Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung VI |
Dossiernummer: | F-2275/2019 |
Datum: | 07.07.2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung |
Schlagwörter : | Einbürgerung; Ehemann; Trennung; Recht; Schweiz; Vorinstanz; Ex-Ehemann; BVGer; Bürger; Bundesverwaltungsgericht; Behörde; Zeitpunkt; Person; Beweis; Schweizer; Akten; Urteil; Nichtigerklärung; Bürgerrecht; Ehepaar; Sachverhalt; Kinder; Gemeinschaft; Vermutung; Beziehung; Partnerin |
Rechtsnorm: | Art. 13 VwVG ;Art. 36 B?G;Art. 41 Arg;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 49 VwVG ;Art. 50 B?G;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ; |
Referenz BGE: | 135 II 161; 140 II 65 |
Kommentar: | -, Berner , Art. 8 ZGB, 2012 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Abteilung VI F-2275/2019
Besetzung Richterin Regula Schenker Senn (Vorsitz),
Richterin Jenny de Coulon Scuntaro, Richter Fulvio Haefeli, Gerichtsschreiberin Susanne Stockmeyer.
Parteien X. ,
vertreten durch
Dr. iur. Claudia Camastral, ZL ZURICHLAWYERS, Beschwerdeführerin,
gegen
Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung.
Die aus Russland stammende Beschwerdeführerin (geb. 1984) lernte ihren zukünftigen Ehemann, den Schweizer Bürger Z. (geb. 1967), im Frühjahr 2007 im beruflichen Umfeld in ihrem Heimatland kennen. Seit Herbst 2007 führten die beiden eine Fernbeziehung. Im März 2008 reiste sie in die Schweiz ein und trat am 1. April 2008 eine Arbeitsstelle in Zürich an. Am 14. August 2009 heiratete sie ihren Schweizer Freund (Akten der Vorinstanz [SEM act.] 1/2, 16/69, 16/132 ff.).
Gestützt auf ihre Ehe ersuchte die Beschwerdeführerin am 11. April 2013 um erleichterte Einbürgerung nach Art. 27 des bis am 31. Dezember 2017 in Kraft stehenden Bürgerrechtsgesetzes vom 29. September 1952 (aBüG, AS 1952 1087; vgl. SEM act. 1).
Im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens unterzeichneten die Eheleute am 11. April 2014 eine Erklärung, der zufolge sie in einer tatsächlichen, ungetrennten, stabilen ehelichen Gemeinschaft an derselben Adresse zusammenlebten und weder Trennungsnoch Scheidungsabsichten bestünden. Gleichzeitig nahmen sie unterschriftlich zur Kenntnis, dass die erleichterte Einbürgerung nicht möglich ist, wenn vor oder während des Einbürgerungsverfahrens einer der Ehegatten die Trennung oder Scheidung beantragt hat oder keine tatsächliche eheliche Gemeinschaft mehr besteht, und dass die Verheimlichung solcher Umstände zur Nichtigerklärung der Einbürgerung führen kann (SEM act. 1/5).
Am 17. April 2014, in Rechtskraft erwachsen am 29. Mai 2014, wurde die Beschwerdeführerin erleichtert eingebürgert. Nebst dem Schweizer Bürgerrecht erwarb sie das Bürgerrecht des Kantons Bern sowie das Gemeindebürgerrecht von Roggwil BE (SEM act. 1/4).
Ende Juli 2014 zog die Beschwerdeführerin aus der gemeinsamen Wohnung aus. Am 16. Juli 2016 reichte sie nach Ablauf der zweijährigen Wartefrist eine Scheidungsklage ein, woraufhin die Ehe am 20. September 2016 rechtskräftig geschieden wurde. Die Ehe blieb kinderlos (SEM act. 16/68 ff.).
Mit Schreiben vom 1. Juni 2017 gelangte der Zivilstandsund Bürgerrechtsdienst des Kantons Bern an die Vorinstanz mit dem Hinweis, dass sich die Beschwerdeführerin von ihrem Schweizer Ehemann habe scheiden lassen, und bat gestützt darauf um Prüfung einer allfälligen Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung (SEM act. 2/47).
In einem Schreiben vom 17. Oktober 2017 setzte die Vorinstanz die Beschwerdeführerin förmlich über die Eröffnung eines Verfahrens auf Nichtigerklärung ihrer erleichterten Einbürgerung gemäss Art. 41 aBüG in Kenntnis. Gleichzeitig forderte die Vorinstanz sie auf, zu verschiedenen Fragen schriftlich Stellung zu nehmen (SEM act. 15/66-67). Die Beschwerdeführerin reichte am 20. November 2017 (SEM act. 16/68 ff.) und am 19. Dezember 2017 (SEM act. 18/157 ff.) zwei Stellungnahmen ins Recht. Der von der Vorinstanz als Auskunftsperson angefragte Ex-Ehemann liess sich mit schriftlichen Eingaben vom 20. Februar 2018 (SEM act. 20/171 f.) und
27. März 2018 (SEM act. 22/175) zur Sache vernehmen. Am 4. April 2018 lud die Vorinstanz die Beschwerdeführerin zur abschliessenden Stellungnahme ein, wovon sie am 17. April 2018 Gebrauch machte (SEM act. 23/176, 24/185 ff.). Mit ihrer Zustimmung nahm die Vorinstanz ebenfalls Einsicht in die Akten des Ehescheidungsverfahrens (SEM act. 29/196 ff.).
Der Kanton Bern erteilte am 25. März 2019 seine Zustimmung zur Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung (SEM act. 34/216).
Mit Verfügung vom 8. April 2019 erklärte die Vorinstanz die erleichterte Einbürgerung der Beschwerdeführerin für nichtig. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die kurzen zeitlichen Verhältnisse von der Einbürgerung bis zur Trennung bzw. zur Scheidung liessen vermuten, dass die Ehegatten bereits im Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung nicht mehr in stabilen und zukunftsgerichteten ehelichen Verhältnissen gelebt hätten (SEM act. 35/217 ff.).
Mit Rechtsmitteleingabe vom 9. Mai 2019 reichte die Beschwerdeführerin eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein und beantragte die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung. Sie machte im Wesentlichen
geltend, dass sie im Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung in guten Treuen von einer intakten Ehe ausging, zumal das Ehepaar im April 2014 noch gemeinsame Ferien im Tibet verbracht habe und nach ihrer Rückkehr eine hormonelle Behandlung zwecks Erfüllung des Kinderwunschs geplant gewesen sei (Akten des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer act.] 1).
Der Ex-Ehemann der Beschwerdeführerin reichte am 23. Mai 2019 unaufgefordert ein als Unterstützungsschreiben zu qualifizierendes Dokument zu den Akten (BVGer act. 4).
In ihrer Vernehmlassung vom 21. Juni 2019 schloss die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde (BVGer act. 8).
Mit Eingabe vom 16. August 2019 hielt die Beschwerdeführerin replizierend an ihrem Rechtsmittel fest (BVGer act. 11). Gleichentags wandte sie sich mit einem weiteren Schreiben persönlich an das Bundesverwaltungsgericht (BVGer act. 10).
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.
Mit dem am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Bürgerrechtsgesetz vom
20. Juni 2014 (BüG, SR 141.0) wurde der gleichnamige Erlass vom
29. September 1952 aufgehoben (vgl. Art. 49 BüG i.V.m. Ziff. I seines Anhangs). Gemäss der Übergangsbestimmung des Art. 50 Abs. 1 BüG richten sich Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts nach dem Recht, das bei Eintritt des massgebenden Tatbestandes in Kraft steht. Das ist in der vorliegenden Streitsache das bisherige Recht, weshalb diese nach dem alten Bürgerrechtsgesetz zu beurteilen ist.
Verfügungen der Vorinstanz betreffend erleichterte Einbürgerung sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (Art. 51 Abs. 1 aBüG i.V.m. Art. 31 ff. VGG).
Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG; vgl. auch Art. 2 Abs. 4 VwVG).
Die Beschwerdeführerin ist zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert. Auf ihre fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 48 ff. VwVG).
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - sofern nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).
Gemäss Art. 27 Abs. 1 aBüG kann eine ausländische Person nach der Eheschliessung mit einem Schweizer Bürger ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn sie insgesamt fünf Jahre in der Schweiz gewohnt hat, seit einem Jahr hier wohnt und seit drei Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit einem Schweizer Bürger lebt. In allgemeiner, für alle Formen der erleichterten Einbürgerung geltenden Weise setzt Art. 26 Abs. 1 aBüG voraus, dass die ausländische Person in der Schweiz integriert ist (Bst. a), die schweizerische Rechtsordnung beachtet (Bst. b) und die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet (Bst. c). Sämtliche Einbürgerungsvoraussetzungen müssen sowohl bei Einreichung des Gesuchs als auch anlässlich der Einbürgerungsverfügung erfüllt sein. Fehlt es im Zeitpunkt des Einbürgerungsentscheids an der ehelichen Gemeinschaft, darf die erleichterte Einbürgerung nicht ausgesprochen werden (BGE 140 II 65 E. 2.1 m.H.).
Der Begriff der ehelichen Gemeinschaft bedeutet nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung mehr als das formelle Bestehen einer Ehe. Verlangt wird vielmehr eine tatsächliche Lebensgemeinschaft, die vom beidseitigen Willen der Ehepartner getragen wird, ihre Ehe auch künftig aufrecht zu erhalten. Zweifel am Willen der Ehegatten, die eheliche Gemeinschaft aufrecht zu erhalten, können sich dann ergeben, wenn kurze Zeit nach der erleichterten Einbürgerung die Trennung erfolgt oder die Scheidung eingeleitet wird (BGE 135 II 161 E. 2 m.H.), ein Ehegatte während der Ehe ein aussereheliches Kind zeugt (vgl. Urteil des BGer 1C_27/2011 vom 21. März 2011 E. 6.4.1) oder eine Zweitehe schliesst, der Prostitution nachgeht oder sich in einer anderen Weise verhält, die in grobem Widerspruch steht zum traditionellen Bild der Ehe als einer ungeteilten, von Treue und Beistand getragenen Geschlechtergemeinschaft zwischen Mann und Frau (vgl. Urteil des BVGer F-2182/2015 vom 18. Oktober 2016 E. 3.2 m.H).
Die erleichterte Einbürgerung kann mit Zustimmung des Heimatkantons nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen, d.h. mit einem unlauteren und täuschenden Verhalten erwirkt wurde (vgl. Art. 41 Abs. 1 aBüG). Arglist im Sinne des strafrechtlichen Begriffs ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn die betroffene Person bewusst falsche Angaben macht bzw. die mit dem Gesuch um erleichterte Einbürgerung befasste Behörde bewusst in einem falschen Glauben lässt und so den Vorwurf auf sich zieht, es unterlassen zu haben, über eine erhebliche Tatsache zu informieren (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.2 m.H.).
Weiss die betroffene Person, dass die Voraussetzungen für die erleichterte Einbürgerung auch im Zeitpunkt der Verfügung vorliegen müssen, so muss sie die Behörde unaufgefordert über eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse orientieren, von der sie weiss oder wissen muss, dass sie einer Einbürgerung entgegensteht. Die Pflicht dazu ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben und aus der verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflicht nach Art. 13 Abs. 1 Bst. a VwVG. Die Behörde ihrerseits darf sich darauf verlassen, dass die vormals erteilten Auskünfte bei passivem Verhalten der gesuchstellenden Person nach wie vor der Wirklichkeit entsprechen (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.2 m.H.).
Die Täuschungshandlung der gesuchstellenden Person muss sich auf einen erheblichen Sachverhalt beziehen. Erheblich im Sinne von Art. 41
Abs. 1 aBüG ist ein Sachverhalt nicht nur, wenn seine pflichtgemässe Offenlegung dazu geführt hätte, dass die mit der Einbürgerung befasste Behörde das Vorliegen einer Einbürgerungsvoraussetzung verneint und die Einbürgerung verweigert hätte. Es genügt, wenn der Sachverhalt, wäre er der Behörde bekannt gewesen, begründete Zweifel am Vorliegen einer solchen Voraussetzung geweckt und die Einbürgerung ernsthaft in Frage gestellt hätte bzw. eine solche nicht ohne weitere Beweismassnahmen hätte verfügt werden können (vgl. Urteil des BVGer F-2375/2016 vom 29. März 2018 E. 5.3 m.H.).
Die Möglichkeit der Nichtigerklärung geht durch Zeitablauf unter. Art. 41 Abs. 1bis aBüG statuiert hierfür seit dem 1. März 2011 eine differenzierte Fristenregelung, welche auch ins neue Bürgerrechtsgesetz übernommen worden ist (vgl. Art. 36 Abs. 2 BüG). Demnach kann die Einbürgerung innert zwei Jahren, nachdem das SEM vom rechtserheblichen Sachverhalt Kenntnis erhalten hat, spätestens jedoch innert acht Jahren nach dem Erwerb des Schweizer Bürgerrechts, nichtig erklärt werden. Nach jeder Untersuchungshandlung, die der eingebürgerten Person mitgeteilt wird, beginnt eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen. Während eines Beschwerdeverfahrens stehen die Fristen still (vgl. Urteil des BVGer F-2182/2015 vom 18. Oktober 2016 E. 5).
Vorliegend sind die Fristen von Art. 41 aBüG - sowohl die zweijährige relative als auch die achtjährige absolute Verjährungsfrist - eingehalten. Auch die Zustimmung des zuständigen Heimatkantons liegt vor. Die formellen Voraussetzungen für die Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung sind somit erfüllt.
Das Verfahren zur Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung richtet sich nach dem VwVG (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 Bst. a VwVG). Es gilt namentlich der Untersuchungsgrundsatz (vgl. Art. 12 VwVG). Die Behörde hat daher von Amtes wegen zu untersuchen, ob der betroffenen Person die Täuschung über eine Einbürgerungsvoraussetzung vorgeworfen werden kann, wozu insbesondere die Existenz eines beidseitig intakten und gelebten Ehewillens gehört. Da die Nichtigerklärung in die Rechte der betroffenen Person eingreift, liegt die Beweislast bei der Behörde. Allerdings geht es in der Regel um innere, dem Kern der Privatsphäre zugehörige Sachverhalte, die der Behörde nicht bekannt und einem direkten Beweis naturgemäss kaum zugänglich sind. Sie können regelmässig nur indirekt durch
Indizien erschlossen werden. Die Behörde kann sich darüber hinaus auch veranlasst sehen, von bekannten Tatsachen (Vermutungsbasis) auf unbekannte (Vermutungsfolge) zu schliessen. Solche sogenannten natürlichen bzw. tatsächlichen Vermutungen stellen eine besondere Form des Indizienbeweises dar und können sich in allen Bereichen der Rechtsanwendung ergeben, namentlich auch im öffentlichen Recht. Dabei handelt es sich um Wahrscheinlichkeitsfolgerungen, die aufgrund der Lebenserfahrung gezogen werden. Die betroffene Person ist bei der Sachverhaltsabklärung mitwirkungspflichtig (vgl. BGE 140 II 65 E. 2.2 und BGE 135 II 161 E. 3 je m.H.).
Die natürliche Vermutung gehört zur freien Beweiswürdigung (vgl. Art. 19 VwVG i.V.m. Art. 40 BZP [SR 273]). Sie stellt eine Beweiserleichterung dar, indem eine bereits vorhandene, aber nicht mit letzter Schlüssigkeit mögliche Beweisführung unterstützt wird. Eine Umkehr der Beweislast hat sie nicht zur Folge. Wenn daher bestimmte Tatsachen - bspw. die Chronologie der Ereignisse - die natürliche Vermutung begründen, dass die erleichterte Einbürgerung erschlichen wurde, muss die betroffene Person nicht den Beweis für das Gegenteil erbringen. Sie bringt die natürliche Vermutung bereits mit dem Gegenbeweis zu Fall (HANS PETER WALTER, Berner Kommentar, 2012, N. 476 zu Art. 8 ZGB). Es genügt zum Beweis, wenn sie einen Grund anführt, der es dem Gericht plausibel erscheinen lässt, dass sie die Behörde nicht getäuscht hat. Bei diesem Grund kann es sich um ein ausserordentliches, nach der erleichterten Einbürgerung eingetretenes Ereignis handeln, das zum raschen Scheitern der Ehe führte, oder die betroffene Person vermag glaubhaft darzulegen, dass sie die Ernsthaftigkeit der ehelichen Probleme zum Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung nicht erkannte und den wirklichen Willen hatte, mit dem Schweizer Ehepartner auch weiterhin in einer stabilen ehelichen Gemeinschaft zu leben (vgl. BGE 135 II 161 E. 3 m.H.; Urteil des BVGer C-333/2012 vom 21. August 2014 E. 4.2).
In materieller Hinsicht stellt sich der Sachverhalt gestützt auf die Aktenlage wie folgt dar:
Die Beschwerdeführerin gelangte im März 2008 aufgrund eines Stellenangebots aus Russland in die Schweiz und heiratete am 14. August 2009 einen Schweizer Bürger. Am 11. April 2013 stellte sie ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung. Am 11. April 2014 unterzeichneten die Ehegatten eine gemeinsame Erklärung zum Bestand einer intakten und auf Zukunft ausgerichteten Ehe. Kurz darauf, am 17. April 2014, in Rechtskraft erwachsen am 29. Mai 2014, wurde die Beschwerdeführerin erleichtert eingebürgert. Den Akten kann entnommen werden, dass ihr Ehemann rund einen Monat nach Rechtskraft der Einbürgerung seine Trennungsabsichten erklärte, sie am 14. Juli 2014 aus dem gemeinsamen Haushalt auszog und nach Ablauf der zweijährigen Wartefrist am 16. Juli 2016 auf Scheidung der Ehe klagte. Mit Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom 6. September 2016 (rechtskräftig seit 20. September 2016) wurde die Scheidung ausgesprochen.
Die Chronologie der Ereignisse, namentlich die kurze Zeitspanne zwischen der gemeinsamen Erklärung zum Zustand der ehelichen Gemeinschaft und der erleichterten Einbürgerung einerseits und der Trennung knapp zwei Monate später und die darauffolgende Scheidung am 6. September 2016 andererseits, begründet nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ohne weiteres die natürliche Vermutung, dass die Ehe zum Zeitpunkt der gemeinsamen Erklärung bzw. der erleichterten Einbürgerung in Wahrheit nicht intakt war und die Einbürgerungsbehörde über diesen Umstand aktiv oder passiv getäuscht wurde (vgl. dazu Urteil des BGer 1C_466/2018 vom 15. Januar 2019 E. 5.3 m.H.). Denn das Scheitern einer intakten und auf die Zukunft ausgerichteten Ehe stellt einen Prozess dar, der - besondere Umstände vorbehalten - regelmässig wesentlich längere Zeit in Anspruch nimmt. Es ist nach dem weiter oben Gesagten an der Beschwerdeführerin, diese Vermutung umzustossen, indem sie ein ausserordentliches, nach der erleichterten Einbürgerung eingetretenes Ereignis aufzeigt, das den nachfolgenden raschen Zerfall einer zuvor intakten ehelichen Beziehung plausibel erklärt oder, falls die Ehe zum Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung nicht mehr intakt war, glaubwürdig darlegt, dass sie zum Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung in guten Treuen von einer intakten Ehe ausging (vgl. Urteil des BVGer F-3013/2018 vom 20. April 2020 E. 10).
In ihren Stellungnahmen an die Vorinstanz vom 20. November 2017 (SEM act.16/68-73) und 19. Dezember 2017 (SEM act. 18/157-159) wehrte sich die Beschwerdeführerin gegen den Vorwurf, sie habe die erleichterte Einbürgerung durch falsche bzw. unterlassene Angaben zum Zustand ihrer Ehe erschlichen. Sie machte dazu geltend, die geäusserten Trennungsabsichten kurz nach ihrer Einbürgerung seien für sie völlig unerwartet gekommen, da eine allfällige Trennung vorab nie thematisiert worden sei. Noch im April 2014 habe sie gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann Ferien im Tibet verbracht. Gemäss den Angaben der Beschwerdeführerin seien die Ferien sehr harmonisch verlaufen und das Ehepaar habe ihren Freunden im Anschluss begeistert von den erlebten Ereignissen erzählt. Zudem sei nach der Rückkehr ab Juli 2014 eine hormonelle Behandlung zwecks Erfüllung des gemeinsamen Kinderwunschs geplant gewesen. Über mehrere Jahre hinweg habe das Ehepaar hierzu verschiedene medizinische Abklärungen getätigt und die Beschwerdeführerin habe sich auch einem operativen Eingriff unterzogen. Am 24. Juni 2014, und damit nach der erleichterten Einbürgerung, habe der Ex-Ehemann sie zu einer letzten Besprechung vor der geplanten hormonellen Behandlung mit der zuständigen Ärztin begleitet.
Trotz mehrmaligem Nachfragen habe der Ex-Ehemann den Grund für die Trennung nicht kommuniziert. Wiederholte Versuche, mit ihm darüber zu sprechen, seien gescheitert. Die von ihr vorgeschlagene Ehetherapie habe er klar abgelehnt. Zudem habe er ihr verboten, gemeinsame Freunde um Vermittlung zu ersuchen. Erst später habe sie erfahren, dass er bereits im Juni 2014 seine neue Partnerin kennengelernt habe. Sie hege den Verdacht, dass diese Bekanntschaft der Grund für das Scheitern ihrer Ehe gewesen sei.
Nach der Eröffnung seiner Trennungsabsichten habe sie ihn gebeten, vorläufig in der gemeinsamen Liegenschaft bleiben zu können. Er habe sich hierzu nur unter der Bedingung einverstanden erklärt, dass sie für sämtliche Kosten der Liegenschaft alleine aufkäme. Da sie sich dies finanziell nicht habe leisten können und sich zudem erhofft habe, durch die vorübergehende räumliche Trennung die Ehe retten zu können, sei sie in der Folge aus der ehelichen Liegenschaft ausgezogen.
In seinen Schreiben vom 20. Februar 2018 (SEM act. 20/171-172) und
27. März 2018 (SEM act. 22/175) führte der Ex-Ehemann aus, dass er sich gut vorstellen könne, dass sein damaliger Entscheid für die Partnerin überraschend gekommen sei. Vor der Einbürgerung sei kein erwähnenswerter Vorfall geschehen.
Je länger die Ehe gedauert habe, desto öfter hätten sie Auseinandersetzungen gehabt und es sei ihnen nie gelungen, eine für ihn akzeptable Streitkultur zu entwickeln. Streitpunkte seien insbesondere der unerfüllte
Kinderwunsch, Grundeinstellungsfragen sowie tägliche Kleinigkeiten gewesen. Er gehe davon aus, dass die unterschiedlichen Auffassungen bzw. die Diskussionen für die Ex-Ehefrau weniger belastend gewesen seien.
Die Familienplanung habe die Beziehung belastet. Er habe sich mit der ungewollten Kinderlosigkeit besser abfinden können als seine Ex-Ehefrau, welche nichts unversucht habe lassen wollen. Als letzter Schritt sei eine künstliche Befruchtung in Frage gekommen, welche jedoch nicht seiner Überzeugung entsprochen habe. Er habe von Anfang an betont, dass er sich Kinder nur auf natürlichem Wege wünsche.
Die gemeinsame Reise nach Tibet habe seinen Entscheid zur Trennung beeinflusst. Er habe gemerkt, dass er, wenn es darauf ankomme, nicht auf seine Partnerin zählen könne. Aufgrund einer Höhenkrankheit habe er medizinisch versorgt werden müssen. Sie sei hiernach aber nicht ausreichend auf sein Befinden eingegangen, sondern habe die Reise auch ohne ihn fortsetzen wollen.
Da die eben ausgeführten Begebenheiten zeitlich nahe zusammenlagen, habe er keine Massnahmen zur Erhaltung der Ehe ergriffen. Es sei alles sehr schnell gegangen und er habe sich überfordert gefühlt. Im Juni 2014 habe er ihr den Trennungswunsch eröffnet. Ende Juni habe er seine neue Partnerin kennengelernt.
In einer abschliessenden Stellungnahme vom 17. April 2018 hielt die Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren fest, dass ihr Ex-Ehemann seine Ablehnung einer künstlichen Befruchtung nie entsprechend kommuniziert habe. Sie hätten sich damals gemeinsam für diesen Weg entschieden. Wäre er hiervon nicht überzeugt gewesen, hätte er sie im Vorfeld nicht an zahlreiche Arztbesuche begleitet und sich selber einer Untersuchung unterzogen. Zwar sei der unerfüllte Kinderwunsch für das Ehepaar psychisch belastend gewesen, dennoch hätten sich Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten in der Ehe nicht gehäuft. Das Ehepaar habe bis zum Schluss der Beziehung einen entspannten und respektvollen Umgang miteinander gepflegt. Betreffend seine gesundheitlichen Einschränkungen während der Tibet-Reise merkte die Beschwerdeführerin an, dass jene seinem eigenen Verhalten zuzuschreiben gewesen seien, da er sich entgegen den Anweisungen des Reiseführers anfangs nicht genügend ausgeruht habe. Bei ernsthaften Beschwerden wäre sie sofort bereit gewesen, die Trekkingroute anzupassen (SEM act. 24/185-187). Beschwerdeweise hielt die Beschwerdeführerin ergänzend fest, dass bewusst auf ein Eheschutzverfahren verzichtet worden sei, da sie für ihren Lebensunterhalt selber habe aufkommen können und zudem keine Kinderbelange zu regeln gewesen seien (BVGer act. 1). In einem persönlichen Schreiben an das Bundesverwaltungsgericht führte die Beschwerdeführerin sodann aus, dass ihr Ex-Ehemann sie hinsichtlich der Erfüllung des Kinderwunsches finanziell unterstützt und ihr monatlich Fr. 300.- bis Fr. 500.- überwiesen habe (BVGer act. 10).
Der Ex-Ehemann reichte auf Beschwerdeebene unaufgefordert ein Schreiben zu den Akten. Hierin korrigierte er das Datum des Kennenlernens seiner neuen Partnerin von Ende Juni auf anfangs Juni. Er sei sich diesbezüglich nicht sicher gewesen und habe zudem seine Ex-Ehefrau nicht verletzen wollen. Er berichtigte sodann, dass er es als normal erachte, dass es in ihrer Ehe Auseinandersetzungen gegeben habe. Die Beziehung habe wie jede andere Ehe Höhen und Tiefen durchlebt. Abschliessend hielt er fest, dass das Kennenlernen der neuen Partnerin der Grund für die Trennung gewesen sei (BVGer act. 4).
Zusammenfassend ergibt sich ein zwiespältiges Bild. Den Akten und den Aussagen der Beteiligten kann entnommen werden, dass der Ex-Ehemann die Beschwerdeführerin im Juni 2014 überraschend mit seinen Trennungsabsichten konfrontierte. Eine solche Entwicklung in einer Ehe, die im April 2014 noch beidseitig intakt und stabil gewesen sein soll, ist grundsätzlich nicht plausibel. Das anerkennt die Beschwerdeführerin zumindest implizit, indem sie vorbringt, der Trennungswunsch des Ex-Ehemannes sei für sie völlig überraschend gekommen (SEM act. 16/68, Frage 1). Als weiteres Indiz für eine Instabilität der ehelichen Gemeinschaft ist der kurz nach der erleichterten Einbürgerung erfolgte aussereheliche Kontakt des ExEhemannes zu werten. Zudem dürften grundsätzlich auch die rasche Aufnahme des Getrenntlebens sowie der Mangel an Massnahmen zur Rettung der Ehe, wie etwa durch Einleitung eines Eheschutzverfahrens oder Inanspruchnahme fachlicher Hilfe, bloss Ausdruck einer bereits zum Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung zerrütteten Ehe gewesen sein. Kommt hinzu, dass der unerfüllte Kinderwunsch gemäss übereinstimmender Aussagen der Betroffenen (SEM act. 20/171, 24/186) ehebelastend wirkte. Erfahrungsgemäss ist eine solche Situation eine grosse Belastung für eine Ehe, wobei es sich gewöhnlich um einen Prozess handelt, der eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_193/2010 vom 4. November 2010 E. 2.6). Angesichts der zeitlich raschen Verkettung
dieser Ereignisse kann nicht ausgeschlossen werden, dass zum Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung keine beidseitig intakte und stabile eheliche Beziehung mehr bestand und die Beschwerdeführerin davon Kenntnis hatte, die Ehegatten jedoch beschlossen, diesen Umstand den Behörden zu verschweigen und ihre Trennung aufzuschieben, um die Einbürgerung der Beschwerdeführerin nicht zu gefährden.
Andererseits erscheint auch ein anderer Ablauf der Ereignisse plausibel. Danach wäre der Trennungswunsch des Ex-Ehemannes nach der erleichterten Einbürgerung der Beschwerdeführerin gerade deswegen plötzlich akut und unaufschiebbar geworden, da er in diesem Zeitraum seine neue Partnerin kennengelernt hatte, was er seiner damaligen Partnerin verschwieg. So betonte er mehrfach, es sei vor der Einbürgerung kein nennenswerter Vorfall geschehen und er habe sie nicht verletzen wollen, weshalb er das Datum des Kennenlernens seiner neuen Partnerin erst auf Beschwerdeebene nach vorne korrigierte. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass sowohl die Beschwerdeführerin wie auch ihr damaliger Lebenspartner stets betonten, er habe den Trennungswunsch geäussert; dieser sei für die Beschwerdeführerin überraschend gewesen. In einer solchen Situation ist es durchaus denkbar, dass sich die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung berechtigterweise in einer intakten und stabilen Ehe wähnte und sie durch die nachfolgende Sachverhaltsentwicklung überrascht wurde. Diese Annahme wird in retrospektiver Sicht durch weitere Umstände gestützt.
Ihre übereinstimmenden Aussagen sowie zahlreiche zu den Akten gereichte Arztberichte belegen, dass die Ehegatten über mehrere Jahre hinweg zeitintensive medizinische Abklärungen und Untersuchungen zum Zwecke der Erfüllung ihres seit der Eheschliessung bestehenden Kinderwunsches getätigt haben. Ende 2013 wurden sie schliesslich zur weiteren Sterilitätsbehandlung an das A. überwiesen und blieben dort während der erleichterten Einbürgerung fortwährend in Behandlung. Mit Schreiben vom 24. Januar 2014 wurde die Gynäkologin der Beschwerdeführerin von der Klinik B. unter anderem darüber informiert, dass nun noch die sterilitätsrelevanten Faktoren vollständig abgeklärt werden würden und anschliessend die ICSI-Behandlung (Verfahren der künstlichen Befruchtung) geplant werde (SEM act. 16/94 ff.). Am 7. Mai 2014 erfolgte in der besagten Klinik eine Konsultation der Beschwerdeführerin um die bisherigen Resultate und das weitere Prozedere zu besprechen. Das Ehepaar hätte schliesslich am 25. Juni 2014 gemeinsam zur Besprechung
der Sterilitätstherapie kommen sollen; erschienen sei hingegen nur die Beschwerdeführerin, die angegeben habe, ihr Mann wolle sich wohl von ihr trennen, da ihm alles zu viel sei. Die Sterilitätstherapien wurden in der Folge sistiert (SEM act. 16/116). Insoweit der Ex-Ehemann schliesslich vorbringt, dass er gegen eine künstliche Befruchtung gewesen sei, so war diese innere Überzeugung durch sein äusseres Verhalten für die Beschwerdeführerin nicht unbedingt erkennbar, zumal gemäss obgenanntem Schreiben vom 24. Januar 2014 bereits damals die Rede von einer ICSIBehandlung war und sowohl die Beschwerdeführerin wie auch ihr damali-
ger Ehemann in der Klinik B.
in Behandlung waren (SEM act.
16/115). Ausgehend von diesen Umständen sowie aufgrund der Tatsachen, dass die medizinischen Behandlungen nicht nur sehr kostenintensiv und zeitaufwändig waren, sondern die Beschwerdeführerin auch physisch sowie psychisch schwächten, erscheint es dem Gericht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung durchaus Grund hatte, auf die Beständigkeit der Ehe zu vertrauen, zumal solche Mühen in einer als nicht stabil wahrgenommenen Ehe kaum vorstellbar wären.
Ihre in gewissen Punkten divergierenden Schilderungen vermitteln schliesslich den Eindruck, dass die Eheleute über verschiedentliche Ereignisse eine unterschiedliche Wahrnehmung bezüglich ihrer Beziehung pflegten. So führte der Ex-Ehemann bereits im vorinstanzlichen Verfahren aus, dass unterschiedliche Auffassungen sowie Diskussionen während der Ehe für die Beschwerdeführerin vermutungsweise viel weniger belastend gewesen seien dürften als für ihn (SEM act. 22/175). Sodann sprechen die unterschiedlichen Schilderungen ihrer Reise nach Tibet ebenfalls dafür, dass die Beschwerdeführerin einzelne Geschehnisse anders wahrnahm und - im Unterschied zu ihrem Ex-Ehemann - durchaus in guten Treuen noch von einer intakten Ehe ausging.
Es mag einzuwenden sein, dass keine ernsthaften Versuche zur Rettung der Ehe unternommen wurden. Dass ein solches Argument beim Eingehen von Fremdbeziehungen nur bedingt greifen kann, liegt indes in der Natur der Sache (vgl. etwa Urteil des BVGer C-1483/2010 vom 29. Oktober 2012 E. 9.3.3). Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin im Unterschied zu ihrem Ex-Ehemann durchaus bereit war, die Ehe unter Beizug Dritter zu retten (vgl. E. 9.1).
Des Weiteren brauchte sie eigenen Angaben zufolge lange, um die Geschehnisse zu verarbeiten und sie liess sich erst im Frühling 2015 wieder
auf eine neue Beziehung ein (SEM act. 18/159, Frage 10; act. 16/72, Frage 12). Hiermit fällt ein weiteres praxisrelevantes Verdachtsindiz weg.
Sodann hat die Vorinstanz ausser Acht gelassen, dass die Beschwerdeführerin 2008 hauptsächlich aus beruflichen Gründen in die Schweiz einreiste, die Ehe gemäss übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Ex-Ehemannes aus Liebe geschlossen wurde und bis zur Trennung während rund fünf Jahren tatsächlich gelebt wurde. Tragende Elemente der Beziehung bildeten insbesondere die geteilte Leidenschaft fürs Golfen und Jassen, die regelmässigen Besuche von kulturellen Veranstaltungen, das Pflegen sozialer Kontakte sowie wiederkehrende gemeinsame Ferien (SEM act. 20/171). So erfüllte sich das Ehepaar - wie bereits erwähnt - noch im April und Mai 2014 einen Wunsch und reiste zusammen für mehrere Wochen nach Tibet.
Dass sie vor der erleichterten Einbürgerung bei privaten und gesellschaftlichen Anlässen stets als Ehepaar aufgetreten waren, bestätigen zudem zahlreiche Freunde des Ehepaars. In guter Erinnerung blieb vielen die grosse Feier zum 30. Geburtstag der Beschwerdeführerin im [ ], an welcher das Ehepaar verliebt und glücklich gewirkt habe. Die Trennung sei überraschend gekommen. Nichts habe auf eine unglückliche Beziehung hingedeutet (vgl. verschiedene Referenzschreiben von Freunden und Arbeitskolleginnen: Beilage 2-4 zu BVGer act. 1, SEM act. 1/9 ff. und 16/122).
Abschliessend ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung ebenfalls dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Beschwerdeführerin dank ihrer Erwerbstätigkeit in der Schweiz nicht von einer Wegweisung betroffen war. Für das Bundesverwaltungsgericht steht zweifelsfrei fest, dass ihre Ehe echt war und nicht bezweckte, ausländerrechtliche Bestimmungen zu umgehen. In ihrer Gesamtheit unterscheiden diese Elemente die vorliegende Streitsache von typischen Nichtigkeitskonstellationen, mit denen sich die Behörden gewöhnlich zu befassen haben.
Zusammenfassend ergibt sich, dass es der Beschwerdeführerin gelungen ist, die zu ihren Lasten sprechende natürliche Vermutung zu erschüttern. Entsprechend der Beweislastverteilung kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass sie ihre Einbürgerung im Sinne von Art. 41 Abs. 1 aBüG durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen zum Zustand der Ehe erschlichen hat. Die Voraussetzungen des Art. 41 Abs. 1
aBüG für eine Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung sind folglich nicht erfüllt. Indem die angefochtene Verfügung vom Gegenteil ausgeht, verletzt sie Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG). Sie ist in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG), und es ist der durch einen Anwalt vertretenen Beschwerdeführerin zu Lasten der Vorinstanz für die ihr erwachsenen notwendigen Kosten eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG). Diese ist unter Berücksichtigung des aktenkundigen Aufwands und in Anwendung von Art. 7 ff. des Reglements vom
21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) auf Fr. 2'500.- festzusetzen (inkl. Mehrwertsteuerzuschlag im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Bst. c VGKE).
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung aufgehoben.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der geleistete Kostenvorschuss im Betrag von Fr. 1'500.- wird zurückerstattet.
Die Vorinstanz hat die Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht mit Fr. 2’500.- zu entschädigen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde; Beilage: Formular
«Zahladresse»)
die Vorinstanz (gegen Empfangsbestätigung; Akten Ref-Nr. [ ] retour)
den Zivilstandsund Bürgerrechtsdienst des Kantons Bern (in Kopie)
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Regula Schenker Senn Susanne Stockmeyer
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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