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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-5916/2008

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts C-5916/2008

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-5916/2008
Datum:17.12.2010
Leitsatz/Stichwort:Zulassung Pflanzenschutzmittel
Schlagwörter : Bewilligung; Recht; Pflanzenschutzmittel; Vorinstanz; Wirkstoff; Zulassung; Verfügung; Verfahren; Indikation; Widerruf; Indikationen; Carbendazim; Überprüfung; Wirkstoffe; Bundesverwaltung; Verfahrens; Beurteilung; Abklärung; Bundesverwaltungsgericht; Abklärungen; Sachverhalt; Entscheid; Interesse; Ergebnis
Rechtsnorm: Art. 12 VwVG ;Art. 158 LwG ;Art. 159 LwG ;Art. 160 LwG ;Art. 166 LwG ;Art. 187 LwG ;Art. 48 VwVG ;Art. 61 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:108 V 130; 121 II 384; 125 II 598; 126 II 43; 129 II 497; 130 II 449
Kommentar:
Müller, Schindler, Auer, Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Zürich, Art. 48 Abs. 1 VwVG, 2008

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

Bundesverwaltungsgericht Tribunal administratif fédéral Tribunale amministrativo federale Tribunal administrativ federal

Abteilung III C-5916/2008

Urteil vom 17. Dezember 2010

Besetzung Richter Stefan Mesmer (Vorsitz),

Richter Alberto Meuli, Richter Francesco Parrino, Gerichtsschreiberin Ingrid Künzli.

Parteien B. , AG,

vertreten durch Dr. iur. Adrian Bachmann, Beschwerdeführerin,

gegen

Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Mattenhofstrasse 5, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Beschwerde gegen Verfügung des BLW vom 4. August 2008, Anwendungsbeschränkung von carbendazimhaltigen Pflanzenschutzmittel (P. ).

Sachverhalt:

A.

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW; im Folgenden auch:

Vorinstanz) erteilte der B.

(Schweiz) AG,

(im

Folgenden: Beschwerdeführerin) am 28. Mai 2001 erstmals eine teilweise definitive Bewilligung für das Pflanzenschutzmittel P. ( ) als Fungizid, Saatbeizmittel zur Bekämpfung verschiedener Pilzkrankheiten. Das Produkt enthält den Wirkstoff Carbendazim (BLW-Akten p. 1). Die Bewilligung wurde am 16. Dezember 2002 definitiv für die Indikationen im Obstbau (allg., Apfel), im Gemüsebau (Gewächshaus: Gurken, Knollensellerie, Speisepilze, gedeckte Kulturen: Tomaten), im Feldbau (Raps, Saatkartoffeln) und in Zierpflanzen (allg., Blautanne, Primeln, Wacholder) erteilt (BLW-Akten p. 5). Diese unbefristete (altrechtliche) Bewilligung wurde am 12. April 2007 durch eine auf zehn Jahre befristete Bewilligung ersetzt (BLWAkten p. 13).

B.

Mit Schreiben vom 15. November 2007 informierte das BLW die Beschwerdeführerin darüber, dass der Wirkstoff Carbendazim in den Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 (im Folgenden: RL 91/414/EWG) aufgenommen worden sei, jedoch nur für drei Jahre und mit Auflagen. Carbendazimhaltige Produkte könnten in der Europäischen Union (EU) nur noch zur Anwendung in Getreide, Mais, Rapssamen und Zuckerrüben zugelassen werden. Das BLW teilte weiter mit, es beabsichtige den Anwendungsbereich in der Schweiz demjenigen in der EU anzupassen. Von dieser Massnahme seien mehrere Produkte der Beschwerdeführerin betroffen. Die Anwendung im Kernobst sei allerdings von den Experten des BLW als wichtig erachtet worden. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) werde durch eine Risikobeurteilung abklären, ob diese Anwendung weiter bewilligt werden könne (BLW-Akten p. 17).

C.

Die Beschwerdeführerin wandte sich mit Schreiben vom 13. Dezember 2007 gegen diese Ankündigung und führte im Wesentlichen aus, mit der Aufhebung der Bewilligungen des Pflanzenschutzmittels P. für den Einsatz in "fresh crops" sei sie einverstanden. Sie sei aber der Auffassung, dass die Bewilligung für den Einsatz in Zierpflanzen und in Sonnenblumen aufrecht erhalten werden sollte (BLW-Akten p. 19).

D.

Nachdem das BLW mit Schreiben vom 7. Februar 2008 erneut seine Absicht der Angleichung an die Situation in der EU bekräftigt hatte (BLW-Akten, p. 21), beschränkte es mit Verfügung vom 4. August 2008 die Bewilligung für P. per sofort auf die Indikation in Raps (BLWAkten, p. 23). Zur Begründung führte es aus, carbendazimhaltige Pflanzenschutzmittel dürften aus humantoxikologischen Gründen nur noch für die Indikationen Getreide, Mais, Raps und Zuckerrübe zugelassen werden, und verwies auf Art. 22 der Pflanzenschutzmittelverordnung vom 18. Mai 2005 (PSMV, SR 916.161). Zusätzlich seien weitere Sicherheitshinweise auf der Etikette und in der Gebrauchsanweisung aufzunehmen. Dem Antrag auf Beibehaltung der Zulassung für die Anwendung in Zierpflanzen und Sonnenblumen könne nicht zugestimmt werden.

E.

Am 15. September 2008 erhob die Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde und beantragte, die Verfügung vom 4. August 2008 sei unter Kostenund Entschädigungsfolge aufzuheben. Eventualiter sei die Verfügung dahingehend abzuändern, dass die Bewilligung für P. über die bewilligte Indikation in Raps hinaus auch für die Indikationen in Sonnenblumen, Zierpflanzen und Apfelanbau erteilt werde.

Zur Begründung ihrer Anträge führte die Beschwerdeführerin aus,

P.

werde seit mehr als zwanzig Jahren erfolgreich im Obst-,

Gemüseund Feldbau sowie bei Zierpflanzen eingesetzt, ohne dass es zu irgendwelchen bekannten Schadenfällen oder toxikologischen Problemen gekommen sei. So sei erst am 12. April 2007 eine neue Bewilligung für die maximale Bewilligungsdauer von 10 Jahre erteilt worden. Die Vorinstanz habe während Jahren keine weiteren Unterlagen zur Toxikologie einverlangt. Wenn sie nun die Bewilligung insofern ändere, als verschiedene Indikationen nicht mehr zugelassen würden, komme dies faktisch einem Widerruf gleich. Dieser Widerruf verletzte den Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 9 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom

18. April 1999 (BV, SR 101) und die in Lehre und Praxis dazu entwickelten Grundsätze.

Der Vertrauensschutz könne entweder in Form des sogenannten Bestandesschutzes eine Bindung der Behörden an die

Vertrauensgrundlage bewirken oder aber dem betroffenen Privaten einen Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat verschaffen. In der schweizerischen Rechtsprechung stehe der Bestandesschutz im Vordergrund. Insbesondere wenn das Interesse am Vertrauensschutz gegenüber dem Interesse an der Gesetzmässigkeit eindeutig dominiere, sei die Vertrauen erweckende Anordnung aufrecht zu erhalten. Da vorliegend keine überwiegenden öffentlichen Interessen vorlägen, die dem Vertrauensschutz im Sinne des Bestandesschutzes entgegen ständen, sei grundsätzlich die gültige Bewilligung aufrecht zu erhalten.

Abschliessend machte sie zusammenfassend geltend, der Vertrauensschutz könne entweder in Form des sogenannten Bestandesschutzes eine Bindung der Behörden an die Vertrauensgrundlage bewirken oder aber dem betroffenen Privaten einen Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat verschaffen. In der schweizerischen Rechtsprechung stehe der Bestandesschutz im Vordergrund. Insbesondere wenn das Interesse am Vertrauensschutz gegenüber dem Interesse an der Gesetzmässigkeit eindeutig dominiere, sei die Vertrauen erweckende Anordnung aufrecht zu erhalten. Da vorliegend keine überwiegenden öffentlichen Interessen an einem Widerruf vorlägen, sei die gültige Bewilligung aufrecht zu erhalten.

F.

In ihrer Vernehmlassung vom 1. Dezember 2008 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde - unter Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführerin.

Zunächst hielt die Vorinstanz insbesondere fest, die altrechtliche, unbefristete Bewilligung sei am 14. September 2007 (recte: 12. April 2007) durch eine auf zehn Jahre befristete Bewilligung ersetzt worden, ohne dass zu diesem Zeitpunkt oder später geprüft worden sei, ob noch alle Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt seien. Am

12. Dezember 2006 sei im Amtsblatt der Europäischen Union (L 349/37) die Richtlinie 2006/135/EG der Kommission vom

11. Dezember 2006 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme des Wirkstoffes Carbendazim (im Folgenden: RL 2006/135/EG) veröffentlicht worden. Gemäss dem ergänzten Anhang I der RL 91/414/EWG (vgl. Art. 1 der RL 2006/135/EG) unterstehe die Anwendung des Wirkstoffes Carbendazim als Fungizid restriktiven

Einschränkungen und dürfe insbesondere nur noch in den Kulturen Getreide, Rapssamen, Zuckerrüben und Mais zugelassen werden. Nach Art. 3 Abs. 1 RL 2006/ 135/EG hätten die Mitgliedstaaten bis zum

30. Juni 2007 zu prüfen, ob die geltenden Zulassungen carbendazimhaltiger Pflanzenschutzmittel die Bedingungen des Anhangs I der RL 91/414/EWG erfüllten (mit Ausnahme der Bedingungen gemäss Anhang I Teil B). Treffe dies nicht zu, müssten die Mitgliedstaaten innert dieser Frist die Zulassungen ändern oder widerrufen. Gemäss Art. 3 Abs. 2 RL 2006/135/EG müssten die Mitgliedstaaten bis spätestens 31. Dezember 2009 zudem jedes zugelassene Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Carbendazim einer vollumfänglichen Neubewertung - inklusive der Bedingungen gemäss Anhang I Teil B - unterziehen und allenfalls die Bewilligungen anpassen oder widerrufen.

Das BLW sei aufgrund der Erwägungen der Kommission der Europäischen Gemeinschaft (im Folgenden: Kommission) zur Überzeugung gelangt, dass das Gefährdungspotenzial des Wirkstoffes Carbendazim ausserhalb der Indikationen Getreide, Mais, Raps und Zuckerrübe als unannehmbar zu beurteilen sei. Eine Aufrechterhaltung der Zulassung für andere Indikationen gefährde den Menschen zu sehr, weshalb in Anwendung von Art. 22 PSMV die Zulassung für das

Pflanzenschutzmittel P.

abgeändert worden sei. Diese

Massnahme sei rechtund verhältnismässig.

G.

In ihrer Replik vom 17. Februar 2009 hielt die Beschwerdeführerin an den gestellten Rechtsbegehren fest.

Sie rügte vorab, obwohl die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht entzogen habe, sei die

Bewilligung für P.

laut ihrer Webseite per sofort auf die

Anwendung in Raps beschränkt worden. Diese Information sei auch durch Agroscope weiterverbreitet worden, worauf der Umsatz von

P.

eingebrochen sei. Die Beschwerdeführerin habe daher

umgehend beim BLW interveniert, worauf dieses die Angaben im Pflanzenschutzmittelverzeichnis korrigiert und auch Agroscope aufgefordert habe ihre Mitteilungen zu berichtigen. Da der Verkauf von P. dennoch praktisch zu Erliegen gekommen sei, werde dies Schadenersatzansprüche im Sinne von Art. 55 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das

Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) zur Folge haben, welche beim Eidgenössischen Finanzdepartement geltend gemacht werden könnten.

Weiter bemängelt die Beschwerdeführerin, das BLW setze sich in der Vernehmlassung nicht mit den Vorbringen in der Beschwerde auseinander, sondern zitiere lediglich die gesetzlichen Regelungen in der Schweiz und der EU. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Vorinstanz vier Monate nach Bekanntwerden der neuen EU-Regelung der Beschwerdeführerin noch am 12. April 2007 eine unbeschränkte zehnjährige Bewillligung erteilt habe. Das BLW habe keine eigenen Abklärungen vorgenommen, sondern sich lediglich auf die vorläufigen, generellen Erkenntnisse der EU gestützt.

H.

Mit Duplik vom 23. März 2009 beantragte die Vorinstanz erneut, die Beschwerde sei abzuweisen.

Zu den Vorbringen in der Replik führte die Vorinstanz im Wesentlichen aus, es sei unbestritten, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zukomme. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin seien im vorliegenden Verfahren, in dem es um eine Anwendungsbeschränkung gehe, insoweit irrelevant, als sie die Pflanzenschutzmittel C. , M. und O. beträfen.

Der Vertrauensschutz könne vorliegend nicht greifen, da sie gegenüber der Beschwerdeführerin nie die Zusicherung abgegeben habe, die Bewilligung könne in den nächsten zehn Jahren nicht geändert werden. Die Statuierung der zehnjährigen Bewilligungsdauer im Jahre 2007 sei einzig zur Anpassung an die (zwischenzeitlich revidierte) PSMV im Rahmen einer Bewilligungsänderung erfolgt, die aufgrund des Antrags der Beschwerdeführerin vom 16. Juni 2006 um Streichung einer Indikation verfügt worden sei.

Der Beschwerdeführerin sei es zudem vor Erlass der Widerrufsverfügung offen gestanden, die Entscheidung des BLW durch die Nachreichung von Unterlagen zu beeinflussen. Dies habe sie jedoch unterlassen.

I.

In seinem Schreiben vom 8. April 2009 verzichtete das BAG auf die

Einreichung einer Stellungnahme im Beschwerdeverfahren. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) liess sich nicht vernehmen.

J.

Mit Verfügung vom 17. April 2009 schloss der Instruktionsrichter den Schriftenwechsel.

K.

Am 23. Dezember 2009 reichte die Beschwerdeführerin eine Noveneingabe ein und beantragte erneut, die Verfügung der Vorinstanz vom 4. August 2008 sei aufzuheben - unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

Sie machte im Wesentlichen geltend, seit der Einreichung ihrer früheren Rechtsschriften habe sich die Rechtslage in der EU geändert. Mit der Richtlinie 2009/152/EG der Kommission vom 30. November 2009 zur Änderung der RL 91/414/EWG des Rates hinsichtlich des Ablaufs der Frist für die Aufnahme des Wirkstoffs Carbendazim in Anhang I (im Folgenden: RL 91/414/EWG) sei die RL 91/414/EWG insofern revidiert worden, als die Frist zur Überprüfung der aktuellen Zulassungen von carbendazimhaltigen Produkten in der EU bis zum 31. Dezember 2010 erstreckt worden sei. Begründet werde dies im Wesentlichen mit dem Umstand, dass es unmöglich sei, die zur Erneuerung der Bewilligungen erforderlichen Abklärungen bis Ende 2009 vorzunehmen. Dies belege, dass die von der Vorinstanz geltend gemachte Gefährdung durch den Wirkstoff nicht gewichtig sein könne, hätte doch die EU andernfalls die Bewilligungen kaum generell, ohne irgendwelche neuen Untersuchungsresultate um ein weiteres Jahr erstreckt. Es bestehe demnach nach heutigem Erkenntnisstand kein Grund für einen Änderung der Bewilligung für P. .

L.

Nachdem der Instruktionsrichter den Schriftenwechsel wieder eröffnet hatte, bekräftige das BLW mit Stellungnahme vom 12. Januar 2010 seine Rechtsbegehren.

Zu den neuen Vorbringen der Beschwerdeführerin hielt es fest, die Fristverlängerung der EU diene einzig dazu, das Verfahren zur Erneuerung der Aufnahme von carbendazimhaltigen Produkten vor Ablauf der Eintragungsfrist abzuschliessen. Anhang 1 der RL 91/414/ EWG bleibe ansonsten unverändert; insbesondere würden die

Anwendungsbeschränkungen nicht geändert. Es sei unzutreffend, dass aus dem Vorgehen der EU geschlossen werden könne, dass die Gefährdung durch den Wirkstoff Carbendazim nicht gewichtig sei. Vielmehr sei das Gefährdungspotenzial ausserhalb der Anwendungsbereiche Getreide, Rapssamen, Zuckerrüben und Mais weiterhin als unannehmbar zu beurteilen. Die angefochtene Verfügung sei daher weiterhin rechtund verhältnismässig.

M.

Mit Verfügung vom 13. Januar 2010 schloss der Instruktionsrichter erneut den Schriftenwechsel.

N.

Am 9. September 2010 wurde den Parteien Gelegenheit gegeben, zur Anwendbarkeit und den allfälligen Auswirkungen der am 1. Juni 2010 in Kraft getretenen Änderungen der PMSV Stellung zu nehmen.

O.

Die Vorinstanz führte am 24. September 2010 aus, die Änderung der

Bewilligung von P.

bleibe auch bei der Anwendung der

geänderten PSMV rechtsmässig. Gemäss Art. 23 Abs. 3 PSMV könne zudem keine Ausverkaufsfrist mehr gewährt werden, wenn die Gründe für den Widerruf der Bewilligung eine als unannehmbar erachtete, potenziell gefährliche Wirkung des Pflanzenschutzmittels beträfen.

Grundsätzlich sei die Änderung auf das vorliegende Verfahren anwendbar, andernfalls hätte der Verordnungsgeber eine Übergangsfrist vorsehen müssen. Aufgrund des Vertrauensschutzes der Beschwerdeführerin erscheine es aber vorliegend sachgerecht, das neue Recht nicht anzuwenden.

P.

Mit Eingabe vom 7. Oktober 2010 verwies die Beschwerdeführerin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts und kam zum Schluss, dass die Anwendung des neuen Rechts dann unzulässig sei, wenn das Verfahren übermässig lange gedauert habe und ohne diese Verzögerung das alte Recht angewendet worden wäre. Die Frage der Anwendbarkeit des neuen Rechts brauche jedoch nicht weiter vertieft zu werden, da die angefochtene Verfügung bereits in allen Punkten dem neuen Recht entspreche.

Q.

Auf die weiteren Vorbringen der Parteien und die eingereichten Unterlagen wird - soweit erforderlich - in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

Angefochten ist die Verfügung des BLW vom 4. August 2008, mit welcher die Bewilligung für das Inverkehrbringen des Pflanzenschutzmittels

P.

( ) geändert und verschiedene Indikationen

gestrichen wurden.

    1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Zu den anfechtbaren Verfügungen gehören jene, die das BLW in Anwendung des Bundesgesetzes vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (LwG, SR 910.1) und dessen Ausführungsbestimmungen erlässt, zumal das BLW eine Dienststelle der Bundesverwaltung ist (Art. 33 Bst. d VGG in Verbindung mit Art. 166 Abs. 2 LwG). Eine Ausnahme, was das Sachgebiet betrifft, ist in casu nicht gegeben (Art. 32 VGG).

    2. Gemäss Art. 48 Abs. 1 VwVG ist zur Beschwerdeführung vor dem Bundesverwaltungsgericht legitimiert, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und ein schützenswertes Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Die Voraussetzungen der Beschwerdebefugnis müssen grundsätzlich im Urteilszeitpunkt vorliegen (vgl. ISABELLE HÄNER, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Zürich 2008 [im Folgenden: Kommentar VwVG], Rz. 1 ff. zu Art. 48 Abs. 1).

    3. Die Beschwerdeführerin hat als Bewilligungsinhaberin am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Sie ist als Adressatin durch die angefochtene Verfügung ohne Zweifel besonders berührt und hat an deren Aufhebung bzw. Änderung ein schutzwürdiges Interesse. Nachdem der Verfahrenskostenvorschuss innert gesetzter Frist geleistet worden ist, kann auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde eingetreten werden.

2.

Streitig und zu prüfen ist, ob das Institut zu Recht die Bewilligung für das

Pflanzenschutzmittel P. Indikationen gestrichen hat.

geändert und verschiedene

    1. Die Beschwerdeführerin kann im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Verletzung von Bundesrecht unter Einschluss des Missbrauchs oder der Überschreitung des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie die Unangemessenheit des Entscheids beanstanden (Art. 49 VwVG).

    2. Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäss dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht an die Begründung der Begehren der Parteien gebunden (Art. 62 Abs. 4 VwVG). Es kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den angefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer Begründung bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (vgl. FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Auflage, Bern 1983, S. 212).

    3. Das Bundesverwaltungsgericht überprüft nur den Entscheid der unteren Instanz und setzt sich nicht an deren Stelle. Insbesondere dann, wenn die Ermessensausübung, die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe oder die Sachverhaltswürdigung hoch stehende, spezialisierte technische oder wissenschaftliche Kenntnisse erfordert, ist eine Zurückhaltung des Gerichts bei der Überprüfung vorinstanzlicher Bewertungen angezeigt (vgl. BGE 130 II 449 E. 4.1, BGE 126 II 43 E. 4c, BGE 121 II 384 E. 1, BGE 108 V 130 E. 4c/dd; vgl. auch

VPB 67.31 E. 2, VPB 68.133 E. 2.4; Sozialversicherungsrecht - Rechtsprechung [SVR] 1994 KV Nr. 3 E. 3b; MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, S. 74 f. Rz. 2.154 ff.; YVO HANGARTNER, Behördenrechtliche Kognitionsbeschränkungen in der Verwaltungsrechtspflege, in: Benoît Bovay/Minh Son Nguyen [Hrsg.], Mélanges en l'honneur de Pierre Moor, Bern 2005, S. 326 f., BEATRICE WAGNER PFEIFFER, Zum Verhältnis von fachtechnischer Beurteilung und rechtlicher Würdigung im Verwaltungsverfahren, in: ZSR, NF 116, I. Halbbd., S. 442 f.).

3.

Vorschriften über den Umgang mit Pflanzenschutzmitteln finden sich

sowohl in der Chemikalien- als auch in der Landwirtschaftsgesetzgebung.

    1. Gemäss Art. 6 Bst. b des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen (ChemG, SR 813.1) bedarf das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln einer behördlichen Zulassung. Diese wird erteilt, wenn ein derartiges Produkt bei der vorgesehenen Verwendung insbesondere keine unannehmbaren Nebenwirkungen auf die Gesundheit des Menschen oder von Nutz- und Haustieren hat (Art. 11 Abs. 1 ChemG). Die Zulassungsarten und -verfahren sowie die Ausnahmen von der Zulassungspflicht werden in der Landwirtschaftsgesetzgebung geregelt, wobei der Bundesrat beim Erlass der entsprechenden Ausführungsbestimmungen den Gesundheitsschutz im Sinne des Chemikaliengesetzes zu berücksichtigen hat (Art. 11 Abs. 2 ChemG).

    2. Gemäss Art. 160 Abs. 1 LwG erlässt der Bundesrat Vorschriften über die Einfuhr und das Inverkehrbringen von landwirtschaftlichen Hilfsstoffen. Darunter fallen insbesondere auch Pflanzenschutzmittel (Art. 158 Abs. 1 LwG). Diese dürfen nur eingeführt oder in Verkehr gebracht werden, wenn sie sich zur vorgesehenen Verwendung eignen, bei vorschriftsgemässer Verwendung keine unannehmbaren Nebenwirkungen haben und Gewähr dafür bieten, dass damit behandelte Ausgangsprodukte Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände ergeben, welche die Anforderungen der Lebensmittelgesetzgebung erfüllen (Art. 159 Abs. 1 LwG). Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein.

    3. Gestützt auf diese gesetzlichen Grundlagen hat der Bundesrat im Rahmen der PSMV detaillierte Vorschriften über die Zulassung und das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln erlassen.

      1. Gemäss Art. 4 Abs. 1 PSMV dürfen Pflanzenschutzmittel nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie zugelassen sind (abgesehen von Ausnahmen, die im vorliegenden Verfahren ohne Belang sind). Die Zulassungspflicht soll sicherstellen, dass Pflanzenschutzmittel hinreichend geeignet sind und bei vorschriftsgemässem Umgang keine unannehmbaren Nebenwirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt haben (Art. 1 PSMV). Die Zulassung wird jeweils für ein bestimmtes Pflanzenschutzmittel in einer bestimmten Zusammensetzung, mit einem bestimmten Handelsnamen, für bestimmte

        Verwendungszwecke, einer bestimmten Herstellerin erteilt (Art. 4 Abs. 2 Bst. a bis d PSMV). Für Pflanzenschutzmittel gibt es drei Arten der Zulassung: Die Zulassung aufgrund eines Bewilligungsverfahrens (Art. 5 Abs. 1 Bst. a PSMV), die Zulassung zur Bewältigung von Ausnahmesituationen (Art. 5 Abs. 1 Bst. b PSMV) und die Zulassung durch Aufnahme in eine Liste von im Ausland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln, die in der Schweiz bewilligten Pflanzenschutzmitteln entsprechen (Art. 5 Abs. 1 Bst. c PSMV). Das Bewilligungsverfahren gemäss Art. 5 Abs. 1 Bst. a PSMV wird insbesondere in den Art. 11 bis 29 PSMV einlässlich geregelt.

      2. Gemäss Art. 10 Abs. 1 Bst. b PSMV wird ein Pflanzenschutzmittel bewilligt, wenn alle im Produkt enthaltenen Wirkstoffe in Anhang 1 PSMV aufgenommen sind (Abs. 1 Bst. a) und nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse und den Anforderungen nach den Anhängen 2 und 3 PSMV sichergestellt ist, dass es bei sachgemässer Anwendung und im Hinblick auf alle normalen Verhältnisse, unter denen es angewendet wird, sowie im Hinblick auf die Folgen dieser Anwendung hinreichend geeignet ist (Abs. 1 Bst. b Ziff. 1) und keine unannehmbaren Nebenwirkungen auf die Umwelt, auf Kulturpflanzen oder Erntegüter sowie auf die Gesundheit von Mensch und Tier hat (Abs. 1 Bst. b Ziff. 2, 4 und 5). Die Bewilligungsvoraussetzungen werden im Anhang 6 PSMV konkretisiert (vgl. Art. 10 Abs. 2 PSMV).

    1. Die Bewilligung wird in Form einer förmlichen Dauerrechtsverfügung erteilt, die ein Rechtsverhältnis in verbindlicher Art und Weise regelt. Diese Verbindlichkeit äussert sich zunächst als Rechtswirksamkeit, Rechtskraft und Rechtsbeständigkeit. Durch die Rechtswirksamkeit darf von den eingeräumten Befugnissen Gebrauch gemacht werden; die in der Verfügung festgelegten Rechte und Pflichten werden verbindlich. In Lehre und Rechtsprechung wird zwischen materieller und formeller Rechtskraft unterschieden: Ist die Verfügung mit keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr anfechtbar, wird sie formell rechtskräftig. Aus der formellen fliesst grundsätzlich die materielle Rechtskraft, welche zur Folge hat, dass eine Verfügung mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht erneut zum Gegenstand eines Justizverfahrens gemacht werden kann. Der Begriff der materiellen Rechtskraft eignet sich jedoch nicht für die Anwendung im Verwaltungsrecht, weil insbesondere Dauerrechtsverfügungen angesichts sich ändernder tatsächlicher

      und rechtlicher Verhältnisse grundsätzlich nicht unumstösslich sein können. Da Verfügungen unter bestimmten Umständen abänderbar sein müssen, erwachsen diese nicht in materielle Rechtskraft, sondern werden - nach verwaltungsrechtlichem Sprachgebrauch - rechtsbeständig. Die Rechtsbeständigkeit einer formell rechtskräftigen Verfügung äussert sich darin, dass sie nur unter bestimmten Voraussetzungen einseitig aufgehoben oder zum Nachteil des Adressaten abgeändert werden darf (vgl. zum Ganzen etwa TSCHANNEN/ ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 283 f. Rz. 5 f. mit

      Hinweisen).

    2. Die Terminologie bezüglich der Abänderung von Verfügungen ist in Lehre und Rechtsprechung nicht einheitlich; es werden Begriffe wie Widerruf, Änderung, Revision, Wiedererwägung u.a. verwendet, ohne dass immer der gleiche zugrunde liegende Sachverhalt gemeint ist. Allgemein Einigkeit herrscht aber darüber, dass immer in einem ersten Schritt geprüft werden muss, ob ausreichende Gründe für ein Rückkommen auf eine formell rechtskräftige Verfügung bestehen, und in einem zweiten Schritt, ob ausreichende Gründe vorliegen, die - der formellen Rechtskraft nunmehr entkleidete - Verfügung in der Sache zu ändern. Werden die Voraussetzungen für die Abänderung einer Verfügung spezialgesetzlich näher umschrieben, so ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Änderung oder eines teilweisen Widerrufs in erster Linie auf die rechtssatzmässige Regelung abzustellen. (vgl. TSCHANNEN/ ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 290 ff. Rz. 29 ff.).

    3. Die PSMV regelt in Art. 21 ff. PSMV die Überprüfung, die Änderung und den Widerruf von Bewilligungen.

      1. Die Zulassungsstelle kann eine Bewilligung jederzeit überprüfen (Art. 21 Abs. 1 PSMV). Gemäss Art. 21 Abs. 2 PSMV muss sie eine Überprüfung vornehmen, wenn ihr neue Informationen vorliegen oder wenn es Anzeichen dafür gibt, dass die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Zu diesem Zweck verlangt sie von sich aus oder auf Antrag einer Beurteilungsstelle von der Bewilligungsinhaberin zusätzliche Informationen, Unterlagen oder Abklärungen, die für die Überprüfung notwendig sind (Art. 21 Abs. 3 PSMV). Art. 21 PSMV enthält keine Vorschriften darüber, welche Massnahmen in Folge einer Überprüfung der Bewilligung getroffen werden können.

      2. Auf begründetes Gesuch der Bewilligungsinhaberin hin kann eine Bewilligung geändert oder mit Auflagen versehen werden, sofern die Bewilligungsvoraussetzungen weiter erfüllt sind (Art. 22 Abs. 1 PSMV). Ebenfalls geändert oder mit neuen Auflagen versehen werden, kann eine Bewilligung aufgrund der verfügbaren Ergebnisse des EG-Verfahrens zur Überprüfung der Wirkstoffe (Art. 22 Abs. 1bis PSMV in der Fassung vom 8. November 2006, in Kraft vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Mai

        2010 [AS 2006 4851 und 2010 2101]). Zudem kann die Zulassungsstelle von sich aus oder auf Antrag einer Beurteilungsstelle eine Bewilligung ändern, wenn dies nach dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt erforderlich ist (Art. 22 Abs. 2 PSMV). Die Änderung wird durch die Zulassungsstelle verfügt (Art. 56 Abs. 4 PSMV).

      3. In Art. 23 Abs. 1 Bst. a bis j PSMV werden in einer ausführlichen Liste die Voraussetzungen für den Widerruf der Bewilligung geregelt. Die genannten Gründe für den Widerruf einer Verfügung dienen - im Einklang mit dem Zweckartikel der Pflanzenschutzmittelverordnung (Art. 1 PSMV) - alle dem Schutz von Mensch, Tier und Umwelt vor möglichen Gefahren, die vom Einsatz eines bereits bewilligten Pflanzenschutzmittels ausgehen könnten (vgl. Erläuterungen vom 18. Juni 2003 zur PSMV, S. 9 f.). Nur solche Produkte, die nach dem neusten Stand von Wissenschaft und Technik ausreichend sicher und wirksam sind, sollen in Verkehr gebracht werden. Als mögliche Widerrufsgründe werden sowohl Fälle aufgeführt, in denen die Verfügung bereits ursprünglich fehlerhaft war (z.B. der Fall, in dem die Verfügung aufgrund falscher oder irreführender Angaben ausgestellt wurde, Art. 23 Abs. 1 Bst. e), als auch solche, in denen die Bewilligung aufgrund von Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse nachträglich fehlerhaft wurde (z. B. Bst. a, b, c, d, h, i und j). Gemäss Art. 23 Abs. 1 Bst. c PSMV widerruft die Zulassungsstelle eine Bewilligung von sich aus oder auf Antrag einer Beurteilungsstelle, wenn ein bewillligtes Pflanzenschutzmittel die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt. Ein Widerruf ist etwa auch dann zulässig, wenn die Bewilligungsnehmerin entgegen dem Bewilligungsinhalt handelt (Bst.

        f) oder entgegen der Aufforderung der Bewilligungsbehörde zusätzliche Angaben nicht rechtzeitig vorlegt (Bst. g).

    4. Die Vorinstanz hat sich bei Erlass der angefochtenen Verfügung auf Art. 22 Abs. 1bis PSMV abgestützt. Diese Bestimmung lautet (in der Fassung vom 8. November 2006) wie folgt:

      Die Zulassungsstelle kann aufgrund der verfügbaren Ergebnisse des EGVerfahrens zur Überprüfung der Wirkstoffe eine Bewilligung ändern oder mit neuen Auflagen versehen.

      Nach ihrem klaren Wortlaut bildet diese Regelung einzig eine Rechtsgrundlage für die Änderung von Bewilligungen, nicht aber für deren Widerruf. Dieser ist nur zulässig, wenn eine der Voraussetzungen von Art. 23 PSMV gegeben ist.

      1. In der Vernehmlassung machte die Vorinstanz allerdings - im Sinne einer Motivsubstitution - geltend, das Gefährdungspotenzial des Wirkstoffes Carbendazim ausserhalb der Indikationen Getreide, Mais, Raps und Zuckerrübe sei zu hoch, weshalb die Zulassung in Anwendung von Art. 23 PSMV widerrufen worden sei.

        In Art. 23 PSMV wird nicht ausdrücklich geregelt, ob auch nur Teile einer Bewilligung widerrufen werden können. Nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit muss dies allerdings dann möglich sein, wenn sich mögliche Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt oder eine ungenügende Wirksamkeit nur bei gewissen Anwendungsmöglichkeiten realisieren. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen einer Änderung und (allenfalls teilweisem) Widerruf ist, ob festgestellte Mängel oder Unstimmigkeiten in der Zulassung in einer Weise den Gesundheitsund umweltpolizeilichen Anliegen zuwiderlaufen, dass die Bewilligungsvoraussetzungen nicht (mehr) als gegeben angesehen werden können (vgl. Urteil der Eidgenössischen Rekurskommission für Chemikalien [REKO CHEM] CHEM 06.007 vom

        12. September 2006 E. 5.1.2). Ist dies der Fall, so ist von einem teilweisen Widerruf gemäss von Art. 23 PSMV auszugehen (vgl. zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-6683/2008 vom 10. Juni 2010 E. 4.2.1).

        Vorliegend hat die Vorinstanz die Bewilligung für P. aus Gründen des Gesundheitsschutzes auf eine einzige Indikation beschränkt. Darin liegt nicht bloss eine Änderung der Zulassung, sondern ein teilweiser Widerruf der Bewilligung.

      2. Vor dem Erlass einer Widerrufsverfügung hat die zuständige Behörde von Amtes wegen die rechtserheblichen Tatsachen zu ermitteln (Untersuchungsgrundsatz, Art. 12 VwVG; vgl. CHRISTOPH AUER, in: Kommentar VwVG, Rz. 2 ff. zu Art. 12), wobei es nicht

        grundsätzlich ausgeschlossen ist, auf die verfügbaren Ergebnisse des EU-Verfahrens abzustellen (vgl. hiezu E. 4 hiernach). Die Erwägungen und Entscheide der EU-Kommission betreffend die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I der RL 91/414/EWG und die Erwägungen und Entscheide der Mitgliedstaaten über die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels, in dem dieser Wirkstoff enthalten ist, haben die Zulassungsstelle und die Beurteilungsstellen bloss zu berücksichtigen - daran gebunden sind sie aber nicht (Art. 13 Abs. 2 PSMV). Die Bewilligungsinhaberin hat an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken, zumindest dann, wenn sie eigene Anträge stellt oder von der zuständigen Behörde dazu aufgefordert wird (vgl. CHRISTOPH AUER, in: Kommentar VwVG, Rz. 8 ff. zu Art. 12; vgl. auch Art. 13 VwVG). Zudem schreibt Art. 21 Abs. 3 PSMV vor, dass die Behörde von der Bewilligungsinhaberin zusätzliche Informationen, Unterlagen oder Abklärungen verlangt, die für die Überprüfung notwendig sind. Bei der Beurteilung der Frage, ob und wie weit auf die Ergebnisse der EU-Verfahrens abzustellen ist und ob die Einforderung zusätzlicher Unterlagen bei der Vorinstanz erforderlich ist, kommt der zuständigen Behörde ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, bei dessen Überprüfung das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich Zurückhaltung übt. Voraussetzung für diese Zurückhaltung ist allerdings, dass es im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für eine unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhaltes gibt und davon ausgegangen werden kann, dass die Vorinstanz die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte geprüft und die erforderlichen Abklärungen sorgfältig und umfassend vorgenommen hat (vgl. BGE 126 II 43 E. 4c).

      3. Entscheidend für die Beantwortung der Frage nach der Rechtmässigkeit des Vorgehens der Vorinstanz ist mithin, ob sie bei der Beurteilung des Wirkstoffs Carbendazim und damit des Produktes

P.

die rechtserheblichen Abklärungen vorgenommen und

notwendigen Daten eingeholt hat, also in Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes den Sachverhalt rechtsgenüglich abgeklärt hat.

4.

Den teilweisen Widerruf der Bewilligung für P. hat die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung allein damit begründet, dass der Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Carbendazim laut Anhang I

der RL 91/414/EWG nur noch befristet, unter Auflagen und ausschliesslich für den Einsatz in Getreide, Mais, Rapssamen und Zuckerrüben zugelassen werden könnten. P. könne einzig für die Indikation in Raps zugelassen bleiben. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat die Vorinstanz ergänzend festgehalten, aufgrund der Erwägungen der Kommission in der RL 2006/135/EG sei sie zur Überzeugung gelangt, dass das Gefährdungspotenzial des Wirkstoffes Carbendazim ausserhalb der Indikationen Getreide, Mais, Raps und Zuckerrübe als unannehmbar zu bezeichnen sei. Eine Aufrechterhaltung der Zulassung für andere Indikationen gefährde den Menschen zu sehr, da der Wirkstoff humantoxisch wirke. Es sei festgestellt worden, dass Carbendazim bei in-vivoExposition numerische Chromosomenaberrationen bei Säugetierzellen verursache. Der Wirkstoff könne deshalb nur noch für Anwendungsbereiche zugelassen werden, die tatsächlich - und nach heutigem Standard - geprüft worden sind. Aufgrund des neu erkannten Gefährdungspotenzials des Wirkstoffes sei sie zum Schluss gelangt, dass eine Aufrechterhaltung der Zulassung von carbendazimhaltigen Pflanzenschutzmitteln für andere Indikationen nicht möglich sei.

    1. Die angefochtene Verfügung stützte demnach die Vorinstanz ausschliesslich auf die im Rahmen des EU-Verfahrens gewonnenen und allgemein zugänglichen Daten. Den Vorakten kann nicht entnommen werden, dass sie bzw. die Beurteilungsstellen eigene Abklärungen getroffen oder bei der Beschwerdeführerin weitere Informationen oder Unterlagen eingeholt hätten. Auch im Beschwerdeverfahren haben weder die Vorinstanz noch die Beurteilungsstellen diesbezüglich Akten vorgelegt. Zwar hat die Vorinstanz die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15. November 2007 über ihre Absicht informiert, die schweizerischen Zulassungen von carbendazimhaltigen Pflanzenschutzmitteln an die Erkenntnisse der EU anzupassen und hat ihr diesbezüglich das rechtliche Gehör gewährt. Eine Aufforderung oder zumindest Einladung zur Einreichung von Daten zu den bis anhin zugelassenen Indikationen erging aber nie.

    2. Die von der Vorinstanz zur Begründung ihres Entscheides angerufene Beurteilung durch die EU basiert auf der RL 91/414/EWG (ab Juni 2011 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009), in welcher zur Harmonisierung des Verbraucherund Umweltschutzes bereits im Jahre 1991 eine gemeinschaftliche Prüfung jener Wirkstoffe eingeführt

      worden ist, die in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden. Pflanzenschutzmittel können danach in den Mitgliedstaaten nur noch dann zugelassen werden, wenn deren Wirkstoffe dieses Gemeinschaftsverfahren durchlaufen haben und in die Positivliste gemäss Anhang I der RL 91/414/EWG aufgenommen worden sind. Wirkstoffe, die vor Juli 1993 in einem der Mitgliedstaaten auf dem Markt waren, werden als Altwirkstoffe (existing active substances) bezeichnet. Die gemeinschaftliche Überprüfung dieser rund 1000 Altwirkstoffe wurde im Dezember 2009 abgeschlossen.

      1. Der Wirkstoff Carbendazim gehört zu den Altwirkstoffen, die im Rahmen des EU-Programms überprüft wurden. Mit der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen RL 2006/135/EG wurde er unter Einschränkungen in die Positivliste des Anhangs I der RL 91/414/EWG aufgenommen. Den Mitgliedstaaten wurde bis zum

        31. Dezember 2009 Frist gegeben, die entsprechenden Pflanzenschutzmittel neu zu bewerten und allenfalls ihre Bewilligungen entsprechend anzupassen oder zu widerrufen. Der Eintrag für Carbendazim wurde zunächst bis 31. Dezember 2009 befristet und schliesslich bis zum 31. Dezember 2010 verlängert. Mit dem Eintrag in Anhang I wurden neue Anwendungsund Indikationsbeschränkungen verhängt. So dürfen Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff insbesondere nur noch für die Anwendung als Fungizid in Getreide, Rapssamen, Zuckerrüben und Mais zugelassen werden.

      2. Aus der RL 2006/135/EG geht hervor, dass die Aufnahme von Carbendazim in Anhang I der RL 91/414/EWG im Interesse eines einheitlich hohen Schutzniveaus auf diejenigen Anwendungen beschränkt werden müsse, die im Rahmen der Bewertung durch die Gemeinschaft tatsächlich geprüft worden sind und für die festgestellt worden ist, dass sie den Bedingungen der RL 91/414/EWG entsprechen. Dies habe zur Folge, dass andere, von die von dieser Bewertung nicht oder nur teilweise abgedeckte Anwendungen erst dann in den Anhang I aufgenommen werden könnten, wenn sie einer vollständigen Bewertung unterzogen worden sind. Weiter sei im Hinblick auf das von der Gemeinschaft angestrebte hohe Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier und eine umweltschonende Entwicklung angebracht, den Aufnahmezeitraum von sieben auf drei Jahre herabzusetzen, werde doch das Risiko durch eine vorgezogene

        Neubewertung dieses Wirkstoffes weiter verringert (vgl. RL 2006/135/EG E. 4 ff.).

      3. Die Vorschriften über die Durchführung des EUGemeinschaftsverfahrens finden sich in den Verordnungen (EWG) Nr. 3600/92 der Kommission vom 11. Dezember 1992, (EG) Nr. 451/2000 der Kommission vom 28. Februar 2000, (EG) 1490/2001 der Kommission und (EG) Nr. 33/2008 der Kommission vom 17. Januar 2008 (vgl. für Letztere ABl L 15/6 vom 18. Januar 2008 mit Hinweisen auf die übrigen Fundstellen). Danach wird das Überprüfungsverfahren auf Antrag der Herstellerin eines Wirkstoffes bzw. Pflanzenschutzmittels oder anderer interessierter Personen eingeleitet und im Wesentlichen aufgrund jener Unterlagen durchgeführt, die von der Antragstellerin mit dem Überprüfungsdossiers vorgelegt werden oder von Dritten beigebracht werden. Die zuständige EU-Behörde bzw. der berichterstattende EU-Staat stellt in der Folge der EU-Kommission Antrag auf Aufnahme des Wirkstoffs in den Anhang I der RL 91/414/EWG - allenfalls beschränkt auf bestimmte Indikationen oder mit anderen Einschränkungen.

      4. Der Wirkstoff Carbendazim ist mit Hinweis auf die Anwendungseinschränkungen (insb. bezüglich der Indikationen) in der Pestizid-Datenbank der EU aufgeführt (http://ec.europa.eu/sanco_pesticides/public/ index.cfm). Daselbst wird auch auf die Prüfungsresultate verwiesen, die im „rewiev report for the active substance carbendazim“ vom 5. Januar 2007 (im Folgenden: Prüfrapport) veröffentlicht worden sind (http://ec.europa.eu/food/plant/protection/evaluation/existactive/list_carbe ndazim.pdf, beide Seiten zuletzt besucht am 15. September 2010).

        Dem Prüfrapport ist zu entnehmen, dass der Wirkstoff im EU-Raum nicht grundsätzlich verboten, sondern für bestimmte Indikationen (Getreide, Rapssamen, Zuckerrüben und Mais) seine Anwendung unter bestimmten Bedingungen weiterhin als tragbar erachtet wurde. Der Ausschluss anderer Indikationen erfolgte einzig und allein daher, weil für diese im Gemeinschaftsverfahren keine Dokumentation vorgelegt worden war - und nicht etwa deshalb, weil eine Prüfung zusätzlicher Indikationen ein inakzeptables Gefährdungspotential ergeben hätte. Die Bayer CropSience AG, der im Verfahren der Überprüfung des Wirkstoffes Carbendazim die Aufgabe als Datenlieferantin übertragen worden war (Prüfrapport S. 2), hatte offenbar nur Unterlagen

        für die genannten vier Indikationen eingereicht und nur deren

        Aufnahme in den Anhang I der RL 91/414/EWG beantragt (Prüfrapport

        S. 4 und Anhang IV). Der Ausschluss weiterer Indikationen erfolgte damit allein aufgrund der allgemeinen Einschätzung des Gefährdungspotentials des Wirkstoffs an sich - ohne Berücksichtigung der indikationsspezifischen Besonderheiten.

        Vorliegend fällt auf, dass die grosse Mehrzahl der im EU-Verfahren vorgelegten und berücksichtigten Studien aus den Jahren 1980 bis 2000 stammen (Prüfrapport S. 7 sowie Anhänge IIIA und IIIB). Nur wenige wurden in den Jahren 2001 bis 2003 verfasst. Im Wesentlichen finden sich Studien und Untersuchungen, welche das Gefährdungspotential des Wirkstoffes betreffen. Auf die toxikologische Risiken wurde bereits seit langem hingewiesen: „CLEMONS AND SISLER (1971) have suggested that carbendazim appears to interfere with DNA synthesis or some closely related process such as nuclear or cell division in fungi“ (International Programm on Chemical Safety [IPCS], http://www.inchem.org/documents/ jmpr/jmpmono/v073pr11.htm; vgl. auch H. HÜNIGEN/A. ZEUNER, Histologische Untersuchungen zum Einfluss von Carbendazim auf den Hoden von Besamungsebern, in: Reproduction in Domestic Animals, Berlin, 1994, S. 503 ff.; das Fact Sheet der Weltgesundheitsorganisation [WHO] von 1996 zu Carbendazim [http://www.inchem.org/documents/pds/ pds/pest89_e.htm#2.1] und die amerikanische International Chemical Safety Card Nr. 1277 von 1998 [http://www.cdc.gov/niosh/ipcsneng/ neng1277.html]). Zur numerischen Chromosomenaberration (Aneuploidie) bei Säugetierzellen findet sich eine Studie aus dem Jahre 2002, welche Bezug auf eine Vielzahl älterer Studien nimmt (ILSE DECORDIER/ LUBINA DILLEN/ ENRICO CUNDARI/ MICHELINE KIRSCH-VOLDERS,

        Elimination of micronucleated cells by apoptosis after treatment with inhibitors of microtubules, Oxford, 2002 [http://en.scientificcommons.org/50373790, alle angegebenen Internetseiten zuletzt besucht am 15. September 2010]).

    3. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz den angefochtenen teilweisen Widerruf ohne eigene Abklärungen und ohne Einholung von Daten bei der Beschwerdeführerin allein gestützt auf die Ergebnisse des EU-Überprüfungsverfahrens verfügt hat. In diesem EU-Verfahren wurden die übrigen bisherigen Indikationen von

P.

(Einsatz im Obstbau, im Gemüsebau, im Feldbau und in

Zierpflanzen) nicht geprüft. Deren Aufnahme in den Anhang I der

Richtlinie 91/414/EWG erfolgte deshalb nicht, weil sie weder beantragt war, noch hiezu Unterlagen geliefert wurden.

Die Beurteilung der Sicherheit des Wirkstoffs durch die EU beruhte im Wesentlichen auf älteren, anfangs der 2000er-Jahre bereits bekannten Studien, welche auch die Vorinstanz bei Erteilung der ersten

provisorischen Bewilligung von P.

im Jahre 2001 sowie

insbesondere auch bei der späteren definitiven Zulassung kennen musste. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere auch für seinen Einsatz in den von der EU nicht geprüften, vorliegend umstrittenen Indikationen, lassen sich weder aus den veröffentlichten Unterlagen der EU noch aus den Akten entnehmen.

5.

Damit steht fest, dass die von der Anwendung des carbendazim-

haltigen Pflanzenschutzmittels P.

in den umstrittenen

Indikationen ausgehenden Gefahren im vorinstanzlichen Verfahren nicht ausreichend abgeklärt worden sind. Angesichts der beschränkten Überprüfung einzelner Indikationen im EU-Verfahren und der seit längerem bekannten allgemeinen Risiken des Einsatzes von Carbendazim wäre die Vorinstanz gehalten gewesen, eigene Abklärungen vorzunehmen oder doch zumindest die Beschwerdeführerin aufzufordern, zusätzliche Daten vorzulegen. Dass die Beschwerdeführerin nicht von sich aus weitere Unterlagen zum Nachweis der ausreichenden Sicherheit des Wirkstoffes Carbendazim in anderen Kulturen als den EU-geprüften eingereicht hat, kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden (Art. 21 Abs. 3 PSMV, vgl. auch Art. 14 PSMV). Die Vorinstanz hat die ihr obliegende Pflicht zur rechtsgenüglichen Abklärung des Sachverhalts (Art. 12 Abs. 1 VwVG) verletzt.

Die Vorinstanz war zwar trotz der vor Kurzem verlängerten Zulassungsbewilligung gestützt auf Art. 21 Abs. 1 PSMV berechtigt, aufgrund der Ergebnisse im EU-Verfahren die Bewilligung für das Pflanzenschutzmittel P. zu überprüfen. Im Rahmen dieser Überprüfung hätte sie aber abklären müssen, ob - trotz der nicht zu bestreitenden toxikologische Wirkung des Wirkstoffes Carbendazim, welche ein Risiko für Mensch und Tier darstellt - die von der EU nicht geprüfte Anwendung von P. in den widerrufenen Indikationen im Obstbau, im Gemüsebau, im Feldbau und in Zierpflanzen weiterhin

zugelassen bleiben kann. Diese Abklärungen unterliess die Vorinstanz.

6.

Zu beachten ist allerdings, dass der Bundesrat mit Wirkung ab dem 1. Juni 2010 Art. 22 Abs. 1bis PSMV revidiert hat (Ziff. I der Verordnung vom

12. Mai 2010, AS 2010 2101). Die Bestimmung lautet heute wie folgt:

Die Zulassungsstelle kann Pflanzenschutzmittel, die einen Wirkstoff enthalten, für den die EU bei der Genehmigung oder bei der Erneuerung der Genehmigung Bedingungen oder Einschränkungen festgelegt hat, jederzeit überprüfen. Sie kann bei der Bewilligungsinhaberin die für die Überprüfung dieser Bedingungen oder Einschränkungen notwendigen Daten einfordern, einschliesslich der relevanten Informationen für Wirkstoffe, und legt eine Frist für deren Einreichung fest. Sie kann direkt auf der Basis der verfügbaren Ergebnisse des Verfahrens zur Genehmigung oder zur Erneuerung der Genehmigung in der EU die Bewillligung anpassen oder entziehen oder die Bewilligung mit neuen Auflagen versehen.

Mit dieser Regelung wurden nicht nur die die Voraussetzungen und das Verfahren für die Änderung von Bewilligungen aufgrund (neuer) EUVorschriften gelockert, sondern überdies die Möglichkeit geschaffen, aufgrund von EU-rechtlichen Bedingungen oder Einschränkungen der Zulassung die Bewilligung zu entziehen. Damit wurden für die angesprochenen Fälle unter dem Titel der Bewilligungsänderung zum einen Abweichungen vom Überprüfungsverfahren gemäss Art. 21 PSMV vorgesehen, zum andern aber auch ein zusätzlicher, zu Art. 23 PSMV hinzutretender Widerrufsgrund geschaffen - was zwar rechtsetzungstechnisch unschön ist, die Verbindlichkeit der Norm aber nicht zu beeinträchtigen vermag. Weiterhin in Kraft blieb allerdings Art. 13 Abs. 2 PSMV, der die Zulassungsstelle und die Beurteilungsstellen verpflichtet, bei der Prüfung eines Wirkstoffs, der in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgeführt ist, die Erwägungen und Entscheide der EU-Kommission betreffend die Aufnahme in den Anhang I und die Erwägungen und Entscheide der Mitgliedstaaten über die Zulassung entsprechender Pflanzenschutzmittel - wenn zugänglich - zu berücksichtigen.

6.1. Da die Revision der PSMV während hängigem Beschwerdeverfahren in Kraft getreten ist, stellt sich die Frage, ob Art.

22 Abs. 1bis PSMV in der bei Erlass der angefochtenen Verfügung

gültigen oder in der heute, im Urteilszeitpunkt in Kraft stehenden Fassung anzuwenden ist. Die Parteien vertraten grundsätzlich die Ansicht, es sei die bis am 31. Mai 2010 gültige Version anzuwenden.

      1. Gemäss Lehre und bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist in aller Regel vom Rechtszustand auszugehen, wie er sich im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung dargestellt hat - soweit nicht Übergangsbestimmungen eine andere Regelung vorsehen (zu den allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen vgl. etwa BGE 125 II 598 mit Hinweisen). Dies gilt insbesondere dann, wenn das alte Recht für den Beschwerdeführenden im Ergebnis milder ist. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingetretene Rechtsänderungen sind an sich unbeachtlich, es sei denn, zwingende Gründe sprächen für die sofortige Anwendung des neuen Rechts. Das trifft vor allem dann zu, wenn Vorschriften um der öffentlichen Ordnung willen oder zur Durchsetzung erheblicher öffentlicher Interessen erlassen worden sind, die auch in hängigen Beschwerdeverfahren zu beachten sind - wie dies insbesondere bei gewissen Vorschriften der Umweltschutzgesetzgebung der Fall ist.

        Darüber hinaus soll bei der gerichtlichen Überprüfung von Dauerrechtsverhältnissen neues Recht angewandt werden, wenn die Rechtsänderung den Widerruf der Bewilligung rechtfertigen würde. Zu beachten ist damit, dass eine nach altem Recht unhaltbare Verfügung im Beschwerdeverfahren nicht aufzuheben ist, wenn nach neuem Recht eine identische Verfügung erlassen werden könnte (vgl. BGE 129 II 497 E. 5.3.2, 127 II 306 E. 7, 126 II 522 E. 3b mit Hinweisen; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines

        Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich/ Basel/Genf 2006, Rz. 322 ff., S. 64 ff.; PIERRE TSCHANNEN/ ULRICH ZIMMERLI/MARKUS MÜLLER, Allgemeines

        Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Bern 2009, S. 191 Rz. 20).

      2. Weder in der PSMV noch im LwG oder im ChemG finden sich Übergangsbestimmungen, die vorliegend anwendbar wären. So ist insbesondere die allgemeine Übergangsbestimmung von Art. 187 Abs.

        1 LwG, wonach aufgehobene materiellrechtliche Vorschriften auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen weiterhin anwendbar bleiben, nicht weiterführend, finden sich doch im vorliegenden Dauerrechtsverhältnis keine abgeschlossenen Sachverhalte, welche die Anwendung neuen Rechts ausschliessen würden. Art. 54 Abs. 4 ChemG, der die Anwendung neuen Rechts

        nahelegen könnte, findet keine Anwendung, da die Vorschriften des Landwirtschaftsrechts über Pflanzenschutzmittel nach ständiger Praxis den Vorschriften des Chemikaliengesetzes als leges speciales vorgehen (vgl. Urteil der Eidgenössischen Rekurskommission für Chemikalien CHEM 05.002 vom 28. Februar 2006 E. 4.1).

      3. Die neue Fassung von Art. 22 Abs. 1bis PSMV bringt kein umfassendes neues System der Berücksichtigung der Entwicklungen des Pflanzenschutzmittelrechts in der EU. Bereits die alte Fassung der Bestimmung erlaubte es, auf die verfügbaren Ergebnisse des EGVerfahrens zur Überprüfung der Wirkstoffe zu reagieren und Bewilligungen anzupassen und - sofern zusätzlich eine der Voraussetzungen von Art. 23 PSMV gegeben war - zu widerrufen. Mit der neuen Regelung werden die selben öffentlichen Interessen verfolgt, deren Durchsetzung aber erleichtert: Weiterhin ist es Ziel der Bestimmung, eine international einheitliche Beurteilung von Wirkstoffen zu erreichen und damit in erster Linie technische Handelshemmnisse abzubauen. Im Vordergrund stehen damit wirtschaftspolitische und nicht gesundheitsoder umweltpolizeiliche Interessen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Revision von Art. 22 Abs. 1bis PSMV um der öffentlichen Ordnung willen oder zur Durchsetzung erheblicher öffentlicher, insbesondere gesundheitsoder umweltpolizeilicher Interessen erfolgt ist.

        Zu beachten ist allerdings, dass die Bestimmung erstmals ausdrücklich die Möglichkeit des Widerrufs von Zulassungen direkt gestützt auf die verfügbaren Ergebnisse des EU-Verfahrens, also ohne selbständige schweizerische Abklärungen, eröffnet. Bereits bis anhin war ein Widerruf möglich, wenn dies aufgrund selbständiger Abklärungen der Schweizer Behörden gestützt auf Art. 23 PSMV angezeigt war (insbesondere dann, wenn das Gefährdungspotenzial als unannehmbar beurteilt wurde [Abs. 1 Bst. b], oder es sich nachträglich ergab, dass die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt waren [Abs. 1 Bst. c]). Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts stellt die Erleichterung der Widerrufbarkeit von Zulassungen aufgrund der Erkenntnisse des EU-Verfahrens keinen ausreichenden Grund für die sofortige Anwendung der neuen Fassung von Art. 22 Abs. 1bis PSMV im vorliegenden Beschwerdeverfahren dar.

      4. Das neue, während dem vorliegenden Beschwerdeverfahren in Kraft getretene Recht könnte folglich nur dann zur Anwendung gelangen, wenn es unmittelbar den Widerruf der Bewilligung erfordern würde, so dass deren Aufhebung selbst dann gerechtfertigt wäre, wenn sie nach altem Recht unzulässig gewesen wäre.

    1. Art. 22 Abs. 1bis PSMV (in der heute gültigen Fassung) eröffnet der zuständigen Behörde zwar die Möglichkeit, Zulassungsbewilligungen direkt gestützt auf die Ergebnisse des EU-Verfahrens zu entziehen bzw. zu widerrufen. Die Bestimmung sieht aber keinen Automatismus vor. Vielmehr hat die Behörde zu prüfen, ob selbständige Abklärungen in der Schweiz angezeigt sind oder die EU-Beurteilung direkt übernommen werden. Art. 13 Abs. 3 PSMV, der zwar in erster Linie für das Zulassungsverfahren gilt, nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts aber auch bei Zulassungsänderungen und -widerrufen zu beachten ist, verlangt zwar die Berücksichtigung von Erwägungen und Entscheiden der EU-Behörden, statuiert aber keine Bindung an das EU-Recht.

      Auch nach neuem Recht hat die zuständige Behörde die gemäss Art. 12 VwVG erforderlichen Sachverhaltsabklärungen vorzunehmen. Insbesondere hat sie abzuklären, ob sie direkt aufgrund der Ergebnisse des EU-Verfahrens entscheiden kann oder ob zusätzliche eigene Abklärungen erforderlich und bei der Bewilligungsinhaberin die notwendigen Daten zur Überprüfung der im EU-Verfahren festgelegten Bedingungen oder Einschränkungen einzuholen sind.

    2. Soweit vorliegend entscheidwesentlich stimmen damit die neurechtlichen Anforderungen an die Überprüfung der Zulassungsvoraussetzungen im Rahmen eines Widerrufsverfahrens mit jenen, die bis zum 31. Mai 2010 gültig gewesen sind, überein.

      Auch unter neuem Recht wäre die Vorinstanz verpflichtet gewesen, die erforderlichen Sachverhaltsabklärungen betreffend die von der EU nicht

      geprüften Anwendung von P.

      in den bisherigen Indikationen

      (Obstbau, Gemüsebau, Feldbau und Zierpflanzen) vorzunehmen und der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Vorlage der notwendigen Daten zu geben. Dadurch, dass sie dies unterliess, verletzte sie Art. 12 VwVG und Art. 22 Abs. 1bis PSMV (in der heute gültigen Fassung). Vorliegend erlaubt damit das neue Recht nicht unmittelbar den

      (teilweisen) Widerruf der Zulassungsbewilligung für P. , so dass es nicht anzuwenden ist.

      7.

      Damit steht fest, dass die Vorinstanz die ihr obliegende Pflicht zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung verletzt hat, so dass sich die angefochtene Verfügung als rechtswidrig erweist und aufzuheben ist.

        1. Nach Art. 61 Abs. 1 VwVG entscheidet die Beschwerdeinstanz grundsätzlich in der Sache selbst; nur ausnahmsweise weist sie die Streitsache mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück. Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend wegen der in entscheidenden Punkten unvollständigen Aktenlage und den noch durchzuführenden wissenschaftlichen Abklärungen gegeben. Die Vorinstanz ist wesentlich besser als das Bundesverwaltungsgericht in der Lage, rechtsgenüglich abzuklären, ob das Pflanzenschutzmittel P. weiter ohne Einschränkungen zuzulassen ist - oder ob aufgrund der neueren wissenschaftlicher Erkenntnisse oder einer geänderten Risikenbeurteilung ein (teilweiser) Widerruf notwendig ist.

        2. Die Beschwerde ist demnach in dem Sinne gutzuheissen, dass die angefochtene Verfügung aufgehoben und die Sache zur Ergänzung der Sachverhaltsabklärungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird. Unter diesen Umständen ist auf die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht weiter einzugehen. Insbesondere kann offen gelassen werden, ob die Vorinstanz mit ihrem Entscheid gegen Art. 5 bzw. 9 BV verstossen hat.

      8.

      Zu befinden bleibt noch über die Verfahrenskosten und eine allfällige Parteientschädigung.

      8.1. Die Verfahrenskosten hat in der Regel die unterliegende Partei zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Der im Wesentlichen unterliegenden Vorinstanz sind allerdings keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 2 VwVG).

      Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Die

      Parteientschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere notwendige Auslagen der Partei (Art. 8 VGKE). Der anwaltlich vertretenen Partei ist daher eine Parteientschädigung für die ihr entstandenen notwendigen Kosten zuzusprechen (Art. 10 Abs. 2 VGKE). Da keine Kostennote eingereicht wurde, ist die Parteientschädigung aufgrund der Akten festzusetzen (Art. 14 Abs. 2 S. 2 VGKE), wobei vorliegend zu berücksichtigen ist, dass weitere Verfahren der Beschwerdeführerin den im Wesentlichen gleichen Sachverhalt betreffen. Eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'500.- erscheint als angemessen.

      Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

      1.

      Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass die angefochtene Verfügung vom 4. August 2008 aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur Ergänzung der Sachverhaltsabklärungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.

      2.

      Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

      3.

      Der bereits geleistete Verfahrenskostenvorschuss von Fr. 1'200.- wird der Beschwerdeführerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zurückerstattet.

      4.

      Der Beschwerdeführerin wird zu Lasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- zugesprochen.

      5.

      Dieser Urteil geht an:

      • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

      • die Vorinstanz (Ref-Nr. ; Gerichtsurkunde)

      • das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement EVD

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Stefan Mesmer Ingrid Künzli

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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