ZK 2009 235 - Art. 17 Abs. 4 EG ZGB, Ziffer 1 der Übergangsbestimmungen zum VRPG, Art. 60 ZStV, Einsicht von Forschern in Zivilstandsregister
APH 09 235, publiziert August 2009
Entscheid der 1. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Bern,
unter Mitwirkung von Oberrichterin Lüthy-Colomb, Oberrichterin Pfister Hadorn und Oberrichter Kunz sowie Kammerschreiberin Wehren
vom 17. Juli 2009
in der Streitsache zwischen
A.
vertreten durch Fürsprecher Z
Appellant
und
Polizeiund Militärdirektion (POM)
Appellatin
Regeste:
1) Art. 17 Abs. 4 EG ZGB, Ziffer 1 der Übergangsbestimmungen zum VRPG, Art. 60 ZStV, Einsicht von Forschern in Zivilstandsregister
2) Gemäss Art. 10 Abs. 2 EG ZGB (Fassung vom 10. April 2008, in Kraft seit 1. Januar 2009) beurteilt der Appellationshof des Obergerichts im Weiterziehungsverfahren als letzte kantonale Instanz Angelegenheiten nach Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG, soweit das Gesetz sie nicht einer anderen Behörde zuweist. Unter Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG fallen namentlich Entscheide über die Führung des Grundbuchs, des Zivilstandsund des Handelsregisters sowie der Register für Marken, Muster und Modelle, Erfindungspatente, Pflanzensorten und Topografien. Beschwerdeentscheide der Polizeiund Militärdirektion betreffend Zivilstandsdienstsachen können gemäss Art. 17 Abs. 4 EG ZGB (in Kraft seit 1. Januar 2009) binnen 30 Tagen an den Appellationshof des Obergerichts weitergezogen werden.
Hängige Verwaltungsund Verwaltungsbeschwerdeverfahren werden von der nach bisherigem Recht zuständigen Behörde zu Ende geführt. Das die weiteren Rechtsmittel und die Zulässigkeit eines an eine verwaltungsunabhängige Justizbehörde gerichteten Rechtsmittels beurteilen sich gemäss Ziffer 1 der Übergangsbestimmungen zum VRPG indessen nach neuem Recht. Dementsprechend ist das neue Recht, mithin auch die am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Bestimmungen des EG ZGB, für das Rechtsmittel gegen den angefochtenen Entscheid massgebend. Damit ist der Appellationshof für die Beurteilung der Weiterziehung zuständig.
Gemäss Art. 60 ZStV bewilligt die Aufsichtsbehörde die Bekanntgabe von Personendaten an Forschende zum Zweck der wissenschaftlichen, nicht personenbezogenen Forschung (lit. a) zum Zweck der personenbezogenen Forschung, namentlich der Familienforschung (lit. b), sofern die Beschaffung der Daten bei den direkt betroffenen Personen nicht möglich offensichtlich nicht zumutbar ist. Es gilt das Subsidiaritätsprinzip. Die Begriffe der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit sind unbestimmte Rechtsbegriffe.
Es ist unmöglich, Daten von verstorbenen Personen bei diesen direkt zu beschaffen. Registerdaten bis 1900 betreffen mit grosser Wahrscheinlichkeit ausschliesslich Daten verstorbener Personen. Dementsprechend hat der Appellant Anspruch auf die Erteilung einer Dauerbewilligung für die Bekanntgabe von Personendaten von vor 1900 verstorbenen Personen. Da die Registereinträge von nach 1900 verstorbenen Personen auch Angaben über noch lebende Personen enthalten, hat der Appellant keinen Anspruch auf Erteilung einer Dauerbewilligung, sondern es kann ihm zugemutet werden, jeweils um eine Einzelbewilligung nachzusuchen. In Bezug auf lebende Personen liegt keine generelle Unzumutbarkeit Unmöglichkeit der Datenbeschaffung bei den direkt betroffenen Personen vor, weshalb keine Dauerbewilligung erteilt werden kann. Es ist jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Unzumutbarkeit bzw. Unmöglichkeit der Datenbeschaffung bei den direkt betroffenen Personen zu bejahen ist. Die Einholung von Einzelbewilligungen für Register nach 1900 behindert die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Genealogen nicht unverhältnismässig.
Der angefochtene Entscheid der POM wurde bestätigt.
Redaktionelle Vorbemerkungen:
Der Appellant ist Inhaber eines Büros für Genealogie und beantragte beim Zivilstandsund Bürgerrechdienst des Kantons Bern (ZBD) die Erteilung einer Bewilligung zur Einsicht in die Zivilstandsregister, welche gleich lauten solle wie die vom Kanton Aargau erteilte Bewilligung. Der Kanton Aargau hatte dem Appellanten mit verschiedenen Auflagen die Bewilligung erteilt, Angaben über verstorbene Personen bei den aargauischen Zivilstandsämtern zu erheben und verfügt, dass über lebende Personen nur insoweit Auskunft erteilt werde, als dies zur Kontaktaufnahme erforderlich sei. Der ZBD bewilligte dem Appellanten mit gewissen Auflagen die Einsichtnahme in die bernischen Zivilstandsregister ab Beginn der Registerführung bis ca. 1900 und erhob neben den Gebühren für die erteilte Bewilligung von Fr. 120.00 auch Gebühren für die zuvor verfügte provisorische Bewilligung in der Höhe von Fr. 300.00. Die erteilte Bewilligung ist gültig bis am 30. April 2009. Gegen die Verfügung des ZBD erhob der Appellant Beschwerde an die Polizeiund Militärdirektion des Kantons Bern (POM). Die POM hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 26. März 2009 teilweise gut und hob die Verfügung des ZBD insoweit auf als für die verfügte provisorische Bewilligung eine Fr. 230.00 übersteigende Gebühr erhoben wurde. Soweit weitergehend wies die POM die Beschwerde ab. Mit Eingabe vom 17. April 2009 erhob der Appellant gegen den Entscheid der POM Beschwerde.
Auszug aus den Erwägungen:
I.
( )
6. Gemäss Art. 10 Abs. 2 EG ZGB (Fassung vom 10. April 2008, in Kraft seit 1. Januar 2009) beurteilt der Appellationshof des Obergerichts im Weiterziehungsverfahren als letzte kantonale Instanz Angelegenheiten nach Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG, soweit das Gesetz sie nicht einer anderen Behörde zuweist. Nach Art. 77 lit. f VRPG (in Kraft seit 1. Januar 2009) ist das Verwaltungsgericht für Angelegenheiten nach Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG nicht mehr zuständig. Unter Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG fallen namentlich Entscheide über die Führung des Grundbuchs, des Zivilstandsund des Handelsregisters sowie der Register für Marken, Muster und Modelle, Erfindungspatente, Pflanzensorten und Topografien (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG). Beschwerdeentscheide der Polizeiund Militärdirektion betreffend Zivilstandsdienstsachen können gemäss Art. 17 Abs. 4 EG ZGB (in Kraft seit 1. Januar 2009) binnen 30 Tagen an den Appellationshof des Obergerichts weitergezogen werden.
Hängige Verwaltungsund Verwaltungsbeschwerdeverfahren werden von der nach bisherigem Recht zuständigen Behörde zu Ende geführt. Das die weiteren Rechtsmittel und die Zulässigkeit eines an eine verwaltungsunabhängige Justizbehörde gerichteten Rechtsmittels beurteilen sich gemäss Ziffer 1 der Übergangsbestimmungen zum VRPG indessen nach neuem Recht. Dementsprechend ist das neue Recht, mithin auch die am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Bestimmungen des EG ZGB, für das Rechtsmittel gegen den angefochtenen Entscheid massgebend. Damit ist der Appellationshof für die Beurteilung der Weiterziehung zuständig.
Das Weiterziehungsverfahren richtet sich - unter Vorbehalt einiger Besonderheiten, die sich aus dem EG ZGB ergeben grundsätzlich nach der ZPO und wird als Appellation im ordentlichen Verfahren behandelt, welcher die aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. Art. 10 Abs. 1 EG ZGB sowie Kreisschreiben Nr. 23 der Zivilabteilung des Obergerichts des Kantons Bern vom 25. November 2005, Art. 336a Abs. 1 ZPO e contrario). Analog Art. 23a EG ZGB ist das Weiterziehungsverfahren schriftlich.
Die eingereichte Beschwerde wird als Weiterziehung entgegengenommen.
Auf die formund fristgerecht eingereichte Weiterziehung ist einzutreten.
7. ( )
II.
( .)
III.
1. Voraussetzungen der Bekanntgabe
Gemäss Art. 43a Abs. 1 ZGB (in Kraft seit 1. Juli 2004) sorgt der Bundesrat auf dem Gebiet der Beurkundung des Personenstandes für den Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte der Personen, über die Daten bearbeitet werden. Er regelt die Bekanntgabe von Daten an Private, die ein unmittelbares schutzwürdiges Interesse nachweisen können (Art. 43a Abs. 2 ZGB). Privaten, die ein unmittelbares und schutzwürdiges Interesse nachweisen, werden Personenstandsdaten gemäss Art. 59 ZStV bekannt gegeben, wenn die Beschaffung bei den direkt betroffenen Personen nicht möglich offensichtlich nicht zumutbar ist. Sodann bewilligt die Aufsichtsbehörde mithin seit dem 1. Januar 2009 die Polizeiund Militärdirektion des Kantons Bern (Art. 17 Abs. 3 EG ZGB) - nach Art. 60 ZStV (in der Fassung vom 28. April 2004) die Bekanntgabe von Personendaten an Forschende, sofern die Beschaffung der Daten bei den direkt betroffenen Personen nicht möglich offensichtlich nicht zumutbar ist, zum Zweck der wissenschaftlichen, nicht personenbezogenen Forschung (lit. a) und zum Zweck der personenbezogenen Forschung, namentlich der Familienforschung (lit. b). Dementsprechend ist die Bekanntgabe von Personendaten an Forschende durch die Aufsichtsbehörde (und nicht etwa durch das Zivilstandsamt) zu bewilligen, wenn die Beschaffung von Daten bei den direkt Betroffenen nicht möglich offensichtlich nicht zumutbar ist. Es handelt sich dabei nicht um eine Kann-Vorschrift, doch gilt das Subsidiaritätsprinzip (BGE 5A.13/2001; Heussler in Basler Kommentar Zivilgesetzbuch I, Honsell/Vogt/Geiser [Hrsg.], 3. Auflage, Basel/Genf/München 2000, N 2 zu Art. 43a ZGB). Die Begriffe der Unzumutbarkeit und der Unmöglichkeit sind unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Konkretisierung der Aufsichtsbehörde bzw. dem Appellationshof obliegt. Bei der Prüfung der Unzumutbarkeit hat sodann eine Abwägung der Interessen der Betroffenen an der Geheimhaltung und der Interessen des Gesuchstellers zu erfolgen.
Art. 60 ZStV enthält keine Regelung des sachlichen und zeitlichen Umfangs der Bewilligung, doch betrifft er sowohl die Einsicht in die bisherigen Register, die bis 31. Dezember 2004 geschlossen wurden, als auch die Einsicht in das am 1. Juli 2004 in Betrieb genommene elektronische vom Bund geführte Zentralregister „Infostar“ (Art. 92 Abs. 1 ZStV). Die Bestimmung des sachlichen und zeitlichen Umfangs einer Bewilligung liegt damit im Ermessen der Aufsichtsbehörde. Dabei hat sich die Bewilligungsbehörde vom Gewicht des durch die Bewilligungspflicht ausgewiesenen öffentlichen Interesses leiten zu lassen (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 3. Dezember 2007, Verfahren 22876U). Das Datenschutzgesetz ist zwar auf öffentliche Register des Privatverkehrs nicht anwendbar (Art. 2 Abs. 2 lit. d DSG), doch sind dessen allgemeine Grundsätze gleichwohl zu beachten (BGE 5A.13/2001). Registrierte Daten dürfen damit nur insoweit eingesehen werden, als die Persönlichkeit und die Grundrechte der eingetragenen Personen und ihrer Angehörigen gewahrt sind (BGE 5A.13/2001). Auch die Frage der Befristung ist mit Blick auf die Schutzbedürftigkeit sowie in Beachtung der datenschutzrechtlichen Grundsätze zu beantworten (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 3. Dezember 2007, Verfahren 22876U). Im Falle der Bekanntgabe von Personendaten erlässt die Behörde zum Schutz der eingetragenen Personen und deren Angehörigen sodann datenschutzrechtliche Auflagen, welche entsprechend den konkreten Erfordernissen zu ergänzen sind (BGE 5A.13/2001).
Die Aufsichtsbehörde kann ausnahmsweise die Einsichtnahme in Zivilstandsregister schriftlich bewilligen, wenn eine Bekanntgabe in der Form von Art. 47 ZStV offensichtlich nicht zumutbar ist. Sie erlässt dabei die nötigen Auflagen zur Sicherung des Datenschutzes (Art. 92 Abs. 3 ZStV).
Erfolgt die Einsichtnahme ins Zivilstandsregister zum Zwecke der Erforschung der eigenen Familie, so besteht eine erhöhte Gefahr des Datenmissbrauchs (vgl. Oliver Waespi, Merkblatt aus der Praxis des EAZW; Personenbezogene Forschung und Datenschutz, Ziff. 3.2.1, ZZW 2000/5, S. 142 ff.; unter www.ejpd.admin.ch). Nach der zutreffenden Auffassung von Oliver Waespi kann Forschern, die ihre eigene Familie erforschen wollen, deshalb keine Dauerbewilligung, sondern nur eine Einzelbewilligung, erteilt werden (vgl. Oliver Waespi, Merkblatt aus der Praxis des EAZW; Personenbezogene Forschung und Datenschutz, Ziff. 3.2.3, ZZW 2000/5, S. 142 ff.; unter www.ejpd.admin.ch).
Nach Art. 31 Abs. 1 ZGB endet die Persönlichkeit mit dem Tod. Ein postmortaler Persönlichkeitsschutz wird in der schweizerischen Lehre im Allgemeinen abgelehnt (BGE 127 I 161 mit Verweisen auf BGE 109 II 353 und 127 I 115, BGE 104 II 235). Da die Beschaffung von Daten bei verstorbenen Personen nicht möglich ist, hat die Aufsichtsbehörde die Bekanntgabe der Personendaten der Verstorbenen an Forschende zum Zweck der wissenschaftlichen, nicht personenbezogenen bzw. zum Weck der personenbezogenen Forschung, namentlich der Familienforschung zu bewilligen. Dies hat aber nicht notwendigerweise in Form einer Dauerbewilligung zu erfolgen (vgl. BGE 5A.13/2001). Es kann auch eine Einzelbewilligung erteilt werden. Bei verstorbenen Personen gilt es sodann die Interessen von nahen Angehörigen zu berücksichtigen, die sich auf ihre eigenen Persönlichkeitsrechte sowie auf ihre Pietätsgefühle und die innere Verbundenheit mit den Verstorbenen berufen können (BGE 127 I 162; 104 I 236). Den Interessen der Angehörigen ist mit entsprechenden Auflagen Rechnung zu tragen.
2. ( )
3. Recht auf Bekanntgabe von Personendaten
3.1 Qualifikation des Forschenden
Da der Appellant, welcher ein Büro für Genealogie ( ) führt, im Kanton Bern bereits mehrfach eine Bewilligung zur Einsichtnahme in die Bürgerregister der bernischen Gemeinden bis ca. 1900 zum Zweck der genealogischen Forschung erhalten hat ( ) und zudem ( ) insbesondere ein Buch über die Genealogie der Familie ( ) geschrieben hat ( ), ist die erste Voraussetzung für die Bewilligungserteilung, nämlich die fachliche Qualifikation des Appellanten als Forscher zu bejahen.
3.2 Unmöglichkeit, Unzumutbarkeit
3.2.1 Die Prüfung der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit der Beschaffung der Daten bei den direkt betroffenen Personen hat gemäss Art. 60 ZStV durch die Aufsichtsbehörde zu erfolgen. Eine Delegation der Prüfung der Zumutbarkeit und Unmöglichkeit an das zuständige Zivilstandsamt ist bundesrechtlich nicht vorgesehen, weshalb sie ausgeschlossen ist. Gemäss der vom Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau erteilten Bewilligung vom 8. Juni 2006 ist dem Appellanten über lebende Personen im Kanton Aargau nur insoweit Auskunft zu erteilen, als dies zur Kontaktaufnahme mit den lebenden Personen nötig ist ( ). Die Verfügung führt jedoch nicht näher aus, welche Personendaten zur Kontaktaufnahme notwendigerweise bekannt gegeben werden müssen. Indem das Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau die Entscheidung über den Umfang der bekannt zu gebenden Daten über lebende Personen implizit ins Ermessen des Zivilstandsamtes legt, delegiert es die der Aufsichtsbehörde zustehende Befugnis zur Bekanntgabe von Personendaten widerrechtlich, da wie erwähnt eine Delegationsnorm fehlt. Immerhin ist aus der aargauischen Verfügung, die nicht begründet ist, wohl implizit zu entnehmen, dass die Beschaffung von Personendaten zur Kontaktaufnahme mit lebenden Personen als unmöglich bzw. unzumutbar angesehen wurde.
Die aargauische Verfügung, die wie erwähnt ohnehin eine unzulässige Delegation beinhaltet, ist für die bernischen Behörden und insbesondere für den Appellationshof nicht bindend. Dasselbe gilt für Bewilligungen aus anderen Kantonen. Der Appellationshof ist einzig an die gesetzlichen Grundlagen gebunden. Damit wird die Rechtssicherheit in keiner Weise beeinträchtigt.
Die Prüfung der Unmöglichkeit und der Unzumutbarkeit der Beschaffung von Personendaten bei den direkt betroffenen Personen obliegt der Aufsichtsbehörde und nicht etwa dem Zivilstandsamt. Der Appellant hat den Nachweis zu erbringen, dass die Beschaffung der Personendaten bei den direkt betroffenen Personen weder zumutbar noch möglich ist. Im vorliegenden Verfahren herrscht keine Untersuchungsmaxime, weshalb der Appellant die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen hat und insbesondere nicht von Amtes wegen dazu aufgefordert wird, irgendwelche Beweismittel nachzureichen.
3.2.2 Verstorbene
Die Zivilstandsverordnung befasst sich nicht explizit mit der Bekanntgabe von Personenstandsdaten von Verstorbenen. Da Verstorbene wie erwähnt keinen Persönlichkeitsschutz geniessen und die Beschaffung der Daten direkt bei den Verstorbenen nicht möglich ist, ist es ohne weiteres zulässig, Berufsgenealogen, welche regelmässig im Auftrag Dritter (und damit nicht über ihre eigene Familie) Familienforschung betreiben und deren fachliche Qualifikation nachweislich besteht, eine Bewilligung für die Einsicht in Zivilstandsregister betreffend verstorbenen Personen zu erteilen.
Wie der Appellant zutreffend ausführt, hat es die Vorinstanz unterlassen, genau auszuführen, weshalb die Bewilligung sich nur auf die Zeit vor ca. 1900 bezieht. Die Verletzung der Begründungspflicht kann jedoch vom Appellationshof, der über eine volle Kognition verfügt, geheilt werden.
Bei den Registereinträgen vor 1900 handelt es sich mit grosser Wahrscheinlichkeit ausschliesslich um Daten verstorbener Personen. Dementsprechend ist dem Appellanten in Bezug auf diese Daten der verstorbenen Personen ohne weiteres eine Dauerbewilligung zu erteilen. Diese Dauerbewilligung ist mit präzisen, datenschutzrechtlichen Auflagen zu verbinden und entbindet den Forscher nicht von der Pflicht, bei jeder Konsultation der Zivilstandsregister seine Identität nachzuweisen und eine Vollmacht der Auftraggeber sowie die kantonale Bewilligung vorzuweisen. Eine zeitliche Befristung der Bewilligung drängt sich sodann auf (vgl. hierzu Oliver Waespi, Merkblatt aus der Praxis des EAZW; Personenbezogene Forschung und Datenschutz, Ziff. 3.2.3, ZZW 2000/5, S. 142 ff.; unter www.ejpd.admin.ch). Dementsprechend ist die Dauerbewilligung für die Einsicht in Registereinträge bis 1900 (wie in der Verfügung des ZBD enthalten) mit der Auflage zu versehen, dass die Forschenden Stillschweigen zu bewahren haben in Bezug auf Wahrnehmungen bei der Registereinsicht, die der Öffentlichkeit nicht bekannt sind und an deren Geheimhaltung Beteiligte Angehörige ein Interesse haben könnten. Die Bewilligung ist wie beantragt auf ein Jahr zu befristen.
Der Umfang der erteilten Bewilligung darf entgegen der Auffassung des Appellanten geringer sein als der beantragte Umfang. Mit ( ) Schreiben vom 3. April 2008 beantragte der Appellant die Erteilung einer Bewilligung ( ), die gleichlautend wie diejenige des Kantons Aargau sein solle, und zwar mit der längst möglichen Gültigkeitsdauer ( ). ( ) Damit beantragte der Appellant die Erteilung einer Bewilligung zur Auskunft über Personendaten von verstorbenen Personen sowie beschränkt auf die für die Kontaktaufnahme nötigen Daten auch in Bezug auf lebende Personen. Der Zivilstandsund Bürgerrechtsdienst des Kantons Bern (ZBD) hat dem Appellanten entgegen dessen Auffassung nicht eine völlig andere als die beantragte Bewilligung erteilt, sondern der beantragten Bewilligung nicht in vollem Umfange entsprochen und diese (gleich wie die bisher vom ZBD an den Appellanten ausgestellten Bewilligungen) auf die Zeit bis ca. 1900 beschränkt. Es ist einzig festzuhalten, dass der ZBD unter diesen Umständen nicht von einer Gutheissung des Gesuchs hätte sprechen dürfen und ihre Verfügung hätte begründen müssen. Die Vorinstanz heilte die fehlende Begründung des ZBD, indem sie vom Appellanten eine Stellungnahme zur Vernehmlassung ( ) sowie zur Duplik (...) einholte. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden, weshalb die durch den ZBD begangene Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz geheilt wurde. Indem die Vorinstanz sich zur fehlenden Begründung in der Bewilligung des ZBD und der Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs geäussert und die Beschwerde soweit weitergehend abgewiesen hat, hat sie sich mit dem Eventualantrag des Appellanten, wonach die beantragte Bewilligung eventualiter mit einer rechtsmittelfähigen Begründung abzulehnen sei ( ), sehr wohl auseinandergesetzt.
In Bezug auf die Einsicht in Personendaten von vor mehr als 120 Jahren Verstorbenen ist zu erwähnen, dass weder Art. 92 Abs. 4 ZStV, welcher besagt, dass die Kantone dafür sorgen, dass die Zivilstandsämter im Besitz der Originale lesbaren Kopien auf Mikrofilmen elektronischen Datenträgern der seit wenigstens 120 Jahren für ihren Kreis geführten Zivilstandsregister sind, noch Art. 92 Abs. 5 ZStV, wonach die Kantone sicher stellen müssen, dass die Originale der Zivilstandsregister, die nicht mehr im Besitz der Zivilstandsämter sind, bis mindestens auf das Jahr 1850 zurück an einem geeigneten Ort sicher aufbewahrt werden und Interessierte schonend darin Einsicht nehmen können, dem Forschenden ein Recht auf Einsichtnahme in über 120 Jahre alte Register bei den Zivilstandsämtern einräumen. Die beiden Bestimmungen sind so auszulegen, dass der Kanton dafür zu sorgen hat, dass Register, die nicht mehr im Besitz der Zivilstandsämter sind, sicher aufbewahrt werden. Diese Aufbewahrung durch den Kanton erfolgt im Staatsarchiv. Nur in die im Staatsarchiv vorhandenen Unterlagen haben Forscher und weitere Interessierte Einsicht, ohne dass eine Bewilligung erforderlich wäre (vgl. auch Merkblatt zur Bekanntgabe von Personenstandsdaten aus den Zivilstandsregistern/Auskünfte im Zusammenhang mit Familienforschung des Zivilstandsund Bürgerrechtsdienstes des Kantons Bern; unter wwwin.pom.be.ch). Soweit Zivilstandsämter im Besitz von über 120 Jahre alten Registern sind, ist für die Einsichtnahme eine Bewilligung der Aufsichtsbehörde erforderlich, welche wie erwähnt zu erteilen ist, da die Beschaffung der Personendaten bei vor über 120 Jahren Verstorbenen unmöglich ist.
Für die Einsicht in Daten von nach dem Jahr 1900 Verstorbenen kann keine generelle Bewilligung erteilt werden, da in den fraglichen Registern auch Daten von lebenden Personen enthalten sind, deren Persönlichkeit zu schützen ist. Zwar ist die Datenerhebung bei den direkt Betroffenen bei nach dem Jahr 1900 Verstorbenen ebenfalls nicht mehr möglich, doch kann dem Appellanten zugemutet werden, für diese Fälle um Einzelbewilligungen nachzusuchen. Der dadurch allenfalls entstehende Mehraufwand für den Appellanten erscheint angesichts der im Zivilstandsregister enthaltenen sensiblen Daten nicht unverhältnismässig (BGE 5A.13/2001). Dementsprechend fällt die Erteilung einer Dauerbewilligung für Daten von nach dem Jahr 1900 verstorbenen Personen ausser Betracht und das Gesuch ist insoweit abzuweisen.
3.2.3 Lebende Personen
In Bezug auf lebende Personen ist der Nachweis der Unmöglichkeit bzw. offensichtlichen Unzumutbarkeit der Beschaffung der Daten bei den direkt betroffenen Personen erforderlich. Die Begriffe der Unmöglichkeit und der offensichtlichen Unzumutbarkeit sind unbestimmte Gesetzesbegriffe, deren Konkretisierung im Ermessen der Bewilligungsbehörde bzw. des Appellationshofes liegt. Je nach Art der auf dem Spiel stehenden Interessen können wie die Vorinstanz zutreffend feststellt höhere tiefere Anforderungen an den Nachweis der Unzumutbarkeit der selbständigen Datenbeschaffung gestellt werden. Entgegen der Auffassung des Appellanten bedeutet Subsidiarität nicht, dass das Zivilstandsamt den Namen und den Vornamen, die dem Zivilstandsamt eventuell bekannte letzte Adresse Telefonnummer e-mail-Adresse, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnort zum Zeitpunkt der Geburt den Namen der Ehepartner bekannt geben muss. Eine derartige Auskunftserteilung ist mit einer Einsicht in die Zivilstandsregister vergleichbar, weshalb auch hierfür die Voraussetzungen der Unzumutbarkeit und Unmöglichkeit erfüllt sein müssen. Festzuhalten ist sodann, dass im Zivilstandsregister ohnehin weder Angaben über Telefonnummern noch e-mail-Adressen enthalten sind (vgl. Art. 8 ZStV), womit eine diesbezügliche Auskunftserteilung von Vornherein ausser Betracht fällt. Rudimentäre Angaben über die Identität von betroffenen Personen können im Allgemeinen auch anderweitig beschafft werden. Immerhin ist festzuhalten, dass die meisten in der Schweiz lebenden Personen mit Hilfe des Telefonbuchs, welches im Internet verfügbar ist, rasch gefunden werden können und im Internet noch weitere Informationen zur Person ohne grossen Aufwand erhältlich gemacht werden können.
Zur Begründung der Unzumutbarkeit weist der Appellant darauf hin, dass das Gericht sich selbst ein Bild davon machen könne, wann die Beschaffung von Daten bei den betroffenen Personen offensichtlich nicht zumutbar sei. Es ist indessen nicht gerichtsnotorisch, wann die Beschaffung von Daten bei den betroffenen (lebenden) Personen offensichtlich nicht zumutbar ist. In allgemeiner Form kann die Frage der Zumutbarkeit gar nicht beantwortet werden, denn gewisse Personen Familien dürften (insbesondere mit Hilfe des Internets durch Kontakte mit Angehörigen) leichter ausfindig zu machen sein als andere. Von einer generellen Unzumutbarkeit der Datenbeschaffung bei den betroffenen lebenden Personen kann daher wie die Vorinstanz zutreffend festhält keine Rede sein.
Der Appellant legt sodann nicht dar, wofür er die neuerliche Bewilligung genau benötigt. Er bringt lediglich vor, sie sei zu genealogischen Forschungszwecken zu erteilen. Dass ein konkreter Auftrag bestehen er an einem neuen Buch einer wissenschaftlichen Arbeit arbeiten würde, welche eine Auskunftserteilung ohne Beschränkung auf bestimmte Familien rechtfertigen würde, wird nicht vorgebracht. Der Appellant erwähnt einzig einige Forschungsprojekte betreffend Familie Z( ). Diese Personen sind lange vor 1900 verstorben, weshalb eine Familienforschung mit der erteilten Bewilligung bis 1900 problemlos möglich ist. Dass Auskünfte auch über nach dem Jahr 1900 lebende Nachkommen nötig wären, wird nicht vorgebracht. Zu beachten ist aber, dass eine Bewilligung für die Einsichtnahme von Personendaten von lebenden Personen auch von nach 1900 verstorbenen Personen erteilt werden kann, sofern ein konkretes Forschungsprojekt die Einsichtnahme in diese Daten erfordert und es unzumutbar bzw. unmöglich ist, diese Daten bei den direkt betroffenen Personen zu beschaffen.
Es obliegt dem Appellanten zu beweisen, dass die Beschaffung der Personendaten bei den direkt betroffenen Personen nicht möglich offensichtlich nicht zumutbar ist. Forschende geniessen diesbezüglich gegenüber Privaten keine Vorzugsbehandlung (vgl. Art. 59 und Art. 60 ZStV). Das Subsidiaritätsprinzip ist insbesondere auch im Falle von (selbständigen unselbständigen) Forschungsprojekten zu wahren. Da wie erwähnt nicht von einer generellen Unzumutbarkeit gesprochen werden kann und auch eine Unzumutbarkeit Unmöglichkeit in konkreten Einzelfällen nicht geltend gemacht geschweige denn belegt wurde, ist das Vorliegen einer Unzumutbarkeit auch Unmöglichkeit der Datenbeschaffung bei lebenden Personen zu verneinen und die Persönlichkeit der lebenden Personen zu schützen. Dementsprechend ist die Voraussetzung für die Bekanntgabe von Personendaten an Forschende und damit auch eine Voraussetzung für die Erteilung einer Dauerbewilligung nicht gegeben.
Dem Appellanten steht es frei, für jeden Auftrag betreffend Daten über lebende Personen um eine Einzelbewilligung nachzusuchen. Diese Einzelbewilligung ist zu erteilen, sofern im konkreten Einzelfall die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Datenbeschaffung bei lebenden Personen nachgewiesen ist. Eine Unzumutbarkeit ist bei einem umfangreichen Forschungsauftrag eher zu bejahen als bei einer kleineren Erbennachforschung. Dementsprechend spielt der Forschungsauftrag bei der Güterabwägung im Rahmen der Frage der Zumutbarkeit der Datenbeschaffung der Personendaten bei den direkt betroffenen Personen sehr wohl eine Rolle. Diesen Forschungsauftrag zu umschreiben, stellt keinen unverhältnismässigen Aufwand für den Forscher dar, sollte er doch in der Lage sein, mit wenigen Zeilen zu begründen, worum es bei seinem Forschungsauftrag geht. Der Zweck der Forschung ist im Übrigen gemäss Art. 60 ZStV auch massgebend für die Frage, ob eine Bewilligung überhaupt erteilt werden kann, denn diese kann nur erteilt werden, wenn entweder eine wissenschaftliche aber eine personenbezogene Forschung vorliegt. Entgegen der Auffassung des Appellanten verursacht die Einholung einer Einzelbewilligung nicht einen unverhältnismässigen Aufwand (vgl. BGE 5A.13/2001), denn es ist durchaus möglich, eine Einzelbewilligung für die Erforschung einer bestimmten Familie ( ) zu erteilen. Es müssten beispielsweise nicht 150 Einzelbewilligungen für 150 Nachkommen eingeholt werden. Die Einholung von Einzelbewilligungen in Bezug auf Daten von lebenden Personen kann dem Appellanten sodann zugemutet werden. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung behindert die Einholung von Einzelbewilligungen die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit als Berufsgenealoge nicht unverhältnismässig (BGE 5A.13/2001), weshalb eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) zu verneinen ist.
4. Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es unmöglich ist, Daten von vor 1900 verstorbenen Personen bei diesen direkt zu beschaffen. Dementsprechend hat der Appellant Anspruch auf die Erteilung einer Dauerbewilligung für die Bekanntgabe von Personendaten von vor 1900 verstorbenen Personen. Da die Registereinträge von nach 1900 verstorbenen Personen auch Angaben über noch lebende Personen enthalten, hat der Appellant keinen Anspruch auf Erteilung einer Dauerbewilligung, sondern es kann ihm zugemutet werden, jeweils um eine Einzelbewilligung nachzusuchen. In Bezug auf lebende Personen liegt keine generelle Unzumutbarkeit Unmöglichkeit der Datenbeschaffung bei den direkt betroffenen Personen vor, weshalb keine Dauerbewilligung erteilt werden kann. Es ist jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Unzumutbarkeit bzw. Unmöglichkeit der Datenbeschaffung bei den direkt betroffenen Personen zu bejahen ist. Die Einholung von Einzelbewilligungen für Register nach 1900 behindert die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Genealogen nicht unverhältnismässig. Der angefochtene Entscheid ist daher zu bestätigen und die Verfügung des ZBD ( ) nur insoweit aufzuheben als in deren Ziffer 5.2 eine Fr. 230.00 übersteigende Gebühr erhoben wird. Soweit weitergehend ist die Beschwerde gegen die erwähnte Verfügung abzuweisen.
Hinweis:
Der Entscheid ist nicht rechtskräftig.