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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-5432/2012

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts D-5432/2012

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-5432/2012
Datum:05.09.2013
Leitsatz/Stichwort:Vollzug der Wegweisung
Schlagwörter : Beschwerdeführerin; Beschwerdeführerinnen; Wegweisung; Quot;; Vollzug; Verfügung; Recht; Mongolei; Heimat; Bundesverwaltungsgericht; Schweiz; Verfahren; Ausländer; Herkunft; Ulaanbaatar; Verfahrens; Person; Akten; Wegweisungsvollzug; Rückkehr; Behandlung; Tochter; Vorinstanz; Rechtsvertreterin; ändig
Rechtsnorm: Art. 25 BV ;Art. 36 ZGB ;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-5432/2012

U r t e i l  v o m  5.  S e p t e m b e r  2 0 1 3

Besetzung Richter Martin Zoller (Vorsitz),

Richter Robert Galliker, Richter Gérard Scherrer, Gerichtsschreiberin Kathrin Mangold Horni.

Parteien A. , geboren ( ), und deren Tochter

B. , geboren ( ), Mongolei,

beide vertreten durch lic. iur. Martina Culic, Beschwerdeführerinnen,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Vollzug der Wegweisung;

Verfügung des BFM vom 5. Oktober 2012 / N ( ).

Sachverhalt:

A.

    1. Die Beschwerdeführerin A.

      suchte am 29. Januar 2010 im

      Empfangsund Verfahrenszentrum (EVZ) C. um Asyl nach. Dort wurde sie am 8. Februar 2010 zu ihren Personalien, zu ihrem Reiseweg und - summarisch - zu ihren Asylgründen befragt. Für den Aufenthalt während der Dauer des Asylverfahrens wurde sie dem Kanton D. zugewiesen. Am 22. Februar 2010 wurde sie von einer Mitarbeiterin des BFM in Bern-Wabern gestützt auf Art. 29 Abs. 1 des Asylgesetzes vom

      26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) im Beisein einer Vertrauensperson - da mutmasslich noch minderjährig - eingehend zu ihren Asylgründen befragt.

    2. Anlässlich der Befragungen machte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, sie sei als vieroder fünfjähriges Mädchen von ihren ursprünglich aus der Inneren Mongolei (China) stammenden Eltern an ei-

      nen Mann namens E.

      verkauft worden. Fortan habe sie mit

      E. , dessen Nachname sie nicht kenne, allein in F. , einem Vorort von Ulaanbaatar, gelebt.

      Seit ihrem 13. Lebensjahr sei sie wiederholt von E. vergewaltigt worden. Später habe dieser sie dazu gezwungen, als Prostituierte in einem Hotel in G. /Ulaanbaatar zu arbeiten. Dabei sei sie von einer Bekannten von E. namens H. angeleitet worden. Ende

      2006 oder Ende 2007 sei sie mit H.

      nach I.

      (Innere

      Mongolei) gereist, wo sie ebenfalls als Prostituierte gearbeitet habe. Als sie Mitte Januar 2010 bemerkt habe, dass sie zum zweiten Mal schwanger geworden sei (eine erste Schwangerschaft im Jahr 2008 sei mit einer Abtreibung beendet worden), habe sie I. sofort verlassen und sei nach Ulaanbaatar zurückgekehrt. Von dort aus sei sie mit dem Zug nach Moskau und anschliessend im Laderaum eines Lastwagens versteckt auf ihr nicht bekanntem Weg bis in die Schweiz gereist.

      Für den weiteren Inhalt der Aussagen wird auf die Protokolle bei den Akten verwiesen.

    3. Der J. errichtete am 22. April 2010 für die mutmasslich minderjährige Beschwerdeführerin eine Beistandschaft gemäss Art. 392 Ziff. 3 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 (ZGB,

      SR 210).

    4. Am 30. Juli 2010 brachte die Beschwerdeführerin in D. ihre Tochter B. zur Welt. In der Folge errichtete der J. am 16. September 2010 unter anderem zwecks Klärung der Vaterschaft für das Kind B. eine Vormundschaft gemäss Art. 368 ZGB.

    5. Die Beschwerdeführerin gab den Schweizer Asylbehörden keine Identitätsoder Reisepapiere zu den Akten. Sie erklärte, nie einen Pass oder eine Identitätskarte beantragt oder besessen zu haben.

    6. Eine im Auftrag des BFM am 26. Oktober 2011 durchgeführte Herkunftsanalyse LINGUA bestätigte die mongolische Herkunft der - mittlerweile auch gemäss eigenen Angaben - volljährigen Beschwerdeführerin aus Ulaanbaatar.

B.

Mit Verfügung vom 5. Oktober 2012 - eröffnet am 10. Oktober 2012 - lehnte das BFM das Asylgesuch mit der Begründung ab, die Vorbringen der Beschwerdeführerin hielten weder den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit noch denjenigen an die Flüchtlingseigenschaft stand.

Sodann ordnete es die Wegweisung von A. und ihrer - in das

Asylverfahren einbezogenen - Tochter B.

aus der Schweiz an

und stellte fest, der Vollzug der Wegweisung sei zulässig, zumutbar und möglich. Dabei wurde insbesondere in Bezug auf die Frage der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs festgehalten, die von Amtes wegen zu erfolgende Prüfung finde ihre Grenzen an der Mitwirkungspflicht der Asylsuchenden. Die Beschwerdeführerin habe während des Asylverfahrens keine Identitätsdokumente eingereicht und sich auch nie an das BFM gewandt, um ihre Bemühungen zur Beschaffung von solchen zu dokumentieren. Die Angaben zum angeblich völlig fehlenden Beziehungsnetz seien stereotyp und gäben Anlass zur Annahme, dass die Beschwerdeführerin den Asylbehörden ihre Herkunft und ihr Beziehungsnetz absichtlich verschleiere, weil sich diese in Wirklichkeit anders darstellten.

Ferner sei der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in der Schweiz noch nicht als aussergewöhnlich lange zu beurteilen, um bereits von einer Entfremdung zum heimatlichen Umfeld und zur mongolischen Kultur auszugehen. Somit sei es der jungen und gesunden Beschwerdeführerin zuzumuten, sich wieder in ihrem Heimatland niederzulassen. Auch der Umstand, dass sie in der Schweiz Mutter eines Kindes geworden sei, stehe einem Wegweisungsvollzug nicht entgegen, zumal alleinstehende und

geschiedene Frauen in der Mongolei nichts Aussergewöhnliches seien und dort zahlreiche Organisationen ansässig seien, die sich für Gleichberechtigung, für die Gesundheit von Mutter und Kind sowie für Opfer von häuslicher Gewalt einsetzten und verschiedene Unterstützungsleistungen bieten würden. Schliesslich stehe es der Beschwerdeführerin auch frei, bei der kantonalen Rückkehrberatungsstelle Rückkehrhilfe zu beantragen.

C.

Die Beschwerdeführerinnen beantragten durch ihre Rechtsvertreterin beim Bundesverwaltungsgericht mit Eingabe vom 17. Oktober 2012 die Aufhebung des vorinstanzlich verfügten Vollzugs der Wegweisung. Es sei festzustellen, dass der Vollzug der Wegweisung unzumutbar sei, und das BFM sei anzuweisen, sie vorläufig aufzunehmen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht sei ihnen die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen und es sei auf die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten.

Zur Untermauerung der Anträge - auf deren Begründung, soweit für den Entscheid wesentlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen wird - gaben die Beschwerdeführerinnen durch ihre Rechtsvertreterin ei-

nen am 1. April 2011 vom J.

erstellten Beistandschaft-

Schlussbericht im Original sowie ein am 17. Oktober 2012 von den

K.

ausgestelltes ärztliches Zeugnis und eine am 15. Oktober

2012 unterzeichnete Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht in Kopie zu den Akten.

D.

    1. Mit Zwischenverfügung vom 22. Oktober 2012 teilte das Bundesverwaltungsgericht der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerinnen mit, ihre Mandantinnen könnten den Ausgang des Verfahrens gestützt auf Art. 42 AsylG in der Schweiz abwarten. Des Weiteren wurden - vorab mit der Begründung der nicht nachgewiesenen Bedürftigkeit - die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses abgewiesen, und die Beschwerdeführerinnen wurden aufgefordert, bis zum 9. November 2012 einen Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 600.- zu bezahlen oder eine Fürsorgeabhängigkeitsbestätigung einzureichen, andernfalls auf die Beschwerde nicht eingetreten werde.

    2. Am 30. Oktober 2012 reichten die Beschwerdeführerinnen dem Bundesverwaltungsgericht durch ihre Rechtsvertreterin eine am 24. Oktober

      2012 vom Kompetenzzentrum Integration der Stadt Bern ausgestellte Fürsorgeabhängigkeitsbestätigung ein.

    3. In der Folge teilte das Bundesverwaltungsgericht der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerinnen am 5. November 2012 mit, nachdem die Bedürftigkeit ihrer Mandantinnen belegt sei und die in der Rechtsmitteleingabe vom 17. Oktober 2012 gestellten Begehren nicht aussichtslos erschienen, werde nicht nur auf die Erhebung eines Kostenvorschusses (Art. 63 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021]), sondern - unter Vorbehalt der dannzumaligen finanziellen Verhältnisse ihrer Mandantinnen - im Fall der Abweisung der Beschwerde auch auf die Auferlegung von Verfahrenskosten (Art. 65 Abs. 1 VwVG) verzichtet.

E.

    1. Das BFM beantragte mit Vernehmlassung vom 27. Juni 2013 die Abweisung der Beschwerde vom 17. Oktober 2012, da diese keine neuen erheblichen Tatsachen oder Beweismittel enthalte, welche eine Änderung seines Standpunktes rechtfertigen könnten. Dabei hielt es fest, die Punkte in der Verfügung vom 5. Oktober 2012 beträfen auch das Kind der Beschwerdeführerin, und wies im Weiteren darauf hin, die Beschwerdeführerin sei mittlerweile 20 Jahre alt, weshalb sie sich nicht mehr auf den speziellen Schutz Minderjähriger berufen könne.

    2. Die Beschwerdeführerinnen nahmen durch ihre Rechtsvertreterin am

8. Juli 2013 zur Vernehmlassung des BFM vom 27. Juni 2013 Stellung. Sie wiesen dabei darauf hin, dass das Kind B. noch immer minderjährig sei, weshalb ihm der spezielle Schutz für Minderjährige zukomme. Im Übrigen dürfe der Umstand, dass die Mutter über keine weiteren Identitätsdokumente verfüge, nicht zu Lasten des Kleinkindes gehen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwV. Das BFM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von

      Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet im Bereich des Asylrechts endgültig, ausser - was in casu nicht zutrifft - bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens eines Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).

    2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

    3. In Bezug auf die in der Rechtsmitteleingabe (vgl. S. 5) enthaltene Rüge, im Dispositiv der BFM-Verfügung vom 5. Oktober 2012 sei nur von der "Gesuchstellerin" die Rede, so dass nicht erkennbar sei, ob die Vorinstanz damit A. oder deren Kind meine, ist darauf hinzuweisen, dass im Rubrum der besagten Verfügung sowohl A. als auch das Kind B. aufgeführt sind, und das Kind im Sachverhalt und auch in den Erwägungen erwähnt wird. B. wurde mit der Geburt in das Asylgesuch ihrer Mutter einbezogen, und es versteht sich von selbst, dass die angefochtene Verfügung vom 5. Oktober 2012 die Mutter und die Tochter betrifft, auch wenn dies im Dispositiv der angefochtenen Verfügung nicht ausdrücklich erwähnt wurde.

      Die Beschwerdeführerinnen haben am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, sind durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; sie sind daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG, Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 VwVG).

    4. Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten.

2.

Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).

3.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gemäss den Rechtsbegehren und der Begründung ausschliesslich gegen den Vollzug der von der Vorinstanz verfügten Wegweisung. Die Verfügung des BFM vom 5. Oktober 2012 ist, soweit sie die Frage der Flüchtlingseigenschaft und der Asylgewährung betrifft (Ziffn. 1 und 2 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung), in Rechtskraft erwachsen, und auch die Anordnung der Wegweisung (Ziff. 3 des Dispositivs) ist nicht mehr zu überprüfen (vgl. BVGE 2011/38, Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2001 Nr. 21). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet lediglich die Frage, ob das Bundesamt den Vollzug der Wegweisung zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich erklärt hat (Art. 44 Abs. 2 AsylG).

4.

Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom

16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG, SR 142.20]).

Bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gilt gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2; WALTER STÖCKLI, Asyl, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl., Basel 2009, Rz. 11.148).

    1. Aufgrund der Aktenlage gelangte das BFM berechtigterweise zum Schluss, dass die Beschwerdeführerinnen aus der Mongolei und nicht etwa aus der Inneren Mongolei (China) stammen. Diese Feststellung wird denn auch von den Beschwerdeführerinnen auf Beschwerdeebene nicht bestritten. Im Folgenden ist daher ausschliesslich die Zulässigkeit, Zumutbarkeit und Möglichkeit des Wegweisungsvollzugs in die Mongolei zu prüfen.

      Die umfassende, auch der persönlichen Situation Rechnung tragende Beurteilung der konkreten Gefährdung findet ihre vernünftige Grenze an der Mitwirkungspflicht der Asyl suchenden Person (Art. 8 AsylG), die im Übrigen auch die Substanziierungslast trägt (Art. 7 AsylG). Verunmöglicht

      die Asyl suchende Person durch die Verheimlichung ihrer Herkunft oder ihrer persönlichen (insbesondere familiären oder beruflichen) Verhältnisse den Asylbehörden, sinnvoll zu prüfen, ob ihr in ihrer tatsächlichen Heimat Gefahr drohe, so kann es unter diesen, von der Asyl suchenden Person selber herbeigeführten Umständen nach Treu und Glauben nicht Sache der Asylbehörden sein, nach allfälligen Wegweisungsvollzugshindernissen in ihrer hypothetischen Heimat oder Herkunftsregion zu forschen (vgl. WALTER KÄLIN, Grundriss des Asylverfahrens, Basel/Frankfurt a. M. 1990,

      S. 262 f.). Die Beschwerdeführerin A. hat den Schweizer Behörden - wie in der angefochtenen Verfügung zutreffend bemerkt wurde - keinerlei Identitätsdokumente eingereicht und auch nicht darlegen können, dass sie sich um die Beschaffung von Identitätskdokumenten bemüht hätte. Nachdem auch ihre Angaben zu ihrer genaueren Herkunft und zur möglichen Existenz eines sozialen Netzes stereotyp und ungereimt ausgefallen sind, wird die Pflicht der Asylbehörden, detailliertere Abklärungen zu allfälligen Vollzugshindernissen in der Heimat der Beschwerdeführerinnen zu tätigen, entsprechend eingeschränkt.

    2. Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder in einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG).

      1. So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]). Dieses flüchtlingsrechtliche Rückschiebungsverbot schützt nur Personen, die die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 AsylG respektive Art. 1A FK erfüllen.

        Da rechtskräftig feststeht, dass es den Beschwerdeführerinnen nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann das in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Rückschiebungsverbot im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden. Eine Rückkehr der Beschwerdeführerinnen in die Mongolei ist demnach unter dem Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.

      2. Gemäss Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom

        10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) darf niemand in einen Staat ausgeschafft werden, im dem ihm Folter oder eine andere Art unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung droht.

        Weder aus den Aussagen von A. noch aus den Akten ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass sie oder ihre Tochter für den Fall einer Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wären. Gemäss Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des UN-Anti-Folterausschusses müssten die Beschwerdeführerinnen eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihnen im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. EGMR [Grosse Kammer], Saadi gegen Italien, Urteil vom 28. Februar 2008, Beschwerde Nr. 37201/06, §§ 124-127, mit weiteren Hinweisen). Dies ist vorliegend nicht der Fall. In Bezug auf die in der Beschwerdeschrift (vgl.

        S. 2 f.) und auch im Zeugnis der K. angebrachten Hinweise auf die anlässlich der Anhörungen von A. vorgebrachten Probleme in ihrer Heimat (sie sei als Kleinkind von ihren Eltern an einen Mann verkauft worden, der sie später vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen habe) ist festzuhalten, dass die diesbezüglichen Vorbringen vom BFM als nicht glaubhaft erachtet wurden, welche Feststellung im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht beanstandet worden ist.

      3. Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung sowohl im Sinne der asylals auch der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.

    1. Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug der Wegweisung für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatland aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist - unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AuG - die vorläufige Aufnahme zu gewähren (vgl. BVGE 2009/51 E. 5.5 S. 748, BVGE 2009/41 E. 7.1 S. 576 f.; Botschaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 8. März 2002, BBl 2002 381 8).

      1. Bezüglich der Mongolei und insbesondere auch bezüglich des mutmasslichen Herkunftsortes von A. (die Hauptstadt Ulaanbaatar) kann im jetzigen Zeitpunkt nicht von Krieg, Bürgerkrieg oder von einer Situation allgemeiner Gewalt, welche für die Beschwerdeführerinnen bei einer Rückkehr dorthin eine konkrete Gefahr darstellen würde, gesprochen werden.

      2. Es bleibt im Folgenden zu prüfen, ob allenfalls individuelle - insbesondere medizinische - Gründe gegen den Vollzug der Wegweisung sprechen könnten.

        1. In dem zusammen mit der Rechtsmitteleingabe eingereichten ärztlichen Zeugnis der K. vom 17. Oktober 2012 wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin befinde sich seit dem 22. September 2010 in ambulanter Behandlung. Bisher hätten 24 Konsultationen stattgefunden. "Als Folge der seit frühster Kindheit erlittenen körperlichen und sexuellen Gewalt" zeige die Beschwerdeführerin "Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung mit vorherrschenden Symptomen von Hyperarousal (Einund Durchschlafstörungen mit nächtlichen Alpträumen und nächtlichem Aufschrecken, allgemeine Schreckhaftigkeit, Nervosität, Spannungsschmerzen), Intrusionen (Alpträume und Flashbacks)". Bereits im Alter von 13 und 15 Jahren habe sie "zwei Suizidversuche mit Tablettenintoxikation und Aufschneiden des Handgelenks gemacht". Die Suizidgedanken seien in den letzten Jahren "intermittierend" aufgetreten, und vor ungefähr drei Monaten habe sich die Beschwerdeführerin erneut am Handgelenk geschnitten. Der Erhalt des negativen Asylentscheides vom

          5. Oktober 2012 habe zu einer deutlichen Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes geführt; verstärkte Suizidgedanken, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit seien aufgetreten, und "im Falle einer Ausweisung" sei "ein erneuter Suizidversuch nicht auszuschliessen". Eine psychotherapeutische und medikamentöse Weiterbehandlung sei "dringend notwendig". Im Beistandschaft-Schlussbericht des J. vom

          1. April 2011 wird ausserdem dargelegt, die Beschwerdeführerin sei wegen einer Hepatitis C-Infektion in ärztlicher Behandlung gewesen. Zudem sei sie wegen psychischer Probleme in Behandlung. Bewegungstherapie sowie der Einsatz einer Kinderhütefrau hätten zu einer sichtlichen Entlastung geführt.

          Ungeachtet der Tatsache, dass die im ärztlichen Zeugnis erwähnten Erlebnisse körperlicher und sexueller Gewalt als nicht glaubhaft qualifiziert worden waren (vgl. oben Ziff. 4.2.2 der Erwägungen), fällt auf, dass die angeblich bereits in der Heimat bestandenen - psychischen Probleme von der Beschwerdeführerin weder anlässlich der Befragungen noch im späteren Verlauf des vorinstanzlichen Verfahrens vorgebracht worden waren. Es erscheint indessen durchaus nachvollziehbar, dass der Erhalt der ablehnenden BFM-Verfügung vom 5. Oktober 2012 zu einer vorübergehenden Verschlechterung des psychischen Zustandes der Beschwerdeführerin geführt hat. Seit der Einreichung des Zeugnisses der K. vom 17. Oktober 2012 wurden jedoch keine weiteren, aktuellen ärztlichen Berichte zu den Akten gegeben. Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Gesundheitszustand seither jedenfalls nicht weiter verschlechtert hat, welche Vermutung durch den Umstand bestärkt wird, dass die Beschwerdeführerin seit einem Jahr einer regelmässigen Erwerbstätigkeit in einem Restaurant nachgeht.

          Das Bundesverwaltungsgericht hat sich bereits wiederholt zur Frage der Behandelbarkeit psychischer Erkrankungen in der Mongolei geäussert, und diese Frage - gerade im Falle einer Herkunft aus Ulaanbaatar - in der Regel bejaht und den Vollzug als zumutbar erklärt, insbesondere, wenn die betroffene Person in der Heimat über konkrete persönliche Anknüpfungspunkte verfügt (vgl. etwa die Urteile D-4257/2008 vom 5. Oktober 2009 oder D-621/2010 vom 18. September 2012). Neben verschiedenen psychiatrischen Einrichtungen gibt es in Ulaanbaatar, der mutmasslichen Heimatstadt der Beschwerdeführerin, auch psychosoziale Rehabilitationszentren für Menschen mit psychischen Beschwerden sowie telefonische Beratungsstellen für Erwachsene; auch der Zugang zu Medikamenten ist grundsätzlich gewährleistet. Sodann ist bei einer Rückkehr auch nicht mit einer verfolgungsbedingten Retraumatisierung zu rechnen, zumal rechtskräftig festgestellt worden war, dass A. vor ihrer Ausreise keiner Verfolgung ausgesetzt war. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin - wie oben unter Ziff. 4.1 dargelegt wurde - ihre Mitwirkungspflicht verletzt hat und auch ihre Behauptung, in der Mongolei niemanden zu kennen, nicht geglaubt werden kann. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie in ihrer mutmasslichen Heimatstadt Ulaanbaatar über ein tragfähiges soziales und familiäres Beziehungsnetz verfügt. Unter diesen Umständen ist A. für eine Weiterbehandlung ihrer psychischen Probleme - sollte diese auch in Zukunft nötig sein - auf die entsprechenden Möglichkeiten im Heimatstaat zu verweisen.

          Nach dem Gesagten stehen die erwähnten psychischen Probleme einem Wegweisungsvollzug der Beschwerdeführerinnen nicht entgegen.

        2. Was die Situation alleinstehender Mütter in der Mongolei betrifft, so kann auf die zutreffenden und eingehenden Darlegungen in der BFMVerfügung vom 5. Oktober 2012 (S. 5) verwiesen werden. Überdies ist an

          dieser Stelle nochmals darauf hinzuweisen, dass A.

          sich wäh-

          rend ihres Aufenthaltes in der Schweiz Berufserfahrung im Gastgewerbe aneignen konnte, welcher Umstand ebenfalls dazu beitragen wird, dass die Beschwerdeführerinnen bei ihrer Rückkehr in die Mongolei nicht befürchten müssen, in eine ihre Existenz bedrohende Situation zu geraten.

        3. Schliesslich ist hinsichtlich der in der Stellungnahme vom 8. Juli

          2013 angebrachten Bemerkung, dem Kind B.

          komme bis zum

          Erreichen der Volljährigkeit "der spezielle Schutz für Minderjährige" zu, Folgendes festzuhalten: Auch wenn es sich bei der mittlerweile dreijährigen Tochter B. nicht um eine unbegleitete Minderjährige handelt, ist gemäss Art. 3 des Übereinkommens vom 20. August 1989 über die Rechte des Kindes (KRK, SR 0.107) im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung von Art. 83 Abs. 4 AuG das Kindeswohl als gewichtiger Aspekt mitzuberücksichtigen. Aus den Akten sind indessen keine Anhaltpunkte ersichtlich, dass der Wegweisungsvollzug das Wohl des Kindes B. gefährden könnte. So bestehen keine Hinweise auf allfällige gesundheitliche Beeinträchtigungen, und als Dreijährige ist B. noch keinesfalls dauerhaft in der Schweiz integriert; vielmehr ist davon auszugehen, dass einer erfolgreichen Integration des Kindes in der Mongolei nichts im Wege stehen dürfte.

      3. In Würdigung aller Umstände kann der Vollzug der Wegweisung daher sowohl in genereller als auch in individueller Hinsicht als zumutbar bezeichnet werden.

    2. Schliesslich obliegt es den Beschwerdeführerinnen, sich bei der zuständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG; BVGE 2008/34 E. 12 S. 513 ff.), weshalb der Vollzug der Wegweisung nicht als unmöglich zu bezeichnen ist (Art. 83 Abs. 2 AuG).

    3. Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich erachtet. Nach dem Gesagten fällt eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1 - 4 AuG).

5.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die Beschwerde ist demnach abzuweisen.

6.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten desselben den Beschwerdeführerinnen aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG und Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Das Bundesverwaltungsgericht bewilligte den Beschwerdeführerinnen am 5. November 2012 die unentgeltliche Prozessführung (Art. 65 Abs. 1 VwVG) unter Vorbehalt ihrer dannzumaligen finanziellen Verhältnisse und verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses. Nachdem die Beschwerdeführerin A. jedoch mittlerweile seit einem Jahr einer Erwerbstätigkeit in einem Restaurant in Bern nachgeht, kann nicht mehr von ihrer Bedürftigkeit ausgegangen werden. Es ist daher auf die Zwischenverfügung vom 5. November 2012 zurückzukommen und das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung abzuweisen. Die Verfahrenskosten sind auf Fr. 600.- festzusetzen.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es wird auf die Zwischenverfügung vom 5. November 2012 zurückgekommen und das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung (Art. 65 Abs. 1 VwVG) abgewiesen.

3.

Die Verfahrenskosten von Fr. 600 - werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

4.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerinnen, das BFM und die zuständige kantonale Behörde.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Martin Zoller Kathrin Mangold Horni

Versand:

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