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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:PZ-03-83
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid PZ-03-83 vom 14.07.2003 (GR)
Datum:14.07.2003
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Erbenvertretung
Schlagwörter : Erben; Schaft; Erbenvertreter; Vertreters; Präsident; Rekurs; Erbenvertreters; Gehren; Teilung; Verfügung; Tochter; Kreispräsident; Begehren; Entscheid; Erbschaft; Lasses; Klosters; Kantonsgericht; Recht; Verwaltung; Kreispräsidenten; Kreisamt; Fest; Rekurrenten; Gesuch; Behörde; Zungen; Gegnerin; Kantonsgerichtspräsidium
Rechtsnorm: Art. 226 ZGB ; Art. 241 ZGB ; Art. 602 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni


Dretgira chantunala dal Grischun

Ref.:
Chur, 14. Juli 2003
Schriftlich mitgeteilt am:
PZ 03 83

Verfügung
Kantonsgerichtspräsidium

Präsident Brunner, Aktuar ad hoc Walder.
——————
In der Rekurssache
des A., Rekurrent, der B., Rekurrentin, und der C., Rekurrentin, alle vertreten
durch Rechtsanwalt lic.iur. Peter Frick, Florastrasse 44, Zürich,
gegen
die Verfügung des Kreispräsidenten Klosters vom 3. Juni 2003, mitgeteilt am 3.
Juni 2003, in Sachen der D., Rekursgegnerin, gegen die Rekurrenten,
betreffend Erbenvertretung,
hat sich ergeben:
A.
Am 10. April 2003 verschied in E. der dort wohnhaft gewesene, am
30. Oktober 1915 geborene Witwer F.. Er hinterliess als gesetzliche Erben seine
Tochter D., seine Tochter C. sowie die Nachkommen der vorverstorbenen Tochter



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G., nämlich A. und B.. Am 2. Mai 2003 fand vor dem Kreispräsidenten von Klos-
ters die Testamentseröffnung statt, wobei die auf dem Kreisamt hinterlegten Do-
kumente, nämlich ein Ehe- und Erbvertrag vom 30. September 1982 samt Nach-
trag vom 30. Juni 1987 sowie ein handschriftliches Testament vom 4. Januar
2000 vorgelegt wurden.
Im Ehevertrag hatten die Eheleute F. und H. den Güterstand der allgemei-
nen Gütergemeinschaft gemäss alt Art. 215 ff. ZGB vereinbart und bestimmt, dass
beim Tode des einen Ehegatten das Gesamtgut unter Vorbehalt der Ansprüche
der Nachkommen gemäss alt Art. 226 Abs. 2 ZGB dem überlebenden Ehegatten
zufallen sollte. In einem Nachtrag zum Ehe- und Erbvertrag hielten die Eheleute R.
und H. unter gleichzeitigem Hinweis auf neu Art. 241 Abs. 3 ZGB fest, dass beim
Tode des einen Ehegatten der ganze Liegenschaftsbesitz, ohne Rücksicht auf
seine Herkunft, in Anrechnung auf seine Quote an den überlebenden Ehegatten
gelangen sollte und die Nachkommen für ihre Ansprüche durch eine Forderung
gegenüber diesem abzufinden seien. Für den Fall des Ablebens des zweiten Ehe-
gattens wurde bestimmt, dass das Wohnhaus mit Stall in I. zu drei Vierteln des
Verkehrswerts der Tochter D. zuzuteilen sei unter der Auflage, dieses während 15
Jahren nicht zu verkaufen. Sollte ein Verkauf nach Ablauf dieser Frist oder in
Missachtung der Auflage erfolgen, sollten die Nachkommen der vorverstorbenen
Tochter G. und die Tochter C. beziehungsweise der Nachkommen mit je einem
Drittel am erzielten Gewinn beteiligt werden.
Nach dem Tode seiner Ehefrau verfasste F. eine letztwillige Verfügung, in
welcher er festhielt, infolge der Übertragung des ehemaligen Wohnhauses in I. auf
die Tochter D. setze er seine Tochter C. sowie die Nachkommen der verscholle-
nen Tochter G. auf den gesetzlichen Pflichtteil, wobei die dadurch frei werdende
Quote der Tochter D. anwachsen sollte, welche sich in all den Jahren selbstlos
und liebevoll um ihn und seine verstorbene Ehefrau H. gekümmert habe. Im Sinne
einer Teilungsvorschrift verfügte der Erblasser, dass sämtliche Grundstücke zum
landwirtschaftlichen Ertragswert der Tochter D. zuzuweisen seien, welche diese
im Sinne einer Auflage weiterhin dem bisherigen Pächter J. zu überlassen habe,
solange dieser an der persönlichen Bewirtschaftung interessiert sei. Für ihren Ein-
satz in seiner Betreuung und Pflege sollte D. zu Lasten des künftigen Nachlasses
vorweg angemessen nach den üblichen Ansätzen, mindestens aber mit 750 Fran-
ken pro Pflegemonat, entschädigt werden.



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B. Am 22. Mai 2003 schrieb B. an D., sie habe von einem Auslandaufenthalt
zurückkommend eben vom Tode von Neni erfahren. C., A. und sie seien an einer
reibungslosen Abwicklung der Erbteilung interessiert, weshalb sie im Namen aller
um Zustellung verschiedener Unterlagen ersuche. Sie bitte, Abwicklungen zu Las-
ten der Erbengemeinschaft nur mit dem Einverständnis aller zu tätigen.
In einem Schreiben vom 28. Mai 2003 an den Kreispräsidenten Klosters
verwies D. auf den oben erwähnten Brief ihrer Nichte B., welche wie auch deren
Bruder und ihre Schwester C. nicht zur Beerdigung erschienen seien. Sie stellte
fest, es sei ihr im Gedenken an ihren lieben Aetti nicht möglich, mit diesen Perso-
nen in näheren Kontakt zu treten und ersuche daher um Ernennung eines Erben-
vertreters, welcher die ganze Angelegenheit an die Hand nehme und sie entspre-
chend vertreten könne.
C. In einem mit dem 18. April 2002 datierten, wohl aber am 3. Juni 2003
erlassenen und auch mitgeteilten Entscheid stellte der Kreispräsident Klosters
fest, gemäss Art. 602 Abs. 3 ZGB könne ein Miterbe die Einsetzung eines Erben-
vertreters verlangen. Die Zustimmung der restlichen gesetzlichen Erben sei nicht
erforderlich, so dass auf das Begehren der Erbin D. einzutreten sei. Auf Grund der
dem Kreisamt Klosters bekannten Umstände erscheine es naheliegend, mit der
Aufteilung des Nachlasses eine familienneutrale Person zu beauftragen; da mög-
licherweise auch juristisches Wissen von Vorteil sei, werde das Mandat Rechts-
anwalt Dr. Hans Peter Kocher, Klosters, übertragen. Dieser wurde verpflichtet,
dem Kreisamt Klosters halbjährlich über den Verlauf der Verwaltung Bericht zu
erstatten und es über die Beendigung des Auftrages zu informieren. Die Kosten
der Erbenvertretung sowie jene des Kreisamtes, diese in der Höhe von 320 Fran-
ken, wurden dem Nachlass belastet.
D. Gegen diesen Entscheid beschwerten sich B., A. und C. im 17. Juni 2003
beim Kantonsgerichtspräsidenten von Graubünden. Sie stellten das Rechtsbegeh-
ren, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben, eventuell - sofern dennoch eine
Erbenvertretung angeordnet werden sollte - sei die Rekursgegnerin zur Über-
nahme der Kosten der Erbenvertretung zu verpflichten. Ferner beantragten die
Rekurrenten, es sei dem Rekurs aufschiebende Wirkung zu erteilen. Der Kreis-
präsident Klosters beantragte in seiner Vernehmlassung vom 19. Juni 2003 die
Abweisung des Rekurses, und auch D. hielt in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni
2003 an ihrem Ersuchen fest. Auf die Ausführungen in den Rechtsschriften zur



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Begründung der entsprechenden Rechtsbegehren wird, soweit erforderlich, in den
Erwägungen eingegangen.
E. Mit Verfügung vom 14. Juli 2003 gab der Kantonsgerichtspräsident gestützt
auf Art. 12 Abs. 2 EGzZGB dem Antrag auf Erteilung aufschiebender Wirkung
statt.

Das Kantonsgerichtspräsidium zieht in Erwägung :
I.1. Die angefochtene Verfügung trägt das Entscheiddatum 18. April 2002,
wurde aber unbestrittenermassen am 3. Juni 2003 mitgeteilt. Der Kreispräsident
hat in seiner Stellungnahme die fehlerhafte Datierung seines Entscheides bestä-
tigt, ohne jedoch das korrekte Datum des Erlasses der Verfügung anzugeben.
Dies ist allerdings ohne Bedeutung, da die Beschwerdeführer mit ihrer Eingabe
vom 17. Juni 2003 die zwanzigtägige Rekursfrist in jedem Falle eingehalten ha-
ben.
In der Verfügung des Kreispräsidenten werden die Rekurrenten B. und A.
als Nichte und Neffe des Erblassers bezeichnet. Auch in dieser Beziehung ist der
angefochtene Entscheid fehlerhaft. Bei den beiden Erben handelt es sich um die
Kinder der vorverstorbenen, beziehungsweise verschollenen Tochter G. des Erb-
lassers, also um dessen Enkel und Enkelin. Auch dieser vom Kreispräsidenten
anerkannte Irrtum ist allerdings für die Beurteilung des Falles ohne Bedeutung.
2. Der Rechtsvertreter der Rekurrenten rügt schliesslich eine Verletzung
des rechtlichen Gehörs durch den Kreispräsidenten, indem seinen Mandanten
keine Gelegenheit gegeben worden sei, sich zum Gesuch um Bestellung eines
Erbenvertreters zu äussern. Dieser Einwand ist berechtigt. Art. 10 EGzZGB ver-
weist bezüglich des Verfahrens auf die Vorschriften des summarischen Verfahrens
gemäss Art. 137 ff. ZPO. Auch in diesem Verfahren ist der Gegenpartei Gelegen-
heit zu einer Stellungnahme zu geben. Art. 138 Ziff. 2 schreibt vor, dass ein Ge-
such - wenn es nicht offensichtlich unbegründet ist - der Gegenpartei sofort mit-
geteilt wird mit der Aufforderung, innert kurzer Frist Anträge und Beweismittel ein-
zureichen. Diese Vorschrift hätte auch im vorliegenden Verfahren beachtet werden
müssen. Der Umstand, dass nach Art. 602 Abs. 3 ZGB auch ein einzelner Erbe
das Begehren um Bestellung eines Erbenvertreters stellen kann, bedeutet nicht,



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dass die übrigen Erben sich zu einem entsprechenden Gesuch nicht äussern kön-
nen. Die angefochtene Verfügung leidet also auch in dieser Beziehung an einem
eindeutigen Mangel, der jedoch insofern ohne Folgen bleibt, als der Kantonsge-
richtspräsident im Rekursverfahren gemäss Art. 12 EGzZGB über volle Kogniti-
onsbefugnis verfügt, so dass der Mangel am erstinstanzlichen Verfahren durch
das Rekursverfahren geheilt wird, da sich die Gegenpartei in diesem zu allen tat-
sächlichen und rechtlichen Fragen frei äussern kann (PKG 1987 Nr. 51 und 1990
Nr. 51).
II.1.a) Der Kreispräsident stellt in der Ziffer 2 seiner Erwägungen fest, ge-
mäss Art. 602 Abs. 3 ZGB könne ein Miterbe die Einsetzung eines Erbenvertreters
verlangen; weil die Zustimmung der restlichen gesetzlichen Erben nicht erforder-
lich sei, müsse auf das Begehren von D. eingetreten werden. Diese Formulierung
und die Tatsache, dass in der Verfügung keine materielle Begründung für den
Entscheid auf Bestellung eines Vertreters gegeben wird, lassen vermuten, dass
der Kreispräsident der Auffassung ist, dem Begehren eines Erben müsse in jedem
Falle stattgegeben werden, es bestehe also ein Anspruch auf Bestellung eines
Erbenvertreters. Sollte dies die Meinung der Vorinstanz sein, könnte ihr nicht bei-
gepflichtet werden. Der Wortlaut des Gesetzes gibt klar zu erkennen, dass ein Er-
be nicht einfach die Einsetzung eines Erbenvertreters verlangen kann. Es ist im
Gesetz einerseits ausdrücklich von einem Begehren die Rede; ein solches kann
aber entweder gutgeheissen oder abgewiesen werden. Andererseits hält das Ge-
setz ausdrücklich fest, dass die zuständige Behörde eine entsprechende Anord-
nung treffen kann, womit gesagt wird, dass nicht von vornherein ein Recht auf die
Ernennung eines Erbenvertreters besteht, sondern dass die Behörde zu prüfen
hat, ob gewisse, vom Gesetz allerdings nicht ausdrücklich erwähnte Vorausset-
zungen gegeben sind. Eine solche Prüfung hat der Kreispräsident wohl aus dem
oben erwähnten Grund nicht vorgenommen. Wenn er erwähnt, es sei auf das Be-
gehren einzutreten, lässt dies zwar erwarten, dass nun eine Beurteilung des Ge-
suchs erfolgen würde. Dies war dann allerdings nicht der Fall, sondern es wurde
das Begehren ohne nähere Begründung gutgeheissen.
b) In der Ziffer 4 der Erwägungen des erstinstanzlichen Entscheides wird
ausgeführt, auf Grund der dem Kreisamt Klosters bekannten Umstände erscheine
es naheliegend, mit der Aufteilung des Nachlasses eine familienneutrale Person
zu beauftragen. Diese Feststellung ist aus zweierlei Gründen fehl am Platze. Es
geht nicht an, dass der Kreispräsident auf Umstände abstellt, die offenbar ihm
selbst bekannt, jedoch nicht aktenmässig belegt sind. Wenn sich der Richter auf



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Gerichtsnotorietät berufen will, so kann er das zwar tun, doch hat er in seinem
Entscheid klar und für alle Parteien verständlich darzulegen, um was für Umstän-
de es sich handelt und aus welcher Quelle die entsprechenden Kenntnisse stam-
men. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich beurteilen, ob die
vom Gericht herangezogenen Kenntnisse in tatsächlicher Hinsicht erwiesen und
rechtlich gesehen stichhaltig sind.
Ein weiterer Fehler in der erstinstanzlichen Begründung liegt darin, dass
von der Aufteilung des Nachlasses die Rede ist; es wird mit dieser Formulierung
offensichtlich die Aufgabe des Erbenvertreters verkannt. Dieser hat weder die Be-
fugnis noch die Pflicht, den Nachlass zu verteilen, sondern hat grundsätzlich die
Funktion und Aufgabe eines Erbschaftsverwalters. Er hat die laufenden Geschäfte
der Erbschaft zu besorgen und ist für die Erhaltung der Erbschaftswerte verant-
wortlich (Schaufelberger, Basler Kommentar, N. 47 zu Art. 602 ZGB). Die Position
des Erbenvertreters ähnelt jener des amtlichen Erbschaftsverwalters und des Wil-
lensvollstreckers; er hat hauptsächlich eine sichernde Funktion; seine Vollmacht
hat die Verwaltung der Erbschaft sowie die Ausgestaltung von Rechtsbeziehungen
zu Drittpersonen bis zur Teilung zum Inhalt. Der Erbenvertreter ist nur zur Verwal-
tung und der mit ihr im Zusammenhang stehenden Verfügung befugt, nicht aber
zur Liquidation der Erbschaft (Piotet, Schweizerisches Privatrecht 4. Band, Erb-
recht, Halbband 2, S. 662; Zürcher Kommentar, N. 81 zu Art. 602 ZGB; PKG 1985
Nr. 57 und 1988 Nr. 58).
c) Die formellen Voraussetzungen zur Ernennung eines Erbenvertreters
sind unbestrittenermassen erfüllt. Es bedarf dazu dem Begehren mindestens ei-
nes Erben, es muss eine Erbengemeinschaft bestehen und es darf kein Willens-
vollstrecker oder Erbschaftsverwalter ernannt worden sein; im letzteren Falle be-
stünde kein Raum für die zusätzliche Bestellung eines Erbenvertreters, weil des-
sen Kompetenzen bereits jenen zukommen (Basler Kommentar, a.a.O. N. 44 f. zu
Art. 602 ZGB).
2.a) Wie oben festgehalten wurde, ist dem Begehren eines Erben um Er-
nennung eines Erbenvertreters nicht in jedem Falle und ohne dass gewisse Be-
dingungen gegeben sein müssen stattzugeben. Die zuständige Behörde hat viel-
mehr zu prüfen, ob gewisse materielle Voraussetzungen erfüllt sind, wobei ihr bei
der Beurteilung ein gewisses Ermessen zusteht. Dem Begehren ist in der Regel
dann zu entsprechen, wenn eine rationelle Erhaltung und Verwaltung der Erb-
schaft unmöglich oder erheblich erschwert ist, beispielsweise bei Abwesenheit von



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Erben, Unfähigkeit der Erben, die Erbschaft zu verwalten oder zu einem einstim-
migen Entscheid zu gelangen, Zerstrittenheit unter den Erben sowie allgemein bei
Handlungsunfähigkeit der Erbengemeinschaft. Die Behörde hat dabei die Interes-
sen der Erbschaft als Ganzes, nicht bloss einzelner Erben zu würdigen und objek-
tiv zu prüfen, ob der Eingriff notwendig erscheint (Basler Kommentar, a.a.O. Nr. 46
zu Art. 602 ZGB). Escher (Zürcher Kommentar, Das Erbrecht, zweite Abteilung, N.
72 zu Art. 602 ZGB) nennt als Voraussetzungen die Unfähigkeit der Erben zur
Führung der Verwaltung und Verfügung, ohne dass gerade ein Grund zur Anord-
nung vormundschaftlicher oder anderer sichernder Massnahmen vorhanden sind;
ferner bei Unmöglichkeit, in einem Einzelfall zu einem einstimmigen Entscheid zu
gelangen oder einen rechtsgeschäftlichen Vertreter zu bestellen, wegen Unstim-
migkeit oder Abwesenheit einzelner Erben. Dabei ist eine akute Gefährdung nicht
erforderlich, es genügt, dass die Vertretung nicht offenbar zwecklos ist. Auch nach
Piotet (a.a.O. S. 662) liegt es im Ermessen der Behörde, jedes Mal, wenn es nütz-
lich erscheint, eine Drittperson oder einen Erben zum Vertreter zu bestellen, weil
die Erben im allgemeinen oder im besonderen ihrer Meinungsverschiedenheiten
oder anderer Schwierigkeiten wegen unfähig sind, nach aussen zu handeln. Auch
den Ausführungen von Druey (Grundriss des Erbrechts, § 14 N 16) ist zu entneh-
men, dass einem Begehren nicht voraussetzungslos zu entsprechen ist. Vielmehr
könne die Behörde einen Antrag abweisen, wenn ihr keine genügenden Gründe
wie Streit, Abwesenheit, Handlungsunfähigkeit usw. gegeben zu sein schienen;
dabei habe sie ausschliesslich die Interessen der Erbschaft als Ganzes, nicht jene
einzelner Erben zu würdigen.
b) Überträgt man die oben dargestellten Voraussetzungen auf den vorlie-
gend zu beurteilenden Fall, so gelangt man zu folgendem Ergebnis: Aus dem Be-
gehren von D. vom 28. Mai 2003 geht nicht klar hervor, was sich die Gesuchstelle-
rin von einem Erbenvertreter verspricht. Soweit mit der Formulierung „welcher die
ganze Angelegenheit an die Hand nimmt“ gemeint sein sollte, der Erbenvertreter
habe nicht nur den Nachlass bis zu seiner Liquidation zu verwalten, sondern auch
die Erbteilung als solche durchzuführen, ginge D. von einer falschen Vorstellung
von den Aufgaben eines Erbenvertreters aus, steht doch nach dem oben Gesag-
ten eindeutig fest, dass einem solchen keinerlei Kompetenzen bezüglich der Erb-
teilung zustehen, sondern dass er lediglich den Nachlass bis zur Teilung zu ver-
walten hat. In klarem Kontrast zur Position eines Erbenvertreters steht auch die
Erwartung der Gesuchstellerin, wonach sie die zu ernennende Person „entspre-
chend vertreten“ könne. Aus den zitierten Literaturstellen ergibt sich unmissver-
ständlich, dass ein Erbenvertreter nicht die Interessen eines oder einzelner Erben



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zu vertreten, sondern im Interesse der gesamten Erbschaft zu handeln hat. Be-
trachtet man die von der Rekursgegnerin eingereichte Zusammenfassung, so
ergibt sich vor allem aus den abschliessenden Ausführungen, dass die Gesuch-
stellerin offenbar befürchtet, dass es nicht möglich sein würde, mit ihren Verwand-
ten eine einvernehmliche Erbteilung vorzunehmen, und es wird in diesem Zu-
sammenhang auf Differenzen bei der Teilung des Nachlasses der Mutter hinge-
wiesen. D. ist offensichtlich verbittert, dass die übrigen Erben sich zu Lebzeiten
der verstorbenen Eltern nicht um diese und insbesondere nicht um den nach dem
Tode der Mutter allein gebliebenen Vater gekümmert haben, so dass sie die Last
der Pflege und Betreuung allein zu tragen hatte. Ohne Zweifel entstanden dadurch
Zerwürfnisse unter den Erben, welche die Gesuch-stellerin nun erwarten lassen,
dass es bei der Erbteilung Probleme geben könnte. Nachdem bereits das Haus in
I. auf D. übertragen wurde, das Testament weitere Begünstigungen zu ihrem Vor-
teil enthält und die Miterben auf den Pflichtteil gesetzt wurden, hegt die Rekurs-
gegnerin offenbar Befürchtungen, wonach das Testament nicht wie verfasst voll-
zogen werden könnte. Alle diese Zweifel beschlagen nun aber nicht die Verwal-
tung des Nachlasses, die allein in den Aufgabenbereich eines Erbenvertreters fal-
len kann, sondern einzig und allein die erwarteten Probleme bei der Erbteilung.
Gerade die Teilung des Nachlasses liegt aber ausserhalb der Kompetenz des Er-
benvertreters, so dass mit der beantragten Ernennung eines solchen nichts ge-
wonnen wäre. Dass bezüglich der Verwaltung des Nachlasses Schwierigkeiten
bestehen, wurde nicht dargetan, und es ist auch nicht ersichtlich, weshalb es dazu
kommen sollte. Das vermutliche Hauptaktivum des Nachlasses, das Haus in I., ist
bereits auf die Gesuchstellerin übertragen worden und folglich von dieser zu ver-
walten. Die landwirtschaftlichen Grundstücke sind verpachtet und sollen nach dem
Testament weiterhin dem bisherigen Pächter zur Verfügung stehen, so dass sich
auch diesbezüglich kaum Verwaltungsaufgaben ergeben. Der Rest des Nachlas-
ses besteht offenbar nur aus Barmitteln und Bankguthaben, die beide bedenken-
los stehen gelassen werden können und wie auch allfälliges Inventar keinerlei
Probleme bezüglich Verwaltung verursachen sollte. Angesichts dieser Situation ist
in der Tat nicht einzusehen, was eine Erbenvertretung für Vorteile bringen sollte.
Die von der Gesuchstellerin befürchteten Probleme sind solche, welche nicht
durch den Erbenvertreter zu lösen wären und anstehende Probleme, die in seinen
Kompetenzbereich fallen würden, sind nicht ersichtlich. Das gestellte Begehren
entbehrt folglich einer überzeugenden Begründung, so dass es in Gutheissung
des Rekurses abgewiesen werden muss.



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III. Bei diesem Ausgang des Rekursverfahrens gehen die Kosten des Kreis-
amtes und jene des Kantonsgerichtspräsidiums zu Lasten der Rekursgegnerin,
welche die Rekurrenten ausseramtlich angemessen zu entschädigen hat.




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Demnach verfügt das Kantonsgerichtspräsidium:
1.
Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben
und das Begehren um Einsetzung eines Erbenvertreters abgewiesen.
2.
Die Kosten des Kreisamtes Klosters von Fr. 320.-- sowie jene des Kantons-
gerichtspräsidiums, bestehend aus einer Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.--
und einer Schreibgebühr von Fr. 150.--, total somit Fr. 1'150.--, gehen zu
Lasten der Rekursgegnerin, welche die Rekurrenten zusammen mit 1'000
Franken zu entschädigen hat.
3. Mitteilung
an:
__________

Für das Kantonsgerichtspräsidium von Graubünden:
Der Präsident

Der Aktuar ad hoc


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