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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils PZ-04-93: Kantonsgericht Graubünden

Der Beschuldigte wurde für eine vorsätzliche Verletzung der Verkehrsregeln schuldig gesprochen, jedoch vom Vorwurf der groben Verkehrsregelverletzung freigesprochen. Er wurde zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 60.- und einer Busse von Fr. 300.- verurteilt. Die Kosten des Verfahrens belaufen sich auf insgesamt Fr. 5'173.60. Der Beschuldigte, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X., hat die Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Bülach eingereicht. Die Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich unter dem Vorsitz von Oberrichter lic. iur. M. Langmeier hat das Urteil am 5. Februar 2015 gefällt.

Urteilsdetails des Kantongerichts PZ-04-93

Kanton:GR
Fallnummer:PZ-04-93
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid PZ-04-93 vom 26.11.2004 (GR)
Datum:26.11.2004
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:die Erbengemeinschaft X., Rekursgegnerin
Schlagwörter : Erben; Erbbescheinigung; Kreis; Erbvertrag; Verfügung; Testament; Kreispräsident; Erbin; Eheleute; Rekurs; Erbenvertreter; Kantonsgericht; Vertrag; Erbschaft; Karrer; Urkunde; Erbinnen; Recht; Erblasser; Erbengemeinschaft; Zeitpunkt; Wille; Gericht; Rekurrentin; EGzZGB; Ungültigkeit
Rechtsnorm:Art. 235 ZPO ;Art. 39 ZPO ;Art. 468 ZGB ;Art. 470 ZGB ;Art. 481 ZGB ;Art. 483 ZGB ;Art. 494 ZGB ;Art. 513 ZGB ;Art. 521 ZGB ;Art. 559 ZGB ;Art. 602 ZGB ;Art. 608 ZGB ;
Referenz BGE:95 II 109;
Kommentar:
Staehelin, Schweizer, Basler Kommentar zum Schweizerischen Pri- vatrecht, Art. 483 ZGB, 2003
Peter, Schweizer, Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Art. 602 ZGB, 2003
Marti, Schweizer, Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Art. 559 ZGB, 2003
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts PZ-04-93

Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
_____
Ref.:
Chur, 26. November 2004 ad
Schriftlich mitgeteilt am:
PZ 04 93
Urteil
Kantonsgerichtspräsidium
Vorsitz Präsident
Brunner
Aktuarin ad hoc
Strässler
——————
Im Rekurs
der R., Q., Rekurrentin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.iur. Théo Chr. Portmann,
Alexanderstrasse 1, 7001 Chur,

gegen

die Erbbescheinigung Nr. 2004/13 des Kreispräsidenten A. vom 4. Mai 2004, mit-
geteilt am 9. Juni 2004, betreffend die Erbengemeinschaft X., Rekursgegnerin,
vertreten durch den Erbenvertreter Z., B.-Strasse, H.,
betreffend Erbbescheinigung,
hat sich ergeben:


2
A.1. Die Eheleute X. liessen am 29. Mai 1979 vor dem Kreisnotariat A. ei-
nen als "Erbvertrag" bezeichneten Vertrag öffentlich beurkunden. In Ziff. I. dieses
Vertrages "stellten sie fest", dass sie unter dem allgemeinen Güterstand der Gü-
tergemeinschaft gemäss Art. 215ff. aZGB stünden und beim Tode des erstver-
sterbenden Ehegatten das Gesamtgut kraft güterrechtlicher Vereinbarung (Art.
226 Abs. 1 aZGB) dem überlebenden Ehegatten zufalle. In Ziff. II der öffentlichen
Urkunde setzten sie auf den Zeitpunkt des beidseitigen Ablebens als Erben Y. und
R. ein. Y. sollte aus dem Nachlass einen Betrag von Fr. 3'000.-erhalten. Der ge-
samte übrige Nachlass, "bestehend aus Hausanteil, Stall, Bienenhaus, Liegen-
schaften, Gerätschaften und Viehabe sowie das vorhandene Bargeld etc." sollte
an R., die heutige Rekurrentin R., gehen. Als Willensvollstrecker bezeichneten die
Vertragschliessenden in Ziff. V. des Vertrages den beurkundenden Kreisnotar A..
Der Erbvertrag wurde dreifach ausgefertigt, je ein Exemplar zuhanden der Ver-
tragsparteien und zuhanden des Notars.
2.
A. X. verstarb am 20. Februar 2001. Nach ihrem Tod fand offenbar
keine Testamentseröffnung statt.
B.1. Am 20. März 2002 liess B. X. bei Notar B. eine öffentliche letztwillige
Verfügung beurkunden. Sein letzter Wille lautet gemäss diesem Testament wie
folgt:
I.
"Die Nachkommen meiner vorverstorbenen Schwestern C. und D. sollen
nichts erhalten.

II.
Mein Neffe, E., geboren am 3. Oktober 1945, wohnhaft in O., soll all meine
Liegenschaften in O. als Vermächtnis erhalten. Er hat ebenfalls Anrecht auf
das Mobiliar im Wohnhaus, die Gegenstände im Stall sowie das Bienen-
haus. Ferner hat er etwaige bei meinem Tod vorhandene Grundpfand-
schulden zu übernehmen.

III.
Y., geboren 1952, wohnhaft in P., Neffe meiner vorverstorbenen Gattin, soll
meinen Grundbesitz in P., der pfandrechtsfrei ist, als Vermächtnis erhalten.



3
IV.
Mein übriges Vermögen, namentlich das Barund Wertschriftenvermögen,
soll gleichmässig nach Stämmen unter meinen gesetzlichen Erben mit
Ausnahme der Nachkommen von C. und D. verteilt werden.

V.
Zur Willensvollstreckerin ernenne ich W., P.."
(es folgen Datum, Unterschrift, öffentliche Beurkundung und Zeugenbestä-
tigung)

2.
Am 28. Juli 2002 verstarb der am 28. März 1907 geborene B. X..
C.1. Eine
erste
Testamentseröffnung betreffend den Nachlass von B. X.
fand am 2. Oktober 2002 statt. Gemäss Protokoll eröffnete der Kreispräsident die
letztwillige Verfügung des Verstorbenen vom 20. März 2002.
2.
In der Folge stiess E. zufällig auf den Erbvertrag der Eheleute X. vom
29. Mai 1979, welchen er dem Kreisamt A. am 8. Oktober 2002 einreichte.
3.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2002 lud der Kreispräsident A. des-
halb zu einer zweiten Testamentseröffnung ein. R. erhielt gemäss Verteiler keine
Einladung und nahm entsprechend auch nicht an der zweiten Testamentseröff-
nung am 23. Oktober 2002 teil. Eröffnet wurde zusätzlich der Vertrag vom 29. Mai
1979. Gemäss Protokoll der Testamentseröffnung vom 23. Oktober 2002 figuriert
R. nicht unter den dem Kreisamt bekannt gegebenen Erbinnen und Erben. Ge-
mäss Verteiler erhielt sie auch kein Protokoll der Testamentseröffnungen. Indes-
sen gab der Kreispräsident A. R. mit Schreiben vom 2. Oktober 2002, mitgeteilt
am 4. November 2002, bekannt, dass sie von den Eheleuten Eheleute X. mit Ver-
trag vom 29. Mai 1979 als Universalerbin eingesetzt worden sei. Er wiederholte
den Wortlaut des R. betreffenden Teils des Erbvertrages (Ziff. 2) und hielt fest,
dass die Mitteilung der Erbeinsetzung unter dem Vorbehalt der Rechtsgültigkeit
des Erbvertrages erfolge. Bis dahin werde auch kein Erbenschein ausgestellt.
4.
Mit Brief vom 29. November 2002 teilte der Kreispräsident den ge-
setzlichen Erben von B. X., nicht aber R. mit, dass sie die Nachlassteilung auf-
grund der Umstände ohne Willensvollstrecker vornehmen müssten. Da verschie-
dene Teilungshandlungen dringend vorzunehmen seien, erscheine es angezeigt,
eine Erbschaftsverwaltung errichten zu lassen.


4
5.
Auf Gesuch von F. und G. setzte der Kreispräsident A. im Nachlass
des B. X. mit Verfügung vom 18. Dezember 2002 gestützt auf Art. 602 Abs. 2 ZGB
eine Erbenvertretung ein und ernannte Z. in Chur als Erbenvertreter. Die Aufga-
ben des Erbenvertreters wurden beschränkt auf die Verwaltung der Nachlassmas-
se, die Bezahlung der eingehenden Fakturen, das Inkasso von Guthaben etc. und
die Vertretung der Erbengemeinschaft; nicht zu seinen Kompetenzen gehört ins-
besondere die Verfügung über Grundeigentum. Der Entscheid wurde gemäss Ziff.
4 des Dispositivs den von den Gesuchstellern bekanntgegebenen Erben, nicht
aber R. mitgeteilt.
6.
Mit Entscheid vom 3. März 2003 stellte der Kreispräsident A. diejeni-
gen Erbinnen und Erben amtlich fest, welche die Erbschaft gegenüber B. X.
rechtsgültig ausgeschlagen hatten.
D.
Am 4. Mai 2004 / 9. Juni 2004 wurde gestützt auf Art. 559 ZGB und
Art. 9 Ziff. 5 EGzZGB betreffend den Nachlass von B. X. eine Erbbescheinigung
ausgestellt.
Gemäss Ingress wird der Kreispräsident-Stellvertreter als Urheber genannt,
unterzeichnet ist die Erbbescheinigung vom Kreispräsidenten A.. Die Rubrik Ziff.
1a), "gesetzliche Erben", ist leer. In der Rubrik Ziff. 1b), "eingesetzte Erben" sind
die gesetzlichen Erbinnen und Erben von B. X. aufgeführt mit Ausnahme der
Nachkommen seiner vorverstorbenen Schwestern C. und D., welche gemäss Tes-
tament des B. X. vom 20. März 2002 nichts erhalten sollten. Als eingesetzte Ver-
mächtnisnehmer werden in Ziff. 1. c) E. und Y. erwähnt. R. wird in der Erbbe-
scheinigung nicht als Erbin aufgeführt. In Ziff. 2 der Erbbescheinigung wird be-
scheinigt, dass die am 2. Oktober 2002 eröffnete öffentliche Urkunde über die Er-
richtung einer letztwilligen Verfügung vom 20. März 2002 und der am 23. Oktober
2002 eröffnete Eheund Erbvertrag bisher nicht angefochten worden seien. Ge-
mäss Ziff. 3 haben die vorgenannten gesetzlichen eingesetzen Erben die
Erbschaft nicht ausgeschlagen, es wurde keine amtliche Liquidation verlangt,
weshalb die genannten Erbinnen und Erben unter Vorbehalt der Erbschaftsklage
und Ungültigkeitsklage als einzige Erben anerkannt seien. In Ziff. 4 wird schliess-
lich erwähnt, dass die in der öffentlichen Urkunde über die Errichtung einer letzt-
willigen Verfügung vom 20. März 2002 eingesetzte Willensvollstreckerin die Über-
nahme des Mandates abgelehnt habe.


5
E.
Gegen diese Erbbescheinigung reichte R. am 14. Juni 2004 Rekurs
beim Kantonsgerichtspräsidenten Graubünden ein mit folgenden Anträgen:
1. Frau R. sei als durch Erbvertrag eingesetzte Universalerbin der Ehegat-
ten B. X. und A. X. in die angefochtene Erbbescheinigung aufzuneh-
men.

2. Es sei dem Rekurs die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
3. Unter Kostenund Entschädigungsfolge.
Zur Begründung wurde in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass der Ehe-
und Erbvertrag, welchen die Eheleute X. am 29. Mai 1979 abgeschlossen hätten,
von keinem Ehepartner einseitig abgeändert werden könne. Das nach dem Tod
der Ehefrau errichtete Testament des Ehemannes vom 20. März 2002 sei daher
ungültig. Diese Ungültigkeit könne einredeweise immer geltend gemacht werden,
wenn andere Erben als R. die Vermögenswerte der Eheleute X. heraus verlangen
würden. Es seien einige behördliche Missgeschicke passiert. So sei der Rekurren-
tin das Protokoll über die amtliche Eröffnung des Testaments vom 2. Oktober
2002/23. Oktober 2002 nicht mitgeteilt worden. In der Mitteilung an R. vom 2. Ok-
tober/4. November 2002 fehle ein Hinweis darauf, dass ein Testament existiere,
das in Konkurrenz zum Erbvertrag stehe und das innert einer Frist anzufechten
wäre. Auch die späteren Dokumente, nämlich der Brief an die "Erben des B.X.
sel." betreffend Bestellung eines Erbenvertreters vom 29. November 2002 und die
Verfügung vom 18. Dezember 2002, mit welcher ein Erbenvertreter ernannt wor-
den sei, seien R. nicht zugestellt worden. Dies dürfe ihr aber nicht zum Nachteil
gereichen. Die angefochtene Erbbescheinigung sei daher unter der Rubrik "einge-
setzte Erben" mit dem Namen von R. zu ergänzen, soweit es der Kantonsge-
richtspräsident nicht vorziehe, die ganze Erbbescheinigung korrigieren zu lassen.
F.
Der Kreispräsident A. verzichtete mit Schreiben vom 21. Juni 2004
auf eine Vernehmlassung und beantragte die kostenfällige Abweisung des Rekur-
ses.
Z. beantragte als Erbenvertreter mit Schreiben vom 6. Oktober 2004 die
kostenfällige Abweisung des Rekurses. Zur Begründung hielt er fest, dass sich der
Rekurs gegen die vom Kreispräsidenten A. ausgestellte Erbbescheinigung und
nicht gegen eine Handlung von ihm als Erbenvertreter richte. Ob der Kreispräsi-
dent allfällige Fehler gemacht habe, habe er nicht zu beurteilen. Ebensowenig ha-
be er zu untersuchen, ob es Aufgabe des Kreispräsidenten gewesen sei, in der
Erbbescheinigung festzulegen, welche Rechtswirkungen die Testamente und der
Ehevertrag hätten. Im übrigen seien seine Befugnisse als Erbenvertreter be-


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schränkt, weshalb der Erbengemeinschaft und ihm selbst die Legitimation zur
Teilnahme am Verfahren fehle. Er gehe davon aus, dass das ordentliche Zivilge-
richt in einem ordentlichen Zivilverfahren entscheiden müsse, welches Testament
gültig sei und welche Rechtswirkungen der Ehevertrag habe. Die Erbengemein-
schaft als solche und er selbst als Erbenvertreter habe sich nicht in einem solchen
Zivilverfahren als Partei zu beteiligen.
Auf die weiteren Ausführungen im Rekurs wird, soweit erforderlich, nachfol-
gend eingegangen.
Das Kantonsgerichtspräsidium zieht in Erwägung :
1.a) Gemäss Art. 9 EGzZGB ist der Kreispräsident, andere Bestimmun-
gen vorbehalten, im Erbrecht zuständig; gemäss Ziff. 5 dieser Bestimmung obliegt
ihm insbesondere die Sicherung des Erbganges und die Ausstellung der Erbbe-
scheinigung auch für gesetzliche Erben (Art. 551 bis 559 ZGB). Örtlich zuständig
ist für Massnahmen im Zusammenhang mit dem Erbgang nach Art. 18 Abs. 2
GestG die Behörde am letzten Wohnsitz der Erblasserin des Erblassers. Die
Entscheide des Kreispräsidenten können, wenn im EGzZGB nichts anderes ange-
ordnet ist, innert 20 Tagen durch schriftlich begründeten Rekurs beim Kantonsge-
richtspräsidenten angefochten werden (Art. 12 Abs. 1 EGzZGB). Der Kantonsge-
richtspräsident kann dem Rekurs auf Antrag von Amtes wegen aufschieben-
de Wirkung erteilen, von Amtes wegen Erhebungen vornehmen und eine Partei-
verhandlung durchführen. Im übrigen gelten nach Art. 12 Abs. 3 EGzZGB die Vor-
schriften der Zivilprozessordnung über die Beschwerde wegen Gesetzesverlet-
zung (Art. 232 ff. ZPO) sinngemäss.
b) Der schriftlich begründete Rekurs von R. vom 14. Juni 2004 richtet sich
gegen die Erbbescheinigung des Kreisamtes A. vom 4. Mai 2004, mitgeteilt am 9.
Juni 2004, betreffend den Nachlass des am 28. Juli 2002 mit letztem Wohnsitz in
O. verstorbenen B. X.. Er wurde somit fristund formgerecht beim zuständigen
Kantonsgerichtspräsidenten eingereicht.
c) Die Rekurrentin macht geltend, sie sei als durch Erbvertrag eingesetzte
Universalerbin der Eheleute X. zu Unrecht nicht in die Erbbescheinigung aufge-
nommen worden. Als eingesetzte Erbin hätte sie, sofern die gesetzlichen die
aus einer früheren Verfügung Bedachten ihre Berechtigung nicht bestritten hätten,
gemäss Art. 559 Abs. 1 ZGB Anspruch auf eine Erbbescheinigung, gleichgültig ob


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die Einsetzung durch Testament durch Erbvertrag erfolgte (Martin Karrer,
Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, ZGB II, 2. Aufl., Basel 2003,
N. 5 zu Art. 559 ZGB; N. 11 vor Art. 551-559 ZGB). Indem R. geltend macht, zu
Unrecht nicht als Erbin in die Erbbescheinigung aufgenommen worden zu sein,
rügt sie die Verletzung eines subjektiven Rechts und ist damit legitimiert, die zur
Verfügung stehenden Rechtsmittel zu ergreifen (Karrer, a.a.O., N. 11 vor Art. 551-
559 ZGB; Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Zürich 1979, S. 41;
Heinrich Ortenburger, Die Erbbescheinigung in der kantonalen Praxis, Diss. Zürich
1972, S. 162). Die Erbbescheinigung enthält die Bestätigung, dass die darin auf-
geführten Personen unter Vorbehalt der Erbschaftsklage und der Ungültigkeitskla-
ge als einzige Erben anerkannt sind. Sie ist nur aber immerhin provisorischer Legi-
timationsausweis für die darin genannten Personen zur Inbesitznahme des und
zur Verfügung über den Nachlass (Karrer, a.a.O., N. 45f. zu Art. 559 ZGB). Ist R.
in der Erbbescheinigung nicht aufgeführt, ist sie zumindest vorläufig vom An-
spruch auf Einräumung des Besitzes ausgeschlossen und entsprechend be-
schwert. Auf ihr Rechtsmittel wird eingetreten.
d) Der Rekurs richtet sich gegen die Erbbescheinigung des Kreispräsiden-
ten A., in welcher in der Rubrik Ziff. 1b), "eingesetzte Erben" die gesetzlichen Er-
binnen und Erben von B. X. aufgeführt sind mit Ausnahme der Nachkommen sei-
ner vorverstorbenen Schwestern C. und D., welche gemäss Testament des B. X.
vom 20. März 2002 nichts erhalten sollten. Diese Erbinnen und Erben sind ent-
sprechend passivlegitimiert. Der behördlich bestellte Erbenvertreter ist gesetzli-
cher Vertreter der Erbengemeinschaft und hat sie im Prozess zu vertreten (Peter
C. Schaufelberger, Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, ZGB II,
2. Aufl. Basel 2003, N. 47 und N. 28 zu Art. 602 ZGB). Z. wurde vom Kreispräsi-
denten A. mit Verfügung vom 18. Dezember 2002 denn auch beauftragt, die Er-
bengemeinschaft in allen erforderlichen Belangen nach aussen zu vertreten
(kreisamtliche Akten, act. 4.1, E. 2 Abs. 3). Die Befugnisse des Erbenvertreters
wurden nur insofern eingeschränkt, als er nicht berechtigt ist, über das vorhande-
ne Grundeigentum der Erbmasse zu verfügen (a.a.O., Ziff. 2 des Dispositivs).
e) Der Erbengemeinschaft X. wurde am 14. September 2004 Frist für die
Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 1'500.-angesetzt. Nachdem dieser
Vorschuss innert Frist nicht eingegangen war, wurde der Erbengemeinschaft mit
Verfügung vom 30. September 2004 eine Nachfrist bis zum 11. Oktober 2004 ein-
geräumt. Der Betrag wurde auch innert der Nachfrist nicht einbezahlt und es wur-
de auch kein Zeugnis für die unentgeltliche Prozessführung im Sinne der Art. 42 ff.


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ZPO beigebracht. Die säumige Partei wird daher, solange sie den Kostenvor-
schuss nicht geleistet hat, in Anwendung von Art. 39 Abs. ZPO vom Verfahren
ausgeschlossen.
2. Der Antrag der Rekurrentin auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung
wird abgelehnt. Der Kreispräsident hat mit seiner Verfügung keine Anordnung ge-
troffen, deren Vollzug aufzuschieben wäre. Es wurde ein Erbenvertreter mit der
Verwaltung des Nachlasses beauftragt. Die auf der Erbbescheinigung aufgeführ-
ten Erbinnen und Erben können solange die Erbenvertretung nicht aufgehoben
wird - nicht über den Nachlass verfügen. Es liegt nichts vor, was den Entscheid
des Kantonsgerichtspräsidenten verzögern könnte, mit anderen Worten kann also
ein Sachentscheid gefällt werden. Die Erteilung aufschiebender Wirkung erübrigt
sich.
3. a) R. verlangt, als Universalerbin der Ehegatten B. X. und A. X. in die an-
gefochtene Erbbescheinigung aufgenommen zu werden. Sie stützt sich dabei auf
den Erbvertrag zwischen den Eheleuten X. vom 29. Mai 1979. Der Kreispräsident
hat demgegenüber bei der Ausstellung der Erbbescheinigung auf das diesem Erb-
vertrag widersprechende Testament von B. X. vom 20. März 2002 abgestellt, in-
dem er die darin begünstigten Nachkommen als eingesetzte Erben und als einge-
setzte Vermächtnisnehmer in die Erbbescheinigung aufgenommen hat.
b) Nach Art. 559 ZGB unter dem Marginale "Auslieferung der Erbschaft"
wird den eingesetzten Erben nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung der er-
öffneten letztwilligen Verfügung von der Behörde auf ihr Verlangen eine Beschei-
nigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und
der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien, wenn die gesetzlichen Erben
die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechti-
gung bestritten haben. Zugleich wird gegebenenfalls der Erbschaftsverwalter an-
gewiesen, ihnen die Erbschaft auszuliefern (Art. 559 Abs. 2 ZGB). Die sogenannte
Erbbescheinigung ist somit eine von der zuständigen Behörde ausgestellte Bestä-
tigung, welche Personen die allein Erbberechtigten einer bestimmten Erblasserin
eines bestimmten Erblassers sind und somit das ausschliessliche Recht ha-
ben, den Nachlass in Besitz zu nehmen und darüber zu verfügen (Karrer, a.a.O.,
N. 2 zu Art. 559 ZGB; Paul Piotet, Schweizerisches Privatrecht, Erbrecht, Bd. 4, 2.
Halbbd., Basel und Stuttgart 1989, § 91, S. 719). Die Erbbescheinigung wird ge-
mäss gesetzlicher Vorschrift ausdrücklich unter Vorbehalt der Ungültigkeitsund
der Erbschaftsklage ausgestellt. Sie ist deshalb stets nur ein provisorischer Legi-


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timationsausweis ohne materiellrechtliche Bedeutung für die Erbenstellung der
darin erwähnten Personen. Sie soll es den prima facie berechtigt erscheinenden
Erben ermöglichen, Erbschaftsgegenstände in Besitz zu nehmen und darüber zu
verfügen. Die Frage der materiellen Berechtigung kann die ausstellende Behörde
nicht definitiv entscheiden, nur das ordentliche Gericht (BGE 95 II 109, Verfügung
des Kantonsgerichtspräsidiums von Graubünden vom 11. Juni 2003 in Sachen der
S. AG in Liquidation, PZ 03 50; Karrer, a.a.O., N. 2 zu Art. 559 ZGB mit Hinwei-
sen, Jean Nicolas Druey, Grundriss des Erbrechts, 5. Aufl., Bern 2002, § 5, N. 18,
S. 216; Piotet, a.a.O., § 91, S. 919 ff, 722).
c) Aus der Regelung in Art. 12 Abs. 2 und 3 EGzZGB ergibt sich gemäss
der Rechtsprechung, dass der Kantonsgerichtspräsident im Rekursverfahren in
der Beweiswürdigung und in seiner Kognition grundsätzlich frei ist und folglich
auch eine Ermessenskontrolle ausüben kann (PKG 2002 Nr. 44 mit Hinweisen auf
PKG 1992 Nr. 63 Erw. 1b; 1987 Nr. 51 Erw. 1; 1983 Nr. 47 Erw. 2). Bei der Beur-
teilung einer Erbbescheinigung entspricht seine Kognitionsbefugnis derjenigen der
ersten Instanz (vgl. Ortenburger, a.a.O., S. 161 mit Hinweis auf Max Guldener,
Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Schweiz, Zürich 1954, S. 82; für
eine zurückhaltende Praxis angesichts der ohnehin provisorischen Kognition ZR
94 (1995) S. 13 ff. E. 2d) mit Hinweisen). Wie das Kreispräsidium hat demnach
auch der Kantonsgerichtspräsident in vorläufiger Auslegung zu beurteilen, wem
aufgrund der eröffneten Verfügungen beziehungsweise der vorgelegten Ausweise
eine Erbbescheinigung auszustellen sei und wer darin als Erbin als Nutznies-
ser aufzunehmen sei. Liegen zwei mehrere Testamente Erbverträge
vor, hat er provisorisch deren Gültigkeit abzuklären. Die provisorische Kognition
hat keine materielle Bedeutung für die Rechte der in der Erbbescheinigung aufge-
nommenen nicht aufgenommenen Personen (Karrer, a.a.O., N. 32 zu Art.
559 mit Hinweisen, Ortenburger, a.a.O., S. 118f., Rep. 1999, Nr. 36, E. 4 S. 166).
d) Im konkreten Fall liegen zwei sich widersprechende Verfügungen von
Todes wegen vor, nämlich der Erbvertrag zwischen den Eheleuten X. vom 29.
Mai 1979 sowie das öffentliche Testament von B. X. vom 20. März 2002. Der Kan-
tonsgerichtspräsident hat diese Urkunden nach dem Gesagten im Rekursverfah-
ren soweit auszulegen, als dies für die Überprüfung der Erbbescheinigung erfor-
derlich ist. Er muss untersuchen, wer prima facie erbberechtigt erscheint.
Der Erbvertrag zwischen den Eheleuten Eheleute X. vom 29. Mai 1979
wurde vom Kreisnotar A. öffentlich beurkundet. Gemäss dem Beurkundungsverbal
wurde die Urkunde durch Kreisnotar A. verfasst und datiert. Sie wurde von den


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Vertragsparteien persönlich gelesen, diese erklärten, die Urkunde entspreche in
allen Teilen ihrem Willen und unterzeichneten sie darauf eigenhändig vor den
Zeugen. Die beiden Zeugen ihrerseits bestätigten, dass die Eheleute vor ihnen
und in Gegenwart des Notars die Erklärung abgegeben hätten, die Urkunde per-
sönlich gelesen und als richtig befunden zu haben, die Urkunde enthalte den zwi-
schen ihnen abgeschlossenen Erbvertrag. Daraufhin hätten die Kontrahenten die
Urkunde vor ihnen und dem Notar unterzeichnet. Die Formvorschriften des Art.
512 ZGB dürften damit erfüllt sein. Die Eheleute waren bei Vertragsabschluss 72
und 63 Jahre alt, sie befanden sich nach der Wahrnehmung der Zeugen im Zu-
stand der Verfügungsfähigkeit. Aus den Akten deutet nichts darauf hin, dass die
Erblasser nicht voll handlungsfähig gewesen wären (vgl. Art. 468 ZGB). Gemäss
den Feststellungen im Erbvertrag und dem Familienschein waren die Eheleute
sowohl zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als auch zum Zeitpunkt ihres To-
des kinderlos. Aus dem Familienschein von B. X. (act. 04/3; act. II. 2.8 der kreis-
amtlichen Akten) ergibt sich, dass seine Eltern bereits im Jahre 1944 verstorben
waren. Abgesehen von seiner Ehefrau hatte er somit keine pflichtteilsberechtigten
Erben. Auf den Zeitpunkt des beidseitigen Ablebens konnte er somit im Rahmen
eines Erbvertrages über sein ganzes Vermögen verfügen (Art. 481 Abs. 1 ZGB in
Verbindung mit Art. 470 Abs. 2 ZGB; Art. 494 Abs. 1 ZGB). Ob die Eltern von A. X.
zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits verstorben waren, ist nicht be-
kannt; es ist jedoch anzunehmen, dass diese jedenfalls beim Tod von A. X. im
Jahre 2001 nicht mehr lebten. Auch sie konnte somit abgesehen vom Pflichtteil
des Ehemannes frei über ihr Vermögen verfügen. Die Ausrichtung eines Barbetra-
ges von Fr. 3'000.-an Y. und insbesondere die Einsetzung der Rekurrentin als
Erbin für den gesamten übrigen Nachlass durch beide Eheleute auf den Zeitpunkt
ihres beidseitigen Ablebens gemäss Ziff. II des Erbvertrages vom 29. Mai 1979
erscheint damit bei einer provisorischen Prüfung gültig.
Mit dem Erbeinsetzungsvertrag verschafften B. X. und A. X. den Begünstig-
ten Y. und R. auf den Zeitpunkt ihres beidseitigen Ablebens grundsätzlich unwi-
derruflich im Umfang der vertraglichen Zusicherung Rechte an ihrem Nachlass
(Peter Breitschmied, Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, ZGB II,
2. Aufl., Basel 2003, N. 1 zu Art. 494 ZGB). Gemäss Ziff. II.2 des Vertrages sollte
Y. somit Fr. 3'000.--, R. "den gesamten übrigen Nachlass, bestehend aus Hausan-
teil, Stall, Bienenhaus, Liegenschaften, Gerätschaften, Viehhabe und Bargeld"
erhalten. Der Erbvertrag kann gemäss Art. 513 Abs. 1 ZGB von den Vertrag-
schliessenden jederzeit durch schriftliche Übereinkunft aufgehoben werden. Im
konkreten Fall gibt es indessen keinen Hinweis darauf, dass B. X. den Erbvertrag


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vom 29. Mai 1979 mit Zustimmung seiner Ehefrau aufgehoben hätte. Ein ent-
sprechender Aufhebungsvertrag liegt jedenfalls nicht bei den Akten; ebensowenig
wurde die Urkunde gemeinsam vernichtet (vgl. Breitschmied, a.a.O. N. 3 zu Art.
513 ZGB); zwei Originalexemplare wurden vielmehr nach dem Tod der Eheleute
von E. in deren Haus gefunden (act. 04./2; act. 1.9 der kreisamtlichen Akten).
Nach dem Ableben von A. X. am 20. Februar 2001 war die erbvertragliche Aufhe-
bung nicht mehr möglich (Breitschmied, a.a.O., N. 4 zu Art. 513 ZGB). Einseitig
kann ein Erblasser den Erbeinsetzungsvertrag nach Art. 513 Abs. 2 ZGB nur auf-
heben, wenn sich die Erbin der Bedachte nach dem Abschluss des Vertrages
eines Verhaltens schuldig macht, das einen Enterbungsgrund darstellt. Ein einsei-
tiger Widerruf wäre demnach nur möglich, wenn die Erbin gegen den Erblasser
eine schwere Straftat begangen hat wenn sie gegenüber dem Erblasser die
ihr obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwerwiegend verletzt hat (vgl. Art.
477 Ziff. 1 und 2 ZGB, Breitschmied, a.a.O., N. 10 zu Art. 513 ZGB). Die Aufhe-
bung hat in einer der drei für die Errichtung von Testamenten vorgeschriebenen
Formen zu erfolgen (Art. 513 Abs. 3 ZGB), wobei der Widerrufswille zwar nicht
explizit erklärt, aber immerhin nach den üblichen Auslegungsregeln aus dem Tes-
tament ersichtlich sein muss (Breitschmied, a.a.O., N. 7 zu Art. 513 ZGB mit Hin-
weisen). Im vorliegenden Fall gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass gegen
die eingesetzte Erbin R. ein Enterbungsgrund vorliegt. Die öffentliche letztwillige
Verfügung von B. X. vom 20. März 2002 enthält weder einen begründeten noch
einen allgemeinen Widerruf früherer letztwilliger Verfügungen. Der Erbvertrag aus
dem Jahre 1979 wird mit keinem Wort erwähnt. Prima facie ist dieser Vertrag so-
mit nach wie vor gültig, zumal er weder in gegenseitigem Einverständnis der Ver-
tragsparteien aufgehoben noch rechtsgültig widerrufen wurde.
Im öffentlichen Testament vom 20. März 2002 hat B. X. abweichend vom
Erbvertrag vom 29. Mai 1979 über den ungeteilten Nachlass seiner verstorbenen
Ehefrau und über seinen eigenen Nachlass verfügt. Er wollte die Liegenschaften
in O., das Mobiliar im Wohnhaus, die Gegenstände im Stall und das Bienenhaus
seinem Neffen E., den Grundbesitz in P. Y. und das übrige Vermögen gleichmäs-
sig nach Stämmen seinen gesetzlichen Erben mit Ausnahme der Nachkommen
von C. und D. zukommen lassen. Gemäss der gesetzlichen Vermutung des Art.
511 Abs. 1 ZGB tritt das Testament von B. X. aus dem Jahre 2002 zwar zunächst
an Stelle des widersprechenden Erbvertrages aus dem Jahre 1979. Der Vorrang
der jüngeren Anordnung gilt selbst dort, wo sie an sich nicht zulässig ist (Breit-
schmied, a.a.O., N. 7 zu Art. 509-511). Das spätere Testament lässt sich aber
grundsätzlich durch eine Ungültigkeitsklage beseitigen (Breitschmied, a.a.O., N. 3


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zu Art. 509-511 ZGB; N. 10 zu Art. 494 ZGB). Einredeweise kann die Ungültigkeit
jederzeit geltend gemacht werden (Art. 521 Abs. 3 ZGB).
Aufgrund einer provisorischen, das ordentliche Gericht nicht bindenden
Auslegung gelangt der Kantonsgerichtspräsident damit zum Schluss, dass nicht
das Testament vom 20. März 2002, sondern der Erbvertrag vom 29. Mai 1979 gül-
tig ist und für die Ausstellung der Erbbescheinigung massgebend sein muss. Da
sich Liegenschaften im Nachlass befinden und die Erbbescheinigung namentlich
als Legitimationsausweis gegenüber dem Grundbuchamt von grosser praktischer
Bedeutung ist (vgl. Karrer, a.a.O., N. 3 zu Art. 559 ZGB), erscheint es im vorlie-
genden Fall gerechtfertigt, die angefochtene Erbbescheinigung aufzuheben und
das Kreisamt A. anzuweisen, eine neue Erbbescheinigung auszustellen (Art. 12
Abs. 3 EGzZGB i.V.m. Art. 235 Abs. 3 ZPO).
4.a) Der Erbvertrag der Eheleute X. und damit auch die darin enthaltene
Einsetzung von Y. und R. als Erben wurde den dem Kreisamt bekannt gegebenen
gesetzlichen Erbinnen und Erben am 23. Oktober 2002 eröffnet, das Protokoll
wurde ihnen bereits am 4. November 2002 mitgeteilt (act. 04/2; act. 1.2 des Kreis-
amtes). Sie haben die Berechtigung von R. nicht bestritten. Eine Klage wurde
ebenfalls nicht eingeleitet. Gemäss Art. 559 Abs. 1 ZGB kann die Rekurrentin zum
jetzigen Zeitpunkt die Ausstellung einer Erbbescheinigung verlangen (vgl. Karrer,
a.a.O., NN. 37 ff. zu Art. 559 ZGB).
b) Der Kreispräsident A. hat in seiner Funktion als Kreisnotar den Eheleuten
B. X. und A. X. nicht nur Rat erteilt, sondern den Ehevertrag vom 29. Mai 1979
öffentlich beurkundet. Bei der für die Ausstellung einer Erbbescheinigung erforder-
lichen Auslegung der beiden letztwilligen Verfügungen von B. X. erscheint er damit
als befangen (vgl. Art. 18 lit. d) und g) GVG) und hat in den Ausstand zu treten.
Die neue Erbbescheinigung ist vom Stellvertreter des Kreispräsidenten auszustel-
len.
c) Neben der genauen Bezeichnung des Erblassers, wie sie bereits in der
aufgehobenen vorhanden war, hat die Erbbescheinigung die genaue Bezeichnung
aller der Erbengemeinschaft angehörigen Erbinnen und Erben mit Namen und
Adresse zu enthalten (Karrer, a.a.O., N. 19 zu Art. 559 ZGB; Piotet, a.a.O., § 91,
S. 728f.; Tuor/Picenoni, a.a.O., N. 16 zu Art. 559 ZGB). Im vorliegenden Fall gibt
es soweit ersichtlich keine pflichtteilsberechtigten Erbinnen und Erben. Selbst
wenn im Erbvertrag Pflichtteilsberechtigte übergangen worden wären, wären sie


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nicht in die Erbbescheinigung aufzunehmen (Karrer, a.a.O., N. 25 zu Art. 559 ZGB
mit Hinweisen, Tuor/Picenoni, a.a.O., N. 17 zu Art. 559 ZGB). Die gesetzliche Erb-
folge wird mit dem Erbvertrag vom 29. Mai 1979 ausgeschlossen, so dass keine
gesetzlichen Erbinnen und Erben aufzuführen sind.
Nach Art. 483 Abs. 1 ZGB kann der Erblasser für die ganze Erbschaft
für einen Bruchteil einen mehrere Erben einsetzen. Als Erbeinsetzung ist je-
de Verfügung zu betrachten, nach der ein Bedachter die Erbschaft insgesamt
zu einem Bruchteil erhalten soll (Art. 483 Abs. 2 ZGB). Die Zuweisung einer be-
stimmten Summe ist vermutungsweise Vermächtnis. Die Vermutung kann aber
widerlegt werden (Daniel Staehelin, Basler Kommentar zum Schweizerischen Pri-
vatrecht, 2. Aufl., Basel 2003, N. 3 zu Art. 483 ZGB). Gemäss Ziff. II. des Erbver-
trages vom 29. Mai 1979 soll Y. einen Barbetrag von Fr. 3'000.--, R. den gesamten
übrigen Nachlass erhalten. Y. wäre nach der Vermutung somit Vermächtnisneh-
mer. Im von einer Fachperson aufgesetzten Erbvertrag vom 29. Mai 1979 wird er
aber explizit als Erbe bezeichnet, er wird in Ziff. 1 noch vor der Erbin des übrigen
Nachlasses, der Grossnichte R., aufgeführt. Aufgrund dieser provisorischen Prü-
fung gelangt der Kantonsgerichtspräsident zur Auffassung, dass eine Erbeinset-
zung mit Teilungsregel vorliegt (Art. 608 Abs. 1 ZGB; Staehelin, a.a.O). In der
Erbbescheinigung sind somit Y., geboren am 29. Februar 1952, wohnhaft in P.,
sowie R., geboren am 23. Januar 1964, Q., als mit Erbvertrag vom 29. Mai 1979
eingesetzte Erben aufzuführen.
Die Erbbescheinigung hat weiter die Bestätigung zu enthalten, dass die
beiden aufgeführten Personen einzige Erben von B. X. sind (Karrer, a.a.O., N. 21
zu Art. 559 ZGB; Tuor/Picenoni, a.a.O., N. 16 zu Art. 559 ZGB).
Hingewiesen werden muss darauf, dass sowohl der im Erbvertrag einge-
setzte Willensvollstrecker, Kreisnotar A., als auch die im Testament eingesetzte
Willensvollstreckerin W. das Mandat nicht angenommen haben (act. 04/2, act. 1.20
und act. 21 der kreisamtlichen Akten). Der Kreispräsident hat mit Entscheid vom 18.
Dezember 2002 Z., B.-Strasse, H., als Erbenvertreter ernannt, welcher die Nach-
lassmasse zu verwalten und die Erbengemeinschaft in allen erforderlichen Belan-
gen nach aussen zu vertreten hat. Dies ist ebenso aufzunehmen wie die Einschrän-
kung, wonach der Erbenvertreter nicht befugt ist, über das vorhandene Grundeigen-
tum zu verfügen (vgl. Karrer, a.a.O., N. 22 zu Art. 559 ZGB).


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Zu erwähnen ist schliesslich der bundesrechtliche Vorbehalt der erbrechtli-
chen Klagen (Karrer, a.a.O., N. 23 zu Art. 559 ZGB, Tuor/Picenoni, a.a.O., N. 20 zu
Art. 559 ZGB).
5. Der Rekurs wird demnach gutgeheissen, die angefochtene Erbbeschei-
nigung aufgehoben und die Sache im Sinne der obigen Erwägungen zur Ausstel-
lung einer neuen Erbbescheinigung zurückgewiesen. Amtsund Gerichtskosten
sind grundsätzlich von den Parteien zu tragen. Gerichtskosten, welche keine Par-
tei veranlasst hat, werden in der Regel auf die Gerichtskasse genommen (Art. 37
Abs. 1 und 2 ZPO). Im vorliegenden Fall hat es weder die Rekurrentin noch die
Erbengemeinschaft X. zu vertreten, dass die Erbbescheinigung zu korrigieren ist.
Es erscheint demnach gerechtfertigt, die Kosten der angefochtenen Erbbescheini-
gung dem Kreis A. aufzuerlegen und die Kosten des Rekursverfahrens auf die
Gerichtskasse zu nehmen. Die aussergerichtlichen Kosten sind bei diesem Ver-
fahrensausgang wettzuschlagen (vgl. PKG 1988 Nr. 31).


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Demnach erkennt das Kantonsgerichtspräsidium :
1.
Der Rekurs wird gutgeheissen, die Erbbescheinigung Nr. 2004/13 des
Kreisamtes A. wird aufgehoben und die Sache zur Ausstellung einer neuen
Erbbescheinigung im Sinne der Erwägungen zurückgewiesen.
2.
Die Kosten der angefochtenen Erbbescheinigung gehen zu Lasten des
Kreises A.. Die Kosten des Rekursverfahrens werden auf die Gerichtskasse
genommen. Die ausseramtlichen Kosten werden wettgeschlagen.
3. Mitteilung
an:
__
Für das Kantonsgerichtspräsidium von Graubünden
Der Präsident:
Die Aktuarin ad hoc:


Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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