Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung IV |
Dossiernummer: | D-2114/2010 |
Datum: | 06.12.2010 |
Leitsatz/Stichwort: | Aufhebung vorläufige Aufnahme (Asyl) |
Schlagwörter : | Beschwerde; Beschwerdeführers; Gericht; Recht; Schweiz; Bundes; Ehefrau; Urteil; Interesse; Wegweisung; Verfügung; Vollzug; Aufhebung; Kantons; Freiheit; Freiheitsstrafe; Vorinstanz; Kosovo; Kantonsgericht; Rechtsvertreter; Ausländer; Rück; Sinne |
Rechtsnorm: | Art. 187 StGB ;Art. 190 StGB ;Art. 20 StGB ;Art. 29 BV ;Art. 48 VwVG ;Art. 55 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 StGB ;Art. 65 VwVG ; |
Referenz BGE: | 122 II 433; 125 II 521; 134 II 1; 135 II 377 |
Kommentar: | - |
Abteilung IV
D-2114/2010/wi f
Besetzung
Parteien
Gegenstand
Richter Daniel Schmid (Vorsitz), Richter Markus König,
Richter Daniele Cattaneo; Gerichtsschreiberin Jacqueline Augsburger.
A._______ geboren [...], Kosovo,
vertreten durch lic. iur. Christian Affentranger, Rechtsanwalt, Rudolf & Bieri AG, [...], Beschwerdeführer,
gegen
Aufhebung der vorläufigen Aufnahme; Verfügung des BFM vom 2. März 2010 / N [...].
Der Beschwerdeführer, ein ethnischer Ashkali aus Z._______ (Koso - vo), verliess seine Heimat gemäss eigenen Angaben zusammen mit seiner Ehefrau B._______ (N [...]; D-5290/2010) am 1. Juni 2001 und reiste über Montenegro und ihm unbekannte Länder am 9. Juni 2001 illegal in die Schweiz ein, wo das Ehepaar am 11. Juni 2001 um Asyl nachsuchte. Zur Begründung machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, sie seien von den Albanern unterdrückt worden und hätten sich nicht frei bewegen können; er sei für seine Arbeit als Tagelöhner nicht immer bezahlt worden. Drei Tage vor der Ausreise hätten unbekannte Personen sie zu Hause überfallen, dabei wertvolle Sachen gestohlen und versucht, seine Frau zu vergewaltigen.
Mit Verfügung vom 12. September 2001 lehnte das BFM die Asyl gesuche des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau mangels Asylrelevanz (Art. 3 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31]) und wegen Unglaubhaftigkeit der Verfolgungsvorbringen (Art. 7 AsylG) ab. Gleichzeitig ordnete die Vorinstanz wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs die vorläufige Aufnahme des Ehepaars in der Schweiz an. Diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Mit Urteil vom 11. Juni 2008 sprach das Kantonsgericht Y. ____ den Beschwerdeführer der qualifizierten Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom
21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0) in Verbindung mit Art. 200 StGB sowie der qualifizierten sexuellen Handlungen mit einem Kind im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 200 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren. Das Strafgericht erklärte 18 Monate unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 122 Tagen als vollziehbar und schob den Vollzug der übrigen 18 Monate bei einer Probezeit von drei Jahren auf. Das Obergericht des Kantons Y. ____ wies mit Urteil vom 23. April 2009 die gegen das erstinstanzliche Urteil erhobene Appellation des Beschwerdeführers ab. Mit Urteil 6B_884/2009 vom 14. Dezember 2009 wies die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts die vom Beschwerdeführer gegen das Obergerichtsurteil erhobene Beschwerde in Strafsachen ab.
Mit Schreiben vom 7. Januar 2010 beantragte die zuständige Behörde des Kantons Y. ____ beim BFM die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau gestützt auf das in Rechtskraft erwachsene Urteil des Kantonsgerichts Y. ____ vom
11. Juni 2008.
Am [...] Januar 2010 trat der Beschwerdeführer im [...]gefängnis Y. ___ in X._______ seine Freiheitsstrafe an.
Mit Schreiben vom 27. Januar 2010 gewährte das BFM dem Beschwerdeführer das rechliche Gehör im Hinblick auf eine eventuelle Aufhebung der vorläufigen Aufnahme. Zur Begründung wies es auf die mit dem Bundesgerichtsurteil vom 14. Dezember 2009 in Rechtskraft erwachsene, vom Kantonsgericht Y. ____ ausgesprochene teil bedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren hin. Der Beschwerdeführer er - hielt Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme bis am 19. Februar 2010.
Mit Eingabe vom 19. Februar 2010 nahm der Rechtsvertreter des Be - schwerdeführers Stellung zur vom Bundesamt beabsichtigten Aufhebung der vorläufigen Aufnahme. Er führte im Wesentlichen an, bei der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Vergewaltigung handle es sich eindeutig um ein Fehlurteil, weshalb daraus nicht auf eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch seinen Mandan - ten geschlossen werden dürfe und kein öffentliches Interesse an einer Wegweisung desselben bestehe. Dieser führe eine intakte und har monische Beziehung mit seiner Ehefrau; beide seien in der Schweiz, in der sie seit bald zehn Jahren lebten, bestens integriert und seit neun Monaten nicht mehr vom Sozialamt abhängig. Gemäss einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Boultif gegen die Schweiz, Urteil vom 2. August 2001) sei das Verhalten eines Verurteilten während des Strafvollzuges sowie nach der vorzeitigen Entlassung zu berücksichtigen, weshalb es nicht angezeigt sei, eine Wegweisung zu verfügen, bevor die Strafe vollzogen sei. Die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme seines Mandanten sei unverhältnismässig. Mit der Stellungnahme reichte der Rechtsvertreter zwei Berichte einer Integrationsbegleiterin sowie einen Arbeitsvertrag des Beschwerdeführers vom 29. Mai 2009 und einen undatierten Anstellungsvertrag von dessen Ehefrau (Vertragsbeginn: 1. Januar 2010) zu den Akten.
Aufgrund des mit Urteil des Bundesgerichts vom 14. Dezember 2009 in Rechtskraft erwachsenen Urteils des Kantonsgerichts Y. ____ vom 11. Juni 2008 hob das BFM mit Verfügung vom 2. März 2010 - er - öffnet am 4. März 2010 - die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers auf, ordnete den Vollzug der Wegweisung unverzüglich nach Beendigung des Strafvollzugs an und entzog gestützt auf Art. 55 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) einer allfälligen Be schwerde gegen diese Verfügung die aufschiebende Wirkung. Die Vorinstanz sah den Aufhebungsgrund von Art. 83 Abs. 7 Bst. a des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) aufgrund der Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer teilbedingten dreijährigen Freiheitsstrafe als gegeben an. Die qualifizierte Vergewaltigung sowie die qualifizierten sexuellen Handlungen mit einem Kind seien äusserst verwerflich und beträfen ein wert - volles Rechtsgut, weshalb ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers von der Schweiz bestehe.
Weder das erstinstanzliche Urteil des Kantonsgerichts Y. ____ vom
11. Juni 2008, noch das zweitinstanzliche Urteil des Obergerichts des Kantons Y. ___ vom 23. April 2009 fanden sich in den Akten der Vorinstanz.
Mit ergänzender Eingabe vom 3. März 2010, welche sich mit der Verfügung des BFM vom 2. März 2010 kreuzte und daher in dieser nicht be - rücksichtigt wurde, verneinte der Rechtsvertreter unter Hinweis auf di - verse Medienberichte und einen Bericht der Schweizerischen Flücht - lingshilfe (SFH) vom 21. September 2009 zur Rückführung von Roma nach Kosovo die Zumutbarkeit einer Rückkehr seines zur Minderheit der Ashkali gehörenden Mandanten.
Mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 31. März 2010 er hob der Beschwerdeführer gegen die Verfügung des BFM vom 2. März 2010 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er beantragte, es sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und von einer Aufhebung der vorläufigen Aufnahme abzusehen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersuchte er um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gemäss Art. 55 Abs. 3 VwVG sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 und 2 VwVG.
Zur Begründung brachte der Rechtsvertreter im Wesentlichen vor, aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe sei der Aufhebungsgrund von Art. 83 Abs. 7 Bst. a AuG zwar erfüllt. Eine Aufhebung der vorläufigen Aufnahme sei jedoch unverhältnismässig, da das private Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz das öffentliche Interesse an seiner Wegweisung überwiege.
Das Kantonsgericht Y. ____ habe in seinem Urteil vom 8. Juni 2008 eine Rückfallgefahr des Beschwerdeführers verneint, weshalb davon auszugehen sei, dass dieser keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Schweiz darstelle und das öffentliche Interesse an seiner Fernhaltung als gering einzustufen sei. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau hätten sich überdurchschnittlich gut in der Schweiz integriert, was auch aus den beiliegenden Empfehlungsschreiben her - vorgehe, und sie würden seit bald zehn Jahren hier leben. Die Ehefrau sei in engmaschiger ärztlicher Behandlung, um ihre Kriegs erfahrungen zu verarbeiten, und eine adäquate Behandlung sei in Kosovo nicht möglich. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kosovo sei nicht nur aufgrund der persönlichen Verhältnisse nicht zumutbar, sondern auch aufgrund der äusserst kritischen Lage für Rückkehrer, welche den Minderheiten der Ashkali beziehungsweise Roma angehörten, doch habe sich das BFM in der angefochtenen Verfügung zu dieser Thematik nicht geäussert. Aus diesen Gründen sei das private Inte resse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz als hoch einzustufen.
Der Rechtsvertreter beanstandet ferner, die Vorinstanz habe sich nicht mit der Argumentation des Beschwerdeführers (in der Stellungnahme vom 19. Februar 2010, siehe Sachverhalt Bst. G) auseinandergesetzt, wonach die Wegweisung eines Verurteilten nicht verfügt werden dürfe, bevor die Strafe vollzogen sei.
Als Beschwerdebeilagen fanden Kopien folgender Dokumente Eingang in die Akten: Zwei Empfehlungsschreiben vom 21. März 2010 und vom
29. März 2010, ein Schreiben der [...] Y. ____ vom 24. März 2010, ein Lebenslauf des Beschwerdeführers, ein hausärztliches Zeugnis
vom 24. März 2010 dessen Ehefrau betreffend sowie eine Medienmitteilung der SFH vom 17. Februar 2010 zu Zwangsrückschaffungen von Roma nach Kosovo.
Mit Schreiben vom 9. März 2010 gewährte das BFM der Ehefrau des Beschwerdeführers das rechliche Gehör im Hinblick auf eine even tuelle Aufhebung ihrer vorläufigen Aufnahme. Zur Begründung führte das Bundesamt an, Kosovo sei heute auch für Angehörige ethnischer Minderheiten ein sicheres Land, und die vorläufige Aufnahme ihres Ehemannes sei am 2. März aufgehoben worden. Abklärungen hätten ergeben, dass sie in W. _____/Z._______ über ein grosses soziales Be - ziehungsnetz verfüge und ausserdem ein Grundstück und zahlreiche Immobilien in W. _____ in Familienbesitz seien, weshalb es ihr und ihrem Ehemann möglich sein sollte, dort eine wirtschaftliche Lebensgrundlage aufzubauen. Die der Ehefrau des Beschwerdeführers bis am 31. März 2010 angesetzte Frist zur schriftlichen Stellungnahme liess diese ungenutzt verstreichen.
Mit Zwischenverfügung vom 4. Mai 2010 hiess der zuständige Instruktionsrichter das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gut und stellte fest, der Beschwerdeführer könne den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten. Das Ge - such um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG hiess der Instruktionsrichter ebenfalls gut, auf die Erhebung eines Kostenvorschusses verzichtete er, und das Gesuch um Beiordnung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes wies er indessen ab.
Mit Zwischenverfügung vom 14. Juni 2010 lud der Instruktionsrichter die Vorinstanz zur Vernehmlassung ein. Dabei forderte er das Bundes - amt auf, zur Frage der Familieneinheit gemäss Art. 44 Abs. 1 AsylG Stellung zu nehmen, die Urteile des Kantonsgerichts Y. ____ vom
11. Juni 2008 und des Obergerichts des Kantons Y. ____ vom
23. April 2009 zu den vorinstanzlichen Akten zu nehmen und zu er läutern, weshalb es sich in der angefochtenen Verfügung nicht mit den Er - wägungen (Schwere des Verschuldens) der Strafgerichtsbehörden auseinandergesetzt hatte.
In seiner Vernehmlassung vom 29. Juni 2010 beantragte das BFM die Abweisung der Beschwerde. Es argumentierte, die Familieneinheit beim Wegweisungsvollzug werde dadurch gewahrt, dass die vorläufige Aufnahme der Ehefrau des Beschwerdeführers mit Verfügung vom
28. Juni 2008 nun ebenfalls aufgehoben worden sei. Die Vorinstanz edierte die beiden Gerichtsurteile und räumte ein, dass gemäss Kan - tonsgericht Y. ____ keine Anhaltspunkte für ein offensichtliches Rückfallrisiko ersichtlich seien und die Prognose nicht ungünstig aus - falle. Das Bundesgericht (BGE 125 II 521 E. 4a/aa S. 526 f.; 122 II 433
E. 2c S. 436 f.) verfolge aber insbesondere bei Delikten gegen die kör - perliche und sexuelle Integrität eine strenge Praxis, so dass selbst ein geringes Rückfallrisiko nicht hingenommen werden müsse. Ein Wohlverhalten im Strafvollzug habe praxisgemäss nur eine unter geordnete Bedeutung. Der Beschwerdeführer sei zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt worden und habe zudem gegen die öffentliche Si - cherheit und Ordnung verstossen (Art. 83 Abs. 7 lit. a und lit. b AuG). Durch seine Straftat habe er eine besonders ausgeprägte Geringschätzung für die schweizerische Rechtsordnung und insbesondere für die physische, psychische und sexuelle Integrität anderer Menschen demonstriert. Sexuelle Handlungen mit einem Kind seien gemäss bun - desgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 122 II 433 E. 2c. S. 436; 2A.404/2000) als schwere Straftaten zu werten; bei solchen Straftaten bestehe ein wesentliches öffentliches Interesse an einer Wegweisung. Das Kantonsgericht Y. ____ habe sodann nur einen teilweisen Aufschub der Freiheitsstrafe angeordnet, um dem schweren Verschulden des Beschwerdeführers gerecht zu werden. Die günstige Prognose än - dere nichts daran, dass er ein schwer wiegendes Verbrechen begangen habe und sich daher nicht auf die Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs berufen könne.
Mit Instruktionsverfügung vom 3. August 2010 kündigte der Instruktionsrichter (mit Hinweis auf die Zwischenverfügung vom 27. Juli 2010
i.S. D-5290/2010) die koordinierte Behandlung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens mit demjenigen der Ehefrau des Beschwerdeführers (D-5290/2010) an und gab Letzterem Gelegenheit zur Replik zur vorinstanzlichen Vernehmlassung.
In seiner Replik vom 13. August 2010 beantragte der Rechtsvertreter
des Beschwerdeführers nochmals, die Verfügung vom 2. März 2010 sei aufzuheben und von einer Aufhebung der vorläufigen Aufnahme sei abzusehen. Die Ausführungen der Vorinstanz bestritt er pauschal, soweit sie der eigenen Darstellung widersprächen und nicht ausdrück - lich Zugaben erfolgten. Art. 83 Abs. 7 Bst. a AuG sei unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips anzuwenden, wobei im vorliegenden Fall das private Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz gegenüber dem öffentlichen Interesse der Schweiz an dessen Fernhaltung überwiege. Zur Begründung verwies der Rechtsvertreter auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift vom 31. März 2010, an denen er vollumfänglich festhielt.
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 VwVG) des BFM (Art. 112 Abs. 1 AuG i.V.m Art. 31-33 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. c
Ziff. 3 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG,
SR 173.110]).
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht; der Be - schwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 112 Abs. 1 AuG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48 Abs. 1 VwVG, Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Mit Beschwerde können die Verletzung von Bundesrecht, die un - richtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sach - verhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 112 Abs. 1 AuG i.V.m. Art. 49 VwVG).
Am 1. Januar 2008 trat das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) in Kraft; gleich zeitig wurde das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, BS 1 121) aufgehoben (vgl.
Art. 125 i.V.m. Anhang Ziff I AuG). Gemäss der Übergangsbestimmung von Art. 126a Abs. 4 AuG gilt - unter Vorbehalt der Absätze 5 bis 7 - für Personen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung vom
16. Dezember 2005 des AsylG sowie des AuG vorläufig aufgenommen sind, neues Recht. Der Beschwerdeführer wurde vom BFM mit Verfügung vom 12. September 2001 gestützt auf Art. 44 Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 14a ANAG vorläufig aufgenommen. Aufgrund der übergangsrechtlichen Regelung gemäss Art. 126a Abs. 4 AuG ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren daher das AuG anwendbar.
Das BFM kann gemäss Art. 84 Abs. 3 AuG auf Antrag der kantonalen Behörden oder des Bundesamtes für Polizei eine wegen Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs angeordnete vorläufige Aufnahme aufheben und den Vollzug der Wegweisung anordnen, wenn Gründe nach Art. 83 Abs. 7 AuG gegeben sind.
Art. 83 Abs. 7 AuG zählt in seinen Bst. a-c die Voraussetzungen abschliessend auf, bei deren Vorliegen eine vorläufige Aufnahme nach Art. 83 Abs. 2 und 4 AuG nicht verfügt respektive - gestützt auf Art. 84 Abs. 3 AuG - eine bereits rechtskräftig angeordnete vorläufige Aufnahme aufgehoben wird. Demnach wird die vorläufige Aufnahme nicht angeordnet respektive aufgehoben, wenn die wegoder ausgewiesene Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe im Inoder Ausland verurteilt wurde oder wenn gegen sie eine strafrechtliche Massnahme im Sinne von Art. 64 oder 61 StGB angeordnet wurde (Bst. a), wenn sie erheblich oder wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder äussere Sicherheit gefährdet (Bst. b), oder wenn sie die Unmöglichkeit des Vollzugs der Wegoder Aus weisung durch ihr eigenes Verhalten verschuldet hat (Bst. c).
Die Bestimmungen von Art. 83 Abs. 7 Bst. a und b AuG stimmen inhaltlich im Wesentlichen mit denjenigen von Art. 62 Bst. b und c AuG überein, welche die allgemeinen Voraussetzungen des Widerrufs von Bewilligungen oder anderen Verfügungen nach diesem Gesetz regeln.
Im angefochtenen Entscheid hob das BFM die vorläufige Aufnahme auf Antrag der zuständigen Behörde des Kantons Y. ____ gestützt auf Art. 83 Abs. 7 Bst. a AuG auf, da der Beschwerdeführer we - gen qualifizierter Vergewaltigung eines Kindes im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 200 StGB sowie der qualifizierten sexuellen
Handlungen mit einem Kind im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
i.V.m. Art. 200 StGB zu einer teilbedingten dreijährigen Frei heitsstrafe verurteilt worden war. In der Vernehmlassung vom 29. Juni 2010 sah die Vorinstanz auch Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG als erfüllt an.
Von einer längerfristigen Freiheitsstrafe im Sinne von Art. 62 Bst. b AuG - und damit auch von Art. 83 Abs. 7 Bst. a AuG - ist gemäss neuster bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr auszugehen (BGE 135 II 377 E. 4.2 und E. 4.5); dies unabhängig davon, ob die Strafe bedingt, teilbedingt oder unbedingt zu vollziehen ist (Urteil des Bundesgerichts 2C.515/2009 vom 27. Januar 2010 E. 2.1). Die Vorinstanz bejahte im vorliegenden Fall demnach zu Recht die Anwendbarkeit von Art. 83 Abs. 7 Bst. a AuG wegen der Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer dreijährigen, teilbedingten Freiheitsstrafe, was im Übrigen - im Gegensatz zur Eingabe vom 19. Februar 2010, wo noch von einem Fehlurteil die Rede war (vgl. Sachverhalt Bst. G) - auf Beschwerde - ebene nicht mehr bestritten wird.
Im Weiteren sind vorliegend auch die Voraussetzungen von Art. 83 Abs. 7 Bst. b AuG erfüllt. Der Beschwerdeführer hat durch die qualifizierte Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 200 StGB sowie die qualifizierten sexuellen Handlungen mit einem Kind im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 200 StGB besonders wertvolle Rechtsgüter (sexuelle Freiheit beziehungsweise Selbstbestimmung sowie ungestörte Entwicklung von Unmündigen) verletzt beziehungsweise gefährdet, weshalb auch in Berücksichtigung der (teil-) bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe eine schwerwiegende Verletzung und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegen.
Zu prüfen bleibt, ob die Aufhebung der vorläufigen Aufnahme mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip im Einklang steht. Dieses Prinzip bil - det einen allgemeinen Grundsatz staatlichen Handelns (vgl. Art. 5 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]) und wird für den vorliegend relevanten Rechtsbereich durch Art. 96 Abs. 1 AuG konkretisiert, wonach die zuständigen Behörden bei der Ermessensausübung die öffentlichen Interessen und die persönlichen Verhältnisse sowie den Grad der Integration der Ausländerinnen und Ausländer zu berücksichtigen haben.
In diesem Sinne wurden bereits die früheren Bestimmungen von Art. 10 Bst. a und Art. 14a Abs. 6 aANAG, welche durch die vorstehend in E. 2.2 genannten neuen Bestimmungen des AuG abgelöst wurden, durch die massgebliche Rechtsprechung ausgelegt.
So hat die - in BVGE 2007/32 bestätigte und daher weiterhin gültige - Praxis der Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) bei der Anwendung von Art. 14a Abs. 6 aANAG eine Abwägung zwischen den Interessen des Ausländers oder der Ausländerin an einem Verbleib in der Schweiz und denjenigen der Schweiz an einer Wegweisung vorausgesetzt und dabei die Interessen des Staates am Schutz vor Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder deren schwerwiegender Verletzung eingeschränkt. Die Ausschlussklausel von Art. 14a Abs. 6 aANAG sei mit Zurückhaltung und insbesondere unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips anzuwenden (vgl. BVGE 2007/32 E. 3.2 sowie Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2006 Nr. 30 E. 6,
EMARK 2006 Nr. 23 E. 8.3, EMARK 2006 Nr. 11 E. 7.2, EMARK 2004
Nr. 39 E. 5.3, EMARK 2003 Nr. 3 E. 3a).
Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Art der begangenen Delikte beziehungsweise der dadurch verletzten Rechts güter, die Schwere des Verschuldens, die Dauer der Anwesenheit des Ausländers oder der Ausländerin in der Schweiz sowie die dieser Person und ihrer Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (vgl. EMARK 2006 Nr. 23 E. 8.3.1, EMARK 2004 Nr. 39 E. 5.2). Steht nicht
der Ausschluss von der vorläufigen Aufnahme, sondern die Aufhebung derselben zur Diskussion, wird auf Seiten des Ausländers oder der Ausländerin im Rahmen der Interessenabwägung namentlich der Dauer der Anwesenheit in der Schweiz sowie den mit dem Vollzug der Wegweisung allenfalls verbundenen persönlichen und familiären Nachteilen ein vergleichsweise hoher Stellenwert beizumessen sein (vgl. EMARK 2006 Nr. 23 E. 8.3.1 und 8.3.3, EMARK 2006 Nr. 11 E. 7.2.3
S. 128).
Auch das Bundesgericht setzt in seiner Rechtsprechung zu Art. 62 f. AuG - in Fortführung der Praxis zur Ausweisung nach dem vormaligen Art. 10 Bst b aANAG - für die Anwendung dieser Bestimmung eine Interessenabwägung voraus, was bedeutet, dass die Mass - nahme nach den gesamten Umständen angemessen respektive verhältnismässig sein muss. In seiner aktuellsten publizierten Rechtsprechung hält das Bundesgericht diesbezüglich unter Hinweis auf Art. 96 Abs. 1 AuG fest, im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung seien namentlich die Schwere des Verschuldens, der Grad der Integration beziehungsweise die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die der betroffenen Person und ihrer Familie drohenden Nach teile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381, BGE 134 II 1 E. 2.2 S. 3 m.w.H.).
Daraus ergibt sich, dass bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit (weiterhin) nicht von einer schematischen Betrachtungs weise auszugehen, sondern auf die gesamten Umstände des Einzelfalles abzustellen ist.
Der Rechtsvertreter bringt vor, das Kantonsgericht habe eine Rückfallgefahr verneint, weshalb der Beschwerdeführer keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Schweiz darstelle und das öffentliche Interesse an einer Fernhaltung als gering einzustufen sei. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer rechtskräftig zu einer längerfristigen Strafe verurteilt wurde und dabei im Weiteren erheblich gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen hat, lässt per se das öffentliche In - teresse am Wegweisungsvollzug und somit an der Aufhebung der vorläufigen Aufnahme des Beschwerdeführers als gewichtig erscheinen.
Den Erwägungen im Urteil der [...] des Kantonsgerichts Y. ___ vom 11. Juni 2008 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer [Zeitpunkt des Delikts] auf einem öffentlichen [Ort des Geschehens] in V. _____ im Zusammenwirken mit einem Kollegen das damals fünfzehnjährige Opfer durch Anwendung von Gewalt zur Dul - dung des Geschlechtsverkehrs nötigte. [Weitere Angaben zum Tathergang).
Das Strafgericht folgte bei der Strafzumessung dem Antrag der Staatsanwaltschaft (vgl. S. 28 f.) und blieb mit der ausgesprochenen dreijährigen Freiheitsstrafe zwar deutlich unter der möglichen Höchststrafe von 15 Jahren. In der Urteilsbegründung beurteilte das Gericht das Verschulden des Beschwerdeführers jedoch als objektiv und sub - jektiv schwer. Es stellte eine planmässige, "kaltblütige Vorgehensweise" und einen "erheblichen kriminellen Willen", egoistische Motive und ein "verwerfliches Bestreben nach hemmungsund rücksichtsloser Be - friedigung seines Sexualtriebes" fest. Als strafmindernd berücksichtigte das Gericht die kurze zeitliche Dauer des strafbaren Verhaltens, die
lange Verfahrensdauer, die schwierige Jugendzeit des Angeklagten sowie fehlende Vorstrafen (vgl. S. 101 ff.).
Beim Entscheid über die Gewährung des bedingten Strafvollzugs hielt das Gericht fest, dass nach altem Recht für den Strafaufschub eine günstige Prognose erforderlich war, nach neuem Recht nunmehr das Fehlen einer ungünstigen Prognose genügt. Es hielt dem Beschwerdeführer zugute, dass er nicht vorbestraft war und nach sei - ner Entlassung aus der Untersuchungshaft die ihm auferlegten strengen Meldepflichten stets korrekt befolgt hatte. Das Gericht vermochte keine Anhaltspunkte zu erkennen, die auf ein offensichtliches Rück fallrisiko hindeuten und stellte fest, dass eine ungünstige Prognose fehlt (vgl. S. 105 f.). Um dem schweren Verschulden des Beschwerdeführers gerecht zu werden, ordnete es jedoch nur einen teilweisen Aufschub der Freiheitsstrafe an (vgl. S. 107). Angesichts der günstigen Prognose und der seit der Tat verstrichenen Zeit setzte es die Pro bezeit auf drei Jahre an (vgl. S. 107).
In der Stellungnahme ans BFM vom 19. Februar 2010 zur be absichtigten Aufhebung der vorläufigen Aufnahme liess der Beschwerdeführer geltend machen, bei der Verurteilung wegen Vergewaltigung handle es sich um ein Fehlurteil. Der Eingabe lagen zwei Schreiben einer Integrationsbegleiterin bei. Diese brachte im Schreiben vom
20. Februar 2010 an den Rechtsvertreter ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführer unschuldig sei, und bat jenen um eine Einschätzung der Chancen einer Revision. Gemäss Urteil des Bundesgerichts vom 14. Dezember 2009 erschöpfte sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Y. ____ in einer blossen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil und beschränkte sich darauf, die eigene Sichtweise der Verhältnisse darzulegen und einzelne angebliche Diskrepanzen im Aussageverhalten der Geschädigten darzustellen (vgl. Urteil des Bundesgerichts a.a.O. E. 2.4 S. 4). Mit der Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht vom 31. März 2010 liess er sodann ein am
29. März 2010 datiertes Empfehlungsschreiben einreichen, in welchem ein Gefängnisseelsorger aus dem [...]gefängnis in X._______ schrieb, er könne sich nur schwer vorstellen, dass der Beschwerdeführer die Tat, die ihm vorgeworfen werde, wirklich begangen habe. Aus der gleichsamen Verharmlosung seines Fehlverhaltens und der Verunglimpfung des Opfers ist zu schliessen, dass es dem Beschwerdeführer bis
heute an der Einsicht in das Unrecht seiner höchstinstanzlich rechts - kräftig abgeurteilten Tat fehlt.
Den Akten ist als Vollzugsende der Gefängnisstrafe der [...] März 2011 zu entnehmen (vgl. B2/2 S. 1). Hinweise auf eine vorzeitige Ent - lassung aus dem Strafvollzug bestehen nicht. Zum Verhalten des Be - schwerdeführers im Strafvollzug liegt kein offizieller Vollzugsbericht der Strafanstalt vor. Das mit der Beschwerde eingereichte Schreiben eines Sozialarbeiters der [...] Y. ___ vom 24. März 2010 enthält zum einen keine Aussagen zum Verhalten des Beschwerdeführers im Strafvollzug und stützt sich zum anderen ausschliesslich auf dessen eigene Angaben, welche zum Teil offensichtlich tatsachenwidrig sind. So trifft es beispielsweise - wie nachstehend (vgl. E. 4.3.1) zu zeigen sein wird - nicht zu, dass der Beschwerdeführer während seines neunjährigen Aufenthalts in der Schweiz immer erwerbstätig gewesen und hier integriert sei.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer gemeinsam mit einem Mittäter begangene Straftat und sein Verschulden offensichtlich schwer wiegen. Erschwerend kommt sodann hinzu, dass es dem Beschwerdeführer bis heute an der Ein sicht ins Unrecht seiner Tat fehlt und er keine Reue zeigt. Aus diesen Gründen besteht ein erhebliches öffentliches Interesse am Vollzug der Weg weisung.
Dem öffentlichen Interesse am Wegweisungsvollzug sind die pri - vaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz gegenüberzustellen.
Dieser bringt zu seinen Gunsten die lange Anwesenheitsdauer in der Schweiz vor und macht geltend, er und seine Ehefrau seien "bestens" beziehungsweise "überdurchschnittlich gut" integriert (vgl. Sachverhalt Bst. G und J). Eine lange Aufenthaltsdauer in der Schweiz kann ein Indiz für eine fortgeschrittene Integration darstellen, was nach den vorstehenden Ausführungen (vgl. E. 4.1.4) für die erforderliche Interessenabwägung zu berücksichtigen ist. Der Beschwerdeführer hält sich zusammen mit seiner Ehefrau nunmehr seit über neun Jahren in der Schweiz auf. Aus den Akten sind allerdings keine kon kreten Anhaltspunkte für eine der langen Anwesenheitsdauer ent sprechende, fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers (und seiner Ehefrau) ersichtlich. Der Beschwerdeführer - ein junger, gesunder Mann - hat keine besonderen Anstrengungen unternommen, sich dauerhaft in die hiesige Arbeitswelt zu integrieren und sich wirtschaftlich selbst zu erhalten. Der eingereichte Lebenslauf des Beschwerdeführers ist lückenhaft, und es liegt kein einziges Arbeits zeugnis vor. Er war nur gelegentlich als Hilfsarbeiter und jeweils nur während einiger Monate am Stück erwerbstätig, so dass das Ehepaar während des überwiegenden Teils seiner Anwesenheit in der Schweiz von Sozialhilfe abhängig war - eine Tatsache, die er selbst einräumt, wenn er in der Eingabe vom 19. Februar 2010 ans BFM (aus seiner Sicht allerdings zu seinen Gunsten) darlegt, "seit neun Monaten nicht mehr vom Sozialamt abhängig" zu sein (vgl. Sachverhalt Bst. G). Aus den im Zu - sammenhang mit dem Gesuch der Ehefrau des Beschwerdeführers um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege eingereichten Unterlagen geht überdies hervor, dass diese nach wie vor beziehungsweise wieder von der öffentlichen Hand unterstützt wird.
Zur Untermauerung seiner Integration reichte der Beschwerdeführer diverse Schreiben zu den Akten. Die wiederholte Teilnahme des Ehepaars [...] an Anlässen eines interkulturellen Projektes sowie die ein - malige Tätigkeit als [...] (vgl. Schreiben vom 21. März 2010) belegen jedoch noch keine fortgeschrittene soziale Integration. Das Empfehlungsschreiben eines Sozialarbeiters der [...] Y. ___ vom 24. März 2010 stützt sich auf aktenwidrige Angaben des Beschwerde führers, trifft es doch keineswegs zu, dass dieser in den neun Jahren seiner Anwesenheit in der Schweiz immer gearbeitet habe (vgl. E. 4.2.5 hievor). Auch das der Eingabe vom 19. Februar 2010 beigelegte Empfehlungsschreiben vom 12. Februar 2010 der oben bereits erwähnten Integrationsbegleiterin (vgl. E. 4.2.4) scheint überwiegend auf münd lichen Angaben des Beschwerdeführers zu beruhen, finden die vielfältigen geltend gemachten Engagements für das Amt für Asyl sowie seine Arbeitswilligkeit doch keinerlei Bestätigung in den Akten.
Die vorstehend in E. 4.2.4 dargelegte fehlende Reue und Einsicht des Beschwerdeführers in das Unrecht seiner Tat sowie die Verunglimpfung des Vergewaltigungsopfers lassen zudem darauf schliessen, dass er auch nach fast zehnjährigem Aufenthalt weder mit den hiesi - gen Wertvorstellungen und Gepflogenheiten, noch mit der geltenden Rechtsordnung vertraut ist. Auch ein allfälliges Wohlverhalten im Strafvollzug vermag an dieser Tatsache nichts zu ändern (siehe dazu auch nachfolgend E. 4.5) und stellt ausserdem noch keine gelungene Inte - gration in die hiesige Gesellschaft dar. Die genannten Schreiben vermögen daher an der offensichtlich fehlenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Integration des Beschwerdeführers (und seiner Ehe - frau) nichts zu ändern.
Sodann wird der Beschwerdeführer abgesehen von einer Schwester in der Schweiz keine Angehörigen mehr haben, von welchen er durch die Rückkehr nach Kosovo getrennt werden würde. Das BFM hob mit Verfügung vom 28. Juni 2010 die vorläufige Aufnahme der Ehefrau des Beschwerdeführers wegen Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs an den gemeinsamen Wohnort in Kosovo auf und ordnete den Vollzug gleichzeitig mit demjenigen des Beschwerdeführers nach dessen Strafverbüssung an. Da mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts D-5290/2010 heutigen Datums die Beschwerde der Ehefrau betreffend Aufhebung der vorläufigen Aufnahme letzt instanzlich ebenfalls abgewiesen wird, ist ein gleichzeitiger koordinierter Wegweisungsvollzug des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau gewährleistet. Damit bleibt auch der Grundsatz der Einheit der Familie nach Art. 44 Abs. 1 AsylG gewahrt.
Schliesslich sind die persönlichen Nachteile, die der Beschwerdeführer als Folge der Wegweisung nach Kosovo zu gewärtigen hat, nicht als derart schwerwiegend zu bezeichnen, dass sie gemessen am öffentlichen Interesse am Vollzug der Wegweisung als übermässig erscheinen würden. Der Beschwerdeführer hat seine gesamte Kindheit in Kosovo verbracht; er kam im Alter von fast 22 Jahren zusammen mit seiner Ehefrau in die Schweiz. Wie vorstehend in E. 4.3.1 aufgezeigt, hat er als junger und gesunder Mann während des über neunjährigen Aufenthalts in der Schweiz zusammen mit seiner Ehefrau keine wirt - schaftlich eigenständige Existenz aufzubauen und sich auch gesell - schaftlich nicht der langen Anwesenheitsdauer entsprechend zu integrieren vermocht. Bei dieser Sachlage ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei einem Wegweisungsvollzug aus einem besonders engen Beziehungsfeld herausgerissen würde und damit eine nicht zu vertretende persönliche Härte vorläge. In seiner Herkunfts - region hingegen verfügen er und seine Ehefrau nach wie vor über ein intaktes familiäres Beziehungsnetz, wobei das Ehepaar zweifellos einen tieferen Lebensstandard hinnehmen müssen wird (vgl. die im Rahmen des Aufhebungsverfahrens gegen die Ehefrau durch das Verbindungsbüro in Pristina am 22. Februar 2010 vorgenommenen Abklärungen vor Ort, N [...] act. C2). Das Vorbringen, die Ehefrau des Beschwerdeführers sei in engmaschiger psychiatrischer Behandlung, deren Fortführung in Kosovo nicht gewährleistet sei, wird mit Urteil
D-5290/2010 heutigen Datums des Bundesverwaltungsgerichts wider - legt (vgl. a.a.O. E. 4.2.4).
Der Beschwerdeführer argumentiert, das Kantonsgericht Y. ___ habe in seinem Urteil vom 8. Juni 2008 eine Rückfallgefahr verneint, weshalb dieser keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Schweiz darstelle und das öffentliche Interesse an einer Fernhaltung als gering einzustufen sei. Dazu ist festzuhalten, dass das Kantonsgericht die nicht ungünstige Prognose im Rahmen der Ge - währung eines teilweisen Strafaufschubs berücksichtigt hat. Die Prog - nose bildet sodann nur ein Element in der bei der Verhältnis mässigkeitsprüfung gebotenen Interessenabwägung und vermag im vorliegenden Fall die oben dargelegte Schwere der Tat und des Verschuldens sowie die fehlende Integration des Beschwerde führers in die hiesige Gesellschaft nicht aufzuwiegen.
Auch dem Vorbringen des Rechtsvertreters des Beschwerde führers, die Verhältnismässigkeit einer Wegweisung dürfe erst nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe geprüft werden, weil das Verhalten eines Verurteilten während des Strafvollzugs und einer gewissen Zeit nach der vorzeitigen Entlassung zu berücksichtigen sei, kann nicht gefolgt werden. Ein allfälliges Wohlverhalten im Strafvollzug und nach der Entlassung lässt zum einen keine Rückschlüsse auf das künftige Verhalten in Freiheit zu und ändert zum anderen nichts an der Schwere der Tat und des Verschuldens des Beschwerdeführes sowie an seiner fehlenden Integration. Der Einwand des Rechtsvertreters, die Vorinstanz habe sich vor Erlass der Verfügung nicht mit dieser Argumentation be - fasst (vgl. Sachverhalt Bst. G und J), geht somit ins Leere.
Der Beschwerdeführer bringt sodann vor, der Vollzug der Wegweisung nach Kosovo sei aufgrund der äusserst kritischen Lage für Rückkehrer, welche der Minderheit der Ashkali angehörten, nicht zumutbar. Hierzu ist zum einen festzustellen, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil D-5290/2010 heutigen Datums die in der Verfügung vom 28. Juni 2010 angeordnete Aufhebung der vorläufigen Aufnahme der Ehefrau des Beschwerdeführers stützt, deren dagegen erhobene Beschwerde abweist und in Fortführung der diesbezüglichen Praxis nach einer Einzelfallprüfung die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs einer Ashkali an ihren Herkunftsort in Kosovo bejaht (vgl. Urteil D-5290/2010 a.a.O. E. 4.2.2). Zum anderen kann sich der Beschwerdeführer - im Gegensatz zu seiner Ehefrau - offensichtlich gerade
nicht auf den Aspekt der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs be - rufen, weil seine vorläufige Aufnahme gestützt auf Art. 83 Abs. 7 i.V.m. Art. 83 Abs. 4 AuG aufgehoben wurde. Die diesbezügliche Rüge, das BFM habe sich in der angefochtenen Verfügung zur Thematik der äus - serst kritischen Lage für rückkehrende Ashkali nicht geäussert (vgl. Sachverhalt Bst. I und J), ist daher unbegründet.
In gesamthafter Würdigung aller Umstände gelangt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass das öffentliche Interesse der Schweiz an einer Fernhaltung des Beschwerdeführers dessen privates Interesse an einem Verbleib in der Schweiz überwiegt. Die von der Vor - instanz verfügte Aufhebung der vorläufigen Aufnahme des Beschwerdeführers erweist sich daher auch als verhältnismässig.
Die Vorinstanz hat in der angefochtenen Verfügung vom 2. März 2010 die Begründungspflicht beziehungsweise den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 29 VwVG) verletzt, indem sie die Familieneinheit gemäss Art. 44 Abs. 1 AsylG mit keinem Wort erwähnte, die Strafurteile des Kantonsgerichts sowie des Obergerichts nicht edierte und sich bei der Verhältnismässigkeitsprüfung nicht mit den Erwägungen der Strafgerichtsbehörden auseinandersetzte (vgl. Zwischenverfügung vom 14. Juni 2010 sowie vor stehend Sachverhalt Bst. C und M). Diese Verfahrensmängel wurden im vorliegenden Beschwerdeverfahren geheilt; sie sind jedoch bei der Regelung der Kostenpunkte zu berücksichtigen.
Dem Beschwerdeführer ist es demnach nicht gelungen darzutun, in - wiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzen, den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststellen oder unangemessen sein sollte (Art. 106 AsylG). Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten an sich grundsätzlich vollumfänglich dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Das in der Beschwerde gestellte Gesuch um Ge währung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG wurde jedoch mit Zwischenverfügung vom 14. Juni 2010 na - mentlich aus verfahrensrechtlichen Gründen gutgeheissen (siehe auch oben E. 5). Aufgrund der Akten ist auch im heutigen Zeitpunkt von der
anhaltenden Bedürftigkeit des Beschwerdeführers auszugehen ist. Es sind daher keine Kosten aufzuerlegen.
Wie vorstehend aufgezeigt, litt die angefochtene Verfügung im Zeitpunkt ihres Erlasses an mehreren Verfahrensmängeln. Diese konnten zwar im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geheilt werden; aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer nur durch das Er greifen eines Rechtsmittels zu einem rechtskonformen Entscheid gelangt ist, darf ihn jedoch kein finanzieller Nachteil treffen. Obwohl er im vorliegenden Beschwerdeverfahren mit seinen Rechtsbegehren nicht durchgedrungen ist, ist ihm daher in Anwendung von Art. 63 Abs. 1 in fine VwVG
i.V.m. Art. 6 Bst. b des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) eine angemessene Parteientschädigung für die ihm daraus erwachsenen, notwendigen Kosten zuzusprechen (vgl. BVGE 2008/47 E. 5.1 und 5.2 S. 680 f.). Nachdem keine Kostennote zu den Akten gereicht wurde und sich der notwendige Vertretungsaufwand aufgrund der Aktenlage hinreichend zuverlässig abschätzen lässt, ist die von der Vorinstanz auszurichtende angemessene Parteientschädigung unter Berücksichtigung der massgebenden Berechnungsfaktoren von Amtes wegen pauschal auf insgesamt Fr. 1'000.- (inkl. Spesen und Mehrwertsteuer) festzusetzen (vgl. Art. 14 Abs. 1 und 2 beziehungsweise Art. 10 VGKE). Das BFM ist anzuweisen, dem Beschwerdeführer diesen Betrag zu entrichten.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
Das BFM hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bun - desverwaltungsgericht eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 1'000.- zu entrichten.
Dieses Urteil geht an:
den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers (Einschreiben)
das BFM, Abteilung Aufenthalt, mit den Akten Ref.-Nr. N [...] (per Kurier; in Kopie)
[die zuständige kantonale Behörde] (in Kopie)
Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:
Daniel Schmid Jacqueline Augsburger
Versand:
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