SK 2021 78 - Falsche Anschuldigung, Diebstahl, Hausfriedensbruch etc.
Obergericht
des Kantons Bern
1. Strafkammer
Cour suprême
du canton de Berne
1re Chambre pénale
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Urteil
SK 21 78
Bern, 28. Januar 2022
Besetzung Oberrichter Zbinden (Präsident i.V.), Oberrichter Horisberger, Oberrichterin Hubschmid Volz
Gerichtsschreiberin Susedka
Verfahrensbeteiligte A.__
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt B.__
privat verteidigt durch Rechtsanwalt C.__
Beschuldigter/Berufungsführer
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern
Anschlussberufungsführerin
Gegenstand Falsche Anschuldigung, Diebstahl, Hausfriedensbruch etc.
Berufung gegen das Urteil des Regionalgerichts Berner Jura-Seeland (Einzelgericht) vom 9. September 2020 (PEN 20 160)
Erwägungen:
I. Formelles
1. Erstinstanzliches Urteil
Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland, Einzelgericht (nachfolgend: Vorinstanz), fällte am 9. September 2020 folgendes Urteil (pag. 502 ff.; Hervorhebungen im Original):
I.
A.__ wird schuldig erklärt:
1. des Diebstahls, begangen in der Nacht vom 30.07.2018, ca. 21:30 Uhr, bis am 31.07.2018, ca. 09:50 Uhr, in D.__, E.__, F.__ AH.__, z.N. von G.__, Geschäftsführerin der F.__ AH.__ (Deliktsumme ca. CHF 3'439.00, Ziff. 1 der Anklageschrift);
2. des Hausfriedensbruchs, begangen in der Nacht vom 30.07.2018, ca. 21:30 Uhr, bis am 31.07.2018, ca. 09:50 Uhr, in D.__, E.__, F.__ AH.__, z.N. von G.__, Geschäftsführerin der F.__ AH.__ (Ziff. 2 der Anklageschrift);
3. der Sachbeschädigung, mehrfach begangen
3.1. in der Nacht vom 30.07.2018, ca. 21:30 Uhr, bis am 31.07.2018, ca. 09:50 Uhr, in D.__, E.__, F.__ AH.__, z.N. von G.__, Geschäftsführerin der F.__ AH.__ (Sachschaden: ca. CHF 798.00, Ziff. 3.1 der Anklageschrift);
3.2. am 26.10.2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. des J.__, vertreten durch K.__ (Sachschaden in unbekannter Höhe, Ziff. 3.2 der Anklageschrift);
4. der Drohung, begangen am 26.10.2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. von L.__ (Ziff. 4 der Anklageschrift);
5. der Beschimpfung, mehrfach begangen
5.1. am 26.10.2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. von L.__ (Ziff. 5.1 der Anklageschrift);
5.2. am 26.10.2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. von M.__ (Ziff. 5.2 der Anklageschrift);
6. der falschen Anschuldigung, mehrfach begangen am 25.03.2019 zwischen ca. 09:00 Uhr und 09:53 Uhr auf der Polizeiwache in N.__, z.N. von O.__ (Ziff. 6 der Anklageschrift);
7. der Hinderung einer Amtshandlung, begangen am 12.04.2019, ca. 04:00 Uhr, in P.__ an der Q.__ und anderswo (Ziff. 7 der Anklageschrift);
8. der Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz, mehrfach begangen
8.1. aufgrund grober Verletzung der Verkehrsregeln durch das Überschreiten der gesetzlichen Höchstgeschwindigkeit, begangen
8.1.1 am 10.07.2018, um 23:17 Uhr, in R.__, auf der S.__, Fahrtrichtung T.__ (Ziff. 8.1.1 der Anklageschrift);
8.1.2 am 14.07.2018, um 03:17 Uhr, in U.__, auf der Autobahn A5, Fahrtrichtung V.__ (Ziff. 8.1.2 der Anklageschrift);
8.2. aufgrund des Fahrens ohne Berechtigung, begangen am 10.07.2018, um 23:17 Uhr, in R.__, auf der S.__, Fahrtrichtung T.__ (Ziff. 8.2 der Anklageschrift);
8.3. aufgrund der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln, mehrfach begangen am 12.04.2019, um ca. 04:00 Uhr, in P.__, im Bereich W.__ / X.__ / Y.__ / Z.__ und anderswo (Ziff. 8.4 der Anklageschrift)
8.3.1 indem der Beschuldigte nachts mit einem Fahrrad ohne Licht auf einer Strasse fuhr;
8.3.2 indem der Beschuldigte unerlaubt ein Trottoir mit dem Fahrrad befuhr;
8.3.3 indem der Beschuldigte während der Fahrt mit einem Fahrrad mehrfach Richtungsänderungen vornahm, ohne diese mittels Handzeichen anzuzeigen
und in Anwendung der
Art. 139 Ziff. 1, 144 Abs. 1, 177 Abs. 1, 180 Abs.1, 186, 286, 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
Art. 15 Abs. 1, 32 Abs. 2, 39 Abs. 1, 41 Abs. 1, 43 Abs. 2, 90 Abs. 1 und 2, 95 Abs. 1 lit. d SVG
Art. 4a Abs. 1, 28 Abs. 1, 30 Abs. 1, 41 Abs. 2 VRV
Art. 34 f., 40, 42 Abs. 1 und 4, 44, 47, 49 Abs. 1 und 2, 66 Abs. 1 lit. d, 106 StGB
Art. 426 ff. StPO
verurteilt:
1. Zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt.
2. Zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu CHF 10.00, ausmachend total CHF 250.00, als Zusatzstrafe zum Urteil der Regionalen Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 02.06.2020.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt.
3. Zu einer Verbindungsbusse von CHF 350.00. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung wird auf 35 Tage festgesetzt.
4. Zu einer Übertretungsbusse von CHF 100.00. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung wird auf einen Tag.
5. Zu einer Landesverweisung von 5 Jahren.
6. Zu den gesamten Verfahrenskosten, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 8'475.00 und Auslagen (inkl. Kosten für die amtliche Verteidigung) von CHF 5'269.75, insgesamt bestimmt auf CHF 13'744.75 (ohne Kosten für die amtliche Verteidigung auf CHF 8'545.00).
Wird keine schriftliche Begründung verlangt, reduziert sich die Gebühr um CHF 600.00. Die reduzierten Verfahrenskosten betragen damit CHF 13'144.75 (ohne Kosten für die amtliche Verteidigung CHF 7'945.00).
II.
Die amtliche Entschädigung und das volle Honorar für die amtliche Verteidigung von A.__ durch Rechtsanwalt B.__ werden wie folgt bestimmt:
Der Kanton Bern entschädigt Rechtsanwalt B.__ für die amtliche Verteidigung von A.__ mit CHF 5'199.75.
A.__ hat dem Kanton Bern die ausgerichtete amtliche Entschädigung zurückzuzahlen und Rechtsanwalt B.__ die Differenz von CHF 1'211.65 zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
III.
Betreffend Zivilpunkt wird in Anwendung von Art. 41 OR sowie Art. 126 und 432 ff. StPO erkannt:
1. Die Zivilklage der Zivilklägerin J.__ v.d. K.__ wird dem Grundsatz nach gutgeheissen und für die vollständige Beurteilung der Forderung auf den Zivilweg verwiesen.
2. Für die Beurteilung der Zivilklage werden keine Kosten ausgeschieden.
IV.
Weiter wird verfügt:
1. Die Zustimmung zur Löschung des erstellten DNA-Profils (PCN-Nr. AA.__) nach Ablauf der Frist wird dem zuständigen Bundesamt erteilt (Art. 16 Abs. 4 DNA-ProfilG).
2. Die Zustimmung zur Löschung der erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten (PCN-Nr. AB.__) durch die auftraggebende Behörde wird nach Ablauf der Frist erteilt (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
3. Es wird die Ausschreibung der Landesverweisung (Einreise- und Aufenthaltsverweigerung) im Schengener Informationssystem angeordnet.
[Eröffnungsformel und Rechtsmittelbelehrung]
Ziff. I.3. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs wurde im Rahmen der erstinstanzlichen Urteilsbegründung vom 9. September 2020 von der Vorinstanz dahingehend berichtigt, dass die Ersatzfreiheitsstrafe für die Verbindungsbusse von CHF 350.00 nicht 35 Tage, sondern fünf Tagessätze betrage (pag. 599; S. 70 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
2. Berufung
Gegen dieses Urteil meldete A.__ (nachfolgend: Beschuldigter), amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt B.__, mit Schreiben vom 17. September 2020 fristgerecht die Berufung an (pag. 512). Die schriftliche Urteilsbegründung datiert vom 15. Februar 2021 (pag. 530 ff.). Mit Eingabe vom 3. März 2021 erklärte der Beschuldigte, nunmehr privat verteidigt durch Rechtsanwalt C.__ (vgl. pag. 518 ff.), frist- und formgerecht die Berufung (pag. 623 ff.), beschränkt auf die Schuldsprüche gemäss Ziff. I.1. (Diebstahl), Ziff. I.2. (Hausfriedensbruch), Ziff. I.3. (mehrfache Sachbeschädigung), Ziff. I.4. (Drohung), Ziff. I.6. (mehrfache falsche Anschuldigung), Ziff. I.7. (Hinderung einer Amtshandlung), Ziff. I.8. (mehrfache Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz) des erstinstanzlichen Urteils, den Sanktionenpunkt (Ziff. I.1.-5. des erstinstanzlichen Urteils; Freiheitsstrafe, Geldstrafe [Höhe], Verbindungsbusse, Übertretungsbusse, Landesverweisung), die Zivilklage (Ziff. III.1.-2. des erstinstanzlichen Urteils) sowie die sich daraus ergebenden Kosten- und Entschädigungsfolgen (Ziff. I.6. und Ziff. II. des erstinstanzlichen Urteils).
Unter Bezugnahme auf die Verfügung vom 5. März 2021 (pag. 627 f.) schloss sich die Generalstaatsanwaltschaft mit Eingabe vom 22. März 2021 (pag. 632 f.) der Berufung des Beschuldigten – beschränkt auf den Sanktionenpunkt – an und teilte mit, dass kein Nichteintreten auf die Berufung des Beschuldigten beantragt werde. Der Strafkläger und der Zivilkläger liessen sich innert Frist nicht vernehmen und wurden mit Vorladung vom 21. Juli 2021 aus dem oberinstanzlichen Verfahren entlassen. Ihnen wurde die Zustellung des Urteils nach Abschluss des Verfahrens in Aussicht gestellt (pag. 662 ff.).
Am 27./28. Januar 2022 fand vor der 1. Strafkammer die Berufungsverhandlung statt (pag. 758 ff.).
3. Oberinstanzliche Beweisergänzungen
Von Amtes wegen wurden ein Bericht des Migrationsdienstes des Kantons Bern (datierend vom 8. Dezember 2021; pag. 719) und des Staatssekretariats für Migration (datierend vom 23. Dezember 2021; pag. 725) betreffend Landesverweisung sowie ein aktueller Strafregisterauszug (datierend vom 11. Januar 2022; pag. 732 f.), ein Leumundsbericht (datierend vom 13. Januar 2022; pag. 729 ff. / pag. 754 ff.) und ein ADMAS-Auszug (datierend vom 14. Januar 2022; pag. 734 ff.) über den Beschuldigten eingeholt. Des Weiteren wurden der von Amtes wegen eingeholte Ausdruck der Internetseite AC.__ (pag. 665) sowie die Bilder der F.__ AH.__ (pag. 668 ff.) zu den Akten erkannt. Ferner wurde den Parteien durch Zustellung von Kopien Kenntnis der Telefonnotiz vom 23. Juni 2021 (pag. 681), der E-Mail-Korrespondenz vom 23. Juni 2021 / 20. Juli 2021 (pag. 666 f.) und vom 24. Januar 2022 inkl. Beilagen (pag. 743 ff.) sowie des bei der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland edierten Strafbefehls BJS 20 16105 vom 7. Dezember 2020 gegeben.
Mit Eingabe vom 12. August 2021 beantragte der Beschuldigte, es sei der Notfallbericht des Spitalzentrums AD.__ vom 12. April 2019 zu den Akten zu erkennen sowie O.__ anlässlich der Berufungsverhandlung als Auskunftsperson zu befragen (pag. 685 f.). Nachdem der Beschuldigte dem Ersuchen der Kammer, den vollständigen Notfallbericht und die aktuelle Wohnadresse von O.__ einzureichen bzw. anzugeben, mit Eingabe vom 2. September 2021 (pag. 696 ff.) nachkam und die Generalstaatsanwaltschaft mit Schreiben vom 13. September 2021 innert erstreckter Frist die Abweisung der Beweisanträge beantragte (pag. 703 ff.), wurde mit Beschluss vom 17. September 2021 antragsgemäss der Notfallbericht des Spitalzentrums zu den Akten erkannt. Der Antrag auf Befragung von O.__ wurde hingegen – ebenfalls mit Beschluss vom 17. September 2021 – abgewiesen. Auf die entsprechende Begründung wird verwiesen (pag. 706 ff.). Schliesslich wurde der Beschuldigte anlässlich der oberinstanzlichen Verhandlung zur Person und zur Sache ergänzend einvernommen (pag. 761 ff.) und antragsgemäss das von der Verteidigung eingereichte Schreiben vom 7. Juni 2021 der AV.__ AD.__ (pag. 793) zu den Akten erkannt (pag. 760).
4. Anträge der Parteien
Rechtsanwalt C.__ stellte und begründete anlässlich der oberinstanzlichen Hauptverhandlung namens des Beschuldigten folgende Anträge (pag. 782; pag. 794 f.):
1. A.__ sei freizusprechen betreffend
- Diebstahl (AKS Ziff. 1)
- Hausfriedensbruch (AKS Ziff. 2)
mehrfache Sachbeschädigung (AKS Ziff. 3)
- Drohung (AKS Ziff. 4)
mehrfache falsche Anschuldigung (AKS Ziff. 6)
- Hinderung einer Amtshandlung (AKS Ziff. 7)
mehrfache Widerhandlungen gegen das SVG (AKS Ziff. 8)
2. A.__ sei schuldig zu sprechen wegen Sachbeschädigung der Fahrertüre gemäss Teilvorhalt AKS Ziff. 3.2.
3. A.__ sei wegen mehrfacher Beschimpfung (AKS Ziff. 5.) und wegen Sachbeschädigung (Fahrertüre, AKS Ziff. 3.2.) zu verurteilen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à CHF 10.00 unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges bei einer Probezeit von 2 Jahren.
4. Die Zivilforderung des J.__ sei auf den Zivilweg zu verweisen.
5. Entsprechend dem beantragten Verfahrensausgang seien die Verfahrenskosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu 9/10 und die Verfahrenskosten des zweitinstanzlichen Verfahrens vollumfänglich vom Staat zu tragen.
6. Es sei A.__ für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung für die Ausübung seiner Verteidigungsrechte gemäss eingereichter Kostennote zuzusprechen.
Generalstaatsanwalt AE.__ stellte und begründete für die Generalstaatsanwaltschaft anlässlich der Berufungsverhandlung folgende Anträge (pag. 788 f.; pag. 801 ff.):
I.
Es sei festzustellen, dass das erstinstanzliche Urteil des Regionalgerichts Berner Jura-Seeland (Einzelgericht) vom 9. September 2020 in Rechtskraft erwachsen ist hinsichtlich
1. des Schuldspruchs, wonach A.__ der Beschimpfung, mehrfach begangenen
am 26. Oktober 2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. von L.__ (Ziff. I.5.1. des angefochtenen Urteils)
am 26. Oktober 2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. von M.__ (Ziff. I.5.2. des angefochtenen Urteils)
schuldig erklärt wurde;
2. der Festlegung der amtlichen Entschädigung und des vollen Honorars für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten (Ziff. II. des angefochtenen Urteils).
II.
A.__ sei schuldig zu erklären:
1. des Diebstahls, begangen in der Nacht vom 30. Juli 2018, ca. 21:30 Uhr, bis am 31. Juli 2018, ca. 09:50 Uhr, in D.__, E.__, F.__ AH.__ z.N. G.__, Geschäftsführerin der F.__ AH.__ (Deliktsumme ca. CHF 3'439.00, Ziff. I.1. des angefochtenen Urteils)
2. des Hausfriedensbruchs, begangen in der Nacht vom 30. Juli 2018, ca. 21:30 Uhr, bis am 31. Juli 2018, ca. 09:50 Uhr, in D.__, E.__, F.__ AH.__ z.N. G.__, Geschäftsführerin der F.__ AH.__ (Ziff. I.2. des angefochtenen Urteils),
3. der Sachbeschädigung, mehrfach begangen
3.1. in der Nacht vom 30. Juli 2018, ca. 21:30 Uhr, bis am 31. Juli 2018, ca. 09:50 Uhr, in D.__, E.__, F.__ AH.__ z.N. G.__, Geschäftsführerin der F.__ AH.__ (Sachschaden: ca. CHF 798.00, Ziff. I.3.1. des angefochtenen Urteils),
3.2. am 26. Oktober 2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. des J.__, vertreten durch K.__ (Sachschaden in unbekannter Höhe, Ziff. I.3.2. des angefochtenen Urteils)
4. der Drohung, begangen am 26. Oktober 2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. von L.__ (Ziff. I.4. des angefochtenen Urteils)
5. der falschen Anschuldigung, mehrfach begangen am 25. März 2019 zwischen ca. 09:00 Uhr und 09:35 Uhr auf der Polizeiwache in N.__, z.N. von O.__ (Ziff. I.6 des angefochtenen Urteils),
6. der Hinderung einer Amtshandlung, begangen am 12. April 2019, ca. 04:00 Uhr, in P.__ an der Q.__ und anderswo (Ziff. I.7 des angefochtenen Urteils),
7. der Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz, mehrfach begangen
7.1. aufgrund grober Verletzung der Verkehrsregeln durch das Überschreiten der gesetzlichen Höchstgeschwindigkeit, begangen
7.1.1. am 10. Juli 2018, um 23:17 Uhr, in R.__, auf der S.__, Fahrtrichtung T.__ (Ziff. I.8.1.1 des angefochtenen Urteils)
7.1.2. am 14. Juli 2018, um 03:17 Uhr, in U.__, auf der Autobahn A5, Fahrtrichtung V.__ (Ziff. I.8.1.2 des angefochtenen Urteils)
7.2. aufgrund des Fahrens ohne Berechtigung, begangen am 10. Juli 2018, um 23:17 Uhr, in R.__, auf der S.__, Fahrtrichtung T.__ (Ziff. I.8.2. des angefochtenen Urteils)
7.3. aufgrund der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln, mehrfach begangen am 12. April 2019, um ca. 04:00 Uhr, in P.__, im Bereich W.__ / X.__ / Y.__ / Z.__ und anderswo (Ziff. I.8.3 des angefochtenen Urteils)
7.3.1. indem A.__ nachts mit einem Fahrrad ohne Licht auf einer Strasse fuhr;
7.3.2. indem A.__ unerlaubt ein Trottoir mit dem Fahrrad befuhr;
7.3.3. indem A.__ während der Fahrt mit einem Fahrrad mehrfach Richtungsänderungen vornahm, ohne diese mittels Handzeichen anzuzeigen
und er sei in Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen
zu verurteilen:
1. zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs für eine Teilstrafe von 7 Monaten bei einer Probezeit von 4 Jahren;
2. zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu CHF 10.00, ausmachend total CHF 250.00, als Zusatzstrafe zum Urteil der Regionalen Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020;
3. zu einer Übertretungsbusse von CHF 100.00, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhaftem Nichtbezahlen auf einen Tag festzusetzen sei;
4. zur Bezahlung der erst- und oberinstanzlichen Verfahrenskosten (inkl. eine Gebühr von CHF800.00 gemäss Art. 21 VKD).
III.
A.__ sei für die Dauer von 7 Jahren des Landes zu verweisen.
IV.
Im Weiteren sei zu verfügen:
1. Es sei die Zustimmung der Löschung der erkennungsdienstlichen Daten und des DNA-Profils zu erteilen.
2. Es sei die Ausschreibung der Landesverweisung (Einreise- und Aufenthaltsverweigerung) im Schengener Informationssystem anzuordnen.
3. Es seien die weiteren notwendigen Verfügungen von Amtes wegen zu erlassen.
5. Verfahrensgegenstand und Kognition der Kammer
Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil grundsätzlich nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 der Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO; SR 312.0]). Mit Blick auf den Umfang der Berufung (dazu Ziff. I.2. hiervor) ist vorab festzustellen, dass das Urteil der Vorinstanz vom 9. September 2020 insoweit in Rechtskraft erwachsen ist, als der Beschuldigte schuldig erklärt wurde der Beschimpfung, mehrfach begangen (Ziff. I.5.1. und I.5.2. des erstinstanzlichen Urteils).
Zu überprüfen bleiben somit die Schuldsprüche wegen Diebstahls (Ziff. I.1. des erstinstanzlichen Urteils), Hausfriedensbruchs (Ziff. I.2. des erstinstanzlichen Urteils), Sachbeschädigung, mehrfach begangen (Ziff. I.3. des erstinstanzlichen Urteils [wobei die Kammer die Anerkennung der Beschädigung an der Fahrertüre des J.__-Fahrzeuges, pag. 775, im Kontext des diesbezüglichen Gesamtvorwurfes nicht als formellen Teilrückzug der Berufung betrachtete]), Drohung (Ziff. I.4. des erstinstanzlichen Urteils), falscher Anschuldigung, mehrfach begangen (Ziff. I.6. des erstinstanzlichen Urteils), Hinderung einer Amtshandlung (Ziff. I.7. des erstinstanzlichen Urteils), Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz, mehrfach begangen (Ziff. I.8. des erstinstanzlichen Urteils), der Sanktionenpunkt (Ziff. I.1.-5. des erstinstanzlichen Urteils) inkl. Ausschreibung im Schengener Informationssystem (Ziff. IV.3. des erstinstanzlichen Urteils), die Zivilklage (Ziff. III.) sowie der gesamte Kosten- und Entschädigungspunkt (Ziff. I.6. und II. des erstinstanzlichen Urteils), wobei auf die Höhe des amtlichen Honorars für die Verteidigung des Beschuldigten in erster Instanz nur zurückzukommen ist, sofern die Vorinstanz das ihr bei der Honorarfestsetzung zustehende Ermessen in unhaltbarer Weise ausgeübt haben sollte (Urteile des Bundesgerichts 6B_349/2016 vom 13. Dezember 2016 E. 2.4.2 und 6B_769/2016 vom 11. Januar 2017 E. 2.3).
Die im Rahmen der erstinstanzlichen Urteilsbegründung erfolgte Urteilsberichtigung zu den hinter der Verbindungsbusse stehenden Tagessätzen bzw. Tagen Ersatzfreiheitsstrafe (und damit verbunden zur Tagessatzhöhe) hat als mitangefochten zu gelten.
Ferner ist praxisgemäss neu über das DNA-Profil (Ziff. IV.1. des erstinstanzlichen Urteils) und die erkennungsdienstlichen Daten (Ziff. IV.2. des erstinstanzlichen Urteils) zu verfügen.
Die Kammer verfügt bei der Überprüfung der angefochtenen – und/oder der Rechtskraft nicht zugänglichen – Punkte über volle Kognition (Art. 398 Abs. 2 StPO). Aufgrund der Anschlussberufung der Generalstaatsanwaltschaft darf der Sanktionenpunkt (Ziff. I.1.-5. des erstinstanzlichen Urteils) auch zum Nachteil des Beschuldigten abgeändert werden. Die Kammer ist dabei nicht an die Anträge der Parteien gebunden (Art. 391 Abs. 1 Bst. b StPO). Soweit weitergehend gilt das Verschlechterungsverbot (Art. 391 Abs. 2 StPO).
II. Sachverhalt und Beweiswürdigung
1. Vorbemerkungen
Die Vorinstanz hat ihre Ausführungen zum Sachverhalt und zur Beweiswürdigung in vier Sachverhaltskomplexe unterteilt (vgl. pag. 535; S. 6 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Die Kammer folgt bei den nachfolgenden Erörterungen diesem sachlogisch erscheinenden, sich an die Chronologie haltenden Aufbau.
Die Darlegungen der Vorinstanz zu den theoretischen Grundlagen der Beweiswürdigung und der Aussagenanalyse sind korrekt und vollständig, weshalb darauf – ohne Wiederholung – verwiesen werden kann (pag. 535 ff.; S. 6 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
2. Einbruchdiebstahl F.__ AH.__, D.__ vom 30./31. Juli 2018
2.1 Vorwurf gemäss Ziff. I.1. (Diebstahl), Ziff. I.2. (Hausfriedensbruch) und Ziff. I.3.1 (Sachbeschädigung) der Anklageschrift (pag. 379 f.)
Die Vorinstanz fasste den Tatvorwurf wie folgt zutreffend zusammen (pag. 538 f.; S. 9 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung):
Gemäss den betreffenden Ziffern der AKS wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er sei in der Nacht vom 30.07.2018 auf den 31.07.2018 zwischen ca. 21:30 Uhr und 09:50 Uhr gewaltsam und unrechtmässig in die F.__ AH.__ an der E.__ in D.__ eingedrungen (Ziff. 2 AKS). Aus der Lokalität habe er, in der Absicht sich unrechtmässig zu bereichern, zur Aneignung folgende Gegenstände im Gesamtwert von ca. CHF 3'439.00 weggenommen:
• Alkoholische Getränke im Gesamtwert von ca. CHF 251.00 (4 Flaschen Bacardi, 1 Flasche Gin, 1 Flasche Whiskey, 1 Flasche Vecchia Romagna Liquor, 7 Flaschen Weisswein, 8 Flaschen Roséwein)
• Zigaretten im Gesamtwert von CHF 368.00 (2 Stangen Marlboro, 2 Stangen MaryLong extra, 1 Schachtel Zigarren)
• 10 Stück Zweifel-Chips-Packungen à je 80 g im Gesamtwert von ca. CHF 20.00
• 1 Registrierkasse der Marke Sharp Typ UP-700 im Wert von ca. CHF 2'800.00
Er habe dabei in der Absicht gehandelt, sich unrechtmässig zu bereichern (Ziff. 1 AKS). Zwecks Begehung des Diebstahls habe der Beschuldigte ausserdem auf der Nordseite der F.__ den Holzrahmen eines Fensters und eine vor einem Flügelfenster angebrachte Lichterkette beschädigt. Ferner habe er beim Sicherungskasten im Lagerraum sämtliche Sicherungen ausgeschaltet, wodurch verschiedene, sich in der Tiefkühltruhe befindliche Lebensmittel verdorben seien (5 kg Zanderfilets, 1 Pack Pouletflügeli und 1.5 kg Pommes Frites). Es sei ein Sachschaden im Wert von ca. CHF 798.00 entstanden (Ziff. 3 AKS). Sämtliche Delikte habe der Beschuldigte zum Nachteil von G.__, Geschäftsführerin der F.__ AH.__, verübt.
2.2 Beweisergebnis durch die Vorinstanz
Die Vorinstanz gelangte beweiswürdigend zum Schluss, dass aufgrund der am Tatort aufgefundenen DNA-Spur des Beschuldigten, seiner inkonsistenten und widersprüchlichen Aussagen, der zeitlichen und räumlichen Einordnung sowie der Aussagen des Vaters des Beschuldigten und AF.__ der Sachverhalt gemäss Ziff. 1, 2 und 3.1 der Anklageschrift beweismässig erstellt sei, wonach sich der Beschuldigte zur F.__ in D.__ begeben und das Deliktsgut entwendet habe, wobei er ein Fenster beschädigt und die F.__ gegen den Willen des Berechtigten betreten habe (pag. 544 ff.; S. 15 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
2.3 Oberinstanzliche Vorbringen der Parteien
Die Verteidigung brachte im Wesentlichen vor, dass das an der Blumenkistenhalterung festgestellte Mischprofil das einzige Beweismittel sei, welches auf die Täterschaft des Beschuldigten hinweise. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die DNA des Beschuldigten durch einen Händedruck eine andere Übertragung von Hautschuppen durch eine Drittperson an die Blumenkistenhalterung übertragen worden sei. Die DNA-Spur beweise nur, dass sich der Beschuldigte
oder jemand, mit dem er engen Körperkontakt gehabt habe, sich zur fraglichen Zeit einige Tage vor dem Einbruch auf dem Areal der F.__ aufgehalten habe, was der Beschuldigte nie abgestritten habe. Anlässlich der polizeilichen Befragung habe er dann ein Durcheinander gehabt und gemeint, er sei im Tatzeitraum im Kosovo gewesen. Des Weiteren komme hinzu, dass, obwohl die Staatsanwaltschaft Kenntnis von zwei unterschiedlichen Schuhsohlenabdrücken am Tatort gehabt habe, am 31. Juli 2018 eine Ordnungsbusse an AF.__ ausgestellt worden sei und AG.__ am Steuer gesessen sei, man es unterlassen habe, diese beiden Herren mit den Vorwürfen zu konfrontieren. Es könne gut sein, dass diese zwei den «Bruch» allein ausgeführt hätten und dabei das Fahrzeug des Vaters des Beschuldigten als Tatfahrzeug gedient habe, wobei es möglich sei, dass bei der Übergabe des Autoschlüssels Hautschuppen des Beschuldigten an die Hand von AG.__ gelangt seien, welche er dann weiter an die Blumenkistenhalterung übertragen habe. Aufgrund der klaren Aussagen könne es aber auch sein, dass der Beschuldigte und seine Kollegen nichts mit dem Einbruch zu tun gehabt hätten. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass der am 30. Juli 2018 von G.__ gesichtete weisse Kastenwagen als Tatfahrzeug fungiert habe. Aufgrund der unsicheren Beweislage könne dem Beschuldigten die Schuld nicht rechtsgenüglich nachgewiesen werden, weshalb er in dubio pro reo von den Vorwürfen gemäss Ziffer 1, 2 und 3.1 der Anklageschrift freizusprechen sei (pag. 775 f.).
Demgegenüber führte die Generalstaatsanwaltschaft aus, dass man die DNA des Beschuldigten an der Blumentopfhalterung festgestellt habe, ausgerechnet an der Halterung bei demjenigen Fenster, wo der Einbrecher eingestiegen sei. Ein Gast habe keinen Grund, diese Halterung zu berühren. Der Beschuldigte sei weder ein Stammgast dort gewesen noch habe er dort gearbeitet. Gemäss seinen Aussagen solle er dort Fussball gespielt haben, wobei es aber auf der Seite des Gebäudes, wo die DNA habe sichergestellt werden können, keinen Platz zum Fussball spielen gebe. Es gebe keine glaubhafte Erklärung dafür, warum der Beschuldigte diese Halterung hätte berühren sollen, ausser, er sei dort eingebrochen. Die Hypothese der Verteidigung, wonach Hautpartikel bei einer Autoschlüsselübergabe hätten haften bleiben sollen, sei zudem abenteuerlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Hautschuppen an der Hand bis zur Berührung der Halterung gehalten hätten, sei im negativen Prozentbereich. Komme hinzu, dass AF.__ nachweislich in der besagten Nacht um 04:15 Uhr, nicht unweit vom Tatort, eine Busse erhalten habe. Er habe sich auf dem Rücksitz befunden und AG.__ sei gefahren. Da liege es nahe, dass der Beschuldigte auf dem Beifahrersitz gesessen sei, so wie es beim späteren Verkehrsunfall auch der Fall gewesen sei. Zudem gebe der Vater des Beschuldigten die Autoschlüssel nur seinen Kindern und den Cousins. Insgesamt ergebe sich daraus, dass der Einbruchdiebstahl wie angeklagt begangen worden sei (pag. 783 f.).
2.4 Bestrittener/unbestrittenere Sachverhalt
Unbestritten ist, dass sich der Beschuldigte bereits bei der F.__ in AH.__ aufgehalten hat. Hingegen bestreitet er sämtliche Vorwürfe.
2.5 Beweismittel
2.5.1 Vorbemerkungen
Für die objektiven Beweismittel bzw. deren Inhalt (Anzeigerapporte, Rapport KTD, Fotodokumentation, Ordnungsbussenzettel, Google Streetview) wie auch die subjektiven Beweismittel bzw. deren Inhalt (Aussagen Beschuldigter, AF.__) kann grundsätzlich auf die korrekte Zusammenfassung der Vorinstanz (pag. 540 ff.; S. 11 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung) verwiesen werden. Auf eine nochmalige umfassende Darlegung der bereits der Vorinstanz vorliegenden Beweismittel wird verzichtet. Soweit notwendig wird auf einzelne Aspekte/
Beweismittel bei der nachfolgenden Würdigung eingegangen.
2.5.2 Oberinstanzliche Beweisergänzungen
Im Internetauszug ist der Vorstand des Familiengartenvereins AH.__ aufgeführt (pag. 665). Unter dem Titel «F.__» steht der Name G.__. Auf Nachfrage bei der Polizei konnten keine Fotos vom eigentlichen Einbruchdiebstahl in die F.__ erhoben werden (pag. 666). Zugestellt wurde eine nachträglich erstellte Fotodokumentation der Liegenschaft aus einem anderen Einbruchdiebstahl, die nach Angaben von G.__ den massgeblichen baulichen Zustand der F.__ auch im Zeitpunkt des Einbruchsdiebstahls darstelle. Gemäss dieser Dokumentation befindet sich die ebenerdige, also nicht aufgestockte, F.__ inmitten eines Feldes mit Schrebergärten. Abgebildet wird insbesondere die Nordseite des Gebäudes und die nördliche Innenseite mit den Oberlichtern im Korridor sowie im Restaurant (vgl. pag. 668 ff.).
Anlässlich der oberinstanzlichen Befragung führte der Beschuldigte, angesprochen auf den Vorwurf des Diebstahls, Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung, aus, dass er noch nie eingebrochen sei und auch noch nie etwas gestohlen habe. Das habe er noch nie in seinem Leben gemacht (pag. 769 Z. 27 ff.). Auf nochmalige Frage hin führte der Beschuldigte nochmals aus, dass er noch nie etwas in seinem Leben gestohlen habe (pag. 770 Z. 17 f.). Angesprochen auf seine Verurteilung wegen Diebstahls eines Motorrades Fahrrades gab der Beschuldigte an, dass die Fahrzeuge einfach vor seinem Haus parkiert gewesen seien und er die dazugehörigen Schlüssel bei der Eingangstür gefunden habe. Er habe die Schlüssel dann mitgenommen, um sie am nächsten Tag dem Hauswart zu bringen (pag. 770 Z. 23 ff.). Auf Vorhalt des DNA-Hits auf der Blumenkistenhalterung führte der Beschuldigte aus, dass er einen Schnuppertag bei seinem Bruder in der Firma AI.__, welche etwa 200 Meter von der F.__ entfernt sei, gemacht habe. Das erste Mal, als er in der F.__ gewesen sei, sei an diesem Schnuppertag der Firma AI.__ mit den Arbeitskollegen seines Bruders gewesen. Nach zwei bis drei Jahren sei er immer wieder mit den Kollegen dorthin gegangen. Er habe dort gekifft und bei der Terrasse vorne Fussball gespielt. Es könne sein, dass jemand den Ball nach hinten geworfen habe und er ihn dann geholt habe (pag. 770 Z. 33 ff.). Auf die Frage, ob er einmal in den Räumlichkeiten der F.__ gewesen sei, gab der Beschuldigte an, dass sie dort ein paar Mal Chips so gekauft hätten (pag. 770 Z. 42 f.). Angesprochen darauf, dass dies neu sei, was er erzähle, erklärte der Beschuldigte, dass er, seitdem er nicht mehr konsumiere, klar im Kopf sei und bessere Erinnerungen habe (pag. 770 Z. 45; pag. 771 Z. 1 f.).
2.6 Beweiswürdigung durch die Kammer
In der Nacht vom 30. Juli 2018 auf den 31. Juli 2018 stieg die unbekannte Täterschaft zunächst in den Lagerraum der F.__ AH.__ ein. Anschliessend wurde auf der gleichen Gebäudeseite der Zugang zum Restaurant erzwungen, wo die Täterschaft dann auch Deliktsgut entwendete (pag. 9). Diese Schilderung in der Anzeige ist unbestritten. Ebenfalls unbestritten ist, dass die Polizei im Lagerraum neben einer Schuhabdruckspur ab der Gefriertruhe (wie die Vorinstanz nachvollziehbar folgerte [vermutlich abgebildet auf pag. 446]) unter der Einstiegsstelle des Lagerraums eine Blumenkistenhalterung auf dem Boden auffand, die an der Fassade vor dem Flügelfenster befestigt gewesen war (pag. 13 f.). Ab der Halterung wurde eine DNA-Spur gesichert, welche einen Hit für den Beschuldigten ergab (pag. 24 ff.). Es bleibt darauf hinzuweisen, dass die DNA-Sicherung und die Interpretation lege artis am Hauptprofil erfolgten (vgl. pag. 27; Nebenprofil nicht interpretierbar). Entgegen der Verteidigung bestehen zudem keine konkreten Anhaltspunkte für Übertragungsformen wie beispielsweise durch einen Händedruck. Eine zweite Schuhabdruckspur (vgl. pag. 444) soll sich gemäss Vorinstanz auf der Türe im Eingangsbereich befunden haben, wahrscheinlich habe man die Türe eintreten wollen. Die Umstände (insbesondere der Umfang des Deliktsgutes) würden auf eine Mehrheit von Tätern hindeuten (pag. 547; S. 18 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Wo genau sich der Schuhabdruck befand, lässt sich den Fotos (auch unter Zuhilfenahme der oberinstanzlich erhobenen Fotodokumentation [pag. 668 ff.]) nicht mit letzter Konsequenz entnehmen. Auch das Loch in der Türe (vgl. pag. 443) ist jedenfalls im Rapport nicht erwähnt und auch nicht erläutert. Der Verteidigung ist insofern zuzustimmen, dass eine genauere polizeiliche Aufarbeitung und Darlegung der Umstände des Einbruchs vom 30. Juli 2018 auf den 31. Juli 2018 wünschenswert gewesen wäre. Es bleibt allerdings das Fazit, dass eine DNA-Spur des Beschuldigten an einer Blumenkistenhalterung an einem Ort gefunden wurde, an der sie nichts zu suchen hatte – ausser, wenn der Beschuldigte aktiv am Einbruchgeschehen beteiligt war. Der Schluss der Vorinstanz, wonach diese Halterung als Einbruchwerkzeug benutzt wurde (vgl. pag. 545; S. 16 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung), liegt nahe, ist aber letztlich nebensächlich für die Beurteilung. Zutreffend schildert die Vorinstanz weiter, dass die Aussagen des Beschuldigten in diesem Zusammenhang ausweichend und somit wenig überzeugend sind. Seine Aussagen haben sich – wie dies auch die Generalstaatsanwaltschaft treffend ausführte – laufend verändert und jeweils der aktuellen Beweislage angepasst. Zunächst erklärte der Beschuldigte, dass er zum fraglichen Zeitpunkt wohl in den Ferien im Kosovo gewesen sei (pag. 18 f. Z. 30 ff.). Belege dafür konnte er nicht einreichen, wozu er allerdings auch nicht verpflichtet war. Es fällt jedoch auf, dass der Beschuldigte während des Verfahrens sonst wiederholt Unterlagen einreichte, wenn es darum ging zu beweisen, dass sein Cousin am Steuer gesessen sei (vgl. dazu Vorwurf gemäss Ziff. 6 der Anklageschrift; Ziff. 9.6 unten) die Polizei ihm in der Nacht vom 12. April 2019 verschiedene Verletzungen zugefügt haben soll (vgl. dazu Vorwurf gemäss Ziff. 7 der Anklageschrift; Ziff. 10 unten), nicht aber, um zu belegen, dass er sich zum Tatzeitraum im Ausland befunden haben will. Angesprochen auf den Tatort führte der Beschuldigte zunächst aus, dass er die F.__ AH.__ nicht kenne und noch nie dort gewesen sei (pag. 19 Z. 46 ff.). In der späteren Befragung wollte er die F.__ dann doch kennen und er sei auch schon dort gewesen, er wisse aber nicht mehr wann, es sei schon zu lange her (pag. 22 Z. 107 ff.). Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung führte er sodann aus, dass er die F.__ kenne, es sei ein Restaurant und er habe dort schon Fussball gespielt (pag. 466 Z. 30 ff.). Schliesslich kam an der oberinstanzlichen Befragung eine neue Erläuterung hinzu, wonach er die F.__ aufgrund eines Schnuppertages bei der Firma AI.__ kennengelernt habe (pag. 770 Z. 34 ff.). Ebenso wenig konnte der Beschuldigte mit seinen Erklärungsversuchen, wie seine DNA auf eine derart ungewöhnliche Stelle wie einer Blumenkistenhalterung gelangen konnte, überzeugen. Denn nach anfänglichem Abstreiten und nach Kenntnis der von ihm aufgefundenen DNA-Spur am Tatort führte er sodann aus, dass man irgendwie alles berühre, wo man sich aufhalte (pag. 22 Z. 123 f.), er habe es dort irgendwie angelangt, als er dort gewesen sei (pag. 23 Z. 156 f.). Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung ergänzte er dann, dass er sich überall aufgehalten habe, innen und aussen (pag. 467 Z. 10 f.), er habe dort mit Kollegen Fussball gespielt (pag. 466 Z. 37 f.) und auf oberinstanzliche Fragen hin ergänzte er, dass er dort auch gekifft habe und es möglich sei, dass jemand den Ball nach hinten geworfen und er ihn geholt habe irgend so etwas (pag. 770 Z. 38 ff.). Seine Aussagen sind nicht nur widersprüchlich, sondern lassen sich auch nicht damit vereinbaren, dass es an der fraglichen Stelle gar keinen Platz zum Fussball spielen gibt (vgl. pag. 542 und pag. 545 in fine; S. 13 und 16 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Auch seine Aussage, wonach er noch nie etwas gestohlen habe (pag. 770 Z. 17 f.) steht im offensichtlichen Widerspruch zu seiner Verurteilung vom 8. Juni 2017 und 18. April 2019 wegen Diebstahls eines Motorrades und mehrerer Fahrräder (pag. 262 ff.; pag. 311 f.). Insgesamt erweisen sich die Aussagen des Beschuldigten somit als unglaubhaft.
Zu Recht weist die Vorinstanz im Übrigen darauf hin, dass der Kollege des Beschuldigten, AF.__, frühmorgens am 31. Juli 2018 im Bereich AD.__ in dem auf AJ.__ senior laufenden Audi unterwegs war und dabei eine Ordnungsbusse bekam (pag. 65), dies wegen OB-Ziffer 800.1 (Nichttragen Sicherheitsgurten durch Mitfahrer). AF.__ meinte seinerzeit, er sei auf dem Rücksitz gesessen und sei nicht angeschnallt gewesen; Fahrer sei jeweils AG.__ gewesen (pag. 58 Z. 95 ff.). Die Tatortnähe der Kontrolle und auch der Umstand, dass man aufgrund der Sitzposition von AF.__ mindestens zu dritt im Auto unterwegs gewesen sein dürfte – dies auch, weil das Fahrzeug nur den Kindern Cousins des Fahrzeughalters zur Verfügung gestanden haben soll – unterstreicht den Verdacht gegenüber dem Beschuldigten. Unter diesen Umständen ist die täterschaftliche mindestens mittäterschaftliche Verantwortung des Beschuldigten für den angezeigten Einbruchdiebstahl erstellt. Damit ist auch nicht davon auszugehen, dass eine weitere Täterschaft – bspw. die von G.__ am Mittag des 30. Juli 2018 festgestellten Personen mit ausländischem Fahrzeug (pag. 14) – für den Einbruchdiebstahl verantwortlich gewesen sein könnten. Schliesslich kann der Beschuldigte auch nichts zu seinen Gunsten aus dem Umstand ableiten, dass anlässlich der Polizeikontrolle des Audi vom 31. Juli 2018 um 04:15 Uhr kein Deliktsgut aufgefunden wurde. Denn zum einen handelte es sich um unauffälliges Deliktsgut, welches der Polizei – hätte sie überhaupt Anlass dazu gehabt, das Auto zu durchsuchen – wohl auch nicht verdächtig vorgekommen wäre und bei einem Blick in die Fahrerkabine im Kofferraum unentdeckt geblieben wäre. Zum anderen ist nicht auszuschliessen, dass sich die Tat erst nach der Polizeikontrolle ereignete aber vorher und diesfalls das Deliktsgut bereits anderweitig untergebracht wurde.
3. Vorfall nach Verkehrsunfall in H.__ vom 26. Oktober 2018
3.1 Vorwurf gemäss Ziff. I.3.2 (Sachbeschädigung) und Ziff. I.4. (Drohung) der Anklageschrift (pag. 380 f.)
Die Vorinstanz fasste die hier noch interessierenden Aspekte wie folgt zutreffend zusammen (pag. 552; S. 23 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung):
Gemäss den betreffenden Ziffern der AKS wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 26.10.2018 um ca. 13:15 Uhr nach einem Verkehrsunfall auf der I.__ in H.__ mehrfach mit den Füssen gegen die Fahrertüre und die Karosserie hinten rechts des von L.__ gelenkten J.__-Patrouillenfahrzeugs VW Caddy, Kontrollschild-Nummer BE AK.__ getreten und dadurch mehrere Beulen verursacht. Zum Nachteil des J.__ sei dabei ein Sachschaden von CHF 2'290.00 entstanden (Ziff. 3.2 AKS). Im Zuge dieser Ereignisse habe der Beschuldigte L.__ mehrfach und in aggressivem Ton gedroht, er werde ihn kaputt machen und umbringen, wenn er seinen Namen herausfinde. L.__ habe diese Drohungen ernst genommen und Angst gehabt (Ziff. 4 AKS).
3.2 Beweisergebnis der Vorinstanz
Die Vorinstanz erachtete die vorgeworfenen Tritte gegen die Fahrertür und den daraus entstandenen Schaden gestützt auf die übereinstimmenden Aussagen der Anwesenden L.__, M.__, AL.__ aber auch des Beschuldigten, welcher einen Tritt gegen die Tür auf der Seite des Autolenkers eingeräumt habe, beweismässig als erstellt (pag. 565; S. 36 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Ebenfalls als erwiesen erachtete die Vorinstanz mit Blick auf die glaubhaften Aussagen von L.__ und die Fotodokumentation der Polizei (vgl. pag. 50 f.), dass der Beschuldigte den Schaden an der Karosserie auf der rechten Seite des Fahrzeugs neben dem Rücklicht durch mindestens einen Tritt ans Fahrzeug von L.__ verursacht habe (pag. 565 f.; S. 36 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
In Bezug auf die vorgeworfene Drohung führte die Vorinstanz aus, dass diesbezüglich auf die Aussagen von L.__, M.__ und AL.__ abgestellt werden könne. Insbesondere habe AF.__ entgegen den Beteuerungen des Beschuldigten bestätigt, dass dieser aggressiv gewesen sei. Die Aufgebrachtheit des Beschuldigten könne darauf zurückgeführt werden, dass das Fahrzeug seines Vaters beim Unfall beschädigt worden sei. Zudem seien die Aussagen des Beschuldigten nicht glaubhaft und auch nicht nachvollziehbar. Insgesamt sei daher erstellt, dass der Beschuldigte die in der Anklageschrift aufgelisteten Äusserungen gegenüber L.__ getätigt habe (pag. 566; S. 37 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
3.3 Oberinstanzliche Vorbringen der Parteien
Die Verteidigung führte in Bezug auf den Vorwurf der Drohung aus, dass der Beschuldigte zwar geflucht und geschimpft, allerdings nicht gedroht habe. L.__ habe in seiner tatnächsten Befragung nicht zu Protokoll gegeben, dass er sich in Angst und Schrecken befunden habe. Er sei auch zum Fahrzeug zurückgekehrt, um seinen Computer zu holen, was er nicht gemacht hätte, wäre er tatsächlich in Todesangst gewesen. Zudem sei das Wort «Angst» nicht im Kontext mit den drohenden Worten, sondern aufgrund des Zuschlagens der Tür genannt worden und erst später habe der Beschuldigte die angeblich drohenden Worte benutzt. Seine Aussage, wonach es ihm zu diesem Zeitpunkt nicht gut gegangen sei, er aber nicht unter Schock gestanden sei, könne nicht unter den Tatbestand der Drohung subsumiert werden. Einen Angstoder Schreckensmoment beschreibe man anders. Entsprechend müsse hier ein Freispruch ergehen (pag. 776 f.).
Zur vorgeworfenen Sachbeschädigung brachte die Verteidigung im Wesentlichen vor, dass die Sachbeschädigung an der Fahrertür unangefochten bleibe und dieser Schaden eingestanden sei. Allerdings werde bestritten, dass der Schaden an der Karosserie hinten rechts durch den Beschuldigten verursacht worden sei. Von Tritten hinten rechts habe M.__ zu keinem Zeitpunkt gesprochen. Aufgrund mehrerer Differenzen in den Aussagen von L.__ könne nicht auf seine Aussagen abgestellt werden. Eine Falschbelastungsmotivation seinerseits liege zudem auf der Hand, der Schaden gehe auf seine Kappe. Zudem hätten AF.__ und AG.__ nichts von der Sachbeschädigung mitbekommen. Entgegen der Vorinstanz sei auch nicht davon auszugehen, dass sie den Beschuldigten damit hätten schützen wollen, ansonsten hätten sie nicht ausgeführt, dass der Beschuldigte wütend gewesen sei und Beschimpfungen ausgesprochen habe. Beweismässig würden mehrere übereinstimmende Aussagen vorliegen, welche in keiner Art und Weise Tritte des Beschuldigten gegen hinten rechts am Fahrzeug erwähnen würden. Insgesamt lasse sich somit die Verursachung des Schadens an der Karosserie hinten rechts durch den Beschuldigten nicht rechtsgenüglich erstellen, weshalb der Beschuldigte von diesem Teilvorhalt freizusprechen sei (pag. 777 f.).
Demgegenüber führte die Generalstaatsanwaltschaft aus, dass die Fotos, aber auch die Rechnung des Karosseriewerkes zeigen würden, dass der Beschuldigte in seiner rasenden Wut gegen das Auto gekickt habe. Dazu kämen die Aussagen von L.__, M.__ und AL.__, welche bestätigen würden, dass der Beschuldigte das Fahrzeug malträtiert habe. Diese Aussagen seien glaubhaft. Auch hätten AF.__ und AG.__ ausgeführt, dass der Beschuldigte «auf hundert» gewesen sei. Demgegenüber seien die Aussagen des Beschuldigten widersprüchlich. Mit dem hinteren Schaden wolle er nichts zu tun haben, aber L.__ habe eindrücklich beschrieben, wie es geknallt habe, als der Beschuldigte hinten gestanden sei. Der Tatbestand der Sachbeschädigung sei erfüllt und der Schuldspruch sei zu bestätigen (pag. 784).
Was den Drohungsvorwurf angehe, müsse man sich auf die Aussagen der Beteiligten verlassen. Die Aussagen von L.__, M.__ und AL.__ seien glaubhaft. Die Schilderungen von L.__ seien von starken Realkennzeichen geprägt, so wie er seine Gefühle schildere. Auch die Freunde des Beschuldigten hätten zurückhaltend einräumen müssen, wie aggressiv sich der Beschuldigte verhalten habe. Insgesamt sei der Tatbestand der Drohung erfüllt und der Schuldspruch sei ebenfalls zu bestätigen (pag. 784 f.).
3.4 Bestrittener/unbestrittener Sachverhalt
Der Verkehrsunfall zwischen dem VW Touran (Halter: Vater des Beschuldigten; Lenker: AG.__) und einem J.__-Patrouillenfahrzeug der Marke VW Caddy (Lenker: AM.__) in H.__ ist unbestritten. Aufgrund des nicht angefochtenen Schuldspruches gegenüber dem Beschuldigten wegen Beschimpfungen zum Nachteil von L.__ und auch der Passantin M.__ kann auch gesagt werden, dass im Gefolge des Verkehrsunfalles ein gewisses Rencontre zwischen dem Beschuldigten einerseits und L.__/M.__ andererseits stattfand. Anders als noch im erstinstanzlichen Verfahren gesteht der Beschuldigte oberinstanzlich nun eindeutig ein, mit dem Fuss gegen die Fahrertüre des J.__-Fahrzeuges getreten zu haben und für den entsprechenden Sachschaden verantwortlich zu sein. Bestritten werden hingegen die Sachbeschädigung an der Karosserie hinten rechts am J.__-Patrouillenfahrzeug und die angeblich vom Beschuldigten geäusserten Drohungen gegenüber L.__.
3.5 Beweismittel
3.5.1 Vorbemerkungen
Auch bei diesem Vorfall verzichtet die Strafkammer auf eine ausführliche Zusammenfassung und Wiederholung der von der Vorinstanz detailliert dargelegten Beweismittel objektiver wie auch subjektiver Natur (Anzeigerapporte, Fotodokumentation, Carrosserierechnung, Aussagen Beschuldigter, L.__, M.__, AL.__, AG.__, AF.__ [pag. 552 ff.; S. 23 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung]). Soweit für die oberinstanzliche Beurteilung von Belang, wird nachfolgend punktuell auf dieses vorinstanzlich bereits vorliegende Beweismaterial eingegangen.
3.5.2 Oberinstanzliche Beweisergänzungen
Im Rahmen der oberinstanzlichen Einvernahme räumte der Beschuldigte ein, L.__ und M.__ beleidigt zu haben. Er sei sehr emotional gewesen, weil es das Auto von seinem Vater gewesen sei. Es stimme aber nicht, dass er zu L.__ gesagt habe «ich mache dich kaputt» «ich bringe dich um» (pag. 769 Z. 17 ff.). Es stimme auch nicht, dass er hinten ins Auto gekickt habe. Er sei nie hinter das Auto gegangen. Er habe vorne in die Tür gekickt, also in die Fahrertür, und dann sei er zurück zu seinem Auto gegangen. Bei der Einvernahme hätten selbst L.__ und M.__ gesagt, dass er von der Fahrertür wieder zurück zu seinem Auto gegangen sei. Sie hätten nichts davon gesagt, dass er noch hinter das Auto gegangen sei und reingekickt habe. Das mit der Fahrertür stimme aber, er habe einfach überreagiert, weil es das Auto seines Vaters gewesen sei (pag. 770 Z. 3 ff.).
3.6 Beweiswürdigung durch die Kammer
Unbestrittenermassen war AG.__ am 26. Oktober 2018 mit dem auf AJ.__ senior als Halter laufenden VW Touran als Lenker unterwegs. Im Auto sassen auch der Beschuldigte als Beifahrer und AF.__ als Mitfahrer auf dem Rücksitz. AG.__ stiess in H.__ mit dem vortrittsberechtigten J.__-Fahrzeug von L.__ zusammen. Zum Unfall gesellten sich später die Passanten M.__ und AL.__. Zu den Diskussionen im Gefolge des Unfalles und vor allem zur Rolle des Beschuldigten dabei machten L.__ und auch die Passanten im Kern übereinstimmende Angaben: Vor allem der Beschuldigte habe sich mit einem aggressiven Verhalten hervorgetan, habe mehrmals gegen die Fahrertüre von L.__ getreten und diesem gedroht (AL.__/M.__ [pag. 33], L.__ [pag. 48]). Insbesondere habe der Beschuldigte zu L.__ gesagt, dass er ihn kaputt machen werde (AL.__ [pag. 33], L.__ [pag. 48 Z. 39]) und er ihn umbringen werde, wenn er seinen Namen herausfinde (M.__ [pag. 33]), wobei L.__ in der tatnächsten Befragung ausführte, dass der Beschuldigte sich dahingehend geäussert habe, seinen Namen herauszufinden (pag. 48 Z. 38). L.__ hielt zudem fest, dass der fragliche Mitfahrer zuvor auch noch hinten am Fahrzeug etwas gemacht habe, es habe einen Knall gegeben (pag. 48). Die entstandenen Schäden am Fahrzeug sind durch die eingereichten Voranschlagsbzw. Rechnungsunterlagen und Fotos vom Fahrzeug (pag. 44 ff. bzw. 50 ff.) zudem plausibilisiert. AF.__ und AG.__ wollten sich zwar nicht explizit zu allfälligen Sachbeschädigungen/Drohungen äussern (immerhin AF.__ pag. 60 Z. 198: «Ich sage besser nichts. Ich würde behaupten, das hat er einfach so gesagt»), schilderten aber übereinstimmend, dass der Beschuldigte nach dem Unfall «auf Hundert» (so AG.__ [pag. 70 Z. 93]) gewesen sei. Ganz im Gegensatz dazu und dementsprechend unglaubhaft schilderte der Beschuldigte zunächst (pag. 74), er sei nicht aggressiv aufgetreten und habe keine Sachbeschädigungen begangen. Er sei (so später pag. 78) jedenfalls gar nie hinten am Fahrzeug gestanden, sondern immer vorne. Auch anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Befragung stritt der Beschuldigte den Vorwurf ab (pag. 212 f.). Erst in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung meinte er (pag. 468 Z. 13 f.): «Das bei der Fahrertüre kann sein, dass ich da reingekickt habe. Aber das hinten, wie Herr L.__ gesagt hat, das stimmt nicht». Und schliesslich gestand er anlässlich der oberinstanzlichen Verhandlung ein, emotional gewesen zu sein und überreagiert zu haben sowie für die Sachbeschädigung an der Fahrertür verantwortlich zu sein. Insoweit bestätigte er die von Beginn weg gemachten Aussagen der Passanten und L.__ (pag. 33; pag. 48 Z. 37 ff.), was deren Glaubhaftigkeit unterstreicht. Es ist offensichtlich, dass der Beschuldigte seine Aussagen im Laufe des Verfahrens anpasste und sich der jeweiligen Beweislage anpasste. So gab er die Beleidigungen und seinen aufgewühlten Gemütszustand – wenn auch zuerst nur zögerlich – erst zu, nachdem auch seine Kollegen AF.__ und AG.__ aussagten, der Beschuldigte sei «auf Hundert» gewesen und habe Beleidigungen ausgesprochen (pag. 59 f. Z. 142 ff. [AF.__]; pag. 69 f. Z. 88 ff. [AG.__]). Insgesamt versuchte der Beschuldigte jeweils so wenig wie möglich zuzugeben und vor allem L.__ als Täter/Verursacher des Unfalls darzustellen.
Demgegenüber sind die Aussagen von L.__ detailliert, plausibel und damit glaubhaft. Dies nicht nur, weil seine Aussagen durch die Angaben von M.__, AL.__ aber auch teilweise durch diejenigen von AG.__, AF.__ und den Beschuldigten bestätigt werden und zudem mit den objektiven Beweismitteln (Fotos, Rechnung) übereinstimmen, sondern auch, weil darin zahlreiche Realitätskriterien zu finden sind. Zum einen schildert er die Vorkommnisse mit unterschiedlichen Worten, aber in den Grundzügen gleichbleibend, was für ein selbst erlebtes, reales Geschehen spricht. So führte er aus, dass es zum Unfall gekommen sei und er während des (Aus)Rollens hinten rechts einen Knall gehört habe. Er habe einen Mann hinter dem Fahrzeug gesehen. Daraufhin sei der Beschuldigte zur Fahrertür gekommen und habe ihm unter anderem gedroht. Anschliessend seien M.__ und AL.__ dazu gestossen (pag. 47 Z. 20 ff.; pag. 87 Z. 20 ff.; 457 Z. 28 ff.). Dass der Beschuldigte nicht nur mit L.__ diskutierte, sondern ihm gegenüber drohte, wird ebenfalls durch die beiden Passanten bestätigt (pag. 33; pag. 90 Z. 37; pag. 462 Z. 21 f.). Zudem schilderte L.__ sein damaliges Gefühlserleben eindrücklich und anschaulich, wenn er ausführte, dass er nach den Beschimpfungen und Drohungen Schwierigkeiten gehabt habe, die Reihenfolge der Geschehnisse nennen zu können. Es sei ihm zu diesem Zeitpunkt nicht gut gegangen (pag. 49 Z. 83 f.). Er habe wirklich Angst und ein starkes Unwohlsein aufgrund der ausgestossenen Drohungen gehabt (pag. 87 Z. 53 f.). Er habe aussteigen wollen, aber er sei daran gehindert worden, indem die Türe massiv zugeschlagen worden sei. Er habe Angst gehabt, weil er sich an Händen, Füssen Kopf hätte verletzen können. Es sei wirklich massiv gewesen (pag. 457 Z. 36 ff.). Er könne sich nicht an mehr erinnern als das, was er bereits erzählt habe. Er habe das gehört und sich danach in einem Schockzustand befunden (pag. 458 Z. 9 f.). Er habe danach die Arbeit abgebrochen (pag. 458 Z. 16). Er sei unter Schock gestanden und mit den Gedanken an einem anderen Ort gewesen (pag. 458 Z. 21 f.). Bemerkenswert dabei ist, dass seine Gefühlslage offenbar auch für unbeteiligte Dritte wie M.__ deutlich merkbar war («Er war geschockt. Ich hatte das Gefühl das er gar nicht wusste was passiert ist. Er hatte Angst.» [pag. 90 Z. 56 f.]; «[Er sagte] nichts. Er hatte grosse Angst.» [pag. 90 Z. 59 f.]; «Der mit dem Rechtsvortritt stand unter Schock. Er konnte gar nichts mehr sagen.» [pag. 461 Z. 40 f.]; «Angenommen es wäre eine gewesen, die erst frisch die Prüfung gemacht hätte und der wäre ins Auto getreten worden, die wäre ihr Leben lang traumatisiert gewesen.» [pag. 462 Z. 8 ff.]). Ebenfalls für die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen spricht – wie die Vorinstanz treffend formulierte – seine reflektierte und selbstkritische Aussage, wonach der Vorfall einen anderen wohl nicht so mitgenommen hätte und seine Betroffenheit unter anderem auf seine eigene Persönlichkeit zurückführte (pag. 458 Z. 33 f.). Dass L.__ aufgrund der deutlichen verbalen Drohungen und im Umfeld des Türezuschlagens und zweier weiterer ihm nicht sehr freundlich gesinnter Personen (AG.__/AF.__) in Angst versetzt wurde, ist ohne Weiteres glaubhaft. Dass er später nochmals zum Fahrzeug zurückkehrte, tut der Glaubhaftigkeit seiner Angaben keinen Abbruch; L.__ dürfte sich aufgrund der nun anwesenden M.__ und AL.__ sicherer gefühlt haben. An diesem Ergebnis ändert auch seine Aussage nichts, wonach er aber nicht unter einem Schock gestanden sei (pag. 49 Z. 84 f.). Aufgrund des Gesamtzusammenhanges dürfte sich diese Aussage auf das ganze Unfallgeschehen und nicht die Wirkung der Drohung auf sich selbst bezogen haben. Denn, dass er in Bezug auf die Drohung Angst gehabt habe und unter Schock stand, äusserte er mehrmals (vgl. oben).
Mit Blick auf den Gemütszustand des Beschuldigten, welcher aufgrund des beschädigten Autos ausser sich war und Beschimpfungen aussprach und eingestandenermassen die Fahrertür durch mehrere Fusstritte beschädigte, kann ohne Weiteres von einer aggressiven Grundstimmung ausgegangen werden. Unter diesen Umständen – sowie unter Einbezug der glaubhaften Aussagen der Passanten und eingedenk der nicht überzeugenden Angaben des Beschuldigten – erachtet die Kammer die vorgeworfene Drohung gemäss Anklageschrift als gegeben. Ebenfalls bestehen keine Zweifel, dass der Beschuldigte auch für die Sachbeschädigung an der Karosserie hinten rechts am J.__-Fahrzeug verantwortlich ist. Aus den Fotos des Schadens hinten rechts (pag. 50) ist zwar nicht ohne Zweifel der Abdruck eines Schuhs/Fusses ableitbar, doch deutet die Delle und die Unversehrtheit von dem nach aussen ragenden Radkasten und der schwarzen Leiste oberhalb der Beule auf eine örtlich begrenzte Krafteinwirkung hin, die nicht von einem normalen Unfallereignis herrühren kann. Zudem sprechen auch die Unterlagen der Carrosseriewerkstatt von einer Ausbesserung hinten rechts. Dass diese Beschädigung durch den Unfall entstanden wäre, passt weder zum Unfallhergang, wonach L.__ in den VW Touran hinten rechts gefahren sein soll, noch eben zur lokal begrenzten Delle. Dass M.__ die Sachbeschädigung hinten rechts nicht erwähnte, steht diesem Ergebnis nicht entgegen, zumal es sich um ein dynamische Geschehen handelte und nicht auszuschliessen ist, dass sie diese Beschädigung aufgrund der zeitlichen örtlichen Gegebenheiten (Lage der Autos und der Unfallbeteiligten) gar nicht mitbekam in diesem Moment auf etwas anderes fokussiert war. Nebenbei bemerkt überzeugt auch das Argument der Verteidigung, der J.__-Patrouilleur könne aus einer Falschangabe bei einem selbstverschuldeten Unfallschaden profitieren, nicht wirklich, da in der Praxis ein Arbeitnehmer bei bloss fahrlässig verursachten Unfallschäden regelmässig von einer Reduktion des Schadenersatzes profitiert. Abgesehen davon liegen (nicht nur vom konkreten Schadenbild her) keinerlei Hinweise auf einen von L.__ früher verursachten (Unfall)Schaden vor.
4. SVG-Widerhandlungen in R.__ vom 10. Juli 2018 und in U.__ vom 14. Juli 2018 sowie falsche Anschuldigung in AD.__ vom 25. März 2019
4.1 Vorwurf gemäss Ziff. I.6. (falsche Anschuldigung), Ziff. I.8.1 und Ziff. I.8.2 (SVG-Widerhandlungen) der Anklageschrift (pag. 381 f.)
Die Vorinstanz fasste die Anklagepunkte wie folgt zutreffend zusammen (pag. 570; S. 41 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung):
Gemäss den betreffenden Ziffern der AKS wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er sei am 10.07.2018 um 23:17 Uhr in R.__ auf der S.__, Fahrtrichtung T.__, mit dem Personenwagen, Kontrollschild BE AN.__, mit einer Geschwindigkeit von 121 km/h (nach Abzug der zulässigen Sicherheitsmarge) gefahren und habe damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 41 km/h überschritten (Ziff. 8.1.1 AKS).
Am 14.07.2018 um 03:17 Uhr sei der Beschuldigte sodann in U.__ auf der Autobahn A5, Fahrtrichtung V.__, mit dem Personenwagen, Kontrollschild BE AN.__, mit einer Geschwindigkeit von 183 km/h (nach Abzug der zulässigen Sicherheitsmarge) gefahren und habe damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 63 km/h überschritten (Ziff. 8.1.2 AKS).
Am 25.03.3019 sei der Beschuldigte von der Kantonspolizei Bern auf der Polizeiwache in N.__ zu den vorerwähnten Verkehrsdelikten als beschuldigte Person einvernommen worden. Dabei habe er den Nichtschuldigen O.__, geb. AO.__, wohnhaft im Kosovo, bewusst zu Unrecht beschuldigt, den Personenwagen mit der Kontrollschild BE AN.__ am 10.07.2018 um 23:17 in R.__ auf der S.__, Fahrtrichtung T.__, sowie am 14.07.2018 um 03:17 Uhr in U.__ auf der Autobahn A5, Fahrtrichtung V.__, geführt und dabei die angeklagten Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen zu haben. Der Beschuldigte habe dabei wider besseren Wissens gehandelt. Dass gegen O.__ eine Strafverfolgung herbeigeführt werde, habe er gewollt zumindest in Kauf genommen (Ziff. 6 AKS).
4.2 Beweisergebnis der Vorinstanz
Die Vorinstanz gelangte nach einem Vergleich der Radarfotos mit den Portraitfotos des Beschuldigten (ergänzt mit dem persönlichen Eindruck anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung), seines Cousins O.__ sowie AF.__ zum Schluss, dass für eine Identität der auf den Radarfotos abgebildeten Fahrzeuglenker mit dem Beschuldigten starke Anhaltspunkte bestünden. Zudem falle eine frappante Ähnlichkeit zwischen dem einen mitgeblitzten Beifahrer und AF.__ auf. Dass AF.__ und O.__ in der Nacht vom 10. Juli 2018 gemeinsam mit dem Auto des Vaters des Beschuldigten unterwegs gewesen wären, sei sehr unwahrscheinlich, zumal AF.__ in der polizeilichen Einvernahme nachgefragt habe, wer O.__ überhaupt sei. Die Aussagen des Beschuldigten seien zudem nichtssagend und widersprüchlich. Es handle sich dabei um Schutzbehauptungen, mit denen der Beschuldigte beabsichtige, von sich selber abzulenken respektive Zweifel am starken Indiz der Radarfotos zu streuen. Aufgrund des allgemeinen Aussageverhaltens des Beschuldigten (zunächst alles bestreiten und erst nach Vorlegen von Beweisen teilweises Eingestehen) und des Umstandes, dass die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen in zeitlicher und personeller Hinsicht ins Gesamtbild passen würden, erachtete die Vorinstanz die Sachverhalte gemäss Ziff. 6, 8.1.1, 8.1.2 und 8.2 der Anklageschrift beweismässig als erstellt (pag. 575 ff.; S. 46 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
4.3 Oberinstanzliche Vorbringen der Parteien
Anlässlich der oberinstanzlichen Hauptverhandlung führte die Verteidigung aus, dass nicht der Beschuldigte, sondern O.__ am 10. und 14. Juli 2018 am Steuer gesessen sei. Bei den Radarbildern handle es sich um miserable Fotos. Selbst im Anzeigerapport werde ausgeführt, dass nicht eindeutig bestimmbar sei, wer der Fahrzeuglenker sei. Der Beschuldigte habe von Beginn weg seinen Cousin O.__ als Fahrzeuglenker genannt. Trotzdem habe man es unterlassen, ihn zu befragen. Weitere Beweismittel gebe es keine. Man könne nicht sagen, wer tatsächlich am Steuer gesessen sei, weshalb auch nicht gesagt werden könne, der Beschuldigte habe seinen Cousin zu Unrecht belasten wollen. Auch in Bezug auf Ziffer 8.2 der Anklageschrift sei mit gleich schlechten Bildern Beweis geführt worden. AF.__ habe zudem bestritten, am 10. Juli 2018 Beifahrer gewesen zu sein. Der Anklagesachverhalt gemäss Ziffer 6, 8.1 und 8.2 lasse sich somit nicht rechtsgenüglich erstellen, weshalb der Beschuldigte von diesen Vorwürfen in dubio pro reo freizusprechen sei (pag. 778).
Die Generalstaatsanwaltschaft führte demgegenüber aus, dass, wenn man die Bilder abgleiche, es zuerst nicht ersichtlich sei, ob es sich bei diesen Personen um den Beschuldigten AF.__ handle, auf den zweiten Blick dann aber schon. O.__ könne es sicher nicht sein. Im Anzeigerapport werde festgehalten, dass es sich beim Lenker nicht um den Cousin handle. Das Aussageverhalten des Beschuldigten, seines Vaters und von AF.__ lege nahe, dass der Beschuldigte am Steuer gesessen sei. Der Beschuldigte könne sich kaum entscheiden, wen er beschuldigten wolle (Freunde, Brüder und Cousins, O.__), um nicht selber einzugestehen, dass er es gewesen sei. Seine Erkundigungen per E-Mail und per Telefon würden ihn als Täter überführen. Warum sollte er sonst darum besorgt sein, wenn er nicht selber hinter dem Steuer gesessen sei. Der Antrag, den Cousin rechtshilfeweise zu befragen, sei zu Recht abgewiesen worden. Vor diesem Hintergrund würden noch der Beschuldigte und AF.__ übrigbleiben, welche im Auto hätten gesessen sein können. Wenn man die Gesichter abgleiche, gebe es keine unüberwindbaren Zweifel mehr. Es müsse sich beide Male um den Beschuldigten gehandelt haben. Der Beschuldigte sei daher auch in diesen Punkten schuldig zu sprechen (pag. 785 f.).
4.4 Bestrittener/unbestrittener Sachverhalt
Der Beschuldigte bestreitet sämtliche Vorwürfe. Er sei mithin nicht gefahren und die Angabe von O.__ als Lenker sei keine falsche Anschuldigung gewesen. Unbestritten ist jedoch, dass der Audi des Vaters des Beschuldigten spätabends am 10. Juli 2018 bzw. frühmorgens am 14. Juli geblitzt worden ist, dies aufgrund massivster Geschwindigkeitsüberschreitungen.
4.5 Beweismittel
4.5.1 Vorbemerkungen
Die objektiven und subjektiven Beweismittel (Fallprotokoll, Rapporte, Radarfotos, Vergleichsfotos; Aussagen Beschuldigter, AJ.__, AF.__) wurden von der Vorinstanz zutreffend und ausführlich dargelegt (pag. 571 ff.; S. 42 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Darauf kann verwiesen werden. Soweit von Belang, wird auch hier nachfolgend punktuell auf dieses Beweismaterial eingegangen.
4.5.2 Oberinstanzliche Beweisergänzungen
Anlässlich der Berufungsverhandlung führte der Beschuldigte aus, dass er dabei bleibe, dass es sich beim Fahrer um O.__ gehandelt habe. Dieser habe im Zeitpunkt der Geschwindigkeitsüberschreitungen eigentlich ganz anders als auf dem Ausweisfoto ausgesehen. Also nicht sehr anders aber nicht so wie auf dem Passfoto, Führerausweis (pag. 771 Z. 29 ff.). Auf die Frage, wie denn anders, antwortete der Beschuldigte, einfach anders (pag. 772 Z. 1 f.). Näher gefragt nach dessen Aussehen führte der Beschuldigte aus, dass O.__ auf den Bildern ganz kurze Haare habe. Momentan habe er immer noch viel längere Haare und einen Bart habe er jetzt meistens nicht (pag. 772 Z. 4 ff.). In Bezug auf die Umstände, wie O.__ im Juli 2018 in den Besitz des Fahrzeuges (Audi) gekommen sei, gab der Beschuldigte an, dass er zu ihnen gekommen sei. Sein Vater sei in die Ferien gegangen und der Schlüssel sei zu Hause gewesen. Er habe sie besucht und gefragt, ob er das Auto brauchen dürfe. Er habe direkt ja gesagt und ihm die Schlüssel gegeben. Er habe das Auto für eine längere Zeit gehabt, er wisse nicht genau, wie lange. Er habe es auch mehrmals gebraucht, also mehrere Tage, und bei ihnen übernachtet (pag. 772 Z. 26 ff.). Selber sei er bei den Fahrten nicht dabei gewesen. Er (O.__) habe ihm gesagt, dass er seine Freundin besuchen werde und Kollegen treffen würde. Er habe ihn aber nicht gefragt, wo er sie besuchen wolle (pag. 772 Z. 34 ff.). AG.__ könne es nicht sein auf den Radarfotos. Er habe den Schlüssel nie von ihm bekommen, nur O.__ (pag. 773 Z. 1 ff.).
4.6 Beweiswürdigung durch die Kammer
Am 10. Juli 2018 und am 14. Juli 2018 ereigneten sich die hier zu beurteilenden Geschwindigkeitsüberschreitungen mit dem Audi des Vaters des Beschuldigten, AJ.__. Schon dies allein deutet auf eine Lenkerschaft aus dem Umfeld der Familie AJ.__ hin, zumal AJ.__ ausführte, er gebe den Autoschlüssel nur seinen Kindern Cousins. Wenn er die Person nicht kenne, gebe er den Fahrzeugschlüssel nicht heraus (pag. 129). Dass die Geschwindigkeitsmessungen der stationären, unbemannten Überwachungsanlage nicht ordnungsgemäss erfolgt wären, ist zudem weder ersichtlich noch behauptet. Das Fahrzeug (Audi) des Vaters des Beschuldigten wurde dabei von vorne geblitzt (pag. 120 f.; pag. 187), wobei beim Vorfall vom 10. Juli 2018 mindestens noch ein Beifahrer im Auto sass. Der Vergleich des Portraitfotos von AF.__ und des fraglichen Beifahrers legt nahe, dass es sich dabei um ein und dieselbe Person handelt, dies – wie die Vorinstanz treffend darlegte – aufgrund des jungenhaften Aussehens, der ovalen Gesichtsform, der Stupsnase und der hohen Stirn. AF.__ als möglicher Beifahrer am 10. Juli 2018 gab sich auffällig zögerlich, als er zum 10. Juli 2018 befragt wurde (pag. 57), räumte aber ein, auch schon (als Mitfahrender) mit dem Audi unterwegs gewesen zu sein. Zudem äusserte er anlässlich dieser polizeilichen Befragung vom 27. August 2019 (pag. 55 ff.) folgenden Satz: «Wäre ich der Beifahrer, könnte ich es ja sagen, dass würde mir ja auffallen, wenn wir geblitzt worden wären» (pag. 57 Z. 82 f.), was darauf schliessen lässt, dass er mit wir sich und den Beschuldigten meinte, zumal die beiden in diesem Zeitraum öfters Autofahrten zusammen unternahmen, dies unter anderem auch mit dem Audi von AJ.__ (vgl. dazu Vorwurf gemäss Ziff. 1, 2 und 3.1 der Anklageschrift; Ziff. 7.6 oben). Insgesamt bestehen für die Kammer daher keine Zweifel, dass es sich beim am 10. Juli 2018 fotografierten Beifahrer (vgl. pag. 120 f.; pag. 190 f.) um AF.__ handelt.
Die via die bernischen Behörden ausgelöste Lenkerermittlung führte zu einer Rückfrage des Beschuldigten bei der Kantonspolizei Bern im November 2018, wobei der Beschuldigte von zwei Geschwindigkeitsübertretungen und dem Ausleihen des Fahrzeuges an zwei Freunde gesprochen habe (pag. 118). Rund fünf Monate später führte der Beschuldigte dann aber anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 25. März 2019 aus, dass sein Cousin am 10. Juli 2018 gefahren sei (pag. 154 Z. 32 ff.). Auf Vorhalt des Radarbildes gab der Beschuldigte an, dass zwei Brüder und 5-6 Cousins ihm ähnlich sähen (pag. 154 Z. 47 ff.). Den Beifahrer kenne er nicht (pag. 154 Z. 52 ff.). Auch am 14. Juli 2018 sei der Cousin gefahren (pag. 154 f. Z. 57 ff.). Dieser Cousin, O.__, sei drei Wochen im Juli 2018 in der Schweiz gewesen, er besuche da immer seine Kollegin (pag. 155 Z. 86 f.). Er, der Beschuldigte, habe die Schlüssel des Audis einfach ohne Erlaubnis des Vaters genommen und seinem Cousin gegeben, sein Vater sei damals im Kosovo gewesen (pag. 156 Z. 111 f.). Der Beschuldigte übermittelte der Polizei die Telefonnummer und auch einen Scan der Ausweispapiere von O.__ bereits im November 2018 (pag. 157 ff.). Auch später blieb er bei diesen Aussagen und erklärte trotz des Vorhaltes, die Radarfotos zeigten nicht O.__, dass sein Cousin O.__ der Fahrzeugführer auf den Radarfotos sei (pag. 469 Z. 32 ff.). Der Halter des Fahrzeuges, der Vater des Beschuldigten, meinte, es könnte sein, dass es sein Cousin gewesen sei, der das Auto gelenkt habe. Die Autoschlüssel gebe er nur seinen Kindern Cousins (pag. 129). Rund zwei Monate später erläuterte er, damals sei er in den Ferien mit einem anderen Auto im Ausland unterwegs gewesen (pag. 146 Z. 24 ff.). Er wisse nicht, wer gefahren sei und könne mangels Brille gerade nichts zu den Radarfotos sagen (pag. 146 Z. 46 ff.).
Zunächst fällt auf, dass der Beschuldigte zu Beginn äusserte, er habe das Fahrzeug an zwei Freunde ausgeliehen (pag. 118). Geraume Zeit später lenkte er dann den Fokus auf seinen Cousin O.__, welcher im Ausland – sogar in Haft sei – und damit für die Strafverfolgungsbehörden nur schwer greifbar. AG.__ – welcher in dieser Zeit im Zusammenhang mit den weiteren Delikten regelmässig als Fahrer in Erscheinung trat – habe damit nichts zu tun (pag. 773 Z. 1 ff.). Gemäss Angaben des Beschuldigten soll O.__ damals zwar noch etwas anders ausgesehen haben, wobei er dies bezogen auf die Haarlänge sagte (vgl. pag. 772 Z. 4 ff.), während dem die Vorinstanz ihre Folgerungen aber aufgrund der Gesichtszüge und nicht der Frisur machte. Tatsächlich ist auch die Kammer davon überzeugt, dass mit Blick auf die Gesichtsform der auf den Radarfotos ersichtliche Lenker nicht O.__ gewesen sein kann, weshalb entsprechende Beweiserhebungen –ergänzungen zu Recht unterblieben sind. Kommt hinzu, dass AF.__, welcher zweifelsohne am 10. Juli 2018 als Beifahrer im Audi sass, O.__ gar nicht kannte (pag. 94 Z. 80 f.). Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass gerade die Wangen- und Kinnpartie des geblitzten Lenkers auffallende Ähnlichkeit mit dem Beschuldigten hat. Diese Ähnlichkeit, gepaart mit den Bemühungen des Beschuldigten, eine andere und nicht greifbare Person als Täter in den Fokus zu rücken, ferner das weitere wenig glaubhafte Aussageverhalten des Beschuldigten und die Angaben von AF.__ und AJ.__ führen unweigerlich zum Schluss, dass es sich beim Lenker bei den beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen vom 10. Juli 2018 und 14. Juli 2018 um den Beschuldigten handelte. Abschliessend sei noch erwähnt, dass – entgegen der Verteidigung – auch die Polizisten zu diesem Ergebnis gelangten. So führte AP.__ im Berichtsrapport vom 24. April 2019 aus, dass es sich aus Sicht des Schreibenden in beiden Fällen um den Beschuldigten handle (pag. 131). Im Anzeigerapport vom 27. Mai 2019 hielt AQ.__ zudem fest, dass aufgrund des Vergleichs zwischen den Fotos der Geschwindigkeitsüberschreitungen und denjenigen des Beschuldigten (Foto Faber) und O.__ (Identitätskarte) ganz klar nicht O.__, sondern der Beschuldigte der verantwortliche Lenker sei (pag. 118). Der Sachverhalt gemäss Ziff. 6, 8.1.1, 8.1.2 und 8.2 der Anklageschrift ist entsprechend erstellt.
5. SVG-Widerhandlungen und Hinderung einer Amtshandlung in AD.__ vom 12. April 2019
5.1 Vorwurf gemäss Ziff. I.8.4 (SVG-Widerhandlungen) und Ziff. I.7. (Hinderung einer Amtshandlung) der Anklageschrift (pag. 382 f.)
Die Vorinstanz fasste die Anklagepunkte gemäss Anklageschrift wie folgt zusammen (pag. 581 f.; S. 52 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung):
Unter diesen Ziffern der AKS wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er sei am 12.04.2019 um ca. 04:00 Uhr im Bereich W.__ / X.__ / Y.__ / Q.__ und evtl. anderswo in P.__ nachts mit einem Fahrrad ohne Licht auf der Strasse gefahren (Ziff. 8.4.1 AKS). Ferner habe er mit dem Fahrrad unerlaubt ein Trottoir befahren (Ziff. 8.4.2 AKS) und während der Fahrt mit dem Fahrrad mehrfach Richtungsänderungen vorgenommen, ohne diese mittels Handzeichen anzuzeigen (Ziff. 8.4.3 AKS). Daraufhin habe er der mittels Lautsprecher und Matrix des Polizeifahrzeugs erfolgten Aufforderung «Stopp Polizei» keine Folge geleistet. Vielmehr habe er versucht, sich der Kontrolle durch die Polizei zu entziehen, indem er davongerannt sei und sich hinter einem parkierten Auto versteckt habe (Ziff. 7 AKS).
5.2 Beweisergebnis der Vorinstanz
Die Vorinstanz legt den Ausführungen der Polizei in ihrem Wahrnehmungsbericht massgebliches Gewicht bei. Auch wenn die Polizei den fehlbaren Fahrradlenker nicht lückenlos bis zur Anhaltung des Beschuldigten verfolgt habe, habe man das Gesicht des Lenkers gesehen und den Beschuldigten nur kurze Zeit später angehalten. Demgegenüber äussere sich der Beschuldigte erneut widersprüchlich, lege seinen Fokus auf ein Fehlverhalten der Polizei. Die Aussagen des Beschuldigten seien unglaubhaft und gestützt auf den Wahrnehmungsbericht sei der Sachverhalt gemäss Ziff. 7, 8.4.1, 8.4.2 und 8.4.3 der Anklageschrift beweismässig erstellt (pag. 584 f.; S. 55 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
5.3 Oberinstanzliche Vorbringen der Parteien
Die Verteidigung führte im Wesentlichen aus, dass es sich bei diesem Vorfall um eine Verwechslung gehandelt habe. Der Beschuldigte sei einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Bei der Anhaltung sei er von der Polizei so hart angegangen worden, dass er sich in den Notfall habe begeben müssen. Aus dem Wahrnehmungsbericht des Polizisten gehe hervor, dass er und sein Kollege zwei Velofahrer verfolgt und aus den Augen verloren hätten. Den Beschuldigten habe man dann wegen seiner grauen Daunenjacke wiedererkennen wollen. Der Beschuldigte sei wegen einer «0815-Jacke» verwechselt worden, weil er beim Erblicken des weissen Kastenwagens erschrocken sei. Es sei kein Polizeiauto gewesen, es hätte also sonst wer sein können. Die Aussagen des Beschuldigten seien widerspruchsfrei, detailliert und daher glaubhaft. Aufgrund des Spitalberichts vom 12. April 2019 sei auch erwiesen, dass der Beschuldigte mehrere Verletzungen erlitten habe. Gestützt darauf sei somit erstellt, dass der Polizist AR.__ sein Verhalten schönrede bzw. -schreibe. Es sei nicht auszuschliessen, dass die Polizisten gemeint hätten, es handle sich beim Beschuldigten um den flüchtigen Velofahrer. Der Beschuldigte sei Opfer einer Verwechslung geworden und daher von Ziff. 7 und 8.4 der Anklageschrift freizusprechen (pag. 778 f.).
Die Generalstaatsanwaltschaft führte schliesslich aus, dass heute eindrücklich von Notfall gesprochen worden sei. Die Ärztin habe aber leichte Abschürfungen feststellen können. Hier hätten wir es mit Polizisten zu tun, wobei davon auszugehen sei, dass sie spezielles Schuhwerk getragen hätten. Das in den Kopf Kicken sei eine schwere Körperverletzung mit gravierenden Folgen. Der Bericht lasse aber keine Rückschlüsse darauf zu, dass die Blessuren mit der Sicherung der Polizei in Zusammenhang stehen würden. Sie könnten auch von sonst wo stammen. Bei einer Sicherung und einem dynamischen Geschehen könne es zu Schürfungen kommen. Das Verhalten sei eine gezielte Strategie, um Druck gegen die Strafverfolgungsbehörden auszuüben. Im Bericht des Spitals (pag. 698) werde festgehalten, dass der Beschuldigte mit den Kollegen unterwegs gewesen sei. Er gebe also selber zu, dass er nicht allein unterwegs gewesen sei. Die Aussagen des Beschuldigten würden von Einvernahme zu Einvernahme variieren und seien absolut unglaubhaft. Der angeklagte Sachverhalt sei entsprechend erstellt (pag. 786).
5.4 Bestrittener/unbestrittener Sachverhalt
Der Beschuldigte bestreitet nicht, in der fraglichen Nacht unterwegs gewesen zu sein. Allerdings bestreitet er die Velofahrt bzw. äusserte er sich später nicht mehr dazu. Auf jeden Fall habe er sich nicht versteckt, sei nicht geflüchtet und sei mit übertriebener Härte angehalten worden. Sämtliche Vorwürfe werden somit bestritten.
5.5 Beweismittel
5.5.1 Vorbemerkungen
Auch bei diesem letzten Sachverhaltskomplex kann grundsätzlich auf die korrekte Auflistung der Beweismittel (Anzeigerapport, Aussagen Beschuldigter) durch die Vorinstanz verwiesen werden (pag. 582 ff; S. 53 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Darauf ist nur, soweit notwendig, im Rahmen der Beweiswürdigung zurückzukommen.
5.5.2 Oberinstanzliche Beweisergänzungen
Dem Notfallbericht vom 12. April 2019 des Spitalzentrums AD.__ ist zu entnehmen, dass es am 12. April 2019 zu einer Behandlung/Konsultation betreffend den Beschuldigten gekommen ist. Der Beschuldigte soll sich in der Notaufnahme gemeldet haben, weil er an diesem Morgen um 04:00 Uhr auf dem Marktplatz von der Polizei aufgegriffen worden sei, als er mit Kollegen unterwegs gewesen sei. Die beiden Polizisten hätten ihn beschuldigt, mit dem Fahrrad geflüchtet zu sein. Sie hätten ihn dann zu Boden gedrückt und gegen den Kopf in frontaler Höhe, die rechte Hüfte und die linke Hand getreten. Zudem wurden Hautabschürfungen vorne rechts, an der Hüfte und am rechten Ellenbogen und eine Verstauchung des linken Zeigefingers festgestellt (pag. 698 f.).
Der Beschuldigte führte anlässlich der oberinstanzlichen Befragung auf entsprechende Fragen hin aus, dass er an diesem Morgen, es sei 04:00 Uhr 05:00 Uhr gewesen, unterwegs zu einem Kollegen gewesen sei, um Zigaretten zu holen. Er habe das weisse Polizeiauto in Zivil gesehen und nicht gewusst, dass es die Polizei sei. Es habe direkt abgebremst und er habe sich kurz versteckt. Er habe nicht gewusst, was los sei und als sie «Polizei» geschrien hätten habe er sich ergeben und die Hände hochgehalten. Sie hätten ihn auf den Boden «getan» und «geschlagen, eigentlich» (pag. 769 Rz. 41). Es sei so dunkel gewesen, jede Jacke könne grau aussehen, vor allen an diesem Ort, wo er unterwegs gewesen sei (pag. 769 Z. 35). Als die Polizisten ihn in die Zelle gebracht hätten, habe er geblutet und deshalb geklingelt. Er habe ihnen gesagt, dass er einen Arzt so brauche, woraufhin sie ihn gefragt hätten, ob sie seine Mutter rufen sollten. Als er wieder geklingelt habe, hätten sie die Musik laufen lassen. Sie hätten gesehen, dass er sich ergeben habe, seine Hände hochgestreckt habe. Aber sie seien einfach auf ihn los und hätten reingekickt. Als er mit dem Gesicht auf dem Boden gewesen sei, hätten sie ihn einfach weitergedrückt und der andere Polizist habe ihn noch gekickt. Sie hätten ihn gefragt, wo der andere sei, woraufhin er gefragt habe, wen sie meinten. Sie seien sehr schnell gefahren und hätten abgebremst, was ihm Angst gemacht und weshalb er sich daher versteckt habe. Er habe nicht gewusst, dass es die Polizei gewesen sei (pag. 773 Z. 12 ff.). Er sei auf dem Weg zu einem Kollegen gewesen, AS.__. Er sei ein Schulkollege und wohne ca. 50 Meter von der Schule, Oberstufe AT.__, entfernt. Damals sei er in einer schlechten Phase und immer bis früh morgens wach gewesen (pag. 773 Z. 33 ff.). Er sei nicht mit dem Fahrrad und nicht mit einem Kollegen unterwegs gewesen, sondern zu Fuss und allein (pag. 774 Z. 1 ff.).
5.6 Beweiswürdigung durch die Kammer
Der Argumentation der Vorinstanz kann gefolgt werden, zumal die Polizei den Beschuldigten sowohl als fehlbaren Velofahrer als auch als in zeitlich/örtlicher Nähe kontrollierte/angehaltene Person bezeichnet. Der EL Fall äusserte zur Identifikation des einen Velofahrers, er sei zeitweise zu Fuss gefolgt und: «Der hintere der beiden Flüchtigen trug eine graue enge Trainerhose, schwarze Turnschuhe sowie eine graue Daunenjacke mit der Kapuze oben. Da er sich mehrmals nach hinten umschaute, konnte ich das Gesicht des Beschuldigten erkennen» (pag. 197). Insoweit erfolgte die Identifikation nicht einfach anhand der Kleidung, sondern – aufgrund des mehrmaligen nach hinten Schauens des Beschuldigten – anhand seines Gesichts. Die Person mit grauer Daunenjacke habe man dann an der Q.__ angehalten, nachdem diese sich noch zu verstecken versucht habe (pag. 197). Aufgrund der Anzeige war die Polizei damals auch ganz klar als solche erkennbar. Kommt hinzu, dass die Aussagen des Beschuldigten nicht als konstant bezeichnet werden können; einerseits führte er aus, auf dem Weg zu einem Kollegen gewesen zu sein und andererseits sprach er laut Anamnese der zuständigen Ärztin davon, dass er mit Kollegen unterwegs gewesen sei.
Anlässlich der Berufungsverhandlung erwähnte der Beschuldigte dann erstmals, dass er in der fraglichen Nacht zu einem Kollegen, AS.__, unterwegs gewesen sei, um Zigaretten zu holen (pag. 769 Z. 36 f.; pag. 773 Z. 38 ff.). Diese Ausführungen erscheinen mit Blick auf den Zeitablauf und die Tatsache, dass er dies erstmals – und auf eigene Initiative hin – vorbrachte, nachgeschoben, um seine Version der Geschichte zu plausibilisieren. Zudem wirken seine Schilderungen überzeichnet, wenn seine Hinweise auf das Zusammenschlagen/Tritte gegen den Kopf mit den Feststellungen des Spitals verglichen werden (pag. 698), wohin der Beschuldigte zudem nicht eingeliefert worden ist, sondern sich selber begab (pag. 698/687: «qui se présente aux urgences pour un constat de coup»).
Angefügt sei, dass die Polizei selber – und zudem sachlich-neutral – einräumte, sie habe den Beschuldigten angesichts der Umstände mittels Ellenbogenhebel zu Boden geführt und in Handschellen gelegt. Aufgrund der Äusserungen des Beschuldigten vor Ort und auch auf der Polizeiwache (vgl. pag. 201/204 Z. 22 f.: «Die Polizei hat mich zusammengeschlagen») wurden die erlittenen Blessuren bereits durch die Polizei festgehalten (pag. 197). Die von der Verteidigung vorgelegten Spitalberichte samt Fotos (pag. 687, pag. 698-701), die von gewissen Abschürfungen und Schwellungen sprechen, gehen prima vista nicht über das hinaus, was schon die Polizei selber festgehalten hat. Insbesondere erhellt daraus nicht, dass der Beschuldigte zusammengeschlagen bzw. einen Kick an den Kopf erhalten hätte, wie er geltend machte. Dabei wären – wie der Generalstaatsanwaltschaft beizupflichten ist – aufgrund des polizeilichen Schuhwerkes weitaus gravierendere Verletzungen zu erwarten gewesen. Des Weiteren ist auch nicht ersichtlich, dass die Polizei einem Irrtum in der Person verfallen wäre Anlass für falsche Angaben in ihrem Bericht gehabt hätte, zumal der Beschuldigte selbst einräumte, die Polizisten vorher nicht gekannt zu haben.
Insgesamt erscheint auch bei diesen beiden Sachverhaltskomplexen belastend das nicht bzw. wenig nachvollziehbare Aussageverhalten des Beschuldigten (vgl. die allgemeinen Ausführungen der Vorinstanz hierzu [pag. 538, S. 9 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung]). Zudem passen sowohl die SVG-Delikte wie auch die Flucht vor der Polizei zu sonstigem in der Vergangenheit gezeigtem Verhalten des Beschuldigten (siehe bspw. Strafbefehle vom 16. April 2018 [pag. 235] und vom 2. Juni 2020 [pag. 490] zum Umgang mit der Polizei; allgemein pag. 305/454).
Aufgrund der obigen Ausführungen erachtet die Kammer den Sachverhalt gemäss Ziff. 7 und 8.4 (8.4.1-8.4.3) der Anklageschrift somit als erstellt.
III. Rechtliche Würdigung
1. Einbruchdiebstahl F.__ AH.__, D.__ vom 30./31. Juli 2018
1.1 Legitimation Strafantrag
Bei den Tatbeständen des Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0) und der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 StGB handelt es sich um Antragsdelikte. Entsprechend ist ein gültiger Strafantrag vorausgesetzt, was nachfolgend zu prüfen ist.
Der entsprechende Strafantrag gegen unbekannte Täterschaft, wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs, unterzeichnet am 31. Juli 2018 durch G.__, wobei sie sich auch als Geschädigte bezeichnete, findet sich Pagina 15. Der Strafantrag erfolgte zeitgerecht (Art. 31 StGB) und musste nicht nachträglich auf Grund der Ermittlung des Beschuldigten namentlich gegen ihn gerichtet werden (BGE 92 IV 75).
Nach Art. 30 Abs. 1 StGB kann jede Person, die durch ein Antragsdelikt verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. Verletzt ist der Träger des unmittelbar angegriffenen Rechtsguts, mithin der/die Geschädigte. Bei Eigentumsdelikten ist auch antragsberechtigt, wer ein dem Eigentümer gleichartiges, rechtlich geschütztes Interesse hat sonst besondere Verantwortung für die Erhaltung der Sache hat (Mieter, Treunehmer). Beim Hausfriedensbruch ist der Begriff des Berechtigten wesentlich. Berechtigter ist derjenige, dem die Verfügungsgewalt über das Haus zusteht, gleichgültig, ob sie auf einem dinglichen, obligatorischen auf einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis beruht (BGE 103 IV 163). Ein Hausrecht steht auch Mietern, Untermietern und Pächtern zu. Zur Berechtigung zur Stellung des Strafantrags im Namen einer juristischen Person im Allgemeinen und hier durch Frau G.__ im Speziellen können die zutreffenden Ausführungen der
Vorinstanz angerufen werden (pag. 539 f.; S. 10 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
Ergänzend bzw. teilweise wiederholend kann festgehalten werden, dass sich im Falle einer juristischen Person die Zuständigkeit zur Antragstellung nach deren Organisation richtet. Befugt ist dasjenige Organ, das zur Wahrung der durch das Delikt verletzten Interessen berufen ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_295/2020 vom 22. Juli 2020 E. 1.4.4.). Die jeweiligen Kompetenzen ergeben sich aus dem Handelsregister bzw. aus den Statuten. Bei einem Verein ist der Vereinspräsident antragsbefugt (Riedo, in: Basler Kommentar StGB/JStG, 4. Aufl. 2019, N. 81 zu Art. 30 StGB). Bei einer juristischen Person sind nach Bundesgericht sodann all jene Personen berechtigt, wegen eines Delikts gegen das Vermögen der juristischen Person in deren Vertretung Strafantrag zu stellen, die ausdrücklich stillschweigend damit beauftragt sind, die infrage stehenden Interessen der juristischen Person zu wahren bzw. den betreffenden Vermögenswert zu verwalten. Massgebend ist, dass der Strafantrag dem Willen der Gesellschaftsorgane nicht widerspricht und von diesen genehmigt werden kann. Zur Strafantragsstellung bedarf es keiner besonderen Ermächtigung im Sinne von Art. 462 Abs. 2 des Obligationenrechts (OR; SR 220), wenn der Strafantrag lediglich darauf abzielt, den öffentlichen Ankläger in die Lage zu versetzen, das Strafverfahren einzuleiten (Urteil des Bundesgerichts 6B_295/2020 vom 22. Juli 2020 E. 1.4.4.).
Zunächst ist zwischen der eigenen Strafantragsberechtigung einer Person und der Befugnis, als Vertreterin für die strafantragsberechtigte Person einen Strafantrag zu stellen, zu unterscheiden (Urteil des Bundesgerichts 6B_295/2020 vom 22. Juli 2020 E. 1.4.5.). In einem ersten Schritt ist entsprechend zu prüfen, ob G.__ selbst strafantragsberechtigt war.
Der Familiengartenverein AH.__ wurde durch den Vorfall vom 30./31. Juli 2018 geschädigt. Ob G.__ zeichnungsberechtigt für den Verein war und/oder eine Organstellung innehatte, lässt sich vorliegend nicht abschliessend sagen. Jedenfalls liess sich der Verein nicht im Handelsregister eintragen (ist auch nur unter gewissen Voraussetzungen zwingend, vgl. Art. 61 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [ZGB; SR 210]) und auch sonst liegen keine Unterlagen diesbezüglich vor. Allerdings wurde G.__ auf der Internetseite des Familiengartenvereins AH.__ unter der Rubrik Vorstand sowie F.__ als Einzelperson aufgeführt (pag. 665), was die Vermutung nahelegt, dass sie für die F.__ allein zuständig war, mithin also – wie auf dem Strafantrag vermerkt – mit deren Geschäftsführung und damit auch der Wahrung des Hausrechts betraut war. Damit oblag ihr auch eine besondere Verantwortung für die Erhaltung des Gegenstandes bzw. für die Aufrechterhaltung des Betriebs. Entsprechend wurde sie durch den fraglichen Vorfall aufgrund ihrer Geschäftsführungsbefugnisse denn auch selbst unmittelbar in ihren Interessen beeinträchtigt, da ihr die Verfügungsgewalt über die Sache zustand und sie durch das Ereignis in der Nutzung der Sache beeinträchtigt wurde. Sie konnte nicht mehr frei darüber verfügen (z.B. Gäste bewirten). Das Bundesgericht führte denn auch in dem von der Vorinstanz zitierten Entscheid aus, dass nicht im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer zur Stellung des Antrags befugt sind, soweit es um den Schutz des Geschäftsvermögens geht und der Strafantrag nicht gegen den Willen der Gesellschaftsorgane gestellt wird (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_762/2008 vom 8. Januar 2009 E. 3.5). Dies dürfte hier ohne Weiteres erfüllt sein. Eine besondere Ermächtigung i.S.v. Art. 462 Abs. 2 OR war nicht vonnöten. Entsprechend war G.__ zur Stellung des Strafantrages legitimiert. Dieser ist folglich gültig.
Sollte man dennoch zum Ergebnis gelangen, G.__ sei keine eigene Strafantragsberechtigung zugekommen, so wäre in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sie den Strafantrag als ermächtigte Vertreterin des Vereins stellte. Eine ausdrückliche Vollmacht findet sich nicht in den Akten. Allerdings dürfte sie – wiederum mit Blick auf den Internetausdruck – für die F.__ (allein) zuständig gewesen sein, was bedeutet, dass sie für den Betrieb und dessen Aufrechterhaltung verantwortlich war. Als Alleinverantwortliche der F.__ war G.__ zur Wahrung des durch den Beschuldigten verletzten Hausrechts zuständig. Zudem könnte man auch aus dem Strafantrag schlussfolgern, dass sie diesen als Vertreterin des Vereins stellte (zwar wird unter «geschädigt» G.__ und wohl ihre Privatadresse angegeben, allerdings unter «betrifft» dann die F.__). Wie bereits oben ausgeführt, ist auch hier davon auszugehen, dass sie den Strafantrag nicht gegen den Willen des Vereins stellte. Sie war aufgrund ihres Aufgabenbereichs bzw. ihrer Funktion zur Wahrung des Hausrechts verpflichtet und somit zur Antragstellung im Namen des Vereins ermächtigt. Sie erhob damit den Strafantrag im Rahmen ihrer Zuständigkeit. Entsprechend würde auch in dieser Konstellation ein gültiger Strafantrag vorliegen.
1.2 Theoretische Grundlagen
Für die theoretischen Darlegungen zu den Tatbeständen kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (pag. 549 ff.; S. 20 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
1.3 Subsumtion
1.3.1 Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1 StGB)
Gestützt auf das Beweisergebnis steht fest, dass der Beschuldigte Deliktsgut (alkoholische Getränke, Zigaretten etc.) im Gesamtwert von ca. CHF 3'439.00 aus der F.__ AH.__ entwendete. Sämtliche Gegenstände stellen fremde, bewegliche Sachen dar. Indem er diese unrechtmässig an sich nahm und aus den Räumlichkeiten der F.__ wegschaffte, führte er den Bruch fremden Gewahrsams herbei und begründete neuen Gewahrsam. Der Beschuldigte handelte vorsätzlich. Dabei wollte er sich das Deliktsgut aneignen und sich unrechtmässig bereichern. Sein Verhalten erfüllt sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht die Tatbestandsmerkmale von Art. 139 Ziff. 1 StGB. Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründe sind keine ersichtlich. Der Beschuldigte ist folglich des Diebstahls gemäss Art. 139 Ziff. 1 StGB schuldig zu sprechen.
1.3.2 Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 StGB)
Der Beschuldigte beschädigte zwecks Begehung des Diebstahls auf der Nordseite der F.__ AH.__ den Holzrahmen eines Fensters und eine vor einem Flügelfenster angebrachte Lichterkette. Zudem schaltete er sämtliche Sicherungen aus, wodurch die in der Tiefkühltruhe befindlichen Lebensmittel verdarben. Dadurch verursachte er einen Sachschaden von ca. CHF 798.00. Der objektive Tatbestand von Art. 144 Abs. 1 StGB ist erfüllt. Der Beschuldigte handelte in Bezug auf die Beschädigung des Holzrahmens und der Lichterkette direktvorsätzlich; er wollte sich Zugang zum Innenraum der F.__ AH.__ verschaffen. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim Tatobjekt um ein Restaurant handelte, musste der Beschuldigte – wie die Vorinstanz treffend im Rahmen der Strafzumessung festhielt – durch das Ausschalten der Sicherungen mit weitergehenden Folgen des Stromunterbruchs, nämlich dem Verderben von Lebensmitteln, rechnen. Entsprechend handelte er diesbezüglich eventualvorsätzlich. Rechtfertigungs- und/oder Schuldausschlussgründe sind weder ersichtlich noch geltend gemacht worden. Der Beschuldigte hat sich entsprechend der Sachbeschädigung i.S.v. Art. 144 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
1.3.3 Hausfriedensbruch (Art. 186 StGB)
Wie bereits dargelegt, beschädigte der Beschuldigte den Holzrahmen eines Fensters und eine vor dem Flügelfenster angebrachte Lichterkette, um die F.__ AH.__ betreten zu können. Unter diesen Umständen steht ausser Frage (siehe hierzu auch die im Innern aufgefundene Blumenkistenhalterung mit einem DNA-Hit auf den Beschuldigten), dass der Beschuldigte die genannte Liegenschaft gegen den Willen der Berechtigten unrechtmässig betrat. Zudem ist klar, dass er sich in die Liegenschaft begab, obschon er wusste, dass er dazu nicht berechtigt war. Der objektive und subjektive Tatbestand von Art. 186 StGB sind somit erfüllt. Rechtfertigungs- und/oder Schuldausschlussgründe sind weder ersichtlich noch dargetan. Der Beschuldigte hat sich somit des Hausfriedensbruchs gemäss Art. 186 StGB schuldig gemacht.
1.3.4 Fazit
Auf Grund der obigen Darlegungen ist der Beschuldigte als Hauptbeteiligter am Einbruchdiebstahl anzusehen. Da auch die formelle Voraussetzung (Vorliegen eines fristgerechten Strafantrages durch legitimierte Person) zu bejahen ist, ist der Beschuldigte im Sinne von Ziff. I.1, 2 und 3.1 der Anklageschrift schuldig zu erklären des Diebstahls, der Sachbeschädigung sowie des Hausfriedensbruches, begangen in der Nacht vom 30. Juli 2018 auf den 31. Juli 2018 in D.__ zum Nachteil von G.__.
2. Vorfall nach Verkehrsunfall in H.__ vom 26. Oktober 2018
2.1 Theoretische Grundlagen
Für die theoretischen Darlegungen zu den Tatbeständen kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (pag. 567 f.; S. 38 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
2.2 Subsumtion
2.2.1 Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 StGB)
Die formellen Voraussetzungen (frist- und formgerechter Strafantrag durch die legitimierte Person liegen vor [pag. 35 ff.;]) sind erfüllt.
Gestützt auf das Beweisergebnis steht fest, dass der Beschuldigte mehrmals mit den Füssen gegen die Fahrertür und die Karosserie hinten rechts des von L.__ gelenkten J.__-Patrouillenfahrzeuges trat und dadurch mehrere Beulen verursachte. Er hat damit vorsätzlich eine fremde, bewegliche Sache beschädigt. Der objektive und subjektive Tatbestand von Art. 144 Abs. 1 StGB ist erfüllt. Rechtfertigungs- und/oder Schuldausschlussgründe sind weder ersichtlich noch geltend gemacht worden. Der Beschuldigte hat sich entsprechend der Sachbeschädigung i.S.v. Art. 144 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
2.2.2 Drohung (Art. 180 Abs. 1 StGB)
Der im vorliegenden Fall notwendige fristgerechte Strafantrag seitens L.__ liegt vor (pag. 84 f.). Die formellen Voraussetzungen sind somit erfüllt.
Bei der durch den Beschuldigten gegenüber L.__ ausgesprochenen Drohung, er werde ihn kaputt machen und umbringen, wenn er seinen Namen herausfinde, handelt es sich um eine schwere Drohung i.S.v. Art. 180 StGB. L.__ hat die Drohungen ernst genommen und wurde dadurch in Angst versetzt, was die Absicht des Beschuldigten war. Er handelte folglich direktvorsätzlich. Sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand der Drohung sind erfüllt. Rechtfertigungsoder Schuldausschliessungsgründe sind keine ersichtlich. Der Beschuldigte hat sich entsprechend der Drohung i.S.v. Art. 180 StGB schuldig gemacht.
3. SVG-Widerhandlungen in R.__ vom 10. Juli 2018 und in U.__ vom 14. Juli 2018 sowie falsche Anschuldigung in AD.__ vom 25. März 2019
3.1 Theoretische Grundlagen
Nach Art. 90 Abs. 2 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG; SR 741.01) macht sich strafbar, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft in Kauf nimmt. Der objektive Tatbestand von Art. 90 Abs. 2 SVG ist erfüllt, wenn der Täter erstens eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und zweitens dadurch die Verkehrssicherheit ernstlich gefährdet. Dabei genügt eine erhöhte abstrakte Gefährdung. Wesentliches Kriterium für die Annahme einer erhöhten abstrakten Gefahr ist die Nähe der Verwirklichung. Die allgemeine Möglichkeit der Verwirklichung einer Gefahr genügt demnach nur zur Erfüllung des Tatbestands von Art. 90 Abs. 2 SVG, wenn in Anbetracht der Umstände der Eintritt einer konkreten Gefährdung gar einer Verletzung naheliegt (BGE 142 IV 93 E. 3.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_1039/2021 vom 14. Januar 2022 E. 1.3.1; je mit weiteren Hinweisen). Zu den wichtigen bzw. grundlegenden Verkehrsvorschriften gehört unter andern auch jene über die Geschwindigkeit (Weissenberger, in: Kommentar Strassenverkehrsgesetz und Ordnungsbussengesetz, 2. Aufl. 2015, N. 62 f. zu Art. 90 SVG).
Subjektiv erfordert der Tatbestand ein rücksichtsloses sonst schwerwiegend verkehrswidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, bei fahrlässiger Begehung mindestens grobe Fahrlässigkeit (Urteil des Bundesgerichts 6B_1235/2021 vom 23. Mai 2022 E. 1.4.2). Rücksichtslos ist unter anderem ein bedenkenloses Verhalten gegenüber fremden Rechtsgütern. Dieses kann gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch in einem blossen (momentanen) Nichtbedenken der Gefährdung fremder Interessen bestehen (Urteile des Bundesgerichts 6B_300/2021 vom 14. Juli 2021 E. 3.2.1; 6B_505/2020 vom 13. Oktober 2020 E. 1.1.1). Die Rücksichtslosigkeit ist ausnahmsweise zu verneinen, wenn besondere Umstände vorliegen, die das Verhalten subjektiv in einem milderen Licht erscheinen lassen (BGE 142 IV 93 E. 3.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_300/2021 vom 14. Juli 2021 E. 3.2.1; je mit Hinweisen). Solche entlastenden Umstände hat das Bundesgericht bei der Mehrheit der Geschwindigkeitsüberschreitungen verneint. Gute Witterungs-, Strassen- und Verkehrsverhältnisse stellen keine besonderen Umstände im Sinne der Rechtsprechung dar (Urteile des Bundesgerichts 6B_1039/2021 vom 14. Januar 2022 E. 1.3.1; 6B_300/2021 vom 14. Juli 2021 E. 3.2.1; 6B_505/2020 vom 13. Oktober 2020 E. 1.1.1; 6B_1204/2016 vom 24. Mai 2017 E. 3.3.1; 6B_33/2015 vom 5. Mai 2015 E. 1.2; je mit Hinweisen). Der subjektive Tatbestand ist nicht bloss bezüglich der Verletzung der Verkehrsregeln, sondern auch hinsichtlich der damit einhergehenden Folgen bzw. der Risikoverwirklichung zu prüfen (sog. «doppelter Vorsatz»;).
Das Bundesgericht knüpft die Anwendbarkeit von Art. 90 Abs. 2 SVG im Bereich der Geschwindigkeitsüberschreitungen an bestimmte Schwellenwerte. Es nimmt in der Regel, d.h. ungeachtet der konkreten Umstände, dann eine grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG an, wenn die beschuldigte Person die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Strassen ausserorts um 30 km/h mehr auf der Autobahn um 35 km/h mehr überschreitet (vgl. beispielhaft etwa BGE 123 II 106 2c S. 112 f.; Urteile des Bundesgerichts 6B_510/2019 vom 8. August 2019 E. 3.2, 6B_253/2019 vom 1. Juli 2019 E. 3.8, 6B_661/2016 vom 23. Februar 2017 E. 1.2.1, 1C_87/2016 vom 13. Juni 2016 E. 2.1.2, 6B_148/2012 vom 30. April 2012 E. 1.2 mit Hinweisen).
Zur Frage des Fahrens ohne Berechtigung kann hier die von der Vorinstanz wiedergegebene Beschreibung wiederholt werden (pag. 580; S. 51 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung): Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe wird bestraft, wer ohne Lernfahrausweis ohne die vorgeschriebene Begleitung Lernfahrten ausführt (Art. 95 Abs. 1 Bst. d SVG). Art. 15 Abs. 1 SVG legt fest, dass Lernfahrten auf Motorwagen nur mit einem Begleiter unternommen werden dürfen, der das 23. Altersjahr vollendet hat und seit wenigstens drei Jahren den entsprechenden Führerausweis besitzt.
Der falschen Anschuldigung nach Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB macht sich schuldig, wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen. Wer sich mit der falschen Anschuldigung selbst begünstigen will, geht nicht straffrei aus – straflos ist lediglich das blosse Bestreiten (Trechsel/Pieth, in: Praxiskommentar StGB, 4. Aufl. 2021, N. 10 zu Art. 303 StGB). Für ergänzende Ausführungen sei auf die Darlegungen der Vorinstanz verwiesen (pag. 581; S. 52 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
3.2 Subsumtion
3.2.1 Grobe Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreitung der gesetzlichen Höchstgeschwindigkeit (Art. 90 Abs. 2 SVG i.V.m. Art. 32 Abs. 2 SVG i.V.m. Art. 4a Abs. 1 VRV)
Gemäss dem erstellten Sachverhalt war der Beschuldigte am 10. Juli 2018 bei einer geltenden Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h mit einer gemessenen Geschwindigkeit von 127 km/h unterwegs. Nach Abzug einer Sicherheitsmarge von 6 km/h überschritt er die geltende Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h. Zudem überschritt der Beschuldigte am 14. Juli 2018 auf der Autobahn A5 die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h – unter Berücksichtigung des Toleranzabzugs von 7 km/h – um 63 km/h. In Anbetracht der Tatsache, dass der Beschuldigte die signalisierten Höchstgeschwindigkeiten um 41 km/h bzw. 63 km/h – und damit massiv – überschritt, liegt im Sinne der zuvor aufgeführten bundesgerichtlichen Rechtsprechung objektiv eine grobe Verkehrsregelverletzung nach Art. 90 Abs. 2 SVG vor. Aufgrund der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung ist darauf zu schliessen, dass er mit Wissen und Wollen, also vorsätzlich, die Höchstgeschwindigkeit überschritt und damit eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer zumindest in Kauf nahm. Folglich sind in beiden Fällen die objektiven und subjektiven Tatbestandselemente von Art. 90 Abs. 2 SVG erfüllt. Es sind weder Rechtfertigungs- noch Schuldausschlussgründe ersichtlich noch dargetan. Der Beschuldigte ist daher der mehrfachen groben Verkehrsregelverletzung, begangen durch Überschreitung der signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 41 km/h und von 120 km/h um 63 km/h, schuldig zu sprechen.
3.2.2 Widerhandlung gegen das SVG durch Fahren ohne Berechtigung (Art. 95 Abs. 1 Bst. d SVG i.V.m. Art. 15 Abs. 1 SVG)
Die Vorinstanz hat die Subsumtion des erstellten Sachverhalts korrekt wie folgt vorgenommen (pag. 580; S. 51 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung):
Es ist beweismässig erstellt, dass der Beschuldigte am 10.07.2018, als er den Personenwagen seines Vaters lenkte, über einen Lernfahrausweis verfügte. AF.__ war bei der Fahrt als blosser Mitfahrer im Auto. Indem der Beschuldigte am 10.07.2018 das Auto seines Vaters gefahren hat, ohne über den erforderlichen Ausweis zu verfügen, hat er den Tatbestand objektiv erfüllt. Er wusste, dass er nicht berechtigt war das Fahrzeug zu führen, daher ist auch der subjektive Tatbestand erfüllt.
Es liegen weder Rechtfertigungs- und/oder Schuldausschlussgründe vor. Der Beschuldigte ist entsprechend im Sinne der Anklageschrift Ziff. 8.2 des Fahrens ohne Berechtigung schuldig zu sprechen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es für den Schuldspruch unerheblich ist, in welcher angedachten Funktion (blosser Mitfahrer Begleitperson) AF.__ bei der fraglichen Fahrt dabei war.
3.2.3 Falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
Der Beschuldigte führte anlässlich der Einvernahme vom 25. März 2019 wahrheitswidrig aus, dass der Nichtschuldige O.__ am 10. Juli 2018 und am 14. Juli 2018 den Audi mit dem Kontrollschild BE AN.__ geführt und dabei die unter Ziff. 8.1.1 und Ziff. 8.1.2 angeklagten Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen habe. Die mehreren falschen Anschuldigungen tätigte der Beschuldigte in der Absicht, selber als Täter ausgeschlossen zu werden und schliesslich einer Verurteilung zu entgehen. Der Beschuldigte wusste jedoch, dass die Anschuldigungen nicht der Wahrheit entsprachen. Er äusserte sie wider besseren Wissens und wollte gegen O.__ eine Strafverfolgung herbeiführen, wobei angefügt sei, dass der Beschuldigte explizit darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die falsche Anschuldigung strafbar sei (vgl. pag. 180 Z. 76 f.). Dabei ging es um die Vorwürfe der groben Verkehrsregelverletzung, mithin um Vergehen (Art. 90 Abs. 2 i.V.m. Art. 102 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 10 Abs. 3 StGB). Es liegen keine Rechtfertigungs- und/oder Schuldausschlussgründe vor. Demnach ist der Beschuldigte der (mehrfachen) falschen Anschuldigung schuldig zu erklären.
4. SVG-Widerhandlungen und Hinderung einer Amtshandlung in AD.__ vom 12. April 2019
4.1 Theoretische Grundlagen
Gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG wird, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt, mit Busse bestraft. Solche Verkehrsregeln sind: Fahrräder müssen nach Art. 216 Abs. 1 der Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS; SR 741.41), wenn eine Beleuchtung nach Art. 41 SVG und Art. 30 der Verkehrsregelverordnung (VRV; SR 741.11) erforderlich ist, mindestens mit einem nach vorn weiss und einem nach hinten rot leuchtenden, ruhenden Licht ausgerüstet sein. Weiter ist gemäss Art. 39 Abs. 1 SVG und Art. 28 Abs. 1 VRV jede Richtungsänderung mit dem Richtungsanzeiger durch deutliche Handzeichen rechtzeitig bekannt zu geben. Zuletzt ist gemäss Art. 43 Abs. 2 SVG und Art. 41 Abs. 2 VRV das Trottoir den Fussgängern vorbehalten. Muss hingegen mit einem Fahrzeug das Trottoir benützt werden, so ist der Führer gegenüber den Fussgängern und Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten zu besonderer Vorsicht verpflichtet.
Nach Art. 286 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde einen Beamten an einer Handlung hindert, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt. Der Tatbestand der Hinderung einer Amtshandlung stellt ein Erfolgsdelikt dar. Dabei genügt es, wenn die Ausführung der Amtshandlung erschwert, verzögert behindert wird (vgl. BGE 120 IV 139, 124 IV 129, 127 IV 117 f.). Praxis und Lehre verlangen für das Vorliegen einer gehinderten Amtshandlung zwar ein «aktives Störverhalten» «einer gewissen Intensität» (Heimgartner, in: Basler Kommentar StGB/JStG, 4. Aufl. 2019, N. 7 zu Art. 286 StGB). Hingegen braucht es nur wenig, damit diese Schwelle erreicht ist – es genügt, dass eine als Amtshandlung zu qualifizierende Vorkehrung nicht mehr reibungslos durchgeführt werden kann. Dementsprechend genügen u.U. sogar verbale Einwirkungen für die Annahme der Hinderung einer Amtshandlung. Zudem wird nach der bundesgerichtlichen Praxis – wie die Vorinstanz korrekt festhält – auch die Flucht vor einer Amtshandlung, jedenfalls bei einer konkret bevorstehenden im Gang befindlichen Personenkontrolle, als Hinderung einer Amtshandlung betrachtet (vgl. Heimgartner, in: Basler Kommentar StGB/JStG, 4. Aufl. 2019, N. 13 zu Art. 286 StGB mit weiteren Hinweisen).
4.2 Subsumtion
4.2.1 Einfache Verletzungen von Verkehrsregeln (Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 216 Abs. 1 VTS, Art. 41 Abs. 1 SVG, 30 Abs. 1 VRV, 39 Abs. 1 SVG, Art. 28 Abs. 1 VRV, Art. 43 Abs. 2 SVG und Art. 41 Abs. 2 VRV)
Indem der Beschuldigte in der Nacht vom 12. April 2019 um 04:00 Uhr mit einem Fahrrad ohne Licht auf der Strasse fuhr, erfüllte er den Tatbestand von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 216 VTS, Art. 41 Abs. 1 SVG und Art. 30 Abs. 1 VRV. Weiter ist beweismässig erstellt, dass der Beschuldigte während dieser Velofahrt mehrfache Richtungsänderungen vornahm, ohne diese mittels Handzeichen anzuzeigen, womit er auch den Tatbestand nach Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. 39 Abs. 1 SVG und Art. 28 Abs. 1 VRV erfüllte. Schliesslich wird für die Erfüllung des Tatbestandes des nicht erlaubten Befahrens des Trottoirs mit dem Fahrrad auf die zutreffende Subsumtion der Vorinstanz verwiesen (pag. 587; S. 58 der erinstanzlichen Urteilsbegründung):
Zuletzt ist gemäss Art. 43 Abs. 2 SVG und Art. 41 Abs. 2 VRV das Trottoir den Fussgängern vorbehalten. Muss hingegen mit einem Fahrzeug das Trottoir benützt werden, so ist der Führer gegenüber den Fussgängern und Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten zu besonderer Vorsicht verpflichtet. Das Beweisergebnis hat ergeben, dass der Beschuldigte am 12.04.2019 mit einem Fahrrad ein Trottoir befahren hat. Eine entsprechende Erlaubnis hierfür ist nicht ersichtlich, weswegen in diesem Fall ebenfalls von einem tatbestandsmässigen Handeln ausgegangen werden muss.
Rechtfertigungs- und/oder Schuldausschlussgründe sind weder ersichtlich noch dargetan. Entsprechend ist der Beschuldigte der mehrfachen einfachen Verletzung von Verkehrsregeln schuldig zu sprechen.
4.2.2 Hinderung einer Amtshandlung (Art. 286 Abs. 1 StGB)
Indem der Beschuldigte am 12. April 2019 der mittels Lautsprecher und Matrix des Polizeifahrzeugs erfolgten Aufforderung «Stopp Polizei» keine Folge leistete und versuchte, sich der Kontrolle durch die Polizei zu entziehen, indem er davonrannte und sich hinter einem parkierten Auto versteckte, erschwerte er den reibungslosen Ablauf der in Gang befindlichen Personenkontrolle. Entsprechend ist der objektive und subjektive Tatbestand von Art. 286 StGB erfüllt. Eine Abkehr von der Praxis des Bundesgerichts (im Sinne der von Heimgartner, in: Basler Kommentar StGB/JStG, 4. Aufl. 2019, N. 13 zu Art. 286 StGB dargestellten Lehrmeinung) ist nicht angezeigt, da Selbstbegünstigung nur insoweit straflos sein kann, als kein anderer Straftatbestand erfüllt ist und sich der Bürger insbesondere routinemässigen legalen Polizeikontrollen zu stellen hat.
Rechtfertigungs- und/oder Schuldausschlussgründe sind weder ersichtlich noch dargetan. Entsprechend ist der Beschuldigte der Hinderung einer Amtshandlung schuldig zu sprechen. Abschliessend sei erwähnt, dass keine Anhaltspunkte für eine übertriebene Härte der involvierten Polizeibeamten vorliegen, die Einfluss auf die Frage des Schuldspruches an sich haben könnte.
IV. Strafzumessung
1. Vorbemerkungen
Gegenstand der nachfolgenden Strafzumessung bilden nebst den hiervor ausgesprochenen Schuldsprüchen wegen Diebstahls, Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung (mehrfach), Drohung, falscher Anschuldigung (mehrfach), Hinderung einer Amtshandlung, Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz (grobe und einfache Verletzung der Verkehrsregeln sowie Fahren ohne Berechtigung) auch der rechtskräftige Schuldspruch wegen Beschimpfung (mehrfach) (Ziff. I.5. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs).
2. Allgemeine Grundlagen der Strafzumessung
Die allgemeinen Ausführungen der Vorinstanz zur Strafzumessung und zur Gesamtbzw. Zusatzstrafenbildung sind zutreffend. Darauf kann vorab verwiesen werden (pag. 587 ff.; S. 58 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass für Jugendstrafen, die weder unter altem noch unter neuem Recht eintragungspflichtig sind, die Verwertungsfristen von Art. 369 StGB sinngemäss gelten. Solange diese Fristen laufen, dürfen die Vorstrafen dem Betroffenen angelastet werden (BGE 135 IV 87 E. 5).
Die Strafkammern des Obergerichts verfügen als Berufungsgericht über umfassende Kognition in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (Art. 398 Abs. 2 und 3 StPO). Das gilt auch für die Strafzumessung.
2.1 Echte Konkurrenz
Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB).
Die Voraussetzungen der Gleichartigkeit i.S.v. Art. 49 Abs. 1 StGB sind erfüllt, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss die gleiche Strafart ausfällt. Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt dabei nicht (sog. konkrete Methode; BGE 142 IV 265 E. 2.3.2 mit Hinweisen). Geldstrafe und Freiheitsstrafe stellen keine gleichartigen Strafen i.S.v. Art. 49 Abs. 1 StGB dar (BGE 144 IV 217).
Bei der Bildung der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB ist vorab der Strafrahmen für die schwerste Straftat zu bestimmen. Die Bestimmung der schwersten Straftat erfolgt abstrakt nach der höchsten Strafandrohung. Bei gleichem Strafrahmen ist jedes der entsprechenden Delikte für die Einsatzstrafe geeignet, wobei diesfalls zu prüfen ist, welche Straftat im konkreten Fall die höchste Strafe nach sich zieht (Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2. Aufl. 2019, Rz. 485). Alsdann hat das Gericht die Einsatzstrafe für die schwerste Straftat innerhalb des Strafrahmens festzusetzen, indem es alle diesbezüglichen straferhöhenden und strafmindernden Umstände berücksichtigt.
In weiteren Schritten hat die Strafzumessung auch für die übrigen Delikte zu erfolgen. Liegt eine gleichartige Strafe vor, ist die Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten angemessen zu erhöhen, wobei in Anwendung des Asperationsprinzips aufzuzeigen ist, in welchem Ausmass die Einsatzstrafe erhöht wird. Das Gericht hat sämtliche Einzelstrafen für die von ihm zu beurteilenden Delikte festzusetzen und zu nennen, damit beurteilt werden kann, ob die einzelnen Strafen und deren Gewichtung bei der Strafschärfung bundesrechtskonform sind (BGE 142 IV 265 E. 2.4.3. S. 2701 f. mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 6B_559/2018 vom 26. Oktober 2018). Die Ausfällung einer Einheitsstrafe im Sinne einer Gesamtbetrachtung aller zu beurteilenden Delikte ist nicht zulässig (vgl. BGE 144 IV 217 E. 3.5 mit Hinweisen; bestätigt im Urteil des Bundesgerichts 6B_559/2018 vom 26. Oktober 2018 E. 1). Zum Mass des jeweiligen Asperationszuschlages führt Mathys (a.a.O., Rz. 500) u.a. aus: «Nach der Praxis des Bundesgerichts sind namentlich das Verhältnis der einzelnen Taten untereinander, ihr Zusammenhang, ihre grössere geringere Selbständigkeit sowie die Gleichheit Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter und Begehungsweisen zu berücksichtigen. Der «Gesamtschuldbeitrag» des einzelnen Delikts wird dabei geringer zu veranschlagen sein, wenn die Delikte zeitlich, sachlich und situativ in einem engen Zusammenhang stehen.».
Erst nach der Festlegung der Gesamtstrafe für sämtliche Delikte sind endlich die allgemeinen Täterkomponenten zu berücksichtigen (Urteil des Bundesgerichts 6B_466/2013 vom 25. Juli 2013 E. 2.3.2).
2.2 Vollkommene retrospektive Konkurrenz
Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären (Art. 49 Abs. 2 StGB). Ob eine Zusatzstrafe auszusprechen ist, entscheidet sich nach dem Datum der ersten Verurteilung im ersten Verfahren. Auf das Datum dieses Ersturteils ist auch abzustellen, wenn dieses später im Rechtsmittelverfahren reformiert wird. Demgegenüber ist für die Bemessung bzw. die Höhe der Zusatzstrafe das rechtskräftige Urteil im ersten Verfahren massgebend (BGE 138 IV 3.4.2 f.). Sind die neu zu beurteilenden Straftaten ausnahmslos vor dem Ersturteil begangen worden, spricht man von vollkommener retrospektiver Konkurrenz (Mathys, a.a.O., Rz. 524).
Das Zweitgericht bestimmt die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären (Art. 49 Abs. 2 StGB). Diese Bestimmung will im Wesentlichen das in Art. 49 Abs. 1 StGB verankerte Asperationsprinzip auch bei retrospektiver Konkurrenz gewährleisten (BGE 142 IV 265 E. 2.3.1, BGE 141 IV 61 E. 6.1.2., BGE 138 IV 113 E. 3.4.1 mit Hinweis). Die Bildung einer Gesamtstrafe ist nur möglich, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt (BGE 144 IV 217).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erlaubt Art. 49 Abs. 2 StGB keine erneute Beurteilung der in Rechtskraft erwachsenen Grundstrafe. Dass das Zweitgericht die Zusatzstrafe nach den zu Art. 49 Abs. 1 StGB entwickelten Grundsätzen zu bilden hat, erlaubt es ihm nicht, im Rahmen der retrospektiven Konkurrenz auf die rechtskräftige Grundstrafe zurückzukommen. Zwar hat es sich in die Lage zu versetzen, in der es sich befände, wenn es alle der Grund- und Zusatzstrafe zugrundeliegenden Delikte in einem einzigen Entscheid zu beurteilen hätte. Die gedanklich zu bildende hypothetische Gesamtstrafe hat es jedoch aus der rechtskräftigen Grundstrafe (für die abgeurteilten Taten) und den nach seinem freien Ermessen festzusetzenden Einzelstrafen für die neuen Taten zu bilden. Sein Ermessen beschränkt sich auf die von ihm gemäss Art. 49 Abs. 2 StGB vorzunehmende Asperation zwischen rechtskräftiger Grundstrafe und der für die noch nicht beurteilten Taten auszusprechenden Strafe (vgl. BGE 142 IV 265 E. 2.4.1 f.).
Um bei der Zusatzstrafenbildung dem Prinzip der Strafschärfung gemäss Art. 49 Abs. 2 StGB Rechnung zu tragen, hat das Zweitgericht die rechtkräftige Grundstra-fe und die von ihm für die neu zu beurteilenden Taten auszusprechenden Strafen nach den Grundsätzen von Art. 49 Abs. 1 StGB zu schärfen. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Grundstrafe die neu zu beurteilenden Delikte die schwerste Straftat enthalten. Im ersten Fall ist die Grundstrafe aufgrund der Einzelstrafen der neu zu beurteilenden Delikte angemessen zu erhöhen. Anschliessend ist von der (gedanklich) gebildeten Gesamtstrafe die Grundstrafe abzuziehen, was die Zusatz-strafe ergibt. Liegt umgekehrt der Einzeloder Gesamtstrafe der neu zu beurteilenden Taten die schwerste Straftat zugrunde, ist diese um die Grundstrafe angemessen zu erhöhen. Die infolge Asperation eintretende Reduzierung der rechtskräftigen Grundstrafe ist von der Strafe für die neu zu beurteilenden Delikte abzuziehen und ergibt die Zusatzstrafe. Bilden die Grundstrafe und die Strafe für die neu zu beurteilenden Delikte ihrerseits Gesamtstrafen, kann das Zweitgericht der bereits im Rahmen der jeweiligen Gesamtstrafenbildung erfolgten Asperation durch eine gemässigte Berücksichtigung bei der Zusatzstrafenbildung Rechnung tragen (BGE 142 IV 265 E. 2.4.4).
Massgebend für einzelne Vollzugsformen ist die Dauer der hypothetischen Gesamtstrafe, nicht diejenige der Zusatzstrafe. Übersteigt bspw. die hypothetische Gesamtfreiheitsstrafe 36 Monate, so ist auch bei einer Zusatzstrafe von 18 Monaten weder der bedingte noch der teilbedingte Strafvollzug möglich (Mathys, a.a.O., Rz. 537).
3. Methodik und Strafarten
Zuerst ist die jeweilige Strafart zu bestimmen und anschliessend das Strafmass festzusetzen (BGE 147 IV 241 E. 3). Wie soeben erwähnt, ist die Bildung einer Gesamtstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nur bei gleichartigen Strafen möglich, das heisst nur, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt.
Der Beschuldigte hat sich vorliegend des Diebstahls (Art. 139 Ziff. 1 StGB), des Hausfriedensbruchs (Art. 186 StGB), der mehrfachen Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 StGB), der Drohung (Art. 180 StGB), der mehrfachen Beschimpfung (Art. 177 Abs. 1 StGB), der mehrfachen falschen Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB), der Hinderung einer Amtshandlung (Art. 286 StGB) sowie der mehrfachen Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz schuldig gemacht. Das Strafgesetzbuch bedroht die vom Beschuldigten begangenen Delikte mit folgenden Strafen:
• Diebstahl gemäss Art. 139 StGB: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe
• Hausfriedensbruch gemäss Art. 186 StGB: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe
• Sachbeschädigung gemäss Art. 144 Abs. 1 StGB: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe
• Drohung gemäss Art. 180 Abs. 1 StGB: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe
• Beschimpfung gemäss Art. 177 Abs. 1 StGB: Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen
• Falsche Anschuldigung gemäss Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB: Freiheitsstrafe
oder Geldstrafe
• Hinderung einer Amtshandlung gemäss Art. 286 StGB: Geldstrafe bis zu 30 Tagessätzen
• Grobe Verkehrsregelverletzung gemäss Art. 90 Abs. 2 SVG: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe
• Fahren ohne Berechtigung gemäss Art. 95 Abs. 1 Bst. d SVG: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe
• Einfache Verkehrsregelverletzung gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG: Busse
Ausser bei der Beschimpfung, Hinderung einer Amtshandlung und der einfachen Verkehrsregelverletzung können bei sämtlichen angeklagten Delikten sowohl eine Freiheitsstrafe als auch eine Geldstrafe ausgefällt werden.
Gemäss Leumundsbericht vom 13. Januar 2022 (pag. 754 ff.) soll der Beschuldigte neu ein Mechanikerpraktikum bei der AV.__ AD.__ absolvieren, dies auf zwei Jahre. Er verdiene dabei nichts und sei nach wie vor finanziell von seiner Familie abhängig. Kommt hinzu, dass gemäss E-Mail von AU.__, Vorsteher der AV.__ AD.__, vom 24. Januar 2022 (pag. 743) der Beschuldigte viele Absenzen habe und die Lehre nicht wie vorgesehen weitergeführt werden könne. Selbst bei Fortführung der Lehre und der vom Beschuldigten geplanten weiteren Lehre als Produktionsmechaniker (vgl. seine Aussagen anlässlich der oberinstanzlichen Befragung, pag. 765 Z. 9 ff.) würde er während der nächsten fünf Jahre (bestenfalls) keine bzw. nur geringe Einkünfte generieren, um eine Geldstrafe – geschweige denn seinen Lebensunterhalt und die Schulden von rund CHF 10'000.00 – zu bezahlen. Selbst unter Berücksichtigung des zu erwartenden niedrigen Tagessatzes und der Niederlassungsbewilligung C des Beschuldigten bleibt es dabei, dass eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann, weshalb eine Freiheitsstrafe auszufällen ist. Damit erübrigen sich weitere Ausführungen zur Frage, ob eine Freiheitsstrafe allenfalls auch nach Art. 41 Abs. 1 Bst. a StGB angebracht ist.
In einem ersten Schritt ist damit für sämtliche Delikte, bei welchen dies als Strafart vorgesehen ist, eine Freiheitsstrafe auszufällen. Für diese Delikte ist somit die Bildung einer Gesamtstrafe gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB möglich. In einem zweiten Schritt ist eine Geldstrafe für die Beschimpfung (mehrfach begangen) und die Hinderung einer Amtshandlung auszufällen, da diese gesetzlich zwingend vorgesehen ist. Auch bei diesem letztgenannten Schritt ist eine Gesamtstrafe gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB zu bilden. Dabei ist jeweils zuerst die Einsatzstrafe für das schwerste Delikt festzusetzen und anschliessend in Anwendung des Asperationsprinzips aufgrund der weiteren Delikte angemessen zu erhöhen. Schliesslich ist in einem dritten Schritt die Höhe der Busse für die übrigen Delikte zu bestimmen. Die hierfür auszusprechenden Bussen sind zu kumulieren (Art. 5 Abs. 1 des Ordnungsbussengesetzes [OBG; SR 314.1]).
Des Weiteren wird im Rahmen der Festlegung der Gesamtgeldstrafe und der Übertretungsbusse jeweils eine Zusatzstrafe auszusprechen sein (vgl. dazu Ziff. 19.7 und Ziff. 22.3 unten).
4. Freiheitsstrafe
4.1 Einsatzstrafe für die schwerste Straftat (falsche Anschuldigung) und Strafrahmen
Bei einer Mehrheit von Delikten bildet Ausgangspunkt für die Strafzumessung die schwerste Straftat, die grundsätzlich anhand der abstrakten Strafdrohung des Gesetzes zu ermitteln ist (Mathys, a.a.O., Rz. 484 mit Hinweisen).
Die schwerste Straftat ist aufgrund des abstrakten Strafrahmens die falsche Anschuldigung. Der ordentliche Strafrahmen für die mit Freiheitsstrafe zu ahndenden Delikte bewegt sich somit von 3 Tagen bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe (Art. 303 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 40 StGB). Ein Verlassen des ordentlichen Strafrahmens ist nicht angezeigt.
4.1.1 Objektive Tatschwere
Die weite abstrakte Strafdrohung bei der falschen Anschuldigung signalisiert per se, dass der Gesetzgeber die falsche Beschuldigung eines Unschuldigen und damit auch die Behinderung des Gangs der Rechtsprechung als gravierend erachtet.
Zunächst ist zu beachten, dass der Beschuldigte seinen Cousin O.__ nicht bloss einer Übertretung, sondern zweier Vergehen bezichtigte. Der Beschuldigte formulierte die Anschuldigung sodann nicht nur als Verdacht, sondern beschuldigte O.__ direkt und mehrmals, der Fahrer anlässlich der zweimaligen Geschwindigkeitsüberschreitungen gewesen zu sein. Um das Ganze plausibel zu machen, brachte der Beschuldigte eine erfundene Geschichte vor, wonach sein Cousin die Familie AJ.__ hier in der Schweiz besucht haben soll und dabei mehrmals das Auto verwendet habe. Um die Richtigkeit dieser Sachverhaltsdarlegung zu unterstreichen, reichte er zudem Fotos der Ausweispapiere von O.__ bei der Polizei ein, was doch eine gewisse Dreistigkeit zeigt und sich verschuldenserhöhend auswirkt. Dagegen ist zu beachten, dass diese Falschbezichtigung keinen erheblichen behördlichen Aufwand generierte, zumal aufgrund eines Vergleichs zwischen dem Ausweisfoto von O.__ und den Radarfotos schnell klar war, dass es sich dabei nicht um ein und dieselbe Person handelte. Das Ausmass des verschuldeten Erfolgs ist insofern gering, als dass der fälschlicherweise beschuldigte O.__ im Kosovo nicht weiter behelligt und der Gang der Rechtspflege dadurch nicht im erheblichen Masse behindert wurde. Schliesslich gilt es zu beachten, dass die Falschbeschuldigung im Rahmen der Befragungen erfolgte, wobei der Beschuldigte nebst den vorab versendeten Unterlagen (Ausweispapiere O.__) auch die vollständigen Personalien des angeblichen Lenkers dabei angab, was für ein in den Grundzügen geplantes Vorgehen spricht. Mit Blick auf den weiten Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu 20 Jahren und denkbar gravierenderen Fällen erscheint das objektive Tatverschulden insgesamt als leicht und eine Einsatzstrafe von 150 Strafeinheiten hierfür (auch mit Blick auf die bei den in Frage stehenden Tempoexzessen drohenden Strafen) als angemessen.
4.1.2 Subjektive Tatschwere
Der Beschuldigte handelte direktvorsätzlich, was sich neutral auswirkt. Der Vorinstanz ist beizupflichten, dass sich der Beschuldigte bei seiner Anschuldigung nicht in einer eigentlichen Zwangslage befand. Er hätte es bei einem simplen Bestreiten der Lenkerschaft bewenden lassen können, zumal er nicht der Halter des verwendeten Fahrzeuges war. Das Hineinziehen eines unschuldigen, landesabwesenden Familienmitgliedes in strafrechtliche Abklärungen erscheint egoistisch und verwerflich. Das subjektive Tatverschulden wirkt sich aber insgesamt noch neutral aus.
4.1.3 Fazit
Bei neutral zu gewichtenden subjektiven Tatkomponenten bleibt es für diesen Schuldspruch – für sich allein beurteilt – bei einer Freiheitsstrafe von 150 Strafeinheiten.
4.2 Asperation Diebstahl
4.2.1 Objektive Tatschwere
Der Einbruch in eine unbewohnte, abgelegene Gartenwirtschaft zu nächtlicher Stunde bewegt sich – wie die Vorinstanz zu Recht ausführte (vgl. pag. 593; S. 64 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung) – in der Nähe des Referenzsachverhaltes der Richtlinien für die Strafzumessung des Verbandes Bernischer Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (VBRS-Richtlinien), wobei der Deliktsbetrag zwar etwas tiefer ist, aber ohnehin, weil regelmässig zufällig, von untergeordneter Bedeutung erscheint. Insgesamt geht die Art und Weise des Vorgehens nicht über das übliche Mass hinaus. Die objektive Tatschwere ist als leicht zu bezeichnen. Versehentlich spricht die Vorinstanz von einer Referenzstrafe von 30 Strafeinheiten; tatsächlich spricht die Richtlinie VBRS von 90 Strafeinheiten. Von 90 Strafeinheiten geht deshalb auch die obere Instanz aus.
4.2.2 Subjektive Tatschwere
Eine spezielle subjektive Entlastung Belastung ist nicht ersichtlich. Die Tat wurde aus nicht näher bekannten, aber sicher egoistischen Gründen begangen. Eine grosse Tatplanung Raffinesse ist nicht ersichtlich (wobei der Aspekt der Sachbeschädigung separat abgegolten und hier bzw. bei der objektiven Tatschwere nicht doppelt berücksichtigt werden soll). Die direktvorsätzliche Tatbegehung sowie das tatbestandsimmanente pekuniäre Motiv fällt neutral ins Gewicht.
4.2.3 Fazit/Asperation
Es bleibt im Rahmen der Einzelbetrachtung dabei, dass eine Sanktion von 90 Strafeinheiten unter Berücksichtigung der objektiven und subjektiven Tatkomponenten angemessen erscheint. Der Zuschlag von 45 Strafeinheiten durch die Vorinstanz wird zwar von dieser nicht näher begründet, liegt aber in deren Ermessen und kann so bestätigt werden.
4.3 Asperation Sachbeschädigung D.__
4.3.1 Objektive Tatschwere
Die VBRS-Richtlinien sehen für eine Sachbeschädigung, bei welcher der Täter den Lack eines fremden Personenwagens zerkratzt und dadurch einen Schaden von knapp über CHF 300.00 anrichtet, eine Strafe von 15 Strafeinheiten vor (S. 47).
Die Art und Weise des Vorgehens geht nicht über das übliche Mass hinaus. Vom Erfolg her weicht der Vorfall allerdings vom Referenzfall in den VBRS-Richtlinien ab; es entstand ein höherer Sachschaden (gegen CHF 800.00), und zwar nicht nur durch den eigentlichen Einbruch, sondern auch durch das Ausschalten der Sicherungen mit Konsequenz des Verderbens der Tiefkühlwaren, was sich verschuldenserhöhend auswirkt. Aus Sicht der Kammer ist das objektive Tatverschulden aber immer noch leicht, wiegt aber schwerer, als dasjenige im Referenzsachverhalt. Entsprechend erscheint die von der Vorinstanz für dieses Delikt angenommene Sanktion von 30 Strafeinheiten angemessen.
4.3.2 Subjektive Tatschwere
Vorliegend handelte der Beschuldigte in Bezug auf die Sachbeschädigung am Gebäude direktvorsätzlich, bezüglich der verdorbenen Ware zumindest eventualvorsätzlich. Die subjektiven Tatkomponenten wirken sich aber insgesamt immer noch neutral aus. Eine spezielle subjektive Entlastung Belastung ist nicht ersichtlich.
4.3.3 Fazit/Asperation
Gesamthaft ist das Tatverschulden – verglichen mit anderen Einbruchdiebstählen und gemessen am Strafrahmen – als leicht zu bezeichnen. Bei neutral zu gewichtenden subjektiven Tatkomponenten bleibt es für diesen Schuldspruch – für sich allein beurteilt – bei 30 Strafeinheiten. Aufgrund des damit zusammenhängenden Einbruchdiebstahls ist diese Bruttostrafe im Umfang von 15 Strafeinheiten zu asperieren.
4.4 Asperation Hausfriedensbruch
4.4.1 Objektive Tatschwere
Gemäss VBRS-Richtlinien wird der Vermieter, der sich Handwerkern, ohne die Einwilligung des Mieters einzuholen, Zugang verschafft, mit fünf Strafeinheiten bestraft (S. 49); der Täter, welcher ein schriftlich eröffnetes Hausverbot missachtet hingegen mit 15 Strafeinheiten (S. 49).
Der Beschuldigte ging weder speziell raffiniert vor noch handelte er besonders verwerflich. Zudem stellt der von ihm begangene Hausfriedensbruch, gleich wie die zuvor thematisierte Sachbeschädigung, ein Begleitdelikt des beurteilten Diebstahls dar. Das objektive Tatverschulden wiegt leicht und ist – in Übereinstimmung mit der Vorinstanz – zwischen den beiden Referenzsachverhalten zu positionieren. Die von der Vorinstanz veranschlagten zehn Strafeinheiten erscheinen somit angemessen.
4.4.2 Subjektive Tatschwere
Der Beschuldigte handelte direktvorsätzlich, was neutral zu werten ist. Eine spezielle subjektive Entlastung Belastung ist nicht ersichtlich.
4.4.3 Fazit/Asperation
Unter Berücksichtigung der objektiven und subjektiven Tatschwere erscheinen nach den voranstehenden Ausführungen zehn Strafeinheiten angemessen. Davon werden – weil auch der Hausfriedensbruch ein Begleitdelikt zum Diebstahl darstellt – fünf Strafeinheiten asperiert.
4.5 Asperation Sachbeschädigung J.__
4.5.1 Objektive Tatschwere
Der Beschuldigte trat mehrmals und massiv gegen das J.__-Patrouillenfahrzeug, wobei er einen Schaden um die CHF 2'000.00 verursachte. Sein Vorgehen geht über das im Referenzsachverhalt VBRS aufgeführte Zerkratzen des Lacks und der Schadenssumme von CHF 300.00 hinaus (S. 47), ist aber im Vergleich mit anderen denkbaren Sachbeschädigungen immer noch als leicht zu bezeichnen. Entsprechend scheinen 30 Strafeinheiten als Ausgangspunkt angemessen.
4.5.2 Subjektive Tatschwere
Die Beschädigung erfolgte hier um der Beschädigung willen, direktvorsätzlich, aus Aggression heraus und wäre tatsächlich vermeidbar gewesen. Insgesamt wirkt sich das subjektive Tatverschulden aber immer noch neutral aus.
4.5.3 Fazit/Asperation
Bei neutral zu gewichtenden subjektiven Tatkomponenten bleibt es für diesen Schuldspruch – für sich allein beurteilt – bei 30 Strafeinheiten. Aufgrund des engen Zusammenhangs zur Drohung werden diese mit 15 Strafeinheiten asperierend berücksichtigt.
4.6 Asperation Drohung
4.6.1 Objektive Tatschwere
Der Referenzsachverhalt der VBRS-Richtlinien sieht 60 Strafeinheiten bei einer Drohung im Kontext mit häuslicher Gewalt vor (S. 49).
Der Beschuldigte drohte L.__ mehrfach, dass er ihn kaputt machen und umbringen werde, wenn er seinen Namen herausfinde. Die Drohung richtete sich somit gegen die körperliche Unversehrtheit bzw. Leib und Leben von L.__. Die Folgen der Tat waren vorliegend indes weniger schwerwiegend, als die im Referenzsachverhalt der VBRS-Richtlinien umschrieben. Der Strafkläger schilderte zwar, dass er durch die Drohung in Angst versetzt wurde und er danach auch Überwachungskameras montiert habe. Diese habe er aber inzwischen wieder abgenommen und er habe eigentlich damit abgeschlossen. Insoweit beeinflusste diese Drohung sein Verhalten aber längerfristig. Zu berücksichtigen ist, dass der Beschuldigte aufgrund des Verkehrsunfalls aufgebracht war und die Drohungen gegenüber L.__ in diesem Zustand spontan, aus der Situation heraus ausstiess. Insgesamt ist das objektive Tatverschulden – mit Blick auf den Strafrahmen – aber immer noch als leicht zu bezeichnen. Die von der Vorinstanz als Ausgangspunkt angenommenen 30 Strafeinheiten erscheinen damit angemessen.
4.6.2 Subjektive Tatschwere
Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz und aus rein egoistischen Gründen. Er wollte L.__ Angst machen und ihn einschüchtern, was tatbestandsimmanent ist und deshalb neutral gewichtet wird. Der Beschuldigte hätte die Drohung ohne Weiteres unterlassen und sich rechtskonform verhalten können.
4.6.3 Fazit/Asperation
Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände erachtet die Kammer für die Drohung eine Strafe von 30 Strafeinheiten als dem Tatverschulden des Beschuldigten angemessen. In Anwendung des Asperationsprinzips gelangt die Kammer zu einer asperierten Strafe von 20 Strafeinheiten.
4.7 Asperation grobe Verkehrsregelverletzung
4.7.1 Objektive Tatschwere
Die VBRS-Richtlinien empfehlen für ein Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit nach Abzug der technisch bedingten Sicherheitsmarge ausserorts um 40 – 44 km/h eine Sanktion von 75 Strafeinheiten und auf der Autobahn bei einer Tempoüberschreitung um 60 – 64 eine Strafe von 110 Strafeinheiten (S. 22).
Der Beschuldigte überschritt einerseits am 10. Juli 2018 um 23:17 Uhr in R.__ auf der S.__, Fahrtrichtung T.__, die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um netto 41 km/h und andererseits am 14. Juli 2018 um 03:17 Uhr in U.__ auf der Autobahn A5, Fahrtrichtung V.__, die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um netto 63 km/h. Die Strassenverhältnisse waren – soweit ersichtlich – gut. Zudem ist aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten davon auszugehen, dass nur wenige andere Verkehrsteilnehmer unterwegs waren. Unter den dazumal gegebenen Umständen kann das Ausmass der verschuldeten Gefährdung – immer im Rahmen einer groben Verkehrsregelverletzung – als noch vergleichsweise gering bezeichnet werden. Die Geschwindigkeitsüberschreitungen hatten allerdings so anders eine erhöhte abstrakte Gefährdung zur Folge, was indes tatbestandsimmanent ist. Die Art und Weise der Deliktsbegehung wirkt sich nicht verschuldenserhöhend aus und das Vorgehen des Beschuldigten ging nicht über das hinaus, was eine entsprechende Geschwindigkeitsüberschreitung ausmacht. Mit Blick auf den Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe ist das objektive Tatverschulden somit als relativ leicht zu bezeichnen.
4.7.2 Subjektive Tatschwere
Vorsätzliches und rücksichtsloses Handeln sind tatbestandsimmanent und wirken in Bezug auf die subjektiven Tatkomponenten nicht verschuldenserhöhend. Der Beschuldigte handelte in Bezug auf die Geschwindigkeitsüberschreitungen direktvorsätzlich und betreffend die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer eventualvorsätzlich. Besondere Beweggründe, die an der Tatschwere etwa ändern würden, sind indes nicht bekannt. Der Beschuldigte handelte aus rein egoistischen Beweggründen; es wäre ein Leichtes gewesen, sich an die signalisierte Höchstgeschwindigkeit zu halten und somit die Taten zu vermeiden.
4.7.3 Fazit/Asperation
Insgesamt ist innerhalb des Strafrahmens aufgrund der Tatkomponenten von einem – immer im Rahmen einer groben Verkehrsregelverletzung – relativ leichten Verschulden auszugehen. Die Kammer erachtet mit Blick auf die VBRS-Richtlinien und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände (inkl. Eventualvorsatz betreffend Gefährdung) 110 bzw. 75 Strafeinheiten für die jeweiligen Geschwindigkeitsüberschreitungen als angemessen. Diese sind – hier wird der Entscheid der Vorinstanz, da in deren Ermessensbereich liegend, bestätigt – im Umfang von 55 bzw. 35 Strafeinheiten asperierend zu berücksichtigen.
4.8 Asperation Fahren ohne Berechtigung
4.8.1 Objektive Tatschwere
Ausgehend von den VBRS-Richtlinien (S. 9), welche für das Führen eines Motorfahrzeuges mit Lernfahrausweis, aber ohne (berechtigte) Begleitperson, eine Sanktion von 12 Strafeinheiten sowie eine Verbindungsbusse von mindestens CHF 300.00 vorsehen, ist die Vorinstanz von 20 Strafeinheiten ausgegangen.
Mit Blick auf die guten Wetter- und Strassenverhältnisse (davon ist auszugehen) und des geringen Verkehrsaufkommens am fraglichen 10. Juli 2018 trifft den Beschuldigten lediglich ein leichtes Verschulden.
4.8.2 Subjektive Tatschwere
Der Beschuldigte handelte auch hier vorsätzlich, was neutral zu gewichten ist. Die subjektive Tatschwere wirkt sich entsprechend nicht weiter auf das Tatverschulden aus.
4.8.3 Fazit/Asperation
Unter Berücksichtigung der VBRS-Richtlinien und der Gesamtumstände erachtet die Kammer – in Übereinstimmung mit der Vorinstanz – eine Strafe von 20 Strafeinheiten als dem leichten Verschulden des Beschuldigten angemessen. Aufgrund des engen Zusammenhangs mit der Geschwindigkeitsüberschreitung werden diese im Umfang von zehn Strafeinheiten asperierend berücksichtigt.
4.9 Zwischenfazit
Für die mit Freiheitsstrafe zu sanktionierenden Delikte resultiert damit – ohne Berücksichtigung der Täterkomponenten – eine vorläufige Gesamtstrafe von 350 Strafeinheiten.
4.10 Täterkomponenten
Für den Werdegang und die aktuelle Situation des Beschuldigten kann vorab auf die korrekten Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden, welche Folgendes festhielt (pag. 595 f.; S. 66 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung):
Der Beschuldigte ist im Kosovo geboren und ist mit 7 Jahren in die Schweiz gekommen (pag. 227). Er verfügt über den Niederlassungsausweis C (pag. 217 Z. 370-371). Nach der obligatorischen Schule hat er keine Ausbildung gemacht und seither einzig während dreier Wochen temporär gearbeitet (pag. 472 Z. 31 ff.). Er ist derzeit erwerbslos und wohnt bei seinen Eltern (pag. 472 Z. 44-45). Seine Schulden belaufen sich gemäss eigenen Angaben auf rund CHF 7'000.00 (pag. 473 Z. 21-25). Im Weiteren gibt es diverse Vorstrafen des Jugendgerichts (..).
Vorgehalten wurden dem Beschuldigten neben den Vorstrafen beim Jugendgericht auch die Delinquenz während des hängigen Verfahrens (Strafbefehl vom 2. Juni 2020). Der Beschuldigte sei nicht geständig, man finde keine aufrichtige Reue Einsicht bei ihm. Sein Verhalten im Verfahren sei «durchzogen» gewesen. Eine erhöhte Strafempfindlichkeit sei nicht ersichtlich. Insgesamt erhöhte die Vorinstanz aufgrund der täterseitigen Aspekte die Freiheitsstrafe von 350 Strafeinheiten um 40 Strafeinheiten.
Ergänzend ist aufgrund der oberinstanzlichen Beweisergänzungen festzuhalten, dass die Schulden mittlerweile rund CHF 10'000.00 betragen (pag. 755; pag. 761 Z. 41 f.) und eine Strafuntersuchung wegen Vergehen gegen das Waffengesetz hinzugekommen ist (vgl. pag. 732). Es gilt allerdings die Unschuldsvermutung, weshalb dieser Eintrag nicht zulasten des Beschuldigten gewertet werden darf. Hingegen liegt eine weitere rechtskräftige Verurteilung vom 7. Dezember 2020 wegen (grober) Verletzungen von Verkehrsregeln vor. Kommt hinzu, dass die Lehre offenbar nicht wie vorgesehen weitergeführt werden kann (vgl. pag. 743). Der familiäre Werdegang und die aktuellen persönlichen Verhältnisse wirken sich neutral auf die Strafzumessung aus. Eine erhöhte Strafempfindlichkeit ist nicht auszumachen, folgt insbesondere nicht aus dem noch relativ jungen Alter des Beschuldigten.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass, selbst wenn der aktuelle Leumundsbericht und die angefangene Lehre zugunsten des Beschuldigten berücksichtigt werden, diese aufgrund des Nachtatverhaltens und die neu auch zu berücksichtigende Verurteilung mit Strafbefehl vom 7. Dezember 2020 im einschlägigen Bereich relativiert werden, was schliesslich auch zeigt, dass eben im Gegensatz zu den Angaben des Beschuldigten im Jahr 2019 keine dauerhafte Wandlung bei ihm erfolgt ist. Vielmehr war auch nach oberinstanzlicher Verhandlung – abgesehen von seinen Äusserungen des Bedauerns wegen den Beschimpfungen – letztlich nach wie vor keine Einsicht Reue ersichtlich. Entsprechend erscheint für die (eingetragenen und nicht eingetragenen) Vorstrafen und das Nachtatverhalten inkl. fehlender Reue und Einsicht ein Zuschlag von 40 Strafeinheiten angemessen. Das späte Kleinstgeständnis in Bezug auf die Sachbeschädigung an der Fahrertür des J.__-Fahrzeugs rechtfertigt hingegen keine erhebliche Reduktion der Strafe.
4.11 Fazit Strafe nach Berücksichtigung der Täterkomponenten
Insgesamt wirken sich die Täterkomponenten straferhöhend aus. Die Strafe ist von 350 Strafeinheiten auf 390 Strafeinheiten bzw. 13 Monate Freiheitsstrafe zu erhöhen.
5. Geldstrafe
5.1 Vorbemerkungen
Der Schuldspruch wegen Beschimpfung ist durch die Verteidigung nicht angefochten. In der Berufungserklärung wird sinngemäss, und zwar durch den Antrag auf Verurteilung zu 30 Tagessätzen à CHF 10.00 (pag. 625), die Überlegung zur Einsatzstrafe für die Beschimpfungen durch die Vorinstanz geteilt (pag. 595, S. 66 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung: 30 Strafeinheiten).
5.2 Strafrahmen
Die schwerste Straftat ist aufgrund des abstrakten Strafrahmens die Beschimpfung. Für die mit Geldstrafe zu ahndenden Delikte erstreckt sich der Strafrahmen somit von drei bis 90 Tagessätzen Geldstrafe (Art. 177 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 34 Abs. 1 StGB). Aussergewöhnliche Umstände, die ein Verlassen des ordentlichen Strafrahmens nahelegen würden, liegen nicht vor.
5.3 Einsatzstrafe für die schwerste Straftat (Beschimpfung; objektive und subjektive Tatschwere)
Der Referenzsachverhalt der VBRS-Richtlinien sieht für die in Anwesenheit einer kleinen Gruppe anderer Personen (10) geäusserten Ausdrücke «Arschloch», «Wixer» und «Dumme Siech» eine Sanktion von 10 Strafeinheiten vor (S. 48).
Der Beschuldigte beschimpfte am 26. Oktober L.__ unter anderem mit «du huere Arschloch» und «figg dini Muetter» und M.__ unter anderem mit «du feissi Sou» und «fetti Sou, fick dini Muetter». Diese Ausdrücke wurden in Anwesenheit weiterer Personen geäussert und verletzten L.__ und M.__ in ihrer Ehre. Die Beschimpfungen zeugen von mangelndem Respekt, was allerdings tatbestandimmanent ist. Die emotionale und wütende Gemütslage des Beschuldigten rührt aus dem Verkehrsunfall, bei welchem das Auto seines Vaters beschädigt wurde und erfolgte daher spontan. Der Beschuldigte liess es allerdings nicht bei einer einmaligen Äusserung bewenden, sondern beschimpfte sowohl L.__ als auch M.__ mehrmals, was aufgrund der zeitlichen Nähe als Tateinheit angesehen wird und sich im Vergleich zum Referenzsachverhalt verschuldenserhöhend auswirkt. Seine Äusserungen erfolgten vorsätzlich und hätten ohne Weiteres vermieden werden können. Die Kammer erachtet für die Beschimpfung gegenüber L.__ und M.__ somit eine Strafe von 20 Strafeinheiten als dem Verschulden angemessen.
5.4 Asperation Hinderung einer Amtshandlung (objektive und subjektive Tatschwere)
Die VBRS-Richtlinien sehen für nachfolgenden Referenzsachverhalt eine Sanktion von zehn Strafeinheiten vor (S. 51):
Der Täter wird von einem Polizeibeamten zur Kontrolle angehalten. Als dieser seinen Ausweis kontrollieren will, reisst er ihm diesen aus den Händen und flüchtet.
Betreffend das Ausmass des verschuldeten Erfolgs ist festzuhalten, dass der Beschuldigte die Amtshandlung letztlich nicht verhinderte, sondern nur verzögern konnte. Die Handlung wiegt nicht schwer, zumal sie sich lediglich auf einen Flucht
(-versuch) beschränkte und nicht noch zusätzlich körperliche Gegenwehr aufgewendet wurde. Die Polizei musste für die Anhaltung nicht mehr aufwenden, als aufgrund der Renitenz des Beschuldigten notwendig war. Betreffend die subjektive Tatkomponente ist zu berücksichtigen, dass sich der Beschuldigte wissentlich und willentlich der Kontrolle entziehen wollte, er mithin direktvorsätzlich handelte, was allerdings tatbestandsimmanent ist und demnach neutral zu gewichten ist. Zudem ist die Vermeidbarkeit einer Gefährdung Verletzung des betroffenen Rechtsguts – das Funktionieren der staatlichen Organe – vorliegend zu bejahen, da sich der Beschuldigte ohne Weiteres auf die Kontrolle hätte einlassen können, ohne zu flüchten. Unter Berücksichtigung der gesamthaft neutral zu wertenden subjektiven Tatkomponenten bleibt das Verschulden im unteren Bereich. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheinen 10 Strafeinheiten angemessen. Diese werden im Umfang von 5 Strafeinheiten asperierend berücksichtigt.
5.5 Zwischenfazit
Für die mit Geldstrafe zu sanktionierenden Delikte resultiert damit – ohne Berücksichtigung der Täterkomponenten und der retrospektiven Konkurrenz – eine vorläufige Gesamtgeldstrafe von 25 Tagessätzen.
5.6 Täterkomponenten und Zwischenfazit
Betreffend die Täterkomponenten ist auf die vorangehenden Ausführungen zu verweisen (Ziff. 18.10). Aufgrund der täterseitigen Aspekte, konkret der (eingetragenen und nicht eingetragenen) Vorstrafen und des Nachtatverhaltens inkl. fehlender Reue und Einsicht ist auch hier – analog zur Freiheitsstrafe – die Geldstrafe von 25 Strafeinheiten um 10 Strafeinheiten zu erhöhen. Die eingestandene Beschimpfung ist zudem nicht Ausdruck tiefer und grundlegender Einsicht, weshalb hierfür kein markanter Geständnisrabatt gewährt werden kann.
5.7 Zusatzstrafe
Der Beschuldigte hat sich vorliegend unter anderem der Beschimpfung und der Hinderung einer Amtshandlung strafbar gemacht. Diese beiden Delikte ereigneten sich vor dem Urteil der Jugendanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 18. April 2019 (Strafbefehl), vor dem Urteil der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020 (Strafbefehl) sowie vor dem Urteil der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 7. Dezember 2020 (Strafbefehl). Es ist daher zu prüfen ob und zu welchem dieser Urteile respektive Strafbefehle, die seit der Deliktsbegehung ergangen sind, eine Zusatzstrafe zu bilden ist. Zunächst ist festzuhalten, dass die Kammer die in der Lehre vertretene Meinung teilt, wonach keine Zusatzstrafe zu einer (teilweisen) Zusatzstrafe auszufällen ist (vgl. Riedo, Retrospektive Intransparenz, Bemerkungen zu Art. 49 Abs. 2 StGB, in: Droit pénal et diversités culturelles, Mélanges en l’honneur de José Hurtado Pozo, Zürich 2012, S. 358; Trechsel/Thommen, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 15 zu Art. 49 StGB). Andernfalls käme der Beschuldigte für die gleichen Straftaten mehrfach in den Genuss einer für ihn günstigen Asperation. Zudem müsste die Kammer so in ihrer Strafzumessung auf die rechtskräftigen Grundstrafen zurückkommen, was ihr jedoch gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht erlaubt ist (BGE 142 IV 265 E. 2.4.1). Entsprechend kommt eine Zusatzstrafe zum Strafbefehl vom 7. Dezember 2020, wonach bereits eine teilweise Zusatzstrafe zum Urteil vom 2. Juni 2020 ausgesprochen wurde, nicht in Betracht. Darüber hinaus hielt das Bundesgericht bei teilweiser retrospektiver Konkurrenz fest, dass jeweils nur jede ältere Tat mit derjenigen Verurteilung in Zusammenhang zu bringen ist, die der Tatverübung nachfolgt (Urteil des Bundesgerichts 6B_414/2009 vom 21. Juli 2009 E. 3.4.4; BGE 116 IV 14 E. 2c), was nach Ansicht der Kammer auch bei vollkommener retrospektiver Konkurrenz zu gelten hat. Entsprechend scheidet bereits aus diesem Grund eine Zusatzstrafe zum Strafbefehl vom 7. Dezember 2020 aus. Schliesslich kommt auch eine Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Jugendanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 18. April 2019, wonach der Beschuldigte zu einer Busse verurteilt wurde, aufgrund der Ungleichartigkeit der Strafen nicht in Frage. Die Kammer bildet die vorliegende Zusatzstrafe demnach zum Urteil bzw. Strafbefehl vom 2. Juni 2020, wonach der Beschuldigte unter anderem zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à CHF 30.00 verurteilt wurde (pag. 490). Die Strafe für die neu zu beurteilenden Delikte ist damit als Zusatzstrafe auszufällen.
Zu Recht geht die Vorinstanz für ihre Überlegungen von der Bestrafung im Strafbefehl als Einsatzstrafe aus, da der abstrakte Strafrahmen der SVG-Widerhandlungen weiter geht als derjenige bei Beschimpfung Hinderung einer Amtshandlung. Damit enthält die Grundstrafe die schwerste Straftat und diese ist aufgrund der neu zu beurteilenden Delikte angemessen zu erhöhen. Anschliessend ist von der (gedanklich) gebildeten Gesamtstrafe die Grundstrafe abzuziehen, was die Zusatzstrafe ergibt.
Vorliegend erscheint es angebracht, für die Schuldsprüche wegen Beschimpfung und Hinderung einer Amtshandlung asperierend 25 der insgesamt 35 Strafeinheiten zu berücksichtigen Die Geldstrafe von 30 Tagessätzen (bzw. 30 Strafeinheiten) des Strafbefehls der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020 ist somit in Anwendung von Art. 49 Abs. 2 StGB um 25 Strafeinheiten zu erhöhen, was eine hypothetische Gesamtstrafe von 55 Strafeinheiten ergibt. Von dieser hypothetischen Gesamtstrafe ist die mit Urteil der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020 ausgesprochene Geldstrafe von 30 Tagessätzen (bzw. 30 Strafeinheiten) abzuziehen, womit eine Zusatzstrafe von 25 Strafeinheiten resultiert. Zusammenfassend erachtet die Kammer für den Schuldspruch der Beschimpfung (mehrfach begangen) und die Hinderung einer Amtshandlung somit eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen als angemessen.
Der Beschuldigte ist entsprechend zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu verurteilen, dies als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Berner-Jura Seeland vom 2. Juni 2020.
5.8 Tagessatzhöhe
Die Höhe des Tagessatzes beträgt in der Regel mindestens CHF 30.00 und höchstens CHF 3'000.00. Sie wird nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im Zeitpunkt des Urteils, namentlich nach Einkommen und Vermögen, Lebensaufwand, allfälligen Familien- und Unterstützungspflichten sowie nach dem Existenzminimum bestimmt. Ausnahmsweise, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters dies gebieten, kann der Tagessatz auf CHF 10.00 gesenkt werden (Art. 34 Abs. 2 StGB).
Der Beschuldigte absolviert gemäss Angaben an der Berufungsverhandlung zurzeit eine Lehre und erzielt kein Einkommen. Zudem verfügt er über kein Vermögen und hat Schulden in der Höhe von rund CHF 10'000.00 (pag. 754 ff.; pag. 761 ff.). Die Vorinstanz erachtete aufgrund der äusserst bescheidenen finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten eine Reduktion der Tagessatzhöhe auf den Mindestbetrag gemäss Art. 34 StGB, also CHF 10.00, für richtig, was sowohl aus damaliger wie auch aus aktueller Sicht angemessen erscheint. Nach den oberinstanzlichen Erkenntnissen präsentieren sich die finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten unverändert bzw. mit Blick auf die höheren Schulden sogar noch schlechter.
5.9 Zwischenfazit
Nach dem bisher Ausgeführten sind die von der Vorinstanz angenommene Sanktion von 13 Monaten Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu CHF 10.00, ausmachend total CHF 250.00, als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020, zu bestätigen.
6. Strafvollzug
Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). Weiter sieht Art. 43 Abs. 1 StGB vor, dass das Gericht den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben kann, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen. Der unbedingt vollziehbare Teil darf die Hälfte der Strafe nicht überschreiten (Art. 43 Abs. 2 StGB). Sowohl der aufgeschobene wie auch der zu vollziehende Teil müssen mindestens sechs Monate betragen (Art. 43 Abs. 3 Satz 1 StGB).
Für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges im Rahmen von Art. 42 Abs. 1 StGB genügt die Abwesenheit der Befürchtung, der Täter werde weitere Verbrechen Vergehen begehen. Vom Strafaufschub darf deshalb grundsätzlich nur bei ungünstiger Prognose abgesehen werden (BGE 134 IV 1 E. 4.2.2). Bei Freiheitsstrafen von höchstens zwei Jahren ist im Rahmen von Art. 42 Abs. 1 StGB der vollständige Strafaufschub daher die Regel. Der teilbedingte Vollzug kommt nur (subsidiär) zur Anwendung, wenn der Aufschub wenigstens eines Teils der Strafe aus spezialpräventiver Sicht erfordert, dass der andere Strafteil unbedingt ausgesprochen wird. Ergeben sich – insbesondere aufgrund früherer Verurteilungen – ganz erhebliche Bedenken an der Legalbewährung des Täters, die bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände eine eigentliche Schlechtprognose noch nicht zu begründen vermögen, so kann das Gericht an Stelle des Strafaufschubs den teilbedingten Vollzug gewähren. Auf diesem Wege kann es im Bereich höchst ungewisser Prognosen dem Dilemma «Alles Nichts» entgehen. Art. 43 StGB hat die Bedeutung, dass die Warnwirkung des Teilaufschubes angesichts des gleichzeitig angeordneten Teilvollzuges für die Zukunft eine weitaus bessere Prognose erlaubt. Erforderlich ist aber stets, dass der teilweise Vollzug der Freiheitsstrafe für die Erhöhung der Bewährungsaussichten unumgänglich erscheint (BGE 144 IV 277 E. 3.1.1, BGE 134 IV 1 E. 5.5.2). Besteht hingegen keinerlei Aussicht, dass der Täter sich durch den – ganz teilweise – gewährten Strafaufschub im Hinblick auf sein zukünftiges Legalverhalten positiv beeinflussen lässt, ist die Strafe in voller Länge zu vollziehen (vgl. zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts 6B_1070/2018 vom 14. August 2019 E. 5.2; BGE 144 IV 277 E. 3.1.1, BGE 134 IV 1 E. 5.3.1).
Bei der Prüfung des künftigen Wohlverhaltens sind alle wesentlichen Umstände zu beachten. Zu berücksichtigen sind neben den Tatumständen namentlich das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen. Ein relevantes Prognosekriterium ist insbesondere die strafrechtliche Vorbelastung, die Sozialisationsbiographie, das Arbeitsverhalten und das Bestehen sozialer Bindungen etc. (BGE 135 IV 180 E. 2.1, BGE 134 IV 1 E. 4.2.1). Einschlägige Vorstrafen sind bei der Prognosestellung erheblich zu gewichten. Sie schliessen den bedingten Vollzug aber nicht notwendig aus (Urteile des Bundesgerichts 6B_1070/2018 vom 14. August 2019 E. 5.2; 6B_154/2019 vom 26. April 2019 E. 1.3.2; 6B_254/2018 vom 6. September 2018 E. 1.2; je mit Hinweisen).
Wie im Rahmen der Täterkomponenten bereits ausgeführt, ist der Beschuldigte mehrfach und teilweise einschlägig vorbestraft. Der Beschuldigte delinquierte nicht nur vor den hier zu beurteilenden Taten (Verurteilungen nach Jugendstrafrecht: 3. Juli 2015, 17. Juni 2016, 8. Juni 2017, 9. Oktober 2017, 16. April 2018 und 18. April 2019 [pag. 305]), sondern setzte seine Delinquenz – trotz laufenden Strafverfahrens – unverfroren fort (vgl. Strafbefehl vom 2. Juni 2020 [Delikte vom 27. März 2020] und 7. Dezember 2020 [Delikte vom 16. März, 11. Mai und 18. Juli 2020; pag. 732 f.]). Kommt hinzu, dass mehrere Administrativmassnahmen gegen den Beschuldigten verfügt wurden (pag. 734 ff.). Weder persönliche Leistungen, Bussen noch die nach den vorliegend zu beurteilenden Taten ausgesprochene (bedingte) Geldstrafe noch eine vorläufige Festnahme (pag. 259 ff.) konnten den Beschuldigten vor weiterer Delinquenz abhalten. Zwar ist zu berücksichtigen, dass der Grossteil der Vorstrafen zwischen dem 14. und 17. Altersjahr des Beschuldigten datieren. Allerdings besteht kein eigentlicher Bruch zwischen den früheren Delikten, den hier zu beurteilenden Delikten und den Delikten, die zu den Strafbefehlen im Sommer bzw. im Dezember 2020 führten, wobei zudem eine gewisse Intensivierung der Delinquenz festzustellen ist. Eine, wie vom Beschuldigten ins Feld geführte Kehrtwende im Jahr 2019, ist wie bereits ausgeführt, nicht sichtbar. Insbesondere ist keine Einsicht und Reue ersichtlich; für seine Taten sind immer andere und nie er selbst verantwortlich. Aus dem Fakt, dass der Beschuldigte seit der letzten Verurteilung am 7. Dezember 2020 strafrechtlich nicht mehr negativ in Erscheinung getreten ist, lässt sich nichts anderes für ihn ableiten, zumal gerade diese letzte Verurteilung erneut wegen einer erheblichen Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz erfolgte (siehe pag. 748 ff.). Nach dem Gesagten ist dem Beschuldigten deshalb eine schlechte Legalprognose zu stellen.
Der Beschuldigte ist am Domizil seiner Eltern wohnhaft, hat sich bisher nicht im Arbeitsmarkt integrieren können, wobei angesichts seines jungen Alters zumindest ein erfolgreicher Lehrabschluss zu erwarten gewesen wäre. Allerdings ist nicht von einer Schlechtprognose auszugehen, die eine gänzlich unbedingt zu vollziehende Freiheitsstrafe rechtfertigen würde. Der Beschuldigte hatte bisher noch nie eine freiheitsbeschränkende Sanktion zu verbüssen. Es besteht daher die berechtigte Hoffnung, dass ihn ein Teilvollzug der Freiheitsstrafe in Kombination mit dem drohenden Vollzug der Reststrafe sowie der unbedingten Leistung einer Geldstrafe von der Begehung zukünftiger Delikte abhalten kann. Im Sinne der Strafempfindlichkeit und der Verhältnismässigkeit ist hierbei auch das noch relativ junge Alter des Beschuldigten zu berücksichtigen.
Aus den vorgenannten Gründen ist die Freiheitsstrafe daher teilbedingt auszusprechen, wobei ein minimaler Teil von sechs Monaten zu vollziehen ist. Unter Berücksichtigung der Deliktsfreiheit seit der letzten Verurteilung ist die Probezeit auf drei Jahre festzusetzen. Die Geldstrafe ist zu vollziehen, womit die zusätzliche Ausfällung einer Verbindungsbusse (so noch in erster Instanz ausgefällt) entfällt.
7. Fazit
Nach Auffassung der Kammer ist eine Freiheitsstrafe von 13 Monaten auszusprechen, wovon sechs Monate zu vollziehen sind. Für eine Teilstrafe von sieben Monaten wird der Vollzug aufgeschoben und die Probezeit auf drei Jahre festgesetzt. Zudem wird der Beschuldigte zu einer unbedingten Geldstrafe (Zusatzstrafe) von 25 Tagessätzen à CHF 10.00 verurteilt.
8. Übertretungsbusse
8.1 Strafrahmen
Die Übertretungsbusse für die übrigen Delikte beträgt maximal CHF 10'000.00 (Art. 90 Abs. 1 i.V.m. Art. 102 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 106 Abs. 1 StGB).
8.2 Einfache Verkehrsregelverletzungen
Das Fahren ohne Licht (Art. 30 Abs. 1 VRV), das unerlaubte Befahren eines Trottoirs (Art. 41 Abs. 2 VRV) sowie das Unterlassen des Handzeichens der Richtungsanzeige (Art. 28 Abs. 1 VRV) sind in der Ordnungsbussenverordnung (OBV; SR 314.11) geregelt und werden je mit einer Busse von CHF 40.00 (Anhang 1 Ziff. 604/1 und Ziff. 605/1) bzw. CHF 20.00 (Anhang 1 Ziff. 617/1/3) sanktioniert. Entsprechend wird für die einfachen Verkehrsregelverletzungen kumulativ eine Busse von insgesamt CHF 100.00 ausgesprochen.
8.3 Zusatzstrafe und Fazit
Die einfachen Verkehrsregelverletzungen ereigneten sich ebenfalls vor dem Urteil der Jugendanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 18. April 2019 (Strafbefehl), vor dem Urteil der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020 (Strafbefehl) sowie vor dem Urteil der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 7. Dezember 2020 (Strafbefehl). Aus den gleichen Überlegungen wie bei der Geldstrafe (vgl. hierzu Ziff. 19.7 oben) ist auch hier eine Zusatzstrafe zum Urteil der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020 auszusprechen.
Die Grundstrafe (Übertretungsbusse von CHF 100.00 für die Konsumwiderhandlung) stellt vorliegend die schwerste Straftat dar, weshalb diese aufgrund der neu zu beurteilenden Delikte angemessen zu erhöhen ist. Anschliessend ist von dieser (gedanklich) gebildeten Gesamtstrafe wiederum die Grundstrafe abzuziehen, was die Zusatzstrafe ergibt. Vorliegend erscheint es angebracht, für die Schuldsprüche wegen einfacher Verkehrsregelverletzung asperierend CHF 80.00 der insgesamt CHF 100.00 zu berücksichtigen. Die Übertretungsbusse von CHF 100.00 des Strafbefehls der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020 ist somit in Anwendung von Art. 49 Abs. 2 StGB um CHF 80.00 zu erhöhen, was eine hypothetische Gesamtstrafe von CHF 180.00 ergibt. Von dieser hypothetischen Gesamtstrafe ist die mit Urteil der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020 ausgesprochene Übertretungsbusse von CHF 100.00 abzuziehen, womit eine Zusatzstrafe von CHF 80.00 resultiert. Zusammenfassend erachtet die Kammer für den Schuldspruch der einfachen Verkehrsregelverletzung (mehrfach begangen) somit eine Übertretungsbusse von CHF 80.00 als angemessen.
Der Beschuldigte ist entsprechend zu einer Übertretungsbusse von CHF 80.00 zu verurteilen, dies als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Berner-Jura Seeland vom 2. Juni 2020. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung wird auf einen Tag festgesetzt.
V. Landesverweisung/Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS)
1. Allgemeine Grundlagen zur obligatorischen Landesverweisung
Vorab kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (pag. 599 ff.; S. 70 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
Das Gericht verweist einen Ausländer, der wegen Diebstahls (Art. 139 StGB) in Verbindung mit Hausfriedensbruch (Art. 186 StGB) verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe für 5-15 Jahre aus der Schweiz (Art. 66a Abs. 1 Bst. d StGB). Die obligatorische Landesverweisung wegen einer Katalogtat im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB greift grundsätzlich unabhängig von der konkreten Tatschwere (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1, BGE 144 IV 332 E. 3.1.3 mit Hinweis). Sie muss zudem unabhängig davon ausgesprochen werden, ob es beim Versuch geblieben ist und ob die Strafe bedingt, unbedingt teilbedingt ausfällt (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1 mit Hinweisen, BGE 144 IV 168 E. 1.4.1).
Nach Art. 66a Abs. 2 StGB (sogenannte Härtefallklausel) kann das Gericht ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn (erste kumulative Bedingung) diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (zweite kumulative Bedingung) die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 StGB). Die Härtefallklausel ist restriktiv anzuwenden (BGE 144 IV 332 E. 3.3.1; Urteile des Bundesgerichts 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4.2 und 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 1.2). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich zur kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB der Kriterienkatalog der Bestimmung über den «schwerwiegenden persönlichen Härtefall» in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) heranziehen (BGE 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteile des Bundesgerichts 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4.2 und 6B_689/2019 vom 25. Oktober 2019 E. 1.7). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, einschliesslich familiärer Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, Aufenthaltsdauer und Resozialisierungschancen. Ebenso ist der Rückfallgefahr und wiederholter Delinquenz Rechnung zu tragen. Das Gericht darf auch vor dem Inkrafttreten von Art. 66a StGB begangene Straftaten berücksichtigen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1, BGE 144 IV 332 E. 3.3.2). Zu beachten bleibt, dass der Deliktskatalog der Bestimmung über den «schwerwiegenden persönlichen Härtefall» gemäss Art. 31 Abs. 1 VZAE nicht unbesehen zu übernehmen ist, da der ausländerrechtliche Härtefall nicht exakt jenem von Art. 66a Abs. 2 StGB entspricht (Urteil des Bundesgerichts 6B_300/2020 vom 21. August 2020 E. 3.4.2, mit Hinweis).
Im Rahmen der Härtefallprüfung nach Art. 66a Abs. 2 StGB spielt der Grad der Integration eine entscheidende Rolle. Wie das Bundesgericht bereits mehrfach festgehalten hat, kann bei einer Härtefallprüfung nicht schematisch ab einer gewissen Aufenthaltsdauer eine Verwurzelung in der Schweiz angenommen werden. Spielt sich das gesellschaftliche Leben einer ausländischen Person primär mit Angehörigen des eigenen Landes ab, spricht dies eher gegen die Annahme einer hinreichenden Integration (Urteile des Bundesgerichts 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4.4 und 6B_689/2019 vom 25. Oktober 2019 E. 1.7.2, mit Hinweisen). Im Gegensatz zum Migrationsrecht sieht Art. 66a Abs. 2 StGB denn auch keine Altersgrenze vor, die bei einem vorgängigen Zuzug einer ausländischen Person in die Schweiz einen Härtefall vermuten liesse. Die Anwendung von starren Altersvorgaben sowie die automatische Annahme eines Härtefalls ab einer bestimmten Anwesenheitsdauer findet somit keine Stütze im Gesetz (Urteil des Bundesgerichts 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4.4). Die Härtefallprüfung ist vielmehr in jedem Fall anhand der gängigen Integrationskriterien vorzunehmen (BGE 144 IV 332 E. 3.3.2). Der besonderen Situation von in der Schweiz geborenen aufgewachsenen ausländischen Personen wird dabei Rechnung getragen, indem eine längere Aufenthaltsdauer, zusammen mit einer guten Integration – beispielsweise aufgrund eines Schulbesuchs in der Schweiz – in aller Regel als Indiz für das Vorliegen von genügend starken privaten Interessen und damit für die Bejahung eines Härtefalls zu werten ist. Von einem schweren persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB ist regelmässig auch bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) und Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens auszugehen (Urteil des Bundesgerichts 6B_396/2020 vom 11. August 2020 E. 2.4.3, mit Hinweisen). Unter dem Titel des Privatlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK genügen eine lange Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration allerdings nicht; erforderlich sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher gesellschaftlicher Natur (BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 2.5.2). Zu dem durch Art. 8 EMRK geschützten Familienkreis gehört in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern. Andere familiäre Verhältnisse fallen in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK, sofern eine genügend nahe, echte und tatsächlich gelebte Beziehung besteht. Hinweise für solche Beziehungen sind das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt, eine finanzielle Abhängigkeit, speziell enge familiäre Bindungen, regelmässige Kontakte die Übernahme von Verantwortung für eine andere Person (BGE 144 II 1 E. 6.1 S. 12 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 2C_786/2018 vom 27. Mai 2019 E. 3.2.2). Auch junge Erwachsene, die noch keine eigene Familie gegründet haben, können sich auf Art. 8 EMRK berufen (Urteil des Bundesgerichts 2C_846/2014 vom 16. Dezember 2014 E. 2.3; Urteil des EGMR in Sachen Emre gegen Schweiz vom 22. Mai 2008, Nr. 42034/04, insb. §§ 60 und 80). Bei hinreichender Intensität sind auch Beziehungen zwischen nahen Verwandten wie Geschwistern Tanten und Nichten von Bedeutung, doch muss in diesem Fall zwischen der über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügenden Person und dem um die Bewilligung nachsuchenden Ausländer ein über die üblichen familiären Beziehungen bzw. emotionalen Bindungen hinausgehendes, besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehen (BGE 144 II 1 E. 6.1 S. 12 f. mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 2C_786/2018 vom 27. Mai 2019 E. 3.2.3). Das durch Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungsoder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (Urteil des Bundesgerichts 6B_1070/2018 vom 14. August 2019 E. 6.3.2 und BGE 144 I 266 E. 3.3; je mit Hinweisen). Der sich hier aufhaltende Familienangehörige muss nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügen, was praxisgemäss der Fall ist, wenn er das Schweizer Bürgerrecht besitzt, ihm die Niederlassungsbewilligung gewährt wurde er über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, die ihrerseits auf einem gefestigten Rechtsanspruch beruht (BGE 144 I 266 E. 3.3). Im Sinne einer Leitlinie gilt, dass der Anspruch nach zehnjährigem rechtmässigem Aufenthalt in der Schweiz zumindest tangiert ist. Weil davon ausgegangen werden kann, dass nach einer solchen Zeitdauer in der Schweiz enge soziale Bindungen bestehen, bedarf es für eine Aufenthaltsbeendigung in solchen Fällen besonderer Gründe. Im Einzelfall kann es sich freilich anders verhalten und die Integration zu wünschen übrig lassen. Vorkommen kann umgekehrt auch, dass der Anspruch auf Achtung des Privatlebens schon vor Ablauf der zehn Jahre betroffen ist (BGE 144 I 266 E. 3.3 und 3.9 sowie Urteil des Bundesgerichts 2C_638/2018 vom 15. Juli 2019 E. 3.1).
Das Kriterium des gefestigten Anwesenheitsrechts als Voraussetzung für die Eröffnung des Schutzbereiches von Art. 8 EMRK wird in der Lehre unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte kritisiert. Zwar komme der Dauer des Aufenthaltes bei einem lediglich «tolerierten» Aufenthalt – zum Beispiel während des Asylverfahrens eines Rechtsmittelverfahrens gegen den Widerruf einer Bewilligung – auch nach der Rechtsprechung des EGMR weniger Gewicht zu, diese Frage würde vom Gerichtshof indessen unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit unter Art. 8 Ziff. 2 EMRK in einer umfassenden Einzelfallprüfung berücksichtigt, und nicht einer vorgelagerten Prüfung der Eröffnung des Schutzbereiches unter Art. 8 Ziff. 1 EMRK zugeordnet (MOTZ, Das Recht auf Familienleben von vorläufig aufgenommenen Personen, in: Asyl 4/14 S. 18 ff., S. 21 mit Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 3. November 2011, Aponte gg. Niederlande, Beschwerde-Nr. 28770/05). Damit komme in allen Fällen ein Aufenthaltsrecht gemäss Art. 8 EMRK theoretisch in Frage (Zurbrügg/Hruschka, in: Basler Kommentar StGB/JStG, 4. Aufl. 2019, N. 100 zu Art. 66a StGB mit Verweis auf Urteil des Bundesgerichts 6B_506/2017 vom 14. Februar 2018 E. 2.1).
Aus der parlamentarischen Debatte geht hervor, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, Ausnahmen von der obligatorischen Landesverweisung restriktiv zu regeln. Das richterliche Ermessen soll im Einzelfall so weit wie möglich eingeschränkt sein (BGE 144 IV 332 E. 3; vgl. Urteile des Bundesgerichts 6B_1474/2019 vom 23. März 2020 E. 1.4 und 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E. 1.3.4). Es ist nicht zu verkennen, dass die neue Regelung im Vergleich zur bisherigen Praxis des ausländerrechtlichen Ausweisungsregimes strenger ist. Das Bundesgericht ist daher dem parlamentarischen Willen gefolgt, die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative möglichst streng zu gestalten. Es erkannte, dass das Gesetz zweifellos eine restriktive Auslegung und Anwendung der Härtefallklausel verlangt. Nach dem Gesetzeswortlaut ist eine Verweisung zwingend, es sei denn, besondere Umstände erlaubten, «ausnahmsweise» darauf zu verzichten. Ein Absehen von der Landesverweisung hat mithin den Ausnahmefall zu bilden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_994/2020 vom 11. Januar 2021 E. 2.1.1). Das bedeutet, dass soziale und wirtschaftliche Nachteile einer Rückkehr in das Herkunftsland unberücksichtigt bleiben müssen, soweit sie bei Landesverweisungen typischerweise vorkommen (Urteil des Bundesgerichts 6B_1474/2019 vom 23. März 2020 E. 1.4). Des Weiteren ist bei der Orientierung an der Rechtsprechung zum Ausländerrecht die mit der Einführung von Art. 121 Abs. 3 - 6 BV und Art. 66a ff. StGB beabsichtigte Verschärfung der bestehenden Ordnung zu beachten (BGE 144 IV 332 E. 3). Selbstverständlich muss das Gericht bei der Ausübung seines ihm durch Art. 66a Abs. 2 StGB übertragenen Ermessens die Verfassungsprinzipien respektieren. Sind die Voraussetzungen der Härtefallklausel erfüllt, verlangt das in Art. 5 Abs. 2 BV verankerte Verhältnismässigkeitsprinzip, von einer Landesverweisung abzusehen (BGE 144 IV 332 E. 3; Urteil des Bundesgerichts 6B_598/2019 vom 5. Juli 2019 E. 4.2).
Wie einleitend bemerkt, setzt die Landesverweisung nach Art. 66a Abs. 2 StGB – zusätzlich zum Härtefall – voraus, dass das öffentliche Interesse an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegt. Die Interessenabwägung orientiert sich hier an der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK. Leitend sind unter anderem folgende Kriterien: Art und Schwere der Straftat und ob der Täter sie als Jugendlicher Erwachsener begangen hat; Dauer des Aufenthalts im ausweisenden Staat; seit der Straftat vergangene Zeit und Verhalten während dieser Zeit; soziale, kulturelle und familiäre Bindungen zum Aufnahmestaat und zum Herkunftsland; der Gesundheitszustand. Dabei ist keines dieser Elemente für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist eine Würdigung der gesamten Umstände (Urteil des Bundesgerichts 6B_1037/2021 vom 3. März 2022 E. 6.2.2).
Das Gericht hat, um dem Untersuchungsgrundsatz, dem Anspruch auf rechtliches Gehör und seiner Begründungspflicht gerecht zu werden, das Vorliegen eines persönlichen Härtefalls zu prüfen sowie die öffentlichen und privaten Interessen i.S.v. Art. 66a Abs. 2 StGB zu bestimmen und einander gegenüberzustellen. Es muss sich mit den entsprechenden, sich aus den Akten ergebenden Aspekten sowie den vorgebrachten Argumenten des Ausländers auseinanderzusetzen. Die Situation des Ausländers in seiner Heimat stellt dabei einen massgebenden Gesichtspunkt dar.
Art. 66a Abs. 1 StGB sieht als Dauer der obligatorischen Landesverweisung einen Rahmen von fünf bis 15 Jahren vor. Die Bemessung der Dauer im Einzelfall liegt im Ermessen des Gerichts, welches sich dabei insbesondere am Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu orientieren hat (Botschaft vom 26. Juni 2013 zur Änderung des Strafgesetzbuchs und des Militärstrafgesetzes, BBl 2013 5975 ff., S. 6021). Wie diese Verhältnismässigkeitsprüfung im Detail auszugestalten ist bzw. an welchen Kriterien sich die Ermessensausübung zu orientieren hat, ist jedoch nicht offensichtlich. Das Bundesgericht hielt in seinem Urteil 6B_627/2018 vom 22. März 2019 fest, die Rechtsfolge, d.h. die Dauer der Landesverweisung, sei aufgrund des Verschuldens und der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu bestimmen (E. 1.3.4.; vgl. ferner auch Zurbrügg/Hruschka, in: Basler Kommentar StGB/JStG, 4. Aufl. 2019, N 27 ff. zu Art. 66a StGB). Die Kammer berücksichtigt gemäss eigener Rechtsprechung bei der Bemessung der Dauer der Landesverweisung ebenfalls das Verhältnis zur Strafhöhe bzw. zum Verschulden des Beschuldigten sowie die Art des Delikts bzw. das geschützte Rechtsgut und die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch das bestehende Rückfallrisiko. Dabei kommt diesen Aspekten unterschiedliches Gewicht zu, je nachdem, welche privaten Interessen des Beschuldigten einer Rückkehr in sein Heimatland entgegenstehen (vgl. Urteil SK 18 87 vom 23. August 2018 E. V.25.).
2. Erwägungen der Kammer
2.1 Vorliegen eines Katalogdelikts
Der Beschuldigte ist kosovarischer Staatsangehöriger und verfügt in der Schweiz über eine Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis), gültig bis 7. Februar 2023 (Schreiben des Migrationsdienstes der Stadt AD.__ vom 5. Juni 2019 [pag. 227]; Schreiben des Staatssekretariats für Migration vom 23. Dezember 2021[pag. 725]). Er ist somit Ausländer im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB und wird mit vorliegendem Urteil u.a. wegen Diebstahls in Verbindung mit Hausfriedensbruch nach Art. 139 Ziff. 1 StGB und Art. 186 StGB verurteilt. Dabei handelt es sich um eine Katalogtat im Sinne von Art. 66a Abs. 1 Bst. d StGB, weshalb grundsätzlich eine Landesverweisung auszusprechen ist.
Im Folgenden ist anhand der eingangs erwähnten Kriterien zu prüfen, ob beim Beschuldigten allenfalls eine Ausnahme greift, mithin ob ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt (Ziff. 24.2 unten) und – soweit dies zutreffen sollte – ob die privaten Interessen des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz gegenüber den öffentlichen Interessen an der Landesverweisung überwiegen.
2.2 Härtefallprüfung
2.2.1 Anwesenheitsdauer des Beschuldigten in der Schweiz
Der Beschuldigte wurde am AW.__ im jetzigen Kosovo geboren und hat dort nach eigenen Angaben die erste und zweite Klasse besucht. Im Rahmen eines Familiennachzuges kam er am 8. Februar 2008 – also im Alter von sieben Jahren – in die Schweiz, wo er seither mit seinen Eltern und einzelnen Geschwistern im Raum AD.__ lebt. Er verfügt seither über einen gültigen Aufenthaltstitel (vgl. oben). Der Beschuldigte lebt folglich seit 14 Jahren in der Schweiz und verbrachte damit den Grossteil seines Lebens in der Schweiz, die prägenden ersten sieben Jahre als Kind hingegen im Kosovo. Eine Landesverweisung ist für den Beschuldigten aufgrund der Aufenthaltsdauer zweifelsohne mit einer Härte verbunden. Daraus alleine lässt sich jedoch noch kein für die Annahme eines schweren persönlichen Härtefalls genügend gewichtiges persönliches Interesse an einem Verbleib in der Schweiz ableiten. Ob ein Härtefall vorliegt, entscheidet sich gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung weder anhand von starren Altersvorgaben noch führt die Anwesenheitsdauer von 14 Jahren automatisch zur Annahme eines Härtefalls. Die Härtefallprüfung ist vielmehr anhand der gängigen Integrationskriterien vorzunehmen, wobei gemäss Bundesgericht die intendierte «massive Verschärfung» des Ausweisungsrechts nicht aus dem Auge zu verlieren ist (BGE 145 IV 55 E. 4.3, BGE 146 IV 105 E. 3.4.4, BGE 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteile des Bundesgerichts 6B_1424/2019 vom 15. September 2020 E. 3.4.1, 6B_1428/2020 vom 19. April 2021 E. 2.6.1 und 6B_1424/2019 vom 15. September 2020 E. 3.4.1).
2.2.2 Integration
Ad wirtschaftliche Integration / finanzielle Verhältnisse
Wie bereits ausgeführt, hat der Beschuldigte nach eigenen Angaben die erste und zweite Klasse im jetzigen Kosovo besucht. In der Schweiz hat er sodann die obligatorische Schulzeit durchlaufen bis zu deren Ende 2017 (pag. 472 Z. 29 ff.). Nach eigenem Bekunden suchte er in der Folge lange Zeit erfolglos eine Lehrstelle (anscheinend war Heizungsmonteur ein erstes Ziel, später sprach er auch von einer Lehre als Logistiker [pag. 472 Z. 31 ff.]). Nach aktuellem Leumundsbericht und Aussagen des Beschuldigten anlässlich der oberinstanzlichen Befragung soll er nun seit August 2021 eine zweijährige Lehre als Mechanikpraktiker bei der AV.__ AD.__ absolvieren (pag. 761 Z. 16 ff.; pag. 765 Z. 9 ff.). Konkrete Arbeitserfahrungen beschränken sich sonst auf eine angebliche, nur wenige Wochen dauernde Temporäranstellung in der Vergangenheit. Bei zu unterschiedlichen Zeitpunkten vorgenommenen Sondierungen räumte der Beschuldigte unterschiedlich hohe Schulden (bis CHF 10'000.00 [pag. 761 Z. 41 f.]) ein. Er sei vom Vater bzw. der Familie finanziell abhängig (pag. 761 Z. 20 ff.). Er bezieht keine Sozialhilfe der Stadt AD.__ (pag. 227).
Die berufliche Situation des Beschuldigten ist – nach dem bisher Gesagten – in der Vergangenheit somit doch mehrheitlich instabil bzw. wechselhaft und bisher wenig erfolgreich. Kommt hinzu, dass gemäss Auskunft des Vorstehers der AV.__ AD.__ die Lehre nicht wie vorgesehen weitergeführt werden kann (pag. 743), wobei zugunsten des Beschuldigten davon ausgegangen wird, dass das Lehrverhältnis vorläufig noch bestehen bleibt (vgl. die eigenen Aussagen des Beschuldigten hierzu pag. 764 f.). Damit ist aber auch gesagt, dass er noch am Anfang der Ausbildung steht und bis zum heutigen Zeitpunkt nicht von einer nachhaltigen beruflichen Integration des Beschuldigten gesprochen werden kann.
Daneben sind – wie auch von der Verteidigung eingeräumt – die finanziellen Verhältnisse mit seit Jahren vorhandenen immer noch vorhandenen Schulden unschön. Der Schuldenbetrag hat sich in den letzten Jahren laufend erhöht und ist angesichts des jungen Alters des Beschuldigten mit CHF 10'000.00 beträchtlich. Daran dürfte sich auch in Zukunft nichts ändern, zumal der Beschuldigte bei Fortsetzung der Lehre nichts bzw. nicht viel verdienen würde. Er steht somit für längere Zeit finanziell nicht auf eigenen Beinen, zumal er von der Unterstützung durch seine Familie abhängig ist.
Von einer gelungenen wirtschaftlichen Integration kann nach dem Gesagten nicht gesprochen werden. Wie sich diese in naher ferner Zukunft entwickeln wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht schlüssig beurteilt werden, zumal der Beschuldigte gemäss eigenen Angaben das erste Lehrjahr allenfalls wiederholen muss bzw. die Lehre neu beginnen muss (pag. 764 Z. 33 ff.). Fest steht allerdings, dass der Beschuldigte bei einer Landesverweisung nicht mit dem Verlust einer bestehenden bzw. bisher erfolgreich verlaufenden Lehre konfrontiert ist.
Ad soziale, kulturelle und gesellschaftliche Integration / Sprachkompetenz
Die Kammer konnte sich in der oberinstanzlichen Hauptverhandlung davon überzeugen, dass der Beschuldigte Schweizerdeutsch spricht und versteht, was angesichts der hier verbrachten Schulzeit nicht erstaunt. Daneben spricht er gemäss eigenen Angaben Englisch, Schulfranzösisch und Albanisch (pag. 333 Z. 405 f.).
Gemäss eigenen Angaben hat der Beschuldigte eine Freundin, wobei gemäss Leumundsbericht die Rede von einer inoffiziellen Verlobung ist (pag. 730; pag. 761 Z. 27 ff.). Er gehe oft ins Fitnesscenter und verbringe ansonsten viel Zeit mit der Familie und der Freundin. Im Fussballverein der Stadt AD.__ sei er nicht mehr (pag. 731). Er habe sich von den meisten früheren Kollegen entfernt. Jetzt habe er einen sehr guten Kollegen vom Lehrbetrieb, er sei auch Albaner und mit ihm in der Lehre (pag. 768 Z. 37 ff.).
Sein gesellschaftliches Leben spielt sich – nebst dem erwähnten Kollegen und der Freundin – somit primär in der Familiengemeinschaft ab. Dass er über private Beziehungen gesellschaftlicher Natur verfügen würde, welche über eine normale Integration hinausgehen, ist daher nicht ersichtlich und auch nicht dargetan (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1107/2019 vom 27. Januar 2020 E. 2.6.1).
Ad Beachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
Wie bereits angesprochen, ist der strafrechtliche Leumund des Beschuldigten getrübt: Der Beschuldigte delinquierte über Jahre, einschlägig, mit zunehmender Intensität, ohne klare Brüche und ohne klare Kehrtwende, dies, obwohl er bereits anlässlich der Einvernahme vom 21. Februar 2019 darauf hingewiesen wurde, dass ihm eine Landesverweisung drohe (pag. 18 Z. 25 ff.). Einzuräumen ist immerhin, dass ein Teil des deliktischen Vorlebens als Jugendlicher gelebt wurde und er seit dem letzten Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 7. Dezember 2020 strafrechtlich nicht mehr negativ in Erscheinung getreten ist – das laufende Strafverfahren ist aufgrund der Unschuldsvermutung nicht zu berücksichtigen. Allerdings kann im jetzigen Zeitpunkt noch nicht von einer «biologischen Kehrtwende» gesprochen werden, zumal der Beschuldigte weder Einsicht noch aufrichtige Reue zeigt und stattdessen die anderen für seine jeweiligen Verfehlungen verantwortlich macht.
Fazit zur Integration
Als Ergebnis gelangt die Kammer zur Ansicht, dass einzig die längere Aufenthaltsdauer in der Schweiz und seine Sprachkompetenz für den Beschuldigten sprechen. Anders sieht es bezüglich all den anderen Faktoren aus. Beruflich und sozial ist der Beschuldigte in der Schweiz kaum integriert. Obwohl er Schweizerdeutsch spricht und praktisch die gesamte obligatorische Schulzeit in der Schweiz absolvierte, schaffte er es bisher nie, nachhaltig im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Die fehlende berufliche Integration und die schlechten finanziellen Verhältnisse fallen klar negativ ins Gewicht. Desgleichen ist der strafrechtliche Leumund negativ zu beurteilen. Der Beschuldigte ist uneinsichtig – weder die zahlreichen Verurteilungen noch die Administrativmassnahmen vermochten ihn nachhaltig zu beeindrucken. Der Umstand, dass ihn die in der Schweiz geltenden Regeln wenig bis überhaupt nicht zu kümmern scheinen, sprechen klar gegen eine gelungene Integration. Das Bundesgericht hat zudem mehrfach festgehalten, dass besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher gesellschaftlicher Natur für die Annahme einer Integration nach Massgabe von Art. 66a Abs. 2 StGB erforderlich sind (vgl. beispielhaft Urteile des Bundesgerichts 6B_1245/2020 vom 1. April 2021 E. 2.2.1 und 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 2.5.2). Mit Blick auf diese sehr restriktive bundesgerichtliche Rechtsprechung ist vorliegend festzustellen, dass die – gerade für Ausländer, aber wohl sogar für einen Teil der Schweizer Bevölkerung schwer zu erreichende – hohe Hürde der besonderen persönlichen beruflichen Integration des Beschuldigten nicht erreicht wird.
2.2.3 Familiäre Verhältnisse
Der Beschuldigte ist nicht verheiratet, kinderlos und hat gemäss eigenen Angaben – wie bereits erwähnt – eine Freundin (pag. 227; pag. 730; pag. 761). Der Beschuldigte lebt mit den Eltern zusammen (pag. 761 Z. 24 f.). Zudem hat er noch mehrere Geschwister in der Schweiz (pag. 730). Es ist davon auszugehen, dass er eine gute Beziehung zu seinen Eltern und Geschwistern pflegt, was allerdings insoweit irrelevant ist, als eine solch bestehende und gelebte familiäre Beziehung nicht in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fällt. Insgesamt lassen diese familiären und verwandtschaftlichen Beziehungen des Beschuldigten nicht auf einen schweren persönlichen Härtefall schliessen.
2.2.4 Gesundheitszustand
Gemäss eigenen Angaben habe der Beschuldigte von 2017 bis 2019 regelmässig Marihuana und Xanax konsumiert. Zudem habe er im Sommer 2019 einen schweren Verkehrsunfall mit dem Motorrad gehabt und sich dabei die beiden Arme mehrmals gebrochen sowie im Gesicht und am Knie verletzt (pag. 731). Des Weiteren habe er 2020 eine Operation am Daumen gehabt und aufgrund des Motorradunfalls nach wie vor Probleme mit dem Knie, er könne es nicht ganz biegen (pag. 762 Z. 1 ff.). Seit zwei Jahren konsumiere er keine Medikamente mehr, Alkohol und Drogen sowieso nicht (pag. 762 Z. 20 ff.).
Insgesamt sind keine gesundheitsrelevanten Anhaltspunkte ersichtlich, welche einer Landesverweisung im Weg stehen würden. Zudem ist der Kosovo kein unterentwickeltes Land, von einem funktionierenden Gesundheitssystem ist auszugehen.
2.2.5 Wiedereingliederungsmöglichkeiten im Heimatland und soziale Wiedereingliederung in der Schweiz / Rückfallgefahr
Vorab ist festzuhalten, dass ein Härtefall nicht bereits dann anzunehmen ist, wenn die Resozialisierungschancen in der Schweiz besser sind als im Heimatland, son-dern erst dann, wenn die Resozialisierung im Heimatland praktisch unmöglich zumindest deutlich schlechter erscheint. Demgegenüber können in der Schweiz günstigere Resozialisierungschancen den Ausschlag dafür geben, dass von der Anordnung einer Landesverweisung abzusehen ist, da die Landesverweisung für die Resozialisierung nicht förderlich ist.
Der Beschuldigte äusserte sich dahingehend, dass er sich in der Schweiz zu Hause fühle und ausser einer Grossmutter, die (was er nachträglich äusserte) auch noch krank sei, keine Beziehung zum Kosovo mehr habe. Diese eigene Darlegung ist etwas beschönigend, räumte der Beschuldigte doch andernorts ein, er habe schon noch – wenn auch nur selten – Kontakt zu den Familienangehörigen im Kosovo und er fahre ab und zu dorthin (so bspw. 2019, als er dort offenbar in der zweiten Jahreshälfte einen Motorradunfall gehabt hat, pag. 472). So verbrachte er auch die letzten Festtage gemäss Leumundsbericht offenbar im Kosovo. Es dürften zweifelsohne noch weitere Familienangehörige im Kosovo vorhanden sein. Verwiesen werden kann auch auf den bei den SVG-Widerhandlungen thematisierten Cousin O.__ die Ausführungen des Vaters des Beschuldigten im Vorverfahren zu einer Reise zu Verwandten in Deutschland, Österreich und im Kosovo (pag. 146). Angefügt sei, dass der Beschuldigte sprachlich gut aufgestellt ist (Albanisch, Deutsch, Schulfranzösisch, Englisch) und familiäre/geschwisterliche Beziehungen auch zu Deutschland und Österreich hat. Zudem sind seine Aussage, wonach die beruflichen Aussichten im Kosovo äusserst schlecht seien (pag. 766 Z. 1 ff.) auch insoweit zu relativieren, als er andernorts ausführte, sein Cousin arbeite im Kosovo für eine Teppichreinigungsfirma – dies wohlbemerkt in der Heimatstadt des Beschuldigten (pag. 772 Z. 16 ff.).
Der Beschuldigte ist im jetzigen Kosovo geboren worden und hat einen Teil seiner Kindheit dort verbracht. Zudem hat er die erste und zweite Klasse dort besucht. Er beherrscht die im Kosovo geläufige Sprache (Albanisch) und verfügt dort über ein familiäres Netzwerk (vgl. pag. 146 Z. 24 ff.; pag. 772 Z. 16 ff.). Er dürfte aufgrund seiner dort teilweise verbrachten Kindheit, seinem hiesigen Umfeld und mit Blick auf seine regelmässigen Besuche im Kosovo mit der dortigen Kultur vertraut sein. Es ist folglich davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte im Kosovo sozial wieder eingliedern kann. Nach dem Migrationsamt und dem Staatssekretariat für Migration ist eine Verweisung in den Kosovo zudem generell zumutbar (pag. 227; pag. 725). Mit Blick auf sein junges Alter, seine Sprachkenntnisse und die ihm aufgrund seiner regelmässigen Besuche im Kosovo vertrauten Gegebenheiten vor Ort dürfte er in der Lage sein, in seiner Heimat eine Arbeitsstelle zu finden. Auch wenn nicht auszuschliessen ist, dass die berufliche Integration des Beschuldigten im Kosovo mit Schwierigkeiten verbunden sein wird – zumal sie dem Beschuldigten auch in der Schweiz nicht gelungen ist –, sind die Voraussetzungen dafür jedenfalls nicht erheblich schlechter als in der Schweiz. Dass die Arbeitsmarktsituation und damit auch die Verdienstmöglichkeiten im Kosovo nicht dieselben sind wie in der Schweiz, vermag für sich allein auch noch keinen besonders schweren Härtefall begründen (Urteile des Bundesgerichts 6B_1424/2019 vom 15. September 2020 E. 3.4.7 und 6B_1314/2019 vom 9. März 2020 E. 2.3.11.). Für eine Mehrzahl an Ländern gilt, dass die dort vorliegende wirtschaftliche Situation nicht mit den hiesigen sehr günstigen Verhältnissen vergleichbar ist. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass der Beschuldigte für sich selber im Kosovo keine beruflichen Perspektiven sieht sehen will (pag. 766 Z. 11 ff.). Der Aufbau einer neuen beruflichen Existenz im Kosovo erscheint nicht als schlechterdings unmöglich.
Nach dem Gesagten erscheint es möglich, dass der Beschuldigte im Kosovo wieder Fuss fassen und sich in beruflicher und sozialer Hinsicht integrieren kann. Die Aussichten auf eine soziale Wiedereingliederung in der Schweiz erscheinen momentan mit Blick auf seinen getrübten Leumund und die bisherige berufliche Laufbahn wenig vielversprechend. Auch eine Rückfallgefahr muss mit Blick auf seine bisherige Delinquenz und seiner Uneinsichtigkeit bejaht werden.
2.2.6 Abschliessende Würdigung
Zweifelsohne bedeutet jede Landesverweisung eine persönliche Härte für den Betroffenen. Das Gesetz verlangt jedoch nicht nur eine Härte, sondern eine aussergewöhnliche Härte, d.h. eine Situation, die auch angesichts der sonst schon schwierigen Lage noch als besonders hart ins Auge springt (einen «Ausnahmefall», Urteil des Bundesgerichts 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E. 1.3.3). Das bedeutet namentlich, dass soziale und wirtschaftliche Nachteile einer Rückkehr in das Herkunftsland unberücksichtigt bleiben müssen, soweit sie bei Landesverweisungen typischerweise vorkommen, d.h. eine grosse Zahl von Betroffenen in vergleichbarer Weise typischerweise treffen (Urteil des Bundesgerichts 6B_1474/2019 vom 23. März 2020 E. 1.4).
Ein solcher persönlicher Härtefall liegt beim Beschuldigten mit Blick auf die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vor. Alles in allem sprechen der Gradder Integration des Beschuldigten, seine finanziellen Verhältnisse, sein Gesundheitszustand, die Möglichkeit der Wiedereingliederung im Herkunftsland, die sozialen Eingliederungsaussichten, die Rückfallgefahr und seine strafrechtliche Vorbelastung klar gegen die Annahme eines schweren persönlichen Härtefalles im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB. Trotz seiner längeren Aufenthaltszeit in der Schweiz konnte sich der Beschuldigte nicht wirklich in der Schweiz integrieren. Ausser seiner Familie und seiner Freundin hat der Beschuldigte keine (tieferen) Beziehungen. Er wäre zudem kaum in der Lage, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Die berufliche Wiedereingliederung in der Schweiz erscheint höchst fraglich. Beim Beschuldigten sind somit keine Umstände ersichtlich, welche auf einen hohen Integrationsgrad schliessen liessen. Die Resozialisierungschancen im Kosovo, wo der Beschuldigte einen Teil seiner Kindheit verbrachte, sind intakt. Die längere Anwesenheit in der Schweiz vermag für sich allein einen persönlichen Härtefall letztlich nicht zu rechtfertigen. Der Beschuldigte ist zur Zeit und bis anhin nicht derart in der Schweiz verwurzelt, dass ein vorübergehendes Herausreissen aus dieser Umgebung eine nicht hinzunehmende Härte darstellen würde. Abschliessend sei erwähnt, dass auch unter rein aufenthaltsrechtlichen Gesichtspunkten die wiederholte Rechtsverletzung und die nun ausgesprochene Strafe von 13 Monaten offenkundig gegen eine Verlängerung der Niederlassungsbewilligung sprechen bzw. einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung rechtfertigen würde.
Ein schwerer persönlicher Härtefall im Sinne des Gesetzes (Art. 66a Abs. 2 StGB) und der dazugehörigen aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt somit nicht vor, weshalb auf eine Interessenabwägung verzichtet werden kann. Der Beschuldigte ist daher in Anwendung von Art. 66a Abs. 1 Bst. d StGB des Landes zu verweisen.
2.3 Dauer der Landesverweisung
Die Landesverweisung ist dabei angesichts der konkreten Umstände auf das gesetzliche Minimum von fünf Jahren festzulegen. Eine längere Dauer der erstmals gegen den Beschuldigten ausgefällten Verweisung erscheint angesichts der konkreten Delinquenz, des konkreten Strafmasses, des Alters des Beschuldigten und dessen sonstigen persönlichen Werdegangs nicht angemessen.
3. Ausschreibung im SIS
3.1 Rechtliche Ausführungen
Die Ausschreibung der Landesverweisung im SIS wird vom urteilenden Gericht angeordnet (Art. 20 der Verordnung über den nationalen Teil des Schengener Informationssystems [N-SIS] und das SIRENE-Büro [N-SIS-Verordnung; SR 362.0]). Die Zulässigkeit der Ausschreibung von Drittstaatsangehörigen zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung im SIS beurteilt sich nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (nachfolgend SIS-II-Verordnung; ABl. L 381 vom 28. Dezember 2006) bzw. nach der neuen Verordnung (EU) 2018/1861 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der Grenzkontrollen, zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen und zur Änderung und Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (nachfolgend SIS-Verordnung-Grenze) – aktuell sind sowohl die SIS-II-Verordnung als auch die SIS-Verordnung-Grenze (bereits) in Kraft.
Im SIS können nur sogenannte Drittstaatenangehörige ausgeschrieben werden. Darunter fasst die SIS-II-Verordnung bzw. die SIS-Verordnung-Grenze Personen, die weder Bürger der EU noch Drittstaatenangehörige sind, die sich auf ein Freizügigkeitsrecht berufen können (Art. 3 Bst. d SIS-II-Verordnung bzw. Art. 3 Ziff. 4 SIS-Verordnung-Grenze). Voraussetzung der Ausschreibung im SIS ist sodann eine nationale Ausschreibung, die auf einer Entscheidung der zuständigen nationalen Instanz (Verwaltungsbehörde Gericht) beruht (Art. 24 Ziff. 1 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze).
Gestützt auf Art. 24 Ziff. 2 Satz 1 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze wird eine Ausschreibung im SIS eingegeben, wenn diese Entscheidung auf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung die nationale Sicherheit gestützt wird, welche die Anwesenheit des betreffenden Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats darstellt. Dies ist laut dem Verordnungstext insbesondere der Fall bei einem Drittstaatsangehörigen, der in einem Mitgliedstaat wegen einer Straftat verurteilt worden ist, die mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist (Art. 24 Ziff. 2 Bst. a SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 2 Bst. a i.V.m. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze). Diese Voraussetzung von Art. 24 Ziff. 2 Bst. a SIS-II-Verordnung bzw. von Art. 24 Ziff. 2 Bst. a i.V.m. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze ist laut bundesgerichtlicher Rechtsprechung erfüllt, wenn der entsprechende Straftatbestand im Höchstmass eine Freiheitsstrafe von einem Jahr mehr vorsieht. Im Sinne einer kumulativen Voraussetzung ist jedoch auch bei Vorliegen einer entsprechenden Verurteilung zusätzlich zu prüfen, ob von der betroffenen Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung ausgeht. Damit wird dem in Art. 21 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 21 SIS-Verordnung-Grenze verankerten Verhältnismässigkeitsprinzip Rechnung getragen (zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 4.8).
An die Annahme einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung im Sinne von Art. 24 Ziff. 2 Satz 1 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze sind gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Gerichtshofs der Europäischen Union (nachfolgend EuGH) keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es wird nicht verlangt, dass das «individuelle Verhalten der betroffenen Person eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt». Es steht einer Ausschreibung der Landesverweisung im SIS daher nicht entgegen, wenn bei der Legalprognose eine konkrete Rückfallgefahr verneint und die Strafe bedingt ausgesprochen wurde. Ebenso wenig setzt Art. 24 Ziff. 2 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 1 und Ziff. 2 SIS-Verordnung-Grenze die Verurteilung zu einer «schweren» Straftat voraus. Es genügen eine mehrere Straftaten, die einzeln betrachtet in ihrer Gesamtheit von einer «gewissen» Schwere sind, unter Ausschluss von blossen Bagatelldelikten. Entscheidend ist nicht das Strafmass, sondern in erster Linie die Art und Häufigkeit der Straftaten, die konkreten Tatumstände sowie das übrige Verhalten der betroffenen Person (zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 4.8).
Sind die Voraussetzungen von Art. 21 und 24 Ziff. 1 und 2 SIS-II-Verordnung bzw. Art. 21 und Art. 24 Ziff. 1 und 2 SIS-Verordnung-Grenze erfüllt, besteht eine Pflicht zur Ausschreibung im SIS (BGE 146 IV 172 E. 3.2.2). Die Ausschreibung im SIS zieht für die Dauer der Landesverweisung ein Verbot der Einreise in die Schweiz sowie ein Einreiseverbot für den ganzen Schengen-Raum nach sich (BGE 146 IV 172 E. 3.2.3).
3.2 Erwägungen der Kammer
Der Beschuldigte ist kosovarischer Staatsangehöriger und stammt damit aus einem Drittstaat. Er kann sich ausserdem nicht auf das Freizügigkeitsabkommen berufen. Mit vorliegendem Urteil wird er für fünf Jahre des Landes verwiesen. Es liegt somit eine nationale Ausschreibung vor, die auf einer Entscheidung der zuständigen Instanz beruht. Der Beschuldigte wurde mit vorliegendem Urteil unter anderem wegen der Katalogstraftat Diebstahl in Verbindung mit Hausfriedensbruch schuldig gesprochen. Gemäss Art. 139 Ziff. 1 StGB und Art. 186 StGB wird dies mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf bzw. drei Jahren Geldstrafe bestraft. Das Höchstmass der Strafe beträgt somit mehr als ein Jahr Freiheitsstrafe, womit die Voraussetzung von Art. 24 Ziff. 2 Bst. a SIS-II-Verordnung bzw. Art. 24 Ziff. 2 Bst. a i.V.m. Art. 24 Ziff. 1 Bst. a SIS-Verordnung-Grenze erfüllt ist. Zu prüfen ist gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zusätzlich, ob vom Beschuldigten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht.
Der Beschuldigte beging u.a. einen Diebstahl in Verbindung mit Hausfriedensbruch für welchen Art. 66a Abs. 1 Bst. d StGB die obligatorische Landesverweisung vorsieht. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte einschlägig vorbestraft ist und während des laufenden Strafverfahrens trotz dringlicher Warnung unbeeindruckt weiter delinquierte, dies im Bereich der groben Verkehrsregelverletzung, welche regelmässig eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft. Kommt hinzu, dass mit der mangelnden Einsicht und Reue eine Rückfallgefahr des Beschuldigten einhergeht und ihm eine negative Legalprognose attestiert wurde (vgl. Ziff. 20 oben). Die Anwesenheit des Beschuldigten stellt nach dem Gesagten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne der SIS-II-Verordnung bzw. SIS-Verordnung-Grenze dar. Es ist demnach eine Ausschreibung im SIS anzuordnen. Mit Blick auf das soeben Gesagte zur Schwere der Delinquenz des Beschuldigten erscheint eine solche Ausschreibung im Übrigen auch angesichts des Strafmasses von 13 Monaten Freiheitsstrafe verhältnismässig.
VI. Zivilpunkt
1. Vorbemerkungen
Aufgrund der fehlenden (Anschluss-)Berufung des Zivilklägers und der fehlenden Rechtsmittellegitimation der Staatsanwaltschaft bzw. Generalstaatsanwaltschaft hinsichtlich der Zivilklage (vgl. BGE 139 IV 199 E. 4) ist die Kammer an das Verschlechterungsverbot gebunden (Art. 391 Abs. 2 StPO). Entsprechend darf das Urteil im Zivilpunkt nicht zu Ungunsten des Beschuldigten abgeändert werden. Eine konkrete Zusprechung der Schadenersatzforderung ist somit von vornherein ausgeschlossen.
2. Rechtliche Grundlagen
Für die rechtlichen Grundlagen kann vollumfänglich auf das vorinstanzliche Motiv verwiesen werden (pag. 603; S. 74 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
3. Erwägungen der Kammer
Die Vorinstanz hat die Zivilklage des J.__ Schweiz dem Grundsatz nach gutgeheissen und für die vollständige Beurteilung der Forderung auf den Zivilweg verwiesen, dies mit folgender Begründung (pag. 603; S. 74 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung):
Der Beschuldigte hat erwiesenermassen rechtswidrig und schuldhaft einen Schaden am J.__-Patrouillenfahrzeug verursacht. Der J.__ macht einen gesamthaften Sachschaden im Betrag von CHF 2'290.00 geltend und verweist zur Begründung auf die entsprechenden Reparatur-Rechnungen (pag. 36 ff.). Aus den vorliegenden Unterlagen geht allerdings nicht eindeutig hervor, ob dabei nur diejenigen Schäden repariert wurden, welche durch den Beschuldigten verursacht worden sind. Grundsätzlich steht fest, dass der Beschuldigte schadenersatzpflichtig ist, zur Geltendmachung des konkreten Schadenersatzanspruchs wird die Privatklägerschaft jedoch ans Zivilgericht verwiesen.
Der vorinstanzlichen Einschätzung kann gefolgt werden: Der J.__ meldete am 22. November 2018 eine Zivilklage an und verwies für den aus dem Vorfall vom 26. Oktober 2018 geforderten Schadenersatz auf einen Kostenvoranschlag vom 31. Oktober 2018 über CHF 2'290.36 (pag. 36 ff./pag. 52 ff.). Die dann vorgelegte Rechnung vom 31. Dezember 2018 hält den Betrag von der Grössenordnung einigermassen ein (CHF 2'309.17; pag. 46), einzelne Punkte der Rechnung müssten allerdings noch genauer erläutert werden, nachdem die Verteidigung vorinstanzlich die Kostenangaben in Zweifel zog (pag. 486). Insoweit ist die Schadenersatzforderung zwar beziffert aber nicht hinreichend begründet und belegt, weshalb die Zivilklage dem Grundsatz nach gutgeheissen und im Übrigen auf den Zivilweg verwiesen wird (Art. 126 Abs. 2 Bst. b StPO).
Auf die Ausscheidung von Kosten für den Zivilpunkt kann verzichtet werden.
VII. Kosten und Entschädigung
1. Verfahrenskosten
1.1 Erstinstanzliches Verfahren
Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). Die beschuldigte Person trägt die (erstinstanzlichen) Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO). Bei einem Freispruch trägt grundsätzlich der Kanton Bern die Verfahrenskosten (Art. 423 Abs. 1 StPO).
Angesichts des Ausgangs des oberinstanzlichen Verfahrens ist die erstinstanzliche Kostenliquidation zu bestätigen. Dem Beschuldigten sind die erstinstanzlichen Verfahrenskosten, insgesamt ausmachend CHF 8'545.00, aufzuerlegen.
1.2 Oberinstanzliches Verfahren
Gemäss Art. 428 Abs. 1 StPO tragen die Parteien die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Ob bzw. inwieweit eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt unterliegt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor der zweiten Instanz gestellten Anträge gutgeheissen werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1040/2016 vom 2. Juni 2017 E. 1.1.1.).
Die oberinstanzlichen Verfahrenskosten werden bestimmt auf eine Pauschalgebühr von CHF 3'500.00 (Art. 24 Bst. a des Verfahrenskostendekrets [VKD; BSG 161.12]) und infolge seines hauptsächlichen Unterliegens vollumfänglich dem Beschuldigten auferlegt.
2. Entschädigungen
2.1 Theoretische Grundlagen
Zu den Verfahrenskosten gehören grundsätzlich auch die Kosten der amtlichen Verteidigung (Art. 422 Abs. 2 Bst. a StPO). Diese werden von der Kammer jedoch praxisgemäss separat ausgeschieden.
Gemäss Art. 135 Abs. 1 StPO wird die amtliche Verteidigung nach dem Anwalts-tarif desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wurde. Art. 135 Abs. 4 StPO bestimmt, dass die beschuldigte Person bei einer Verurteilung zu den Verfahrenskosten dazu verpflichtet ist, (Bst. a) dem Kanton die der amtlichen Verteidigung ausgerichtete Entschädigung zurückzuzahlen und (Bst. b) der Verteidigung die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.
Wird die beschuldigte Person ganz teilweise freigesprochen wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte (Art. 436 Abs. 1 i.V.m. Art. 429 Abs. 1 Bst. a StPO). Dazu gehört insbesondere der Ersatz der Kosten für den Beizug eines Anwalts (Wehrenberg/Frank, in: Basler Kommentar StPO/JStPO, 2. Aufl. 2014, N. 12 ff. zu Art. 429 StPO). Das Anwaltshonorar bestimmt sich ebenfalls nach dem Kantonalen Anwaltsgesetz (KAG; BSG 168.11) und der Verordnung über die Bemessung des Parteikostenersatzes (Parteikostenverordnung [PKV; BSG 168.811]) (vgl. BGE 142 IV 163 E. 3.1.2).
2.2 Erstinstanzliches Verfahren
Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten vor erster Instanz durch Rechtsanwalt B.__ wurde von der Vorinstanz gemäss der eingereichten Honorarnote vom 8. September 2020 (pag. 499 ff.) bestimmt. Diese Entschädigung blieb unangefochten und ist zu bestätigen. Für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten im erstinstanzlichen Verfahren wird Rechtsanwalt B.__ somit eine Entschädigung von total CHF 5'199.75 ausgerichtet.
Der Beschuldigte hat dem Kanton Bern die für das erstinstanzliche Verfahren ausgerichtete amtliche Entschädigung von CHF 5'199.75 zurückzuzahlen und Rechtsanwalt B.__ die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, ausmachend CHF 1'211.65, zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
2.3 Oberinstanzliches Verfahren
2.3.1 Rechtsanwalt B.__
Aufgrund der unmittelbaren Sistierung des Mandates der amtlichen Verteidigung nach Berufungsanmeldung (vgl. pag. 522 f.) ist dem Verteidiger, Rechtsanwalt B.__, kein entschädigungswürdiger Aufwand mehr entstanden, welcher nicht bereits in dem mit Honorarnote vom 8. September 2020 geltend gemachten Aufwand «10.09.2020 Nachbesprechung mit Klient, Abschlussarbeiten» von einer Stunde enthalten (vgl. pag. 500) wäre. Entsprechend ist keine weitere amtliche Entschädigung für den Verteidiger, Rechtsanwalt B.__, auszurichten.
2.3.2 Rechtsanwalt C.__
Eine Entschädigung für die Kosten der privaten Verteidigung ist bei diesem Ausgang des Verfahrens nicht geschuldet (Art. 436 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 429 Abs. 1 e contrario).
VIII. Verfügungen
1. DNA
Dem zuständigen Bundesamt wird die Zustimmung zur Löschung des über A.__ erstellten DNA-Profils (PCN AA.__) nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitigt erteilt (Art. 16 Abs. 4 i.V.m. 17 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten vermissten Personen [DNA-ProfilG; SR 363]).
2. Biometrische erkennungsdienstliche Daten
Dem für die Führung von AFIS zuständigen Dienst wird die Zustimmung zur Löschung der erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten (PCN AB.__) nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
IX. Dispositiv
Die 1. Strafkammer erkennt:
I.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Regionalgerichts Berner Jura-Seeland vom 9. September 2020 (PEN 20 160) insoweit in Rechtskraft erwachsen ist, als A.__ schuldig erklärt wurde der Beschimpfung, mehrfach begangen am 26. Oktober 2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. von L.__ (Ziff. I.5.1 der Anklageschrift; Ziff. I.5.1. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs) und z.N. von M.__ (Ziff. I.5.2 der Anklageschrift; Ziff. I.5.2. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs).
II.
A.__ wird schuldig erklärt:
1. des Diebstahls, begangen in der Nacht vom 30. Juli 2018, ca. 21:30 Uhr, bis am 31. Juli 2018, ca. 09:50 Uhr, in D.__, E.__, F.__ AH.__, z.N. von G.__, Geschäftsführerin der F.__ AH.__ (Deliktsumme ca. CHF 3'439.00, Ziff. I.1. der Anklageschrift; Ziff. I.1. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
2. des Hausfriedensbruchs, begangen in der Nacht vom 30. Juli 2018, ca. 21:30 Uhr, bis am 31. Juli 2018, ca. 09:50 Uhr, in D.__, E.__, F.__ AH.__, z.N. von G.__, Geschäftsführerin der F.__ AH.__ (Ziff. I.2. der Anklageschrift; Ziff. I.2. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
3. der Sachbeschädigung, mehrfach begangen
3.1 in der Nacht vom 30. Juli 2018, ca. 21:30 Uhr, bis am 31. Juli 2018, ca. 09:50 Uhr, in D.__, E.__, F.__ AH.__, z.N. von G.__, Geschäftsführerin der F.__ AH.__ (Sachschaden: ca. CHF 798.00, Ziff. I.3.1 der Anklageschrift; Ziff. I.3.1. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
3.2 am 26. Oktober 2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. des J.__, vertreten durch K.__ (Sachschaden in unbekannter Höhe, Ziff. I.3.2 der Anklageschrift; Ziff. I.3.2. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
4. der Drohung, begangen am 26. Oktober 2018, um ca. 13:15 Uhr, in H.__, I.__, z.N. von L.__ (Ziff. I.4. der Anklageschrift; Ziff. I.4. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
5. der falschen Anschuldigung, mehrfach begangen am 25. März 2019 zwischen ca. 09:00 Uhr und 09:53 Uhr auf der Polizeiwache in N.__, z.N. von O.__ (Ziff. I.6. der Anklageschrift; Ziff. I.6. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
6. der Hinderung einer Amtshandlung, begangen am 12. April 2019, ca. 04:00 Uhr, in P.__ an der Q.__ und anderswo (Ziff. I.7. der Anklageschrift; Ziff. I.7. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
7. der Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz, mehrfach begangen
7.1 aufgrund grober Verletzung der Verkehrsregeln durch das Überschreiten der gesetzlichen Höchstgeschwindigkeit, begangen
7.1.1. am 10. Juli 2018, um 23:17 Uhr, in R.__, auf der S.__, Fahrtrichtung T.__ (Ziff. I.8.1.1 der Anklageschrift; Ziff. I.8.1.1 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
7.1.2. am 14. Juli 2018, um 03:17 Uhr, in U.__, auf der Autobahn A5, Fahrtrichtung V.__ (Ziff. I.8.1.2 der Anklageschrift; Ziff. I.8.1.2 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
7.2 aufgrund des Fahrens ohne Berechtigung, begangen am 10. Juli 2018, um 23:17 Uhr, in R.__, auf der S.__, Fahrtrichtung T.__ (Ziff. I.8.2 der Anklageschrift; Ziff. I.8.2. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
7.3 aufgrund der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln, mehrfach begangen am 12. April 2019, um ca. 04:00 Uhr, in P.__, im Bereich W.__ / X.__ / Y.__ / Z.__ und anderswo (Ziff. I.8.4 der Anklageschrift; Ziff. I.8.3. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs),
7.3.1 indem der Beschuldigte nachts mit einem Fahrrad ohne Licht auf einer Strasse fuhr (Ziff. I.8.4.1 der Anklageschrift; Ziff. I.8.3.1 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
7.3.2 indem der Beschuldigte unerlaubt ein Trottoir mit dem Fahrrad befuhr (Ziff. I.8.4.2 der Anklageschrift; Ziff. I.8.3.2 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
7.3.3 indem der Beschuldigte während der Fahrt mit einem Fahrrad mehrfach Richtungsänderungen vornahm, ohne diese mittels Handzeichen anzuzeigen (Ziff. I.8.4.3 der Anklageschrift; Ziff. I.8.3.3 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs);
und gestützt darauf sowie aufgrund der rechtskräftigen Schuldsprüche gemäss Ziff. I. hiervor
in Anwendung der Artikel
34, 40, 41 Abs. 1 Bst. b, 43, 44, 47, 49 Abs. 1 und 2, 66a Abs. 1 Bst. d, 139 Ziff. 1, 144 Abs. 1, 177 Abs. 1, 180 Abs. 1, 186, 286, 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
15 Abs. 1, 32 Abs. 2, 39 Abs. 1, 41 Abs. 1, 43 Abs. 2, 90 Abs. 1 und 2, 95 Abs. 1 Bst. d SVG
4a Abs. 1, 28 Abs. 1, 30 Abs. 1, 41 Abs. 2 VRV
426 Abs. 1 und 428 Abs. 1 und 3 StPO
verurteilt:
1. Zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten.
Davon sind 6 Monate zu vollziehen. Für eine Teilstrafe von 7 Monaten wird der Vollzug aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt.
2. Zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu CHF 10.00, ausmachend total CHF 250.00, als Zusatzstrafe zum Urteil der Regionalen Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020.
3. Zu einer Übertretungsbusse von CHF 80.00, als Zusatzstrafe zum Urteil der Regionalen Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland vom 2. Juni 2020.
Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung der Übertretungsbusse wird auf 1 Tag festgesetzt.
4. Zu einer Landesverweisung von 5 Jahren.
Es wird die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem (SIS) angeordnet.
5. Zur Bezahlung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 8'545.00 (ohne Kosten für die amtliche Verteidigung).
6. Zur Bezahlung der oberinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 3'500.00.
III.
Im Zivilpunkt wird in Anwendung von Art. 41 OR sowie Art. 126 und 432 ff. StPO erkannt:
1. Die Zivilklage der Zivilklägerin J.__, v.d. K.__, wird dem Grundsatz nach gutgeheissen und im Übrigen auf den Zivilweg verwiesen.
2. Für die Beurteilung der Zivilklage werden erst- und oberinstanzlich keine Kosten ausgeschieden.
IV.
Die Entschädigung und das volle Honorar des amtlichen Verteidigers der beschuldigten Person A.__, Rechtsanwalt B.__, wurde/wird für das erstinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
Der Kanton Bern entschädigt Rechtsanwalt B.__ für die amtliche Verteidigung von A.__ im erstinstanzlichen Verfahren mit CHF 5'199.75.
A.__ hat dem Kanton Bern die für das erstinstanzliche Verfahren ausgerichtete amtliche Entschädigung von CHF 5'199.75 zurückzuzahlen und Rechtsanwalt B.__ die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, ausmachend CHF 1'211.65, zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
V.
Weiter wird verfügt:
1. Dem zuständigen Bundesamt wird die Zustimmung zur Löschung des über A.__ erstellten DNA-Profils (PCN AA.__) nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 16 Abs. 4 i.V.m. 17 Abs. 1 DNA-ProfilG).
2. Dem für die Führung von AFIS zuständigen Dienst wird die Zustimmung zur Löschung der erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten (PCN AB.__; PCN AA.__) nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
3. Mündlich eröffnet und begründet:
• dem Beschuldigten/Berufungsführer, v.d. Rechtsanwalt C.__
• der Generalstaatsanwaltschaft/Anschlussberufungsführerin
Schriftlich zu eröffnen:
• dem Beschuldigten/Berufungsführer, v.d. Rechtsanwalt C.__
• der Generalstaatsanwaltschaft/Anschlussberufungsführerin
• dem Zivilkläger
• dem Strafkläger
• Rechtsanwalt B.__
Mitzuteilen:
• der Vorinstanz
• der Koordinationsstelle Strafregister (nur Dispositiv; nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• den Bewährungs- und Vollzugsdiensten des Kantons Bern (BVD, Motiv nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• dem Amt für Bevölkerungsdienste (ABEV), Migrationsdienst des Kantons Bern (Dispositiv vorab zur Information, Motiv nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern (Motiv nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• dem Bundesamt für Verkehr (Motiv nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
Bern, 28. Januar 2022
(Ausfertigung: 8. Juli 2022)
Im Namen der 1. Strafkammer
Der Präsident i.V.:
Oberrichter Zbinden
Die Gerichtsschreiberin:
Susedka
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung der schriftlichen Begründung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 39 ff., 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung innert 10 Tagen seit Eröffnung bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, Viale Stefano Franscini 7, 6500 Bellinzona, schriftlich und begründet Beschwerde führen (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO).