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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZB-04-47: Kantonsgericht Graubünden

Die Beklagte A. war als Geschäftsführer des Restaurants und der Bar angestellt, kündigte jedoch während der Probezeit. Es kam zu Differenzen bezüglich des Lohnes. Der Kläger B. forderte CHF 6'330.- brutto. Das Gericht entschied, dass A. B. CHF 3'980.50 netto zahlen muss. Die Gerichtskosten von CHF 2'500.- trägt die Gerichtskasse. A. muss B. eine Umtriebsentschädigung von CHF 300.- zahlen. Die Beschwerde von A. wurde abgewiesen, keine Kosten erhoben.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZB-04-47

Kanton:GR
Fallnummer:ZB-04-47
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZB-04-47 vom 29.11.2004 (GR)
Datum:29.11.2004
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung aus Arbeitsvertrag
Schlagwörter : Urlaub; Beschwerdegegner; Vorinstanz; Ferien; Urteil; Davos; Recht; Urlaub“; Kantonsgericht; Arbeitsvertrag; Abwesenheit; “Urlaub; Kantonsgerichtsausschuss; Vertrag; “Urlaub“; Ferien“; Prättigau/Davos; Höhe; Arbeitsverhältnis; Klägers; “Ferien“; Schweiz; Konsens; Bezirksgericht
Rechtsnorm:Art. 1 OR ;Art. 102 OR ;Art. 119 OR ;Art. 119 ZPO ;Art. 18 OR ;Art. 232 ZPO ;Art. 233 ZPO ;Art. 235 ZPO ;Art. 323a OR ;Art. 329c OR ;Art. 339 OR ;Art. 343 OR ;Art. 69 OR ;Art. 8 ZGB ;
Referenz BGE:129 I 49;
Kommentar:
Schweizer, Riklin, Kommentar Schweizerische Strafprozessordnung, Zürich, Art. 428 StPO, 2010

Entscheid des Kantongerichts ZB-04-47

Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
_____
Ref.:
Chur, 29. November 2004
Schriftlich mitgeteilt am:
ZB 04 47

Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen
Rehli und Sutter-Ambühl
Aktuarin ad hoc
Bühler
——————
In der zivilrechtlichen Beschwerde
der A . , Beklagte und Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur.
Annemarie Hew, Promenade 60, 7270 Davos Platz,

gegen

das Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Prättigau/Davos vom 23. September
2004, mitgeteilt am 5. Oktober 2004, in Sachen des B., Kläger und Beschwerde-
gegner, gegen die Beklagte und Beschwerdeführerin,
betreffend Forderung aus Arbeitsvertrag,
hat sich ergeben:



2


A.
B. wurde mit Vertrag vom 31. Oktober 2003 ab 1. November 2003
als Geschäftsführer des Restaurants “X.“ und der Bar “Y.“ angestellt. Vom 8. bis
16. November 2003 war der Arbeitnehmer in den Ferien. Mit Schreiben vom 18.
November 2003 kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis noch während
der Probezeit auf den 24. November 2003. In der Folge ergaben sich Differenzen
bezüglich des dem Kläger zustehenden November-Lohnes 2003.
B.
Mit Vermittlungsbegehren vom 20. Januar 2004 gelangte B. an den
Kreispräsidenten Davos. Anlässlich der Sühneverhandlung vom 11. Februar 2004
deponierte der Kläger folgendes Rechtsbegehren:

„Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 6'330.00 brutto nebst
Zins zu 5% ab dem 1. Dezember 2003 unter Kostenund Entschädigungs-
folge zu Lasten der Beklagten zu bezahlen.“

C.
Mit Prozesseingabe vom 26. Februar 2004 prosequierte der Kläger
den Leitschein an den Bezirksgerichtsausschuss Prättigau/Davos. Das Rechtsbe-
gehren ist unverändert geblieben. Zur Begründung legte der Kläger unter anderem
dar, die Parteien seien am 31. Oktober 2003 einen Arbeitsvertrag eingegangen.
Arbeitsbeginn sei der 1. November 2003 gewesen. Zudem sei ausdrücklich ver-
einbart worden, dass der Kläger zwischen dem 8. und 16. November 2003 bezahl-
ten Urlaub beziehen würde. Noch innert der Probezeit habe er unter Einhaltung
der Kündigungsfrist von sieben Tagen das Arbeitsverhältnis am 18. November
2003 per 24. November 2003 gekündigt. Die Beklagte weigere sich nun, ihm den
Lohn für den 1. bis zum 24. November 2003 zu bezahlen. Dieser entspräche 4/5
des Gehaltes gemäss Arbeitsvertrag (Fr. 7’200.--), mithin also Fr. 5'760.--. Hinzu
kämen 3,29 Freitage, die betragsmässig Fr. 570.25 ausmachten. Demnach resul-
tiere ein Guthaben von brutto Fr. 6'330.25. Vorliegend werde der abgerundete Be-
trag von brutto Fr. 6'330.-geltend gemacht. Ferner sei auch klar, dass mit der
Fälligkeit per 1. Dezember 2003 auch die Verzinsung des ausstehenden Novem-
ber-Lohnes in Höhe von 5% p. a. zu laufen begonnen habe. Mit Einschreibe-Brief
vom 15. Dezember 2003 habe der Kläger C., Mitglied des Verwaltungsrates der
Beklagten, eingeladen, ihm den genannten Betrag auszubezahlen und ihn darauf
hingewiesen, dass die Fälligkeit des Lohnguthabens per Ende November 2003
gegeben sei. Weil die Beklagte überhaupt nicht reagiert, sondern gegenüber Me-
dien und Dritten den Namen des Klägers in Verruf zu bringen versucht habe, habe
der Kläger C. mit Einschreibe-Brief vom 12. Januar 2004 nochmals aufgefordert,
den November-Lohn zu überweisen. Dieser Aufforderung sei die Arbeitgeberin



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jedoch bis heute nicht nachgekommen, so dass die Instanzierung der vorliegen-
den Klage unumgänglich geworden sei.
D.
Mit Prozesseingabe vom 13. April 2004 stellte die Beklagte folgendes
Rechtsbegehren:

„Es sei die Klage im Umfang von CHF 2'905.60 gutzuheissen und im Rest-
betrag abzuweisen;


unter aussergerichtlicher Entschädigungsfolge zuzüglich MWST zulasten
des Klägers.“

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe C. im Rahmen der Ver-
tragsverhandlungen darauf hingewiesen, dass er für die Zeit vom 8. bis 16. No-
vember 2003 Ferien plane, worauf letzterer ihn gebeten habe, von dieser Reise im
Hinblick auf den per Anfang November 2003 geplanten Stellenantritt abzusehen.
Der Kläger habe allerdings erklärt, dass er die Reise bereits gebucht habe und
nicht bereit sei, auf diese zu verzichten. Es sei schliesslich zwischen den Parteien
vereinbart worden, dass die Abwesenheit des Klägers von diesem als unbezahlten
Urlaub zu beziehen sei. Am 31. Oktober 2003 sei es zu einer letzten Besprechung
über den Arbeitsvertrag mit dem Kläger gekommen. Seitens der Arbeitgeberin
seien die Herren C. und D., beide Mitglieder des Verwaltungsrates der Beklagten,
anwesend gewesen. Anlässlich der Besprechung vom 31. Oktober 2003 habe der
Kläger erstmals den von ihm formulierten schriftlichen Arbeitsvertrag vorgelegt,
welcher sich auf die vorangegangenen Verhandlungen mit C. gestützt habe. Die-
ser sei dann gemeinsam durchgelesen und besprochen worden, wobei kleinere
Modifikationen handschriftlich angebracht worden seien. Auch das Thema der be-
absichtigten Abwesenheit des Klägers vom 8. bis 16. November 2003 sei erneut
zur Sprache gekommen. Dabei sei für alle Anwesenden klar gewesen, dass die
Reise, auf deren Antritt der Kläger bestanden hatte, als unbezahlter Urlaub gelte.
Dies habe entsprechend auch in Ziffer 9 des Arbeitsvertrages Eingang gefunden,
wo ausdrücklich von der Genehmigung des Urlaubes Vormerk genommen worden
sei. Im Hinblick auf die Abwesenheit des Klägers sei sodann die Probezeit gemäss
Ziffer 1.2. des Arbeitsvertrages auf den 8. Dezember 2003 und nicht bereits auf
das Ende des Monats November 2003 angesetzt worden. Nach Kündigung und
Beendigung des Arbeitsverhältnisses wurde dem Beschwerdegegner eine Lohn-
abrechnung für die im November 2003 gearbeiteten Tage zugestellt. Gemäss die-
ser Lohnabrechnung vom 26. November 2003 (act. KB 8), anerkennt die Beklagte
eine Nettoschuld aus dem Arbeitsvertrag mit dem Kläger in Höhe von Fr. 2'905.60.
Da der Kläger sich geweigert habe, Angaben über seine Bankverbindung zu ma-



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chen, habe das Guthaben von netto Fr. 2'905.60 bis heute nicht überwiesen wer-
den können.
E.
Mit Urteil vom 23. September 2004, mitgeteilt am 5. Oktober 2004,
erkannte der Bezirksgerichtsausschuss Prättigau/Davos:
„1. Die Klage des B. wird teilweise gutgeheissen und die A. wird verpflich-
tet, B. netto Fr. 3'980.50 zu bezahlen, zuzüglich 5% Zins seit dem 1.
Dezember 2003.

2. Die Kosten des Kreisamtes Davos in Höhe von Fr. 200.00 gehen zu-
lasten der Kreiskasse Davos. Die Kosten des Bezirksgerichtsaus-
schusses Prättigau/Davos, bestehend aus:

-
einer Gerichtsgebühr von
Fr.
2'000.00
-
Schreibgebühren von
Fr.
480.00
-
Barauslagen von
Fr.
20.00
total somit von
Fr.
2'500.00
gehen zulasten der Gerichtskasse (Art. 343 Abs. 2 OR in Verbindung
mit Art. 343 Abs. 3 OR).

3. Die A. hat B. eine Umtriebsentschädigung in Höhe von Fr. 300.00 zu
bezahlen.
4. (Rechtsmittelbelehrung)
5. (Mitteilung)“
In den Erwägungen, die zu diesem Urteil geführt haben, wurde dargetan,
dass aus dem Gebrauch der unterschiedlichen Begriffe “Urlaub“ und “Ferien“, ent-
gegen der beklagtischen Auffassung, nicht geschlossen werden könne, bei der
Abwesenheit des Arbeitnehmers vom 8. bis 16. November 2003 habe es sich um
einen unbezahlten Urlaub gehandelt. Vielmehr sei diese sprachliche Differenzie-
rung auf die deutsche Herkunft des Klägers zurückzuführen, sei es doch im deut-
schen Sprachgebrauch allgemein üblich, von “Urlaub“ bzw. “unbezahltem Urlaub“
zu sprechen, während in der Schweiz gewöhnlich der Ausdruck “Ferien“ bzw. “un-
bezahlte Ferien“ verwendet werde. Hinzu käme, dass D. selbst eingeräumt habe,
nicht mit Sicherheit sagen zu können, ob das Wort “unbezahlter Urlaub“ anlässlich
der mündlichen Besprechung des Arbeitsvertrages vom 31. Oktober 2003 konkret
ausgesprochen worden sei nicht. Vor diesem Hintergrund fehle die zuverläs-
sige Kenntnis darüber, ob die Parteien damals tatsächlich eine unbezahlte Abwe-
senheit vereinbart hätten. Auf jeden Fall aber hätte es an der Beklagten gelegen,
die Situation eindeutig zu klären. Im Ergebnis müsse es beim alltäglich Üblichen
bleiben, was bedeute, dass es sich beim “Urlaub“ vom 8. bis 16. November 2003
um eine bezahlte Abwesenheit gehandelt habe. Aus dem Umstand, dass die zeit-



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liche Terminierung dieses Urlaubs der Beklagten nicht gepasst habe, könne nicht
geschlossen werden, hierbei habe es sich um einen unbezahlten Urlaub gehan-
delt. Die Vorinstanz hat sodann dieser Erkenntnis eine detaillierte Berechnung des
dem Kläger zustehenden Nettolohnes für den Monat November 2003 zugrunde
gelegt. Danach resultiert nach Abzug der zuviel bezogenen Freitage ein Nettogut-
haben zugunsten von B. in Höhe von Fr. 3980.50. Bezüglich des Verzugszinses
wurde schliesslich ausgeführt, dieser sei gemäss Art. 102 Abs. 2 OR und unter
Berücksichtigung von Art. 119 ZPO, wie vom Kläger gefordert, ab dem 1. Dezem-
ber 2003 geschuldet.
F.
Gegen diesen Entscheid liess die A. mit Eingabe vom 26. Oktober
2004 beim Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden Beschwerde erheben. Ihre
Rechtsbegehren lauten:
„1. Es sei Ziff. 1 des Urteiles der Vorinstanz vom 23. September 2004
aufzuheben und die Beschwerdeführerin zu verpflichten, dem Be-
schwerdegegner netto CHF 3'346.20 bzw. brutto CHF 4'770.15 zu be-
zahlen;

2. Es sei Ziff. 3 des Urteiles der Vorinstanz vom 23. September 2004
aufzuheben und der Beschwerdegegner zu verpflichten, der Be-
schwerdeführerin für das erstinstanzliche Verfahren eine vermittler-
amtliche, gerichtliche und aussergerichtliche Entschädigung in der
Höhe von CHF 3'570.-zuzügl. MWST zu bezahlen;

3. Eventualiter sei das Urteil der Vorinstanz vom 23. September 2004
aufzuheben und zur Ergänzung des Beweisverfahrens mittels Einver-
nahme von Herr C., Z., 7270 Davos Platz als Zeuge an diese zurück-
zuweisen;

alles unter gerichtlicher und aussergerichtlicher Entschädigungsfolge zulas-
ten des Beschwerdegegners.“

Die Beschwerdeführerin rügte nebst einer Verletzung von Art. 8 ZGB eine
solche von Art. 1 OR und Art. 18 OR, da die Vorinstanz es gänzlich unterlassen
habe, zu prüfen, ob zwischen den Vertragsparteien ein tatsächlicher zumin-
dest ein normativer Konsens vorgelegen habe. Ausserdem seien hinsichtlich der
Begriffe “Ferien“ und “Urlaub“ bzw. “bezahlte/unbezahlte Ferien“ und “bezahl-
ter/unbezahlter Urlaub“ widerlegbare willkürliche - da ohne jegliche Quellenver-
weise angestellte - Tatsachenannahmen getroffen worden. Schliesslich läge eine
Verletzung von Beweisvorschriften vor, da die Vorinstanz eine Einvernahme von
C. als Zeuge in ungerechtfertigter Weise abgelehnt habe. Dadurch sei gleichzeitig
die in Art. 343 Abs. 4 OR für arbeitsrechtliche Streitigkeiten vorgesehene Untersu-
chungsmaxime verletzt worden. Im Einzelnen bejahte die Beschwerdeführerin in
ihrer Beschwerdeschrift das Vorliegen sowohl eines tatsächlichen als auch eines



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normativen Konsenses hinsichtlich der Qualifikation der arbeitsfreien Tage des
Beschwerdegegners vom 8. bis 16. November 2003. Um dies zu belegen zitierte
sie verschiedene Literaturstellen und Gesetzesbestimmungen, wonach nach
schweizerischem Sprachgebrauch im Falle der Unentgeltlichkeit stets von “Urlaub“
und nicht von “Ferien“ gesprochen würde. Da der Beschwerdegegner sich bereits
seit mehreren Jahren in der Schweiz aufhalte und somit mit den hiesigen Usanzen
und Sprachgebräuchen bestens vertraut sei, habe die Beschwerdeführerin nicht
davon ausgehen können und müssen, dass der Beschwerdegegner in Anwendung
des Begriffes “Urlaub“ eine bezahlte Abwesenheit anstreben würde. Der Be-
schwerdegegner sei somit auf dessen Aussage in deren objektiven Sinn zu behaf-
ten und die Beschwerdeführerin in ihrem Verständnis der gegnerischen Wil-
lensäusserung zu schützen. Von der Unentgeltlichkeit der arbeitsfreien Tage vom
8. bis 16. November 2003 ausgehend, anerkannte die Beschwerdeführerin einen
dem Beschwerdegegner zustehenden November-Lohn 2003 in Höhe von Fr.
3346.20. Bezüglich des Zinsenlaufes wurde schliesslich moniert, die Vorinstanz
habe ausser Acht gelassen, dass der Beschwerdegegner die ihm am 5. Februar
2004 schriftlich angebotene Zahlung verweigert habe und damit in Annahmever-
zug geraten sei. Ein Verzugszins sei demnach längstens bis zum 5. Februar 2004
geschuldet. In diesem Zusammenhang deutete sie überdies an, dass ihres Erach-
tens gar kein Verzugszins geschuldet sei, zumal der Lohnrückbehalt aufgrund ei-
ner notwendigen polizeilichen Untersuchung gerechtfertigt gewesen sei.
G.
Sowohl B. als auch das Bezirksgericht Prättigau/Davos liessen sich
zu den in der Beschwerde gestellten Anträgen vernehmen.
Auf die Begründung der Anträge sowie die vorinstanzlichen Erwägungen
wird, soweit erforderlich, im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen eingegan-
gen.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1.a) Nach Art. 232 ZPO kann unter anderem gegen nicht berufungsfähige
Urteile beim Kantonsgerichtsausschuss wegen Gesetzesverletzung Beschwerde
geführt werden. Der Kantonsgerichtsausschuss überprüft im Rahmen der Be-
schwerdeanträge, ob das Ergebnis, zu dem die untere Instanz gelangt ist,
das diesem vorangegangene Verfahren Gesetzesbestimmungen verletzt, welche
für die Beurteilung der Streitsache wesentlich sind (Art. 235 Abs. 1 ZPO). Nach
Abs. 2 dieser Bestimmung sind die Feststellungen der Vorinstanz über tatsächli-



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che Verhältnisse für die Beschwerdeinstanz bindend, wenn sie nicht unter Verlet-
zung von Beweisvorschriften zustande gekommen sind sich als willkürlich
erweisen. Wenn nun das Gesetz als Beschwerdegrund die willkürliche Tatsachen-
feststellung in den Vordergrund stellt, bedeutet dies gleichzeitig, dass nicht jede
Beweiswürdigung auf ihre Richtigkeit Unrichtigkeit hin überprüft werden kann.
Dazu braucht es vielmehr eine offensichtlich unhaltbare Wertung der Beweise, die
sich mit sachlichen Gründen nicht mehr vertreten lässt. Dasselbe gilt grundsätzlich
auch dort, wo das Gesetz dem Richter einen Ermessensspielraum einräumt. Hier
liegt nur dann eine Rechtsverletzung vor, wenn sich der Gebrauch des Ermessens
als missbräuchlich erweist wenn das Ermessen unterbzw. überschritten
wird, das heisst, wenn sich ein Ermessensentscheid auf keine sachlich vertretba-
ren Gründe abstützen lässt dem Gerechtigkeitsgedanken in stossender Wei-
se zuwiderläuft (PKG 1987 Nr. 17). Die Beschwerde ist somit unter dieser be-
schränkten Kognitionsbefugnis zu prüfen.
b)
Zunächst stellt sich die Frage, ob auf die Beschwerde eingetreten
werden kann; die soeben beschriebene Willkürkognition bedeutet nämlich, dass in
der Beschwerdeschrift dargelegt werden muss, inwiefern die Tatsachenfeststel-
lungen der Vorinstanz willkürlich sind bzw. Beweisvorschriften Rechtsätze
verletzt wurden (vgl. Urteil des Bundesgerichtes vom 27. Februar 2004;
4P.262/2003 E. 1 betreffend staatsrechtliche Beschwerde). Im zu beurteilenden
Fall begnügt sich die Beschwerdeführerin in erster Linie damit, appellatorische
Kritik am angefochtenen Urteil zu üben und ihre eigene Meinung an die Stelle je-
ner der Vorinstanz zu setzen. Auf die davon betroffenen Punkte ist im Lichte der
vorgängigen Erwägungen nicht näher einzugehen. In den einleitenden Bemerkun-
gen auf Seite 3 der Beschwerdeschrift wurde dagegen explizit Willkür in Zusam-
menhang mit den vorinstanzlichen Feststellungen bezüglich der Ausdrücke “Ur-
laub“ und “Ferien“, bzw. deren Entgeltlichkeit, geltend gemacht. Auf Seite 6 der
Beschwerde wurde sodann hierzu erklärend ausgeführt, die getroffenen Tatsa-
chenfeststellungen liessen sich nicht belegen und seien schlichtweg unrichtig. Des
Weiteren wurde die Tatsache, dass C. nicht als Zeuge zugelassen wurde, als Ver-
letzung von Beweisvorschriften, bzw. als willkürlich, gerügt. Schliesslich habe der
Bezirksgerichtsausschuss Prättigau/Davos Gesetzesrecht verletzt, indem er das
Vorliegen eines Konsenses nach Art. 1 OR bzw. Art. 18 OR nicht geprüft habe.
Alle diese im vorliegenden Beschwerdeverfahren auf ihre Begründetheit hin zu
prüfenden Rügen beziehen sich auf die Frage, ob die von B. bezogenen Freitage
als unbezahlte als bezahlte Abwesenheit zu qualifizieren seien.



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2.a) Das
kantonale
Prozessrecht für zivilrechtliche Arbeitsstreitigkeiten
wird durch Art. 343 OR bundesrechtlich determiniert. Nach Abs. 4 desselben Arti-
kels, hat der Richter bei diesen Streitigkeiten den Sachverhalt von Amtes wegen
festzustellen. Dieses Verfahren ist auch von der nächst höheren kantonalen In-
stanz einzuhalten, an welche die Streitsache weiter gezogen wird (Rehbinder,
Schweizerisches Arbeitsrecht, 15. Auflage, Bern 2002, § 35 N 637, S. 290 f.). Die
Untersuchungsmaxime gilt indes nicht uneingeschränkt; Beweise sind vielmehr
nur zu erheben, wenn sie für die Sachverhaltsabklärung und Beweiswürdigung
erheblich sind. Die antizipierte Beweiswürdigung wird folglich durch Art. 343 Abs.
4 OR nicht ausgeschlossen.
b)
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde beantragt, es sei -
falls der Kantonsgerichtsausschuss ihre Beschwerde abweisen sollte - die Sache
in Anwendung von Art. 235 Abs. 3 zweite Satzhälfte ZPO zur Ergänzung des Be-
weisverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im Einzelnen machte sie gel-
tend, es sei die Einvernahme von C., welcher massgeblich am Vertragsschluss mit
dem Beschwerdegegner beteiligt gewesen sei und demnach wesentliche Aussa-
gen in Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen machen könne, nachzuho-
len. Diesem Antrag der Beschwerdeführerin ist jedoch entgegenzuhalten, dass in
antizipierter Beweiswürdigung mit der notwendigen Sicherheit vorauszusehen ist,
dass C. anlässlich seiner Befragung bestätigen würde, dass (wenn auch still-
schweigend) ein unbezahlter Urlaub vereinbart worden sei, seine Aussage als
Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin also mit derjenigen seines bereits zur Sa-
che befragten Partners D. übereinstimmen würde. Ebenso zu berücksichtigen gilt
es, dass Aussagen von Verwaltungsräten ohnehin mit Zurückhaltung zu würdigen
sind, decken sich ihre Interessen doch weitgehend mit denjenigen des Unterneh-
mens. Damit steht fest, dass auch nach einer Befragung von C. “Aussage gegen
Aussage“ stehen würde und somit seine Angaben am Beweisergebnis nichts än-
dern würden. Die Unterlassung der Einvernahme von C. durch den Bezirksge-
richtsausschuss Prättigau/Davos ist demnach nicht zu beanstanden. Die Frage, ob
es sich, wie die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung vom 8. November 2004 dar-
gelegt hat, beim Zeugenantrag der Beschwerdeführerin um ein neues Beweismit-
tel, welches nach Art. 233 Abs. 2 ZPO im Beschwerdeverfahren unzulässig wäre,
handelt, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.
3.a) Der Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach die Erwägungen
der Vorinstanz zum Sprachgebrauch der Begriffe “Urlaub“ und “Ferien“ in der
Schweiz bzw. in Deutschland willkürlich seien, kann, wie nachfolgend aufzuzeigen



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sein wird, nicht gefolgt werden. Willkürlich ist ein Entscheid nach der bundesge-
richtlichen Rechtsprechung nicht bereits dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls
vertretbar gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn er offensichtlich unhalt-
bar ist, insbesondere mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht,
eine Norm einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt in stos-
sender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Die Aufhebung eines
Entscheides rechtfertigt sich zudem nur, wenn er nicht nur in einzelnen Punkten
der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (Urteil des Bundesge-
richtes vom 27. Februar 2004; 4P.262/2003 E. 1). Die Erwägung der Vorinstanz,
B. habe den Ausdruck “Urlaub“ wohl aufgrund seiner deutschen Herkunft - nicht
im Sinne von unbezahltem Urlaub verwendet, erscheint dem Kantonsgerichts-
ausschuss durchaus vertretbar, ist es doch allgemein bekannt, dass unsere deut-
schen Nachbarn (umgangssprachlich) häufig davon reden, “Urlaub zu machen“
“in Urlaub zu gehen“, womit sie regelmässig bezahlten Urlaub meinen. Dass
diese Feststellung der Vorinstanz derart unhaltbar sei und jeglicher Grundlage
entbehre, kann somit keineswegs gesagt werden.
b)
Des Weiteren kann der Beschwerdeführerin nicht darin beigepflichtet
werden, es habe ein tatsächlicher Konsens zwischen den Vertragsparteien vorge-
legen, finden sich doch in den Akten keinerlei Anhaltspunkte, die den Schluss na-
he legen, dass diese übereinstimmend das gleiche gewollt hätten. Aus der Aussa-
ge des Zeugen D., wonach der Beschwerdegegner anlässlich der Besprechung
vom 31. Oktober 2003 der Auffassung von ihm und C. nicht widersprochen
ausdrücklich erklärt habe, es handle sich um bezahlte Ferien, kann ein solcher
jedenfalls nicht abgeleitet werden, ist doch zu bedenken, dass B. allenfalls gar
nicht in Betracht gezogen hat, es könnte sich um eine unentgeltliche Abwesenheit
handeln.
c)
Dem Argument der Beschwerdeführerin, sie sei nach dem Vertrau-
ensprinzip in ihrem Verständnis der gegnerischen Willensäusserung zu schützen,
ist sodann entgegenzuhalten, dass es aufgrund der Geschäfts-Erfahrung von C.
und D. als Verwaltungsräte an diesen gelegen hätte, diesen umstrittenen Punkt
anlässlich der Verhandlungen zu klären. Gegen einen Vertrauensschutz und damit
gegen das Vorliegen eines normativen Konsenses sprechen aber auch noch wei-
tere Umstände: So steht namentlich ausser Zweifel, dass ein unbezahlter Urlaub
im Verlaufe eines Arbeitsverhältnisses eher ungewöhnlich ist. Da nun B. sich of-
fenbar nicht dahingehend geäussert und auch nicht angedeutet hat, er sei damit
einverstanden, auf den Lohn für die Zeit seiner Abwesenheit zu verzichten, be-



10


stand keine Veranlassung für die Vertreter der Beschwerdeführerin, den vom Ar-
beitnehmer beantragten und durch sie genehmigten Urlaub in diesem Sinne zu
verstehen. Des Weiteren besteht eine natürliche Vermutung, dass der Arbeitgeber
in der Regel keine zum gesetzlichen Ferienanspruch hinzukommende, zusätzliche
Abwesenheit wünscht. Dieser Umstand spricht somit auch dafür, dass die Abwe-
senheit als Bestandteil der regulären Ferien zu verstehen war, zumindest von
der Beschwerdeführerin nicht anders verstanden werden durfte. Schliesslich ist
darauf hinzuweisen, dass gemäss Art. 329c Abs. 2 OR der Arbeitgeber - unter
Berücksichtigung der Wünsche des Arbeitnehmers - den Zeitpunkt der Ferien be-
stimmt. Vor diesem Hintergrund erscheint denn auch die Formulierung in Ziffer 9
des Arbeitsvertrages, die Urlaubswoche werde “genehmigt“, als eine ganz ge-
wöhnliche Vereinbarung über den Zeitpunkt der dem Arbeitnehmer ohnehin zu-
stehenden Ferien. Aus diesen Darlegungen erhellt, dass auch kein normativer
Konsens zwischen den Vertragsparteien bestanden hat.
d)
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass nach der Unklarheits-
regel “in dubio contra stipulatorem“ bei einer unklaren Vertragsbestimmung derje-
nigen Bedeutung der Vorrang zu geben sei, welche für den Verfasser der auszu-
legenden Bestimmung ungünstiger sei, ist schliesslich entgegenzuhalten, dass
diese Regel vorliegend nicht zum Tragen kommt, da sie auf einen Text, der von
beiden Parteien durchberaten (nicht nur einseitig verlesen und erläutert) wurde,
grundsätzlich keine Anwendung findet (Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Schweizeri-
sches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Band 1, 7. Auflage, Zürich 1998, N
1232).
4.
Die Beschwerdeführerin monierte den dem Beschwerdegegner zu-
gesprochenen Zinsanspruch mit der Begründung, die Vorinstanz habe der Tatsa-
che nicht Rechnung getragen, dass der Beschwerdegegner die ihm am 5. Februar
2004 schriftlich angebotene Zahlung verweigert habe, womit dieser in Annahme-
verzug geraten sei. Ein Verzugszins sei somit längstens bis zum 5. Februar 2004,
dem Datum der Annahmeverweigerung, geschuldet. Überdies wurde geltend ge-
macht, der Lohnrückbehalt finde seine Rechtfertigung in den polizeilichen Unter-
suchungen, welche aufgrund der Ereignisse im Betrieb der Beschwerdeführerin
am letzten Arbeitstag des Beschwerdegegners hätten angeordnet werden müs-
sen.
Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden nach Art. 339 OR alle
Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig. Sodann bestimmt Art. 102 Abs. 2



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OR, dass der Schuldner, wenn sich ein Verfalltag infolge einer vorbehaltenen und
gehörig vorgenommenen Kündigung ergibt, schon mit Ablauf dieses Tages in Ver-
zug gerät. Im konkreten Fall wurde dem Beschwerdegegner lediglich der von der
Beschwerdeführerin anerkannte Nettolohn von Fr. 2'905.60 angeboten (act. KB 8).
Zu beachten gilt es dabei, dass dieser Betrag nicht als Teilleistung deklariert wur-
de. Die angeblich mangelnde Reaktion von B. auf die Aufforderung, seine Bank-
verbindung bekanntzugeben, erscheint dem Gericht als durchaus verständlich,
wollte er doch nicht Gefahr laufen, dass die Lohnabrechnung so wie sie sich prä-
sentierte von ihm als anerkannt gelte. Aber auch in rechtlicher Hinsicht ist das
Verhalten des Beschwerdegegners nicht zu beanstanden, zumal der Gläubiger
nach Art. 69 Abs. 1 OR nicht dazu verpflichtet ist, eine Teilleistung anzunehmen
(Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Bern
2000, N 7.25 S. 42). Die Leistung hat demnach als nicht gehörig angeboten zu
gelten, weswegen der Beschwerdegegner nicht in Annahmeverzug geraten ist.
Was schliesslich das - durch die Beschwerdeführerin gestützt auf die poli-
zeilichen Ermittlungen geltend gemachte - Lohnrückbehalterecht angeht, so ist ein
solches durch Art. 323a OR stark beschränkt. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung
besteht die Möglichkeit des Lohnrückbehalts nur, sofern dies durch Normalar-
beitsvertrag, Gesamtarbeitsvertrag Einzelarbeitsvereinbarung vorgesehen
als üblich anzusehen ist. In jedem Fall aber wird bei Beendigung des Arbeits-
vertrages gemäss Art. 339 Abs. 1 OR auch der zurückbehaltene Lohn fällig (Reh-
binder, a. a. O., § 9 N 187, S. 94).
Im Ergebnis ist die Zusprechung von Verzugszinsen ab dem 1. Dezember
2003, wie dies von B. gefordert wurde, mit Blick auf Art. 119 OR, wonach das Ge-
richt einer Partei nicht mehr zusprechen darf, als sie selbst verlangt hat, nicht zu
beanstanden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Vorinstanz weder
willkürliche Tatsachenfeststellungen getroffen noch Beweisvorschriften verletzt hat
und ihr Entscheid auch in rechtlicher Hinsicht keine Mängel aufweist. Endlich ist
das vorinstanzliche Urteil, wo der Lohn im Umfang der für die kurze Vertragsdauer
verhältnismässig zuviel bezogenen Freitage zu Recht reduziert wurde, auch im
Ergebnis nicht willkürlich (BGE 129 I 49 E. 4). Die Beschwerde der A. ist demnach
vollumfänglich abzuweisen und der vorinstanzliche Entscheid ist zu bestätigen.



12


5.
Nach Art. 343 Abs. 2 und 3 OR dürfen bei Streitigkeiten aus dem Ar-
beitsverhältnis bis zu Fr. 30'000.-- den Parteien weder Gebühren noch Auslagen
des Gerichts auferlegt werden, weshalb für das Beschwerdeverfahren keine Kos-
ten erhoben werden. Bei diesem Verfahrensausgang steht auch fest, dass sich
der Antrag der Beschwerdeführerin, es sei der Beschwerdegegner zu verpflichten,
ihr für das erstinstanzliche Verfahren eine vermittleramtliche, gerichtliche und aus-
sergerichtliche Entschädigung zu bezahlen, als unbegründet erweist. Dasselbe gilt
bezüglich der Beschwerdeführerin auch für das Beschwerdeverfahren. Dem Be-
schwerdegegner wird für das Beschwerdeverfahren keine aussergerichtliche Ent-
schädigung zugesprochen, da er in eigener Sache prozessierte und anwaltlich
nicht vertreten war.



13


Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1. Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3. Mitteilung
an:
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Präsident:
Die Aktuarin ad hoc:


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