Die X. & Co., ein Unternehmen, das Einbauküchen und Möbel herstellt und handelt, beantragte eine Nachlassstundung aufgrund von Liquiditätsproblemen und Überschuldung. Das Bezirksgericht lehnte den Antrag ab und verhängte Gerichtskosten von 2'000 CHF. Die X. & Co. legte Beschwerde ein, um eine Nachlassstundung von 6 Monaten zu erhalten. Das Kantonsgericht wies die Beschwerde ab und machte die X. & Co. für die Verfahrenskosten von 1'500 CHF verantwortlich.
Urteilsdetails des Kantongerichts SKG-03-28
Kanton: | GR |
Fallnummer: | SKG-03-28 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 19.08.2003 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Nachlassstundung |
Schlagwörter : | SchKG; Lassvertrag; Vermögens; Konkurs; Gläubiger; Vermögensabtretung; Schuldner; Betrieb; Lassstundung; Auffanggesellschaft; Verwertung; Grundpfand; Investoren; Auffang-; Kantonsgericht; Lassvertrages; Unternehmen; Auffang-AG; Kantonsgerichtsausschuss; Unternehmens; Lassverfahren; Aussicht; Schuldners; Sinne; Abtretung; Liquidation |
Rechtsnorm: | Art. 294 KG ;Art. 306 KG ;Art. 306a KG ;Art. 314 KG ;Art. 323 KG ;Art. 960 OR ; |
Referenz BGE: | BGE 122 III ; |
Kommentar: | Agner, Digeronimo, Neuhaus, Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, Art. 14, 2000 |
Entscheid des Kantongerichts SKG-03-28
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
_____
Ref.:
Chur, 19. August 2003
Schriftlich mitgeteilt am:
SKG 03 28
Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Präsident Brunner, Kantonsrichter Lazzarini und Kantonsrichterin Sutter-Ambühl,
Aktuar Conrad.
——————
In der Schuldbetreibungsund Konkursbeschwerde
der X . & C o . , Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin, vertreten durch Andre-
as Vetsch, Vetsch Treuhand & Revisionen, Talstrasse 55, 7270 Davos Platz,
gegen
den Beschluss des Bezirksgerichtsausschusses Surselva vom 18./21 Juli 2003,
mitgeteilt am 23. Juli 2003, in Sachen der Gesuchstellerin und Beschwerdeführe-
rin,
betreffend Nachlassstundung,
hat sich ergeben:
2
A.
Die im Jahr 2002 aus der Kommanditgesellschaft G. X. & Co., gebil-
det durch Vater G. X. und seine drei Söhne T., C. und S., hervorgegangene Kol-
lektivgesellschaft X. & Co. der heute alleinigen Gesellschafter T. X. (Gesellschaf-
ter und Geschäftsführer, Beteiligung 50 %) und S. X. (Gesellschafter, Beteiligung
50 %), mit Sitz in Sg., bezweckt die Planung, Herstellung und Montage von sowie
den Handel mit Einbauküchen und Möbeln aller Art sowie sämtliche Schreinerei-
und Bodenbelagsarbeiten. Die X. & Co. beschäftigt(e) in ihrer Betriebsstätte in Rs.
20 Arbeitskräfte. Von Fr. 124'000.im Jahr 2000 sank ihr Betriebsergebnis II im
Jahr 2001 auf Fr. 43'000.-; 2002 resultierte ein Verlust von Fr. 100'000.-. Nach
eigener Darstellung ist die Firma heute überschuldet und illiquid. Seit Mai 2001
sind gegen sie 124 Betreibungen über Forderungen von insgesamt Fr. 842'000.-
erfolgt, wobei es in 6 Fällen zur Konkursandrohung kam.
B.
Am 26./27. Juni 2003 ersuchte die X. & Co. beziehungsweise ihre
beiden Kollektivgesellschafter T. X. und S. X. den Bezirksgerichtsausschuss Sur-
selva um Gewährung einer Nachlassstundung von 6 Monaten gemäss Art. 293 ff.
SchKG. Dadurch soll der Abschluss eines Nachlassvertrages mit Vermögensab-
tretung an eine noch zu gründende Auffanggesellschaft ermöglicht werden.
Zur Begründung des Gesuchs wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Un-
ternehmung habe seit einiger Zeit mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen; sie sei
überschuldet und insolvent. Mit der Übertragung des Gesellschaftsvermögens an
eine als AG ausgestaltete und neu zu gründende Auffanggesellschaft sollen die
wirtschaftlich gesunden Unternehmensteile, namentlich der Betrieb des Küchen-
baus und Innenausbaus, gerettet und Arbeitsplätze in der Surselva erhalten wer-
den. Für eine derartige Weiterführung des Unternehmens sprächen das über
Jahrzehnte angeeignete Know-how im Bereich Küchenbau, das Personal, die Ab-
satzaussichten (Arbeitsvorrat aktuell Fr. 0,5 Mio.), die moderne Infrastruktur (Ge-
bäude, Anlagen, Maschinen, Fahrzeuge), für deren Benützung ein Mietzins zu
vereinbaren sei, sowie der Umstand, dass neue Investoren mit genügend Eigen-
kapital für die Übernahme der Aufträge, Ausstellungsküchen, Lagerbestände und
dem benötigtem Personal vorhanden seien. Die Gründung der neuen AG sei im
Juli 2003 vorgesehen. Das Nachlassverfahren stelle im Vergleich zum Konkurs die
wesentlich vorteilhaftere Verwertungsmethode dar, weil real vorhandene Werte
auf diesem Weg vor einer konkursbedingten Verschleuderung bewahrt würden
und die Gläubiger somit einen höheren Verwertungserlös erwarten dürften. Für die
Drittklassgläubiger könne im Rahmen eines derartigen Nachlassverfahrens mit
Vermögensabtretung eine Dividende von 25 % in Aussicht gestellt werden.
3
Ihrem Gesuch legte die X. & Co. folgende Unterlagen bei: Zwischenbilanz
vom 25. Juni 2003, Kreditorenliste per 26. Juni 2003, Debitorenliste per 26. Juni
2003, Auszug aus dem Handelsregister, welche sie auf richterliche Verfügung hin
wie folgt ergänzte: Bilanz und Erfolgsrechnung 2001 und 2002, Inventar Ausstel-
lungsküchen per 31. Mai 2003, Inventar Möbelausstellung per 31. Mai 2003, In-
ventar Lager per 31. Mai 2003, Auftragsliste per 26. Mai 2003, Grundbuchauszüge
und amtliche Schätzungen der Geschäftsliegenschaften, Steuerfaktoren T. X.
2001 und 2002, Steuererklärung S. X. 2001. Ausserdem liegt ein Unternehmens-
konzept/Businessplan für die zu gründende Nachfolgegesellschaft vor, das gewis-
se Vorstellungen in bezug auf die Kapitalbeschaffung und die Unternehmensorga-
nisation sowie ein provisorisches Budget enthält.
C.
Mit Beschluss vom 18/21. Juli 2003 wies der Bezirksgerichtsaus-
schuss Surselva das Nachlassstundungsgesuch der X. & Co. ab und überband ihr
die Verfahrenskosten von Fr. 2'000.-.
Mit Eingabe vom 29. Juli 2003 führt die X. & Co. Beschwerde an den Kan-
tonsgerichtsausschuss. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Be-
schlusses und die Gewährung einer Nachlassstundung von 6 Monaten.
Der Bezirksgerichtsausschuss Surselva verzichtete auf eine Vernehmlas-
sung.
Soweit sachdienlich, ist auf die Begründung der Beschwerde und die Erwä-
gungen des angefochtenen Beschlusses nachfolgend einzugehen.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1.
Gegen den Entscheid des Bezirksgerichtsausschusses über die
Nachlassstundung (Art. 16 GVVzSchKG) kann Beschwerde an den Kantonsge-
richtsausschuss als oberes kantonales Nachlassgericht geführt werden (Art. 294
Abs. 3 SchKG, Art. 17 Abs. 2 GVVzSchKG). Die Beschwerde gegen Entscheide
richterlicher SchKG-Behörden ist innert zehn Tagen (Art. 294 Abs. 3 SchKG) beim
Kantonsgerichtsausschuss einzureichen. In der Beschwerdeschrift ist mit kurzer
Begründung anzugeben, welche Punkte angefochten und welche Änderungen
beantragt werden (Art. 25 Abs. 1 GVVzSchKG). Die Beschwerde gegen den am
23. Juli 2003 mitgeteilten Beschluss ist am 29. Juli 2003 und daher innert Frist
4
erfolgt. Auf die im übrigen auch formgerecht, einen Antrag und eine Begründung
enthaltende Beschwerde der X. & Co. ist folglich einzutreten.
Neue Tatsachen und Beweismittel sind zulässig, soweit das Bundesrecht
nichts anderes bestimmt. Die Rechtsmittelinstanz stellt den Sachverhalt von Am-
tes wegen fest und überprüft die Sache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht
frei (Art. 25 Abs. 2 und 7 GVVzSchKG). Die Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen kann allerdings nicht bedeuten, dass die Rechtsmittelinstanz untaugliche
Nachlassstrategien des Schuldners durch taugliche zu ersetzen gar auf Zu-
geständnisse von Gläubigern Dritten hin zu wirken hat.
2.
Voraussetzung der Gewährung einer Nachlassstundung ist vorallem
die Aussicht des Schuldners, mit seinen Gläubigern zu einem Nachlassvertrag zu
kommen. Dies wird zum einen von der Erfüllbarkeit der Bestätigungsvorausset-
zungen gemäss Art. 306 SchKG abhängen und zum anderen, namentlich beim
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, davon, ob der Vertrag im Interesse der
Gläubiger liegt, sie mithin beim angestrebten Nachlassvertrag wirtschaftlich besser
fahren als bei einem Konkurs.
3.
Die Schuldnerin beantragt die Nachlassstundung mit der Zielsetzung
einen Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zu erreichen, wobei die Dritt-
klassgläubiger mit einer Nachlassdividende von rund 25 % rechnen könnten. Die
besondere Form des Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung im Sinne von
Art. 317 ff. SchKG liegt auch dann vor, wenn das schuldnerische Vermögen nicht
den Gläubigern zwecks Verwertung nach ihrem Gutdünken und zur direkten Be-
friedung ihrer Forderungen überlassen wird, sondern die Abtretung zulässiger-
weise an einen Dritten, namentlich an eine erst zu gründende Auffanggesellschaft,
beabsichtigt ist, und die Gläubiger aus dem vom Dritten zu bezahlenden Abtre-
tungserlös -sei es nun in Form liquider Mittel durch Wertpapie-
re/Beteiligungen an Zahlungsstatt (vgl. Peter Ludwig, Der Nachlassvertrag mit
Vermögensabtretung (Liquidationsvergleich), Bern 1970, S. 8 f, 110f.; Daniel Hun-
keler, Das Nachlassverfahren nach revidiertem SchKG, Diss. Fribourg 1996, N 32-
34)befriedigt werden sollen (Art. 317 Abs. 1/318 Abs. 1 Ziff. 1 und 3/322 Abs. 1
SchKG). Die "Liquidation" liegt bei dieser Nachlassform darin, das Unternehmen
gesamthaft teilweise einem Dritten zu verkaufen. Auch wenn die nichtprivile-
gierten Gläubiger bei der Abtretung an einen bestimmten Dritten nur teilweise -
jedoch liquidebefriedigt werden und daher in gewissem Sinne eine Nachlassdi-
vidende erhalten, handelt es sich nicht um einen Prozentoder Dividendenver-
5
gleich. Denn dafür müssten die liquiden Mittel zur Gläubigerbefriedigung vom sa-
nierten Schuldner stammen (Art. 314 Abs. 1 SchKG). Unbesehen davon, dass
beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung an eine zu gründende Auffangge-
sellschaft die unternehmerische Substanz als solche erhalten werden will, handelt
es sich zumindest mit Bezug auf die wirtschaftliche Existenz des Schuldners nicht
um eine Sanierung sondern -wie beim Konkursum eine Liquidation (Jürg Gug-
gisberg, Basler Kommentar, N 20 zu Art. 314 SchKG; Winkel-
mann/Lévy/Jeanneret/Merkt/Birchler, Basler Kommentar, N 24-26 zu Art. 318
SchKG). Es liegt eine vom Schuldner vorgeschlagene und im Nachlassvertrag im
wesentlichen verbindlich festgelegte Verwertungsmassnahme vor, welche an die
Stelle der Überlassung der realen Vermögenswerte an die Gläubiger zwecks Ver-
wertung durch diese beziehungsweise an die Stelle ihrer konkursrechtlichen Ver-
wertung tritt (vgl. auch Art. 306 Abs. 2 Ziff. 1 bis SchKG).
4.
Nach den Vorstellungen der X. & Co. sollen "in der Nachlasslösung
die hoch belehnten Grundpfandausleihungen der Z. aus der Schuldenmasse ent-
fallen". Die Nachfolge-AG soll die betriebliche Infrastruktur während des Verfah-
rens entgeltlich nutzen und nach Verfahrensabschluss allenfalls weiter mieten o-
der im Eigentum übernehmen. Behauptet wird ferner, gemäss Vorgesprächen mit
der Grundpfandgläubigerin Z. stehe diese einem Nachlassverfahren der Kollektiv-
gesellschaft X. & Co. nicht im Wege.
Beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung und Gesellschaftsgründung
ist zulässig, dass nicht das gesamte Vermögen des Schuldners Gegenstand des
Nachlassvertrages bildet, wobei dannzumal eine genaue Ausscheidung der Ver-
mögensmassen vorzunehmen ist (Art. 317 Abs. 1/318 Abs. 2 SchKG; BGE 122 III
181 E. 5b; Ludwig, a.a.O., S. 9). Allgemein hat der Schuldner mit seinem Stun-
dungsgesuch für einen Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung Angaben über
den voraussichtlichen Umfang der Vermögensabtretung und die Art und Weise der
Vermögensliquidation zu machen (Hunkeler, a.a.O., N 604). Vorliegend ist nun
nicht restlos klar, ob die Beschwerdeführerin beabsichtigt, die Gewerbegrundstü-
cke in diesem Sinne überhaupt nicht in den Nachlassvertrag einzubeziehen,
ob sie zwar einbezogen werden, jedoch normal, das heisst nicht durch Übertra-
gung an die Auffang-AG, verwertet werden sollen (Kombination von Nachlassver-
trag mit teilweiser Vermögensabtretung und ordentlichem Nachlassvertrag, vgl.
Hunkeler, a.a.O., N 25 insbesondere Anm. 9). Für eine ausserhalb des Nachlass-
vertrages mit Abtretung an eine Auffanggesellschaft jedoch innerhalb des Nach-
lasses stattfindende Verwertung durch freihändige Veräusserung an die Auffang-
6
gesellschaft einen Dritten wäre gemäss Art. 323 SchKG die Zustimmung der
Z. als Grundpfandgläubigerin Voraussetzung. Eine solche Zustimmung liegt nicht
vor. Da ferner mehr als ein Jahreszins für die Grundpfandschuld ausstehend ist
(act. 06.2), kann die Verwertung der Gewerbeliegenschaften gegen den Willen der
Grundpfandgläubigerin auch nicht im Sinne von Art. 306a SchKG vom Nachlass-
richter vorübergehend eingestellt werden.
Erhebliche Unklarheiten beziehungsweise Widersprüchliches hinsichtlich
des Schicksals der Gewerbeliegenschaften und ihrer Zugehör sind auch an Hand
des von der Schuldnerin mit Beschwerde erstmals angestellten Vergleichs zwi-
schen dem Ergebnis des von ihr angestrebten Nachlassvertrages und jenem eines
Konkurses (Nachlassbilanz-Konkursbilanz) festzustellen. Gemäss Art. 306 Abs. 2
Ziff. 1 bis SchKG muss bei einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung
(Art. 317 Abs. 1) das Verwertungsergebnis die vom Dritten angebotene
Summe höher erscheinen als der Erlös, der im Konkurs voraussichtlich erzielt
würde. Die Beschwerdeführerin hat in diesem Sinne einen Vergleich angestellt
und behauptet, die Grundpfandgläubigerin käme bei einem Nachlassvertrag mit
Fr. 275'000.- und bei einem Konkurs mit Fr. 1'424'000.zu Verlust (act. 01). Das
steht zum einen im Widerspruch zur andernorts geäusserten Absicht, die Grund-
stücke samt Zugehör (Anlagen/Maschinen) nicht im Rahmen des Nachlassvertra-
ges zu verwerten. Zum anderen ist der Vergleich mit Blick auf Art. 306 Abs. 2 Ziff.
1bis SchKG irrelevant. Zumindest bestärkt es nicht die Aussichten auf einen Nach-
lassvertrag. Denn nach dem derzeitigen Stand ist das Grundpfand im Nachlass
gleich wie im Konkurs, nämlich durch öffentliche Versteigerung, zu verwerten. Die
Beschwerdeführerin hat jedenfalls nicht geltend gemacht, geschweige denn
glaubhaft dargelegt, dass die (unbekannten) Investoren bereit wären, die Forde-
rungen der Z. von 2 Millionen Franken zu befriedigen.
5. Die
Schuldnerin
hat ausgeführt, das "verflüssigbare Umlaufvermö-
gen" gemäss Nachlassbilanz vom 25. Juni 2003 im Betrage von Fr. 801'060.-,
welche sich auf die Werte der Bilanz per 31. Mai 2003 stütze, decke sämtliche
privilegierten Forderungen von Fr. 516'200.sowie die geschätzten Verfah-
renskosten von Fr. 40'000.-. Die Vorinstanz hat diese Einschätzung als zu opti-
mistisch eingestuft. Dem ist beizupflichten. Es kann nicht gesagt werden, dass
sich die X. & Co. bei der Bewertung ihres eigenen Vermögens, namentlich bei den
Warenbeständen, Zurückhaltung auferlegt hätte. Bilanzen sind grundsätzlich zu
Fortführungswerten zu erstellen (Art. 960 Abs. 2 OR). Bei einem Nachlassstun-
dungsgesuch ist, je nach der Ursache der schuldnerischen Notlage, die in einer
7
Überschuldung einer Illiquidität in beidem liegen kann, zu unterschei-
den. Liegt nur Illiquidität vor, bewirkt der Weiterbestand des Schuldners noch kei-
ne Gefährdung der Gläubigerforderungen, so dass zu Fortführungswerten bilan-
ziert werden darf. Die Beschwerdeführerin räumt indessen ein, illiquid und über-
schuldet zu sein. Bei Überschuldung könnte sehr wohl argumentiert werden, dass
zu (Einzel)Liquidationswerten zu bilanzieren ist, denn bis zum Abschluss eines
Nachlassvertrages seinem Scheitern kann ohnehin nur liquidiert werden. Da
das Nachlassverfahren nicht die Liquidation à tout prix zum Ziel hat, kann sich in-
dessen auch eine differenziertere Bilanzierung zu Fortführungswerten rechtferti-
gen (Jaeger/Walder/Kull/Kotmann, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und
Konkurs, 4. A. Zürich 199//2001, N 31 f. zu Art. 293). Bei der gewählten Nachlass-
variante (Abtretung an eine Auffanggesellschaft), mit welcher die unternehmeri-
sche Substanz erhalten, der Betrieb also weitergeführt werden will, erscheint es
zwar richtig -weil im Einklang mit dem Ziel der Substanzerhaltung stehendvon
einer Bewertung zu Fortführungswerten auszugehen, doch dürfte auch in diesem
Fall der Abtretungswert in aller Regel den Verkehrswert nicht erreichen (Ludwig,
a.a.O., S. 73). Dem widersprechend hat die Gesuchstellerin ihr Umlaufvermögen
in der Nachlassbilanz praktisch durchwegs zu 100 % (Einstandspreise bezie-
hungsweise Wiederverkaufswerte) eingesetzt. Wenig überzeugend ist auch, dass
die im Konkurs nur zu 75% einbringlichen Debitorenguthaben im Nachlassfall zu
100% einbringlich sein sollen. Da die Beschwerdeführerin alle Arbeitskräfte ent-
lassen hat, ist mit der Fertigstellung angefangener Arbeiten -falls überhauptnur
mit beträchtlicher zeitlicher Verzögerung zu rechnen. Bei einer eher realistischen
Nachlassbewertung der angefangenen Arbeiten, Warenbestände und Ausstel-
lungsküchen mit 60 % wären die privilegierten Forderungen bereits nicht mehr voll
gedeckt. Soweit die geschützten Gläubiger nicht auf ihr Privileg verzichten -was in
Bezug auf die Arbeitnehmerforderungen von Fr. 300'000.- und die Sozialversiche-
rungsbeiträge von Fr. 216'000.- nicht absehbar istschliesst eine Unterdeckung
das Zustandekommen beziehungsweise die richterliche Bestätigung des Nach-
lassvertrages aus (Art. 306 SchKG).
6.
Aus eingelegten Akten ist ersichtlich, dass die X. & Co. seit geraumer
Zeit (März 2003) auf der Suche nach Investoren ist (act. 04.1.II.24). Die Suche
erfolgt in Publikationen (PinBoard, Euro Flash) der Unternehmensberatungsfirma
N. SA, Cham/ZG, von der augenscheinlich auch das vorgelegte Basiskonzept für
die Kapitalbeschaffung stammt. Im Gegensatz zur Beschwerdeführerin, die den
aufzubringenden Finanzbedarf auf Fr. 800'000.beziffert (act. 04.1.I.3, S. 3), er-
achtet die N. SA neues Kapital von 2,4 Mio. Fr. als notwendig (act. 04.1.II.17). Die
8
N. SA ist somit nicht die Investorin selber; ihre Rolle beschränkt sich auf die Ver-
mittlung des Kapitals (act. 04.1.I.2). Die Gesuchstellerin hat -insoweit zutreffend-
ausgeführt, notwendige Voraussetzung, um den Betrieb mit einer Nachfolge-
Aktiengesellschaft weiter zu führen, seien Investoren mit genügend Eigenkapital
zur Übernahme der Aufträge, Ausstellungsküchen, Lagerbestände und des benö-
tigten Personals. Manifest sind zwar die Anstrengungen für eine solche Kapitalbe-
schaffung, hingegen kann nicht die Rede davon sein, dass "finanzielle Zusiche-
rungen von Investoren vorhanden sind". Eine irgendwie geartete Absichtserklä-
rung von Investoren konnte die Schuldnerin nicht beibringen. Auch die von ihr im
vorinstanzlichen Verfahren in Aussicht gestellte Zusage der N. SA betreffend die
Bereitstellung des Aktienkapitals der zu gründenden Auffang-AG (act. 04.1.I.2) ist
bislang nicht erfolgt. Dass die Gründung der Nachfolge-Aktiengesellschaft sofort
nach Erteilung der Nachlassstundung erfolgen kann, erscheint daher ebenfalls
fraglich. Mehr als unbestimmte Hoffnung denn als Realität erscheint schliesslich
auch die Erwartung der Beschwerdeführerin, das vorhandene Know-how voll in
die Auffanggesellschaft überführen zu können, nachdem sie ihre sämtlichen Arbei-
ter entlassen hat. Von glaubhaften Aussichten für das Zustandekommen eines
Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung an eine zu gründende Auffanggesell-
schaft kann somit nicht gesprochen werden.
7.
Wie bereits angetönt, dürften als erhebliches Hindernis auf dem Weg
zu dem von der Beschwerdeführerin angestrebten Nachlassvertrag mit Vermö-
gensabtretung an eine Auffang-AG die Tatsachen gelten, dass ihre beiden Haupt-
grundstücke (Parz. 298, 503-1; Verkehrswert gemäss Schätzung 2001 Fr. 1,767
Mio.) einerseits ihre Betriebsstätte bilden und mit ihrer angemerkten Zugehör da-
her für jede Art der materiellen Betriebsweiterführung -sei es nun selbst, durch
eine Auffanggesellschaft durch andere Dritteunabdingbar sind. Anderer-
seits haften eben diese Grundstücke samt ihrer Zugehör (Betriebseinrichtungen im
grundbuchlich angemerkten Gesamtwert von Fr. 400'000.-, Verkehrswert Fr.
500'000.-, act. 04.II.8) als -praktisch überbelehntesDrittpfand für Schulden des
Vaters G. X. von mittlerweile gegen Fr. 2 Mio. (act. 06.2 und 06.3). Im Gesuch an
die Vorinstanz wurde ausgeführt, die Gebäude und Maschinen/Anlagen würden
von der Auffang-AG gemietet; mit Beschwerde wird als feststehende Absicht hin-
gestellt, dass die Gebäude und Maschinen/Anlagen von der Auffang-AG "nach
Verfahrensabschluss zu Eigentum übernommen werden". Die Grundstücke und
damit auch die Zugehör würden demnach vorerst im Eigentum der X. & Co. ver-
bleiben beziehungsweise den Gläubigern zur Verwertung überlassen, womit ein
Dritter freihändig allenfalls im Wege öffentlicher Versteigerung Eigentümer
9
würde. Allenfalls sollen sie von der Auffanggesellschaft ausserhalb des Nachlass-
verfahrens freihändig zu Eigentum übernommen werden. Vorstellungen darüber,
wie die Auffang-AG zu langfristigen Mietverträgen kommen Eigentümerin
werden soll, wurden von der Beschwerdeführerin nicht geäussert. Was die Mittel
beziehungsweise die Bereitschaft von vermeintlichen Investoren hierzu angeht,
fehlt es auch diesbezüglich nur schon an einer Absichtserklärung. Für die bereits
im vorinstanzlichen Verfahren erhobene und im Beschwerdeverfahren wiederholte
Behauptung, die Grundpfandgläubigerin Z. "stehe einem Nachlassvertrag nicht im
Weg", fehlt nach wie vor eine entsprechende Erklärung. Vielmehr lässt sich eine
gegenteilige Absicht der Z. daraus ableiten, dass die Bank mittlerweile am 4. Au-
gust 2003 beim Betreibungsamt Disentis die Betreibung auf Pfandverwertung der
beiden Betriebsliegenschaften eingeleitet hat (act. 06.2 und 06.3).
8.
Ist die Beschwerde abzuweisen, wird die unterlegene Beschwerde-
führerin im Rahmen von Art. 54/61 Abs. 1 GebVSchKG kostenpflichtig.
10
Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1. Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1'500.gehen zu Lasten der
X. & Co.
3. Mitteilung
an:
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Präsident:
Der Aktuar:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.