Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung V |
Dossiernummer: | E-4202/2024 |
Datum: | 18.07.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (sicherer Drittstaat - Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG) |
Schlagwörter : | Griechenland; Schweiz; Recht; Wegweisung; Person; Aufenthalt; Familie; Schutz; Akten; Behörde; Vorinstanz; Verfügung; Behörden; Vollzug; Bundes; Asylgesuch; Personen; Partner; Flüchtling; Ehemann; Anspruch; Ausländer |
Rechtsnorm: | Art. 13 BV ;Art. 25 BV ;Art. 29 BV ;Art. 42 AIG ;Art. 48 VwVG ;Art. 49 BV ;Art. 52 VwVG ;Art. 55 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 83 AIG ; |
Referenz BGE: | 137 I 305; 138 I 246; 143 III 65; 144 I 11; 144 II 1 |
Kommentar: |
Abteilung V E-4202/2024
Besetzung Einzelrichterin Regina Derrer,
mit Zustimmung von Deborah D’Aveni, Gerichtsschreiberin Janine Sert.
Parteien A. , geboren am (…), Afghanistan,
vertreten durch Lea Hungerbühler, Rechtsanwältin, substituiert durch Joanna Freiermuth,
(…), Beschwerdeführerin,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (sicherer Drittstaat - Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG); Verfügung des SEM vom 25. Juni 2024 / N (…).
Gemäss eigenen Angaben verliess die Beschwerdeführerin ihren Heimatstaat im Juli 2023 und suchte am 23. April 2024 in der Schweiz um Asyl nach. Ein Abgleich mit der europäischen Fingerabdruck-Datenbank (Eurodac) ergab, dass sie am (…) November 2023 in Griechenland um Asyl ersucht hatte.
Am 25. April 2024 fand die Personalienaufnahme (PA) statt. Am darauffolgenden Tag mandatierte die Beschwerdeführerin die ihr zugewiesene Rechtsvertretung.
Mittels Informationsersuchens nach Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) ersuchte die Vorinstanz die griechischen Behörden am 3. Mai 2024 um Auskunft zur Person der Beschwerdeführerin. Die griechischen Behörden teilten der Vorinstanz am 29. Mai 2024 respektive am 3. Juni 2024 mit, die Beschwerdeführerin sei am (…) Dezember 2023 in Griechenland als Flüchtling anerkannt worden und sie verfüge über eine bis am (…) Dezember 2026 gültige Aufenthaltsbewilligung sowie ein bis am (…) Februar 2029 gültiges Reisedokument.
Mit Schreiben vom 3. Juni 2024 gewährte das SEM der Beschwerdeführerin das rechtliche Gehör zum beabsichtigten Nichteintretensentscheid und zur Rückführung nach Griechenland, zum medizinischen Sachverhalt sowie zu der von ihr geltend gemachten Ehe mit B. (N […]).
Gestützt auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) und das Abkommen vom
28. August 2006 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Hellenischen Republik über die Rückübernahme von Personen mit irregulärem Aufenthalt (SR 0.142.113.729) ersuchte das SEM die griechischen Behörden am 6. Juni 2024 um Rückübernahme der
Beschwerdeführerin. Die griechischen Behörden stimmten dem Ersuchen am 8. Juni 2024 zu.
In ihrer Stellungnahme zum rechtlichen Gehör vom 25. Januar 2024 (recte: 11. Juni 2024) machte die Beschwerdeführerin geltend, sie habe keine Familienangehörigen in Griechenland und sei dort auch nie einer Arbeitstätigkeit nachgegangen. Sie habe in Griechenland bereits als asylsuchende Person keine finanzielle Unterstützung erhalten. Deshalb habe sie versucht, eine Arbeit zu finden, obwohl sie noch nie zuvor einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Die sprachliche Hürde sei jedoch zu gross gewesen und sie habe – trotz ihrer Englischkenntnisse und ihres Bildungsstands – keine Stelle gefunden. Sie habe kein Einkommen gehabt und sei von ihrem Ehemann finanziell unterstützt worden. Während des Asylverfahrens in Griechenland habe sie mit ihrer Mutter in einem Container gewohnt. Sie sei immer von Männern, die sich in der Nähe aufgehalten hätten, angestarrt worden. Obwohl sie dies mehrmals bei der Zentrumsleitung gemeldet habe, sei nichts dagegen unternommen worden. Auch das Essen im Zentrum sei nicht gut gewesen und es habe immer wieder Probleme mit Warmwasser gegeben. Ihre Kleider seien ihr von der Wäscheleine gestohlen worden. Nachdem sie in Griechenland als Flüchtling anerkannt worden sei, habe sie die Asylunterkunft verlassen müssen. Ihr und ihrer Mutter sei keine Wohnung zur Verfügung gestellt worden und sie seien auch sonst in keiner Weise unterstützt worden. Das Leben in Griechenland sei sehr schwierig gewesen, sie habe sich dort nicht sicher gefühlt. Deshalb seien sie und ihre Mutter am (…) April 2024 – zwei Tage nachdem sie die Asylunterkunft hätten verlassen müssen – aus Griechenland ausgereist. Ihre Mutter sei zur Schwester nach Österreich gereist. Die Beschwerdeführerin sei in die Schweiz gereist, wo sie sich ein paar Tage bei ihrem Ehemann aufgehalten habe, bevor sie ihr Asylgesuch gestellt habe.
Der wichtigste Grund für die Reise der Beschwerdeführerin in die Schweiz sei, dass sich ihr Ehemann hierzulande aufhalte. Er sei ihr Cousin und sie würden sich seit ihrer Kindheit kennen. Nach der Scheidung ihrer ersten Ehe habe sie sich in ihn verliebt. Sie seien etwa ein Jahr ein Paar gewesen, bevor sie im 8. oder 9. Monat 2020 in Afghanistan geheiratet hätten. Sie seien zusammen mit ihrer Mutter aus Afghanistan ausgereist. Erst nach etwa acht oder neun Tage in Griechenland hätten sie sich getrennt. Während ihr Ehemann in die Schweiz weitergereist sei, habe die Beschwerdeführerin aus finanziellen Gründen vorübergehend in Griechenland bleiben
müssen. Seither hätten sie täglich Whatsapp-Nachrichten geschrieben, telefoniert und ab und zu auch über Instagram kommuniziert.
Betreffend ihren Gesundheitszustand führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, sie habe etwa eineinhalb Jahre (…) gehabt. Seit sie deswegen in Afghanistan in Behandlung gewesen sei, sei sie geheilt. Auch sonst sei sie gesund.
Zur Untermauerung ihres Gesuchs reichte die Beschwerdeführerin mit ihrer Stellungnahme vom 11. Juli 2024 ihre afghanische Heiratsurkunde mit B. sowie diverse Dokumente betreffend ihren Ex-Mann (alles in Kopie) zu den Akten. Mit Eingabe vom 13. Juni 2024 reichte sie eine Kopie eines nicht offiziellen Scheidungsdokuments aus Afghanistan betreffend ihren Ex-Mann nach.
Am 3. Juni 2024 wurde die Beschwerdeführerin beim niederschwelligen psychologischen Angebot des Bundesasylzentrums (BAZ) C. vorstellig, wobei sie (…) anmeldete. Gemäss Notfallbericht vom 5. Juni 2024 des Spitals D. (ausgestellt am […] Juni 2024) sei sie dort wegen (…) ambulant betreut worden, wobei (…). Die Abklärungen des SEM mit dem BAZ C. vom 18. Juni 2024 und mit dem BAZ E. vom
20. Juni 2024 ergaben, dass keine weiteren ärztlichen Termine ausstehend seien.
Mit einer der Beschwerdeführerin in der Folge offengelegten Aktennotiz vom 20. Juni 2024 nahm das SEM Auszüge des Befragungsprotokolls des Partners der Beschwerdeführerin zu den Akten.
In ihrer Stellungnahme vom 25. Juni 2024 zum ihr am 24. Juni 2024 unterbreiteten Entscheidentwurf legte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen dar, sie sei mit dem Entscheid nicht einverstanden. Zwar setze sich das SEM mit verschiedenen Themenbereichen (Nachweis und Gültigkeit der Ehe, allenfalls Konkubinat, gefestigter Aufenthalt des Ehemannes in der Schweiz, Interessenabwägung im Zusammenhang mit Art. 8 EMRK) auseinander, gebe aber nicht an, welche Vorbringen und Kriterien es anerkenne und welche nicht, womit es seiner Begründungspflicht nicht nachkomme.
Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann hätten beide im Asylverfahren über ihre Ehe und Beziehung berichtet und eine Kopie der religiösen Heiratsurkunde eingereicht. Die Ehe sei im Jahr 2020 nach afghanischem Recht gültig geschlossen worden, so dass sie nach Art. 45 IPRG (SR 291) auch in der Schweiz anzuerkennen sei. Sie hätten bereits in Afghanistan zusammengelebt, wobei allfällige Unterbrüche in den äusseren Umständen begründet gewesen seien. Nach ihrer Heirat seien sie nach F. gezogen, wo sie von 2021 bis zu ihrer Ausreise bei der Schwester des Ehemannes oder der Mutter der Beschwerdeführerin gewohnt hätten. Sie hätten also einen gemeinsamen Haushalt geführt, nur nicht immer am gleichen Ort. Nachdem sie in Griechenland getrennt worden seien, hätten sie ständig in telefonischem Kontakt gestanden, womit die Ehe faktisch weitergelebt worden sei. Selbst wenn die Beziehung von der Vorinstanz als gefestigtes Konkubinat gewertet würde, sei der Schutzbereich von Art. 8 EMRK eröffnet.
Zwar sei der Ehemann in der Schweiz lediglich vorläufig aufgenommen, in Bezug auf Afghanistan zeichne sich aber keine Besserung der allgemeinen Lage ab, womit sein Aufenthalt in der Schweiz faktisch hinzunehmen sei und sich die Beschwerdeführerin somit auf Art. 8 EMRK berufen könne. Das SEM nehme keine genügende Güterabwägung gestützt auf Art. 8 EMRK vor. Die dargelegten Besuchsmöglichkeiten seien zudem nicht ansatzweise praktikabel: Der vorläufig aufgenommene Ehemann lebe aktuell noch von der Sozialhilfe und könne sie daher nicht regelmässig in Griechenland besuchen. Unter den in Griechenland herrschenden wirtschaftlichen Umständen sei dies auch der Beschwerdeführerin kaum möglich. Ebenfalls bestünden keine gesicherten Erkenntnisse dazu, dass und allenfalls inwiefern es der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann möglich sein sollte, in Griechenland statt in der Schweiz ehelich zusammenzuleben. Eine Wegweisung der Beschwerdeführerin nach Griechenland verletze somit das durch Art. 8 EMRK geschützte eheliche Zusammenleben, womit sie in der Schweiz vorläufig aufzunehmen sei.
Mit Verfügung vom 25. Juni 2024 – eröffnet am 26. Juni 2024 – trat das SEM in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG (SR 142.31) auf das Asylgesuch der Beschwerdeführerin nicht ein, verfügte die Wegweisung aus der Schweiz, forderte die Beschwerdeführerin – unter Androhung von Zwangsmitteln im Unterlassungsfall – auf, die Schweiz am Tag nach Eintritt der Rechtskraft der Verfügung zu verlassen, beauftragte den zuständigen
Kanton mit dem Vollzug der Wegweisung und händigte die editionspflichtigen Akten gemäss Aktenverzeichnis aus.
Am 26. Juni 2024 teilte die zugewiesene Rechtsvertretung dem SEM die Niederlegung ihres Mandates mit.
Mit Eingabe ihrer neu mandatierten Rechtsvertreterin vom 3. Juli 2024 liess die Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Verfügung des SEM erheben. Sie beantragte, es sei die angefochtene Verfügung vollumfänglich aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf das Asylgesuch einzutreten, eventualiter sei ihr die vorläufige Aufnahme zu gewähren. Subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sub-subeventualiter seien vom SEM Zusicherungen von den griechischen Behörden einzuholen, um eine angebrachte Unterbringung, Nahrung und medizinische Versorgung sicherzustellen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragte sie die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung sowie den Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen und es sei im Sinn einer superprovisorischen Massnahme die Aussetzung des Vollzugs anzuordnen.
Mit der Beschwerde liess die Beschwerdeführerin neben bereits in den vorinstanzlichen Akten liegenden Dokumenten den Verlauf ihres Telefonchats und ein Foto einreichen.
Am 5. Juli 2024 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Eingang der Beschwerde.
Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG). Die Beschwerde ist zulässig (Art. 105 AsylG; Art. 31 ff. VGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen (Legitimation [Art. 48 Abs. 1 VwVG], Frist [Art. 108 Abs. 3 AsylG], und Form [Art. 52 Abs. 1 VwVG]) sind offensichtlich erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Der Beschwerde kommt von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu (Art. 55 Abs. 1 und 2 VwVG) und das SEM hat diese auch nicht entzogen, womit auf den Antrag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung nicht einzutreten ist. Für vollzugshemmende superprovisorischen Massnahmen bestand nach dem Gesagten ebenfalls keine Veranlassung.
Die Beschwerde erweist sich – wie im Folgenden zu erläutern sein wird – als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im Verfahren einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin, ohne Durchführung eines Schriftenwechsels und mit summarischer Begründung zu behandeln ist (Art. 111 Bst. e sowie Art. 111a Abs. 1 und 2 AsylG).
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das SEM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 31a Abs. 1–3 AsylG), ist die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (vgl. BVGE 2017 VI/5 E. 3.1; 2012/4 E. 2.2, je m.w.H.). Hinsichtlich der Frage der Wegweisung und des Wegweisungsvollzugs hat die Vorinstanz eine materielle Prüfung vorgenommen, weshalb das Bundesverwaltungsgericht diese Punkte insoweit ohne Einschränkung prüft.
Die Vorinstanz begründete ihre Verfügung im Wesentlichen damit, die Beschwerdeführerin sei im sicheren Drittstaat Griechenland als Flüchtling anerkannt und Griechenland habe ihrer Rückübernahme zugestimmt. Sie könne dorthin zurückkehren, ohne eine Rückschiebung in Verletzung des Non-Refoulement-Prinzips befürchten zu müssen. Es sei daher in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG nicht auf ihr Asylgesuch einzutreten.
Des Weiteren sei zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin sich auf einen potentiellen (Art. 42 oder 43 AIG [SR 142.20]) beziehungsweise einen offensichtlichen (Art. 44 AIG i.V.m. Art. 8 EMRK) Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung berufen könne. Ob die Beziehung zwischen ihr und
B. unter den Schutzbereich von Art. 8 EMRK falle, dürfe letztlich offenbleiben, da B. in der Schweiz lediglich über eine (seit dem […] November 2023 gültige) vorläufige Aufnahme und damit nicht über ein gefestigtes Aufenthaltsrecht im Sinne der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung verfüge. Von besonderer Relevanz sei vorliegend, dass die Beschwerdeführerin in Griechenland am (…) Dezember 2023 als Flüchtling anerkannt und ihr am (…) März 2024 ein Reisedokument ausgestellt worden sei, welches ihr die Einreise und den Aufenthalt in der Schweiz zu Besuchszwecken ermögliche. Der Eingriff in ihr persönliches Recht auf Achtung des Privatund Familienlebens sei durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt. Mittels Einreichung eines Asylgesuchs versuche die Beschwerdeführerin ihren Aufenthalt in der Schweiz gestützt auf Art. 8 EMRK zu legalisieren. Aufgrund des bereits bestehenden Flüchtlingsstatus in Griechenland sei ihr Vorgehen als eine Umgehung des AIG zu werten, weshalb ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK gerechtfertigt sei. Da B. Sozialhilfe beziehe, dürfte zurzeit – bei vorfrageweiser Prüfung – kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bestehen. Es stehe der Beschwerdeführerin frei, sich von Griechenland aus um eine Zusammenführung mit ihrem angeblichen Ehemann in Griechenland oder der Schweiz zu bemühen. Zudem könne sie B. mit ihrem gültigen griechischen Reisedokument regelmässig in der Schweiz besuchen und in diesem Rahmen ihre Beziehung weiterführen.
Da die Beschwerdeführerin in einen Drittstaat reisen könne, in dem sie Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG finde, sei das Non-Refoulement-Gebot bezüglich des Heimatoder Herkunftsstaats nicht zu prüfen. Gestützt auf die Qualifikationsrichtlinie (2011/95/EU) habe die Beschwerdeführerin notfalls einklagbare Ansprüche etwa in Bezug auf Sozialleistungen, Wohnraum und Zugang zur Gesundheitsversorgung. Sie sei gehalten, die ihr zustehenden Leistungen bei den griechischen Behörden geltend zu machen und allenfalls auf dem Rechtsweg einzufordern. Zudem bestünden neben staatlichen Strukturen, die primär existenzielle Bedürfnisse abdeckten, private und internationale Organisationen, an die sie sich in Griechenland wenden könne. Die Beschwerdeführerin habe nicht dargetan, dass Griechenland seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen in ihrem konkreten Fall nicht nachkommen würde. Es sei nicht ersichtlich, dass sie alles ihr Zumutbare unternommen habe, um eine existenzsichernde Arbeitsstelle oder die ihr zustehenden staatlichen Leistungen zu erhalten. Es handle sich bei ihr auch nicht um eine schwerkranke Person, bei der die ernsthafte Gefahr bestehe, dass sie bei einer Rückschaffung nach Griechenland einer ernsthaften, rapiden und irreversiblen
Verschlechterung ihres Gesundheitszustands, verbunden mit übermässigem Leiden oder einer bedeutenden Verkürzung ihrer Lebenserwartung ausgesetzt wäre, zumal die medizinische Versorgung in Griechenland gewährleistet sei. Zusammenfassend würden keine Hinweise dafür vorliegen, dass der Vollzug ihrer Wegweisung nach Griechenland zu einer Verletzung der völkerrechtlichen Verpflichtung der Schweiz führe. Somit sei der Wegweisungsvollzug nach Griechenland zulässig.
Aufgrund der Aktenlage lasse sich auch nicht darauf schliessen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine äusserst vulnerable Person im Sinne des Referenzurteils des Bundesverwaltungsgerichts E-3427/2021, E-3431/2021 vom 28. März 2022 handle. Im Rahmen des rechtlichen Gehörs habe sie angegeben, gesund zu sein. Bei gesundheitlichen Beschwerden könne sie sich bei Bedarf an eine Institution in Griechenland wenden, wobei es ihr unbenommen bleibe, ein öffentliches Krankenhaus aufzusuchen. Schliesslich habe sie nicht dargetan, inwiefern sie nicht über die Ressourcen verfüge, ihre Rechte in Griechenland geltend zu machen. Ferner gehe aus den Akten auch nicht hervor, dass die Beschwerdeführerin alles ihr Zumutbare unternommen habe, um in Griechenland zu ihren Rechten und den ihr zustehenden Leistungen zu kommen sowie sich um eine Arbeitsstelle und das Erlernen der Landessprache zu bemühen, zumal sie Griechenland bereits kurze Zeit nach Erhalt des Aufenthaltstitels verlassen habe. Zusammenfassen sei es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, die Regelvermutung, wonach der Wegweisungsvollzug nach Griechenland zumutbar sei, umzustossen.
Dem hielt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde – nebst Ausführungen zur allgemeinen Lage von Personen mit Schutzstatus in Griechenland – entgegen, dass gemäss der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ein Asylgesuch nicht einzig mit dem Argument als unzulässig abgelehnt werden dürfe, dass bereits internationaler Schutz in einem anderen EU-Mitgliedstaat gewährt worden sei, sofern die Person eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK geltend mache, da eine solche bereits zur Rechtswidrigkeit der Nichteintretensentscheidung führe.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanz, wonach der Partner der Beschwerdeführerin kein gefestigtes Aufenthaltsrecht habe, weshalb eine Berufung auf Art. 8 EMRK nicht möglich sei, sei vorliegend eine Ausnahmekonstellation zu erkennen: Gemäss Rechtsprechung sei die Berufung auf Art. 8 EMRK dennoch möglich, wenn der Aufenthalt in der Schweiz die einzige Möglichkeit darstelle, ein Familienleben zu pflegen, und die Trennung nicht
überwiegend selbstverschuldet gewesen sei. Bei der Beschwerdeführerin und ihrem Partner sei von einer faktisch gelebten Beziehung mit genügend Intensität auszugehen, welche in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK falle. Würde sie weggewiesen, wären Besuche und damit das Pflegen eines Familienlebens kaum möglich, zumal ihr Partner Sozialhilfe beziehe oder, wenn sich seine finanzielle Situation verbessern sollte, er sich nach den (maximal fünf Wochen) Ferien seines Arbeitgebers zu richten hätte. Aufgrund der Dauer und Intensität der Beziehung und ihrer Absicht, so schnell wie möglich in der Schweiz ein Ehevorbereitungsverfahren einzuleiten, erscheine eine erzwungene vorübergehende Trennung durch eine Überstellung der Beschwerdeführerin nach Griechenland sachlich unnötig und unter humanitären Gesichtspunkten (Familienleben als besonders schützenswertes Gut) nicht vertretbar. Auch der Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) habe die Praxis für vorläufig aufgenommene Ausländer und Ausländerinnen als zu streng kritisiert.
Der Beschwerdeführerin drohe bei einer Wegweisung nach Griechenland gestützt auf das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW; SR 0.108) wegen mangelnder Sicherheit in der Unterkunft ferner eine Verletzung des Non-Refoulement Prinzips. Trotz mehrfacher Meldung, dass Männer in der Unterkunft sie anstarren und belästigen würden, seien keine Schutzmassnahmen ergriffen worden. Dies stelle eine grosse Gefahr für die Beschwerdeführerin dar, insbesondere auch, weil sie bei einer Rückkehr – ohne ihre Mutter – auf sich alleine gestellt wäre. Schliesslich drohe ihr in Griechenland Obdachlosigkeit, medizinische Hilfe würde ihr verwehrt und sie würde in eine existenzielle Notlage geraten. Damit sei der Wegweisungsvollzug unzumutbar.
In der Beschwerde wird gerügt, die Vorinstanz habe den rechtserheblichen Sachverhalt unzureichend abgeklärt und die Begründungspflicht verletzt. Sie habe sich nicht genügend mit der Situation der Beschwerdeführerin mit Blick auf Art. 8 EMRK, mit der medizinischen Unterstützung sowie ihrer besonderen Belastung aufgrund traumatischer Erlebnisse in Griechenland auseinandergesetzt. Die Vorinstanz hätte weitere Abklärungen hinsichtlich der Ernsthaftigkeit ihrer Liebesbeziehung zu B. , ihrer gesundheitlichen Probleme sowie der Deckung ihrer elementarsten Grundbedürfnisse in Griechenland vornehmen müssen. Diese Rügen sind vorab zu prüfen, da sie allenfalls geeignet wären, eine Kassation der vorinstanzlichen Verfügung zu bewirken (vgl. KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI,
Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 1043 ff. m.w.H.).
Die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts bildet einen Beschwerdegrund (Art. 106 Abs. 1 Bst. b AsylG). Unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn der Verfügung ein falscher oder aktenwidriger Sachverhalt zugrunde gelegt wird oder Beweise falsch gewürdigt worden sind; unvollständig ist sie, wenn nicht alle für den Entscheid rechtswesentlichen Sachumstände berücksichtigt werden (vgl. KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, a.a.O., Rz. 1043 m.w.H.).
Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV i.V.m. Art. 29 VwVG haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör, welches als Mitwirkungsrecht alle Befugnisse umfasst, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (vgl. BGE 144 I 11 E. 5.3 und BVGE 2009/35 E. 6.4.1). Mit dem Gehörsanspruch korreliert die Pflicht der Behörden, die Vorbringen tatsächlich zu hören, ernsthaft zu prüfen und in ihrer Entscheidfindung angemessen zu berücksichtigen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sie eine sachgerechte Anfechtung ermöglicht. Nicht erforderlich ist, dass sich die Begründung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (vgl. BGE 143 III 65 E. 5.2).
Das SEM hat sich in seiner Verfügung mit allen relevanten Vorbringen der Beschwerdeführerin und der Situation von Schutzberechtigten in Griechenland hinreichend auseinandergesetzt. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern die Begründungspflicht verletzt sein sollte, zumal es der Beschwerdeführerin offensichtlich möglich war, den Entscheid sachgerecht anzufechten. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Schlussfolgerungen der Vorinstanz nicht teilt, beschlägt die Frage der materiellen Würdigung der Vorbringen, auf welche nachfolgend einzugehen sein wird.
Ferner ist weder aus den Akten erkennbar noch wird in der Beschwerdeschrift konkret dargelegt, welche Abklärungen das SEM bezüglich der familiären und gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführerin weiter hätte vornehmen müssen. Insbesondere mit Blick auf den medizinischen Sachverhalt ist festzuhalten, dass das SEM aufgrund der bereits in den Akten liegenden ärztlichen Berichte sowie der Auskunft der BAZ C. und E. nicht gehalten war, weitere Abklärungen zu tätigen. Auf Beschwerdeebene wurden denn auch keine neuen ärztlichen
Berichte eingereicht und auch sonst keine Ergänzungen zum Sachverhalt gemacht, womit dieser als rechtsgenüglich erstellt erachtet werden kann.
Die formellen Rügen erweisen sich somit als unbegründet und es besteht keine Veranlassung, die angefochtene Verfügung aus diesen Gründen aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das diesbezügliche Rechtsbegehren ist abzuweisen.
Bei Griechenland als Mitgliedstaat der EU handelt es sich um einen sicheren Drittstaat im Sinne von Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG. Gemäss den Akten ist der Beschwerdeführerin in Griechenland internationaler Schutz gewährt worden ist und die griechischen Behörden haben ihrer Rückübernahme ausdrücklich zugestimmt. Die Beschwerdeführerin kann nach Griechenland zurückkehren, ohne eine Rückschiebung in Verletzung des Non-Refoulement-Gebotes befürchten zu müssen. Das SEM ist demzufolge zu Recht gestützt auf Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG auf das Asylgesuch nicht eingetreten.
7.1 Lehnt das SEM das Asylgesuch ab oder tritt es – wie hier in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG – darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 AsylG).
Im Asylund Wegweisungsverfahren ist die Wegweisung nicht zu verfügen, wenn ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung besteht, wobei die kantonale Ausländerbehörde zuständig ist, über den Anspruch konkret zu befinden. Ist die asylsuchende Person nicht im Besitze einer Aufenthaltsoder Niederlassungsbewilligung, ist mit Blick auf die mögliche Zuständigkeit der kantonalen Ausländerbehörde daher vorfrageweise zu prüfen, ob die asylsuchende Person sich im Sinne von Art. 14 Abs. 1 AsylG auf einen grundsätzlichen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung berufen kann. Soweit nicht das Gesetz oder das Freizügigkeitsabkommen einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vermitteln, kommt als Anspruchsgrundlage Art. 8 EMRK in Betracht, wobei diesbezüglich die bundesgerichtliche Rechtsprechung massgeblich ist (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4 und 5; Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2006 Nr. 23 E. 3.2; 2001 Nr. 21 E. 8a und b, 9 und 10). Diese besagt, dass Ausländerinnen
und Ausländern gestützt auf den in Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV gewährleisteten Schutz des Familienlebens ein potenzieller Anspruch auf Aufenthalt in der Schweiz erwächst, wenn eine intakte und tatsächlich gelebte Familienbande zu nahen Verwandten (sogenannte Kernfamilie) besteht, die über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht in der Schweiz verfügen. Letzteres ist der Fall, wenn der sich in der Schweiz aufhaltende Angehörige das Schweizer Bürgerrecht oder eine Niederlassungsbewilligung besitzt oder über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, die ihrerseits auf einem gefestigten Rechtsanspruch beruht. Der Anspruch auf Schutz des Familienlebens kann verletzt sein, wenn einer ausländischen Person, deren Familienangehörige in der Schweiz weilen, die Anwesenheit untersagt wird, ohne dass es möglich beziehungsweise zumutbar wäre, das Familienleben andernorts zu pflegen (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1; 139 I 330 E. 2.1; 135 I 143
E. 1.3.1; 130 II 281 E. 3.1; EMARK 2005 Nr. 3 E. 3.1).
Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung können sich in Ausnahmesituationen auch Personen auf Art. 8 EMRK berufen, die kein gefestigtes Aufenthaltsrecht haben, deren Anwesenheit in der Schweiz jedoch faktisch als Realität hingenommen wird beziehungsweise aus objektiven Gründen hingenommen werden muss (BGE 138 I 246 E. 3.3.1, siehe dazu auch ausführlich Urteil des BVGer E-6331/2020 vom 18. Mai 2021 E. 6.3). Diese Rechtsprechung wird grundsätzlich auf vorläufig aufgenommene Personen ohne Flüchtlingseigenschaft angewendet. Dabei müssen die nationalen Behörden gemäss Urteil des EGMR M.A. gegen Dänemark vom
9. Juli 2021, Grosse Kammer (Nr. 6697/18), nach zwei Jahren seit Gewährung der vorläufigen Aufnahme jeden Einzelfall individuell beurteilen, um zu bestimmen, ob eine weitere Verzögerung des Familiennachzuges das Recht auf Achtung des Familienlebens verletzt. Zu berücksichtigen haben sie dabei insbesondere die Intensität der Familienbeziehungen, die bereits vollzogene Integration im Aufnahmestaat und das Bestehen unüberwindbarer Hindernisse für ein Leben der Familie im Herkunftsland (vgl. hierzu auch Urteil des BVGer F-2739/2022 vom 24. November 2022 E. 6). Im Urteil des EGMR B.F. und andere gegen die Schweiz vom 4. Juli 2023 (Nr. 13258/18) stellte der Gerichthof erneut fest, dass die nationalen Behörden – insbesondere mit Blick auf die Frage der Sozialhilfeabhängigkeit – das individuelle Interesse der Beschwerdeführenden am Familiennachzug und das öffentliche Interesse an der Kontrolle der Einwanderung angemessen gegeneinander abzuwägen haben.
Die Beschwerdeführerin verfügt über keine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung. Ihr Partner B. wurde wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs mit Verfügung des SEM vom (…) November 2023 in der Schweiz vorläufig aufgenommen. Er verfügt mithin über kein gefestigtes Aufenthaltsrecht in der Schweiz. Es stellt sich folglich die Frage, ob vorliegend von einer Ausnahmesituation im Sinne der zuvor dargelegten Rechtsprechung auszugehen ist.
Der Partner der Beschwerdeführerin befindet sich seit neun Monaten in der Schweiz und verfügt seit acht Monaten hierzulande über eine vorläufige Aufnahme. Gestützt auf die Rechtsprechung des EGMR M.A. gegen Dänemark vom 9. Juli 2021, Grosse Kammer (Nr. 6697/18) war das SEM, angesichts der Tatsache, dass noch keine zwei Jahre seit Gewährung der vorläufigen Aufnahmen vergangen waren, nicht gehalten, im vorliegenden Fall eine eingehende Einzelfallprüfung vorzunehmen. Bei einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung wäre aber bezüglich der Intensität ihrer Beziehung ohnehin zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin und ihr Partner gemäss den Akten erst seit der Machtergreifung der Taliban im August 2021 bis zu seiner Reise von Griechenland in die Schweiz im Herbst 2023, das heisst während gut zwei Jahren, zusammengewohnt hätten. Davor hätten sie aufgrund der Drohungen des Ex-Mannes der Beschwerdeführerin nicht zusammenleben können. Zwischen den Reisen der Beschwerdeführerin und ihres Partners in die Schweiz sind wiederum acht bis neun Monate vergangen, in denen sie nicht zusammenleben konnten. Vor diesem Hintergrund erscheint es (zumindest vorübergehend) zumutbar und – allenfalls mithilfe finanzieller Unterstützung ihrer in Europa respektive sonstwo im Ausland lebenden Angehörigen – auch möglich, die Beziehung insbesondere mittels Besuche der Beschwerdeführerin in der Schweiz zu leben (vgl. SEM-Akten A24 und A32). Des Weiteren lässt sich den Akten nicht entnehmen, dass der Partner der Beschwerdeführerin zwischenzeitlich einer Erwerbstätigkeit nachgehen würde (vgl. SEM-Akte A33). Nach einem neunmonatigen Aufenthalt in der Schweiz ist auch noch keine fortgeschrittene soziale Integration seinerseits in der Schweiz anzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist nicht von einer Ausnahmesituation im Sinne der Rechtsprechung auszugehen, weshalb die Wegweisung der Beschwerdeführerin nach Griechenland nicht zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führt. Vor diesem Hintergrund kann auch offenbleiben, ob die Vermählung der Beschwerdeführerin und ihres Partners in der Schweiz als Ehe anzuerkennen wäre.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin, die am (…) Dezember 2023 in Griechenland als Flüchtling anerkannt wurde, mit ihrem in der Schweiz gestellten Asylgesuch hauptsächlich die Familienzusammenführung mit ihrem Partner bezweckt (vgl. SEM-Akte A24
S. 2). Der Familiennachzug ist indes grundsätzlich nicht im Asylverfahren, sondern gemäss den ausländerrechtlichen Regelungen zu behandeln (vgl. hierzu BVGE 2019 VI/3 E. 5.7). In dieser Konstellation, in der die in die vorläufige Aufnahme einzubeziehende Person in der Schweiz ein Asylgesuch eingereicht hat, nachdem ein Familienmitglied hierzulande vorläufig aufgenommen wurde, kann sich die Beschwerdeführerin auch nicht auf Art. 44 AsylG berufen (Urteil des BVGer E-6331/2020 vom 18. Mai 2021 E. 7.4
m.H. auf BVGE 2017 VII/8 E. 5.3). Vielmehr kann der Beschwerdeführerin und ihrem Partner zugemutet werden, dass sie bei den zuständigen Behörden in der Schweiz oder in Griechenland das dafür vorgesehene Verfahren einleiten. Der mit der Trennung einhergehende Eingriff ist auch verhältnismässig, zumal die Aufrechterhaltung des Kontakts auch bei der räumlichen Trennung möglich ist und nur von vorübergehender Dauer wäre, sofern ein in der Schweiz oder Griechenland eingeleitetes Familiennachzugsverfahren positiv verlaufen würde.
Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz (insbesondere Art. 5 Abs. 1 AsylG, Art. 33 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30], Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe [FoK, SR 0.105] und Art. 3 EMRK) einer Weiterreise der
Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG).
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Referenzurteil E-3427/2021, E-3431/2021 vom 28. März 2022 festgehalten, dass der Vollzug der Wegweisung nach Griechenland für Personen, die dort einen Schutzstatus erhalten haben, grundsätzlich zulässig ist. In Griechenland ist nicht von einer Situation auszugehen, in der jeder Person mit Schutzstatus eine unangemessene und erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Trotz der bekannt schwierigen Verhältnisse geht das Gericht davon aus, dass international schutzberechtigte Personen grundsätzlich in der Lage sind, ihre existenziellen Bedürfnisse abzudecken (vgl. a.a.O. E. 11.2).
Wie das SEM in der angefochtenen Verfügung zu Recht festgestellt hat, ergeben sich aus den Akten keine konkreten Hinweise dafür, dass der Vollzug der Wegweisung der Beschwerdeführerin den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz entgegenstünde, zumal Griechenland als sicherer Drittstaat Schutz vor Refoulement gewähre und auch in Bezug auf Art. 3 EMRK seinen Verpflichtungen nachkomme. Die Beschwerdeführerin hat sich nach der Schutzgewährung nur sehr kurz in Griechenland aufgehalten. Vor diesem Hintergrund und gestützt auf ihre pauschalen Angaben zu ihren Bemühungen, sich in Griechenland eine Lebensgrundlage aufzubauen, ist nicht davon auszugehen, dass sie alles ihr Zumutbare unternommen hätte, um Zugang zu den ihr zustehenden Leistungen zu erhalten. Nichts abzuleiten vermag sie aus dem in der Beschwerde zitierten Urteil des EGMR A.R. und andere gegen Griechenland vom 18. April 2024 (Nr. 59841/19), da es in jenem Entscheid um die Lebensbedingungen und medizinische Hilfe in den Aufnahmeund Identifikationszentren für Asylsuchende ging, die 2019 auf den griechischen Inseln ankamen, und nicht um die Bedingungen von Personen, die wie die Beschwerdeführerin internationalen Schutz erhalten haben. Was den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin anbelangt, gab sie im Rahmen der Stellungnahme zum rechtlichen Gehör vom 11. Juni 2024 an, sie sei gesund (vgl. SEM-Akte A24 S. 3). Nachdem sie am 5. Juni 2024 notfallmässig medizinische Hilfe in Anspruch genommen hatte, wurden ihr nach (…) abgegeben (vgl. SEMAkte A29). Abklärungen des SEM vom 18. Juni 2024 respektive vom 20. Juni 2024 ergaben schliesslich, dass keine weiteren Arzttermine ausstehend sind (vgl. SEM-Akte A31). Die beschwerdeweise Behauptung, bei ihr handle es sich um eine aufgrund der traumatischen Erlebnisse in Griechenland vorbelastete Person (vgl. Beschwerde Rz. 26), findet in den Akten keine Stütze. Soweit die Beschwerdeführerin mit ihren Vorbringen auf die
schlechte Sicherheitslage verweist, wird sie sich gegebenenfalls an die als schutzfähig und schutzwillig zu erachtenden griechischen Behörden zu wenden haben.
Hinsichtlich der gerügten Verletzung des Non-Refoulement Gebots nach Art. 2 Bst. d CEDAW ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten kann. Die Normen des Übereinkommens sind zwar für die völkerrechtskonforme Auslegeng des innerstaatlichen Rechts von Bedeutung (vgl. BGE 137 I 305 E. 3.2), richten sich jedoch in erster Linie an die Legislative, die Politik und die Gesellschaft (vgl. Urteile des BVGer F-2716/2024 vom 10. Mai 2024 E. 8.3 und D-254/2023 vom 8. Februar 2023 E. 7.3, je m.w.H.).
Soweit die Beschwerdeführerin eine Unzulässigkeit des Vollzugs aufgrund von Art. 8 EMRK geltend macht, ist auf die Ausführungen zur Wegweisung in E. 7 zu verweisen.
Der Vollzug der Wegweisung ist demnach als zulässig zu qualifizieren.
Gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AIG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren.
Mit Blick auf die Legalvermutung der Zumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung (Art. 83 Abs. 5 AIG) nach Griechenland von Personen, die dort einen Schutzstatus erhalten haben, stellte das Gericht im oben aufgeführten Referenzurteil weiter fest, dass dieser grundsätzlich auch für vulnerable Personen – wie zum Beispiel Personen, welche an gesundheitlichen Problemen leiden, die nicht als schwerwiegende Erkrankung einzustufen sind – Gültigkeit zukomme. Nicht länger aufrechterhalten wurde hingegen die Legalvermutung der Zumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung bei äusserst vulnerablen Personen – wie zum Beispiel unbegleiteten Minderjährigen oder Personen, deren psychische oder physische Gesundheit in besonders schwerwiegender Weise beeinträchtigt ist –, welche im Falle einer Rückkehr nach Griechenland Gefahr laufen, dauerhaft in eine schwere Notlage zu geraten, weil sie nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft die ihnen zustehenden Rechte vor Ort einzufordern. In diesen Fällen
ist der Wegweisungsvollzug nur bei Bestehen besonders begünstigende Umstände zumutbar (vgl. a.a.O. E. 11.5).
Nach Durchsicht der Akten gelangt das Gericht zum Schluss, dass das SEM in der angefochtenen Verfügung die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs mit zutreffender Begründung bejaht hat und sich keine Hinweise darauf finden lassen, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückführung nach Griechenland in eine existenzielle Notlage geraten würde. Bei ihr handelt es sich um eine (…)-jährige, gesunde Frau, welche nur kurze Zeit als anerkannter Flüchtling in Griechenland verbracht hat. Konkrete Hinweise auf eine ausgeprägte Hilflosigkeit im alltäglichen Leben lassen sich den Akten nicht entnehmen. Wie bereits erwähnt, ist nicht davon auszugehen, dass sie aktiv um Hilfe bei den griechischen Behörden ersucht hätte und ihr dauerhaft jegliche Unterstützung verweigert beziehungsweise die ihr zustehenden minimalen Lebensbedingungen vorenthalten worden wären. Mit Erhalt der Flüchtlingseigenschaft stehen der Beschwerdeführerin in Griechenland grundsätzlich die Garantien der Qualifikationsrichtlinie (insbesondere Zugang zu Beschäftigung, Bildung, Sozialhilfeleistungen, Wohnraum und medizinischer Versorgung) zu. Es darf der Beschwerdeführerin zugemutet werden, sich bei Unterstützungsbedarf, beispielsweise bei der Wohnungsund Arbeitssuche, an die griechischen Behörden zu wenden und die erforderliche Hilfe nötigenfalls auf dem Rechtsweg einzufordern. Nichtregierungsorganisationen können ihr in dieser Hinsicht ebenfalls behilflich sein. Abgesehen von allgemeinen Beschreibungen der anerkanntermassen schwierigen Situation von Schutzberechtigten in Griechenland mit Hinweis auf diesbezügliche Berichte (etwa der in der Beschwerde zitierte aktuelle Länderbericht der Asylum Information Database [AIDA] zu Griechenland, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/06/AIDA-GR_2023-Update.pdf), setzt sich die Beschwerde mit diesen Erwägungen nicht auseinander. Damit vermag die Beschwerdeführerin die geltende Legalvermutung nicht umzustossen. Dem SEM ist insbesondere darin zuzustimmen, dass es sich bei ihr nicht um eine vulnerable Person im Sinne des zuvor zitierten Referenzurteils handelt. Vielmehr ist sie grundsätzlich gesund. Sollte sie künftig auf medizinische Versorgung angewiesen sein, ist es ihr zuzumuten, in Griechenland Anstrengungen zu unternehmen, um medizinische Hilfe zu erhalten. So haben alle Personen in lebensbedrohlichen Situationen, unabhängig von ihrem rechtlichen Status, in Griechenland Zugang zu Notfallstationen (vgl. Referenzurteil E-3427/2021, E-3431/2021 vom 28. März 2022
E. 9.8.2). Schliesslich können die Beschwerdeführerin auch ihre in Europa
respektive sonstwo im Ausland lebenden Familienangehörigen in gewissem Mass finanziell unterstützen.
Ohne die persönlichen Schwierigkeiten der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Griechenland zu verkennen, gelingt es ihr zusammenfassend nicht, die Vermutung umzustossen, wonach ein Wegweisungsvollzug dorthin zumutbar ist. Angesichts dessen besteht auch keine Veranlassung zur Einholung individueller Garantien bezüglich einer angebrachten Unterbringung, Nahrung und medizinischen Versorgung nach ihrer Rückkehr nach Griechenland (vgl. Beschwerde Rz. 38), weshalb der entsprechende Antrag abzuweisen ist.
Der Vollzug der Wegweisung erweist sich schliesslich auch als möglich, zumal die griechischen Behörden am 8. Juni 2024 der Rückübernahme der Beschwerdeführerin explizit zugestimmt haben und sie über eine bis am (…) Dezember 2026 gültige Aufenthaltsbewilligung verfügt.
Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1–4 AIG).
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt und – soweit diesbezüglich überprüfbar – angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist (vgl. E. 1.2).
Der Antrag auf Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses erweist sich mit vorliegendem Urteil als gegenstandslos.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung im Sinn von Art. 65 Abs. 1 VwVG ist abzuweisen, weil sich – unbesehen der finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerin – die Beschwerde entsprechend den vorstehenden Erwägungen von vorneherein als aussichtlos erwiesen hat. Demzufolge sind die Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 750.– der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG; Art. 13 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wird abgewiesen. Die Verfahrenskosten von Fr. 750.– werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.
Die Einzelrichterin: Die Gerichtsschreiberin:
Regina Derrer Janine Sert
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