Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung VI |
Dossiernummer: | F-6366/2016 |
Datum: | 17.05.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Erleichterte Einbürgerung |
Schlagwörter : | Verlustschein; Verlustscheine; Recht; Einbürgerung; Betreibung; Vorinstanz; SEM-act; Bürger; Gesuch; Bürgerrecht; Forderung; Betreibungen; Bundesverwaltungsgericht; Gläubiger; Verlustscheinen; Schuldner; Verfahren; Beschwerdeführers; Verfügung; Verjährung; Schweiz; Rechtsordnung; Verlustscheinforderung; Entscheid; Ehefrau; Verfahrens; Praxis; Bürgerrechtsgesetz; ändische |
Rechtsnorm: | Art. 127 OR ;Art. 13 OR ;Art. 149 KG ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ; |
Referenz BGE: | 140 II 65 |
Kommentar: | - |
Entscheid bestätigt durch BGer mit Urteil vom 28.03.2019 (1C_299/2018)
Abteilung VI F-6366/2016
Besetzung Richter Andreas Trommer (Vorsitz), Richter Martin Kayser,
Richterin Jenny de Coulon Scuntaro, Gerichtsschreiber Julius Longauer.
Parteien A. ,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Dr. iur. Willi Egloff, Rechtsanwalt,
gegen
Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand Erleichterte Einbürgerung.
Der Beschwerdeführer (geb. 1961) ist marokkanischer Staatsangehöriger. Am 1. Juli 1991 verheiratete er sich mit der Schweizer Bürgerin B. (geb. 1950) und erhielt zum Verbleib bei der Ehefrau eine Aufenthaltsbewilligung im Kanton Bern. Zurzeit besitzt er die Niederlassungsbewilligung.
Am 1. Januar 2008 ersuchte der Beschwerdeführer gestützt auf Art. 27 des bis 31. Dezember 2017 in Kraft gestandenen Bürgerrechtsgesetzes vom
29. September 1952 (aBüG, AS 1952 1087) als Ehegatte einer Schweizer Bürgerin um erleichterte Einbürgerung (Akten der Vorinstanz [SEM-act.] 1/1).
Da dem Gesuch die notwendigen Unterlagen nicht beigelegt waren und der Beschwerdeführer einer Aufforderung der Vorinstanz vom 13. März 2008, die fehlenden Unterlagen nachzureichen (SEM-act. 1/3), nicht reagierte hatte, wurde das Verfahren vorerst nicht weiterverfolgt.
Nachdem am 14. Februar 2013 von dritter Seite bei der Vorinstanz eine Anfrage zum Stand des Verfahrens eingegangen war, schickte diese dem Beschwerdeführer am 27. Februar 2013 ein neues Gesuchsformular, das dieser am 6. März 2013 ausgefüllt und mit den notwendigen Unterlagen versehen an die der Vorinstanz retournierte (SEM-act. 4/10).
In der Folge holte die Vorinstanz zwei Berichte des Wohnkantons Bern zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers ein (Bericht vom 23.09.2013 [SEM-act. 11/30] und Ergänzungsbericht vom 08.05.2015 [SEM-act. 34/85]).
Den Berichten ist unter anderem zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer, der einen schwer verständlichen Mix aus Hochdeutsch und Mundart spreche, seit dem Jahr 2003 unter anderem aus gesundheitlichen Gründen nur sporadisch gearbeitet habe. Er und seine Ehefrau hätten ferner von August 2008 bis April 2013 Sozialhilfe bezogen. Der aufgelaufene Saldo betrage CHF 338‘099.- beziehungsweise CHF 260‘753.65. Die Ablösung von der Sozialhilfe sei Dank der AHV-Rente der Ehefrau und Ergänzungsleistungen erfolgt. Es wird schliesslich darauf hingewiesen, dass gegen
den Beschwerdeführer (und seine Ehefrau) Betreibungen und Verlustscheine bestünden.
Zusammen mit den Berichten des Wohnkantons Bern sowie im Rahmen separater Beweiserhebungen gelangten mehrfach den Beschwerdeführer betreffende Auszüge aus dem Betreibungsregister des Betreibungsamtes Bern-Mittelland zu den Akten. Alle Auszüge weisen für die jeweils vorangegangenen fünf Jahre Betreibungen für Steuerschulden sowie daraus resultierende Verlustscheine auf.
Der letzte Auszug aus dem Betreibungsregister des Betreibungsamtes Bern-Mittelland datiert vom 2. September 2016. Er listet für die letzten fünf vorangegangenen Jahre vier auf den Namen des Beschwerdeführers lautende Verlustscheine über einen Gesamtbetrag von CHF 53‘232.80 auf, die allesamt am 5. November 2014 ausgestellt wurden. Als Gläubiger beziehungsweise Gläubiger-Vertreter sind die Steuerverwaltungen des Kantons Bern und der Stadt Biel aufgeführt (SEM-act. 47/118).
Bereits am 26. Mai 2015 teilte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf ihre Praxis mit, dass die Voraussetzungen für die erleichterte Einbürgerung nicht gegeben seien, weil gegen ihn mehrere, aus den letzten fünf Jahren stammende Verlustscheine bestünden (SEM-act. 35/98). An dieser Rechtauffassung hielt sie nachfolgend fest (Schreiben vom 04.09.15 [SEM-act. 38/104] und 05.10.2015 [SEM-act. 40/107]).
In mehreren Stellungnahmen hielt der Beschwerdeführer dagegen, die neuen Verlustscheine dürften einer erleichterten Einbürgerung nicht entgegenstehen. Denn sie beruhten nicht auf neuen Forderungen, sondern auf mehr als fünf Jahre alten Verlustscheinen, gestützt auf die er erneut betrieben worden sei (Eingaben vom 12.06.2015 [SEM-act. 36/100], 11.09.2015 [SEM-act. 29/106] und 30.11.2015 [SEM-act. 42/110]).
Mit Verfügung vom 14. September 2016 lehnte die Vorinstanz die erleichterte Einbürgerung des Beschwerdeführers ab (SEM-act. 48/121).
Dagegen legte der Beschwerdeführer am 14. Oktober 2016 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. Er beantragte die Aufhebung der Verfügung und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur neuen Beurteilung. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersuchte er um unentgeltliche Rechtspflege (Akten des BVGer [Rek-act.] 1).
Mit Zwischenverfügung vom 3. November 2016 lehnte das Bundesverwaltungsgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab (Rek-act. 3).
Die Vorinstanz schliesst in ihrer Vernehmlassung vom 12. Januar 2017 auf Abweisung der Beschwerde (Rek-act. 7).
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit erheblich, in den Erwägungen eingegangen.
Verfügungen des SEM betr. erleichterte Einbürgerungen unterliegen der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Art. 47 Abs. 1 des Bürgerrechtsgesetzes vom 20. Juni 2014 [BüG, SR 141.0], Art. 31 ff. VGG).
Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG, vgl. auch Art. 2 Abs. 4 VwVG).
Der Beschwerdeführer ist zur Erhebung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die im Übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen.
Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).
Am 1. Januar 2018, d.h. während der Rechtshängigkeit des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens, traten das neue Bürgerrechtsgesetz vom
20. Juni 2014 zusammen mit der Bürgerrechtsverordnung vom 17. Juni 2016 (BüV, SR 141.01) in Kraft, die das bisher geltende Bürgerrechtsgesetz vom 29. September 1952 ablösten. Das neue Recht stellt in Art. 50 BüG eine übergangsrechtliche Ordnung auf, welche die Nachwirkung des alten Rechts auf unter seiner Geltung verwirklichte Tatbestände festschreibt (Abs. 1) und des Weiteren vorsieht, dass vor seinem Inkrafttreten eingereichte Gesuche bis zum Entscheid über das Gesuch nach den Bestimmungen des bisherigen Rechts behandelt werden (Abs. 2). Die vorliegende Streitsache ist daher nach altem Recht zu beurteilen.
Gemäss Art. 27 Abs. 1 aBüG kann eine ausländische Person nach der Eheschliessung mit einem Schweizer Bürger ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn sie insgesamt fünf Jahre in der Schweiz gewohnt hat (Bst. a), seit einem Jahr hier wohnt (Bst. b) und seit drei Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit dem Schweizer Bürger lebt (Bst. c). Die erleichterte Einbürgerung setzt ferner gemäss Art. 26 Abs. 1 aBüG voraus, dass die ausländische Person in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist (Bst. a), die schweizerische Rechtsordnung beachtet (Bst. b) und die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet (Bst. c). Sämtliche Voraussetzungen müssen sowohl zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung als auch der Einbürgerungsverfügung erfüllt sein (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.1).
Wer erleichtert eingebürgert werden will, muss die schweizerische Rechtsordnung respektieren (Art. 26 Abs. 1 Bst. b aBüG). Zur Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung gehört auch ein einwandfreier finanzieller bzw. betreibungsrechtlicher Leumund (vgl. hierzu die Botschaft zur Änderung des Bürgerrechtsgesetzes vom 26. August 1987, in BBl 1987 III 305 u. 309). Verlangt wird in dieser Hinsicht, dass die ausländische Person ihren öffentlichund privatrechtlichen Zahlungsverpflichtungen nachkommt. Konkret heisst dies, dass keine Verlustscheine und keine wesentlichen Betreibungen bestehen sowie die Steuern regelmässig bezahlt wurden (siehe hierzu Urteil des BVGer C-2949/2014 vom 30. Oktober 2015
E. 6.3 oder SPESCHA/KERKLAND/BÖLZLI, Handbuch zum Migrationsrecht,
3. Aufl. 2015, S. 410, je m.H.). Hierbei handelt es sich um beweiskräftige
Indizien für das Fehlen einer Einbürgerungsvoraussetzung, die im Einzelfall durch die Gesamtheit der übrigen Sachverhaltselemente zurückgedrängt werden können.
Praxisgemäss kann bei Steuerausständen, hängigen Betreibungen, Lohnpfändungen und offenen, aus den letzten fünf Jahren stammenden Verlustscheinen keine erleichterte Einbürgerung ausgesprochen werden. Vorbehalten sind daher Ausnahmesituationen, die durch Unverschulden und das Vorliegen einer Notlage gekennzeichnet sind. Bei Steuerrückständen sowie daraus resultierenden Betreibungen und Verlustscheinen ist die ausländische Person jedoch gehalten, bei der Steuerbehörde um Erlass der Steuerschuld bzw. um eine Zahlungsvereinbarung nachzusuchen. Erst wenn die Ausstände auf diese Weise bereinigt werden können, stehen sie einer erleichterten Einbürgerung nicht entgegen (vgl. zum Ganzen Ziff.
4.7.3.2 des Handbuchs Bürgerrecht sowie die unter Ziff. 3.5.2 des Anhangs II zum Handbuch Bürgerrecht zitierte Rechtsprechung, online unter: www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Weisungen und Kreisschreiben > V. Bürgerrecht > Handbuch Bürgerrecht für Gesuche bis 31.12.2017, abgerufen am 23.04.2018).
Es steht fest, dass gegen den Beschwerdeführer durch die Steuerverwaltungen der Stadt Biel und des Kantons Bern am 24. Juni 2014 bzw. am
12. August 2014, d.h. innert der letzten fünf, der angefochtenen Verfügungen vorangegangenen Jahre, wegen Steuerausständen vier Betreibungen von insgesamt CHF 52‘821.80 in Gang gesetzt wurden. Die Betreibungen führten am 5. November 2014 zur Ausstellung von vier offenen Verlustscheinen im Gesamtbetrag von CHF 53'232.80 (SEM-act. 47/118). Es steht ferner fest, dass den genannten Betreibungen durch die Steuerverwaltungen des Kantons Bern und der Stadt Biel nicht neue Steuerschulden des Beschwerdeführers zugrunde lagen, sondern dass damit Verlustscheine in Betreibung gesetzt wurden, die älter als fünf Jahre waren (vgl. SEM-act. 36/102, ferner Beilagen 3 bis 6 zur Beschwerde, Rek-act. 1). Zwischen der Vorinstanz und dem Beschwerdeführer ist strittig, ob auch solche, auf alten Verlustscheinen beruhende, neue Verlustscheine einer erleichterten Einbürgerung unter dem Gesichtspunkt der Respektierung der Rechtsordnung entgegenstehen können.
Unter Berufung auf die Praxis hält die Vorinstanz dafür, dass die Voraussetzungen für die erleichterte Einbürgerung nicht erfüllt sind, weil auf den Namen des Beschwerdeführers vier offene Verlustscheine bestehen,
die nicht älter als fünf Jahre sind, und eine Ausnahmesituation, die ein Abweichen von der Praxis rechtfertigen würde, nicht vorliegt. In der angefochtenen Verfügung begründet die Vorinstanz ihren Rechtsstandpunkt nicht weiter. In ihrem Schreiben an den Beschwerdeführer vom 4. September 2015 äussert sie sich jedoch dahingehend, dass sie nicht in allen Fällen untersuchen könne, ob die Ausstellung eines Verlustscheins auf eine frühere Forderung zurückgehe, für die schon vor vielen Jahren einmal ein Verlustschein ausgestellt worden sei. Eine solche Lösung sei zu kompliziert und nicht praktikabel. Es mache durchaus Sinn, in allen Fällen auf aktuelle, weniger als fünf Jahre alte Verlustscheine abzustellen (SEM-act. 38/104).
Nach der entgegengesetzten Auffassung des Beschwerdeführers kann es nicht auf das Datum des Verlustscheins ankommen, sondern nur auf das Datum der Entstehung und allenfalls das Datum der erstmaligen Verurkundung der Forderung in einem Verlustschein. Werde eine solche Verlustscheinforderung erneut in Betreibung gesetzt und resultiere daraus ein Verlustschein, so dürfe dieser im Rahmen der erleichterten Einbürgerung nicht berücksichtigt werden. Dass solche „Ketten-Verlustscheine“ im Handbuch Bürgerrecht nicht erwähnt würden, liege an der ursprünglichen Unverjährbarkeit von Verlustscheinforderungen und der damit einhergehenden fehlenden praktischen Relevanz. Diese Rechtslage habe sich erst mit der Teilrevision des SchKG vom 16. Dezember 1994 geändert, die auf den
1. Januar 1997 in Kraft getreten sei und in Art. 149a SchKG (SR 281.1) für Verlustscheinforderungen neu eine Verjährungsfrist von 20 Jahren vorsehe. Wer seine Verlustscheinforderung nicht durch Verjährung verlieren wolle, müsse daher neuerdings ein Betreibungsverfahren einleiten. Es könne jedoch nicht die Meinung des Gesetzgebers gewesen sein, dass sich im Einbürgerungsverfahren solche, durch die Rechtsänderung bedingte „Ketten-Verlustscheine“ zu Lasten des Betroffenen auswirkten. Hierfür gebe es in den Materialien zur Änderung des SchKG keinen Hinweis.
In seinem Fall seien zwar alle vier Verlustscheine, auf die sich die Vorinstanz berufe, innerhalb der Fünfjahresfrist ausgestellt worden. Sie gingen aber ausnahmslos auf sehr viel ältere Verlustscheine zurück und beträfen daher weit zurückliegende Forderungen. Diese Verlustscheine seien keine neuen Verlustscheine, sondern lediglich die Folge erfolglos gebliebener Betreibungen der gleichen Forderungen. Dass es ihm nicht möglich gewesen sei und auch in Zukunft nicht möglich sein werde, diese Forderungen zu tilgen und die Verlustscheine zurückzukaufen, sei angesichts seiner finanziellen Verhältnisse offensichtlich. Massgeblich sei aber, dass es ihm gelungen sei, seine aktuelle finanzielle Situation in Ordnung zu bringen und
dass weder er noch seine Ehefrau neue Schulden eingegangen seien. Auch bestehe seit mehreren Jahren keine Abhängigkeit von der Sozialhilfe mehr. Es sei ihm daher im Sinne der bisherigen Praxis hinsichtlich der erleichterten Einbürgerung gelungen, sich einen guten finanziellen Leumund zu erwerben. Er erfülle daher die diesbezüglichen Voraussetzungen für eine erleichterte Einbürgerung.
Das Bundesverwaltungsgericht schliesst sich im Ergebnis der Auffassung der Vorinstanz an.
Bereits vor Inkrafttreten von Art. 149a SchKG konnten Verlustscheinforderungen in Betreibung gesetzt werden und wurden es auch. Dass der Gläubiger aus Kostengründen diesen Weg in der Regel nur wählte, wenn er damit rechnen konnte, dass beim Schuldner ausreichendes Pfändungssubstrat vorhanden ist, während ihn nach geltendem Recht die drohende Verjährung zu diesem Schritt bewegen kann, ändert an dieser Feststellung nichts Grundsätzliches. Im Übrigen ist die Frist von 20 Jahren eine reguläre Verjährungsfrist, die den Regeln von Art. 127 ff. OR untersteht und daher durch die in Art. 135 OR genannten Vorkehren unterbrochen werden kann (Botschaft des Bundesrates über die Änderung des SchKG vom 08.05.1991, BBl 1991 III 1, 104). Die Einleitung einer Betreibung ist nicht das einzige Mittel zur Verjährungsunterbrechung. Eine Schuldanerkennung des Schuldners, die etwa in Form einer Abschlagzahlung erfolgen kann, hat die gleiche Rechtsfolge. Die Betreibung eines mittellosen Schuldners zwecks Verjährungsunterbrechung wird der Gläubiger daher schon aus Kostengründen nur in Gang setzen, wenn der Schuldner zu einer Schuldanerkennung nicht Hand bietet. Schliesslich und endlich hatte der Gesetzgeber aus Anlass der Einführung der Verjährbarkeit von Verlustscheinforderungen keinen Anlass, sich zur Verwaltungspraxis im Einbürgerungsverfahren zu äussern, alte Verlustscheine bei Bewertung des finanziellen Leumunds der gesuchstellenden ausländischen Person nicht zu berücksichtigen. Aus seinem Schweigen kann der Beschwerdeführer nichts für sich ableiten.
Es liegt sodann auf der Hand, dass das Alter eines Verlustscheins keinen Einfluss auf die Rechtmässigkeit der darin verurkundeten Forderung hat. Solange der Schuldner eine zu Recht bestehende Forderung nicht erfüllt, muss er sich unabhängig vom Alter des Verlustscheines vorhalten lassen, dass er seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Nichtberücksichtigung von Verlustscheinen, die älter als fünf Jahre sind,
will dieser Folge im Interesse des Betroffenen eine zeitliche Grenze setzen. Zu beachten ist aber, dass sich die Frage des finanziellen Leumunds überhaupt erst stellt, wenn der Gläubiger an seiner Forderung festhält. Weder kann dem Gläubiger vorgeworfen werden, dass er an einer zu Recht bestehenden, alten Forderung festhält, noch sind die negativen Auswirkungen auf den finanziellen Leumund des Schuldners zu beanstanden, die sich daraus ergeben, dass der Gläubiger sein Interesse an der Durchsetzung der Forderung in qualifiziertere Weise durch Einleitung eines neuen Betreibungsverfahrens dokumentiert, das erneut mit einem Verlustschein endet. Dies gilt umso mehr, als der Gläubiger zu einem solchen Schritt gegenüber dem mittellosen Schuldner erst dann greifen muss, wenn die Verjährungsunterbrechung durch eine Handlung des Schuldners nicht bewirkt werden kann.
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die auf den Beschwerdeführer lautenden offenen Verlustscheine aus dem Jahr 2014 einer erleichterten Einbürgerung unter dem Gesichtspunkt eines einwandfreien finanziellen Leumunds und dem Erfordernis der Respektierung der Rechtsordnung grundsätzlich entgegenstehen. Allerdings ist bei der Frage, ob Betreibungen und Verlustscheine einer erleichterten Einbürgerung unter dem dargestellten rechtlichen Gesichtspunkt entgegenstehen, immer die gesamte Situation zu würdigen.
Eine Situation, die es rechtfertigen würde, die Respektierung der Rechtsordnung anders zu werten, ist nicht gegeben. Weder sind die den Verlustscheinen zugrundeliegenden Schulden infolge Krankheit oder anderer unverschuldeter Hindernisse entstanden - offensichtlich handelt es sich um Steuerschulden, die ein steuerbares Einkommen oder Vermögen voraussetzen - noch sind irgendwelche Bemühungen des Beschwerdeführers aktenkundig, die Schulden abzutragen oder sich mit den betroffenen Steuerverwaltungen ins Einvernehmen zu setzen. Im Übrigen kann auf die zutreffenden und unwidersprochenen Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (E. 7 der angefochtenen Verfügung).
Der Beschwerdeführer beanstandet schliesslich, es sein ein grober Verstoss gegen Treu und Glauben, wenn ihm am Ende eines fast neunjährigen Verfahrens die erleichterte Einbürgerung aus Gründen verweigert werde, die bereits zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung bestanden hätten. Die Rüge ist offensichtlich unbegründet. Zum einen beruht die Abwei-
sung seines Gesuchs auf im November 2014 ausgestellten Verlustscheinen. Zum anderen geht der Beschwerdeführer darüber hinweg, dass sein Verfahren während gut fünf Jahren ruhte, weil er trotz wiederholter Aufforderung die für eine weitere Behandlung seines Gesuchs notwendigen Unterlagen nicht beibrachte.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung unter dem Gesichtspunkt von Art. 49 VwVG nicht zu beanstanden ist. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Die Verfahrenskosten sind auf Fr. 1'200.- festzusetzen (Art. 1, Art. 2 und Art. 3 Bst. b des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
Dispositiv S. 11
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von CHF 1‘200.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie sind durch den in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.
Dieses Urteil geht an:
den Beschwerdeführer (...)
die Vorinstanz ( )
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Andreas Trommer Julius Longauer
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
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