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Bundesverwaltungsgericht Urteil F-1876/2020

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts F-1876/2020

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung VI
Dossiernummer:F-1876/2020
Datum:09.10.2020
Leitsatz/Stichwort:Einreiseverbot
Schlagwörter : Einreise; Einreiseverbot; Aufenthalt; Schweiz; Sicherheit; Recht; Vorinstanz; Aufenthalts; Interesse; Familie; Beschwerdeführers; Bundesverwaltungsgericht; Gefahr; Einreiseverbote; Sozialhilfe; Entscheid; Person; Migration; Kinder; Kanton; Gallen; Einreiseverbotes; Ausschreibung; Taten; Kantons; Aufenthaltsbewilligung; Befehl; Begründung; Delikte
Rechtsnorm: Art. 112 AIG ;Art. 13 BV ;Art. 29 BV ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 67 AIG ;Art. 83 BGG ;Art. 95 SVG ;Art. 96 AIG ;
Referenz BGE:136 I 184; 139 II 534
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung VI F-1876/2020

U r t e i l v o m 9 . O k t o b e r 2 0 2 0

Besetzung Richterin Susanne Genner (Vorsitz), Richterin Sylvie Cossy,

Richter Yannick Antoniazza-Hafner, Gerichtsschreiberin Maria Wende.

Parteien A. _,

vertreten durch lic. iur. Bettina Surber, Rechtsanwältin, Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,

Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Einreiseverbot.

Sachverhalt:

A.

Der Beschwerdeführer (geb. 1986), Staatsangehöriger der Republik Kosovo, reiste im Juli 2000 mit seinen Eltern in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch, welches im Jahr 2001 vom damaligen Bundesamt für Flüchtlinge (heute Staatssekretariat für Migration) abgelehnt wurde. Die gleichzeitig angeordnete Wegweisung wurde zu Gunsten einer vorläufigen Aufnahme nicht vollzogen. Nachdem der Beschwerdeführer wegen verschiedener Straftaten verurteilt worden war, wurde die vorläufige Aufnahme im Jahr 2005 aufgehoben. Ein dagegen vor Bundesverwaltungsgericht angestrengtes Beschwerdeverfahren wurde am 23. April 2008 als gegenstandslos abgeschrieben, weil der Beschwerdeführer ab Februar 2008 unbekannten Aufenthaltes war. Am 30. Juni 2008 erliess das damalige Bundesamt für Flüchtlinge ein zweijähriges Einreiseverbot gegen ihn. Nachdem er am

  1. September 2008 illegal in die Schweiz eingereist war, verfügte das Migrationsamt des Kantons Zürich am 1. Oktober 2008 seine Wegweisung und Ausschaffung. Am 9. Januar 2009 reiste der Beschwerdeführer erneut illegal in die Schweiz ein und hielt sich bis am 22. Januar 2009 hier auf.

    B.

    Anschliessend lebte der Beschwerdeführer in Italien. Im Mai 2011 wurde er in einer Asylunterkunft im Kanton St. Gallen aufgegriffen. Da er wegen früherer illegaler Einreise zur Verhaftung ausgeschrieben war, wurde er in den Strafvollzug versetzt und verbüsste dort eine dreimonatige Freiheitsstrafe. Während eines Hafturlaubs heiratete er am (…) 2011 die Schweizer Staatsangehörige B. . Diese stellte in der Folge ein Gesuch um Familiennachzug für den Beschwerdeführer, woraufhin ihm am 27. Oktober 2011 eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Gleichzeitig verwarnte ihn das Migrationsamt des Kantons St. Gallen ausländerrechtlich und hielt ihn dazu an, sich strafrechtlich einwandfrei zu verhalten und eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, da andernfalls die Aufenthaltsbewilligung widerrufen werde.

    Der Beschwerdeführer hat mit seiner Ehefrau sechs Kinder: C. (geb. 2010), D. (geb. 2012), E. (geb. 2014), F.

    (geb. 2016), G. (geb. 2017) und H. (geb. 2018). Alle Kinder verfügen über das Schweizer Bürgerrecht.

    C.

    Der Beschwerdeführer erwirkte zwischen 2013 und 2015 folgende Verurteilungen:

    • Strafbefehl des Untersuchungsamtes Altstätten vom 8. August 2013: bedingte Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je Fr. 50.– und Busse von Fr. 700.– wegen mehrfachen Führens nicht eingelöster Personenwagen, mehrfachen Führens von Personenwagen ohne Haftpflichtversicherung, missbräuchlicher Verwendung eines Kontrollschilds, mehrfacher Übertretung der Verkehrsregelverordnung und Übertretung der Verkehrszulassungsverordnung;

    • Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis vom 5. November 2013: unbedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je Fr. 30.– wegen mehrfachen Fahrens ohne Berechtigung;

    • Strafbefehl des Untersuchungsamtes Altstätten vom 10. April 2014: unbedingte Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je Fr. 30.– sowie Busse von Fr. 500.– wegen mehrfachen Fahrens ohne Fahrzeugausweis oder Kontrollschilder, mehrfachen Fahrens ohne Haftpflichtversicherung und mehrfacher missbräuchlicher Verwendung von Kontrollschildern;

    • Strafbefehl des Untersuchungsamtes Altstätten vom 29. Juli 2014: unbedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 50.– wegen Förderung des rechtswidrigen Aufenthaltes;

  • Strafbefehl des Untersuchungsamtes Altstätten vom 9. April 2015: unbedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Fr. 30.– sowie Busse von Fr. 300.– wegen mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzugs oder Aberkennung des Ausweises und mehrfacher Übertretung der Verkehrszulassungsverordnung.

D.

Ab Beginn seines bewilligten Aufenthaltes bis zum 2. Juli 2015 bezog der Beschwerdeführer zusammen mit seiner Familie Sozialhilfe im Umfang von rund Fr. 125'730.–. Ferner waren gemäss Auszug aus dem Betreibungsregister vom 28. Mai 2015 Verlustscheine in der Höhe von rund Fr. 3’780.– auf ihn ausgestellt und es bestanden offene Forderungen von rund Fr. 9’790.– gegen ihn.

E.

Mit Verfügung vom 10. Juli 2015 verwarnte das Migrationsamt des Kantons St. Gallen den Beschwerdeführer wegen seiner Straffälligkeit, seines Sozialhilfebezugs und offener Betreibungen und Verlustscheine zum zweiten Mal und verlängerte seine Bewilligung nur unter der Bedingung, dass er

sich künftig in jeder Beziehung klaglos verhalte, sich strafrechtlich nichts mehr zu Schulden kommen lasse, sich intensiv und ernsthaft um eine Anstellung bemühe, sich als Arbeitskraft bewähre, sämtlichen finanziellen Verpflichtungen nachkomme, seine Schulden tilge und keine neuen Schulden verursache, andernfalls er mit dem Widerruf beziehungsweise der Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung rechnen müsse.

F.

Mit Strafbefehl vom 22. Oktober 2015 verurteilte das Untersuchungsamt Altstätten den Beschwerdeführer wegen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzugs oder Aberkennung des Ausweises und mehrfacher Übertretung der Verkehrszulassungsverordnung zu einer unbedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je Fr. 30.– sowie zu einer Busse von Fr. 300.–.

G.

Mit Verfügung vom 10. Januar 2017 verweigerte das Migrationsamt des Kantons St. Gallen die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers und wies ihn aus der Schweiz weg.

H.

Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden über alle Instanzen hinweg abgewiesen (Entscheid des Sicherheitsund Justizdepartements des Kantons St. Gallen vom 13. Februar 2018, Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. August 2018 und Urteil des Bundesgerichts 2C_818/2018 vom 25. November 2019).

I.

Bis zum 13. Dezember 2017 bezog der Beschwerdeführer zusammen mit seiner Familie Sozialhilfe im Umfang von rund Fr. 200'000.–. Ferner waren gemäss Auszug aus dem Betreibungsregister vom 13. Dezember 2017 fünf Verlustscheine in der Höhe von rund Fr. 14'600.– auf ihn ausgestellt und es bestanden offene Forderungen von rund Fr. 16’200.– gegen ihn.

J.

Mit Schreiben vom 20. Januar 2020 gab die Vorinstanz dem Beschwerdeführer Gelegenheit, sich zu einer allfälligen Verhängung eines Einreiseverbotes zu äussern. Davon machte dieser mit Eingabe vom 28. Februar 2020 Gebrauch.

K.

Am 2. März 2020 erliess die Vorinstanz gegen den Beschwerdeführer ein

fünfjähriges Einreiseverbot (vom 9. März 2020 bis zum 8. März 2025), welches für die Schweiz, das Fürstentum Liechtenstein und aufgrund der Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) für den gesamten Schengen-Raum gilt. Gleichzeitig entzog sie einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung.

L.

Mit Rechtsmitteleingabe vom 3. April 2020 gelangte der Beschwerdeführer an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben, eventualiter sei das Einreiseverbot auf ein Jahr zu beschränken. Ferner ersuchte er um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung.

M.

Am 14. April 2020 meldete das Migrationsamt des Kantons St. Gallen der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe die Schweiz (angeblich) verlassen.

N.

Mit Zwischenverfügungen vom 15. April 2020 beziehungsweise vom

24. April 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht die Gesuche um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde beziehungsweise um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Rechtsverbeiständung ab.

O.

Am 28. Mai 2020 reichte der Beschwerdeführer eine ergänzende Stellungnahme zusammen mit einem Bericht des I. vom 26. Mai 2020 ein.

P.

In ihrer Vernehmlassung vom 16. Juni 2020 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde.

Q.

In seiner Replik vom 16. Juli 2020 hielt der Beschwerdeführer an seinen Anträgen und deren Begründung fest. Als Beweismittel reichte er eine

«Lettera di prenotazione» vom 18. Mai 2020 des Migrationsamtes von J. (Stadt in Italien) ein.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Verfügungen des SEM, die ein Einreiseverbot nach Art. 67 AIG (SR 142.20) zum Gegenstand haben, unterliegen der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Art. 112 Abs. 1 AIG i.V.m. Art. 31 ff. VGG).

    2. Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

    3. Der Beschwerdeführer ist als Adressat des angefochtenen Entscheids zur Erhebung der Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen (Rechtsmittelfrist [Art. 50 Abs. 1 VwVG], Form der Beschwerde [Art. 52 VwVG] und Bezahlung des Kostenvorschusses [Art. 63 Abs. 4 VwVG]) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

    4. In der vorliegenden Angelegenheit entscheidet das Bundesverwaltungsgericht endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 1 BGG).

2.

Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG nicht an die Begründung der Begehren gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt des Entscheids (BGE 139 II 534 E. 5.4.1; BVGE 2014/1 E. 2).

3.

Zu prüfen ist vorab, ob die Vorinstanz – wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht – ihre Begründungspflicht und damit dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat.

    1. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) folgt unter anderem die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene den Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Die Begründung

      muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass sich der Entscheid mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (vgl. BGE 136 I 184 E. 2.2.1; 133 III 439 E. 3.3).

    2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe keine konkreten Aussagen zu seiner Straffälligkeit, zu seiner Verschuldung und zu seinem Sozialhilfebezug gemacht. Auch habe sie nicht dargelegt, weshalb sie auf eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung alleine bei Besuchen in der Schweiz geschlossen habe.

    3. Die Vorinstanz begründet das Einreiseverbot – unter Aufzählung der jeweiligen Tatbestände – mit den Widerhandlungen des Beschwerdeführers insbesondere gegen das SVG, seinem anhaltenden Sozialhilfebezug, und den offenen Betreibungen und Verlustscheinen. Sie hält fest, dadurch habe er während langer Zeit und wiederholt gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gemäss Art. 67 Abs. 2 Bst. a und b AIG verstossen. In Anbetracht der jahrelangen Straffälligkeit, der betroffenen Rechtsgüter sowie des an den Tag gelegten hohen Masses an Uneinsichtigkeit bestehe ein hohes öffentliches Interesse an seiner Fernhaltung. Zudem stelle sein über Jahre an den Tag gelegtes strafbares Verhalten eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Mit diesen Ausführungen ist die Vorinstanz ihrer Begründungspflicht – wenn auch in knapper Form – nachgekommen, zumal sie damit alle wesentlichen Überlegungen genannt hat, auf die sie ihren Entscheid stützt. Dem Beschwerdeführer waren somit sämtliche Sachverhaltselemente, welche zur Verhängung des Einreiseverbotes geführt haben, bekannt, weshalb eine sachgerechte Anfechtung möglich war. Ob die Begründung zutreffend ist, beschlägt nicht die Frage der Verletzung des rechtlichen Gehörs und wird im Rahmen der materiellen Beurteilung diskutiert (E. 5). Eine Verletzung der Begründungspflicht liegt nicht vor.

4.

    1. Das SEM kann Einreiseverbote gegenüber Ausländerinnen und Ausländern verfügen, die gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden (Art. 67 Abs. 2 Bst. a AIG). Ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt insbesondere vor bei einer Missachtung von gesetzlichen Vorschriften oder behördlichen Verfügungen (Art. 77a Abs. 1 Bst. a der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober

      2007 [VZAE, SR 142.201]). Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung liegt vor, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Aufenthalt der betroffenen Person in der Schweiz mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer Nichtbeachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt (Art. 77a Abs. 2 VZAE). Das Einreiseverbot wird grundsätzlich für eine Dauer von höchstens fünf Jahren verfügt (Art. 67 Abs. 3 erster Satz AIG). Es kann für eine längere Dauer verfügt werden, wenn die betroffene Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt (Art. 67 Abs. 3 zweiter Satz AIG).

    2. Gemäss Art. 67 Abs. 2 Bst. b AIG kann das SEM ferner Einreiseverbote gegenüber Ausländerinnen und Ausländern verfügen, die Sozialhilfekosten verursacht haben. Entgegen dem Wortlaut fällt dieser Fernhaltegrund erst dann in Betracht, wenn zusätzlich die Gefahr besteht, dass bei einer Wiedereinreise erneut Sozialhilfeund Rückreisekosten entstehen. Voraussetzung für die Annahme einer solchen Gefahr ist eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die betroffene Person im Bedarfsfall nicht unverzüglich auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann (vgl. Urteil des BVGer F-1419/2020 vom 11. August 2020 E. 3.2; F-5600/2017 vom 8. März 2018

      E. 5.1.2; MARC SPESCHA in: Kommentar Migrationsrecht, 5. Aufl. 2019, Art. 67 N. 4).

    3. Die verfügende Behörde kann ausnahmsweise aus humanitären oder anderen wichtigen Gründen von der Verhängung eines Einreiseverbotes absehen oder ein Einreiseverbot endgültig oder vorübergehend aufheben (Art. 67 Abs. 5 erster Satz AIG).

5.

    1. Der Beschwerdeführer hat sich zwischen August 2013 und April 2015 in kurzen Abständen fünf Mal in Folge strafbar gemacht. Wenige Monate nach der zweiten Verwarnung erwirkte er am 22. Oktober 2015 einen weiteren Strafbefehl. Weder die ausgesprochenen Strafen, noch die ausländerrechtlichen Verwarnungen, noch das bereits im Jahr 2008 ausgesprochene Einreiseverbot hielten den Beschwerdeführer von weiteren Straftaten ab. Dies und die Vielzahl von Verurteilungen lassen auf seine Unwilligkeit oder Unfähigkeit schliessen, sich an die Rechtsordnung zu halten. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass er bereits während seines ersten Aufenthaltes in der Schweiz zwischen 2004 und 2011 mehrfach verurteilt worden ist, darunter wegen bandenmässigen Raubs, versuchten bandenmässigen Diebstahls, einfacher Körperverletzung und Delikten gegen das SVG sowie das AIG. Diese Delikte lagen der ersten

      ausländerrechtlichen Verwarnung des Migrationsamtes des Kantons St. Gallen vom 27. Oktober 2011 zu Grunde. Zu seinen Gunsten ist immerhin zu berücksichtigen, dass es sich bei den vorliegend in Frage stehenden Straftaten nicht um schwere Delikte handelt. Sein Vorbringen, es könne keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen werden, nachdem das Bundesgericht in seinem Urteil vom 25. November 2019 ausgeführt habe, es sei fraglich, ob die SVG-Delikte für sich genommen einen schwerwiegenden Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen würden, ist jedoch unbehelflich. Das Verfahren vor dem Bundesgericht betraf die Frage der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers und nicht wie vorliegend die Verhängung eines Einreiseverbotes. Entsprechend ist Art. 67 Abs. 2 Bst. a AIG einschlägig, wonach ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder deren (einfache) Gefährdung für die Verhängung eines Einreiseverbotes genügen. Der Beschwerdeführer hat mit seinen Straftaten zweifelsfrei gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 67 Abs. 2 Bst. a AIG verstossen. Zudem ist aufgrund seiner wiederholten Straffälligkeit und seiner mangelnden Einsicht auch von einer zukünftigen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auszugehen. Daran vermag auch der Umstand, dass seit dem letzten Strafbefehl fast fünf Jahre vergangen sind, nichts zu ändern. Die Zeit seines Wohlverhaltens ist stark zu relativieren mit Blick auf die Tatsache, dass er seit dem 10. Januar 2017 unter dem Eindruck des Verfahrens betreffend Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung stand, welches erst mit Urteil des Bundesgerichts 2C_818/2018 vom 25. November 2019 abgeschlossen wurde. Damit sind die Voraussetzungen für den Erlass eines Einreiseverbotes gemäss Art. 67 Abs. 2 Bst. a AIG erfüllt.

    2. Zudem hat der Beschwerdeführer ab Beginn seines bewilligten Aufenthaltes bis zum 13. Dezember 2017 zusammen mit seiner Familie Sozialhilfe im Umfang von rund Fr. 200'000.– bezogen. Ferner waren gemäss Auszug aus dem Betreibungsregister vom 13. Dezember 2017 fünf Verlustscheine in der Höhe von rund Fr. 14'600.– auf ihn ausgestellt und es bestanden offene Forderungen von rund Fr. 16’200.– gegen ihn. Entgegen seiner Ansicht besteht auch ohne Wohnsitznahme in der Schweiz ein Risiko, dass er auf Kosten des Gemeinwesens unterstützt werden müsste: Art. 21 des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (ZUG, SR 851.1) regelt die Unterstützungspflicht des Aufenthaltskantons, falls der sich in der Schweiz ohne Wohnsitz aufhaltende Ausländer sofortiger Hilfe bedarf (Abs. 1). Zudem sorgt der Aufenthaltskanton für die Rückkehr des Bedürftigen in seinen Wohnsitz-

      oder Heimatstaat (Abs. 2). Die in der Schweiz lebende Ehefrau des Beschwerdeführers bezieht Sozialhilfe, weshalb dieser bei einem Aufenthalt in der Schweiz nicht mit ihrer Unterstützung rechnen könnte, sollten ihm die finanziellen Mittel ausgehen. Auch liegen keine Garantien Dritter vor. Zwar benötigt der Beschwerdeführer als kosovarischer Staatsangehöriger zur Einreise in die Schweiz ein Visum, und er muss nachweisen, dass er für seinen Aufenthalt über genügende finanzielle Mittel verfügt. Diese Hürden sind aber zu relativieren, nachdem er in der Vergangenheit mehrmals die ausländerrechtliche Gesetzgebung missachtet hat. Folglich kann bei einem erneuten Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz nicht ausgeschlossen werden, dass er auf die Unterstützung des Gemeinwesens zurückgreifen müsste. Damit liegt eine weitere Grundlage für die Verhängung eines Einreiseverbotes vor (Art. 67 Abs. 2 Bst. b AIG).

    3. Zusammenfassend sind die Voraussetzungen für die Verhängung eines Einreiseverbotes sowohl gemäss Art. 67 Abs. 2 Bst. a AIG als auch gemäss Art. 67 Abs. 2 Bst. b AIG erfüllt.

6.

    1. Der Bestand und die Dauer des Einreiseverbotes sind in jedem Fall unter dem Blickwinkel der Verhältnismässigkeit staatlichen Handelns (Art. 5 Abs. 2 BV, Art. 96 Abs. 1 AIG) zu überprüfen. Eine Prognose, für welchen Zeitraum die Sicherungsmassnahme notwendig sein wird, ist naturgemäss nicht möglich. Abstufungen betreffend die Dauer ergeben sich aus der wertenden Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Fernhaltung und den privaten Interessen, welche die betroffene Person an der zeitlichen Beschränkung der Massnahme hat (BVGE 2016/33 E. 9.2; 2014/20

      E. 8.1). Ausgangspunkt der Überlegungen bilden die Stellung der verletzten oder gefährdeten Rechtsgüter, die Besonderheiten des ordnungswidrigen Verhaltens und die persönlichen Verhältnisse der betroffenen ausländischen Person (Art. 96 Abs. 1 AIG; ferner statt vieler HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 555 ff.).

    2. Der Beschwerdeführer hat gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen und es ist aufgrund seines Verhaltens auch von deren künftiger Gefährdung im Sinne von Art. 67 Abs. 2 Bst. a AIG auszugehen. Zudem hat er in erheblichem Umfang Sozialhilfe bezogen (Art. 67 Abs. 2 Bst. b AIG). Dies wurde unter dem Gesichtspunkt der Eingriffsvoraussetzungen ausführlich dargelegt (vgl. E. 5), sodass an dieser Stelle auf Wiederholungen verzichtet und auf die genannten Ausführungen verwiesen werden kann. Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an einer

      Fernhaltung des Beschwerdeführers. Das öffentliche Interesse beim Fernhaltegrund nach Art. 67 Abs. 2 Bst. a AIG liegt darin, künftige Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu vermeiden. Das öffentliche Interesse beim Fernhaltegrund nach Art. 67 Abs. 2 Bst. b AIG liegt darin, eine künftige Belastung der öffentlichen Finanzen zu vermeiden.

      1. Die Vorinstanz hat eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bejaht, wie sowohl aus der angefochtenen Verfügung als auch aus der Vernehmlassung hervorgeht. Sie hat sodann mit Blick auf die familiäre Situation des Beschwerdeführers die Massnahme auf fünf Jahre beschränkt. Es ist indessen fraglich, ob hier eine schwerwiegende Gefahr i.S.v. Art. 67 Abs. 3 zweiter Satz AIG vorliegt. Der Beschwerdeführer ist über einen längeren Zeitraum durch mehrere Straftaten aufgefallen, wobei ihm im Rahmen seines zweiten Aufenthalts in der Schweiz als höchste Strafe eine dreimonatige Freiheitsstrafe auferlegt wurde (2011). Bei den übrigen Strafen handelt es sich um Geldstrafen wegen Delikten, die zwar nicht dem Bagatellbereich zuzuordnen sind, aber auch keine hohen Rechtsgüter betreffen. Der Verweis der Vorinstanz auf BVGE 2014/20, in dem der Betroffene während knapp elf Monaten mehr als 30 Einbruchbzw. Einschleichdiebstähle verübt (Wert des Deliktsguts: ca. Fr. 375’000.–, Sachschaden: ca. Fr. 48'000.–) und schon davor mehrmals zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, geht eindeutig fehl und zeigt, dass die Vorinstanz den Begriff der schwerwiegenden Gefahr hier zu extensiv auslegt. Allein die Tatsache, dass die betroffene Person sich uneinsichtig zeigt und rückfällig wird, genügt nicht; die zu befürchtenden Delikte müssen einzeln oder in ihrer Summe das Potenzial haben, eine aktuelle und schwerwiegenden Gefahr der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu begründen (BVGE 2014/20 E. 5.2). Wenngleich die Grenze nicht zu hoch angesetzt werden sollte, ist sie doch bei der Art der Verstösse gegen das SVG und das AIG, welche der Beschwerdeführer begangen hat, nicht erreicht. Dies gilt erst recht, weil die Häufigkeit und Frequenz der Delikte nicht als hoch bezeichnet werden kann.

      2. Es kommt hinzu, dass der Sozialhilfebezug des Beschwerdeführers keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und folglich auch keine schwerwiegende Gefahr für diese Güter begründen kann (vgl. Urteil des BVGer F-1419/2020 vom 11. August 2020 E. 6.1 und E. 7.3). Die Schuldenwirtschaft hingegen stellt grundsätzlich eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar; im Fall des Beschwerdeführers erreicht sie jedoch nicht die Schwelle zur schwerwiegenden Gefahr.

      3. Zusammenfassend ist eine schwerwiegende Gefahr i.S.v. Art. 67 Abs. 3 zweiter Satz AIG zu verneinen mit der Folge, dass die Massnahme grundsätzlich auf fünf Jahre beschränkt ist.

    1. Den öffentlichen Interessen sind die privaten Interessen des Beschwerdeführers gegenüberzustellen. Er führt an, mit einer Schweizerin verheiratet zu sein und sechs Kinder mit ihr zu haben. Es sei nicht davon auszugehen, dass seine Ehefrau nach seiner Wegweisung in der Lage sein werde, ein Einkommen zu erzielen, welches ihr erlauben würde, mit den Kindern regelmässig in den Kosovo zu reisen, abgesehen von den logistischen Schwierigkeiten. Um das gemäss Art. 8 EMRK garantierte Recht auf Familienleben effektiv leben zu können, sei die Familie auf seine regelmässigen Besuche angewiesen. Bereits das Verwaltungsgericht St. Gallen habe festgestellt, dass sein Verhältnis zu den Kindern erheblich belastet werde. Bei der Interessenabwägung des Gerichts hätte die Möglichkeit von Besuchen eine Rolle gespielt, weshalb diese nun möglich sein müssten. Auch der I. habe in seinem Bericht festgehalten, dass die Kinder unter der Trennung vom Vater ausserordentlich leiden würden und dass diese negativen Konsequenzen auf die Entwicklung der Kinder haben werde. Das Einreiseverbot sei sowohl im Hinblick auf Art. 8 EMRK als auch Art. 3 des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (KRK, SR 0.107) unverhältnismässig. Ferner sei auch gemäss Art. 5 Rückführungsrichtlinie das Kindeswohl zu beachten. Fünf Jahre würden die Maximaldauer für ein Einreiseverbot gemäss Art. 67 Abs. 2 AIG darstellen. Die Rechtsprechung sehe Einreiseverbote von fünf Jahren bei weit schwereren Delikten und grösserer Verschuldung vor. Sollte das Einreiseverbot nicht aufgehoben werden, sei es auf ein Jahr herabzusetzen.

    2. Der Beschwerdeführer lebte – mit Unterbrüchen – seit dem Jahr 2000 in der Schweiz. Soweit aus den Akten ersichtlich, ist er zu keinem Zeitpunkt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Auch hat er keine Anstrengungen unternommen, eine Ausoder Weiterbildung in Angriff zu nehmen. Er hat sich während seines Aufenthaltes in der Schweiz weder wirtschaftlich noch sozial integriert. Ihm wurde die Aufenthaltsbewilligung entzogen, wodurch er das Aufenthaltsrecht in der Schweiz verloren hat. Allfällige Einschränkungen des Privatund Familienlebens sind somit in erster Linie diesem Umstand geschuldet. Da der Verlust des Aufenthaltsrechts nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet, stellt sich einzig die Frage, ob die durch das Einreiseverbot zusätzlich bewirkte Erschwernis vor Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV standhält (vgl. zum Ganzen auch BVGE 2013/4 E. 7.4.1 und 7.4.2).

      Der Kontakt zu seiner Familie ist für den Beschwerdeführer gewiss von nicht zu vernachlässigender Bedeutung. Es ist der Familie jedoch zuzumuten, sich ausserhalb des Schengen-Raums, namentlich im Heimatstaat des Beschwerdeführers, dem Kosovo, zu besuchen und so das Familienleben, wenn auch in eingeschränktem Mass, aufrechtzuerhalten. Ferner kann das Einreiseverbot zur Wahrnehmung von Besuchen von Familienangehörigen auf begründetes Gesuch hin für eine kurze Zeitspanne suspendiert werden (vgl. E. 4.3). Die Praxis der Vorinstanz, wonach dies grundsätzlich erst nach Ablauf von drei Jahren möglich ist, gilt jedenfalls nicht, wenn Kinder betroffen sind (vgl. Urteil des BVGer F-4029/2016 vom

      22. März 2017 E. 7.2.2). Nicht beeinträchtigt wird die Pflege der Kontakte auf andere Weise als durch persönliche Treffen, namentlich mittels moderner Kommunikationsmittel. Durch diese Möglichkeiten ist auch für die Kernfamilie, Ehefrau und minderjährige Kinder, ein gewisses Mass an Familienleben, bei dem das gemäss Art. 3 Abs. 1 KRK zu berücksichtigende Kindeswohl nicht ausser Acht gelassen wird, gewährleistet. Unbehelflich ist schliesslich die Berufung auf Art. 5 der Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, Abl. L 348/98 vom 24.12.2008 (Rückführungsrichtlinie), da diese Richtlinie in Bezug auf die Berücksichtigung des Kindeswohls (Art. 5) nicht über die KRK hinausgeht. In Anbetracht der Tatsache, dass die Kinder des Beschwerdeführers teilweise noch sehr klein sind und das Reisen für die siebenköpfige Familie in finanzieller Hinsicht eine Herausforderung darstellen dürfte, ist das Einreiseverbot im Sinn einer Milderung der Massnahme auf vier Jahre zu beschränken.

    3. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Interesse des Beschwerdeführers, ohne über die Visumspflicht hinausgehende Einschränkungen in die Schweiz einreisen zu können, aufgrund seiner familiären Verbindungen nicht unbedeutend ist. Es vermag jedoch das gewichtige öffentliche Interesse am Schutz der öffentlichen Sicherheit vor weiteren Straftaten angesichts seiner langjährigen Straffälligkeit nicht zu überwiegen. Nach Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen ergibt sich, dass das Einreiseverbot von fünf Jahren auf vier Jahre zu reduzieren ist.

7.

Zu prüfen bleibt die Rechtmässigkeit der von der Vorinstanz angeordneten und vom Beschwerdeführer beanstandeten Ausschreibung des Einreiseverbots im SIS.

    1. Personen, die weder Bürger der EU noch Angehörige eines Staates sind, mit dem die EU ein Freizügigkeitsabkommen abgeschlossen hat (Drittstaatsangehörige), können im SIS zur Einreiseund Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben werden, wenn die "Angemessenheit, Relevanz und Bedeutung des Falles" eine solche Massnahme rechtfertigen (Art. 21 und 24 der Verordnung [EG] Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation [SIS-II], Abl. L 381/4 vom 28.12.2006 [nachfolgend: SIS-II-Verordnung]). Voraussetzung der Ausschreibung im SIS ist eine nationale Ausschreibung, die gestützt auf eine Entscheidung der zuständigen nationalen Instanzen ergeht (Art. 24 Ziff. 1 SIS-II-VO). Die Ausschreibung erfolgt, wenn die nationale Entscheidung mit der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die nationale Sicherheit begründet wird, welche die Anwesenheit der betreffenden Person in einem Mitgliedstaat darstellt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die betreffende Person in einem Mitgliedstaat wegen einer Straftat verurteilt wurde, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist (Art. 24 Ziff. 2 Bst. a SIS-II-VO), oder wenn gegen sie der begründete Verdacht besteht, dass sie schwere Straftaten begangen hat, oder wenn konkrete Hinweise bestehen, dass sie solche Taten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats plant (Art. 24 Ziff. 2 Bst. b SIS-II-VO).

    2. Der Beschwerdeführer kann als Drittstaatsangehöriger grundsätzlich zur Einreisebzw. Aufenthaltsverweigerung im SIS ausgeschrieben werden. Die von ihm zu verantwortenden Straftaten erfüllen den von Art. 24 Ziff. 2 Bst. a SIS-II-VO verlangten Schweregrad (vgl. beispielsweise Art. 95 Abs. 1 Bst. b SVG). Einer Ausschreibung steht daher nichts entgegen. Hinzuzufügen ist, dass die Schweiz im Anwendungsbereich des SchengenRechts nicht nur eigene Interessen zu wahren hat, sondern als Folge des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit bei der Administration des gemeinsamen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, auf dem das Schengen-System beruht, zur Wahrung der Interessen der Gesamtheit der Schengen-Staaten verpflichtet ist (BVGE 2011/48 E. 6.1). Weil der Beschwerdeführer nicht im Besitze eines Anwesenheitsrechts eines anderen Schengen-Staates ist, besteht hier kein Spielraum, um ausnahmsweise auf eine solche Ausschreibung zu verzichten. Die damit einhergehende zusätzliche Beeinträchtigung der persönlichen Bewegungsfreiheit hat er mithin in Kauf zu nehmen. Der Umstand allein, dass er in Italien einen Termin zwecks Erhalts einer Aufenthaltsbewilligung wahrgenommen hat und sich zurzeit dort aufhalten soll, vermag daran nichts zu ändern. Erst bei Erhalt

eines Aufenthaltstitels in Italien käme eine Aufhebung der Ausschreibung im SIS in Frage, wobei die Ausstellung eines solchen nur bei Vorliegen gewichtiger Gründe möglich ist (Art. 25 Abs. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen vom 19. Juni 1990 [SDÜ, ABl. L 239/19 vom 22.9.2000]). Die Voraussetzungen für die Ausschreibung des Einreiseverbots im SIS sind demnach erfüllt.

8.

Aus diesen Erwägungen folgt, dass die angefochtene Verfügung insoweit Bundesrecht verletzt, als das Einreiseverbot die Dauer von vier Jahren überschreitet. Die Beschwerde ist somit teilweise gutzuheissen und das Einreiseverbot bis zum 8. März 2024 zu befristen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.

9.

    1. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten, welche sich vorliegend auf Fr. 1’000.– belaufen, dem Beschwerdeführer im Umfang des Unterliegens aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und auf Fr. 800.– festzusetzen. Die Differenz von Fr. 200.– zum einbezahlten Kostenvorschuss ist dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten.

    2. Für die notwendigen Kosten der Rechtsvertretung ist dem Beschwerdeführer im Umfang des Obsiegens eine (gekürzte) Parteientschädigung zuzusprechen. Diese geht zulasten der Vorinstanz (vgl. Art. 64 Abs. 1 und Abs. 2 VwVG). Mangels einer Kostennote setzt das Gericht die Parteientschädigung nach pflichtgemässem Ermessen fest (Art. 14 Abs. 2 VGKE).

Die Höhe der Entschädigung ist unter Berücksichtigung der massgebenden Bemessungsfaktoren und der Entschädigungspraxis in vergleichbaren Fällen (Art. 8 ff. VGKE) auf Fr. 2'000.– festzulegen. Diese ist nach Massgabe des teilweisen Obsiegens auf Fr. 400.– zu kürzen.

(Dispositiv nachfolgende Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und das Einreiseverbot wird bis zum 8. März 2024 befristet.

2.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

3.

Die Verfahrenskosten von Fr. 800.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Die Differenz von Fr. 200.– zum einbezahlten Kostenvorschuss wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet.

4.

Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 400.– zu bezahlen.

5.

Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Einschreiben, Beilage: Formular Zahladresse)

  • die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. […] / N […] retour)

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Susanne Genner Maria Wende

Versand:

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