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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils SF-06-27: Kantonsgericht Graubünden

Der Beschuldigte hat den Privatkläger fälschlicherweise beschuldigt, strafbare Handlungen begangen zu haben. Dies führte zu einer Geldstrafe und einer Busse für den Beschuldigten. Es wurde festgestellt, dass der Privatkläger unschuldig ist. Der Beschuldigte wurde auch beschuldigt, Ehrverletzung begangen zu haben, jedoch konnte ihm dies nicht nachgewiesen werden. Es wurde geprüft, ob der Beschuldigte auch Verleumdung begangen hat, aber auch hier fehlten die Beweise. Es gab auch Anschuldigungen wegen Prozessbetrugs im Zusammenhang mit einem Beratungsmandat. Letztendlich wurde der Beschuldigte für falsche Anschuldigungen verurteilt, während andere Anschuldigungen nicht nachgewiesen werden konnten. (männlich

Urteilsdetails des Kantongerichts SF-06-27

Kanton:GR
Fallnummer:SF-06-27
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SF-06-27 vom 14.11.2006 (GR)
Datum:14.11.2006
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter : Angeklagte; Heroin; Gramm; Angeklagten; Gefängnis; Widerhandlung; Staat; Schweiz; Probezeit; Graubünden; Betäubungsmittel; Täter; Menge; BetmG; Staatsanwalt; Vollzug; Verurteilte; Reinheitsgehalt; Drogen; Richter; Kanton; Staatsanwaltschaft; Anklage
Rechtsnorm:Art. 123 StPO ;Art. 125 StPO ;Art. 155 StPO ;Art. 158 StPO ;Art. 354 StGB ;Art. 41 StGB ;Art. 58 StGB ;Art. 63 StGB ;Art. 68 StGB ;Art. 69 StGB ;Art. 73 StPO ;
Referenz BGE:104 IV 211; 105 IV 239; 109 IV 143; 112 IV 109; 114 IV 164; 116 IV 177; 117 IV 404; 120 IV 334; 121 IV 193; 121 IV 332; 121 IV 49; 128 IV 193; 128 IV 3; 129 IV 6; 95 IV 121;
Kommentar:
Schneider, Strafgesetzbuch II, Art. 41 StGB, 2003
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SF-06-27

Kantonsgericht von Graubünden

Tribunale cantonale dei Grigioni

Dretgira chantunala dal Grischun
_____

Ref.:
Chur, 14. November 2006
Schriftlich mitgeteilt am:
SF 06 27
(mündlich eröffnet)

Urteil
Strafkammer
(Abwesenheitsurteil)
Vorsitz Vizepräsident
Schlenker
RichterInnen Heinz-Bommer,
Riesen-Bienz, Giger und Zinsli
Aktuarin ad hoc
Vanoni
——————
In der Strafsache
der S t a a t s a n w a l t s c h a f t G r a u b ü n d e n , Sennhofstrasse 17, 7001 Chur,
Anklägerin,
gegen
A. alias B., Angeklagter, amtlich verteidigt durch lic. iur. Ralf Capeder, c/o Ettis-
berger Infanger & Partner, Postfach 203, Hinterm Bach 40, 7002 Chur,
mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 24. August 2006,
wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und das ANAG,
in Anklagezustand versetzt,
hat sich ergeben:



2


A.
A. (alias B.) wuchs zusammen mit zwei Brüdern bei seinen Eltern in
Albanien auf. In C. besuchte er insgesamt 12 Jahre die Schule. Anschliessend -
ca. im Jahr 2000 ging er für einige Monate nach Griechenland. In der Folge kehr-
te er in sein Heimatland zurück, wo er jedoch keine Arbeit fand. Ca. im Jahr 2002
reiste er nach Italien, wo er zwei Jahre blieb und auf dem Bau als Maurer arbeite-
te. Im Jahr 2004 reiste er in die Schweiz, um hier Arbeit zu suchen. Weil dieses
Unterfangen erfolglos blieb, kehrte er über Italien nach Albanien zurück. A. ist le-
dig und hat keine Kinder.
Im schweizerischen Strafregister weist A. einen Eintrag auf. Am 8. Mai 2004
verurteilte ihn das Ministero pubblico del cantone Ticino wegen Widerhandlung
gegen das ANAG mit 10 Tagen Gefängnis bedingt bei einer Probezeit von 2 Jah-
ren.
A. wurde am 30. Januar 2006 in D. festgenommen. Am 14. Februar 2006
wurde er dem Polizeikommando Graubünden zugeführt und befand sich dann bis
zum 12. Mai 2006 im Polizeikommando in F. sowie in der Strafanstalt E. in F. in
Untersuchungshaft. Am 12. Mai 2006 wurde der Angeklagte in sein Heimatland
ausgeflogen, und das Bundesamt für Migration verfügte gegen ihn eine Einreise-
sperre auf unbestimmte Zeit.
B.
Am 17. Juni 2005 eröffnete die Staatsanwaltschaft Graubünden ge-
gen A. eine Strafuntersuchung wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmit-
telgesetz etc.. Da der Angeklagte unbekannten Aufenthalts war und nicht befragt
werden konnte, wurde das Strafverfahren mit Verfügung vom 28. Juni 2005 unter
Vorbehalt der Wiederaufnahme eingestellt. Die Wiederaufnahme des Verfahrens
erfolgte am 15. Februar 2006. Am 20. Februar 2006 wurde lic. iur. Ralf Capeder
als amtlicher Verteidiger von A. eingesetzt. Die Schlussverfügung erging am 23.
Juni 2006. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 24. August
2006 wurde A. in Anklagezustand versetzt. Der Anklage liegt gemäss Anklage-
schrift vom gleichen Tag folgender Sachverhalt zu Grunde:
„A. wird angeklagt
1.
der Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG.
1.1
In der Zeit von Mai bis Juni 2004 übernahm der Angeklagte in G. und
H. von I. total 150 gr Heroin für Fr. 3'000.--. In der Folge hat er die-
ses Heroin in H. unter mehreren Malen und in der Regel in Portionen
à jeweils 5 gr Heroin für total Fr. 4'500.-verschiedenen Personen
verkauft, darunter 15 gr an J., 5 gr an K., mindestens 10 gr an L. und




3


25 gr an M.. Die Abnehmer des restlichen Heroins konnten nicht er-
mittelt werden. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen ande-
re in H. tätig gewesene Drogenverkäufer, die den Stoff von den glei-
chen Lieferanten bezogen hatten wie der Angeklagte, konnte Heroin
sichergestellt werden. Dessen Analyse ergab einen Reinheitsgehalt
von 12%. Wird auch bezüglich der vom Angeklagten gehandelten 150
gr Heroin auf diesen Reinheitsgehalt abgestellt, hat A. somit in H. 18
gr reines Heroin verkauft.

1.2
Am 28. Januar 2006 sowie tags darauf am 29. Januar 2006 hat der
Angeklagte in D. N. jeweils 5 gr Heroin für Fr. 130.-bzw. Fr. 150.--
verkauft. Sodann hat die Polizei am 30. Januar 2006 in der Jackenta-
sche des Angeklagten weitere 5 gr Heroin gefunden. Der Angeklagte
hatte vor, diese 5 gr Heroin bei der nächsten sich bietenden Gele-
genheit ebenfalls an eine Drittperson zu verkaufen. Die Analyse der
sichergestellten 5 gr Heroin ergab einen Reinheitsgehalt von 17%.
Geht man auch bezüglich der verkauften 10 gr Heroin vom gleichen
Reinheitsgehalt aus, hat der Angeklagte somit in D. 2.55 gr reines
Heroin verkauft verkaufen wollen.

2.
der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 al 4 ANAG.
2.1
Im Mai 2004 wurde der Angeklagte in O. von der Polizei angehalten
und angewiesen, die Schweiz zu verlassen. Dies tat er nicht, sondern
er verblieb, ohne über die dafür erforderliche Bewilligung zu verfügen,
für ca. 1 Monat in der Schweiz und hielt sich während dieser Zeit un-
ter anderem in G., H., F. und P. auf. Dabei trug er zeitweilig einen auf
den Namen B. lautenden griechischen Reisepass auf sich, den er je-
doch nie benutzt hat.

2.2
Im Zeitraum August/September 2005 hielt sich A. während ca. 4 Wo-
chen in einer 1-Zimmer-Wohnung an der Q.-Strasse in D. auf,
obschon er zuvor nicht rechtmässig eingereist war und deshalb sich
nicht in der Schweiz hätte aufhalten dürfen.

2.3
Am 27. Januar 2006 reiste der Angeklagte ohne das für Staatsange-
hörige aus Albanien erforderliche Visum gültigen Aufenthaltstitel
eines EUoder EFTA-Staates in die Schweiz ein und hielt sich an-
schliessend bis zu seiner Festnahme vom 30. Januar 2006 ohne Auf-
enthaltsbewilligung in D. auf.

3. Beschlagnahme

Die am 30. Januar 2006 von der Polizei in der Jacke des Angeklagten
vorgefundenen 5 gr Heroin sind beschlagnahmt worden. Ebenso das
beim Angeklagten sichergestellte und für die Vereinbarung von Dro-
gengeschäften verwendete Mobiltelefon der Marke Samsung samt
SIM-Karte (Rufnunmer xxx).“

C. 1. Die Hauptverhandlung vor der Strafkammer des Kantonsgerichts von
Graubünden vom 14. November 2006 fand in Abwesenheit von A. statt. Anwesend
war der amtliche Verteidiger des Angeklagten, lic. iur. Ralf Capeder. Die Anklage
wurde durch Staatsanwalt lic. iur. Corsin Capaul vertreten. Es wurden keine Ein-
wände gegen die Zuständigkeit und die Zusammensetzung des Gerichts erhoben.



4


C. 2. Nach Durchführung des Beweisverfahrens stellte der Staatsanwalt in
seinem Plädoyer folgende Anträge:
„1.
A. sei im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen.
2.
Dafür sei er mit einer Gefängnisstrafe von 16 Monaten, unter Anrech-
nung der erstandenen Untersuchungshaft von 103 Tagen zu bestra-
fen.

3.
Dem Angeklagten sei die Rechtswohltat des bedingten Strafvollzuges
zu gewähren unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren.

4.
Der vom Ministero pubblico del cantone Ticino am 8. Mai 2004 für die
Strafe von 10 Tagen Gefängnis gewährte bedingte Strafvollzug sei zu
widerrufen.

5.
Die mit Verfügung vom 23. Juni 2006 beschlagnahmten 5 gr Heroin
und das Mobiltelefon der Marke Samsung samt SIM-Karte seien ge-
stützt auf Art. 58 StGB einzuziehen, wobei das Heroin zu vernichten
sei.

6.
Von einer zusätzlichen Erhebung einer Ersatzabgabe sei gestützt auf
Art. 59 Ziff. 2 Abs. 2 StGB abzusehen.

7. Gesetzliche
Kostenfolge.“
Zur Begründung führte der Staatsanwalt im Wesentlichen aus, die dem An-
geklagten vorgeworfenen Betäubungsmitteldelikte seien anerkannt und ausgewie-
sen. Ebenso habe A. den widerrechtlichen Aufenthalt in der Schweiz im Mai / Juni
2004 und Ende Januar 2006 anerkannt. Er bestreite hingegen, sich auch im Au-
gust / September 2005 widerrechtlich in der Schweiz aufgehalten zu haben. Dies-
bezüglich sei aber auf die klaren Aussagen von R., wonach der Angeklagte in der
fraglichen Zeit bei ihm in D. logiert habe, abzustellen.
C. 3. Der Rechtsvertreter von A. stellte folgende Anträge:
„1.
A. sei der Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG und der
mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 al 4 ANAG schuldig
zu sprechen.

2.
Dafür sei er mit 14 Monaten Gefängnis zu bestrafen, abzüglich der
erstandenen Untersuchungshaft.

3.
Die Strafe sei aufzuschieben unter Ansetzung einer angemessenen
Probezeit.

4.
Für den Fall einer Landesverweisung sei diese auf 3 Jahre festzuset-
zen unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit.

5.
Auf eine Ersatzabgabe sei zu verzichten.
6. Gesetzliche
Kostenfolge.“
Der amtliche Verteidiger von A. machte insbesondere Ausführungen zum
widerrechtlichen Aufenthalt des Angeklagten im Jahr 2005 in D.. Die Aussagen
von R. seien zurückhaltend zu würdigen. Insbesondere habe dieser ungenaue



5


Angaben gemacht. Es müsse darum in Anwendung des Grundsatzes in dubio
pro reo - davon ausgegangen werden, dass sich A. in der besagten Zeit nicht in D.
aufgehalten habe.
Der Ankläger und der amtliche Verteidiger des Angeklagten gaben von ih-
ren mündlichen Vorträgen eine schriftliche Ausführung zu den Akten. Auf Replik
und Duplik wurde verzichtet.
Auf die weiteren mündlichen Ausführungen des Staatsanwaltes und des
amtlichen Verteidigers wird, sofern erforderlich, in den nachstehenden Erwägun-
gen eingegangen.
Die Strafkammer zieht in Erwägung:
1.
Gemäss Art. 123 Abs. 1 StPO kann das Gericht auf Grund der Akten
entscheiden und ein Abwesenheitsurteil fällen, wenn der Angeklagte trotz gehöri-
ger Vorladung nicht zur Hauptverhandlung erscheint und auch nicht vorgeführt
werden kann. A. wurde am 12. Mai 2006 in sein Heimatland ausgeschafft. Zur
Hauptverhandlung ist der Angeklagte nicht erschienen. Eine polizeiliche Vorfüh-
rung erscheint aussichtslos. Es ist demzufolge das Abwesenheitsverfahren nach
Art. 123 StPO durchzuführen, dem auch der Staatsanwalt und der amtliche Ver-
teidiger nicht widersprechen.
2. a) Art. 19 BetmG stellt den unbefugten Umgang mit Betäubungsmitteln
unter Strafe, da deren Genuss für die Gesundheit der Menschen als schädlich be-
trachtet wird. Um dieser Gefahr für die menschliche Gesundheit zu begegnen, hat
der Gesetzgeber unter Ziff. 1 der zitierten Gesetzesbestimmung diejenigen Hand-
lungen mit Strafe bedroht, welche letztlich dazu führen führen können, dass
Betäubungsmittel in Verkehr gebracht und so für mögliche Konsumenten zugäng-
lich gemacht werden (BGE 120 IV 334 E. 2a S. 337). Als Betäubungsmittel gelten
nach Art. 1 Abs. 1 BetmG abhängigkeitserzeugende Stoffe und Präparate der Wir-
kungstypen Morphin, Kokain und Cannabis. Gemäss Art. 19 Ziff. 1 BetmG macht
sich strafbar, wer unbefugt alkaloidhaltige Pflanzen Hanfkraut zur Gewinnung
von Betäubungsmitteln anbaut (Abs. 1), wer unbefugt Betäubungsmittel herstellt,
auszieht, umwandelt verarbeitet (Abs. 2), wer sie unbefugt lagert, versendet,
befördert, einführt, ausführt durchführt (Abs. 3), wer sie unbefugt anbietet,
verteilt, verkauft, vermittelt, verschafft, verordnet, in Verkehr bringt abgibt
(Abs. 4), wer sie unbefugt besitzt, aufbewahrt, kauft sonstwie erlangt (Abs.



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5), wer hiezu Anstalten trifft (Abs. 6), wer den unerlaubten Verkehr mit Betäu-
bungsmitteln finanziert seine Finanzierung vermittelt (Abs. 7) sowie wer öf-
fentlich zum Betäubungsmittelkonsum auffordert öffentlich Gelegenheit zum
Erwerb Konsum von Betäubungsmitteln bekanntgibt (Abs. 8). Das Strafmass
beträgt, wenn die Tat vorsätzlich begangen wurde, Gefängnis Busse. In
schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus Gefängnis nicht unter einem Jahr,
allenfalls verbunden mit einer Busse bis zu einer Million Franken (Art. 19 Ziff. 1
Abs. 9 BetmG).
b)
Ein schwerer Fall liegt gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG vor, wenn
der Täter weiss annehmen muss, dass sich die Widerhandlung auf eine
Menge von Betäubungsmitteln bezieht, welche die Gesundheit vieler Menschen in
Gefahr bringen kann. Viele Menschen im Sinne dieser Bestimmung sind nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts zwanzig Personen mehr, während eine
Gesundheitsgefährdung bei physischer psychischer Abhängigkeit zu bejahen
ist (BGE 121 IV 332 E. 2a S. 334). Massgebend ist dabei allein, wie viele Konsu-
menten gefährdet werden könnten und nicht, wie viele tatsächlich gefährdet wor-
den sind, handelt es sich bei Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG doch um ein abstraktes
Gefährdungsdelikt. Es spielt keine Rolle, ob neue Abnehmerkreise durch die Tat-
handlung erschlossen werden ob die Abnehmer bereits süchtig sind (BGE
120 IV 334 E. 2a S. 338, 118 IV 200 E. 3f S. 205 f.). Nach Anhörung von Sachver-
ständigen geht das Bundesgericht davon aus, dass die Einnahme von zehn Milli-
gramm Kokain während 90 Tagen beziehungsweise von zehn Milligramm Heroin
während 60 Tagen zu einer psychischen Abhängigkeit führt. Eine Gefährdung der
Gesundheit vieler Menschen (20 Personen) ist somit bei einer Rauschgiftmenge
von 18 Gramm Kokain beziehungsweise 12 Gramm Heroin anzunehmen, wobei
es sich dabei nach bundesgerichtlicher Praxis um die entsprechende Menge rei-
nen Drogenstoffs handeln muss (BGE 109 IV 143 E. 3a S. 145). Keine Rolle
spielt, ob der Täter die Betäubungsmittel in einer einzigen grossen Portion in
vielen kleinen Teilmengen in Verkehr bringt (BGE 114 IV 164 E. 2b S. 167).
3. a) Die Beweislast für die dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat liegt
grundsätzlich beim Staat (Padrutt, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kan-
tons Graubünden, 2. Aufl., F. 1996, S. 306). Bei der Würdigung der Beweismittel
entscheidet das Gericht nach freier, in der Hauptverhandlung gewonnener Über-
zeugung, wobei es sich verbietet, einzelnen dieser Beweismittel eine vorrangige
Bedeutung zuzumessen (Art. 125 Abs. 2 StPO). An den Tatbeweis sind hohe An-
forderungen zu stellen; verlangt wird mehr als eine blosse Wahrscheinlichkeit,



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nicht aber ein absoluter Beweis der Täterschaft, denn mit solcher Gewissheit las-
sen sich infolge der Unzulänglichkeit des menschlichen Erkenntnisvermögens
Tatsachen kaum je beweisen (Padrutt, a.a.O., S. 306). Dabei bildet das Geständ-
nis in aller Regel eine relativ sichere Basis für eine Verurteilung. Doch ist darüber
hinaus zu prüfen, ob wirklich genügend Anhaltspunkte und Indizien vorliegen, die
ein Geständnis als glaubhaft erscheinen lassen.
b)
A. gestand in der untersuchungsrichterlichen Schlusseinvernahme
vom 8. Mai 2006, in der Zeit von Mai bis Juni 2004 von I. total 150 Gramm Heroin
für Fr. 3'000.-- übernommen zu haben. In der Folge habe er dieses Heroin in H.
unter mehreren Malen und in der Regel in Portionen à jeweils 5 Gramm für total
Fr. 4'500.-verschiedenen Personen verkauft, darunter 15 Gramm an J., 5 Gramm
an K., mindestens 10 Gramm an L. und 25 Gramm an M..
J., K., L. und M. bestätigten gegenüber der Polizei allesamt, vom Angeklag-
ten in H. Heroin übernommen zu haben. Bezüglich der abgenommenen Menge
wichen ihre Angaben zwar teilweise von den vom Angeklagten angegebenen
Mengen ab. Für die Strafbarkeit des Angeklagten ist aber ohnehin nicht die effek-
tive Zuordnung der abgegebenen Drogenmenge beachtlich. Eine solche kann im
vorliegenden Fall - da zugestandenermassen auch Abgaben an weitere Abnehmer
erfolgten ohnehin nicht nachvollzogen werden. Entscheidend ist vielmehr, welche
Menge Heroin der Angeklagte überhaupt in Umlauf gebracht hat. Aufgrund der
vorliegenden Beweise und Indizien gibt es keinen Anlass, an den Aussagen des
Angeklagten, wonach er in H. insgesamt 150 Gramm Heroin abgesetzt habe, zu
zweifeln.
Weiter gestand A., am 28. Januar 2006 sowie tags darauf am 29. Januar
2006 in D. N. jeweils 5 Gramm Heroin verkauft zu haben. Er habe vorgehabt, wei-
tere 5 Gramm Heroin bei Gelegenheit an eine Drittperson zu verkaufen. N. bestä-
tigte am 7. Februar 2006 gegenüber der Staatsanwaltschaft D.-Stadt, vom Ange-
klagten die besagte Menge Heroin übernommen zu haben.
c)
Somit erachtet das Kantonsgericht die in der Anklageschrift aufge-
führte und in Umlauf gegebene Heroinmenge als ausgewiesen. Als Zwischener-
gebnis kann festgehalten werden, dass der Angeklagte im Jahr 2004 in H. 150
Gramm Heroin und im Jahr 2006 in D. 15 Gramm Heroin verkauft hat verkau-
fen wollte.



8


d)
Bezüglich der Qualität des vom Angeklagten in H. verkauften Heroins
konnte im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen andere in H. tätig gewese-
ne Drogenverkäufer, die den Stoff von den gleichen Lieferanten bezogen hatten
wie der Angeklagte, Heroin sichergestellt werden. Dessen Analyse ergab einen
Reinheitsgehalt von 12%. Es ist daher angebracht, auch bezüglich der vom Ange-
klagten gehandelten 150 Gramm Heroin auf diesen Reinheitsgehalt abzustellen.
Der Einwand des amtlichen Verteidigers von A., wonach der Reinheitsgehalt von
mindestens 12% nicht zweifelsfrei nachgewiesen sei, ist unbehelflich. So kann ein
der Berechnung zugrunde gelegter Reinheitsgehalt nie genau nachgewiesen wer-
den. Es ist vielmehr von einem Erfahrungswert und von einem Durchschnittswert
auszugehen. Ein Reinheitsgehalt von 12% liegt jedoch an der untersten Grenze
und eine Annahme desselben ist beweisrechtlich unproblematisch (SJZ 91 (1995),
S. 203; SJZ 95 (1999), S. 511). A. hat somit in H. 18 Gramm reines Heroin ver-
kauft.
Die Qualität des vom Angeklagten in D. verkauften Heroins konnte anhand
des sichergestellten Heroins ermittelt werden. Dieses wies einen Reinheitsgehalt
von 17% auf. Demnach hat A. in D. 2.55 Gramm reines Heroin verkauft ver-
kaufen wollen.
Mit dem Verkauf von insgesamt 20.55 Gramm reinem Heroin an mindes-
tens fünf Abnehmer hat der Angeklagte den objektiven Tatbestand von Art. 19 Ziff.
2 lit. a BetmG zweifellos erfüllt, hat er doch fast das Doppelte der für die Annahme
eines schweren Falles festgesetzten Menge von 12 Gramm reinem Heroin ver-
kauft.
e)
In subjektiver Hinsicht verlangt Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG, dass der
Täter weiss annehmen muss, dass er mit seinem Tun die Gesundheit vieler
Menschen gefährden kann. Dieses Wissen um das Gefährdungspotential einer
solchen Menge von Drogen dürfte im Rahmen zentraleuropäischer Verhältnisse
im Hinblick auf die umfassende Aufklärung der Bevölkerung über den Drogen-
missbrauch in der Regel bereits bei Ersttätern gegeben sein, die selbst noch keine
Erfahrungen mit Drogen gemacht haben (BGE 104 IV 211 E. 4 S. 215). In Bezug
auf die grosse Menge genügt Eventualvorsatz; ein vorgefasster Entschluss, eine
solche Menge umzusetzen, ist demnach nicht erforderlich. Entscheidend ist, ob
der Täter durch sein Verhalten in Kauf nahm, mit der von ihm gehandelten Menge
eine grosse Zahl von Menschen in Gefahr zu bringen (BGE 112 IV 109 E. 2b S.
113).



9


Vorliegend besteht kein Zweifel, dass A. vorsätzlich mit Heroin handelte.
Aufgrund seiner zahlreich getätigten Verkäufe nahm es der Angeklagte zumindest
in Kauf, eine solche Menge von Betäubungsmitteln abzusetzen, welche die Ge-
sundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann. Damit wurde auch der subjekti-
ve Tatbestand erfüllt, weshalb sich A. der Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 2 lit. a
BetmG schuldig gemacht hat.
4. a) Gemäss Art. 23 Abs. 1 al 4 ANAG wird, wer rechtswidrig das Land
betritt darin verweilt, mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Als
rechtswidrig gilt die vorsätzliche Einreise ohne gültigen Pass Identitätskarte
einen gleichwertigen, gültigen Ausweis, ebenso die Einreise mit einem ge-
fälschten Ausweispapier. Ferner ist die Einreise rechtswidrig ohne Visum, wo ein
solches erforderlich ist und im Regelfall die Einreise über die sog. „grüne Grenze“
statt über eine offizielle Grenzstelle (Spescha/Sträuli, Ausländerrecht, 2. Aufl., G.
2004, S. 131). Rechtswidriges Verweilen liegt dann vor, wenn eine ausländische
Person im Anschluss an eine unrechtmässige Einreise im Land verbleibt, wobei
das Verweilen vor Ablauf von 24 Stunden nach der Einreise im Regelfall nicht
rechtswidrig ist (Spescha/Sträuli, a.a.O., S. 132; Roschacher, Die Strafbestim-
mungen des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer
[ANAG], F./G. 1991, S. 42 f.). Subjektiv ist, wie bei allen Tatbeständen nach Art.
23 Abs. 1 ANAG, auch für die Bestrafung nach Alinea 4 Vorsatz des Täters erfor-
derlich, wobei auch Eventualvorsatz genügt.
b)
A. ist überführt und geständig, im Jahr 2004 und im Jahr 2006 ohne
das erforderliche Visum, ohne gültigen Aufenthaltstitel eines EUoder EFTA-
Staates anderer Ausweisschriften in die Schweiz eingereist zu sein und sich
im Jahr 2004 ohne Aufenthaltsberechtigung in G., H., F. und P. und im Jahr 2006
in D. aufgehalten zu haben. Der Angeklagte übertrat die Schweizer Grenze beide
Male ohne Ausweispapiere und war sich dabei bewusst, dass er keine Berechti-
gung zum Betreten der Schweiz hatte.
c)
Hingegen bestreitet A., sich im Jahr 2005 in der Schweiz aufgehalten
zu haben. R. sagte jedoch gegenüber der Staatsanwaltschaft D.-Stadt am 6. April
2006 aus, A. habe im August September 2005 gegen Bezahlung in einer von
ihm gemieteten Wohnung gelebt. Auch in der untersuchungsrichterlichen Kon-
fronteinvernahme mit A. durch das Untersuchungsrichteramt F. vom 4. Mai 2006
bestätigte R. diese Angaben.



10


Bei der Würdigung der Beweise ist weniger die Form, sondern vielmehr der
Gesamteindruck, das heisst die Art und Weise der Bekundung sowie die Über-
zeugungskraft massgebend. Entscheidend ist mit anderen Worten allein die Be-
weiskraft der konkreten Beweismittel im Einzelfall (Hauser/Schweri/Hartmann,
Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., D. 2005, S. 246). Im Rahmen des
Strafverfahrens interessiert nicht in erster Linie die persönliche Glaubwürdigkeit
des Zeugen, sondern vielmehr die sachliche Glaubhaftigkeit seiner konkreten
Aussage (Hauser, der Zeugenbeweis im Strafprozess mit Berücksichtigung des
Zivilprozesses, G. 1974, S. 311 ff.). Indizien für bewusst unbewusst falsche
Aussagen sind Unstimmigkeiten grobe Widersprüche in den eigenen Aussa-
gen, Zurücknahme, erhebliche Abschwächungen Übersteigerungen im Ver-
laufe mehrerer Einvernahmen, unklare, verschwommene ausweichende
Antworten und gleichförmige, eingeübt wirkende Aussagen.
Das Gericht schätzt die klaren und widerspruchslosen Aussagen von R.
durchwegs als glaubhaft ein. Er sagte in mehreren Einvernahmen gleich aus. Ins-
besondere ist nicht ersichtlich, wieso R. den Angeklagten zu Unrecht belasten soll-
te. Ebenso kann aufgrund der erfolgten Konfrontation eine Verwechslung ausge-
schlossen werden. Nach der Meinung des Gerichts bestehen somit keine Zweifel
daran, dass sich A. auch im Sommer 2005 in der Schweiz aufgehalten hat.
d)
Der Angeklagte ist somit der mehrfachen Widerhandlung gegen Art.
23 Abs. 1 al 4 ANAG im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen.
5. a) Bei der Strafzumessung hat der Richter die Strafe nach dem Ver-
schulden des Täters zu ermitteln, wobei er die Beweggründe, das Vorleben und
die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen berücksichtigt (Art. 63 StGB). Das
Verschulden umfasst den gesamten Unrechtsund Schuldgehalt der konkreten
Straftat. Der Bemessung der Schuld ist die Schwere der Tat zu Grunde zu legen.
Beim Verschulden wird weiter in Tatund Täterkomponente unterschieden. Bei
der Tatkomponente betrachtet man das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die
Willensrichtung, mit welcher der Täter handelte und seine Beweggründe. Die Tä-
terkomponente hingegen umfasst Vorleben und persönliche Verhältnisse des Tä-
ters sowie das Verhalten nach der Tat im Strafverfahren, wie zum Beispiel
Reue, Einsicht Strafempfindlichkeit (BGE 129 IV 6 E. 6.1 S. 20; 117 IV 112 E.
1 S. 113, mit Hinweisen). Diese in die Waagschale gelegten Elemente wirken
strafmindernd straferhöhend, wobei in der Begründung der Strafzumessung



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die Überlegungen des Richters nachvollziehbar sein müssen (BGE 121 IV 49 E.
2.a)aa) S. 56).
b)
Wenn jemand durch eine mehrere Handlungen mehrere Frei-
heitsstrafen verwirkt hat, verurteilt der Richter ihn nach dem Asperationsprinzip zu
der Strafe der schwersten Tat und erhöht deren Dauer angemessen. Er kann je-
doch das höchste Mass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhö-
hen und ist dabei an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 68
Ziff. 1 StGB). Schwerste Tat ist diejenige, welche unter den mit der höchsten Stra-
fe bedrohten Tatbestand fällt.
Grundlage für die Strafzumessung ist im vorliegenden Fall der in Art. 19
Ziff. 1 BetmG für schwere Fälle vorgesehene Strafrahmen von Zuchthaus
Gefängnis nicht unter einem Jahr, womit eine Busse von bis zu 1 Million Franken
verbunden werden kann.
c)
Das Verschulden des Angeklagten wiegt nicht leicht, insbesondere
hat A. angesichts der in Umlauf gesetzten Drogenmenge von gut 20 Gramm rei-
nem Heroin den für die Annahme eines schweren Falles massgeblichen Grenz-
wert von 12 Gramm reinem Heroin klar überschritten. Die Menge der umgesetzten
Drogen ist zwar für die Strafzumessung nicht von ausschlaggebender Bedeutung,
sind daneben doch auch das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse und die Be-
weggründe relevant. Sie bildet indessen einen ersten massgeblichen Anhaltspunkt
für den kriminellen Willen des Täters (BGE 121 IV 193 = Pra 1996 Nr. 28; BGE
118 IV 342 E. 2c S. 348). Auch der Gesetzgeber hat bei der Umschreibung des
schweren Falles dem quantitativen Aspekt erhebliches Gewicht beigemessen;
denn wer eine grosse Menge Rauschgift in Umlauf setzt und damit Leben und Ge-
sundheit vieler Menschen gefährdet, nimmt eine besonders menschenverachten-
de Haltung ein, die grundsätzlich ein hohes Verschulden offenbart. Erschwerend
ist zu berücksichtigen, dass A. die Betäubungsmittel in erster Linie zum Zweck der
Verbesserung seines Lebensunterhalts und damit aus rein finanziellen Erwägun-
gen und nicht aus einem Beschaffungsdruck heraus verkaufte. Er war selbst näm-
lich nicht drogenabhängig. Die finanzielle Bereicherung auf Kosten der Gesundheit
anderer Menschen stellt ein ethisch besonders verwerfliches Verhalten dar. Das
Verschulden hinsichtlich der vom Angeklagten begangenen Widerhandlungen ge-
gen das ANAG wiegt nicht sehr schwer, darf aber insbesondere aufgrund der
mehrfachen Tatbegehung ebenso nicht bagatellisiert werden. Strafschärfend wir-
ken sich das Zusammentreffen mehrerer Straftatbestände gemäss Art. 68 StGB



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und bei der Widerhandlung gegen Art. 23 ANAG die mehrfache Tatbegehung aus.
Strafmilderungsgründe sind keine ersichtlich. Das Geständnis des Angeklagten ist
grundsätzlich strafmindernd zu werten, jedoch ist dies umgehend zu relativieren,
da der Angeklagte anfänglich die ihm zur Last gelegten Taten teilweise bestritt und
erst im Laufe des Verfahrens eingestand. Weiter muss A. eine Vorstrafe und sogar
ein Delinquieren während der Probezeit eben dieser Vorstrafe zur Last gelegt
werden, wurde er doch mit Urteil vom 8. Mai 2004 durch das Ministero pubblico
del cantone Ticino wegen Widerhandlung gegen das ANAG zu einer bedingten
Gefängnisstrafe von 10 Tagen bei einer Probezeit von 2 Jahren verurteilt. Diese
Umstände wirken sich straferhöhend aus.
Unter Berücksichtigung sämtlicher Strafzumessungsgründe erscheint eine
Strafe von 16 Monaten Gefängnis dem Verschulden des Angeklagten angemes-
sen.
d)
Nach Art. 69 StGB rechnet das Gericht dem Verurteilten die Unter-
suchungshaft auf die Freiheitsstrafe an, soweit der Täter diese nicht durch sein
Verhalten nach der Tat herbeigeführt verlängert hat. Nach der neueren Pra-
xis des Bundesgerichts darf von einer Anrechnung nur abgesehen werden, sofern
der Beschuldigte durch sein Verhalten nach der Tat die Untersuchungshaft in der
Absicht herbeigeführt verlängert hat, um dadurch den Strafvollzug zu verkür-
zen zu umgehen (BGE 117 IV 404 E. 1a f. S. 405). Als solches Verhalten gilt
weder die blosse Verweigerung von Aussagen noch die einfache Bestreitung der
dem Angeschuldigten vorgeworfenen Straftaten, sondern einzig das Aufstellen
von unwahren irreführenden Behauptungen, welche die Behörden zu weite-
ren und unnötigen Erhebungen veranlassen, der Missbrauch von Verteidi-
gungsrechten zur Erreichung sachfremder Zwecke (BGE 105 IV 239 E. 3 S. 241).
Ablehnungsgründe im Sinne der aufgeführten Rechtsprechung bestehen in Bezug
auf A. nicht, so dass einer Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von
103 Tagen an die Strafe gestützt auf Art. 69 StGB nichts entgegen steht.
6. a) Beim Strafmass von 16 Monaten ist zu prüfen, ob dem Verurteilten
der bedingte Strafvollzug gewährt werden kann. Gemäss Art. 41 Ziffer 1 Abs. 1
StGB ist dafür in objektiver Hinsicht zunächst erforderlich, dass die auferlegte
Freiheitsstrafe 18 Monate nicht übersteigt. Gemäss Abs. 2 der genannten Be-
stimmung ist der Aufschub einer Freiheitsstrafe von Gesetzes wegen nicht zuläs-
sig, wenn der Verurteilte innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Begehung der Tat
wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens Vergehens eine Zucht-



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hausoder Gefängnisstrafe von mehr als drei Monaten verbüsst hat. In subjektiver
Hinsicht müssen Vorleben und Charakter des Verurteilten erwarten lassen, er
werde durch die Anordnung der bedingten Strafe abgeschreckt und von der Bege-
hung weiterer Verbrechen Vergehen abgehalten. Bei der Prüfung, ob dem
Verurteilten eine günstige Prognose für ein dauerndes Wohlverhalten gestellt wer-
den kann, ist eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen.
In die Beurteilung mit einzubeziehen sind neben den Tatumständen auch das Vor-
leben, der Leumund, das Arbeitsverhalten, das Bestehen sozialer Bindungen,
Hinweise auf Suchtgefährdungen sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige
Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zu-
lassen. Dabei darf es sich nicht nur um eine vage Hoffnung handeln. „Mit Beden-
ken“ darf der bedingte Strafvollzug nicht angeordnet werden (Trechsel, Schweize-
risches Strafgesetzbuch, 2. Aufl., G. 1997, N. 12 zu Art. 41 StGB). Die persönli-
chen Verhältnisse sind bis zum Zeitpunkt des Entscheides mit einzubeziehen (vgl.
BGE 128 IV 193 E. 3a S. 198 f.).
b) Vorliegend
wurde
eine Strafe von weniger als 18 Monaten Gefängnis
verhängt. Da A. in den letzten fünf Jahren keine Zuchthausoder Gefängnisstrafe
verbüsst hat, ist auch die zweite objektive Voraussetzung für den Aufschub des
Strafvollzuges erfüllt. In subjektiver Hinsicht kann dem Angeklagten eine günstige
Prognose gestellt werden. So hat er bisher noch nie gegen das Betäubungsmittel-
gesetz verstossen und den Widerhandlungen gegen das ANAG kommt diesbezüg-
lich keine entscheidende Bedeutung zu. Aufgrund des Verhaltens und der Gesin-
nung des Angeklagten und seines Vorlebens ist zu erwarten, dass er durch die
Gewährung des bedingten Strafvollzuges von weiteren Verbrechen Vergehen
abgehalten werde; zudem entfaltet der Widerruf der bedingt ausgesprochenen
Gefängnisstrafe von 10 Tagen eine zusätzliche Warnwirkung (BGE 116 IV 177 E.
3d S. 178, vgl. Erwägung 7). Deshalb ist der bedingte Strafvollzug zu gewähren.
Die Dauer der Probezeit ist dabei nach den Umständen des Einzelfalls, insbeson-
dere nach der Persönlichkeit und dem Charakter des Verurteilten sowie der Ge-
fahr seiner Rückfälligkeit zu bemessen (BGE 95 IV 121 E. 1 S. 122). Sie kann
zwischen zwei und fünf Jahren festgesetzt werden (Art. 41 Ziff. 1 Abs. 3 StGB).
Vorliegend erscheint die Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren als angemes-
sen und gerechtfertigt.
7. a) Mit Urteil vom 8. Mai 2004 wurde A. vom Ministero pubblico del can-
tone Ticino zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 10 Tagen bei einer Probezeit
von 2 Jahren verurteilt. Gemäss Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB lässt der Richter eine



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bedingt ausgesprochene Strafe vollziehen, wenn der Verurteilte während der Pro-
bezeit ein Verbrechen Vergehen begeht, er trotz förmlicher Mahnung des
Richters einer ihm erteilten Weisung zuwider handelt, er sich beharrlich der
Schutzaufsicht entzieht er das auf ihn gesetzte Vertrauen in anderer Weise
stört. Daraus geht hervor, dass bei einem erneuten Verbrechen Vergehen
durch den Verurteilten während der Probezeit der Widerruf der Erststrafe den
Normalfall darstellt (PKG 1994 Nr. 28). Wenn begründete Aussicht auf Bewährung
besteht, kann der Richter gemäss Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 in leichten Fällen stattdes-
sen, je nach den Umständen, den Verurteilten verwarnen, zusätzliche Massnah-
men nach Ziffer 2 anordnen und die im Urteil bestimmte Probezeit um höchstens
die Hälfte verlängern. Bei der Frage, ob ein Delikt als leicht zu qualifizieren ist,
kommt dem Strafmass die massgebliche Bedeutung zu. Dabei wird eine Freiheits-
strafe von bis zu drei Monaten in der Regel als leicht im Sinne von Art. 41 Ziff. 3
Abs. 2 StGB bezeichnet (BGE 128 IV 3 E. 4e S. 11). Aufgrund der auszuspre-
chenden Freiheitsstrafe von 16 Monaten kann das vorliegende Delikt unter keinen
Umständen mehr als leichter Fall angesehen werden, womit vom Vollzug der Vor-
strafe nicht abgesehen werden kann.
b)
Der Widerruf einer bedingt ausgesprochenen Strafe kann nur erfol-
gen, wenn der Verurteilte im Zeitpunkt der Begehung der neuen Tat vom früheren
Urteil und der darin angesetzten Probezeit Kenntnis hatte (Schneider, Basler
Kommentar, Strafgesetzbuch II, 2003, N 200 zu Art. 41 StGB). A. wurde am 8. Mai
2004 vom Ministero pubblico del cantone Ticino wegen Widerhandlung gegen das
ANAG angeklagt, wobei eine bedingte Gefängnisstrafe von 10 Tagen bei einer
Probezeit von 2 Jahren beantragt wurde. Der Angeklagte bestätigte gleichentags
unterschriftlich, diese Verfügung gelesen zu haben und stimmte ihr zu. Da eine
Einsprache seitens des Angeklagten unterblieb, erwuchs die Verfügung in Rechts-
kraft. A. hatte somit Kenntnis von seiner Verurteilung und der ab diesem Zeitpunkt
laufenden Probezeit. Der Angeklagte verübte sämtliche vorliegend zu beurteilen-
den Delikte nach seiner Verurteilung im Kanton Tessin also während laufender
Probezeit. Der mit Strafbefehl des Ministero pubblico del cantone Ticino vom 8.
Mai 2004 gewährte bedingte Strafvollzug wird daher widerrufen. Die Strafe von 10
Tagen Gefängnis ist zu vollziehen.
8. a) Nach Art. 58 Abs. 1 StGB verfügt das Gericht ohne Rücksicht auf die
Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur
Begehung einer strafbaren Handlung gedient haben bestimmt waren,
die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht worden sind, wenn diese Ge-



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genstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit die öffentliche Ord-
nung gefährden. Gemäss Abs. 2 der genannten Bestimmung kann das Gericht
anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht ver-
nichtet werden.
b)
Anlässlich der Verhaftung von A. am 30. Januar 2006 wurden bei
ihm 5 Gramm Heroin sichergestellt. Mit Verfügung des Untersuchungsrichters vom
23. Juni 2006 wurden die Betäubungsmittel beschlagnahmt. Da die Betäubungs-
mittel zweifellos der Begehung von strafbaren Handlungen dienten, werden diese
gestützt auf Art. 58 Abs. 1 StGB gerichtlich eingezogen; sie sind gestützt auf Art.
58 Abs. 2 StGB zu vernichten.
9. a) Nach Art. 59 Ziff. 1 StGB verfügt der Richter die Einziehung von
Vermögenswerten, die durch eine strafbare Handlung erlangt worden sind
dazu bestimmt waren, eine strafbare Handlung zu veranlassen zu belohnen,
sofern sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustan-
des ausgehändigt werden. Für nicht mehr vorhandene, unrechtmässig erlangte
Vermögensvorteile erkennt der Richter gemäss Art. 59 Ziff. 2 StGB auf eine Er-
satzforderung. Er kann jedoch von einer Ersatzforderung ganz teilweise ab-
sehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre die Wiedereingliede-
rung des Betroffenen ernstlich behindern würde. Die bundesgerichtliche Recht-
sprechung postuliert in diesem Zusammenhang eine dem Entscheid vorausge-
hende umfassende Beurteilung der finanziellen Lage des Betroffenen (BGE 122 IV
299 E. 3b S. 302).
b)
Mit Beschlagnahmeverfügung vom 23. Juni 2006 konnte bei A. ein
Mobiltelefon der Marke Samsung (IMEI Nr. 357114002280129) samt SIM Karte
(Nr. xxx) sichergestellt werden. Das sichergestellte Mobiltelefon wird zumal die-
ses offenbar der Abwicklung von Drogengeschäften diente gestützt auf Art. 59
Ziffer 1 Abs. 1 StGB gerichtlich eingezogen.
A. hat durch den Verkauf von Heroin zweifellos einen Gewinn erzielt. Dieser
scheint jedoch nicht mehr vorhanden zu sein, so dass sich die Frage einer Ersatz-
forderung stellt. Aufgrund der Tatsache, dass sich der Angeklagte zur Zeit mit un-
bekanntem Aufenthalt im Ausland befindet und aufgrund der gegen ihn verhäng-
ten Einreisesperre voraussichtlich nicht wieder in die Schweiz kommen wird, ist
davon auszugehen, dass eine allfällige Ersatzforderung gegenüber dem Ange-



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klagten uneinbringlich wäre. Es wird daher von der Erhebung einer Ersatzabgabe
gestützt auf Art. 59 Ziffer 2 Abs. 2 StGB abgesehen.
10. a) Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Untersuchungskos-
ten der Staatsanwaltschaft Graubünden, die Kosten der amtlichen Verteidigung
und die Gerichtsgebühr zu Lasten des Verurteilten (Art. 158 Abs. 1 StPO). Die
Kosten des amtlichen Verteidigers werden vorschussweise vom Kanton Graubün-
den bezahlt (vgl. Art. 155 StPO). Die Kosten der angerechneten Untersuchungs-
haft und des Strafvollzuges trägt der Kanton Graubünden (Art. 158 Abs. 3 StPO).
b)
Sofern der Täter keinen festen Wohnsitz in der Schweiz hat,
wenn sonst die Gefahr besteht, dass er sich der Strafverfolgung entzieht, besteht
nach Art. 73 StPO die Möglichkeit, Vermögensstücke des Täters im mutmassli-
chen Umfang von Busse und Verfahrenskosten sicherzustellen. Solche Sicherstel-
lungen sind gemäss Art. 24 Abs. 2 der Verordnung über Gebühren und Entschä-
digung der im Strafverfahren mitwirkenden Personen sowie das Rechnungswesen
in erster Linie zur Bezahlung einer allfälligen Busse und sodann zur Bezahlung der
Verfahrenskosten zu verwenden. Am 31. Januar 2006 wurde A. ein Depositum in
der Höhe von Fr. 2’700.-abgenommen. Dieses Depositum wird an die Verfah-
renskosten angerechnet.



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Demnach erkennt die Strafkammer:
1.
A. alias B. ist schuldig der Widerhandlung gegen Art. 19 Ziffer 2 lit. a BetmG
sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 al 4 ANAG.
2.
Dafür wird er mit 16 Monaten Gefängnis, abzüglich der erstandenen Unter-
suchungshaft von 103 Tagen, bestraft.
3.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben unter Ansetzung einer
Probezeit von 3 Jahren.
4.
Der bedingte Vollzug der mit Entscheid des Procuratore pubblico (Ministero
pubblico) del cantone Ticino vom 8. Mai 2004 ausgesprochenen Gefäng-
nisstrafe von 10 Tagen wird widerrufen. Die Strafe ist zu vollziehen.
5. a) Die mit Beschlagnahmeverfügung vom 23. Juni 2006 beschlagnahmten 5
Gramm Heroin werden gestützt auf Art. 58 Abs. 1 StGB gerichtlich einge-
zogen. Sie sind gestützt auf Art. 58 Abs. 2 StGB zu vernichten.
b) Das mit Beschlagnahmeverfügung vom 23. Juni 2006 sichergestellte Mobil-
telefon der Marke Samsung (IMEI Nr. 357114002280129) samt SIM Karte
(Nr. xxx) wird gestützt auf Art. 59 Ziffer 1 Abs. 1 StGB zu Handen des Kan-
tons Graubünden gerichtlich eingezogen.
c) Von der zusätzlichen Erhebung einer Ersatzabgabe wird gestützt auf Art. 59
Ziffer 2 Abs. 2 StGB abgesehen.
6.
Die Kosten des Verfahrens, bestehend aus:
- den Barauslagen der Staatsanwaltschaft
Graubünden von
Fr. 1’198.25
- den Untersuchungsgebühren der Staatsanwaltschaft
Graubünden von
Fr. 4’155.--

- den Kosten gemäss Art. 354 StGB von
Fr. 364.--

- der Gerichtsgebühr von
Fr. 2’500.--

- dem Honorar der amtlichen Verteidigung von
Fr. 3’617.30

total somit
Fr. 11’834.55

gehen zu Lasten von A. alias B..

Das geleistete Depositum von Fr. 2'700.-wird an die Kosten angerechnet.



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Die Kosten der angerechneten Untersuchungshaft sowie jene eines allfälli-
gen Strafvollzuges gehen zu Lasten des Kantons Graubünden.
7. a) Der Beurteilte kann gemäss Art. 123 Abs. 2 StPO innert sechzig Tagen seit
er von dem gegen ihn ausgefällten Urteil Kenntnis erhalten hat und in der
Lage ist, sich zu stellen, beim Kantonsgericht von Graubünden die Aufhe-
bung des Abwesenheitsurteils und die Durchführung des ordentlichen Ge-
richtsverfahrens verlangen. Leistet der Angeklagte der Vorladung zur neuen
Hauptverhandlung unentschuldigt keine Folge, so wird das Wiederaufnah-
megesuch nach Art. 123 Abs. 4 StPO als erledigt abgeschrieben.
b) Gegen dieses Urteil kann, sofern Verletzung eidgenössischen Rechts gel-
tend gemacht werden will, Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof
des schweizerischen Bundesgerichts geführt werden. Diese ist dem Bun-
desgericht innert 30 Tagen seit Zustellung der vollständigen Ausfertigung
des Entscheides in der in Art. 273 des Bundesgesetzes über die Bundes-
strafrechtspflege (BStP) vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Be-
schwerdelegitimation und die weiteren Voraussetzungen der Nichtigkeits-
beschwerde gelten die Art. 268 ff. BStP.
8. Mitteilung
an:
__
Für die Strafkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin ad hoc:



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