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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils SF-05-36: Kantonsgericht Graubünden

Der Beschwerdeführer hat Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 19. Juni 2017 erhoben. Die Strafanzeige des Beschwerdeführers gegen den Beschwerdegegner 1 wegen Verleumdung, übler Nachrede und Beschimpfung im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren wurde nicht angenommen. Der Beschwerdeführer beantragte, die Nichtanhandnahmeverfügung aufzuheben und die Strafunter- suchung gegen den Beschwerdegegner 1 durchzuführen. Die Prozesskosten betrugen CHF 3'000. Die Beschwerdegegnerin war die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl. Das Obergericht des Kantons Zürich entschied, dass die Äusserungen des Beschwerdegegners 1 im Rahmen des Scheidungsverfahrens nicht strafrechtlich relevant waren.

Urteilsdetails des Kantongerichts SF-05-36

Kanton:GR
Fallnummer:SF-05-36
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SF-05-36 vom 05.12.2005 (GR)
Datum:05.12.2005
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter : ünden; Graubünden; Kantonsgericht; Gefängnis; Vollzug; Urteil; Kantonsgerichts; Vollstreckung; Gefängnisstrafe; Massnahme; Abwesenheit; Italien; Reststrafe; Kreisgerichtsausschuss; Schutzaufsicht; Drogen; Vollstreckungsverjährung; Freiheitsstrafe; Verjährung; Beschluss; Vollzug; Untersuchungshaft; Abwesenheitsbeschluss; Recht; Kammer
Rechtsnorm:Art. 123 StPO ;Art. 128a StPO ;Art. 138 StGB ;Art. 144 StGB ;Art. 145 StGB ;Art. 148 StGB ;Art. 151 StGB ;Art. 186 StGB ;Art. 44 StGB ;Art. 73 StGB ;Art. 74 StGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Müller, Peter, Basler Kommentar Strafgesetz- buch I, Art. 73; Art. 75, 2003
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SF-05-36

Kantonsgericht von Graubünden

Tribunale cantonale dei Grigioni

Dretgira chantunala dal Grischun
_____

Ref.:
Chur, 05. Dezember 2005
Schriftlich mitgeteilt am:
SF 05 36
(nicht mündlich eröffnet)

Beschluss
Strafkammer
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen Rehli,
Sutter-Ambühl, Tomaschett und Hubert
Aktuarin Thöny
——————
In der Strafsache
der X., Gesuchstellerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Patrick Barandun,
c/o Buchli Caviezel Just, Postfach 414, Masanserstrasse 35, 7001 Chur,

wegen Vollzug einer aufgeschobenen Gefängnisstrafe (Wiederaufnahme eines
Verfahrens),

hat sich ergeben:



2


A.
Am 23. Juni 1986 sprach das Kantonsgericht von Graubünden X.
schuldig der falschen Anschuldigung gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB und der
fortgesetzten Hehlerei gemäss Art. 144 Abs. 1 StGB. Dafür wurde sie mit sechs
Monaten Gefängnis bestraft, wobei der Vollzug der Gefängnisstrafe unter Anset-
zung einer Probezeit von drei Jahren aufgeschoben wurde. Am 1. Oktober 1987
verurteilte der Kreisgerichtsausschuss Chur X. wegen Erschleichung einer Leis-
tung gemäss Art. 151 Abs. 1 StGB und der fortgesetzten Widerhandlung gegen
Art. 19 Ziff. 1 und Art. 19a Ziff. 1 BetmG zu fünf Monaten Gefängnis. Der mit Urteil
des Kantonsgerichts von Graubünden vom 23. Juni 1986 gewährte bedingte
Strafvollzug wurde widerrufen. Mit Urteil vom 3. Mai 1988 wurde X. vom Kantons-
gericht Graubünden der wiederholten und fortgesetzten Widerhandlung gegen Art.
19 Ziff. 2 lit. a und Art. 19a Ziff. 1 BetmG, des wiederholten Diebstahls gemäss Art.
137 Ziff. 1 StGB, der Sachbeschädigung gemäss Art. 145 Abs. 1 StGB, des Haus-
friedensbruchs gemäss Art. 186 StGB, der Hehlerei gemäss Art. 144 Abs. 1 und 2
StGB, des Betrugs gemäss Art. 148 Abs. 1 StGB sowie der Entwendung eines
Motorfahrzeugs zum Gebrauch gemäss Art. 94 Ziff. 1 Abs. 1 SVG für schuldig er-
kannt und, teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Kreisgerichtsausschusses
Chur vom 1. Oktober 1987, mit zwanzig Monaten Gefängnis abzüglich 100 Tage
Untersuchungshaft bestraft. Mit Regierungsbeschluss vom 8. Mai 1989 wurde X.
unter Ansetzung einer zweijährigen Probezeit und Schutzaufsicht auf den 14. Ok-
tober 1989 bedingt aus dem Strafvollzug entlassen.
B.
Mit Urteil vom 28. April 1992 befand das Kantonsgericht von Grau-
bünden X. in Abwesenheit des Raubes gemäss Art. 139 Ziff. 1 StGB, des Dieb-
stahls gemäss Art. 137 Ziff. 1 StGB, des mehrfachen Betrugs gemäss Art. 148
Abs. 1 StGB, der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 1 und Art. 19a
Ziff. 1 BetmG, der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 51 Abs. 1 des Trans-
portgesetzes in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Transportverordnung sowie der
Entwendung gemäss Art. 138 Abs. 1 StGB für schuldig. Dafür wurde sie mit 15
Monaten Gefängnis, abzüglich der erstandenen Untersuchungshaft von 4 Tagen,
bestraft. Der Vollzug der Strafe wurde zu Gunsten einer stationären Behandlung in
einer Drogenentziehungsanstalt aufgeschoben. Diese Massnahme konnte jedoch
nicht durchgeführt werden, da sich X. nach Italien absetzte. Die von der Regierung
am 8. Mai 1989 gewährte bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug wurde mit
Regierungsbeschluss vom 20. Juni 1995 widerrufen, der Vollzug der Reststrafe
von 10 Monaten und 10 Tagen Gefängnis jedoch in Anwendung von Art. 38 Ziff. 4



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Abs. 5 StGB zugunsten des gerichtlich angeordneten stationären Massnahmevoll-
zugs nach Art. 44 StGB aufgeschoben.
C.
Mit Abwesenheitsbeschluss vom 31. August 1998 hob die Strafkam-
mer des Kantonsgerichts von Graubünden die mit Urteil vom 28. April 1992 ange-
ordnete Massnahme auf. Was die damals ausgefällte Gefängnisstrafe von 15 Mo-
naten, abzüglich vier Tagen Untersuchungshaft, und die Reststrafe aus den Verur-
teilungen durch den Kreisgerichtsausschuss Chur vom 1. Oktober 1987 und durch
das Kantonsgericht von Graubünden vom 23. Juni 1986 sowie vom 3. Mai 1988
von 10 Monaten und 10 Tagen betrifft, wurde deren Vollzug angeordnet.
D.
Am 25. Oktober 2005 wurde X. in Chur verhaftet und in die Strafan-
stalt Sennhof überführt. Mit Eingabe vom 26. Oktober 2005 ersuchte sie beim
Kantonsgericht von Graubünden um Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend
Vollzug der aufgeschobenen Gefängnisstrafe. Nach Einsichtnahme in den Bericht
der Schutzaufsicht Graubünden vom 7. November 2005 wurde X. mit Beschluss
des Kantonsgerichtspräsidiums von Graubünden vom 8. November 2005 bis zu
einem allfälligen anderweitigen Beschluss im Rahmen des Hauptverfahrens vor-
läufig aus dem Strafvollzug entlassen.
E.
An der Hauptverhandlung vom 5. Dezember 2005 vor der Strafkam-
mer des Kantonsgerichts von Graubünden nahmen X. sowie ihr privater Verteidi-
ger Rechtsanwalt lic. iur. Patrick Barandun teil. Die Schutzaufsicht Graubünden
sowie das Justiz-, Polizeiund Sanitätsdepartement Graubünden verzichteten auf
eine Teilnahme. Auf Befragen hin führte X. aus, dass sie sich von 1994 bis 1996 in
der A., einer christlichen Einrichtung in Italien, aufgehalten habe. Dort habe sie
auch medizinische Unterstützung erhalten. Ab 1997 habe sie in Italien als Haus-
frau gelebt. Da ihre Mutter herzkrank sei und sich ihre Schwester einer schweren
Operation habe unterziehen müssen, sei sie in die Schweiz zurückgekehrt. Heute
betreue sie ihre 78-jährige Mutter und führe ein ruhiges Leben. Drogen konsumie-
re sie nicht mehr und sie habe auch kürzlich das Methadon absetzen können.
Der private Verteidiger stellte im Rahmen seines Plädoyers, welches er
schriftlich zu den Akten reichte, folgende Anträge:
„1. Die gestützt auf das Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom
23. Juni 1986, das Urteil des Kreisgerichtsausschusses Chur vom
1. Oktober 1987 und das Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom
3. Mai 1988 noch nicht vollzogene Reststrafe von 10 Monaten und 10
Tagen sei aufgrund der eingetretenen Vollstreckungsverjährung nicht
mehr zu vollziehen.




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2. Auf den Vollzug der mit Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden
vom 28. April 1992 ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 15 Monaten
Gefängnis sei zu verzichten.

3. Eventuell sei die mit dem Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom
28. April 1992 ausgesprochene Freiheitsstrafe von 15 Monaten Ge-
fängnis in eine bedingte Freiheitsstrafe umzuwandeln.

4.
Subeventuell sei der Aufenthalt der Verurteilten in der „A.“ in Italien auf
die Dauer der mit Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 28. Ap-
ril 1992 aufgeschobenen Freiheitsstrafe anzurechnen und die Frei-
heitsstrafe als getilgt anzusehen.

5.
Kostenfolge sei die gesetzliche.“
Auf die weiteren Ausführungen im Rahmen der richterlichen Befragung und
des Plädoyers wird, soweit erforderlich, im Folgenden eingegangen.
Die Strafkammer zieht in Erwägung :
1.
Gemäss Art. 123 Abs. 2 StPO hat der Beurteilte das Recht, innert
sechzig Tagen seit Kenntnis des Kontumazurteils beim urteilenden Gericht die
Aufhebung des Abwesenheitsurteils und die Durchführung des ordentlichen Ge-
richtsverfahrens zu verlangen. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben,
setzt der Präsident eine neue Gerichtsverhandlung an. Wie aus den Akten (act.
29) hervorgeht, erhielt X. am 26. Oktober 2005 Kenntnis des gegen sie ausgefäll-
ten Abwesenheitsbeschlusses des Kantonsgerichts von Graubünden vom 31. Au-
gust 1998. Noch am selben Tag reichte sie ihr Gesuch um Wiederaufnahme des
Verfahrens ein. Somit erfolgte das Gesuch von X. formgerecht innert der gesetzli-
chen Frist von 60 Tagen. Die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Ver-
fahrens sind damit erfüllt.
2.
Mit Abwesenheitsbeschluss vom 31. August 1998 ordnete die Straf-
kammer des Kantonsgerichts von Graubünden den Vollzug der mit Urteil vom
28. April 1992 ausgefällten Gefängnisstrafe von 15 Monaten, abzüglich vier Tagen
Untersuchungshaft, und der Reststrafe aus den Verurteilungen durch den Kreisge-
richtsausschuss Chur vom 1. Oktober 1987 und durch das Kantonsgericht von
Graubünden vom 23. Juni 1986 sowie vom 3. Mai 1988 von 10 Monaten und 10
Tagen an. Zunächst gilt es zu prüfen, ob bezüglich dieser Strafen bereits die Voll-
streckungsverjährung eingetreten ist.
a) Die
Vollstreckungsverjährung
hindert die Strafvollzugsbehörden an
der Vollstreckung einer rechtskräftig ausgesprochenen Strafe. Art. 73 StGB legt



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die Fristen der relativen Vollstreckungsverjährung für Verbrechen und Vergehen
fest. Gemäss Art. 73 Ziff. 1 al. 5 StGB verjährt die Vollstreckung von Gefängnis-
strafen von mehr als einem Jahr in zehn Jahren. Die absolute Vollstreckungsver-
jährung ist Gegenstand von Art. 75 Ziff. 2 StGB. Demnach wird die Verjährung
durch den Vollzug und durch jede auf Vollstreckung der Strafe gerichtete Hand-
lung der Behörde, der die Vollstreckung obliegt, unterbrochen. Mit jeder Unterbre-
chung beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen. Jedoch ist die Strafe in jedem
Falle verjährt, wenn die ordentliche Verjährungsfrist um die Hälfte überschritten ist.
Das bedeutet, dass die absolute Verjährung bei Gefängnisstrafen von mehr als
einem Jahr in 15 Jahren eintritt (vgl. Peter Müller, Basler Kommentar, Strafgesetz-
buch I, Basel 2003, N. 1 zu Art. 73 und N. 19 zu Art. 75). Gemäss Art. 74 StGB
beginnt die Verjährung mit dem Tag, an dem das Urteil rechtlich vollstreckbar wird
und beim Vollzug einer Massnahme mit dem Tag, an dem der Vollzug der Strafe
angeordnet wird, zu laufen.
b)
Die noch nicht vollzogene Reststrafe von 10 Monaten und 10 Tagen
resultiert aus dem Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 3. Mai 1988,
gemäss welchem X., teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Kreisgerichtsaus-
schusses Chur vom 1. Oktober 1987, mit zwanzig Monaten Gefängnis abzüglich
100 Tage Untersuchungshaft bestraft wurde. Dieses Urteil wurde am 8. Septem-
ber 1988 schriftlich mitgeteilt und ist, da kein Rechtsmittel eingelegt wurde, im
Zeitpunkt der schriftlichen Urteilszustellung in Rechtskraft erwachsen und damit
rechtlich vollstreckbar geworden (Art. 128a Abs. 3 StPO). Ein Teil der ausgespro-
chenen Strafe wurde sodann auch in den Jahren 1988 und 1989 vollzogen,
wodurch die Verjährung unterbrochen wurde. Jedoch sind seit Eintritt der Voll-
streckbarkeit bereits mehr als 17 Jahre vergangen. Somit ist gemäss Art. 75 Ziff. 2
in Verbindung mit Art. 73 Ziff. 1 al. 5 StGB die Vollstreckungsverjährung eingetre-
ten. Die Reststrafe aus den Verurteilungen durch den Kreisgerichtsausschuss
Chur vom 1. Oktober 1987 und durch das Kantonsgericht von Graubünden vom
23. Juni 1986 sowie vom 3. Mai 1988 von 10 Monaten und 10 Tagen Gefängnis ist
infolgedessen nicht mehr zu vollziehen.
c)
Mit Kontumazurteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom
28. April 1992 wurde X. zu 15 Monaten Gefängnis, abzüglich der erstandenen Un-
tersuchungshaft von 4 Tagen, verurteilt. Der Vollzug der Strafe wurde jedoch zu
Gunsten einer stationären Behandlung in einer Drogenentziehungsanstalt aufge-
schoben. Diese Massnahme wurde mit Abwesenheitsbeschluss vom 31. August
1998 aufgehoben und der Vollzug der Gefängnisstrafe angeordnet. Somit ist dies-



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bezüglich die Vollstreckungsverjährung noch nicht eingetreten, weshalb die Frage
des Vollzugs der ausgesprochenen Gefängnisstrafe neu zu prüfen ist.
3.
Sind seit der Verurteilung, dem Rückversetzungsbeschluss der
Unterbrechung der Massnahme mehr als fünf Jahre verstrichen, ohne dass deren
Vollzug begonnen fortgesetzt werden konnte, so entscheidet der Richter, ob
und wieweit die nicht vollzogenen Strafen noch vollstreckt werden sollen, wenn die
Massnahme nicht mehr nötig ist (Art. 45 Ziff. 6 Satz 1 StGB). Damit wird dem Um-
stand Rechnung getragen, dass nach einer gewissen Zeit veränderte Verhältnisse
vorliegen können.
a)
Wie aus dem Abwesenheitsbeschluss des Kantonsgerichts von
Graubünden vom 31. August 1998 hervorgeht, erachtete die Schutzaufsicht Grau-
bünden die damaligen Aussagen von X., wonach diese bis zu ihrer Verhaftung am
30. März 1993 in Italien drogenfrei gelebt haben soll, als glaubhaft. Auch würden
die Indizien dafür sprechen, dass sie sich weiterhin in Italien aufhalte und dort ein
geordnetes und drogenfreies Leben führe. Vor diesem Hintergrund erweise sich
die angeordnete Massnahme als nicht mehr nötig. Dieser Auffassung folgte das
Kantonsgericht von Graubünden und hob die Massnahme auf, ordnete jedoch den
Vollzug der aufgeschobenen Gefängnisstrafe an. Wie aus dem Schreiben des be-
handelnden Arztes vom 24. November 2005 hervorgeht, nahm X. nach ihrer
Rückkehr in die Schweiz an einem Methadonprogramm teil, wobei sie jedoch nur
eine sehr geringe Dosis Methadon benötigte. Zwischenzeitlich habe sich jedoch
auch dies erfolgreich abbauen können und benötige jetzt in dieser Hinsicht keine
Behandlung mehr. Auch X. beteuerte anlässlich der Hauptverhandlung vom
5. Dezember 2005, dass sie sich in Italien während fünf Jahren einer Substituti-
onsbehandlung mit Subutex unterzogen habe. In der Schweiz habe sie anfänglich
noch 15 mg Methadon eingenommen, welches sie heute aber nicht mehr benöti-
ge. Somit kann davon ausgegangen werden, dass X. durch eine andere als die
angeordnete Therapie die Drogenfreiheit erreicht hat, weshalb eine diesbezügliche
Massnahme als nicht mehr notwendig erscheint.
b)
Gegenüber der Schutzaufsicht Graubünden (vgl. Stellungnahme vom
7. November 2005) führte X. aus, sie lebe seit dem 1. September 2005 in B.. Sie
fühle sich verpflichtet, in der Nähe ihrer herzkranken Mutter zu sein und sich um
sie zu kümmern. Ihre eigene Erkrankung an HIV und Hepatitis und ihre langjährige
Suchtgeschichte hätten sie müde gemacht und sie verspüre nur noch den
Wunsch, ein ruhiges Leben zu führen. Sie habe sich in den letzten 13 Jahren



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strafrechtlich nichts mehr zuschulden kommen lassen. Auch ihr Sohn bestätigte
gegenüber der Schutzaufsicht Graubünden, dass seine Mutter nach 20 Jahren
Drogenabhängigkeit erschöpft und kraftlos sei und in Graubünden zur Ruhe kom-
men möchte. Die Schwester von X. führte zudem aus, ihre Schwester verspüre
den starken Wunsch, ein normales Leben zu führen und ihre Familie um sich zu
haben. Dies betonte X. auch anlässlich der Hauptverhandlung vom 5. Dezember
2005. Sie wünsche sich, eine Beziehung zu ihren vier Enkeln aufbauen zu kön-
nen. Aus diesen Schilderungen geht hervor, dass in den vergangenen Jahren eine
Resozialisierung stattgefunden hat, welche durch den Vollzug der noch ausste-
henden Strafe gefährdet werden könnte. Des Weiteren ist zu berücksichtigen,
dass der Gesundheitszustand von X. als instabil bezeichnet werden muss. Der
behandelnde Arzt führte diesbezüglich in seinem Schreiben vom 24. November
2005 aus, X. sei wegen vielerlei Störungen in einem labilen gesundheitlichen
Gleichgewicht. Aufgrund ihrer AIDS-Erkrankung benötige sie monatliche hausärzt-
liche, zwischendurch spezialärztliche Kontrollen und Medikamentenverschreibung.
Ausserdem leide sie an einem Infektasthma und sie habe eine Anfälligkeit für Nie-
renund Blasenentzündungen. Aufgrund dieser verschiedenen Störungen sei die
Hafterstehungsfähigkeit aus somatischer Sicht als kritisch einzustufen. Unter den
genannten Umständen ist eine Gefährdung des bisher Erreichten nicht auszu-
schliessen, wenn nun die noch ausstehende Gefängnisstrafe dennoch vollzogen
würde. In Anbetracht des erfolgreichen Drogenentzugs sowie unter Berücksichti-
gung des Gesundheitszustandes von X., erscheint es demnach gerechtfertigt, auf
den Vollzug der aufgeschobenen Freiheitsstrafe zu verzichten.
4.
Für diesen Beschluss werden keine Kosten erhoben.



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Demnach beschliesst die Strafkammer :
1.
Die Reststrafe aus den Verurteilungen durch den Kreisgerichtsausschuss
Chur vom 1. Oktober 1987 und durch das Kantonsgericht von Graubünden
vom 23. Juni 1986 sowie vom 3. Mai 1988 von 10 Monaten und 10 Tagen
Gefängnis ist infolge der eingetretenen Vollstreckungsverjährung nicht mehr
zu vollziehen.
2.
Die mit Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 28. April 1992
ausgesprochene Freiheitsstrafe von 15 Monaten Gefängnis ist nicht mehr
zu vollziehen.
3.
Für das vorliegende Verfahren werden keine Kosten erhoben.
4.
Gegen diesen Beschluss kann, sofern Verletzung eidgenössischen Rechts
geltend gemacht werden will, Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof
des schweizerischen Bundesgerichts geführt werden. Diese ist dem Bun-
desgericht innert 30 Tagen seit Zustellung der vollständigen Ausfertigung
des Entscheides in der in Art. 273 des Bundesgesetzes über die Bundes-
strafrechtspflege (BStP) vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Be-
schwerdelegitimation und die weiteren Voraussetzungen der Nichtigkeits-
beschwerde gelten die Art. 268 ff. BStP.
5. Mitteilung
an:
__
Für die Strafkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Präsident:
Die Aktuarin:


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