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Urteil Obergericht (BE)

Zusammenfassung des Urteils ZK 2016 109: Obergericht

Eine Person, vertreten durch ihren Anwalt, klagte auf Grundbuchberichtigung, um eine Dienstbarkeit auf ein anderes Grundstück zu übertragen. Die Klage wurde abgelehnt, da die Dienstbarkeit nie auf dem betreffenden Grundstück eingetragen war und somit nicht bestand. Die Gerichtskosten betrugen CHF 0. Die verlierende Partei war eine weibliche Person.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZK 2016 109

Kanton:BE
Fallnummer:ZK 2016 109
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid ZK 2016 109 vom 15.09.2016 (BE)
Datum:15.09.2016
Rechtskraft:Der Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Mit einer Grundbuchberichtigungsklage nach Art. 975 ZGB kann keine Errichtung einer Dienstbarkeit bewirkt werden, die nicht bereits entstanden ist
Schlagwörter : Grundstück; Grundbuch; Recht; Berufung; Berufungskläger; Grundbuchberichtigung; Eintrag; Grundstücks; Grundbuchberichtigungsklage; Entscheid; Eintragung; Erwägung; Klage; Parzelle; Eigentümer; Eigentümerin; Schmid; Bundesgerichts; Eigentumserwerb; Lehrmeinung; Oberrichter; Rechtsanwalt; Bull; Nutzungsrecht; Grundstückberichtigungsklage; Feststellung; Verpflichtungsgeschäft
Rechtsnorm:Art. 656 ZGB ;Art. 665 ZGB ;Art. 731 ZGB ;Art. 974b ZGB ;Art. 975 ZGB ;
Referenz BGE:124 III 293;
Kommentar:
-, Basel, Art. 19 BetmG, 2016

Entscheid des Kantongerichts ZK 2016 109

ZK 2016 109 - Mit einer Grundbuchberichtigungsklage nach Art. 975 ZGB kann keine Errichtung einer Dienstbarkeit bewirkt werden, die nicht bereits entstanden ist
ZK 16 109, publiziert November 2016

Entscheid der 2. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Bern,


vom 25. August 2016


Besetzung
Oberrichterin Grütter (Referentin), Oberrichter Bähler und Oberrichter Kiener
Gerichtsschreiberin Mosimann


Verfahrensbeteiligte
A.,
vertreten durch Rechtsanwalt X.
Kläger/Berufungskläger


gegen


B.,
vertreten durch Rechtsanwalt Y.
Beklagte/Berufungsklägerin 1


C.,
vertreten durch Rechtsanwalt Y.
Beklagte/Berufungsklägerin 2



Gegenstand
Grundbuchberichtigung


Regeste:
• Art. 975 ZGB
• Art. 665 Abs. 1 ZGB
• Mit einer Grundbuchberichtigungsklage nach Art. 975 ZGB kann keine Errichtung einer Dienstbarkeit bewirkt werden, die nicht bereits entstanden ist.



Redaktionelle Vorbemerkungen:
Der Berufungskläger A. (und Dienstbarkeitsberechtigte) machte geltend, die im Grundbuch zugunsten seines Grundstücks eingetragene Dienstbarkeit (Beschränktes Nutzungsrecht) sei fälschlicherweise zulasten des Grundstücks Nr. 2 (Eigentümerin heute: C; damals: E.) eingetragen. Belastet sei aber das Grundstück Nr. 1 (Eigentümerin heute: B; damals: D.).
Mit einer Grundstückberichtigungsklage nach Art. 975 ZGB verlangte A. die gerichtliche Feststellung, dass die Dienstbarkeit «Beschränktes Nutzungsrecht» zugunsten seines Grundstücks auf dem Grundstück Nr. 1 lastet. Der Grundbuchverwalter sei anzuweisen, die genannte Dienstbarkeit auf das Grundstück Nr. 1 zu übertragen und auf dem Grundstück Nr. 2 zu löschen.


Auszug aus den Erwägungen:
( )
IV.
25. Der Berufungskläger stützt seine Klage auf Art. 975 ZGB. Die Grundstückberichtigungsklage dient dazu, dem materiell Berechtigten, dessen Recht sich nicht nicht mehr aus dem Grundbuch ergibt, dazu zu verhelfen, dass der seinem Recht entgegenstehende ungerechtfertigte Eintrag gelöscht, geändert dass die ungerechtfertigt gelöschte Eintragung wieder hergestellt wird (Jürg Schmid, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, 5. Aufl. 2015, N. 1 zu Art. 975 ZGB). Die Klage dient nicht dazu, ein dingliches Recht zum Entstehen zum Untergang zu bringen, sondern die Existenz die Nichtexistenz eines Rechts zu bestätigen. Es handelt sich somit um eine materielle, zivilrechtliche Feststellungsklage (Schmid, a.a.O., N. 6 zu Art. 975 ZGB). Die Grundbuchberichtigungsklage gilt als dingliche Klage, kann jederzeit angehoben werden und ist grundsätzlich unverjährbar (Schmid, a.a.O., N. 7 zu Art. 975 ZGB). Voraussetzung der Grundbuchberichtigungsklage ist ein ungerechtfertigter Eintrag (oder Löschung Abänderung) eines dinglichen Rechts. Die Ungültigkeit des Rechtsgrundes, unabhängig davon, ob es sich um ein Rechtsgeschäft eine amtliche Anordnung handelt, muss nicht durch ein separates Rechtsmittel angeordnet werden. Ob er rechtsgültig ist, wird im Grundbuchberichtigungsprozess vorfrageweise geprüft (Schmid, a.a.O., N. 9a zu Art. 975 ZGB).
1. Auf dem fraglichen Grundstück Nr. 1 ist keine Dienstbarkeit eingetragen. Deshalb ist zu prüfen, ob Art. 975 ZGB überhaupt Anwendung findet.
1.1 Legitimiert zur Grundstückberichtigungsklage ist, wer behauptet, Inhaber eines dinglichen Rechts zu sein, jedoch im Grundbuch zu Unrecht nicht eingetragen ist, etwa weil bei einer Vereinigung (Art. 974b ZGB) sein Recht nicht auf das neue Hauptbuchblatt übertragen wurde. Der Berufungskläger macht nicht geltend, Inhaber des fraglichen dinglichen Rechts zu sein, denn ein Verfügungsgeschäft zulasten des Grundstückes Nr. 1 welches das Recht erst hätte entstehen lassen wird nicht behauptet. Es wird auch kein Verpflichtungsgeschäft mit der Eigentümerin des angeblich belasteten Grundstücks, damals D., ins Feld geführt.
1.2 Ähnlich wie im Sachverhalt, der dem Entscheid des Bundesgerichts 5C.275/2005 vom 15. März 2006 zugrunde lag, wurde hier das Recht, auf welches sich der Berufungskläger beruft, noch gar nie im Grundbuch eingetragen auch nur angemeldet. Wie dort behauptet der Berufungskläger, die Dienstbarkeit sei zwischen den Parteien resp. ihren Rechtsvorgängern (hier sogar Dritten, nämlich E. statt B.) vereinbart worden. Für eine vom Berufungskläger hier behauptete rechtsgeschäftliche Begründung einer Dienstbarkeit gilt grundsätzlich das absolute Eintragungsprinzip, so dass das dingliche Recht erst mit der Eintragung im Grundbuch entsteht (zu den verschiedenen Lehrmeinungen bzgl. Eigentumserwerb bei Landumlegungen siehe unten Erwägung 26.3). Ist die Dienstbarkeit im Register nicht eingetragen worden, kann sie auch nicht entstanden sein (BGE 124 III 293).
Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass die Parzelle Nr. 1 nicht durch Abparzellierung von der Parzelle Nr. 2 entstanden sei, weshalb auch nicht von einer vergessenen Übertragung der Dienstbarkeit gesprochen werden könne. Beide Parzellen seien unabhängig davon, ob von einem grundbuchlichen aussergrundbuchlichen Eigentumserwerb ausgegangen werde, zeitgleich entstanden (Erwägung D.5. des vorinstanzlichen Entscheids, pag. 481). Gegen diese Feststellung erhob der Berufungskläger keine Einwände. Damit entfällt aber die Berufung auf Art. 975 ZGB. Eine nie entstandene Dienstbarkeit kann nicht über eine Grundbuchberichtigungsklage begründet werden (BGE 124 III 293 E. 2.c. S. 296; Urteil des Bundesgerichts 5C.275/2005 vom 15. März 2005 E. 3.1). Die Vorrichterin argumentierte, die Dienstbarkeit an sich existiere bereits, wenn auch bezogen auf ein anderes Grundstück. Mit der beantragten Berichtigung würde sie sozusagen bloss «umgelagert». Dem kann nicht gefolgt werden. Dass eine Dienstbarkeit erst mit ihrer Eintragung (bzw. allenfalls mit der Vollzugsverfügung des Regierungsrates, siehe dazu unten Erwägung 26.3) entsteht, bedeutet, dass es sie nur «verortet» gebunden an ein bestimmtes Grundstück gibt. Diesbezüglich besteht kein Interpretationsspielraum, anders als zum Inhalt des Rechts, welches durch Auslegung ermittelt werden muss. Eine Dienstbarkeit zulasten des Grundstücks Nr. 2 ist nicht dieselbe wie diejenige zulasten von Nr. 1. Falls das Rechtsgeschäft der real existierenden Dienstbarkeit zulasten Nr. 2 mängelbehaftet ist, kann die Löschung des Eintrags auf Nr. 2 gestützt auf Art. 975 ZGB verlangt werden. Die Eintragung auf einem anderen Grundstück, auf welchem diese Dienstbarkeit nie lag, kann auf diese Weise hingegen nicht erwirkt werden.
1.3 Die Vorinstanz wies auf die beiden Lehrmeinungen betreffend den Zeitpunkt des Eigentumserwerbs bei Güterzusammenlegungen nach aArt. 87 ff. EG ZGB hin. Gemäss der einen Lehrmeinung erfolgte der Eigentumserwerb (wie auch die Entstehung von Dienstbarkeiten) aussergrundbuchlich und zwar mit der sog. Vollzugsverfügung des Regierungsrates nach aArt. 94 EG ZGB (siehe dazu Erwägung D.5. des vorinstanzlichen Entscheids, pag. 479 ff., mit weiteren Hinweisen; vgl. auch Rey, Berner Kommentar, 1981, N. 135 zu Art. 731 ZGB). Eine andere Lehrmeinung gehe von einem Eigentumswechsel im Zeitpunkt des Grundbucheintrags nach Art. 656 Abs. 1 ZGB aus (Erwägung D.5. des vorinstanzlichen Entscheids, pag. 481, mit weiteren Hinweisen).
Unabhängig vom Entstehungszeitpunkt (grundbuchlich aussergrundbuchlich) ist das angeblich auf Nr. 1 lastende beschränkte Nutzungsrecht nie entstanden, da es weder im Grundbuch eingetragen, noch in der Güterzusammenlegungsurkunde beurkundet wurde. Denn selbst bei einer aussergrundbuchlichen Entstehung der Dienstbarkeit bedarf diese einer Grundlage. Wie bereits oben ausgeführt, wurde ein Verpflichtungsgeschäft zwischen dem Berufungskläger bzw. seinem Rechtsvorgänger und der damaligen Eigentümerin der Parzelle Nr. 1 nicht geltend gemacht und entsprechend nicht nachgewiesen.
2. Auch einer stattdessen in sinngemässer Anwendung von Art. 665 Abs. 1 ZGB gestützten Klage auf gerichtliche Zusprechung der Dienstbarkeit wäre kein Erfolg beschieden gewesen. Wie im zitierten Urteil des Bundesgerichts fehlt es wie soeben ausgeführt auch vorliegend bereits am gültigen Verpflichtungsgeschäft, trat doch der Vorfahre des Berufungsklägers mit dem Berechtigten - dem Eigentümer des Grundstücks Nr. 1 gar nicht erst in Vertragsverhandlungen (Urteil des Bundesgerichts 5C.275/2005 vom 15. März 2006 E. 3.2). Bei einer solchen Ausgangslage kann auch nicht mithilfe der Vertragsauslegung nach dem Vertrauensgrundsatz operiert werden. Ein Vertragsverhältnis lässt sich auf diese Weise nicht herstellen.
( )
29. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Grundbuchberichtigung fehlen. Die festzustellende Dienstbarkeit hat zulasten der Parzelle 1 - nie existiert, da sie zulasten dieses Grundstücks nie im Grundbuch eingetragen war und auch nicht in der Güterzusammenlegungsurkunde verurkundet wurde. Für eine Grundbuchberichtigungsklage nach Art. 975 ZGB besteht kein Raum.
Aber auch einer Klage auf Zusprechung einer Dienstbarkeit gestützt auf Art. 665 Abs. 1 ZGB wäre kein Erfolg beschieden gewesen. Eine Eintragung ist auch deshalb nicht möglich, weil es an einem gültigen Grundgeschäft zulasten von Nr. 1 fehlt.
( )

Hinweis:
Der Entscheid ist rechtskräftig.
Quelle: https://www.zsg-entscheide.apps.be.ch/tribunapublikation/

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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