Die `Wasserversorgungsgenossenschaft H.` hat erfolgreich nachgewiesen, dass sie Besitzrechte an Quellwasser auf Parzelle 2 in O. hat und dass der Beschwerdeführer durch den Betrieb einer Turbine mit diesem Wasser ihren Besitz stört. Der Kreispräsident Trins hat daher entschieden, dass der Beschwerdeführer das Wasser nicht mehr nutzen darf und den alten Zustand wiederherstellen muss. Die Kosten des Verfahrens gehen zu Lasten des Beschwerdeführers.
Urteilsdetails des Kantongerichts PZ-02-110
Kanton: | GR |
Fallnummer: | PZ-02-110 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 12.11.2002 |
Rechtskraft: | - |
Entscheid des Kantongerichts PZ-02-110
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
Ref.:
Chur, 12. November 2002
Schriftlich mitgeteilt am:
PZ 02 110
Urteil
Kantonsgerichtspräsidium
Präsident Schmid, Aktuarin ad hoc Strässler.
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In der Beschwerde
des R., Beschwerdeführer,
gegen
den Entscheid des Kreispräsidenten Trins vom 1. Oktober 2002, gleichentags mit-
geteilt, in Sachen der "Wasserversorgungsgenossenschaft H." Einspreche-
rin und Beschwerdegegnerin, vertreten durch Hanspeter Joos, Bündte 12, 7015
Tamins, gegen den Gesuchsteller und Beschwerdeführer,
betreffend Befehlsverfahren (Baueinsprache)
hat sich ergeben:
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A. 1. Mit Dienstbarkeitsvertrag vom 30. Dezember 1987 räumten A. und W.
als Miteigentümer je zur Hälfte der Parzelle Nr. 2, Plan 1 in O. der "Wasserversor-
gungsgenossenschaft H./O." ein selbständiges und dauerndes Quellenund Lei-
tungsrecht, verselbständigt auf Grundbuchblatt Nr. 2023, ein. Die jeweilig belaste-
ten Grundeigentümer dulden gemäss diesem Vertrag namentlich die Fassung
sämtlichen, an verschiedenen Stellen im Nordwesten (bewaldeter Teil) der Parzel-
le Nr. 2 entspringenden Quellwassers und dessen dauernde Nutzung für die Ver-
sorgung von Vieh und Mensch (lit.a), dessen Ableitung mittels Sammelleitungen
durch das belastete Grundstück gemäss planlich festgehaltenen Linienführungen
(lit. b), alle Fassungs-, Sammlungsund Ableitungsvorrichtungen auf der belaste-
ten Liegenschaft in ihrem verlegten Bestande (lit.c) sowie den Unterhalt, die War-
tung und Erneuerung bzw. den Ausbau der Anlagen (lit. e und f).
Gemäss den Statuten der "Wasserversorgungsgenossenschaft H./O.", wel-
che nach Art. 10 des oben erwähnten Dienstbarkeitsvertrages Vertragsbestandteil
sind, bezweckt die Genossenschaft die Erstellung und den Unterhalt einer ge-
meinschaftlichen Wasserversorgung und den Erwerb der dazu erforderlichen
Rechte (Art. 2). Die Wasserversorgungsanlage der Genossenschaft umfasst ge-
mäss Art. 3 die Quellfassungen, den Sammelschacht (Reservoir), die Zuleitungen
zu demselben, den Hahnenschacht nebenan, die Leitungen zu den Verteiler-
schächten, die Verteilerschächte sowie die dazugehörenden Schächte mit den
Hahnen. Mitglieder der "Wasserversorgungsgenossenschaft H. O." sind jene
Grundeigentümer, die in den Statuten beigehefteten Beitrittserklärungen mit ei-
genhändiger Unterschrift aufgeführt sind (Art. 4). Sofern die Wasserversorgungs-
anlage über genügend Trinkwasser verfügt, können weitere Grundeigentümer als
Mitglieder aufgenommen werden (Art. 14). Jeder neue Wasserbezüger hat die
Zuführungsleitung nach Anweisung des Vorstandes fachmännisch zu verlegen, die
Leitung muss vor dem Eindecken abgenommen werden (Art. 15). Nach Art. 17 der
Statuten erhalten alle Mitglieder grundsätzlich gleich viel Wasser, unabhängig vom
eventuellen Verbrauch, jedoch unter Berücksichtigung der jeweiligen Wasserfüh-
rung. Bei Anlagen mit intensivem Wasserverbrauch hat der jeweilige Wasserbezü-
ger keinen Anspruch auf eine grössere Wassermenge (Art. 17 Satz 1). Der seit eh
und je bestehende "H." (Wassergraben) bleibt gemäss Art. 20 der Statuten unver-
ändert und muss von den Grundeigentümern unterhalten werden. Die Überläufe
aus den Verteilschächten werden in diesen Wassergraben geleitet.
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2. R. ist Eigentümer der Parzellen 48 und 148 in O.. Am 8. August 1998
wurde er als Mitglied in die "Wasserversorgungsgenossenschaft H." aufgenom-
men.
B. Im Bezirksamtsblatt vom 12. Oktober 2001 wurde das Baugesuch von R.
betreffend Ersatz einer Turbinenleitung mit Zuleitung auf den Parzellen 48 und 148
in O. im Rahmen eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens publiziert.
C. Gegen dieses Baugesuch reichte die "Wasserversorgungsgenossen-
schaft H." beim Kreisamt Trins am 1. November 2001 eine privatrechtliche Ein-
sprache ein. Unter Berufung auf den Dienstbarkeitsvertrag vom 31. Dezember
1987 macht die Einsprecherin im wesentlichen geltend, sie sei die alleinig berech-
tigte Wasserbezügerin, welche über die Verteilung und Nutzung des Wassers un-
ter ihren Mitgliedern entscheide. Ab der Wasserversorgungsanlage könne Trink-
wasser für den persönlichen Gebrauch, Trinkwasser für Vieh der Genossenschaf-
ter und landwirtschaftliches Wasser für Genossenschafter bezogen werden. Der
Bezug von gefasstem Wasser für das Betreiben einer Turbine zur Energiegewin-
nung sei eine neue Nutzungsart, welcher nicht zugestimmt werden könne. Würden
sämtliche Mitglieder Wasser aus dem "H." zur Erzeugung von Energie benutzen,
könne die Genossenschaft ihren Auftrag nicht mehr erfüllen.
R. beantragte in seiner Stellungnahme vom 6. Dezember 2001 die Abwei-
sung der Einsprache. Als Kompromisslösung schlug er eine Änderung des Bau-
projektes vor, welche den Bedenken der "Wasserversorgungsgenossenschaft H."
hätte entgegenkommen sollen.
D. Am 1. Oktober 2002, gleichentags mitgeteilt, entschied der Kreispräsi-
dent Trins was folgt:
1. Die privatrechtliche Baueinsprache der "Wassergenossenschaft
H." wird gutgeheissen und R. wird demnach nicht gestattet, für
den Betrieb der Turbine Wasser aus dem "H." zu beziehen. Er
wird verpflichtet, den alten Zustand wiederherzustellen. Hierfür
wird Frist gesetzt bis zum 31. Mai 2003.
Die Anordnung ergeht unter Hinweis von Art. 292 StGB, wonach
mit Haft mit Busse bestraft wird, wer der an ihn ergangenen
Aufforderung einer zuständigen Behörde nicht nachkommt.
2. Die Verfahrenskosten, bestehend aus
-
einer Gerichtsgebühr von
Fr. 300.00
-
einer Schreibgebühr von
Fr. 70.00
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Barauslagen von
Fr. 65.00
total somit
Fr. 435.00
gehen zu Lasten des Einsprachegegners. Sie sind innerhalb von
30 Tagen seit Mitteilung dieses Entscheides der Kreiskasse Trins
zu überweisen.
3. (Rechtsmittelbelehrung)
4. (Mitteilung)
E. Hiergegen reichte R. am 8. Oktober 2002 beim Kantonsgerichtspräsiden-
ten eine Beschwerde ein mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuhe-
ben und die Einsprache der "Wasserversorgungsgenossenschaft H." unter Kos-
tenund Entschädigungsfolge abzuweisen. Zur Begründung hält der Beschwerde-
führer in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der "H. " von einer Quelle auf Parzelle
Nr. 2 auf O. gespiesen werde. Das Gewässer fliesse von dort seit mindestens
hundert Jahren in einem "Gräbli" mit leichtem Gefälle an verschiedenen Liegen-
schaften vorbei über den "O." Die Liegenschaftenbesitzer unterhalb dieses Ge-
wässers hätten das Wasser für ihre Bedürfnisse seit jeher aus dem "H." bezogen.
Im Jahre 1987 habe die neu gegründete "Wasserversorgungsgenossenschaft H."
bei den Eigentümern der Parzelle 2 das Recht erwirkt, die sich auf deren Land
befindliche Quelle für ihre Zwecke zu fassen und das Wasser in ihrem zukünftigen
Leitungsnetz an ihre Mitglieder zu verteilen. Die Gemeinde T. habe wiederholt
ausdrücklich verlangt, dass der "H." weiterhin zu fliessen habe. In Art. 20 der Sta-
tuten der "Wasserversorgungsgenossenschaft H." werde denn auch festgehalten,
dass der seit eh und je bestehende "H." unverändert bleibe. Er, R., sei am 9. Au-
gust 1998 als Mitglied in die "Wasserversorgungsgenossenschaft H." aufgenom-
men worden, der Grundbucheintrag sei im Oktober 2001 erfolgt. Nach der Auf-
nahme als Mitglied habe er die Wasserversorgung seiner Liegenschaft angepasst.
Die Reservoirfassung sei neu in unmittelbarer Nähe zum Verteilschacht der "Was-
serversorgungsgenossenschaft H.", welcher das Reservoir (für die Wasserversor-
gung im Haus) speise; der Überlauf des Reservoirs speise den Brunnen. Die ur-
sprüngliche, seit rund 40 Jahren bestehende Wasserfassung speise neu eine Gar-
tenleitung oberhalb des Hauses. Von dort fliesse das Wasser aus dem "H." mittels
eines Schlauchs zum Ablauf des Brunnens und treibe so nach einem Sammel-
schacht für Meteorwasser eine 12 Volt Turbine im untersten Teil seiner Liegen-
schaft an. Bei Grabarbeiten im Jahre 1997 sei die alte Druckleitung zur Turbine
beschädigt worden. Im Jahre 2000 sei diese Leitung repariert bzw. ersetzt worden.
Hierfür habe die Gemeinde T. eine nachträgliche Baubewilligung verlangt.
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In rechtlicher Hinsicht vertritt R. im Wesentlichen die Auffassung, die Rech-
te aus dem Dienstbarkeitsvertrag würden sich ausschliesslich auf die Quellenfas-
sung auf Parzelle 2 sowie auf das Leitungsnetz der Wasserversorgungsgenossen-
schaft erstrecken. Am Wasser, welches im "H." fliesse, bestünden demgegenüber
keine besonderen Nutzungsrechte. Gemäss Art. 20 der Statuten sei die "Wasser-
versorgungsgenossenschaft H." sogar verpflichtet, den "H." unverändert zu belas-
sen. Auch die Gemeinde T. habe bei der Bewilligung des Leitungsnetzes darauf
bestanden, dass der Bach weiterhin fliesse. Der Bach sei ein öffentliches Gewäs-
ser; ein Bezug unter 50 Liter/Minute sei nicht bewilligungspflichtig. Die Entnahme
von 20 Liter pro Minute aus dem "H." für den Betrieb seiner Turbine sei daher zu-
lässig.
Das Kreispräsidium Trins verzichtete mit Schreiben vom 21. Oktober 2002
unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid auf eine Vernehm-
lassung und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Die "Wasserversorgungsgenossenschaft H." beantragte in ihrer Stellung-
nahme vom 24. Oktober 2002 ebenfalls die Abweisung der Beschwerde. In tat-
sächlicher Hinsicht geht sie davon aus, dass es sich bei der Turbine von R. um
eine neue Anlage handelt, welche mit einer Wassermenge von 50 l/min betrieben
werden könne. In rechtlicher Hinsicht ergänzt sie die bereits in der Einsprache ver-
tretene Auffassung, wonach ihre Quellrechtsdienstbarkeit die Entnahme von Was-
ser zur Energiegewinnung verbiete. Der "H." lasse sich nicht mehr unterhalten,
wenn das Wasser auch von anderen Anstössern zusätzlich zu den herkömmlichen
Nutzungsarten auch für den Betrieb von Turbinen gebraucht würde.
Auf die weiteren Ausführungen in den Rechtsschriften und im angefochte-
nen Entscheid wird, soweit erforderlich, nachfolgend eingegangen.
Das Kantonsgerichtspräsidium zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 94 Abs. 1 EGzZGB ist die Verletzung von zivilrechtlichen
Bauvorschriften durch Baueinsprache innert 20 Tagen seit Baueinsprache beim
Kreispräsidenten geltend zu machen. Die Einsprache wird dabei nach den Vor-
schriften des Befehlsverfahrens behandelt (Art. 94 Abs. 2 EGzZGB in Verbindung
mit Art. 146 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO). Ein nach Art. 146 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO ergangener
Entscheid kann gemäss Art. 152 Abs. 1 ZPO innert 10 Tagen seit Mitteilung mit
Beschwerde an den Kantonsgerichtspräsidenten weitergezogen werden. R. hat
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seine Beschwerde fristund formgerecht eingereicht, weshalb darauf einzutreten
ist.
2. a) Der Beschwerdeführer hat vor dem Kantonsgerichtspräsidenten mit
der Beschwerde diverse Beilagen, namentlich den Dienstbarkeitsvertrag zwischen
den Quelleneigentümern und der "Wasserversorgungsgenossenschaft H." vom
23./ 30.12.1987, die Beitrittserklärung zur "Wasserversorgungsgenossenschaft H."
sowie die Statuten derselben zu den Akten gegeben.
Die Einlage neuer Urkunden ist im Beschwerdeverfahren nach Art. 152
ZPO weder ausdrücklich zugelassen noch ausdrücklich ausgeschlossen. Ebenso-
wenig enthält die Norm einen Hinweis auf die Bestimmungen der Berufung nach
Art. 218 ff. ZPO der Beschwerde nach Art. 232 ff. ZPO. Art. 152 Abs. 3 ZPO
ist indessen zu entnehmen, dass der Kantonsgerichtspräsident von Amtes wegen
neue Beweise erheben kann. Ist dies möglich, ist nicht einzusehen, weshalb auf
Seiten der Parteien eine Beschränkung auf die erste Instanz bestehen soll. Der
Nachreichung von Beweismitteln kommt gerade in dem gemäss Art. 137 Ziff. 14
ZPO im summarischen Verfahren durchgeführten Amtsbefehlsverfahren aufgrund
der raschen Rechtsfindung eine grössere Bedeutung zu als im ordentlichen Zivil-
prozess. Es muss den Parteien daher auch im Beschwerdeverfahren gegen einen
Amtsbefehl möglich sein, Urkunden zur Klärung des Sachverhalts nachzureichen.
Die ebenfalls nicht ausdrücklich geregelte Frage, ob im Beschwerdeverfahren
auch Beweise über neue Tatsachen eingelegt werden dürfen, kann offen gelassen
werden. Die eingereichten Urkunden beziehen sich auf bereits vor dem Kreisamt
vorgebrachte Behauptungen, weshalb deren Einlage fraglos zulässig ist (PKG
2001 Nr. 39 E. 2 a) und 2 b)).
b) In Art. 152 ZPO wird weiter offengelassen, ob dem Kantonsgerichtsprä-
sidenten im Beschwerdeverfahren eine volle Kognition eine bloss beschränk-
te Prüfungsbefugnis zusteht. Die Bezeichnung des Rechtsmittels als Beschwerde
lässt zwar eher auf das letztere schliessen. Die Möglichkeit, von Amtes wegen
Beweise erheben zu können, spricht hingegen klar für eine volle Kognition. Von
der Sache her ist eine Überprüfung auf Angemessenheit denn auch angezeigt, da
es im Befehlsverfahren häufig um Ermessensfragen geht und das Rechtsmittel an
praktischer Bedeutung verlöre, wenn der Kantonsgerichtspräsident nur bei Miss-
brauch des Ermessens und offensichtlich falscher Feststellung des Sachverhaltes
einschreiten könnte. Auch das Fehlen eines Hinweises wie in Art. 236 Abs. 2 ZPO
auf die Beschwerde nach Art. 232 ff. ZPO lässt den Schluss zu, in der Gesetzge-
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bung sei eine Beschränkung nicht gewollt gewesen. Damit ist dem Kantonsge-
richtspräsidenten die volle Kognition zuzuerkennen. Er ist weder in rechtlicher
noch in tatsächlicher Hinsicht an den Entscheid der Vorinstanz gebunden (PKG
2001 Nr. 39 E. 2c).
3. R. macht geltend, er entnehme für den Betrieb seiner Turbine lediglich 20
Liter Wasser pro Minute aus dem "H.", welchen er als öffentliches Gewässer quali-
fiziert. Eine Wasserentnahme aus einem öffentlichen Gewässer unter 50 l/min sei
bewilligungsfrei zulässig. Die Rechte der "Wasserversorgungsgenossenschaft H."
würden dadurch nicht tangiert.
a) Ist der "H." ein öffentliches Gewässer, so beurteilt sich nach öffentlichem
Recht, ob und unter welchen Bedingungen ein Wasserbezug für die Energiege-
winnung zulässig ist (vgl. Art 664 ZGB, Art. 119 ff. EGzZGB; Wasserrechtsgesetz
des Kantons Graubünden; BR. 810.100). Diese Fragen können im vorliegenden
zivilrechtlichen Verfahren nicht beantwortet werden. Gegenstand des Einsprache-
verfahrens nach Art. 94 EGzZGB in Verbindung mit Art. 146 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO
bzw. des Beschwerdeverfahrens nach Art. 152 Abs. 1 ZPO können nur private
Rechte sein. Zu prüfen ist demnach einzig, ob R. (Besitzes-)Rechte der "Wasser-
versorgungsgenossenschaft H." aus dem Dienstbarkeitsvertrag vom 23. / 30. De-
zember 1987 verletzt, indem er aus dem "H." Wasser für den Betrieb seiner Turbi-
ne bezieht.
b) Für die Turbinenanlage samt Zuleitung stellte R. ein Baugesuch, nach-
dem er sie bereits erneuert hatte. Der "Wasserversorgungsgenossenschaft H."
stand damit einerseits die Möglichkeit zur Baueinsprache nach Art. 94 EGzZGB in
Verbindung mit Art. 146 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO offen, worin sie die Verletzung von zivil-
rechtlichen Bauvorschriften geltend machen konnte. Andererseits hätte sie auch
ohne Baugesuch ein gewöhnliches Befehlsverfahrens zum Schutze eines bedroh-
ten Besitzstandes und zur Wiederherstellung eines durch verbotene Eigenmacht
entzogenen vorenthaltenen Besitzes einleiten können (Art. 146 Abs. 1 Ziff. 1
und 2 ZPO). Weil in der Verletzung nachbarrechtlicher vertraglicher Baube-
schränkungen eine Besitzesstörung liegt, wird das privatrechtliche Einsprachever-
fahren in Graubünden im Gegensatz zu anderen Kantonen, welche ein eingehend
geregeltes Baueinspracheverfahren geschaffen haben, in einem gewöhnlichen
Besitzesschutzverfahren durchgeführt (Rudolf Rehli, Das Befehlsverfahren nach
bündnerischem Recht, Diss., Zürich 1977, S. 50). Angerufen werden können die
nachbarrechtlichen Normen des ZGB, im Verfahren der privatrechtlichen Bauein-
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sprache können aber auch vertragliche Rechte durchgesetzt werden. In Betracht
fallen insbesondere in der Form von Dienstbarkeiten errichtete Baubeschränkun-
gen, doch vermögen auch bloss obligatorische Vereinbarungen mit dem Inhalt von
Baubeschränkungen eine Einsprache zu begründen. Die Einsprechenden haben
wie alle Besitzesschutzkläger nachzuweisen, dass sie sich sei es gerichtlich
aussergerichtlich sofort gegen die mit dem Bauvorhaben verbundene Besitzes-
störung gewehrt haben (vgl. Art. 929 Abs. 1 ZGB). Als rechtzeitig muss dabei frag-
los auch die Beanstandung gelten, die innert der Einsprachefrist von Art. 94 EG-
zZGB erfolgt ist (vgl. Rehli, a.a.O., S. 51f.). Die "Wasserversorgungsgenossen-
schaft H." hat gegen das nachträgliche Baugesuch von R. Einsprache erhoben,
weil sie sich durch den Betrieb der Turbine in der Ausübung ihres Dienstbarkeits-
besitzes gestört sieht. Damit hat sie sich rechtzeitig gegen die von ihr behauptete
Besitzesstörung gewehrt. Die Begehren decken sich mit den bundesrechtlichen
Klagen aus Besitzesstörung und Besitzesentziehung. Dies geht aus dem in Art.
146 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 enthaltenen Hinweis auf Art. 927 und 928 ZGB hervor. Der
Kreispräsident Trins hat in seiner Verfügung vom 1. Oktober 2002 denn auch ei-
nen Entscheid über den materiellrechtlichen Besitzesanspruch gefällt (vgl. Rehli,
a.a.O., S. 47).
4. a) Das Zivilgesetzbuch gewährt in den Art. 927f. dem unmittelbaren und
dem mittelbaren Besitzer eine Klage gegen jeden Nichtbesitzer, der ihm seinen
Besitz entzieht diesen stört. Der Anspruch richtet sich bei Besitzesentziehung
auf die Wiedereinräumung dieses Rechts, bei Besitzesstörung auf Beseitigung der
bereits erfolgten auf Unterlassung der mit einiger Wahrscheinlichkeit bevor-
stehenden Störung (Art. 928 Abs. 2 ZGB; Rehli, a.a.O., S. 48f.). Zweck des Besit-
zesschutzes ist die Erhaltung der tatsächlichen Besitzverhältnisse; abgesehen von
der Einrede aus dem besseren Recht nach Art. 927 Abs. 2 ZGB wird die Frage
nach dem Recht zur Beeinträchtigung des Besitzes nicht in den Streit hineingezo-
gen. Der Besitzsstreit ist vom Rechtsstreit zu trennen (Rehli, a.a.O. S. 48). Besit-
zer einer Sache ist, wer die tatsächliche Gewalt über diese hat (Art. 919 Abs. 1
ZGB). Dem Sachbesitz wird bei Grunddienstbarkeiten und Grundlasten die tat-
sächliche Ausübung des Rechtes gleichgestellt (Art. 919 Abs. 2 ZGB). Ob diese
Regelung durch Analogieschluss auf andere, namentlich auf persönliche Rechte
ausgedehnt werden kann, ist umstritten, kann aber offen bleiben. Bei einem Quel-
lenrecht, wie es vorliegend zur Diskussion steht, setzt die Ausübung des Rechtes
eine mehr weniger intensive tatsächliche Sachherrschaft voraus. Die Dienst-
barkeitsberechtigte hat als Sachbesitzerin die gleiche Stellung wie jeder andere
Besitzer und bedarf keiner besonderen gesetzlichen Grundlage für die Besitzes-
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schutzklage (Peter Liver, Zürcher Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetz-
buch, Bd. IV, Das Sachenrecht, 1. Bd., Die Grunddienstbarkeiten, 2. Aufl., Zürich
1980, N. 127 zu Art. 737 ZGB; Emil W. Stark, Basler Kommentar zum Schweizeri-
schen Privatrecht, ZGB II, Basel 1998, N. 50 zu Art. 919 ZGB; Emil W. Stark, Ber-
ner Kommentar zum Privatrecht, Bd., IV, 3. Abt., 1. Teilbd., Bern 1984, NN. 74ff.
zu Art. 919 ZGB).
b) Aufgrund der Akten ist erstellt, dass die "Wasserversorgungsgenossen-
schaft H." die Quellen auf Parzelle 2 in O. gefasst, ein Reservoir, diverse Schächte
und ein Leitungssystem gebaut hat und über die Zuteilung des Wassers an die
einzelnen Mitglieder bestimmt (vgl. Art. 2, 16 und 17 der Statuten; Protokoll der 5.
Generalversammlung vom 11. August 2001). Sie übt ihre Rechte aus dem
Dienstbarkeitsvertrag vom 23./ 30. Dezember 1987 tatsächlich aus und ist damit
Sachbesitzerin. Als Quellenrechtsberechtigte ist sie zweifelsfrei legitimiert, An-
sprüche aus Besitzesschutz geltend zu machen, wenn sie in ihrem Dienstbarkeits-
besitz durch verbotene Eigenmacht gestört wird (vgl. Liver, a.a.O., N. 156 zu Art.
737 ZGB). Der Besitzesschutzanspruch besteht gegenüber jedem Störer. Die Kla-
ge auf Unterlassung künftiger Störungen auf Beseitigung von Anlagen, von
denen solche ausgehen können, richtet sich gegen denjenigen, von dem künftige
Störungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwartet werden müssen (Liver,
a.a.O., N. 160 zu Art. 737 ZGB; Emil W. Stark, Basler Kommentar, a.a.O., N. 7 zu
Art. 928 ZGB). Zu prüfen ist nachstehend, ob die "Wasserversorgungsgenossen-
schaft H." zu Recht geltend macht, R. habe ihren Dienstbarkeitsbesitz gestört, in-
dem er die Turbinenanlage samt Zuleitung ersetzt habe und Wasser für den Be-
trieb einer Turbine gebrauche.
5. a) Beim bundesrechtlichen Besitzesschutz handelt es sich um einen ma-
teriellrechtlichen Anspruch (vgl. Marginalie zu Art. 146 ZPO, Rehli, a.a.O., S. 59).
Die Regelung des Verfahrens ist jedoch dem kantonalen Recht überlassen. Der
Bündnerische Zivilprozess stellt für den Besitzesschutz ausschliesslich das Be-
fehlsverfahren zur Verfügung (Art. 137 Ziff. 14; Rehli, a.a.O., S. 57). Dies liegt da-
rin begründet, dass beim Besitzesschutz im Allgemeinen verhältnismässig einfach
festgestellt werden kann, ob der Anspruch ausgewiesen ist und sich das summari-
sche Verfahren durchaus für die Erledigung von Besitzesschutzangelegenheiten
eignet. Im summarischen Verfahren gelten grundsätzlich die Vorschriften des be-
schleunigten Verfahrens, mit gewissen Einschränkungen, die sich aus Art. 138
ZPO ergeben, etwa hinsichtlich der Beweismittel (vgl. Art. 138 Ziff. 4 ZPO). Der
bundesrechtliche Besitzesschutz verlangt indessen nach einem abschliessenden
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Verfahren (vg. BGE 104 II 221; Emil W. Stark, Berner Kommentar, a.a.O., N. 106
der Vorbemerkungen zu Art. 926-929). Da im bündnerischen Recht ausschliess-
lich das Amtsbefehlsverfahren dafür vorgesehen ist und eine Überweisung ins or-
dentliche Verfahren nicht erfolgt, mit dem Amtsbefehl also ein abschliessender
possessorischer Entscheid ergeht, sind im Besitzesschutzverfahren alle erhebli-
chen Beweise zuzulassen. Das Verfahren büsst damit den Charakter eines rein
summarischen Verfahrens ein (vgl. PKG 2001 Nr. 39 mit Hinweisen).
b) In Besitzesschutzangelegenheiten, insbesondere auch im Bauein-
spracheverfahren, ist grundsätzlich voller Beweis für das Vorhandensein der be-
haupteten rechtserheblichen Tatsachen zu erbringen. Die Verletzung privatrechtli-
cher Gesetzesbestimmungen privater Ansprüche ist nachzuweisen (Art. 146
Abs. 1 Ziff. 4 i.V. m. Art. 146 Abs. 2 ZPO). Im raschen und summarischen Be-
fehlsverfahren können nur klar und unzweifelhaft ausgewiesene Ansprüche durch-
gesetzt werden. Auch der Prozessgegner hat seine Einreden und Einwendungen
an sich voll zu beweisen. Blosse Glaubhaftmachung genügt dann, wenn dadurch
der vom Kläger zu leistende volle Beweis nach der Überzeugung des Befehlsrich-
ters nicht mehr als erbracht gelten kann. Der Gegenbeweis ist nicht nur dann ge-
glückt, wenn er die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung des Beweisbelasteten
ergibt, sondern schon dann, wenn er den Hauptbeweis insofern zu entkräften
vermag, dass es als zweifelhaft erscheint, ob sich die behauptete Tatsache ver-
wirklicht hat. Einwendungen des Beklagten, die sich auf keine konkreten Anhalts-
punkte stützen lassen, sind hingegen als reine Schutzbehauptungen nicht zu hö-
ren (Rehli, a.a.O., S. 96 ff. mit Hinweisen).
c) Der Besitzesschutz beanspruchende Dienstbarkeitsberechtigte hat sei-
nen Besitz und die Besitzesstörung zu beweisen. Er muss dartun können, dass er
die Handlungen, in denen die Ausübung der Dienstbarkeit besteht, tatsächlich
vorgenommen hat und dass er nun an der Fortsetzung dieser Grundstücksbenut-
zung vom Eigentümer des Grundstücks, einer an diesem Grundstück dinglich
obligatorisch berechtigten von einem Dritten gehindert werde (vgl. Liver,
a.a.O., N. 137 zu Art. 737 ZGB).
Der Beweis des Besitzes ist namentlich bei unbebauten Grundstücken und
bei Rechten oft nicht leicht zu erbringen, zumal darauf abzustellen ist, wer die tat-
sächliche Gewalt ausübt, und nicht darauf, wer als Besitzer eingetragen ist. Es
genügt nicht jede auch nur einmalige Ausübung von Besitzerfunktionen für sich
allein, wohl aber in Verbindung mit einer zum Besitz berechtigenden Rechtsstel-
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lung. Im allgemeinen wird ein gewisses stabiles Gewaltverhältnis, das offen zutage
tritt und das nicht auf widerruflicher Gefälligkeit beruht, gefordert. Kein Besitz,
auch nicht im Sinne der Art. 926 ff. ZGB, steht demjenigen zu, der gewöhnlichen
gesteigerten Gemeingebrauch an einer öffentlichen Sache ausübt (Stark,
Berner Kommentar, N. 12f. vor Art. 926 - 929 ZGB).
Besitzesstörung ist jede nicht zum Verlust des Besitzes führende, aber
übermässige Beeinträchtigung der tatsächlichen Herrschaft über die Sache in ir-
gendeiner ihrer Äusserungen. Eine Besitzesstörung liegt namentlich auch vor,
wenn eine Einwirkung auf die Sache stattfindet, ohne dass der Störer in irgendei-
nem Sinne Herrschaft über sie ausüben würde. Die Störung setzt nicht voraus,
dass durch sie ein Schaden entsteht (Stark, Berner Kommentar, N. 19 zu Art. 928
ZGB). Voraussetzung des Anspruches auf Beseitigung der Störung und Unterlas-
sung fernerer Störung ist, dass die Beeinträchtigung des Besitzes durch verbotene
Eigenmacht erfolgt ist droht (Stark, a.a.O., N. 18 zu Art. 928 ZGB).
6.a) Dass die "Wasserversorgungsgenossenschaft H." Besitz am selbstän-
digen und dauernden Quellenund Leitungsbaurecht zulasten Parzelle 2, Plan 1,
in O. hat, ergibt sich zweifelsfrei aus den Akten. Sie hat als Dienstbarkeitsberech-
tigte (vgl. act. 17, Dienstbarkeitsvertrag) die Quellen gefasst, ein Reservoir, diver-
se Schächte und ein Leitungssystem gebaut und bestimmt seither gemäss Statu-
ten über die Zuteilung des Wassers an die einzelnen Mitglieder. Der Vorstand
wacht über die Verlegung neuer Wasserleitungen und reguliert die Wassermenge,
welche jedes Mitglied beziehen kann. Die Aufnahme von neuen Genossen-
schaftsmitgliedern ist davon abhängig, ob genügend Trinkwasser vorhanden ist
(act. 17, Statuten der "Wasserversorgungsgenossenschaft H.", insbesondere Art.
2, Art. 16 und 17 und 18). Gemäss dem Protokoll der 5. Generalversammlung
vom 11. August 2001 wurden im Berichtsjahr diverse Erneuerungen und Erweite-
rungen an der Wasserversorgungsanlage vorgenommen, der "H." wurde gereinigt
und in Stand gestellt und es wurden die Anlagen von drei Neumitgliedern, darun-
ter diejenige von R., kontrolliert (Protokoll der 5. Generalversammlung vom 11.
August 2001; Korrespondenz mit R., act. 17, Einlagen H.P. Joos vom 12. Oktober
2002) Die "Wasserversorgungsgenossenschaft H." beherrscht damit Quellfassung
und Leitungsnetz tatsächlich, was grundsätzlich auch vom Beschwerdeführer an-
erkannt wird.
b) Umstritten ist, wie weit der Besitz der "Wasserversorgungsgenossen-
schaft H." geht. Die "Wasserversorgungsgenossenschaft H." setzt voraus, dass
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sie aufgrund ihrer Dienstbarkeit über sämtliches Wasser, welches den Quellen auf
Parzelle 2 in O. entspringe, verfügen kann. Sie stellt sich auf den Standpunkt,
dass dieses Wasser nur als Trinkwasser für den persönlichen Gebrauch, als
Trinkwasser für Vieh und für die Landwirtschaft, nicht aber für die Stromproduktion
verwendet werden dürfe, wie R. dies vorgesehen habe. Die Stromproduktion ge-
fährde die statutengemässe Verwendung des Quellwassers, da insbesondere
dann nicht mehr genügend Wasser im Bach verbleibe, wenn weitere Mitglieder
zusätzlich zu den bisherigen Bezügen Strom produzieren würden. R. hält demge-
genüber dafür, dass die "Wasserversorgungsgenossenschaft H." lediglich über die
Quellfassung und das Leitungsnetz auf Parzelle 2, nicht aber auf das im "H." flies-
sende Wasser verfügen könne. Der "H." sei ein öffentliches Gewässer, aus wel-
chem alle Anstösser bis zu einer bestimmten Menge Wasser entnehmen dürften.
Auch die Gemeinde T. habe wiederholt darauf bestanden, dass der Bach unver-
ändert bleibe.
Nach Art. 780 Abs. 1 ZGB belastet das Recht an einer Quelle auf fremdem
Grundstück das Quellengrundstück mit der Dienstbarkeit der Aneignung und Ablei-
tung des Quellwassers. Das Recht der Aneignung des Quellwassers ist die Befug-
nis, über die sich im Erdinnern des belasteten Quellengrundstücks befindliche,
vom Quellbegriff erfasste Wassermenge tatsächlich verfügen zu können. Darunter
fällt das Recht, sich eines natürlichen Wasseraufstosses zu bemächtigen, aber
auch die Berechtigung, nach Quellwasser zu graben und dieses mittels bautechni-
scher Vorrichtungen zu fassen. Das Recht der Ableitung besteht in der Befugnis,
auf dem belasteten Grundstück die erforderlichen baulichen Arbeiten vorzuneh-
men und die entsprechenden Anlagen erstellen zu können (Heinz Rey, Kommen-
tar zum Schweizerischen Privatrecht, ZGB II, Basel 1998, NN. 6 und 7 zu Art. 780
ZGB). Entsprechend dieser gesetzlichen Regelung des Quellenrechts ist auch der
Dienstbarkeitsvertrag vom 23. / 30. Dezember 1987 ausgestaltet. Gemäss Ver-
trag dulden die jeweils belasteten Grundeigentümer von Parzelle 2, Plan 1 in O.
die Fassung sämtlichen, an verschiedenen Stellen im Nordwesten (bewaldeter
Teil) der Parzelle entspringenden Quellwassers und deren dauernde Nutzung für
die Versorgung von Mensch und Vieh, dessen Ableitung mittels Sammelleitungen
durch das belastete Grundstück gemäss planlich festgehaltenen Linienführungen,
alle FassungsSammlungsund Ableitungsvorrichtungen auf der belasteten Lie-
genschaft in ihrem verlegten Bestande, die Erstellung eines Sammelschachtes
und einen weiteren allfälligen Ausbau desselben zu einem Wasserreservoir nach
den Bedürfnissen der Berechtigten, den Unterhalt, die Wartung und Erneuerung
der Anlagen, die Erweiterung der Anlagen nach gegenseitiger Absprache sowie
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Zugang und Zufahrt zu den Anlagen, soweit dies für Unterhalt, Wartung und Er-
neuerung derselben notwendig ist. Diese gesetzlichen und vertraglichen Grundla-
gen lassen den Schluss zu, dass sämtliches Wasser, das auf Parzelle 2, Plan 1
auf O. entspringt, von der Dienstbarkeit erfasst wird, auch dasjenige, welches un-
terhalb den "H." speist. In den Akten finden sich keine Hinweise dafür, dass das
Quellenrecht in irgendeiner Weise, etwa mengenmässig während einer be-
stimmten Zeit des Wasserjahres eingeschränkt wäre. Da die "Wasserversor-
gungsgenossenschaft H." nicht nur die Wasserversorgungsanlage auf dem Quel-
lenrechtsgrundstück unterhält, sondern auch den Wasserbezug der Mitglieder re-
guliert (Art. 16 der Statuten) und die Zuleitungen und Anlagen jedes einzelnen
kontrolliert, bestimmt sie faktisch über alles Wasser, das auf Parzelle 2 entspringt.
Sie legt fest, wieviel Wasser privat (für die statutarisch vorgesehenen Zwecke)
genutzt werden kann und beeinflusst damit entscheidend auch die Wassermenge,
welche weiterhin im "H." fliesst. Die Überläufe aus den Verteilerschächten werden
nach Art. 20 der Statuten wieder in den "H." geleitet. Der Besitz der "Wasserver-
sorgungsgenossenschaft H." beschränkt sich somit entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers nicht nur auf das Quellengrundstück.
c) R. führt in seiner Stellungnahme zur Einsprache vom 6. Dezember 2001
(act. 7, S. 4.) aus, dass sein Brunnen, welcher vor der Aufnahme in die Wasser-
genossenschaft allein von einer eigenen Fassung direkt aus dem "H." gespiesen
worden sei, jetzt auch wenn auch zu einem kleinen Teil - durch den Überlauf des
von der Wassergenossenschaft in sein Trinkwasserreservoir eingeleiteten Was-
sers gespiesen werde. Damit gesteht er ein, dass er entgegen dem Willen der
Dienstbarkeitsberechtigten (vgl. Protokoll der Generalversammlung vom 11. Au-
gust 2002, Ziff. 8) für den Betrieb der Turbine zumindest teilweise Quellwasser
aus der Wasserversorgungsanlage der "Wasserversorgungsgenossenschaft H."
nutzt. Er stört damit eigenmächtig (dazu Emil W. Stark, Berner Kommentar, a.a.O.,
N. 21 ff. der Vorbemerkungen zu Art. 926 - 929 ZGB) deren bisherigen Besitz.
Dass er gemäss seiner eigenen Darstellung nur das "Überwasser" benutzt und
dass dieses "Überwasser" nach der Stromerzeugung unverändert wieder in den
"H." fliesst, vermag an der Besitzesstörung durch verbotene Eigenmacht nichts zu
ändern. Einerseits ist dies aufgrund der Akten nicht ausreichend bewiesen. Ander-
seits ist R. im Rahmen der Klage aus Besitzesstörung gemäss Art. 928 ZGB der
Nachweis, dass er ein besseres Recht auf dieses Wasser hat, verwehrt ( Emil W.
Stark, a.a.O., NN 2 und 53 zu Art. 927 ZGB). Einen solchen Beweis kann er allen-
falls im Rahmen eines ordentlichen Zivilprozess anstrengen. Soweit sich R.
schliesslich darauf beruft, Wasser sei ein Allgemeingut, die Gemeinde T. habe im
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Zusammenhang mit den Baubewilligungen für die Anlagen der "Wasserversor-
gungsgenossenschaft H." immer wieder festgehalten, dass der "H." weiter fliessen
müsse, beruft er sich auf öffentliches Recht. Auch dieser Aspekt kann, wie bereits
ausgeführt (oben E. 3a), im Rahmen des vorliegenden zivilrechtlichen Befehlsver-
fahren nicht geprüft werden.
d) Zusammenfassend ergibt sich, dass der "Wasserversorgungsgenossen-
schaft H." als Einsprecherin im Baubewilligungsverfahren und als Beschwerde-
gegnerin der Nachweis eines klaren und unzweifelhaften Besitzes am Quellwas-
ser, welches auf Parzelle 2 in O. entspringt, gelungen ist. R. betreibt die umstritte-
ne Turbine unter anderem mit solchem Quellwasser und stört damit den Besitz der
"Wasserversorgungsgenossenschaft H.", welche einen Anspruch auf Erhaltung
der bisherigen tatsächlichen Besitzverhältnisse hat. Sie kann gemäss Art. 928
Abs. 2 ZGB die Beseitigung der Störung und die Unterlassung fernerer Störung
verlangen. Der Entscheid des Kreispräsidenten Trins vom 1. Oktober 2002, wo-
nach R. untersagt wird, für den Betrieb der Turbine Wasser aus dem "H." zu be-
ziehen und worin er verpflichtet wird, den alten Zustand bis zum 31. Mai 2003
wieder herzustellen, ist demnach zu schützen. Die Beschwerde wird abgewiesen.
e) Immerhin ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass es ihm un-
benommen bleibt, einen ordentlichen Zivilprozess anzuheben, wobei er diesfalls
freilich aus dem Recht und nicht aus dem Besitz wird klagen müssen.
7. Bei diesem Ausgang gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu
Lasten des Beschwerdeführers. Von der Zusprechung einer ausseramtlichen Ent-
schädigung wird abgesehen, zumal die Beschwerdegegnerin nicht anwaltlich ver-
treten war und keine Entschädigung verlangt hat.
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Demnach erkennt das Kantonsgerichtspräsidium :
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, bestehend aus einer Gerichtsge-
bühr von Fr. 1'000.-- und einer Schreibgebühr von Fr. 240.--, total somit Fr.
1'240.--, gehen zu Lasten des Beschwerdeführers.
3. Mitteilung
an:
——————
Für das Kantonsgerichtspräsidium von Graubünden
Der Präsident Die Aktuarin ad hoc
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