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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils SKG-02-37: Kantonsgericht Graubünden

U.B. und M.B. sind seit 1989 verheiratet und haben einen Ehe- und Erbvertrag abgeschlossen, der eine Zahlungsvereinbarung im Falle der Scheidung enthält. Nach der gerichtlichen Anordnung der Gütrennung erhob U.B. eine Betreibung gegen M.B. auf Zahlung von 100.000 CHF. Das Bezirksgericht entschied, dass die Forderung nicht fällig sei und wies das Rechtsöffnungsgesuch ab. U.B. legte Beschwerde ein, argumentierte, dass die Forderung fällig sei, und forderte die provisorische Rechtsöffnung. Das Kantonsgericht Graubünden wies die Beschwerde ab, da die Fälligkeit der Forderung aufgrund unklarer Vertragsbestimmungen nicht eindeutig festgestellt werden konnte.

Urteilsdetails des Kantongerichts SKG-02-37

Kanton:GR
Fallnummer:SKG-02-37
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SKG-02-37 vom 01.10.2002 (GR)
Datum:01.10.2002
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:provisorische Rechtsöffnung
Schlagwörter : ällig; Fälligkeit; Rechtsöffnung; Forderung; Betreibung; Scheidung; Güterstand; SchKG; Erbvertrag; Güterstandes; Gesuch; Auflösung; Parteien; Gütertrennung; Zeitpunkt; Kantonsgericht; Plessur; Betrag; Anordnung; Entscheid; Kantonsgerichtsausschuss; Gesuchsteller; Bezirksgerichtspräsidium; Formulierung; Bedingung; Eintritt; Verfahren
Rechtsnorm:Art. 204 ZGB ;Art. 217 ZGB ;Art. 233 ZPO ;Art. 236 ZPO ;Art. 82 KG ;Art. 83 KG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts SKG-02-37

Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni


Dretgira chantunala dal Grischun

Ref.:
Chur, 01. Oktober 2002
Schriftlich mitgeteilt am:
SKG 02 37

Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vizepräsident Schlenker, Kantonsrichter Heinz-Bommer und Rehli, Aktuar ad hoc
Koprio.
——————
In der Schuldbetreibungsund Konkurssache
des U.B., Gesuchsteller und Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
iur. Pierluigi Schaad, Quaderstrasse 8, 7002 Chur,

gegen

den Entscheid des Bezirksgerichtspräsidenten Plessur vom 14. August 2002, mit-
geteilt am 23. August 2002, in Sachen der M.B., Gesuchsgegnerin und Beschwer-
degegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Karin Caviezel, Postfach 160,
Belmontstrasse 1, 7006 Chur, gegen den Gesuchsteller und Beschwerdeführer,
betreffend provisorische Rechtsöffnung,
hat sich ergeben:



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A.
U.B. und M.B. sind seit 1989 verheiratet. Am 23. Dezember 1998
haben sie einen Eheund Erbvertrag abgeschlossen und öffentlich beurkunden
lassen, welcher unter II. Ziffer 5. folgende Vereinbarung enthält:
„Für den Fall der Scheidung Auflösung des Güterstandes durch
einen anderen in Art. 217 ZGB genannten Grund bezahlt die Ehe-
frau dem Ehemann zur Abgeltung seines Anspruchs im Zusammen-
hang mit der in die Liegenschaften in Italien getätigten Investitionen
von Fr. 50'000.-einen Betrag von Fr. 100'000.-- (Franken einhun-
derttausend). Dieser Betrag ist zahlbar innert 6 Monaten seit Rechts-
kraft des Scheidungsurteils.“

B.
Mit Verfügung vom 10. Dezember 2001, mitgeteilt am 13. Dezember
2001, hat das Bezirksgerichtspräsidium Plessur als Eheschutzrichter erkannt,
dass die Parteien berechtigt seien, getrennt zu leben und dass die Gütertrennung
mit Wirkung ab 23. August 2001 angeordnet werde.
C.
Mit Zahlungsbefehl vom 23. April 2002 (Betreibungs-Nr. 20000197),
zugestellt am 25. April 2002, leitete U.B. die Betreibung gegen M.B. ein über einen
Betrag von Fr. 100‘000.-- nebst Zins zu 5% seit 21. März 2001. Dagegen erhob
M.B. am 30. April 2002 Rechtsvorschlag. Mit Eingabe vom 4. Juli 2002 gelangte
U.B. an das Bezirksgerichtspräsidium Plessur mit dem Begehren um Erteilung der
provisorischen Rechtsöffnung über den in Betreibung gesetzten Betrag. An der
mündlichen Rechtsöffnungsverhandlung vom 14. August 2002 vor dem Bezirksge-
richtspräsidium Plessur machte der Gesuchsteller beziehungsweise sein Rechts-
vertreter geltend, dass bereits die Anordnung der Gütertrennung die Fälligkeit der
Forderung auslöse, da die Parteien für den Fall der Trennung und die gerichtliche
Anordnung der Gütertrennung keinen Zahlungstermin vereinbart hätten (Art. 75
OR). Die Rechtsvertreterin der Gesuchsgegnerin stellte sich demgegenüber auf
den Standpunkt, die Fälligkeit der Forderung könne nicht eintreten, solange die
Par-teien noch verheiratet seien, da erst mit der Scheidung die Bedingung eintre-
te, mit der die Zahlungsfrist zu laufen beginne. Im Übrigen machte sie geltend, die
Fr. 100'000.-seien auch insofern nicht bedingungslos geschuldet, als auf die Auf-
lösung des Güterstandes, das heisst auf den Vollzug und nicht auf die gerichtliche
Anordnung der Gütertrennung, abzustellen sei; zudem stellte sie verschiedene
Forderungspositionen zur Verrechnung.
D.
Mit Rechtsöffnungsentscheid vom 14. August 2002, mitgeteilt am 23.
August 2002, erkannte das Bezirksgerichtspräsidium Plessur:
„1. Das Gesuch in der Betreibung Nr. 20000197 des Betreibungs-
amtes Churwalden wird abgewiesen.



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2. Die Kosten des Rechtsöffnungsverfahrens im Betrage von Fr.
450.-gehen zulasten des Gesuchstellers. Ausseramtlich hat der
Gesuchsteller die Gesuchsgegnerin für ihre Umtriebe mit Fr.
600.-zu entschädigen.

3. (Rechtsmittelbelehrung).
4. (Mitteilung).“
Als Begründung des Entscheides machte das Bezirksgerichtspräsidium
Plessur unter anderem geltend, dass die Voraussetzungen der Fälligkeit der For-
derung nicht gegeben seien, da es der Auffassung sei, die Formulierung des Ehe-
und Erbvertrages stelle auf die Auflösung des Güterstandes als vertragliche Vo-
raussetzung für den Eintritt der Fälligkeit ab.
E.
Gegen diesen Entscheid vom 14. August 2002, mitgeteilt am 23. Au-
gust 2002, erhob U.B. am 29. August 2002 Beschwerde beim Kantonsgerichts-
ausschuss von Graubünden mit dem Rechtsbegehren, es sei der vorinstanzliche
Entscheid aufzuheben und dem Beschwerdeführer für den in Betreibung gesetz-
ten Betrag die provisorische Rechtsöffnung zu erteilen. Als Begründung macht er
geltend, dass die Formulierung im Eheund Erbvertrag zwar auf die Auflösung
des Güterstandes abstelle, damit aber nicht der Zeitpunkt des Vollzugs der güter-
rechtlichen Auseinandersetzung, sondern die Anordnung der Gütertrennung ge-
meint sei. Aus Art. 204 ZGB ergebe sich eindeutig, dass der Güterstand der Er-
rungenschaftsbeteiligung seit dem 23. August 2001 aufgelöst und durch die Güter-
trennung ersetzt worden sei. Die Forderung sei deshalb fällig, wenn man in Be-
tracht ziehe, dass sich die Vereinbarung der Zahlungsfrist von sechs Monaten nur
auf den Fall einer Scheidung beziehe. Mit Beschwerdeantwort vom 23. September
2002 machte M.B. geltend, die Beschwerde sei abzuweisen, da die in Betreibung
gesetzte Forderung nicht fällig sei. Die Parteien hätten im umstrittenen Eheund
Erbvertrag ausdrücklich den Zahlungstermin „innert sechs Monaten seit Rechts-
kraft des Scheidungsurteils zahlbar“ vereinbart und damit eben gerade nicht ge-
meint, dass die Forderung bereits bei Eintritt eines Grundes zur Auflösung des
Güterstandes, das heisst bei der gerichtlichen Anordnung der Gütertrennung, fällig
werden könne. Die gerichtliche Anordnung der Gütertrennung könne auf jeden Fall
keine sofortige Fälligkeit per se bewirken, vielmehr hätten die Eheleute die güter-
rechtliche Auseinandersetzung zuerst durchzuführen. Auch in der Beschwerdean-
twort werden zudem verschiedene Positionen zur Verrechnung gestellt. Das Be-
zirksgerichtspräsidium Plessur verzichtete mit Schreiben vom 9. September 2002
auf eine Vernehmlassung.



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Auf die Vorbringen in den Rechtsschriften sowie auf die Ausführungen im
angefochtenen Entscheid wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwä-
gungen eingegangen.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1.
Gegen Entscheide des Bezirksgerichtspräsidiums in Rechtsöffnungs-
sachen kann nach Art. 236 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 Ziff. 2
GVV zum SchKG innert zehn Tagen seit der schriftlichen Mitteilung Rechtsöff-
nungsbeschwerde erhoben werden. Auf die fristund formgerecht eingereichte
Beschwerde wird eingetreten.
2.
Die provisorische Rechtsöffnung nach Art. 82 SchKG wird erteilt,
wenn der Schuldner die Forderung unterschriftlich anerkannt hat. Als Schuldaner-
kennung gilt unbestrittenermassen auch der hier zur Diskussion stehende Ehe-
und Erbvertrag. Die gestützt auf den Eheund Erbvertrag in Betreibung gesetzte
Forderung von Fr. 100‘000.-muss jedoch zum Zeitpunkt der Einleitung der Be-
treibung fällig gewesen sein, da eine verfrühte Betreibung die Stellung des
Schuldners beeinträchtigt (Staehelin/Bauer/Staehelin, SchKG I, Basel/Genf/ Mün-
chen 1998, N 77 zu Art. 82). An den provisorischen Rechtsöffnungstitel im Sinne
von Art. 82 SchKG wird deshalb unter anderem die Anforderung gestellt, dass der
Zeitpunkt der Fälligkeit der in Betreibung gesetzten Forderung aufgrund des Ehe-
und Erbvertrages bestimmt ohne weiteres bestimmbar ist (Spühler/Pfister,
SchKG I, Zürich 1999, S. 88). Dies ist im Folgenden mittels Auslegung der umstrit-
tenen Vertragsbestimmung im summarischen Verfahren (Art. 137 Ziff. 2 ZPO) zu
überprüfen. Für eine umfassende materielle Prüfung der Frage der Fälligkeit ist
indessen nicht der Rechtsöffnungsrichter zuständig, sondern es steht, wenn die
provisorische Rechtsöffnung nicht erteilt wird, die Anerkennungsklage nach Art. 79
SchKG, und wenn die provisorische Rechtsöffnung erteilt wird, die Aberkennungs-
klage nach Art. 83 Abs. 2 SchKG zur Verfügung.
3. Die
umstrittene
Bestimmung im Eheund Erbvertrag lässt, wie be-
reits die Rechtsbegehren der Parteien zeigen, verschiedene Interpretationen be-
züglich des Zeitpunktes der Fälligkeit zu. Die Formulierung „Für den Fall der
Scheidung Auflösung des Güterstandes durch einen andern in Art. 217 ZGB
genannten Grund“ ist so gewählt, dass für die vertragliche Verpflichtung zur Be-
zahlung der Fr. 100'000.-- die Auflösung des Güterstandes als Bedingung zu gel-
ten hat. Da die Forderung erst mit dem Eintritt der Bedingung überhaupt fällig



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werden kann, ist zur Feststellung des Zeitpunkts der Fälligkeit zu prüfen, was die
Parteien mit der „Auflösung des Güterstandes“ gemeint haben. Nach der Ausle-
gung dieser Formulierung kommt als Meinung der Parteien sowohl die gerichtliche
Anordnung der Gütertrennung als auch der Vollzug der güterrechtlichen Ausei-
nandersetzung in Betracht. Lässt sich aus der Schuldanerkennung nicht ohne wei-
teres ein bestimmter Zeitpunkt für den Eintritt der Bedingung ermitteln, ist auch die
Fälligkeit der Forderung nicht ohne weiteres bestimmbar. Im Übrigen ist auch um-
stritten, ob sich der direkte Hinweis auf die Fälligkeit „Dieser Betrag ist zahlbar
innert sechs Monaten seit Rechtskraft des Scheidungsurteils“ wirklich nur auf die
Auflösung des Güterstandes aufgrund von Scheidung, nicht auch auf die Auf-
lösung aus den andern in Art. 217 ZGB genannten Gründen bezieht. Es ist unklar,
ob die Zahlungsfrist von sechs Monaten nur im Falle einer Scheidung Geltung ha-
ben soll und in den andern Fällen die Fälligkeit sofort eintritt, ob die Fälligkeit
auch in den übrigen Fällen auf den Zeitpunkt nach der Scheidung hinausgescho-
ben werden wollte. Die Argumentation des Beschwerdeführers hat zwar etwas für
sich, sie vermag jedoch den Standpunkt der Beschwerdegegnerin nicht zu wider-
legen. Die Frage der Fälligkeit lässt sich ohne weitere Beweiserhebungen, etwa
durch Befragung des beurkundenden Notars, also des Erstellers der Urkunde,
nicht klar beantworten. Dem zu beurteilenden Sachverhalt fehlt für das vorliegen-
de summarische Verfahren die erforderliche Offensichtlichkeit. Abgesehen davon,
dass die Parteien vor der Vorinstanz (siehe Novenverbot für das Beschwerdever-
fahren, Art. 233 Abs. 2 ZPO) keine entsprechenden Beweisanträge stellten, wären
weitere Beweismittel als die in Art. 138 Ziff. 4 ZPO genannten nur zuzulassen,
falls der Beschwerdeführer nicht auf den ordentlichen Prozessweg verwiesen wer-
den könnte. Dies ist indessen vorliegend nicht der Fall. Es wird Sache des or-
dentlichen Richters im Rahmen eines umfassenden Verfahrens, in welchem die
Parteien alle ihnen zur Verfügung stehenden Beweismittel einbringen können,
sein, die umstrittene Formulierung auszulegen. Der Kantonsgerichtsausschuss
kommt aufgrund einer summarischen Auslegung insgesamt zum Schluss, dass die
Klausel im Eheund Erbvertrag so unklar formuliert ist, dass daraus die Fälligkeit
der in Betreibung gesetzten Forderung anhand der vorhandenen Akten nicht be-
stimmt werden kann doch zumindest nicht ohne weiteres bestimmbar ist. Der
Beschwerdeführer hat daher allenfalls den ordentlichen Prozessweg zu beschrei-
ten.
4.
Da Unklarheit bezüglich des Zeitpunktes der Fälligkeit der Forderung
besteht, liegt kein genügender Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 82 SchKG
vor. Demnach ist die Beschwerde abzuweisen und die Rechtsöffnung zu verwei-



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gern. Bei diesem Ausgang des Verfahrens rechtfertigt es sich, die Kosten des Be-
schwerdeverfahrens von Fr. 700.-- dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 48 in
Verbindung mit Art. 61 Abs. 1 GebVSchKG). Dieser hat die Beschwerdegegnerin
für das Beschwerdeverfahren mit Fr. 700.-zu entschädigen (Art. 62 Abs. 1
GebVSchKG, PKG 1973 Nr. 19, PKG 1990 Nr. 32).





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Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1. Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 700.-gehen zu Lasten des
Beschwerdeführers, welcher die Beschwerdegegnerin für das Beschwerde-
verfahren mit Fr. 700.-zu entschädigen hat.
3. Mitteilung
an:
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Vizepräsident
Der Aktuar ad hoc


Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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