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Urteil Obergericht (BE)

Zusammenfassung des Urteils SK 2018 173: Obergericht

Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen, am 17.4.2016 unter Alkoholeinfluss Auto gefahren zu sein. Er hatte eine Atemalkoholkonzentration von 0.37‰. Die Vorinstanz verhängte eine Übertretungsbusse von CHF 500.00. Der Beschuldigte legte Berufung ein und beantragte einen Freispruch. Die Verteidigung argumentierte, dass das Verfahren aufgrund der Verzögerung eingestellt werden sollte. Die Kammer entschied jedoch, dass der Beschuldigte schuldig war und bestätigte die Strafe. Der Richter war Zihlmann und die Gerichtskosten betrugen CHF 1'680.00.

Urteilsdetails des Kantongerichts SK 2018 173

Kanton:BE
Fallnummer:SK 2018 173
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid SK 2018 173 vom 11.09.2018 (BE)
Datum:11.09.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss zu fahren
Schlagwörter : Beschuldigte; Beschuldigten; Verfahren; Verfahrens; Person; Personen; Recht; Urteil; Aussage; Personenwagen; Polizei; Alkohol; Polizist; Sachverhalt; Minuten; Aussagen; Kammer; Polizisten; Verfahrenskosten; Berufung; Vorinstanz; Zeugen; Fahrer
Rechtsnorm:Art. 106 StGB ;Art. 2 StGB ;Art. 2a VRV ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 406 StPO ;Art. 417 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 442 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 55 SVG ;Art. 84 StPO ;Art. 9 BV ;
Referenz BGE:126 IV 5; 132 I 42; 133 IV 158; 134 IV 36; 134 IV 82; 137 IV 1; 140 III 167; 143 IV 373;
Kommentar:
Sutter-Somm, Hasenböhler, Peter, Leuenberger, Kommentar zur Schweize- rischen Zivilprozessordnung [ZPO], Art. 310 ZPO, 2016

Entscheid des Kantongerichts SK 2018 173

SK 2018 173 - Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss zu fahren
Obergericht
des Kantons Bern

1. Strafkammer
Cour suprême
du canton de Berne

1re Chambre pénale

Hochschulstrasse 17
3001 Bern
Telefon +41 31 635 48 08
Fax +41 31 634 50 54
obergericht-straf.bern@justice.be.ch
www.justice.be.ch/obergericht
Urteil
SK 18 173
Bern, 21. August 2018



Besetzung Oberrichter Zihlmann (Präsident i.V.), Oberrichter Guéra,
Oberrichter Gerber
Gerichtsschreiberin Bank




Verfahrensbeteiligte A.__
verteidigt durch Rechtsanwältin B.__
Beschuldigter/Berufungsführer
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, Postfach 6250, 3001 Bern









Gegenstand Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz

Berufung gegen das Urteil des Regionalgerichts Oberland (Einzelgericht) vom 11. Juli 2016 (PEN 16 166)
Erwägungen:
I. Formelles
Erstinstanzliches Urteil
Das Regionalgericht Oberland (Einzelgericht) erkannte mit Urteil vom 11.7.2016 Folgendes (pag. 76 ff.):
I.
A.__ wird schuldig erklärt:
der Missachtung [recte: des Verbots], unter Alkoholeinfluss zu fahren, begangen am 17. April 2016 in Uetendorf
und in Anwendung der Art. 31 Abs. 2bis lit. f und Abs. 2ter SVG, Art. 55 SVG, Art. 91 Abs. 1 lit. b SVG, Art. 2a Abs. 1 lit. h und Abs. 2 VRV, Art. 47 StGB, Art. 106 StGB, Art. 426 ff. StPO
verurteilt:
1. Zu einer Übertretungsbusse von CHF 500.00. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung wird auf 5 Tage festgesetzt.
2. Zu den auf den Schuldspruch entfallenden Verfahrenskosten, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 1‘600.00 und Auslagen von CHF 80.00, insgesamt bestimmt auf CHF 1‘680.00
Die Gebühren setzen sich zusammen aus:

Die Auslagen setzen sich zusammen aus:

Wird keine schriftliche Begründung verlangt, reduziert sich die Gebühr um CHF 600.00. Die reduzierten Verfahrenskosten betragen damit CHF 1'080.00.
[ ]
Berufung
Gegen das erstinstanzliche Urteil vom 11.7.2016 meldete A.__ (nachfolgend der Beschuldigte), verteidigt durch Rechtsanwältin B.__, am 14.7.2016 formund fristgerecht die Berufung an (pag. 81).
Mit Berufungserklärung vom 18.5.2018 erklärte Rechtsanwältin B.__ die vollumfängliche Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil vom 11.7.2016. Sie beantragte, der Beschuldigte sei von der Anschuldigung der Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss zu fahren, freizusprechen. Die erstund oberinstanzlichen Verfahrenskosten seien dem Kanton Bern aufzuerlegen und dem Beschuldigten sei eine Parteientschädigung in der Höhe von CHF 3‘092.90 für seine Aufwendungen vor erster Instanz auszurichten. Für das Verfahren vor der Rechtsmittelinstanz sei dem Beschuldigten eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (pag. 124 ff.).
Mit Verfügung vom 22.5.2018 ordnete die Verfahrensleitung in Anwendung von Art. 406 Abs. 1 Bst. c der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) die Durchführung des schriftlichen Verfahrens an (pag. 129 f.).
Die Generalstaatsanwaltschaft verzichtete mit Schreiben vom 24.5.2018 auf die Teilnahme am oberinstanzlichen Verfahren (pag. 132).
Die Verfahrensleitung setzte dem Beschuldigten mit Verfügung vom 28.5.2018 Frist, um eine schriftliche Begründung der Berufung einzureichen (Art. 406 Abs. 3 StPO). Mit gleicher Verfügung wurde die Zusammensetzung der Kammer bekannt gegeben (pag. 133 f.).
Nach einmaliger Fristerstreckung (pag. 138 ff.) reichte Rechtsanwältin B.__ am 13.7.2018 die schriftliche Berufungsbegründung ein (pag. 142 ff.).
Daraufhin wurde der Schriftenwechsel mit Verfügung vom 16.7.2018 als abgeschlossen erachtet und mitgeteilt, die Kammer werde in den nächsten Wochen gestützt auf die vorliegende Aktenlage entscheiden (pag. 159 f.).
Von Amtes wegen wurde der aktuelle Strafregisterauszug vom 29.5.2018 ediert (pag. 135 f.).
Anträge der Verteidigung
Mit Berufungsbegründung vom 13.7.2018 stellte Rechtsanwältin B.__ die folgenden Anträge (pag. 143):
3. Das Urteil des Regionalgerichts Oberland vom 11. Juli 2016 sei aufzuheben.
4. Das Verfahren sei einzustellen.
Eventualiter:
Der Beschuldigte sei freizusprechen vom Vorwurf der Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss zu fahren, begangen am 17. April 2016 in Uetendorf.
5. Die Verfahrenskosten des erstund oberinstanzlichen Verfahrens seien dem Kanton Bern aufzuerlegen.
6. Dem Berufungsführer / Beschuldigten sei eine Parteientschädigung von CHF 3‘092.90 für seine Aufwendungen vor der ersten Instanz auszurichten.
7. Dem Berufungsführer / Beschuldigten sei für das Verfahren vor Rechtsmittelinstanz eine angemessene Parteientschädigung auszurichten.
unter der erwähnten Kostenfolge
Antrag auf Einstellung des Verfahrens - Verletzung des Beschleunigungsgebots
Rechtsanwältin B.__ beantragt die Einstellung des Verfahrens. Zur Begründung führt sie aus, das Regionalgericht Oberland habe knapp zwei Jahre benötigt, um die Urteilsbegründung zu erstellen. Nach Art. 84 Abs. 4 StPO müsse das Gericht die Urteilsbegründung jedoch innert 60 Tagen, ausnahmsweise innert 90 Tagen zustellen. Durch die Dauer von knapp zwei Jahren sei die Frist zur Urteilsbegründung unverhältnismässig lange überzogen worden. Es handle sich nicht um ein übermässig komplexes Verfahren, weshalb eine Verletzung des Beschleunigungsgebots vorliege. Es habe eine Einstellung des Verfahrens zu erfolgen (pag. 153 f.).
Das in Art. 29 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101), Art. 6 Ziff. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) und Art. 114 Ziff. 3 Bst. c des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II; SR 0.103.2) festgeschriebene Beschleunigungsgebot verpflichtet die Behörden, das Strafverfahren zügig voranzutreiben, um den Beschuldigten nicht unnötig über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Ungewissen zu lassen. Welche Verfahrensdauer angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, die in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind. Dabei ist insbesondere die Komplexität des Falls, das Verhalten des Beschuldigten, die Behandlung des Falls durch die Behörden und dessen Bedeutung für den Beschuldigten zu berücksichtigen. Von den Behörden kann nicht verlangt werden, dass sie sich ständig einem einzigen Fall widmen. Solange keine einzige der verschiedenen Zeitspannen stossend wirkt, greift eine Gesamtbetrachtung. Als Sanktionen kommen die Berücksichtigung der Verfahrensverzögerung im Rahmen der Strafzumessung, die Schuldigsprechung des Täters unter gleichzeitigem Verzicht auf Strafe und in extremen Fällen und als ultima ratio die Einstellung des Verfahrens in Betracht (Schmid/Jositsch, Praxiskommentar StPO, 3. Aufl. 2018, N. 3 zu Art. 5; Wiprächtiger/Keller, in: Basler Kommentar zum StGB, 3. Aufl. 2013, N. 179 und 181 zu Art. 47). Die Einstellung des Verfahrens kommt nur in Extremfällen in Betracht, wenn die Verfahrensverzögerung dem Betroffenen einen Schaden von aussergewöhnlicher Schwere verursachte (BGE 133 IV 158 E. 8; BGE 143 IV 373 E. 1.4.2). Bei der Frage nach der sachgerechten Folge ist zu berücksichtigen, wie schwer die beschuldigte Person durch die Verfahrensverzögerung getroffen wurde, wie gravierend die ihr vorgeworfenen Taten sind und welche Strafe ausgesprochen werden müsste, wenn das Beschleunigungsgebot nicht verletzt worden wäre. Rechnung zu tragen ist auch den Interessen der Geschädigten und der Komplexität des Falls. Schliesslich ist in Betracht zu ziehen, wer die Verfahrensverzögerung zu vertreten hat (BGE 143 IV 373 E. 1.4.1).
Das Urteil des Regionalgerichts Oberland erfolgte am 11.7.2016 (pag. 76 ff.). Fast zwei Jahre später, am 1.5.2018 wurde die schriftliche Urteilsbegründung erstellt (pag. 86 ff.). Aus den Akten ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Vorinstanz im vorliegenden, nicht komplexen Strafverfahren für die Erstellung der schriftlichen Urteilsbegründung fast zwei Jahre benötigte. Dem Beschuldigten kann diese Verzögerung nicht zugerechnet werden bei. Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots ist insoweit offensichtlich.
Dem Beschuldigten wird allerdings nur eine Übertretung vorgeworfen, die nicht im Strafregister eingetragen wird (vgl. Art. 366 Abs. 2 des Schweizerischen Strafgesetzbuches [aStGB; SR 311.0], vgl. zum anwendbaren Recht Ziff. 12 hiernach). Abgesehen von der Verfahrensverzögerung als solche ist beim Beschuldigten keine zusätzliche Betroffenheit aufgrund derselben auszumachen. Insbesondere ist kein Schaden von aussergewöhnlicher Schwere erkennbar ein solcher wird auch nicht geltend gemacht. Eine Einstellung des Verfahrens, die nur bei Extremfällen als ultima ratio zu erfolgen hat, rechtfertigt sich daher nicht. Es hat jedoch eine Reduktion der Strafe zu erfolgen (vgl. hierzu die Ausführungen unter Ziff. 13 hiernach).
Verfahrensgegenstand und Kognition der Kammer
Die Kammer hat infolge der umfassenden Berufung durch den Beschuldigten sämtliche ihn belastende Urteilspunkte zu überprüfen. Sie ist dabei aufgrund der alleinigen Berufung des Beschuldigten an das Verschlechterungsverbot (auch «Verbot der reformatio in peius» genannt) nach Art. 391 Abs. 2 StPO gebunden.
Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war die Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss Auto zu fahren i.S.v. Art. 91 Abs. 1 Bst. b des Strassenverkehrsgesetzes (SVG; SR 741.01) und damit ausschliesslich ein Übertretungstatbestand. Die Überprüfung der Kammer erfolgt somit nur im Hinblick auf Art. 398 Abs. 4 StPO, mithin unter dem Aspekt der Willkür. Wenn ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens bilden, kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft die Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO).
Soweit die Beweiswürdigung bzw. die Feststellung des Sachverhalts gerügt wird, beschränkt sich die vorliegende Überprüfung auf offensichtliche Unrichtigkeit (Urteil des Bundesgerichts 6B_362/2012 vom 29.10.2012 E. 5.2). Es ist zu überprüfen, ob das vorinstanzliche Urteil auf Rechtsfehlern beruht. Darunter fallen Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, jedoch nicht Unangemessenheit, d.h. Ermessensfehler i.S.v. Art. 398 Abs. 3 Bst. c StPO (Schmid/Jositsch, a.a.O., N. 12 zu Art. 398). Ferner ist zu prüfen, ob der Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt wurde und ob die Sachverhaltsfeststellung auf Rechtsverletzungen beruht. Offensichtlich unrichtig ist eine Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (vgl. BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; BGE 134 IV 36 E. 1.4.1). Nach ständiger Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 140 III 167 E. 2.1). Eine willkürliche Beweiswürdigung im Sinne von Art. 9 BV liegt dann vor, wenn das Sachgericht sein Ermessen missbraucht, indem es zum Beispiel offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht solche willkürlich ausser Acht lässt. Willkür liegt dagegen nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint gar vorzuziehen wäre (vgl. Urteile des Bundesgerichts 4A_521/2008 vom 26.2.2009 E. 3.2 und 6B_957/2015 vom 11.12.2015 E. 3). Eine Sachverhaltsermittlung ist insbesondere nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1). Erforderlich ist also ein qualifizierter Mangel, ein klares Abweichen der tatsächlichen Gegebenheiten von der Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Entscheid (vgl. Schott, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 9 zu Art. 97).
II. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Sachverhalt gemäss Strafbefehl und vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung
Dem Beschuldigten wird mit Strafbefehl vom 26.4.2016 vorgeworfen, sich nach Art. 91 Abs. 1 Bst. b SVG der Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss Auto zu fahren, begangen am 17.4.2016 um 04.35 Uhr in Uetendorf, Zelgstrasse, schuldig gemacht zu haben. Als angeklagter Sachverhalt wird umschrieben, der Beschuldigte habe als Neulenker einen Personenwagen mit einer Atemalkoholkonzentration von 0.37‰ geführt (pag. 6).
Die Vorinstanz kam nach Würdigung der objektiven und subjektiven Beweismittel zum Ergebnis, dass der angeklagte Sachverhalt erstellt ist (pag. 101 ff, S. 16 ff. der Urteilsbegründung).
Ausführungen der Verteidigung
Rechtsanwältin B.__ bringt nach einer Zusammenfassung der Aussagen der involvierten Personen vor, die Vorinstanz habe die Zeugenaussagen zu wenig gewichtet. Die Aussage von C.__, es habe 6-7 Minuten gedauert, bis die Polizei eingetroffen sei, nachdem D.__ erbrochen habe, stehe nicht im Widerspruch zur Aussage des Beschuldigten, es habe 10 Minuten gedauert. Zeitliche Verhältnisse würden je nach Person und Lebenssituation anders wahrgenommen. Diese Aussagen würden auch nicht im Widerspruch zu den Aussagen der Zeugen E.__ und F.__ stehen. Diese beiden Zeugen seien bei ihren Angaben, es habe 10-15 Minuten gedauert, bis die Polizei aufgetaucht sei, von der Dauer vom Anhalten bis zum Eintreffen der Polizisten ausgegangen (pag. 147 f.). Ferner habe Polizist G.__ den Audi A4 aus den Augen verloren. In der Zwischenzeit habe der Audi A4 auf dem Parkplatz der H.__AG angehalten, damit sich D.__ habe übergeben können. Es sei deshalb möglich, dass es 10 Minuten gedauert habe, bis die Polizisten den Personenwagen wiedergefunden hätten (pag. 148 f.). In der Tatnacht habe es um 04.15 Uhr zu regnen begonnen. Es sei wahrscheinlich, dass der Personenwagen um 04.20 Uhr auf dem Parkplatz angekommen sei und die Kontrolle um ca. 04.30 Uhr stattgefunden habe, zumal der Atemalkoholtest beim Beschuldigten um 04.40 und 04.45 Uhr durchgeführt worden sei. Mit diesem Zeitablauf lasse sich der nasse Boden unter dem Auto, die nasse Fussmatte, der noch warme Motor sowie die nassen Reifen erklären (pag. 149).
Die Aussage des Beschuldigten, D.__ habe sich «gleich neben dem Auto» übergeben, würde jener von C.__, D.__ habe «neben dem Auto, also nicht in unmittelbarer Nähe» erbrechen müssen, nicht widersprechen. D.__ sei rechts im Auto gesessen und ausgestiegen. Die Polizei habe an die linke Fahrertüre geklopft. Von dieser Seite habe die Polizei alle Untersuchungen vorgenommen. Polizist G.__ sei nie befragt worden, ob er Erbrochenes gesehen gerochen habe. Weiter sei den Polizisten der alkoholisierte Zustand der restlichen Autoinsassen nicht aufgefallen sie hätten behauptet, die Mitfahrer hätten wach gewirkt. Es sei eine Fehlinterpretation der Vorinstanz, der Beschuldigte sei wach gewesen, weil er gegenüber G.__ eine Spontanaussage gemacht habe. Wenn man aus dem Halbschlaf durch ein Klopfen an die Fensterscheibe geweckt werde, stosse der Körper Adrenalin aus, was zu einem sofortigen Wachzustand führe (pag. 148).
Der Beschuldigte sei aus Spass auf den Fahrersitz gesessen, wogegen C.__ auf dem Beifahrersitz habe schlafen wollen, weil es dort bequemer sei. Diese Aussagen würden einander nicht widersprechen, zumal sie lediglich subjektive Beweggründe darstellen würden (pag. 149). Die Polizisten hätten ferner nur erkannt, dass eine männliche Person den Personenwagen gefahren und der Beifahrer eine Baseballmütze getragen habe. Der Beschuldigte sei nie als Fahrer identifiziert worden. Beim Vorfinden des Personenwagens seien der Motor aus und der Schlüssel gezogen gewesen. Die Scheiben seien beschlagen gewesen. Folglich sei nicht erstellt, dass der Beschuldigte gefahren sei, nur weil er zum Zeitpunkt der Kontrolle auf dem Fahrersitz gesessen sei (pag. 149 f.). Sollte der Beschuldigte den Audi A4 gelenkt haben, stelle sich die Frage, warum er in die Industriezone gefahren sei. Bis zur Kontrolle sei keinem der Personen im Audi A4 aufgefallen, dass die Polizei folge. Folglich könne sich das Parkieren einzig mit dem Übelkeitsgefühl von D.__ erklären. Ferner habe C.__ in der Tatnacht nichts sagen wollen, weshalb davon auszugehen sei, dass er gefahren sei und er sich nicht selbst habe belasten wollen (pag. 150). Polizist G.__ seien bei der Kontrolle des Beschuldigten Fehler unterlaufen, weshalb ein Teil des Anzeigerapports nicht verwertbar sei. Ferner habe er bei den übrigen Mitfahrern keinen Alkoholtest gemacht. Daher könne nicht unbenommen von glaubhaften Aussagen von G.__ ausgegangen werden. Er sei in der Tatnacht nicht aufmerksam gewesen (pag. 150 f.).
Ferner habe zwischen den Zeugen keine Absprache stattgefunden. C.__ und F.__ hätten dies bestritten. E.__ habe nur gesagt, sie hätten darüber gesprochen, in welchem Club sie in der Tatnacht gewesen seien. Folglich könne nicht davon ausgegangen werden, die Zeugenaussagen seien abgesprochen einstudiert (pag. 151 f.).
Zusammenfassend habe die Vorinstanz die Beweiswürdigungsregel in dubio pro reo verletzt. Gestützt auf die übereinstimmenden Zeugenaussagen der Fahrzeug-insassen würden erhebliche Zweifel am angeklagten Sachverhalt bestehen, weshalb der Beschuldigte freizusprechen sei (pag. 152 f.).
Bestrittener/unbestrittener Sachverhalt
Unbestritten ist, dass die Polizisten G.__ und I.__ am 17.4.2016 in einem zivilen Auto eine Verkehrskontrolle durchführten und sie sich entschieden, dem Personenwagen Audi A4 mit der Kontrollschildnummer BE __ (Fahrzeughalter: C.__) zu folgen. Beim Vorbeifahren konnten die Polizisten G.__ und I.__ zwei männliche Personen erkennen, wobei der Beifahrer eine Baseballmütze auf dem Kopf trug. Der Personenwagen fuhr vom Zubringer Gürbetal nach der Bahnüberführung nach links in Richtung Zelgstrasse. Bei der Zelgstrasse bog er nach links ab und danach wieder nach links, woraufhin sie den Personenwagen aus den Augen verloren. Sie fanden den Personenwagen auf dem Parkplatz der Gesellschaft H.__AG neben diversen ausgestellten Fahrzeugen parkiert vor. Auf dem Fahrersitz sass der Beschuldigte. C.__ sass auf dem Beifahrersitz und E.__, F.__ sowie D.__ auf dem Rücksitz. Die mit dem Beschuldigten um 04.40 und 04.45 Uhr vollzogenen Atemalkoholproben ergaben einen Wert von 0.37‰. Der Beschuldigte besass zum Tatzeitpunkt einen Führerausweis auf Probe.
Bestritten ist demgegenüber, wie lange die Polizisten G.__ und I.__ den Personenwagen aus den Augen verloren hatten und ob der Beschuldigte der Fahrer des fraglichen Personenwagens war.
Beweismittel
Der Kammer liegen die schriftliche Einsprache (pag. 8) sowie die Einvernahme des Beschuldigten (pag. 61 ff.) vor. Ferner befinden sich die Einvernahmen der Zeugen G.__ (pag. 54 ff.), E.__ (pag. 64 f.), C.__ (pag. 66 f.) und von F.__ (pag. 68 f.) in den Akten. Es wird nur soweit notwendig im Rahmen der Beweiswürdigung auf die konkreten Aussagen eingegangen. Soweit weitergehend wird vollumfänglich auf die amtlichen Akten und die korrekte Zusammenfassung der Aussagen durch die Vorinstanz verwiesen (pag. 95 ff., S. 10 ff. der Urteilsbegründung).
Des Weiteren befinden sich der Anzeigerapport vom 20.4.2016 (pag. 1 ff.) und das Polizeiprotokoll bei Verdacht auf Fahrunfähigkeit vom 17.4.2016 (pag. 4 f.) in den Akten. Auch hier wird auf die amtlichen Akten und auf die Zusammenfassung der Vorinstanz verwiesen (pag. 93 f., S. 8 f. der Urteilsbegründung). Es wird nur soweit notwendig im Rahmen der Beweiswürdigung darauf eingegangen.
Würdigung durch die Kammer
0.1 Vorbemerkungen zur Beweiswürdigung
Betreffend die theoretischen Ausführungen zur Beweiswürdigung und zur Aussagenanalyse kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (pag. 89 ff., S. 4 ff. der Urteilsbegründung).
An dieser Stelle ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Kammer den vorliegenden Sachverhalt bzw. die vorinstanzliche Beweiswürdigung lediglich unter dem Aspekt der Willkür zu überprüfen hat (Art. 398 Abs. 4 StPO).
0.2 Konkrete Beweiswürdigung
Dem Polizeiprotokoll bei Verdacht auf Fahrunfähigkeit vom 17.4.2016 ist zu entnehmen, dass beim Beschuldigten bei zwei Messungen (04.40 und 04.45 Uhr) ein Atemalkohol von 0.37‰ festgestellt wurde. Der Beschuldigte gab diesbezüglich an, er habe zwischen 22.00 und 02.30 Uhr ca. einen Liter Bier und 1.5 dl roten Vodka getrunken (pag. 4 f.). Die Messung und deren Zeitpunkt sowie die getrunkene Menge Alkohol werden vom Beschuldigten nicht bestritten. Hinweise auf die Person, die den Audi A4 in der Tatnacht gefahren ist, lassen sich dem Polizeiprotokoll nicht entnehmen.
Gemäss Anzeigerapport vom 20.4.2016 sei dem Polizisten G.__ und seinem Kollegen I.__ anlässlich einer Verkehrsüberwachung bei der Autobahnausfahrt Thun-Nord R am 17.4.2016 um 04.35 Uhr der Audi A4, BE __, durch seine zügige Fahrweise im Kreisel Richtung Uetendorf fahrend aufgefallen. Als der Personenwagen an ihnen vorbeigefahren sei, hätten sie zwei männliche Personen im Fahrzeug erkennen können, wobei der Beifahrer eine Baseballmütze auf dem Kopf getragen habe. Sie seien dem Personenwagen gefolgt, um eine Verkehrskontrolle durchzuführen. Der Personenwagen sei vom Zubringer Gürbetal nach der Bahnunterführung nach links in Richtung Zelgstrasse gefahren. Bei der Zelgstrasse sei das Fahrzeug links abgebogen und von der Zelgstrasse gleich wieder nach links auf das Gelände der H.__AG. Während diesen kurz aufeinanderfolgenden Abbiegemanövern hätten sie den Personenwagen aus den Augen verloren. Nach einer kurzen Nachsuche auf dem Gelände (ca. zwei Minuten) hätten sie den Personenwagen auf dem Parkplatz der H.__AG neben diversen ausgestellten Fahrzeugen parkiert vorgefunden. Auf dem Fahrersitz habe sich der Beschuldigte und auf dem Beifahrersitz C.__, welcher eine Baseballmütze auf dem Kopf getragen habe, befunden. Auf dem Rücksitz seien drei weitere Personen gewesen. Als sie zum Fahrzeug gegangen seien und eine Verkehrskontrolle hätten durchführen wollen, habe der Beschuldigte, ohne dass sie danach gefragt hätten, sofort angegeben: «Ich bin nicht gefahren, ich schlafe seit 1.5 Stunden hier». Daraufhin hätten sie mit dem Beschuldigen einen Atemalkoholtest durchgeführt. Der Motor des Fahrzeugs sei heiss, die Reifen nass gewesen und aus den Radläufen habe noch Spritzwasser getropft. Der Boden unter dem Personenwagen sei nass gewesen, obwohl es in der Tatnacht erst um ca. 04.15 Uhr zu regnen begonnen habe. Nach der Kontrolle seien die Fahrzeuginsassen zu Fuss weiter gegangen - die Weiterfahrt sei dem Beschuldigten untersagt worden (pag. 2).
Der Beschuldigte machte demgegenüber geltend, er sei am 17.4.2016 mit C.__ als Fahrer über die Autobahn gefahren. Auf der Autobahn sei er eingenickt und erst wieder aufgewacht, als sich sein Bruder in Uetendorf habe übergeben müssen (pag. 61, Z. 27 ff.; pag. 62, Z. 24 ff.). Sein Bruder sei hinten links rechts gesessen. Als er sich übergeben habe, hätten sie gleich angehalten und seien sofort ausgestiegen (pag. 62, Z. 25 ff.). Sein Bruder habe sich gleich neben dem Auto übergeben (pag. 62, Z. 33 f.). Er habe seinem Bruder geholfen, als er sich übergeben habe (pag. 61, Z. 32 f.; pag. 62, Z. 30 ff.). Der Beschuldigte bestätigte in seiner Einsprache gegen den Strafbefehl, sein Bruder D.__ habe sich plötzlich übergeben müssen (pag. 8: «[ ] als plötzlich mein Bruder aufschrie, er solle anhalten. Kurz darauf sind wir angehalten und mein Bruder musste sich übergeben»). Die Schilderungen des Beschuldigten zum plötzlichen Übelkeitsgefühl seines Bruders erscheinen mit Blick auf den Standort des Halts nicht einleuchtend. Es erstaunt, dass der Fahrer des Personenwagens von der Strasse abgebogen und über das ganze Industriegebiet auf den Parkplatz bei der H.__AG gefahren wäre, hätte sich D.__ plötzlich übergeben müssen. Auch die beiden Polizisten scheinen nichts festgestellt zu haben, das auf ein Erbrechen hingedeutet hätte.
Des Weiteren behauptete der Beschuldigte, C.__ und er hätten sich die Beine vertreten, nachdem sich sein Bruder übergeben habe (pag. 61, Z. 32 f.; pag. 62, Z. 30) bzw. sie hätten an der frischen Luft noch etwas gewartet (pag. 62, Z. 35 f.). Daraufhin sei er aus irgendwelchen Gründen, er wisse nicht mehr genau warum, auf den Fahrersitz gesessen. Der Schlüssel sei abgezogen gewesen, damit er nicht «auf dumme Gedanken» komme (pag. 61, Z. 33 ff.; pag. 62, Z. 1). Sie hätten gedacht, sie würden dort noch warten, bis es seinem Bruder wieder besser gehe (pag. 62, Z. 46). Er sei daraufhin fast schon wieder eingenickt. Als die Polizei an die Scheibe geklopft habe, sei er auf dem Fahrersitz gesessen. Die ersten beiden Male, als sie an die Scheibe geklopft hätten, habe er es nicht richtig mitbekommen. Erst beim dritten Mal sei er wieder «voll wach» gewesen (pag. 62, Z. 36 ff.). Vom Zeitpunkt an, als sich sein Bruder übergeben habe, bis die Polizei gekommen sei, seien sicherlich 10 Minuten (pag. 62, Z. 19 f.) bzw. 10-15 Minuten vergangen (pag. 62, Z. 38 ff.). Auch diese Aussagen vermögen nach Ansicht der Kammer nicht zu überzeugen. Es ist fraglich, warum der Beschuldigte aus Spass auf den Fahrersitz hätte sitzen sollen, zumal es in der fraglichen Nacht regnete und er vor der Weiterfahrt erneut mit C.__ hätte die Plätze tauschen müssen. Ferner ist nicht nachvollziehbar, warum C.__ den Schlüssel hätte abziehen müssen, wäre es nur darum gegangen, sich bequem auszuruhen (vgl. nachfolgende Aussagen von C.__) Spass zu haben. Der Beschuldigte habe nach eigenen Angaben nicht vorgehabt, den Personenwagen zu lenken. Vielmehr habe er an diesem Abend trinken wollen, weshalb er sein Auto bei C.__ abgestellt habe. Hätte er mit Alkohol fahren wollen, hätte er gleich sein Auto nehmen können (pag. 63, Z. 24 ff.). Dann ist aber nicht verständlich, warum man ihn durch das Abziehen des Schlüssels vom Fahren hätte abhalten müssen. Zudem sind die Aussagen des Beschuldigten, er habe die ersten beiden Schläge gegen die Scheibe nicht mitbekommen, erst beim dritten sei er wach gewesen, nicht plausibel. Ob er beim Aufwachen Adrenalin ausgeschüttet hat, kann offen gelassen werden. Es erstaunt dessen ungeachtet, dass der Beschuldigte, obwohl er geschlafen haben will, wahrgenommen hat, dass die Polizisten exakt drei Mal gegen die Scheibe geklopft haben. Ferner behauptete C.__, er habe den Beschuldigten geweckt, als die Polizei an die Scheibe geklopft habe (pag. 67, Z. 4 ff.). Folglich liegen diesbezüglich sich widersprechende Aussagen vor. Des Weiteren ist erfahrungsgemäss die Schätzung von Zeit im Schlaf kaum möglich. Die Angabe des Beschuldigten (die im Übrigen exakt von seinen Begleitern übernommen wurden, vgl. nachfolgende Ausführungen), es habe 10-15 Minuten gedauert, bis die Polizei gekommen sei, ist damit nicht überzeugend.
Als Begründung, dass die Angaben im Polizeirapport zum Zeitablauf nicht korrekt seien, führte der Beschuldigte aus, es sei nicht möglich, dass die Scheiben innert so kurzer Zeit komplett angelaufen seien (pag. 62, Z. 20 f.; pag. 63, Z. 10 ff.). Die Scheiben hinten seien getönt und komplett angelaufen gewesen (pag. 63, Z. 11 f.). Diese Aussage korrigierte der Beschuldigte nach Verlesen des Protokolls sogleich, indem er angab, er wisse nicht, ob die Scheiben hinten angelaufen gewesen seien. Das sehe man nicht, weil sie getönt seien. Die Scheibe vorne sei jedoch komplett angelaufen gewesen (pag. 63, Z. 15 ff.). Die Polizisten hätten ihre Füsse kontrolliert. Diese seien allerdings nicht trocken gewesen, sondern nass auch die Bodenmatte sei komplett durchnässt gewesen (pag. 62, Z. 3 ff.). Diese Aussagen sind nicht glaubhaft. Auch bei getönten Scheiben ist das Anlaufen zumindest von innen - durchaus erkennbar. Zudem erstaunt, warum sich der Beschuldigte genau an die angelaufenen Scheiben und die nassen Füsse erinnern, jedoch nicht mehr wissen will, ob er C.__ an diesem Abend eine Baseballmütze getragen hat (pag. 63, Z. 28 ff.). Zwar sind Erinnerungslücken bei zunehmender Dauer des Verfahrens durchaus erklärbar; die selektiven Erinnerungslücken des Beschuldigten, die einzig die Identifikation des Fahrzeuglenkers betreffen, vermögen jedoch nicht zu überzeugen.
Der Beschuldigte erklärte, er sei an diesem Abend bei C.__ ins Auto gestiegen, obwohl er nicht gewusst habe, ob dieser getrunken habe (pag. 63, Z. 35 ff.). Diese Aussage steht im Widerspruch zu seiner schriftlichen Angabe in der Einsprache gegen den Strafbefehl, wo er behauptet, C.__ sei nüchtern gewesen (pag. 8). Der Beschuldigte bestritt nicht, anfänglich gegenüber der Polizei behauptet zu haben, sie seien mit dem Auto bereits über eine Stunde auf dem Parkplatz gestanden (pag. 63, Z. 40 f. vgl. hierzu auch die bestätigende Aussage von C.__ pag. 66, Z. 31 ff.). Es ist nicht begreiflich, warum der Beschuldigte hätte er effektiv nur C.__ mit seinen Aussagen schützen wollen (vgl. hierzu pag. 63, Z. 37 ff.) - den Ablauf des Abends nicht gleichbleibend erzählt. Es erschliesst sich der Kammer nicht, warum der Beschuldigte C.__ hätte schützen müssen, zumal er anfänglich behauptete, C.__ sei nüchtern gewesen (vgl. pag. 8). Der Beschuldigte bestritt ferner, den Personenwagen gefahren zu sein. Mit dieser Aussage belastete der Beschuldigte die anderen vier Insassen im Auto wobei drei davon über keinen Führerausweis verfügen. Letztlich ist nicht nachvollziehbar, warum C.__ - der nach eigenen Angaben fünf Stunden zuvor nur ein Bier getrunken haben will (pag. 66, Z. 28 f.) gegenüber der Polizei nicht zugegeben hätte, gefahren zu sein, zumal in seinem Fall im Gegensatz zum Alkoholkonsum des Beschuldigten (ein Liter Bier und 1.5 dl roter Vodka) ein Atemalkoholgehalt von 0.0‰ wahrscheinlich gewesen wäre.
Nach dem Gesagten kann auf die teilweise widersprüchlichen und insgesamt wenig plausiblen Aussagen des Beschuldigten nicht abgestellt werden.
Die Zeugen E.__, C.__ und F.__ bestätigten die Ausführungen des Beschuldigten zum Ablauf des 17.4.2016 im Wesentlichen. E.__ betonte immer wieder, sie könne sich an den fraglichen Vorfall bzw. an die ganze Nacht kaum erinnern, weil sie so betrunken gewesen sei (pag. 64, Z. 19; pag. 64, Z. 20 f.; pag. 64, Z. 33 f.; pag. 64, Z. 36 ff.; pag. 65, Z. 8 f.). Sie erklärte, sie habe nicht mitbekommen, was die Polizisten mit dem Beschuldigten gesprochen hätten (pag. 64, Z. 27 f.), ob jemand einen Hut getragen habe (pag. 64, Z. 30 f.). Dennoch will sie sich daran erinnern können, dass es bis zum Eintreffen der Polizei 10-15 Minuten gedauert hat (pag. 64, Z. 28 ff.).
F.__ gab an, er habe viel Alkohol getrunken und es sei ihm schlecht gegangen. Er könne sich nur noch daran erinnern, dass C.__ gefahren sei. Danach sei er eingeschlafen (pag. 68, Z. 13 ff.). Er sei erst wieder aufgewacht, als sie angehalten hätten und sich der Bruder des Beschuldigten übergeben habe. Er habe gefragt, was los sei, und jemand habe ihm gesagt, D.__ müsse sich übergeben. Daraufhin sei er wieder eingenickt (pag. 68, Z. 17 ff.; pag. 68, Z. 28 ff.). Er sei erst wieder aufgewacht, als ihn der Polizist nach dem Ausweis gefragt habe (pag. 68, Z. 20 f.). Dennoch gab F.__ an, es habe 10-15 Minuten gedauert, bis die Polizei eingetroffen sei (pag. 68, Z. 25 f.). Dies erstaunt, zumal er geschlafen haben will (pag. 68, Z. 21 f.; pag. 68, Z. 31 f.).
C.__ erklärte, sie hätten angehalten, weil sich D.__ habe übergeben müssen. Der Beschuldigte und er seien ausgestiegen und daraufhin sei die Polizei gekommen (pag. 66, Z. 16 ff.). Zum Zeitablauf machte C.__ unterschiedliche Angaben: Zuerst gab er an, «kurz darauf» (nach dem Aussteigen aus dem Wagen, weil D.__ erbrochen habe) sei die Polizei gekommen (pag. 66, Z. 18 f.). In der Folge sprach C.__ von ca. 10 Minuten (pag. 66, Z. 24), bzw. 6-7 Minuten ab dem Zeitpunkt, als sich D.__ übergeben habe (pag. 66, Z. 37 f.). Zum Schluss führte er aus, «es sind definitiv 10-15 Minuten gewesen, seit wir angehalten haben, sich der Bruder hat übergeben müssen, wir Sitz gewechselt haben und dann eingeschlafen sind, bis die Polizei gekommen ist» (pag. 67, Z. 8 ff.). Diese unterschiedlichen Angaben überzeugen nicht. Insbesondere die Erstaussage von «kurz darauf» ist nicht mit einer Zeitdauer von 10-15 Minuten vereinbar. Ferner erstaunt die letzte «definitive» Angabe, obwohl C.__ zuvor diverse andere Zeitangaben machte. Nicht nachvollziehbar ist sodann die Aussage von C.__, er habe noch etwas schlafen wollen, daher sei er auf den Beifahrersitz gesessen (pag. 66, Z.22 f.). Nach Angaben des Beschuldigten und C.__ hätten sie noch nicht weiterfahren können, weil es D.__ schlecht gegangen sei. Entsprechend hätte C.__ auch auf dem Fahrersitz schlafen können. Später fügte C.__ als Begründung an, er sei auf den Beifahrersitz gegangen, weil es dort bequemer sei (pag. 66, Z. 25 f.). Diese Erklärung vermag nicht zu überzeugen und erscheint nachgeschoben. Des Weiteren führte er aus, D.__ habe sich «neben dem Auto, also nicht in unmittelbarer Nähe» übergeben (pag. 66, Z. 39 f.). Damit widersprach er den Angaben des Beschuldigten, der ausführte, D.__ habe sich «gleich neben dem Auto» übergeben (pag. 62, Z. 33 f.). Entgegen den Behauptungen der Verteidigung ist diesen Angaben zweifellos ein örtlicher Unterschied zu erkennen, zumal «gleich neben dem Auto» gerade «in unmittelbarer Nähe» des Autos bedeutet.
Die Vorinstanz ist nicht in Willkür verfallen, indem sie davon ausging, die Zeugenaussagen würden abgesprochen wirken. Diese sind teilweise in Wortwahl und hinsichtlich der Zeitangabe derart deckungsgleich, dass sie aufeinander abgestimmt wirken. Obwohl die Verteidigung selbst angab, die Schätzung von Zeit sei individuell sehr unterschiedlich, gaben alle drei Zeugen an, es habe 10-15 Minuten gedauert, bis die Polizei eingetroffen sei (E.__ pag. 64, Z. 30; C.__ pag. 67, Z. 8 ff. allerdings zuvor auch mit anderen Zeitangaben, vgl. obige Ausführungen; F.__ pag. 68, Z. 25 f.). Dies erstaunt insbesondere unter Berücksichtigung der Angaben des Beschuldigten, E.__ und F.__, die alle vor Eintreffen der Polizei geschlafen haben wollen. Des Weiteren verwendete C.__ bezüglich des abgezogenen Schlüssels die exakt gleiche Begründung und Wortwahl wie der Beschuldigte. Auch C.__ führte aus, er habe den Schlüssel abgezogen, damit der Beschuldigte «nicht auf dumme Gedanken» komme (pag. 66, Z. 27 f.). Im Übrigen ist erstaunlich, dass sich keiner der Autoinsassen daran erinnern will, ob bzw. wer eine Baseballmütze getragen hat (E.__: Ob jemand einen Hut getragen habe, wisse sie nicht, pag. 64, Z. 30 f.; F.__: Es hätten glaublich sowohl der Beschuldigte als auch C.__ eine Mütze getragen, pag. 68, Z. 36 f.; C.__: Er wisse nicht, ob er einen Hut getragen habe, pag. 67, Z. 15 so auch der Beschuldige: Er wisse nicht, ob er eine Baseballmütze getragen habe, pag. 63, Z. 28 ff.). Auf Frage nach dem Fahrer erklärte G.__, sie seien sicher gewesen, dass der Beschuldigte gefahren sei. Der Beifahrer habe einen Hut getragen und bei der Kontrolle sei der Hutträger nach wie vor auf dem Beifahrersitz gesessen (pag. 54, Z. 41 ff.). Sollte der Beschuldigte und C.__ nach Halt bei der H.__AG effektiv die Plätze getauscht haben, erstaunt, dass sich beide nicht an den Tausch der Baseballmütze erinnern können. Bemerkenswert ist zudem auch hier die deckungsgleiche Begründung des Beschuldigten («Es kann auch sein, dass C.__ eine getragen hat. Wir sind grundsätzlich beide solche, welche Mützen tragen», pag. 63, Z. 29 f.) und C.__ («Ich trage schon oft Hüte. A.__ auch, aber ob das damals der Fall war, weiss ich nicht», pag. 67, Z. 15 f.). Eine Absprache zumindest unmittelbar vor der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 11.7.2016 bestätigte sodann E.__. Sie führte aus, sie habe vor der Verhandlung mit den anderen Zeugen (C.__ und F.__) gesprochen (pag. 64, Z. 10 f.) und beide hätten behauptet, sie seien am 17.4.2016 im J.__ Club gewesen (pag. 65, Z. 14 ff.). Sie wisse aber, dass sie im K.__ Club an der Party L.__ gewesen seien, weil sie diese promoten würde (pag. 65, Z. 11 f.). C.__ und F.__ stritten ab, vor der Verhandlung mit jemandem gesprochen zu haben (C.__ pag. 66, Z. 10; F.__ pag. 68, Z. 43 f.). Dennoch gaben sie beide in ihren darauf folgenden Einvernahmen an, sie seien im K.__ Club gewesen (C.__ pag. 66, Z. 15 f.; F.__ pag. 68, Z. 11 f.). Eine Absprache liegt nach dem Gesagten auf der Hand. Auf die selektiven Aussagen der Zeugen kann folglich nicht abgestellt werden.
Die Angaben im Polizeirapport wurden von G.__ anlässlich der vorgezogenen Zeugeneinvernahme vom 8.7.2016 bestätigt. Er erklärte nochmals eingehend, wie der Personenwagen beim Zubringer Gürbental Richtung Seftigen nach links und dann wieder nach links abgebogen sei. Sie hätten gesehen, dass er nach links Richtung M.__ AG abgebogen sei. Danach hätten sie ihn nicht mehr gesehen, weshalb sie angenommen hätten, der Personenwagen sei wieder nach links abgebogen, weil dies die einzige Möglichkeit gewesen sei. Nach kurzer Zeit hätten sie den Personenwagen gefunden (pag. 54, Z. 12 ff.). Bei Betrachtung der konkreten Örtlichkeiten fällt auf, dass die Strecke zwischen Thunund Zelgstrasse ca. 107 Meter beträgt. Die Polizisten konnten dem Personenwagen folgen und sahen, wie dieser links in die Zelgstrasse einbog. Folglich konnten sie nicht mehr als ca. 107 Meter hinter dem Personenwagen gefahren sein. Von der Abzweigung bis zur ersten Einmündung in das Areal der H.__AG beträgt die Distanz ca. 80 Meter und bis zur zweiten Einmündung ca. 115 Meter. Ab Einmündung bis zu den Parkplätzen der H.__AG beträgt die Distanz ca. 57 Meter bzw. je nach Parkplatz bis zu 100 Metern (vgl. Google Maps und Messungen auf dem Geoportal des Bundes: https://map.geo.admin.ch/). Die Angaben von G.__, sie hätten nur ca. zwei Minuten nach dem Personenwagen gesucht, erscheint unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Begebenheiten glaubhaft. Es ist absurd anzunehmen, die Polizisten hätten 10-15 Minuten gebraucht, um diese kurze Strecke zurückzulegen. Das fragliche Gelände ist relativ übersichtlich und die Parkplätze der H.__AG schnell zu sehen. Wären der Beschuldigte und C.__ ausgestiegen, als sich D.__ übergeben habe, wäre dies durch die Polizisten wohl leicht erkennbar gewesen. Der Personenwagen fiel den Polizisten nach Angaben im Polizeirapport ferner erst um ca. 04.35 Uhr bei der Autobahnausfahrt auf (pag. 1). Bereits um 04.40 Uhr wurde der erste Atemalkoholtest beim Beschuldigten durchgeführt (pag. 5). Ein Zeitablauf auf dem Parkplatz von 10-15 Minuten ist damit nicht möglich.
G.__ führte des Weiteren aus, die Scheiben seien leicht angelaufen gewesen. Beim Klopfen habe der Lenker die Türe aufgemacht und erklärt, er sei nicht gefahren, das Auto sei bereits den ganzen Abend hier gestanden (pag. 54, Z. 20 ff.). Der Beschuldigte erklärte bei seiner Einvernahme von sich aus, gegenüber G.__ eine entsprechende Aussage gemacht zu haben (vgl. pag. 63, Z. 40 ff. sowie Aussage von C.__ pag. 66, Z. 31 ff.). Diese Behauptung war jedoch offensichtlich falsch, zumal auch der Beschuldigte und die Zeugen letztlich zugaben, mit dem Personenwagen gefahren zu sein. Eine Lüge, die keinen Sinn macht, wenn effektiv C.__ gefahren wäre. Im Übrigen erklärte G.__, die Schuhe der vorderen Insassen seien trocken gewesen, obwohl es draussen nass gewesen sei (pag. 55, Z. 6 ff.). Dabei hätte der Boden auch bei der Version des Beschuldigten, wonach sie bereits ca. 10-15 Minuten auf dem Parkplatz gewesen seien, als die Polizei eingetroffen sei, bereits nass gewesen sein müssen, zumal es um 04.15 Uhr zu regnen begonnen hat. Allerdings ist wie bereits ausgeführt ausgeschlossen, dass sich der Beschuldigte und seine Freunde bereits 10-15 Minuten auf dem Parkplatz aufgehalten haben.
G.__ verzichtete in seiner Einvernahme auf Spekulationen und gab offen zu, wenn er gewisse Dinge nicht gesehen hat. So gab er an, nicht gesehen zu haben, ob der Schlüssel abgezogen gewesen sei (pag. 55, Z. 11 f.) und ob der Beschuldigte gefahren sei (pag. 55, Z. 17). Der Argumentation der Verteidigung, G.__ seien Fehler unterlaufen, daher könne nicht auf seine Aussagen abgestellt werden, kann im Übrigen nicht gefolgt werden. Vielmehr machte er absolut sachliche und plausible Aussagen, die zum Teil auch objektiviert werden konnten, und zudem ist bei ihm als Polizisten, der die jungen Leute im Fahrzeug zuvor gar nicht kannte, eine Absicht zu einer Falschaussage geradezu ausgeschlossen.
Nach Ansicht der Kammer sind vielmehr die Aussagen des Beschuldigten und der Zeugen E.__, C.__ sowie F.__, D.__ habe sich übergeben und daher seien sie bereits 10-15 Minuten auf dem Parkplatz gewesen, als aufeinander abgestimmte Schutzbehauptungen zu betrachten. Zwar wäre theoretisch möglich, dass G.__ das Erbrochene nicht gesehen hat. Gestützt auf die örtlichen Begebenheiten und den Zeitablauf ist jedoch davon auszugehen, dass sich D.__ nicht übergeben hatte. Zudem zielt der Vorwurf der Verteidigung, G.__ habe nicht bei allen Autoinsassen einen Alkoholtest durchgeführt, ins Leere. Für die Anordnung einer Atemalkoholprobe ist mit Ausnahme des Fahrzeugführers (Art. 55 Abs. 1 SVG) ein Anfangsverdacht erforderlich (vgl. hierzu anstelle vieler Ausführungen im Urteil des Obergerichts des Kantons Bern SK 16 347 vom 18.12.2017 E. 7.2). Einen solchen hatten die Polizisten einzig beim Beschuldigten, weil sie bei diesem Alkoholgeruch feststellten und er auf dem Fahrersitz sass. Ein Alkoholtest mit sämtlichen Autoinsassen wäre gar nicht zulässig gewesen. Letztlich ist, wie bereits erwähnt, kein Grund ersichtlich, weshalb G.__ hätte Falschangaben machen sollen. Die Aussagen von G.__ sind nach Ansicht der Kammer damit glaubhaft. Es kann darauf abgestellt werden.
0.3 Erstellter Sachverhalt
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil im Ergebnis weder unhaltbar noch offensichtlich unrichtig ist im Gegenteil. Insofern lässt sich mit den Vorbringen der Verteidigung, dass sich der Sachverhalt allenfalls auch anders hätte zutragen können, nicht aufzeigen, dass durch die Vorinstanz eine willkürliche Beweiswürdigung vorgenommen wurde (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_957/2015 vom 11.12.2015 E. 3). Die Kammer kommt mithin zu folgendem Beweisergebnis:
Der Beschuldigte trank in der Nacht vom 16.4.2016 auf den 17.4.2016 ca. einen Liter Bier und 1.5 dl roten Vodka. Danach fuhr er am 17.4.2016 um ca. 04.35 Uhr mit dem Personenwagen A4 BE __ als Neulenker mit einem Führerausweis auf Probe von der Autobahnausfahrt Thun-Nord R bis zum Parkplatz der H.__AG. Dort fand eine Polizeikontrolle statt, bei welcher beim Beschuldigten ein Atemalkohol von 0.37‰ festgestellt wurde.
III. Rechtliche Würdigung
Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss zu fahren (Art. 91 Abs. 1 Bst. b SVG)
0.1 Theoretische Ausführungen
Hinsichtlich der theoretischen Ausführungen zu Art. 91 Abs. 1 Bst. b SVG kann vollumfänglich auf die korrekten Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (pag. 109 ff., S. 24 ff. der Urteilsbegründung).
0.2 Würdigung durch die Kammer
Gestützt auf das Beweisergebnis fuhr der Beschuldigte am 17.4.2016 mit dem Audi A4 BE __ (Kategorie B) ab der Autobahnausfahrt Thun-Nord R bis zum Parkplatz der H.__AG. Der Beschuldigte war Neulenker mit einem Führerausweis auf Probe (Probezeit bis am 8.10.2017). Damit verstiess er gegen das nach Art. 2a Abs. 1 Bst. h VRV geltende Verbot für Neulenker, unter Alkoholeinfluss Auto zu fahren. Der Beschuldigte wies eine Atemalkoholkonzentration von 0.37‰ auf, weshalb der «Alkoholeinfluss» im Sinne von Art. 2a Abs. 2 VRV zu bejahen ist. Der objektive Tatbestand von Art. 91 Abs. 1 Bst. b SVG ist mithin erfüllt.
In subjektiver Hinsicht handelte der Beschuldigte vorsätzlich. Er trank in der Nacht vom 16.4.2016 auf den 17.4.2016 insgesamt ca. einen Liter Bier und 1.5 dl roten Vodka. Bei dieser Menge Alkohol konnte er nicht mehr damit rechnen, eine Blutalkoholkonzentration von unter 0.1‰ aufzuweisen, was er denn zu Recht auch nicht geltend machte.
Es sind weder Rechtfertigungsnoch Schuldausschlussgründe ersichtlich. Entsprechend hat ein Schuldspruch gemäss Art. 91 Abs. 1 Bst. b SVG wegen Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss Auto zu fahren, begangen am 17.4.2016 in Uetendorf zu erfolgen.
IV. Strafzumessung
Vorbemerkungen zum anwendbaren Recht
Am 1.1.2018 sind die revidierten Bestimmungen des allgemeinen Teils des StGB in Kraft getreten. Hat der Täter ein Verbrechen Vergehen vor Inkrafttreten des neuen Strafgesetzbuches begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB das neue Gesetz anzuwenden, wenn dieses für ihn das mildere ist. Der Vergleich der Schwere verschiedener Strafnormen ist nach der sog. konkreten Methode vorzunehmen, wonach sich umfassende Beurteilungen des Sachverhalts nach altem und nach neuem Recht gegenüberzustellen sind. Anzuwenden ist in Bezug auf ein und dieselbe Tat nur entweder das alte das neue Recht. Eine kombinierte Anwendung der beiden Rechte ist ausgeschlossen (BGE 134 IV 82 E. 6.2.1 und 6.2.3). Ausschlaggebend ist, nach welchem der beiden Rechte der Täter für die gerade zu beurteilende Tat besser wegkommt (vgl. zum Ganzen Trechsel/Vest, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Praxiskommentar StGB, 3. Aufl. 2018, N. 11 zu Art. 2 mit Hinweisen; Donatsch, Schweizerisches Strafgesetzbuch, 19. Aufl. 2013, N. 10 sowie BGE 126 IV 5 je mit Hinweisen). Der Gesetzesvergleich hat sich ausschliesslich nach objektiven Gesichtspunkten zu richten (BGE 134 IV 82 E. 6.2.2).
Wie nachfolgend ausgeführt wird (vgl. Ziff. 13 hiernach), steht vorliegend einzig eine Übertretungsbusse zur Diskussion. Die einschlägigen Gesetzesbestimmungen sind unverändert geblieben (vgl. Art. 106 StGB und Art. 106 aStGB). Entsprechend haben die revidierten Artikel des StGB vorliegend keinen Einfluss auf die Strafzumessung. Weil beide Gesetzesversionen eine gleichwertige Strafe vorsehen, ist integral die alte Version des StGB (aStGB) anzuwenden.
Konkrete Strafzumessung
Betreffend die theoretischen Ausführungen zur Strafzumessung kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (pag. 114 f., S. 29 f. der Urteilsbegründung). Die Missachtung des Verbots in Art. 91 Abs. 1 Bst. b SVG, unter Alkoholeinfluss Auto zu fahren, wird mit Busse bis CHF 10‘000.00 bestraft (vgl. Art. 106 Abs. 1 aStGB). Die Kammer ist vorliegend an das Verbot der reformatio in peius gebunden, weshalb sie dem Beschuldigten eine Übertretungsbusse von maximal CHF 500.00 auferlegen darf.
Zur besseren Nachvollziehbarkeit ihrer Überlegungen zur Strafzumessung geht die Kammer von sogenannten Referenzsachverhalten und dazugehörenden Strafen aus, sofern sich solche auf allgemein anerkannte Richtlinien beziehen insbesondere die Richtlinien des Verbands Bernischer Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (VBRS-Richtlinien) sich aus der ständigen Praxis der Strafkammern ergeben. Diese Referenzsachverhalte bilden einen Durchschnittsfall, der sich auf die Beschreibung eines äusseren Geschehens und Erfolges beschränkt und bei dem die im Referenzsachverhalt nicht erwähnten Strafzumessungsfaktoren grundsätzlich neutral gewichtet werden. Dieser Sachverhalt ist mit dem konkret zu beurteilenden Sachverhalt zu vergleichen, wobei je nach Situation erhöhende und/oder senkende Faktoren zu berücksichtigen sind.
Die VBRS-Richtlinien sehen für das Fahren in angetrunkenem Zustand ab 0.5‰ beim Normsachverhalt: «Gutbeleumundeter Beschuldigter besucht mit dem Auto eine Wirtschaft und fährt nach Wirtschaftsschluss über eine Strecke von 4-8 km nach Hause. Vorstrafen: 2-3 Verkehrsübertretungen, ohne FiaZ» eine Busse ab CHF 600.00 vor (VBRS-Richtlinien S. 16, Stand 1.7.2015). Der vorliegende Sachverhalt ist nicht gänzlich mit dem Referenzsachverhalt vergleichbar. Der Beschuldigte missachtete das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren. Für ihn als Neulenker galt eine Nulltoleranz. Er wies eine Atemalkoholkonzentration von 0.37‰, mithin unter 0.5‰ auf. Erschwerend wirkt sich aus, dass der Beschuldigte vier weitere Personen im Auto mitführte. Insgesamt ist das Verschulden des Beschuldigten aber noch als leicht zu bezeichnen. Er handelte vorsätzlich und wäre zweifellos in der Lage gewesen, sich rechtskonform zu verhalten. Die subjektiven Tatkomponenten wirken sich neutral auf das Verschulden aus.
Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten geben zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass. Gestützt auf den aktuellen Strafregisterauszug vom 29.5.2018 weist der Beschuldigte allerdings insgesamt zwei Vorstrafen auf (eine nach Jugendstrafrecht), wovon auch mehrere Vergehen gegen das SVG auszumachen sind (Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit; Entwendung zum Gebrauch, mehrfach begangen; Führen eines Motorfahrzeugs ohne erforderlichen Führerausweis, mehrfach begangen; Fahren ohne Haftpflichtversicherung; Missbräuchliche Verwendung von Ausweisen und/oder Kontrollschildern; grobe Verkehrsregelverletzung). Der Beschuldigte verhielt sich während der Tat und im laufenden Strafverfahren korrekt, was allerdings erwartet werden darf. Der Beschuldigte war weder einsichtig noch reuig. Eine erhöhte Strafempfindlichkeit ist nicht auszumachen. Die Täterkomponenten wirken sich aufgrund der Vorstrafen leicht straferhöhend aus. Die Kammer erachtet nach dem Gesagten eine Übertretungsbusse von CHF 600.00 grundsätzlich als angemessen.
Indem die Vorinstanz fast zwei Jahre für die Ausfertigung der schriftlichen Urteilsbegründung benötigte, wurde das Beschleunigungsgebot klar verletzt (vgl. hierzu Ausführungen unter Ziff. 4 hiervor). Konkrete Gründe für die Verzögerung sind nicht auszumachen, diese dürften jedoch allein bei der Vorinstanz zu suchen sein. Dem Beschuldigten ist diesbezüglich nichts vorzuwerfen. Allerdings wird dem Beschuldigten einzig eine Übertretung vorgeworfen, die nicht im Strafregister eingetragen wird (vgl. Art. 366 Abs. 2 aStGB), und abgesehen von der Verfahrensverzögerung ist beim Beschuldigten keine zusätzliche Betroffenheit auszumachen. Die Kammer erachtet nach dem Gesagten für die Verletzung des Beschleunigungsgebotes eine Reduktion der Strafe um 50% als angemessen.
Der Beschuldigte ist folglich zu einer Übertretungsbusse von CHF 300.00 zu verurteilen. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung wird auf drei Tage festgesetzt.
V. Kosten und Entschädigung
Verfahrenskosten
Fällt die Rechtsmittelinstanz einen neuen Entscheid, so befindet sie auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung neu (Art. 428 Abs. 3 StPO). Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, soweit sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO).
Verfahrensverzögerungen können grundsätzlich Auswirkungen auf die Kostenauferlegung haben (Urteil des Bundesgerichts 6B_1125/2013 vom 26.6.2014 E. 3.4). Ein Verzicht auf erstinstanzliche Verfahrenskosten deren Reduktion kommt bei einer Verletzung des Beschleunigungsgebots allerdings nur in Frage, wenn diese derart schwer wiegt, dass das Verfahren einzustellen ist (Prinzip der Akzessorietät der Kosten, BGE 143 IV 373 E. 1.4.2). Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten wurden auf CHF 1‘680.00, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 1‘600.00 und Auslagen von CHF 80.00, festgelegt (pag. 77). Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschuldigte die erstinstanzlichen Verfahrenskosten vollumfänglich zu bezahlen.
Die Kosten im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Im Rechtsmittelverfahren werden die Verfahrenskosten auf CHF 2‘000.00 festgesetzt (Art. 24 Abs. 1 Bst. a des Verfahrenskostendekrets [VKD; BSG 161.12]).
Ob eine Partei im Rechtsmittelverfahren als obsiegend unterliegend gilt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor Berufungsgericht gestellten Anträge gutgeheissen wurden (Domeisen, in: Basler Kommentar zur StPO, 2. Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 428). Der Beschuldigte dringt mit seinen Anträgen auf Einstellung sowie eventualiter auf Freispruch vom Vorwurf der Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss Auto zu fahren, nicht durch. In Übereinstimmung mit dem Urteil der Vor-instanz erfolgt auch oberinstanzlich ein Schuldspruch. Allerdings unterliegt der Beschuldigte oberinstanzlich nur teilweise bzw. erwirkt ein günstigeres Urteil, weil die ihm auferlegte Strafe um die Hälfte reduziert wird. Er hat mithin als teilweise obsiegend zu gelten. Die Kammer erachtete einen Verteilschlüssel von 3/4, ausmachend CHF 1‘500.00, zu Lasten des Beschuldigten und 1/4, ausmachend CHF 500.00, zu Lasten des Kantons Bern als angemessen.
Entschädigung
Ein finanzieller Ausgleich für das erstinstanzliche Verfahren kommt nur bei Freispruch Verfahrenseinstellung in Frage (Art. 429 Abs. 1 StPO). Ein Abweichen von diesen Grundsätzen hätte die Abkehr vom Prinzip der Akzessorietät der Kosten zur Folge. Ebenso wenig liegt vorliegend eine «fehlerhafte Verfahrenshandlung» gemäss Art. 426 Abs. 3 Bst. a bzw. Art. 417 StPO vor, was eine teilweise Kostenauflage an den Kanton erlauben würde. Solches setzt ein Verschulden voraus, während die Folgen einer Verletzung des Beschleunigungsgebots von einem Verschulden unabhängig sind (BGE 143 IV 373 E. 1.4.2).
Gestützt auf das Gesagte ist in casu für das erstinstanzliche Verfahren folglich keine Entschädigung nach Art. 429 StPO geschuldet.
Oberinstanzlich hat der Beschuldigte gestützt auf den obgenannten Verteilschlüssel (vgl. Ausführungen Ziff. 14 hiervor) allerdings Anspruch auf eine Entschädigung für seine Aufwendungen für die angemessen Ausübung seiner Verfahrensrechte im Sinne von Art. 429 Abs. 1 Bst. a StPO.
Rechtsanwältin B.__ macht mit Honorarnote vom 2.8.2018 eine Entschädigung von insgesamt CHF 2‘630.25 geltend (9 Stunden Aufwand zu CHF 250.00, ausmachend CHF 2‘250.00, zzgl. Auslagen von CHF 192.20 und MwSt. von CHF 188.05). Die Honorarnote gibt zu keinen Beanstandungen Anlass.
Dem Beschuldigten wird folglich für das oberinstanzliche Verfahren eine Entschädigung von CHF 657.55 zugesprochen (ausmachend 1/4 des Honorars). Die Entschädigung wird mit den vom Beschuldigten zu bezahlenden Verfahrenskosten verrechnet (Art. 442 Abs. 4 StPO).
VI. Dispositiv
Die 1. Strafkammer erkennt:
I.
A.__ wird schuldig gesprochen:
der Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss zu fahren, begangen am 17.4.2016 in Uetendorf;
und in Anwendung der Art. 31 Abs. 2bis Bst. f und Abs. 2ter, 55, 91 Abs. 1 Bst. b SVG
2a Abs. 1 Bst. h und Abs. 2 VRV
47, 106 aStGB,
426, 428 Abs. 1 und 3 StPO
verurteilt:
1. Zu einer Übertretungsbusse von CHF 300.00.
Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung wird auf drei Tage festgesetzt.
2. Zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 1‘680.00.
3. Zu den anteilsmässigen oberinstanzlichen Verfahrenskosten von total CHF 2‘000.00, 3/4 ausmachend CHF 1‘500.00.
II.
Weiter wird verfügt:
1. Die anteilsmässigen oberinstanzlichen Verfahrenskosten von total CHF 2‘000.00, 1/4 ausmachend CHF 500.00, werden vom Kanton Bern getragen.
2. A.__ wird eine Entschädigung (1/4 des Honorars vor oberer Instanz) für die angemessene Ausübung seiner Verfahrensrechte in der Höhe von CHF 657.55 zugesprochen. Die Entschädigung wird mit den vom Beschuldigten zu bezahlenden Verfahrenskosten verrechnet (Art. 442 Abs. 4 StPO).




Zu eröffnen:
• dem Beschuldigten, v.d. Rechtsanwältin B.__
• der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern
Mitzuteilen:
• dem Regionalgericht Oberland
• dem Strassenverkehrsund Schifffahrtsamt des Kantons Bern





Bern, 21. August 2018

Im Namen der 1. Strafkammer
Der Präsident i.V.:
Oberrichter Zihlmann

Die Gerichtsschreiberin:
Bank















Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung der schriftlichen Begründung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 39 ff., 78 ff. und 90 ff. des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
Quelle: https://www.zsg-entscheide.apps.be.ch/tribunapublikation/

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