Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung V |
Dossiernummer: | E-2451/2019 |
Datum: | 31.05.2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichteintreten auf Asylgesuch (sicherer Drittstaat 31a I a,c,d,e) und Wegweisung |
Schlagwörter : | ühren; Beschwerdeführende; Beschwerdeführenden; Griechenland; Wegweisung; Vorinstanz; Recht; Schutz; Person; Schweiz; Vollzug; Verfahren; Personen; Bundesverwaltungsgericht; Urteil; Behörde; Asylgesuch; Verfügung; Behörden; Drittstaat; Kindes; Verfahrens; Ausländer; Staat |
Rechtsnorm: | Art. 12 KRK ;Art. 14 ZGB ;Art. 25 BV ;Art. 29 BV ;Art. 49 BV ;Art. 52 VwVG ;Art. 55 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 83 AIG ;Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | 143 III 65; 144 I 11 |
Kommentar: | - |
Abteilung V E-2451/2019
Besetzung Einzelrichter David R. Wenger,
mit Zustimmung von Richterin Constance Leisinger; Gerichtsschreiberin Eliane Kohlbrenner.
Parteien A. , geboren am ( ), B. , geboren am ( ), und ihr Sohn
C. , geboren am ( ), alle Afghanistan,
alle vertreten durch Shahryar Hemmaty, BBFM Beratung und Betreuung für Migranten, Beschwerdeführende,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch (sicherer Drittstaat) und Wegweisung;
Verfügung des SEM vom 14. Mai 2019 / N ( ).
Die Beschwerdeführenden ersuchten am 3. April 2019 um Asyl in der Schweiz. Ein Abgleich mit der europäischen Fingerabdruck-Datenbank (Eurodac) ergab, dass sie am 15. November 2017 in Griechenland um Asyl ersucht hatten.
Am 11. April 2019 gewährte die Vorinstanz den Beschwerdeführenden das rechtliche Gehör zur möglichen Zuständigkeit Griechenlands und der Wegweisung dorthin.
Mit Schreiben vom 23. April 2019 stellten die Beschwerdeführenden ein Gesuch um Verfahrenskoordination. Sie seien mit ihrem volljährigen Sohn und dessen Ehefrau in die Schweiz gereist. Zwischen ihnen bestehe ein Abhängigkeitsverhältnis, weshalb ihre Asylund Wegweisungsverfahren zu koordinieren seien. Zudem sei eine Wegweisung nach Griechenland unzumutbar. Nach Griechenland rückgeschaffte Asylsuchende würden regelmässig auf der Strasse landen. Die Obdachlosenunterkünfte hätten lange Wartelisten und seien nicht für Familien ausgelegt. Anträge auf Sozialhilfe würden ohne Wohnadresse oder ohne Bestätigung der Obdachlosigkeit, welche schwer erhältlich sei, abgewiesen. Es bestehe ein real risk, dass sie in Griechenland in eine existentielle Notlage geraten würden.
Die Beschwerdeführenden reichten Fotos des Camps in D. , Grie-
chenland, Fotos des Camps in E.
auf der Insel Lesbos, einen
USB-Stick mit Videound Audiodateien betreffend die Zustände im Camp in D. , ein Fact Sheet zu Griechenland des UNHCR vom Juni 2018, ein Update zur Stellungnahme zu den Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Griechenland von der Stiftung PRO ASYL vom
30. August 2018 und einen Artikel der Stiftung PRO ASYL vom 7. Januar 2019 mit dem Titel "Abschiebungen ins Nichts: Zur Situation von anerkannten Flüchtlingen in Griechenland" ein.
Abklärungen durch die Vorinstanz ergaben, dass den Beschwerdeführenden in Griechenland subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Am 26. April 2019 ersuchte die Vorinstanz die griechischen Behörden gestützt auf das Abkommen vom 28. August 2006 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Hellenischen Republik über die Rückübernah me
von Personen mit irregulärem Aufenthalt (SR 0.142.113.729) um Rückübernahme der Beschwerdeführenden. Am 8. Mai 2019 stimmten die griechischen Behörden dem Ersuchen zu.
Am 29. April 2019 reichten die Beschwerdeführenden Formulare betreffend medizinischen Abklärungen ein.
Am 8. Mai 2019 stimmten die griechischen Behörden dem Übernahmeersuchen der Vorinstanz zu.
Am 10. Mai 2019 gab die Vorinstanz den Beschwerdeführenden Gelegenheit, sich zum Entscheidentwurf zu äussern. Am 13. Mai 2019 reichten sie eine Stellungnahme ein. Darin führen sie aus, sie würden bei ihren beiden bereits in der Schweiz lebenden Söhnen bleiben wollen. In Griechenland hätten anerkannte Schutzberechtigte keinen Zugang zu Arbeit und Sozialleistungen. Sie erhielten keine Unterstützung bei der Wohnungssuche. Gemäss deutschen Gerichtsurteilen würde Griechenland seine internationalen Verpflichtungen nicht erfüllen. Zudem sei besonders auf ihren minderjährigen Sohn Rücksicht zu nehmen. Gemäss Kinderrechtskonvention (KRK) habe er Anspruch auf kostenlose Schulbildung; diese sei in Griechenland oft nicht erhältlich. Eine Wegweisung könne daher eine Verletzung der KRK darstellen.
Der Stellungnahme waren zwei Arztberichte vom 3. Mai 2019 beigelegt.
Mit Verfügung vom 14. Mai 2019 (gleichentags eröffnet) trat die Vorinstanz auf die Asylgesuche der Beschwerdeführenden nicht ein, verfügte die Wegweisung aus der Schweiz und ordnete deren Vollzug an.
Mit Eingabe vom 21. Mai 2019 erhoben die Beschwerdeführenden durch ihren Rechtsvertreter beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Sie beantragen, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und die Vorinstanz sei anzuweisen, auf das Asylverfahren einzutreten. Eventualiter sei die Streitsache zwecks Ergänzung des Sachverhalts und Neubeurteilung zurückzuweisen. Es sei im Sinne vorsorglicher Massnahmen der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Die Vollzugsbehörden seien anzuweisen, von einer Überstellung der Beschwerdeführenden nach Griechenland abzusehen, bis das Bundesverwaltungsgericht über den Suspensiveffekt der eingereichten Beschwerde entschieden habe. Es sei die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren, insbesondere sei von einer Kostenvorschusspflicht abzusehen.
Gemäss Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG zuständig und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - wie auch vorliegend - endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG). Die Beschwerdeführenden sind als Verfügungsadressaten zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 108 Abs. 3 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG).
Mit Beschwerde in Asylsachen kann die Verletzung von Bundesrecht sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Im Bereich des Ausländerrechts richtet sich die Kognition nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es die Vorinstanz ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 31a Abs. 1-3 AsylG), ist die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (BVGE 2011/9 E. 5).
Bezüglich der Frage der Wegweisung und des Wegweisungsvollzugs hat die Vorinstanz eine materielle Prüfung vorgenommen, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich volle Kognition zukommt.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im Verfahren einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters oder einer zweiten Richterin (Art. 111 Bst. e AsylG) ohne Weiterungen und mit summarischer Begründung zu behandeln (Art. 111a Abs. 1 und 2 AsylG).
Da der Beschwerde von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt (Art. 55 Abs. 1 VwVG) und die Vorinstanz diese nicht entzogen hat, sind die Anträge, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen und die Vollzugsbehörden seien anzuweisen, von einer Überstellung der Beschwerdeführenden nach Griechenland abzusehen, bis das Bundesverwaltungsgericht über den Suspensiveffekt der eingereichten Beschwerde entschieden habe, abzuweisen.
Die Beschwerdeführenden rügen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Vorinstanz habe die aus der Kinderrechtskonvention fliessenden Rechte ihres minderjährigen Sohnes nicht geprüft. Er sei nicht als Verfahrenssubjekt behandelt und ihm seien keine Parteirechte gewährt worden, was eine gravierende Rechtsverletzung darstelle. Die Vorinstanz sei ihrer Orientierungsund Informationspflicht gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und Strafprozessordnung gegenüber dem Sohn nicht nachgekommen. Dabei handelt es sich um eine formelle Rüge, welche vorab zu beurteilen ist, da sie allenfalls geeignet wäre, eine Kassation der vorinstanzlichen Verfügung zu bewirken.
Gemäss Art. 29 VwVG haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör, welcher als Mitwirkungsrecht alle Befugnisse umfasst, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (vgl. BGE 144 I 11 E. 5.3; BVGE 2009/35 E. 6.4.1). Mit dem Gehörsanspruch korreliert die Pflicht der Behörden, die Vorbringen tatsächlich zu hören, ernsthaft zu prüfen und in ihrer Entscheidfindung angemessen zu berücksichtigen. Nicht erforderlich ist, dass sich die Begründung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (vgl. BGE 143 III 65 E. 5.2).
Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Übereinkommens über die Rechte der Kinder (KRK; SR 0.107) haben Kinder, die fähig sind, sich eine Meinung zu bilden, das Recht auf Respektierung ihrer Meinung. Zu diesem Zweck ist dem Kind insbesondere Gelegenheit zu geben, in allen das Kind berührenden Gerichtsoder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gehört zu werden (Art. 12 Abs. 2 KRK). Eine gesetzliche Bestimmung zum Anhörungsrecht des Kindes im Verwaltungsverfahren findet sich im schweizerischen Recht nicht. Das Bundesgericht hat
aber anerkannt, dass Art. 12 KRK im fremdenpolizeilichen Verfahren unmittelbar anwendbar ist. Die Garantie beinhaltet jedoch nicht zwingend eine persönliche mündliche Anhörung des Kindes, sondern lediglich eine Anhörung in angemessener Weise, weshalb der Standpunkt des Kindes auch schriftlich zum Ausdruck gebracht werden kann. Ferner ermöglicht Art. 12 Abs. 2 KRK die Anhörung eines Vertreters des Kindes. Dabei handelt es sich um einen gewillkürten (von den Eltern oder dem Kind beauftragten) oder einen behördlichen Vertreter (in Anlehnung an Art. 146 ZGB) des Kindes, nicht aber um die Eltern selber. Soweit sich die Interessenlage des Kindes indessen mit derjenigen seiner (beiden) Eltern deckt, kann auf eine gesonderte Anhörung des Kindes (bzw. dessen Vertreters) verzichtet werden (Urteil des BGer 2C_372/2008 vom 25. September 2008 E. 2). Dies gilt gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts in fremdenpolizeilichen Fällen generell, sofern es sich nicht um Sachverhalte wie zum Beispiel eine Scheidung handelt, wo die Interessen der Beteiligten nicht gleichläufig sind (Urteil des BGer 2P.117/2001 vom 26. Juli 2001 E. 3d).
Der Standpunkt des minderjährigen Sohnes gelangte im vorinstanzlichen Verfahren durch die Ausführungen und die Stellungnahme zum Entscheidentwurf der Beschwerdeführenden und deren Rechtsvertreters sowie im Rahmen des vorliegenden Verfahrens durch die Ausführungen des Rechtsvertreters und die eingereichten Beweismittel genügend zum Ausdruck. Im Sinne der gemeinsamen Beschwerdeanträge verfolgen die Beschwerdeführenden und ihr Sohn dasselbe Ziel, nämlich das Eintreten auf ihre Asylgesuche. Des Weiteren wurde die Verfügung den Beschwerdeführenden und dem Rechtsvertreter ordnungsgemäss eröffnet. Die aus der KRK fliessenden Verfahrensrechte des Sohnes wurde somit gewahrt. Das Rechtsbegehren, die Sache aus formellen Gründen aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, ist demnach abzuweisen.
Gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG wird auf ein Asylgesuch nicht eingetreten, wenn die asylsuchende Person in einen nach Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG als sicher bezeichneten Drittstaat zurückkehren kann, in welchem sie sich vorher aufgehalten hat.
Die Beschwerdeführenden haben sich vor ihrer Einreise in die Schweiz unbestrittenermassen in Griechenland aufgehalten. Griechenland ist ein verfolgungssicherer Drittstaat im Sinne von Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG. Die Beschwerdeführenden können in diesen Drittstaat zurückkehren, zumal sie
dort subsidiären Schutz erhalten haben und die griechischen Behörden ihrer Rückübernahme zugestimmt haben. Die Vorinstanz ist somit in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG zu Recht auf die Asylgesuche der Beschwerdeführenden nicht eingetreten.
Gemäss Art. 44 AsylG verfügt das SEM in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an, wenn es das Asylgesuch ablehnt oder nicht darauf eintritt; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie. Die Beschwerdeführenden verfügen weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen (BVGE 2009/50 E. 9). Die Wegweisung wurde zu Recht angeordnet.
Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG).
Keine Person darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]).Gemäss Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis von Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Der Vollzug der Wegweisung kann nach Art. 83 Abs. 4 AIG für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder
Herkunftsstaat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind.
Gemäss Art. 6a AsylG besteht zugunsten sicherer Drittstaaten - wie es Griechenland einer ist - die Vermutung, dass diese ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen, darunter im Wesentlichen das Refoulement-Verbot und grundlegende menschenrechtliche Garantien, einhalten (vgl. FANNY MATTHEY, in: Code annoté de droit des migrations, Art. 6a AsylG N 12 S. 68). Gestützt auf Art. 83 Abs. 5 AIG besteht ferner die Vermutung, dass eine Wegweisung in einen EUoder EFTA-Staat in der Regel zumutbar ist. Es obliegt der betroffenen Person, diese beiden Legalvermutungen umzustossen. Dazu hat sie ernsthafte Anhaltpunkte dafür vorzubringen, dass die Behörden des in Frage stehenden Staates im konkreten Fall das Völkerrecht verletzen, ihr nicht den notwendigen Schutz gewähren oder sie menschenunwürdigen Lebensumständen aussetzen würden respektive dass sie im in Frage stehenden Staat aufgrund von individuellen Umständen sozialer, wirtschaftlicher oder gesundheitlicher Art in eine existenzielle Notlage geraten würde (vgl. dazu statt vieler Urteil des BVGer D-206/2016 vom 10. Februar 2016, E. 5.1.1).
Zwar steht das griechische Fürsorgesystem nicht nur für Asylsuchende, sondern auch für Personen mit Schutzstatus in der Kritik. So wurde davon berichtet, dass die Unterstützung von Personen, denen in Griechenland internationaler Schutz zuerkannt worden sei, häufig unzulänglich sei. Da das Land nicht über ein Sozialwohnungssystem verfüge, sei es für Personen mit Schutzstatus aus wirtschaftlichen Gründen oft schwierig, eine Unterkunft zu finden. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, die neben der Wirtschaftskrise unter anderem auf den Mangel einer nationalen Strategie zurückgeführt wird, die Beschäftigung - insbesondere auch von Personen mit anerkanntem Schutzstatus - zu fördern, seien die Betroffenen dabei im Wesentlichen auf die beschränkten Fürsorgeleistungen
des Staates angewiesen. Bezüglich der staatlichen Unterstützungsleistungen komme es in der Praxis auch zu Diskriminierungen von Personen mit Schutzstatus gegenüber griechischen Staatsangehörigen, wobei dies auch damit zusammenhänge, dass die betroffenen Ausländerinnen und Ausländer nicht an die kompetenten Behörden verwiesen würden (vgl. UNHCR, Greece as a country of asylum, UNHCR observations on the current situation of asylum in Greece, Dezember 2014, S. 31 ff.; EGMR, Saidoun gegen Griechenland [Beschwerde 40083/07] und Fawsie gegen Griechenland [Beschwerde 40080/07], beide vom 28. Oktober 2010).
Indes ist Griechenland ein sicherer Drittstaat, in dem keine Situation von allgemeiner Gewalt herrscht. Griechenland ist an die Richtlinie 2011/95/EU (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen o- der Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes) gebunden. Im Kapitel VII werden die den Flüchtlingen und Personen mit subsidiärem Schutzstatus zu gewährenden Rechte geregelt (Art. 26 [Zugang zu Beschäftigung], Art. 29 Abs. 2 [Sozialund Nothilfe] und Art. 30 Abs. 2 [medizinische Versorgung]). Selbst wenn die Lebensbedingungen in Griechenland aufgrund der herrschenden Wirtschaftslage nicht einfach sind, liegen keine Hinweise für die Annahme vor, dass die Beschwerdeführenden bei einer Rückkehr nach Griechenland einer existenziellen Notlage ausgesetzt wären. Es ist ihnen möglich und zuzumuten, sich bei Unterstützungsbedarf an die griechischen Behörden zu wenden und die erforderliche Hilfe nötigenfalls auf dem Rechtsweg einzufordern.
Die Vorinstanz stellt in der angefochtenen Verfügung zu Recht fest, dass der Begriff der Familie gemäss AsylG in personeller Hinsicht den Eheoder Konkubinatspartner und minderjährige Kinder umfasst (vgl. Art. 1a Bst. e der Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 [AsylV 1, SR 142.311]). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung setzt eine Beziehung, die über die schützenswerte verwandtschaftliche Beziehung der eigentlichen Kernfamilie hinausgeht, das Vorliegen besonderer Umstände voraus, die ein Verhältnis von Hilfsbedürftigkeit und Abhängigkeit bewirken würden (BGE 115 Ib E. 2c). In Übereinstimmung damit hält das Bundeverwaltungsgericht fest, unter den Schutz der Einheit der Familie (Art. 8 EMRK) würden auch über die Kernfamilie hinausgehende verwandtschaftliche Bande fallen, sofern eine nahe, echte und tatsächlich gelebte Beziehung bestehe
und ein darüber hinausgehendes besonderes Abhängigkeitsverhältnis gegeben sei (BVGE 2008/47 E. 4.1).
Die in der Schweiz wohnhaften volljährigen Söhne gehören nicht zur Kernfamilie der Beschwerdeführenden. Alleine aus dem Umstand, dass die Söhne gegenüber den Beschwerdeführenden familiäre Hilfeleistungen erbringen könnten, ergibt sich kein besonderes, durch Art. 8 EMRK geschütztes Abhängigkeitsverhältnis. Zudem haben der mit den Beschwerdeführenden in die Schweiz eingereiste volljährige Sohn und dessen Ehefrau auch subsidiären Schutz in Griechenland erhalten, weshalb die Vorinstanz auf ihre Asylgesuche ebenfalls nicht eingetreten ist und die Wegweisung sowie deren Vollzug nach Griechenland angeordnet hat. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil E-2448/2019 vom 31. Mai 2019 abgewiesen. Die Vollzugsbehörden sind gehalten, den Vollzug der Wegweisung der Beschwerdeführenden, des volljährigen Sohnes und dessen Ehefrau nach Möglichkeit gemeinsam durchzuführen, um eine Trennung zu vermeiden.
Eine zwangsweise Rückweisung von Personen mit gesundheitlichen Problemen kann nur ganz ausnahmsweise einen Verstoss gegen Art. 3 EMRK darstellen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die betroffene Person sich in einem fortgeschrittenen oder terminalen Krankheitsstadium und bereits in Todesnähe befindet, nach einer Überstellung mit dem sicheren Tod rechnen müsste und dabei keinerlei soziale Unterstützung erwarten könnte (vgl. BVGE 2011/9 E. 7 mit Hinweisen auf die damalige Praxis des EGMR). Eine weitere vom EGMR definierte Konstellation betrifft Schwerkranke, die durch die Abschiebung - mangels angemessener medizinischer Behandlung im Zielstaat - mit einem realen Risi-ko konfrontiert würden, einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu werden, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führen würde (vgl. Urteil des EGMR Paposhvili gegen Belgien 13. Dezember 2016, Grosse Kammer 41738/10, §§ 180-193 m.w.H.).
Eine solche Situation ist vorliegend klarerweise nicht gegeben, da die in den Arztberichten dokumentierten gesundheitlichen Probleme der Beschwerdeführenden offensichtlich nicht von derartiger Schwere sind.
Schliesslich spricht auch das Kindeswohl nicht gegen einen Wegweisungsvollzug. Es liegen keine erhärteten Hinweise vor, wonach sich Grie-
chenland als Signatarstaat der KRK nicht an seine entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen halten würde. Das Bundesverwaltungsgericht hat denn auch in letzter Zeit in mehreren Urteilen die Wegweisung von Familien mit flüchtlingsrechtlichem Schutzstatus in Griechenland als zulässig und zumutbar qualifiziert und entsprechende Nichteintretensund Wegweisungsverfügungen der Vorinstanz bestätigt (vgl. Urteile des BVGer D-367/2019 vom 2. Mai 2019, D-992/2019 vom 17. April 2019,
E-1374/2019 vom 1. April 2019, D-1101/2019 vom 19. März 2019).
Insgesamt ist es den Beschwerdeführenden nicht gelungen, die Vermutung umzustossen, wonach Griechenland seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommt und ein Wegweisungsvollzug in diesen EU-Mitgliedstaat auch zumutbar ist.
Nachdem die griechischen Behörden einer Rückübernahme der Beschwerdeführenden ausdrücklich zugestimmt haben, ist der Vollzug der Wegweisung auch möglich (Art. 83 Abs. 2 AIG).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Wegweisungsvollzug als zulässig, zumutbar und möglich zu erkennen ist, womit die Anordnung einer vorläufigen Aufnahme ausser Betracht fällt (Art. 83 Abs. 1-4 AIG).
Nach dem Gesagten ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt und auch sonst nicht zu beanstanden ist (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Die Beschwerde ist abzuweisen.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung ist abzuweisen, da die Beschwerde gemäss den vorstehenden Erwägungen als aussichtslos zu bezeichnen ist und es daher an einer der kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen von Art. 65 Abs. 1 VwVG fehlt.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten von Fr. 750.- (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Mit dem vorliegenden Urteil ist das Gesuch um Erlass des Kostenvorschusses gegenstandslos geworden.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 750.- werden den Beschwerdeführenden auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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