulassung; Kanton; Scheidung; Mutter; Teien; Raussetzung; Bezirksgericht; Entscheidung; Zivilprozess; Kantons; Kantonsgericht; Intervenient; Benintervenient; Beschwerdeführer; Zungen; Prozessleitend; Nebenintervenient; Präsident
Rechtsnorm: Art. 105 ZPO ; Art. 110 ZPO ; Art. 122 ZPO ; Art. 123 ZPO ; Art. 124 ZPO ; Art. 232 ZPO ; Art. 233 ZPO ; Art. 237 ZPO ; Art. 33 ZPO ; Art. 44 ZPO ; Art. 45 ZPO ; Art. 48 ZPO ; Art. 486 ZGB ; Art. 93 ZPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Bühler, Edelmann, Killer, Kommentar zur aargauischen Zivilpro- zessordnung, 1998
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden

Tribunale cantonale dei Grigioni

Dretgira chantunala dal Grischun
___________________________________________________________________________________________________

Ref.:
Chur, 21. November 2006
Schriftlich mitgeteilt am:
ZB 06 24

Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen
Tomaschett-Murer und Vital
Aktuar Conrad
——————
In der zivilrechtlichen Beschwerde
der HA. Y., Klägerin und Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
Théo Chr. Portmann, Alexanderstrasse 1, 7001 Chur, sowie HR. Y., Ne-
benintervenient (klägerseits),
gegen
die Verfügung des Bezirksgerichtspräsidenten Surselva vom 11. September 2006,
mitgeteilt am 11. September 2006, in Sachen der Klägerin und Beschwerdeführe-
rin gegen PG., Beklagter und Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Christian Schreiber, Hartbertstrasse 11, 7002 Chur, und MG., Beklagte und
Beschwerdegegnerin,
betreffend Feststellung und Teilung von Nachlässen/Nebenintervention,
hat sich ergeben:



2


A.1. Gestützt auf einen durch den Kreispräsidenten Z. am 28. Mai 2006
ausgestellten Leitschein liess HA. Y. am 19. Juni 2006 beim Bezirksgericht Sur-
selva Klage erheben gegen ihre Geschwister PG. und MG. auf Feststellung und
Teilung der Nachlässe des Vaters, der Mutter und eines Bruders der Parteien.
2.
Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2006 wandte sich HR. Y., Sohn der Klä-
gerin HA. Y., an das Bezirksgericht Surselva mit dem Antrag, er sei gestützt auf
Art. 33 und Art. 110 ZPO als Nebenintervenient auf Seiten seiner Mutter (kläger-
seits) zum Prozess zuzulassen. Dass er sich aus eigenem Antrieb an diesem Pro-
zess beteilige, begründete er damit, dass er ein wesentliches Interesse an dessen
Ausgang habe. Abgesehen davon, dass er seine alte und kranke Mutter im Ver-
fahren unterstützen wolle, sei auch für ihn entscheidend, welche Erbquote seiner
Mutter, beziehungsweise später ihm als deren gesetzlicher Erbe zufalle. Sein
rechtliches Interesse am Prozessausgang manifestiere sich weiter darin, dass er
der landwirtschaftliche Pächter des Löwenanteils der ungeteilten Nachlassgrund-
stücke sei. Um seine wirtschaftliche Existenz als Landwirt bangend und als prä-
sumtiver Miterbe der Beklagten, wolle er bei den Streitgegenstand bildenden Erb-
teilungen mitreden. In Bezug auf die Streitsache stellte er die identischen Rechts-
begehren wie seine Mutter.
3.
Mit Verfügung vom 16. August 2006 eröffnete der Bezirksgerichts-
präsident den Hauptparteien die Möglichkeit, sich zur Zulässigkeit der Nebeninter-
vention zu äussern.
Die Beklagte MG. liess sich dazu nicht vernehmen.
Der Beklagte PG. beantragte, das Begehren von HR. Y. auf Zulassung als
Nebenintervenient sei kostenfällig abzuweisen.
Die Klägerin HA. Y. liess ausführen, die Ansicht ihres intervenierenden
Sohnes, dass für ihn nicht bloss ein finanzielles sondern ein wesentliches rechtli-
ches Interesse auf dem Spiel stehe, sei schwerlich von der Hand zu weisen. Sie
beantragte indessen, die Frage der Zulässigkeit der Nebenintervention frühestens
auf den Zeitpunkt nach Beendigung des Schriftenwechsels oder allenfalls gar
nach durchgeführtem Beweisverfahren zu entscheiden, da der interventionswillige
Sohn erst zu diesem Zeitpunkt überblicken könne, welche wesentlichen materiell-
rechtlichen Interessen er mit seiner Intervention zu schützen habe und welche An-
griffs- und Verteidigungsmittel er vorbringen müsse. Im Übrigen wies sie darauf



3


hin, die Zuständigkeit zum Entscheid über die Zulassung zur Nebenintervention
liege nicht beim Bezirksgerichtspräsidenten. Dieser lege lediglich fest, ob diese
prozessuale Vorfrage vom in der Sache zuständigen Gericht an einer separaten
Gerichtsverhandlung oder vom Gericht anlässlich der mündlichen Hauptverhand-
lung zu behandeln und zu entscheiden sei.
B.
Mit Verfügung vom 11. September 2006 erkannte der Bezirksge-
richtspräsident Surselva in seiner Eigenschaft als prozessleitender Richter auf
Nichtzulassung von HR. Y. als Intervenient und überband ihm die Verfahrenskos-
ten von Fr. 300.— sowie eine Entschädigung an den Beklagten PG. von Fr. 400.—
.
C.
Dagegen führte HA. Y. am 02. Oktober 2006 mit identischen Anträ-
gen und Begründungen zum einen Prozessbeschwerde gemäss Art. 237 ZPO an
das Bezirksgericht Surselva und zum anderen zivilrechtliche Beschwerde an den
Kantonsgerichtsausschuss gemäss Art. 232 Ziff. 1 ZPO. Sie beantragt die Aufhe-
bung der angefochtenen Verfügung des Bezirksgerichtspräsidenten Surselva we-
gen Unzuständigkeit, unter späterer Regelung der Kosten- und Entschädigungs-
folgen im Hauptprozess.
PG. liess Abweisung der Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungs-
folgen zu Lasten der Beschwerdeführerin beantragen. MG. liess sich nicht ver-
nehmen. Der Bezirksgerichtspräsident Surselva weist darauf hin, dass im Licht
von Art. 48 Abs. 2 ZPO fraglich erscheine, ob HA. Y. durch die Nichtzulassung von
HR. Y. als Intervenient beschwert sei.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1.
Mit dem Schriftsatz vom 02. Oktober 2006 gegen das am 11. Sep-
tember 2006 mitgeteilte Anfechtungsobjekt wurde die 20-tägige Beschwerdefrist
von Art. 233 Abs. 1 ZPO gewahrt. Gemäss der gleichen Verfahrensnorm ist die
Beschwerde dem Kantonsgerichtspräsidenten einzureichen, obwohl erkennender
Spruchkörper der Kantonsgerichtsausschuss ist (Art. 232 ZPO, Ingress). Die Ein-
reichung beim Kantonsgerichtsausschuss schadet indessen nicht. Die Beschwer-
de ist ferner formgerecht, da sie einen Antrag und eine kurze Begründung enthält
und die angefochtene Entscheidung beigelegt ist. Aus dieser Sicht steht einem
Eintreten auf die Beschwerde nichts entgegen.



4


2.a. Zwischen HA. Y. einerseits und ihren Geschwistern Paul und MG.
andererseits ist ein Zivilprozess in Gang. HR. Y. will sich in diesen Prozess - mit
oder ohne Einwilligung der Hauptparteien - einmischen. Er will zwar keine der
Hauptparteien verdrängen, tritt aber in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium
von aussen hinzu und behauptet, ein eigenes prozessuales Recht auf Verfahrens-
beteiligung zu haben. Gemäss Art. 33 ZPO ist ein Dritter dann berechtigt, sich als
Intervenient an einem Rechtsstreit zu beteiligen - auch unaufgefordert -, wenn er
ein wesentliches rechtliches Interesse an diesem nachweist. Die Intervention kann
in jedem Stadium des Prozesses erfolgen, wobei der Intervenient diesen so auf-
zunehmen hat, wie er ihn vorfindet. Dem Intervenienten stehen die nämlichen
Rechte wie dem Eingerufenen zu.
b. Nebenintervention
oder
Streithilfe ist die Beteiligung eines Dritten an
der Führung eines fremden Rechtsstreits im eigenen Interesse durch Unterstüt-
zung einer Partei (Bühler/Edelmann/Killer, Kommentar zur aargauischen Zivilpro-
zessordnung, Aarau 1998, N 1 zu § 56 ZPO). Grundlegende Voraussetzung ist,
dass der Nebenintervenient, auch Streithelfer genannt, ein eigenes und vor allem
rechtliches Interesse am Obsiegen der von ihm unterstützten Hauptpartei zu be-
haupten und darzutun hat. Nur dieses eigene rechtliche Interesse des Streithelfers
ist für die Zulassungsfrage relevant. Bei gegebenen Voraussetzungen steht das
prozessuale Recht auf Zulassung ausschliesslich ihm zu. Wird es verneint, kann
folglich nicht die Hauptpartei aus faktischem Eigeninteresse oder anderen Grün-
den oder anstelle des Abgewiesenen Beschwerde gegen die angebliche Verlet-
zung der Interessen des nicht zugelassenen Nebenintervenienten ein Rechtsmittel
einlegen. Im Falle der Nicht-Zulassung zur Nebenintervention ist nach einhelliger
Lehrmeinung nur der abgewiesene Interventionswillige legitimiert, dagegen ein
Rechtsmittel zu erheben (vgl. Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcheri-
schen Zivilprozessordnung, 3. A. Zürich 1997, N 11 zu § 44 ZPO, mit Hinweisen
auf die zürcherische Rechtsprechung; Ernst Staehelin, Die Nebenparteien im Zi-
vilprozess, Basel 1981, S. 64; Leuenberger/Uffer-Tobler, Kommentar zur Zivilpro-
zessordnung des Kantons St. Gallen, Bern 1999, N 2c zu Art. 48 ZPO e contrario;
Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern,
5. A. Bern 2000, N 2b zu Art. 45 ZPO; Hans Ulrich Walder, Zivilprozessrecht, 4. A.
Zürich 1996, § 13 Rz 12; Barbara Merz, Die Praxis zur thurgauischen Zivilpro-
zessordnung, Bern 2000, N 4 zu § 25 ZPO; Staehelin/Sutter, Zivilprozessrecht
nach den Gesetzen der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft unter Einbe-
zug des Bundesrechts, Zürich 1992, § 10 N 27; Pius Markus Huber, Praxishand-
buch Zivilprozessrecht, N 3 zu § 44 ZPO e contrario; Studer/Rüegg/Eiholzer, Der



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luzerner Zivilprozess, Kriens 1994, N 2 zu § 52 ZPO sind dann a.A., wenn dem
Beschwerdeführer (hier die klagende Mutter) ein nicht wieder gutzumachender
Nachteil droht, was aber praktisch auszuschliessen ist (in diesem Sinne Walder,
a.a.O., § 13 Rz 12 Anm. 7); ebenso für das deutsche Verfahrensrecht: Stein-
Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 20. A. Tübingen 1984, Rdnr. 8 zu §
71 DZPO). Die zum Teil unterschiedliche Regelung von Zuständigkeit und Verfah-
ren in den kantonalen Zivilprozessordnungen ändert nach Auffassung des Kan-
tonsgerichtsausschusses nichts daran, dass bei Nichtzulassung der Nebeninter-
vention die für ein Rechtsmittel unverzichtbare Beschwer der Hauptpartei fehlt.
Appellation kann nach einigen Prozessgesetzen deshalb geführt werden, weil der
Zulassungsentscheid unter Umständen im Haupturteil ergeht oder in eine Art Bei-
urteil gekleidet ist und zusammen mit dem Haupturteil ergeht (so beispielsweise in
den Kantonen Aargau und Bern, vgl. Bühler/Edelmann/Killer, a.a.O., N 5 zu § 56
ZPO; Leuch/Marbach /Kellerhals/ Sterchi, a.a.O., N 2b zu Art. 45 ZPO), was auch
in Graubünden möglich ist (vgl. Art. 120 Abs. 1, Art. 124 Abs. 4 ZPO). Damit ist
aber noch nicht gesagt, dass die Hauptpartei legitimiert ist, mit Berufung gegen
das Haupturteil die Nicht-Zulassung des Interventionswilligen zu rügen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin (klagende
Partei im Hauptverfahren) nicht legitimiert ist, gegen die Nicht-Zulassung ihres
Sohnes als Nebenintervenient ein Rechtsmittel zu erheben, da sie durch das An-
fechtungsobjekt nicht beschwert ist. Auf die Beschwerde von HA. Y. ist daher
mangels Beschwer nicht einzutreten.
3.a.
Die Beschwerdeführerin macht keine Ausführungen dazu, wie Art. 33
ZPO vorliegend anzuwenden ist und stellt auch keine Anträge, wie materiell zu
entscheiden ist. Unter dem Titel Rechtsbegehren verlangt sie bloss die Aufhebung
der angefochtenen Verfügung. Die Begründung erschöpft sich darin, dass der Be-
zirksgerichtspräsident in seiner Funktion als Prozessleiter generell nicht zuständig
sei über die Zulassung zur Nebenintervention zu urteilen. Sinngemäss wird damit
die Rückweisung zur Neuentscheidung durch den sachlich zuständigen Richter
beantragt. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführerin die Legitimation zum
Vortrag der Rüge der sachlichen Unzuständigkeit fehlt, wäre die Rüge in der Sa-
che begründet.
b.
Die Meinung der Beschwerdeführerin ist insofern richtig zu stellen,
als sie sich für die Unzuständigkeit des Prozessleiters unter Hinweis auf PKG
1977 Nr. 11 darauf beruft, dass die Sachlegitimation einer Haupt- oder Nebenpar-



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tei nicht bloss prozessrechtlicher Natur, sondern materielle Rechtsfrage sei, die
stets vom Gerichtsplenum zu entscheiden und von Amtes wegen zu prüfen sei.
Soweit sich die darin angesprochene Sachlegitimation auf den Streitgegenstand,
worunter nur das zwischen den Hauptparteien Strittige zu verstehen ist, hier also
erbrechtliche Hinterlassenschaften, bezieht, steht sie bei der Prüfung der Zulas-
sung zur Nebenintervention eben gerade nicht im Brennpunkt. Der Nebeninterve-
nient behauptet nicht, die Hauptparteien verdrängende Ansprüche an den zu tei-
lenden Nachlässen zu haben, was einen Fall von Hauptintervention darstellen
würde, sondern er will lediglich für sich günstige Reflexwirkungen des Urteils er-
zielen. Von "Sachlegitimation" kann in diesem Zusammenhang nur, aber immerhin
insofern die Rede sein, als der Nebenintervenient darzulegen hat, aufgrund wel-
cher anderer materiellrechtlicher Verhältnisse (Rechtsverhältnis zwischen ihm und
der unterstützten Hauptpartei oder der Gegenpartei) seine Rechtsstellung von
dem auf die Hauptparteien lautenden Urteil abhängt. Die Nebenintervention ist ein
prozessuales Recht. Ob das für sie vorauszusetzende Interesse vorhanden ist,
entscheidet das Prozessrecht; das bürgerliche Recht regelt nur die Rechtsbezie-
hungen, in denen dieses [prozessuale] Interesse wurzelt (Stein-Jonas, a.a.O.,
Rdnr. 12 zu § 66 DZPO).
c.
Der Vorderrichter hat ohne nähere Begründung erwogen, beim Ent-
scheid über die Zulässigkeit der Intervention handle es sich entgegen der unter
Hinweis auf PKG 1968 Nr. 21 vertretenen Auffassung der Klägerin nicht einen sol-
chen über eine Prozessvoraussetzung, sondern um eine vom Bezirksgerichtsprä-
sidenten zu treffende prozessleitende Entscheidung. Damit setzt er sich in offenen
Widerspruch zur Praxis zu Art. 49/105 aZPO. In PKG 1968 Nr. 21 (dort hatte die
nicht zugelassene Nebenintervenientin Beschwerde geführt, sodass sich keine
Erwägungen zur Beschwerdelegitimation aufdrängten, vgl. das PKG 1968 Nr. 21
zu Grunde liegende Urteil KGA vom 28. Mai 1968 betreffend S.G. Stiftung gegen
Bezirksgerichtspräsidium Maloja i.S. G.S. und Kons. gegen B.S. und Kons., ZB
9/68 I) hat der Kantonsgerichtsausschuss zur Zuständigkeit ausgeführt: Ob eine
Partei als Intervenient an einer Streitsache zugelassen wird, ist ein prozessuale
Vorfrage. Diese muss gemäss Art. 105 ZPO vom angerufenen Gericht - also vom
Plenum - entschieden werden. Der Gerichtspräsident ist zu dieser Entscheidung
nicht zuständig. Ihm kommt lediglich die Entscheidungsbefugnis darüber zu, ob
diese Vorfrage an einer separaten Verhandlung zu prüfen sei oder ob anlässlich
der Hauptverhandlung vorfrageweise darüber entschieden werden soll. Eine mate-
rielle Überprüfungsbefugnis hat der Instruktionsrichter nicht (die gleiche Auffas-
sung liegt PKG 1971 Nr. 15 zu Grunde, welcher das Berufungsverfahren der Par-



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teien von PKG 1968 Nr. 21 betraf, Urteil Kantonsgericht vom 6./7. September
1971 i.S. G.S. und Kons. gegen B.S. und Kons., ZF 29/71).
aa.
Auch unter der neuen ZPO (Art. 33/93) ist keine Veranlassung gege-
ben, von dieser Praxis abzurücken. Es wird entschieden, ob die Beitrittsvorausset-
zungen für den Nebenintervenienten erfüllt sind. Bereits der damalige Art. 105
ZPO erwähnte die Prozessvoraussetzungen. Gemäss seinem Marginale behan-
delte er "Entscheid(e) über die Vollmachten und Prozessvoraussetzungen". Unter
Prozessvoraussetzungen waren gemäss Abs. 1 "prozessuale Vorfragen und Ein-
reden aller Art, die für das Eintreten auf die Sache entscheidend sind" zu verste-
hen. Die Zulassung zur Nebenintervention war in der Terminologie von Art. 105
Abs. 1 aZPO eine prozessuale Vorfrage (PKG 1968 Nr. 21). Der geltende Art. 93
ZPO (Marginale und Abs. 1) fasst dieses Konglomerat möglicher Entscheidungen
als solche über Prozessvoraussetzungen zusammen.
bb.
Man könnte sagen, der Prozess zwischen den Hauptparteien werde
unabhängig von der Zulassung oder Abweisung der Nebenintervention durchge-
führt, und daraus schliessen, dass es sich nicht um eine Voraussetzung für den
zwischen den Hauptparteien durchzuführenden Prozesses handelt. Die Optik der
Hauptparteien kann indessen nicht massgeblich sein. Der Intervenient kann sich
auch gegen den Willen beider Parteien aufdrängen. Ob hinreichendes Interesse
für eine Intervention gegeben ist, ist vielmehr nur mit Blick auf den, ein eigenes
prozessuales Recht geltend machenden Interventionswilligen zu entscheiden. In
diesem Licht ist der Zulassungsentscheid als ein solcher über eine Prozessvo-
raussetzung zu qualifizieren. Es wird die für den Intervenierenden wichtige Frage
entschieden, ob er mitmachen kann. Da er im Behauptungsstadium der Interventi-
on zu hören und insoweit einstweilen zugelassen ist, wirkt im Übrigen ein nachge-
hender Entscheid über die Nichtzulassung für ihn nicht prozessleitend im engeren
Sinne einer bloss das Verfahren zur Spruchreife fördernden Modalität (vgl. Bene-
dikt A. Suter, Grundsätze der prozessleitenden Entscheidung im Zivilprozess, Ba-
sel 1993, S. 43) sondern prozessbeendend. Er soll unter Umständen endgültig
durch Prozessurteil vom Verfahren ausgeschlossen werden. Dies ist sodann ge-
nau der Regelungsgegenstand der Rechtsmittelbestimmung von Art. 232 ZPO
(Ingress: prozesserledigende Entscheide der Einzelrichter, des Bezirksgerichts-
ausschusses und des Bezirksgerichts, worunter Prozessurteile ohne materielle
Klagebehandlung zu verstehen sind) und dem in Ziff. 1 dieser Bestimmung ge-
nannten Anwendungsfall (Entscheide betreffend Prozessvoraussetzungen (Art.
93)), womit vorausgesetzt ist, dass das Anfechtungsobjekt nicht vom einem In-



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struktionsrichter/Prozessleiter sondern von dem in der Sache zuständigen
Spruchkörper zu stammen hat.
cc.
Die Auffassung, beim Entscheid über die Zulassung zur Intervention
handle es sich um eine rein prozessleitende, und damit in der Zuständigkeit des
Instruktionsrichters fallende Entscheidung, wird manchenorts vertreten (Leuenber-
ger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 2c zu Art. 48 ZPO; Staehelin, a.a.O., S. 63 f.; Walder,
a.a.O., § 13 Rz 12; Staehelin/Sutter, a.a.O., § 10 Rz 27; BJM 2001 S. 199 ff., un-
ter dem Aspekt der Berufungsfähigkeit). Der Begriff "prozessleitend" ist jedoch
unscharf. Nach den Präzisierungen und Abgrenzungen von Suter (a.a.O., S. 59)
kann eine prozessleitende Entscheidung weder die Zulässigkeit noch die Begrün-
detheit selbständiger Rechtsschutzbegehren zum Gegenstand haben. Aber gera-
de darin liegt die Quintessenz der Nebenintervention. Denn der Streithelfer be-
hauptet, er habe zu seinem eigenen Rechtsschutz ein eigenes und selbständiges,
von der Zustimmung einer Hauptpartei unabhängiges Recht auf Verfahrensbeteili-
gung. Unter diesem Aspekt ist demnach die Entscheidung über die Zulassung zur
Nebenintervention nicht als eine prozessleitende zu betrachten.
Will man dessen ungeachtet den Entscheid über die Zulassung zur Nebeninter-
vention als prozessleitend bezeichnen, so muss gefolgert werden, dass dieses
Qualifikationsmerkmal nach dem bündnerischen Prozessrecht ungeeignet ist,
gleichzeitig die Zuständigkeitsfrage zu beantworten. Es gibt auch prozessleitende
Entscheidungen, welche wegen ihrer Tragweite für einen Beteiligten oder das Ge-
richt (Aufwand) nicht - weder einstweilen noch endgültig - in die Zuständigkeit des
Instruktionsrichters fallen sollen. Das sind jene, welche eine Prozessvorausset-
zung betreffen. Über die Zulassung der Nebenintervention hat das Gericht zu ent-
scheiden (ZR 78 (1979) Nr. 53; Frank/Sträuli/Messmer, N 11 zu § 44 ZPO; Gulde-
ner, a.a.O., S. 308; in gleichem Sinne auch Leuenberger/Uffer-Tobler, a.a.O., N 2b
und c zu Art. 48 ZPO, welche die Entscheidung zwar als prozessleitend einstufen,
sie jedoch als einer Prozessvoraussetzung vergleichbar der Rechtsverweige-
rungsbeschwerde unterstellen). Nach bündnerischem System kann der Prozess-
leiter/Instruktionsrichter nicht über Prozessvoraussetzungen urteilen; dies ist dem
in der Hauptsache zuständigen Spruchkörper, sei es in Form einer Vorab-
Entscheidung gemäss Art. 93 Abs. 1 ZPO, welche der Prozessleiter in eigener
Kompetenz zwar anordnen aber nicht selbst vornehmen kann, sei es in Form ei-
nes Beiurteils anlässlich der Beurteilung der Hauptsache durch das Gericht (vgl.
Art. 120 Abs. 1, Art. 123 Abs. 4 ZPO).



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d.
Ist die Praxis gemäss PKG 1968 Nr. 21 weiterhin aufrecht zu erhal-
ten, ergibt sich, dass vorinstanzlich ein sachlich unzuständiger Richter verfügt hat.
Da der Beschwerdeführerin - so oder anders - keine eigene Legitimation zukommt,
die Überprüfung der ausschliesslich ihren Sohn beschwerenden Nichtzulassung
als Streithelfer zu verlangen, ist nicht Gelegenheit geboten, den Makel der Ent-
scheidung durch einen unzuständigen Richter zu beseitigen - auch nicht von Am-
tes wegen. Könnte die Beschwerdeführerin die Entscheidung selbst dann nicht
überprüfen lassen, wenn erstinstanzlich der sachlich zuständige Richter entschie-
den hätte, ist nicht einzusehen, mit welcher eigenen Legitimation sie dessen sach-
liche Unzuständigkeit rügen könnte. Wenn sie es nicht in der Sache überprüfen
lassen kann, kann sie es auch nicht bezüglich der formellen Voraussetzungen.
4.
Im Sinne eines obiter dictum mag zur Anwendung der Vorausset-
zungen der Nebenintervention auf den gegenständlichen Fall Folgendes erwogen
werden:
Wie gesehen, ist unverzichtbar, dass der Nebenintervenient ein eigenes
und rechtliches Interesse am Obsiegen der von ihm unterstützten Hauptpartei hat.
Ein irgendwie geartetes Interesse ist unzureichend. Rechtlich genügend ist nur,
wenn der Prozessausgang Auswirkungen auf ein Rechtsverhältnis zwischen der
unterstützten Hauptpartei (hier die klagende Mutter) und dem Streithelfer (hier der
intervenierende Sohn) hätte (SGGVP 1996 S. 155). Der Nebenintervention wie
auch der Streitverkündung muss ein Rechtsverhältnis zwischen der unterstützten
Hauptpartei und der Nebenpartei zu Grunde liegen. Von einem Interesse rechtli-
cher Natur ist nur dann zu sprechen, wenn durch den Prozessverlust der unter-
stützten Partei die Rechtslage des Unterstützenden verschlechtert wird (Walther J.
Habscheid, schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, 2. A.
Basel 1990, Rz 316); es müssen dem Streithelfer also indirekt (Teil)Verlust eige-
ner Rechte und/oder Anwachsen von rechtsverbindlichen Pflichten drohen. Ein
rechtliches Interesse haben beispielsweise der Gewährspflichtige im Prozess ei-
nes Käufers mit Dritten wegen Entwehrung, im Prozess des Zessionars mit dem
Schuldner um die abgetretene Forderung; der Solidargläubiger oder -schuldner im
Prozess eines Mitgläubigers oder Mitschuldners; der Vermächtnisnehmer in Strei-
tigkeiten der Erben mit Erbschaftsgläubigern (im Hinblick auf Art. 486 Abs. 1 ZGB)
etc. (Leuch/Marbach/Kellerhals, a.a.O., N 1b zu Art. 44 ZPO; Staehelin/Sutter,
a.a.O., § 10 N 24). Eine Nebenintervention ist somit zuzulassen, wenn der Neben-
intervenient befürchten muss, eine Hauptpartei werde im Fall ihres Unterliegens
gegen ihn Ansprüche auf Gewährleistung oder Schadloshaltung erheben oder er



10


werde Rechte gegenüber der Hauptpartei einbüssen, wenn diese im Prozess un-
terliege. Ein rechtliches Interesse kann aber auch gegeben sein, wenn das Urteil,
das zwischen den Hauptparteien ergeht, nur faktisch gegenüber dem Dritten prä-
judiziell wirkt, so dass die Annahme begründet ist, je nach Ausgang des Prozes-
ses werde es zu einem Hauptprozess zwischen einer Hauptpartei und dem Dritten
kommen (Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. A. Zürich 1979, S.
306). Eine derartige Abhängigkeit des Rechtsverhältnisses zwischen Klägerin und
Streithelfer von dem durch das Bezirksgericht Surselva zu fällenden Urteil besteht
nicht. Das Rechtsverhältnis zwischen Mutter und Sohn ist dadurch überhaupt nicht
betroffen. Selbst wenn seine Mutter im erbrechtlichen Prozess gegen die Ge-
schwister zu kurz kommen sollte, wird die potentielle erbrechtliche Stellung von
HR. Y. gegenüber dem Nachlass seiner Mutter davon nicht tangiert. Der Sohn ist
nicht Nacherbe im technischen Sinn. Der Einfluss auf die Höhe der Erbanwart-
schaft des Sohnes im Verhältnis zur Mutter ist kein rechtliches Interesse, ebenso
wenig das landwirtschaftliche Pachtverhältnis, da dieses nicht zur Mutter besteht.
Allenfalls wird die wirtschaftliche Vermögenslage von HR. Y. von diesem Prozess
beeinflusst, hingegen hängen nicht seine Rechte und Pflichten gegenüber seiner
Mutter und/oder seinem Onkel oder seiner Tante davon ab. Ökonomisches oder
sittliches Interesse am Obsiegen einer Hauptpartei oder familiäre, freundschaftli-
che Beziehungen zu derselben genügen nicht (Leuch/Marbach/Kellerhals, a.a.O.,
N 1a zu Art. 44 ZPO; Guldener, a.a.O., S. 305, 306 Anm. 4, Leuenberger/Uffer-
Tobler, a.a.O., N 2a zu Art. 48 ZPO; Nina J. Frei: Die Interventions- und Gewähr-
leistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Zürich 2005, S. 11; einlässlich zu den
Voraussetzung des eigenen und rechtlichen Interesse des Nebenintervenienten:
Stein-Jonas, a.a.O., Rdnrn. 12-17 zu § 66 DZPO). Auch der Hinweis des Sohnes,
seine alte und kranke Mutter brauche seine Unterstützung im Prozess, ist im Zu-
sammenhang mit der Nebenintervention nicht hilfreich, weil es nicht das eigene
Interesse des Intervenierenden ist.
5.a.
Wird auf die Beschwerde nicht eingetreten, gehen die in Anwendung
von Art. 5 lit. b und Art. 8 Abs. 1 Kostentarif auf Fr. 1'480.— festzusetzenden Kos-
ten des Beschwerdeverfahrens (Gerichtsgebühr Fr. 1'300.—, Schreibgebühr Fr.
180.—) gemäss Art. 122 Abs. 1 ZPO vollumfänglich zu Lasten der unterlegenen
Beschwerdeführerin.
b.
Die Beschwerdeführerin wird im gleichen Umfang entschädigungs-
pflichtig, wie sie unterliegt, (Art. 122 Abs. 3 ZPO). Der Rechtsvertreter des obsie-
genden Beschwerdegegners PG. hat weder eine Honorarnote eingelegt noch den



11


geltend gemachten Anspruch auf Prozessentschädigung sonst wie beziffert, so
dass der Kantonsgerichtsausschuss den für eine gehörige Vertretung notwendi-
gen Aufwand schätzungsweise festsetzt. Dem ausgesprochen bescheidenen Auf-
wand ist eine Entschädigung von 400 Franken (MWST eingeschlossen) angemes-
sen. Die Beschwerdegegnerin MG. hat sich am Beschwerdeverfahren nicht betei-
ligt, weshalb eine Prozessentschädigung an sie ausser Betracht fällt.



12


Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1.
Auf die Beschwerde von HA. Y. wird nicht eingetreten.
2.
HA. Y. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1'480.— (Ge-
richtsgebühr Fr. 1'300.—; Schreibgebühr Fr. 180.—).
3.
HA. Y. ist verpflichtet, PG. für das Beschwerdeverfahren mit 400 Franken
(MWST eingeschlossen) zu entschädigen.
4. Mitteilung
an:
__________
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Präsident:
Der Aktuar:


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