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Bundesverwaltungsgericht Urteil C-1776/2013

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts C-1776/2013

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung III
Dossiernummer:C-1776/2013
Datum:09.04.2014
Leitsatz/Stichwort:nach Auflösung der Familiengemeinschaft
Schlagwörter : Verfügung; Bundes; Aufenthalt; Aufenthalts; Vorinstanz; Aufenthaltsbewilligung; Ehefrau; Integration; Zustimmung; Quot;; Verlängerung; Ehemann; Schweiz; Eheschutzverfahren; Bundesverwaltungsgericht; Beschwerdeführers; Regionalgericht; Drohung; Anspruch; Erteilung; Gericht; Voraussetzung; Entscheid; Kanton; Massnahmen; Drohungen
Rechtsnorm: Art. 261 ZPO ;Art. 265 ZPO ;Art. 48 VwVG ;Art. 49 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung III C-1776/2013

U r t e i l  v o m  9.  A p r i l  2 0 1 4

Besetzung Richterin Ruth Beutler (Vorsitz), Richter Antonio Imoberdorf, Richterin Jenny de Coulon Scuntaro,

Gerichtsschreiberin Barbara Giemsa-Haake.

Parteien A. ,

vertreten durch lic. iur. Rolf G. Rätz, Fürsprecher, Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung.

Sachverhalt:

A.

A. , geboren 1980, ist Staatsangehöriger von Kosovo. Dort heiratete er im März 2007 eine in der Schweiz niedergelassene Landsfrau, die 1985 geborene B. . Am 15. Dezember 2007 reiste er in die Schweiz ein. Aufgrund des Familiennachzugs erhielt er am 11. Januar 2008 eine Aufenthaltsbewilligung im Kanton Luzern, später im Kanton Bern. Seine Aufenthaltsbewilligung wurde regelmässig verlängert, letztmals mit Gültigkeit bis zum 15. Dezember 2012.

B.

Am 12. April 2012 reichte B. bei Regionalgericht Berner Jura - Seeland ein Gesuch um Anordnung von Eheschutzmassnahmen ein. Am

13. Juni 2012 beantragte sie den Erlass superprovisorischer Massnahmen, im Wesentlichen mit der Begründung, nach Erhalt der gerichtlichen Vorladung habe ihr Ehemann vermehrt Drohungen ausgestossen, u.a. dahingehend, sie und ihre Familie würden für die Einleitung der gerichtlichen Schritte büssen. Ihr sei es, auch zu ihrem Schutz, nicht mehr zuzumuten, mit ihrem Ehemann unter einem Dach zu wohnen. Mit Verfügung vom 14. Juni 2012 hiess das Regionalgericht dieses Gesuch gut und wies der Ehefrau ab sofort während der Dauer des Eheschutzverfahrens die eheliche Wohnung zur alleinigen Benützung zu. Den Ehemann wies es an, die Wohnung bis spätestens 15. Juni 2012, 18:00 Uhr zu verlassen, und verbot ihm das weitere Betreten. In der Gerichtsverhandlung vom 11. Juli 2012 trafen die Ehegatten eine Trennungsvereinbarung, in der sie festhielten, seit dem 13. Juni 2012 getrennt zu leben. Gleichzeitig verpflichtete sich A. , die eheliche Wohnung nicht mehr zu betreten und seiner Ehefrau nicht auf ihrem Arbeitsweg abzupassen oder sie an ihrem Arbeitsplatz aufzusuchen (zum Eheschutzverfahren siehe S. 8 ff. der vorinstanzlichen Akten).

C.

Mit Schreiben vom 21. Januar 2013 setzte die Migrationsbehörde der Stadt Biel das BFM vom Getrenntleben der Ehegatten und von den mit Verfügung vom 14. Juni 2012 vorsorglich angeordneten Eheschutzmassnahmen in Kenntnis. Sie führte weiterhin aus, dass sich A. seit fünf Jahren in der Schweiz aufhalte, dass er berufstätig sei und nicht vom Sozialamt unterstützt werden müsse. Abgesehen von den Vorfällen, die zu den Eheschutzmassnahmen geführt hätten, seien über ihn keine Klagen bekannt. Sie erklärte sich daher bereit, die Aufenthaltsbewilligung

von A. zu verlängern und ersuchte das BFM um entsprechende Zustimmung.

D.

Da das BFM die Verweigerung der Zustimmung ins Auge fasste, gewährte es A. hierzu mit Schreiben vom 28. Januar 2013 das rechtliche Gehör. Dieser äusserte sich am 26. Februar 2013 durch seinen Rechtsvertreter.

E.

Mit Verfügung vom 15. März 2013 - Ersatz für eine teilweise fehlerhafte Verfügung vom 6. März 2013 - verweigerte das BFM die Zustimmung zur

Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und wies A.

aus der

Schweiz weg. Dieser könne, nachdem sein eheliches Zusammenleben mit einer hier niedergelassenen Ausländerin mehr als drei Jahre gedauert habe, unter den Voraussetzungen von Art. 50 Abs. 1 Bst. a oder b des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 2005 (AuG, SR 142.20) einen Anspruch auf weiteren Aufenthalt geltend machen. Die diesbezüglichen Voraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt.

    1. Aufgrund des vor dem Regionalgericht Berner Jura - Seeland durchgeführten Eheschutzverfahrens sei davon auszugehen, dass A. gegenüber seiner Ehefrau regelmässig eheliche Gewalt angewendet habe. Der gerichtlichen Verfügung vom 14. Juni 2012 zufolge habe die Ehefrau nämlich glaubhaft dargelegt, immer wieder seinen Repressionshandlungen und öffentlich ausgesprochenen Drohungen ausgesetzt gewesen zu sein. Ihre Belastungen hätten offenbar, so das Regionalgericht, ein solches Ausmass erreicht, dass ihre ärztliche Behandlung erforderlich geworden sei. Auch die in der Trennungsvereinbarung vom 11. Juli 2012 eingegangene Verpflichtung des Ehemannes, sich von seiner Ehefrau fernzuhalten, spreche für seine im Sinne ehelicher Gewalt begangenen Verfehlungen.

      Aus erwähnter Verfügung und Trennungsvereinbarung gehe augenfällig hervor, dass A. "wohl aufgrund seines traditionell patriarchalen Lebenskonzepts und seiner Persönlichkeit nur beschränkt in der Lage war, mit den komplexen Anforderungen der Immigration, den familiären und transkulturellen Problemen und den Anforderungen der Ehe fertig zu werden. Um die ihm zunehmend entgleitende Kontrolle über seine persönliche und familiäre Situation zu behalten, setzte er immer wieder das aus seiner Heimat bekannte und für ihn geläufige Mittel der Drohung und

      Einschüchterung ein." Dieses Verhalten sei nicht zu bagatellisieren. Of-

      fensichtlich sei A.

      nicht gewillt, die hiesigen Gewohnheiten im

      Umgang mit Ehepartnern zu respektieren. Zudem sei er mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern vom 16. März 2012 wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln zu einer Busse von Fr. 200.- verurteilt worden. Aus alldem ergebe sich, dass bei ihm, obwohl erwerbstätig und finanziell unabhängig, nicht von einer erfolgreichen Integration gemäss Art. 50 Abs. 1 Bst. a AuG ausgegangen werden könne.

    2. Die Voraussetzungen eines persönlichen nachehelichen Härtefalls im Sinne von Art. 50 Abs. 1 Bst. b AuG seien bei A. ebenso wenig erfüllt. Beruflich möge er integriert sein. Er bemühe sich auch um ein Kennenlernen der Schweiz und habe sich Deutschkenntnisse angeeignet. Ausserdem gehe er heute einer geregelten Arbeit nach. Mit Sicht auf sein Verhalten während der Ehe hätten seine Bemühungen jedoch weder zu einer über das übliche Mass hinausgehenden Integration noch einer besonders engen Beziehung zur Schweiz geführt. Damit wäre auch seine Reintegration im Herkunftsland unproblematisch. Anhaltspunkte, welche eine ermessensweise Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 18 - 30 AuG rechtfertigen könnten, gäbe es nicht. Schliesslich sei der Vollzug der Wegweisung in seine Heimat möglich, zulässig und zumutbar.

F.

Mit den Anträgen, die Verfügung vom 15. März 2013 aufzuheben und sei-

ne Aufenthaltsbewilligung zu verlängern, erhob A.

mit Eingabe

vom 4. April 2013 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er macht geltend, ihm könne als einzige Verfehlung der Strafbefehl vom 16. März 2012 entgegengehalten werden. Dabei handle es sich jedoch um eine Bagatelle, die seine Integration nicht ernsthaft in Frage stellen könne. Demgegenüber seien der von der Vorinstanz erhobene Vorwurf häuslicher Gewalt und die daraus gezogene Schlussfolgerung der fehlenden Integration haltlos. Die Vorinstanz habe verkannt, dass sich eine superprovisorische Verfügung nicht auf Fakten abstütze, sondern auf blosse Behauptungen einer Partei. Dementsprechend sei die Verfügung des Regionalgerichts Berner Jura - Seeland vom 14. Juni 2013 nur gestützt auf die Angaben der Ehefrau und ohne jegliche Beweisabnahme erfolgt. Mit der wenig später abgeschlossenen Vereinbarung vom 11. Juli 2012 sei denn auch das Eheschutzverfahren gütlich beendet worden und das Superprovisorium aufgehoben worden. Die Anschuldigungen der Ehefrau seien damit erklärbar, dass sie gegenüber ihrer Familie eine Rechtfertigung gebraucht habe, sei es doch in ihrem Kulturkreis ungehörig, dass eine Ehefrau den Ehemann verlasse. Um glaubwürdig zu sein, habe sie in der Trennungsvereinbarung denn auch auf der schriftlichen Verpflichtung des Ehemannes bestanden, ihr weder auf dem Arbeitsweg abzupassen noch sie an ihrem Arbeitsplatz aufzusuchen. Auch wenn er, der Beschwerdeführer, dergleichen gar nicht vorgehabt habe, habe er diese Vereinbarung dem Frieden zuliebe akzeptiert. Es gebe jedenfalls keine Anzeigen und ärztlichen Berichte oder Ähnliches, was die angeblich regelmässige häusliche Gewalt bzw. die Drohungen gegenüber seiner Ehefrau belegen würden.

Mittlerweile befinde er, der Beschwerdeführer, sich seit gut sechs Jahren in der Schweiz. Er habe die deutsche Sprache erlernt und bei [ ] erhalten; diese Stelle sei ihm vorerst bis Ende Februar 2015 zugesichert worden. Hierdurch sei er finanziell unabhängig und könne in geordneten Verhältnissen leben. Als Mitarbeiter der [ ] sei es für ihn auch selbstverständlich, sich an die hiesigen Gepflogenheiten zu halten. Die wohlwollende Arbeitsbestätigung vom 5. Februar 2013 mache denn auch deutlich, dass er eine integere und anständige Persönlichkeit sei. Auch sozial sei er in der Schweiz integriert. Familiäre Kontakte bestünden zu einer Schwester und einem Bruder, die beide hier lebten. Auch habe er sich in den vergangenen Jahren einen Bekanntenund Freundeskreis aufgebaut.

G.

In ihrer Vernehmlassung vom 30. April 2011 (recte: 2013) beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde. Beim Beschwerdeführer könne nicht von einer erfolgreichen Integration im Sinne von Art. 50 Abs. 1 Bst. a AuG ausgegangen werden. Im Eheschutzverfahren habe das Gericht die Darstellungen der Ehefrau als glaubhaft erachtet und sei aufgrund dessen zum Schluss gekommen, dass für sie vom Beschwerdeführer eine ernst zu nehmende Gefahr ausgehe. Wenn sich dieser, in offensichtlichem Kontrast dazu, nun in ein besseres Licht zu rücken versuche, sei dies unbehelflich.

H.

In seiner darauffolgenden Replik vom 5. Juni 2013 macht der Beschwerdeführer geltend, es liege in der Natur der Sache, dass es in der Trennungsphase einer Beziehung zu Streit, Beschimpfungen usw. komme. Hätten derartige Differenzen jemals ein Mass für strafrechtliche Ermittlungen erreicht, wären diese auch zwingend eingeleitet worden, zumal nach den geltenden Bestimmungen des Strafgesetzbuch vom 21. Dezember

1937 (StGB, SR 311.0) u.a. auch einfache Körperverletzung (Art. 123), wiederholte Tätlichkeiten (Art. 126) und Drohung (Art. 180) Offizialdelikte seien, wenn diese Handlungen während der Ehe oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung begangen worden seien. Für die Einleitung eines Strafverfahrens habe jedoch niemand gesorgt. Die Verfügung des Regionalgerichts vom 14. Juni 2012 beruhe nicht auf erwiesenen Tatsachen, sondern lediglich darauf, dass eine zu befürchtenden Rechtsgutverletzung glaubhaft gemacht worden sei.

I.

Die Replik wurde der Vorinstanz mit Verfügung vom 11. Juni 2013 zur Kenntnisnahme übersandt. Gleichzeitig wurde der Schriftenwechsel geschlossen.

J.

Der weitere Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen Berücksichtigung finden.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht unter Vorbehalt der in Art. 32 genannten Ausnahmen Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), welche von einer der in Art. 33 aufgeführten Behörden erlassen wurden. Darunter fallen Verfügungen des BFM, welche sowohl die Zustimmung zur Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung als auch die Wegweisung betreffen. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet endgültig, soweit nicht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen steht (vgl. Art. 83 Bst. c Ziff. 2 und 4 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).

    2. Gemäss Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.

    3. Als Adressat der Verfügung ist der Beschwerdeführer zu deren Anfechtung legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf seine fristund formge-

recht erhobene Beschwerde ist einzutreten, soweit die Aufhebung der angefochtenen Verfügung bzw. die Zustimmung zur in Aussicht gestellten Verlängerung der kantonalen Aufenthaltsbewilligung beantragt wird (Art. 50 und 52 VwVG).

2.

Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2012/21 E. 5 und 2011/43 E. 6.2).

3.

    1. Gemäss Art. 43 Abs. 1 AuG haben ausländische Ehegatten von Personen mit Niederlassungsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen, Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und - nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren - Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung (Art. 43 Abs. 2 AuG). Nach Auflösung der Ehe oder Familiengemeinschaft - mit gemeint ist auch die eheliche Gemeinschaft - besteht der Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht (Art. 50 Abs. 1 Bst. a AuG) oder wenn wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 Bst. b AuG). Ansprüche nach Art. 50 AuG erlöschen u.a. dann, wenn Widerrufsgründe nach Art. 62 AuG vorliegen (Art. 51 Abs. 2 Bst. b AuG).

    2. Die Kantone sind gemäss Art. 40 AuG zuständig für die Erteilung und Verlängerung von Bewilligungen, wobei die Zuständigkeit des Bundes

u.a. für das Zustimmungsverfahren nach Art. 99 AuG vorbehalten bleibt. Dieser Bestimmung zufolge legt der Bundesrat fest, in welchen Fällen Kurzaufenthalts-, Aufenthaltsund Niederlassungsbewilligungen sowie kantonale arbeitsmarktliche Vorentscheide dem Bundesamt zur Zustimmung zu unterbreiten sind. Gestützt auf Art. 99 AuG hat der Bundesrat dem BFM in Art. 85 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE, SR 142.201) die Zuständigkeit für die Zustimmung zur Erteilung der Kurzaufenthalts-, Aufenthaltsund Niederlassungsbewilligung sowie zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung übertragen, u.a. auch für die Fälle, in denen "es ein Zustimmungsverfahren zur Koordination der Praxis im Rahmen des Gesetzesvollzugs für bestimmte Personenund Gesuchskategorien als notwendig erachtet" (Art. 85 Abs. 1 Bst. a VZAE). Die hierdurch erhaltene Kompetenz hat das BFM in seinen Weisungen zum Ausländerbereich (nachfolgend: Weisungen) präzisiert (Quelle: Erreur ! Référence de lien hypertexte non valide.. Sie sehen in Ziffer 1.3.1.4 Bst. e vor, dass die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft mit dem schweizerischen oder ausländischen Ehegatten oder nach dessen Tod dem BFM zur Zustimmung zu unterbreiten ist, falls die betroffene ausländische Person nicht aus einem Mitgliedstaat der EFTA oder der EG stammt.

4.

A. verfügt seit dem 11. Januar 2008 über eine Aufenthaltsbewilligung, die ihm aufgrund von Eheschliessung und Familiennachzug erteilt wurde. Er und seine Ehefrau trafen am 11. Juli 2012 eine gerichtlich genehmigte Vereinbarung, der zufolge sie seit dem 13. Juni 2012 getrennt leben. Zur Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft kam es danach nicht mehr. Der Beschwerdeführer hat somit den auf Art. 43 Abs. 1 AuG gestützten Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung verloren. Ein entsprechender nachehelicher Anspruch liesse sich aus Art. 50 Abs. 1 Bst. a oder b AuG herleiten. Bejahendenfalls hätte dann das BFM die Zustimmung zur Verlängerung der Bewilligung zu erteilen.

5.

Die zuständige Migrationsbehörde des Kantons und die Vorinstanz sind zutreffend von einer mehr als drei Jahre dauernden ehelichen Gemeinschaft des Beschwerdeführers ausgegangen. Damit ist eine der in Art. 50 Abs. 1 Bst. a AuG genannten Voraussetzungen gegeben. Fraglich ist, ob auch die weitere Voraussetzung der erfolgreichen Integration vorliegt. Hiervon ist dann auszugehen, wenn die ausländische Person die rechtsstaatliche Ordnung und die Werte der Bundesverfassung respektiert sowie den Willen zur Teilnahme am Berufsleben und zum Erwerb der am Wohnort gesprochenen Sprache bekundet (vgl. Art. 77 Abs. 4 VZAE).

Wirtschaftliche Unabhängigkeit bzw. die Möglichkeit, für den eigenen Lebensunterhalt aufzukommen, gehören ebenfalls dazu.

    1. Die Vorinstanz hat ausdrücklich offen gelassen, ob im Verhalten des Beschwerdeführers Widerrufsgründe nach Art. 62 Bst. c AuG erblickt werden könnten. Sie hat indessen die erfolgreiche Integration des Beschwerdeführers unter Hinweis auf das von seiner Ehefrau eingeleitete Eheschutzverfahren - insbesondere die superprovisorische Verfügung vom 14. Juni 2012 - verneint. Der Begründung ihres Entscheids ist zu entnehmen, dass sie die in jenem Verfahren von B. gegenüber ihrem Ehemann erhobenen Vorwürfe als erwiesene Tatsachen betrachtet, weil diese Vorwürfe Grundlage der superprovisorischen Verfügung waren. Eine solche Schlussfolgerung ist jedoch nicht ohne Weiteres zulässig.

      1. Art. 261 ff. der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (ZPO, SR 272) regeln die Anordnung vorsorglicher Massnahmen. Gemäss Art. 261 Abs. 1 ZPO trifft das Gericht die notwendigen vorsorglichen Massnahmen, wenn die gesuchstellende Person glaubhaft macht, dass ein ihr zustehender Anspruch verletzt ist oder eine Verletzung zu befürchten ist und ihr aus der Verletzung ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht. Bei besonderer Dringlichkeit, insbesondere bei Vereitelungsgefahr, können gemäss Art. 265 Abs. 1 ZPO derartige Massnahmen sofort und ohne vorherige Anhörung der Gegenpartei angeordnet werden (superprovisorische Massnahmen). Auf dieser gesetzlichen Grundlage beruht auch die Verfügung des Regionalgerichts Berner Jura - Seeland vom 14. Juni 2012. Explizit wurde dabei ausgeführt, dass eine entsprechende Gefahr lediglich glaubhaft gemacht werden, d.h. für diese nicht der volle Beweis erbracht werden müsse. Vielmehr sei es genügend, aber auch erforderlich, wenn für das Vorhandensein der in Frage stehenden Tatsache eine gewisse Wahrscheinlichkeit spreche, auch wenn noch mit der Möglichkeit zu rechnen sei, dass sie sich nicht verwirklicht haben könnte (vgl. Verfügung E. 6). Vorliegend habe die Gesuchstellerin glaubhaft dargelegt, dass ihr Ehemann ihr gegenüber regelmässig Repressionshandlungen vornehme und auch in der Öffentlichkeit nicht davor zurückschrecke, Drohungen auszustossen. Ihre psychischen und physischen Belastungen hätten offenbar ein solches Ausmass erreicht, dass sie sich in ärztliche Behandlung habe begeben müssen, was durch ein entsprechendes Arztzeugnis belegt worden sei. Ihr könne unter diesen Voraussetzungen nicht zugemutet werden, die auf den 11. Juli 2012 angesetzte Eheschutzverhandlung abzuwarten (vgl. Verfügung E. 8).

      2. Die Ausführungen der superprovisorischen Verfügung lassen folglich nur darauf schliessen, dass die Behauptung einer vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr vom Gericht für glaubhaft erachtet wurde, nicht aber, dass eine solche Gefahr tatsächlich real gewesen wäre.

      3. Es stellt sich demnach die Frage, ob es für die Vorinstanz im Umfeld des Eheschutzverfahrens sonstige Anhaltspunkte gab, die ihr erlaubt hätten, auf die fehlende Integration des Beschwerdeführers zu schliessen. Was das ihm zur Last gelegte Verhalten in seiner Ehe angeht, so sind die hierzu aufgestellten Behauptungen der Ehefrau jedoch weder konkret noch eindeutig. Ihr Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen vom 13. Juni 2012 befindet sich zwar nicht bei den vorinstanzlichen Akten; dessen Begründung scheint jedoch in der Verfügung des Regionalgerichts vom 14. Juni 2012, soweit sie entscheidserheblich war, wörtlich wiedergegeben zu sein (vgl. oben E. 5.1.1). Im zuvor eingereichten Gesuch um Anordnung von Eheschutzmassnahmen vom 12. April 2012 hatte B. geltend gemacht, das eheliche Zusammenleben habe sich von Anfang an als sehr schwierig erwiesen. Sie fühle sich seit längerer Zeit von ihrem Ehemann "sowohl physisch als auch psychisch unter Druck gesetzt". Dieser habe begonnen, ihre Briefpost systematisch zu kontrollieren und ihr vorzuenthalten; er schrecke auch vor mündlich ausgesprochenen, allerdings sehr allgemein gehaltenen Drohungen nicht zurück. Derartige Vorbringen der Ehefrau, zwar zweckdienlich im Eheschutzverfahren, sind jedoch nicht per se geeignet, um mit der Vorinstanz auf vom Beschwerdeführer ausgeübte eheliche Gewalt (im Sinne der Rechtsprechung) und dessen fehlende Integration schliessen zu können. Wohl weisen sie auf heftige Auseinandersetzungen im Rahmen eines ehelichen Konfliktes hin. Das Vorgefallene lässt sich jedoch weder zeitlich noch hinsichtlich Art und Intensität genau einordnen. Hierzu bedürfte es weiterer Beweismassnahmen wie Anhörung des Beschwerdeführers oder Zeugeneinvernahme der Ehefrau. Es ist insbesondere auch nicht ersichtlich, dass B. gegen ihren Ehemann Strafanzeige erstattet hätte oder dass sonst wie gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wäre. Selbst bei einfacher Körperverletzung, wiederholten Tätlichkeiten oder im Falle von Drohungen hätte es sich bei der hier vorliegenden ehelichen Konstellation, wie von Seiten des Beschwerdeführers zu recht eingewendet wird, um Offizialdelikte gehandelt.

    1. Eine andere Schlussfolgerung lässt auch das an die Migrationsbehörde der Stadt Biel gerichtete Schreiben der Ehefrau vom 9. Januar 2013 nicht zu. Diese hat dort ihrer Überzeugung Ausdruck verliehen, ihr Ehemann habe sie nur geheiratet, um eine Aufenthaltsbewilligung zu erlangen. Sie sei in psychologischer Behandlung, weil er sie "physisch und psychisch kaputt gemacht" und damit gedroht habe, sie und ihre Familie müssten im Fall einer Scheidung an ihn "eine Menge Geld zahlen". Ob und inwieweit diese Beschuldigungen zutreffen, kann nicht festgestellt werden. Vor dem Hintergrund, dass diese allgemein gehalten sind, strafrechtlich bisher nicht relevant waren und zu keinen Beweiserhebungen seitens der kantonalen Behörde Anlass gaben, lässt sich hieraus zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht genügend Konkretes ableiten.

    2. Abgesehen von der Bedeutung, welche sie dem Eheschutzverfahren beimisst, hat die Vorinstanz in ihrer Verfügung ausgeführt, der Beschwerdeführer sei "heute erwerbstätig und finanziell unabhängig" und möge auch beruflich integriert sein. Sie hat ihm ebenfalls zugutegehalten, dass er sich um ein Kennenlernen der Schweiz bemühe und sich Deutschkenntnisse angeeignet habe. Mit der Wahl dieser Formulierungen hat die Vorinstanz angedeutet, dass gewisse Aspekte durchaus für eine Integration sprechen würden. Angesichts der ihrer Meinung nach bereits aus anderen Gründen zu verneinenden Integration des Beschwerdeführers hat sie diese Anhaltspunkte jedoch nicht näher abgeklärt. Ob diesem eine erfolgreiche Integration gelungen ist, kann daher an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Festzuhalten ist immerhin, dass die Vorinstanz eine ungenügende Integration des Beschwerdeführers nicht allein mit dem gegen ihn ergangen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern vom 16. März 2012 begründen kann. Die diesem Entscheid zugrunde liegende Verfehlung, eine einfache Verletzung der Verkehrsregeln mit einer daraus resultierenden Busse von Fr. 200.-, ist dafür zu geringfügig.

6.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der rechtserhebliche Sachverhalt nicht erstellt ist. Zu Unrecht hat die Vorinstanz lediglich aufgrund der Ergebnisse des Eheschutzverfahrens und aufgrund des am 16. März 2012 ergangenen Strafbefehls die erfolgreiche Integration des Beschwerdeführers verneint. Andererseits geben die Akten keinen Aufschluss darüber, ob die hierzu erforderlichen Voraussetzungen ansonsten erfüllt wären.

7.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt (vgl. Art. 49 Bst. b VwVG). Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben. Die Sache ist zu weiteren Abklärungen und zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

8.

Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG). Der vom Beschwerdeführer geleistete Kostenvorschuss ist zurückzuerstatten.

9.

Für die ihm im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erwachsenen notwendigen Kosten ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG). Diese ist in Anwendung von Art. 7 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) und unter Berücksichtigung der Kostennote vom 5. Juni 2013 auf Fr. 3'000.- (inkl. MwSt.) festzusetzen.

Dispositiv nächste Seite

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung aufgehoben.

2.

Die Sache wird zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der vom Beschwerdeführer geleistete Kostenvorschuss von Fr. 1'200.- wird zurückerstattet.

4.

Die Vorinstanz wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.- (inkl. MwSt.) auszurichten.

5.

Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Akten retour)

  • das Amt für öffentliche Sicherheit und Bevölkerung der Stadt Biel

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Ruth Beutler Barbara Giemsa-Haake

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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