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Bundesverwaltungsgericht Urteil B-6642/2018

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts B-6642/2018

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:B-6642/2018
Datum:21.03.2019
Leitsatz/Stichwort:Arbeitnehmerschutz
Schlagwörter : Arbeit; Bewilligung; Unentbehrlichkeit; Quot;; Gründen; Sonntag; Tarbeit; Betrieb; Vorinstanz; Strassen; Sonntags; Arbeitnehmer; Sonntagsarbeit; Tiefbau; Produkt; Tiefbauarbeiten; ASTRA; Verkehrsaufkommen; Produktion; Unterbruch; Feiertagsarbeit; Auftrag; Urteil
Rechtsnorm: Art. 110 BV ;Art. 17 ArG ;Art. 18 ArG ;Art. 19 ArG ;Art. 20 ArG ;Art. 28 ArG ;Art. 42 ArG ;Art. 48 VwVG ;Art. 49 ArG ;Art. 52 VwVG ;Art. 63 VwVG ;
Referenz BGE:131 V 431; 136 II 427
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung II B-6642/2018

U r t e i l  v o m  2 1.  M ä r z  2 0 1 9

Besetzung Richter Daniel Willisegger (Vorsitz),

Richter Keita Mutombo, Richter Francesco Brentani, Gerichtsschreiber Pascal Waldvogel.

Parteien Gewerkschaft A. ,

Beschwerdeführerin,

gegen

X. AG,

Beschwerdegegnerin,

Staatssekretariat für Wirtschaft SECO,

Vorinstanz.

Gegenstand Bewilligung für Nachtarbeit sowie Sonnund Feiertagsarbeit.

Sachverhalt:

A.

Mit Eingabe vom 5. September 2018 ersuchte die Beschwerdegegnerin bei der Vorinstanz um Bewilligung von Nachtarbeit sowie Sonnund Feiertagsarbeit für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2021 für Strassenund Tiefbauarbeiten auf den Hauptverkehrsachsen mit hohem Verkehrsaufkommen und im Auftrag vom ASTRA, die nicht zwischen Montag und Samstag, während des Tagesund Abendzeitraumes erledigt werden können.

B.

Mit Verfügung vom 27. Oktober 2018 (im SHAB veröffentlicht am [ ]) bewilligte die Vorinstanz der Beschwerdegegnerin Nachtarbeit sowie Sonnund Feiertagsarbeit für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 28. Februar 2022 für Strassenund Tiefbauarbeiten auf den Hauptverkehrsachsen (Autobahnen, Flughafengelände, etc.) mit hohem Verkehrsaufkommen und im Auftrag von ASTRA, die aus sicherheitstechnischen Gründen nicht zwischen Montag und Samstag, während des Tagesund Abendzeitraumes erledigt werden können.

C.

Mit Eingabe vom 22. November 2018 erhob die Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung.

D.

Je mit Eingaben vom 7. Februar 2019 beantragten die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig (Art. 31 f. sowie Art. 33 Bst. d VGG). Die Beschwerdeführerin ist spezialgesetzlich zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 Abs. 2 VwVG i.V.m. Art. 58 des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel [Arbeitsgesetz, ArG, SR 822.11]; zur sog. ideellen Verbandsbeschwerde: vgl. Urteil des BVGer B-2257/2010 vom 15. Oktober 2010 E. 1; Urteile des BGer 2C_44/2013 vom 12. Februar 2014 E. 1.1;

2C_379/2013, 2C_419/2013 vom 10. Februar 2014 E. 1.2). Sie hat den eingeforderten Kostenvorschuss fristgerecht bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG) und die Beschwerde fristund formgerecht eingereicht (Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes sowie Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG).

3.

    1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Bewilligung sei sehr wenig konkretisiert und lasse viele Fragen offen. Sie sei nicht individuell-konkret, sondern individuell-abstrakt und regle eine Vielzahl teils unbekannter Sachverhalte, was nicht zulässig sei. Die Vorinstanz müsse bestimmen, welche Arbeiten genau aufgrund der technischen Unentbehrlichkeit nur in der Nacht und am Sonntag ausgeführt werden könnten. Die Vorinstanz delegiere dies unzulässig an das ASTRA bzw. die Beschwerdegegnerin. Die Beschwerdegegnerin bringe im Gesuch keinerlei materiellen Grund vor, der Nachtund Sonntagsarbeit unumgänglich machen würde. Ausserdem könne nicht schlüssig geklärt werden, ob nun die Tagesoder die Nachtbzw. die Wochenoder die Wochenendarbeit im Strassenbau einer höheren Unfallgefahr ausgesetzt sei.

      Die Bewilligung sei für einen Zeitraum von 38 Monaten erteilt worden, was viel zu lange sei. Ausserdem seien von der Beschwerdegegnerin nur 36 Monate verlangt worden. Die Bewilligung stelle quasi eine Pauschalbewilligung für Strassenund Tiefbauarbeiten an sämtlichen denkbaren Orten, welche verkehrsbelastet seien, dar. Die angefochtene Bewilligung verletze den Grundsatz, dass diese nur für die Dauer der zwingenden Unentbehrlichkeit des Arbeitsablaufes erteilt werden dürfe. Sie verstosse gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit.

      Der Beschwerdegegnerin sei es nicht gelungen, den Nachweis für die technische Unentbehrlichkeit zu erbringen. Bei reiner Tagesarbeitszeit sei eine Gefährdung der Produktion nicht gegeben. Auch würden Unterbrüche nicht zu einer Qualitätsminderung des Produktes führen. Ebenso sei nicht ersichtlich, dass die Umgebung oder die Sicherheit gefährdet werde.

    2. Die Beschwerdegegnerin bringt vor, für Notfalleinsätze sei es wichtig, dass im Zeitpunkt des Notfalls bereits eine Bewilligung vorliege. Die Bewilligung stütze sich auf sicherheitsrelevante und volkswirtschaftliche Gründe. Die Sicherheit der Arbeitnehmer sei in stark befahrenen Verkehrsachsen zu gewährleisten und bei Notfällen seien weitergehende Auswirkungen auf die Allgemeinheit und die Gesamtwirtschaft zu vermeiden.

      Die Bewilligung sei klar und deutlich umschrieben. Sie beschränke sich auf Hauptverkehrsachsen und stehe unter zusätzlichen Voraussetzungen. So müsse ein hohes Verkehrsaufkommen vorliegen, die Arbeit müsse im Auftrag des ASTRA erfolgen und dürfe aus sicherheitsrelevanten Gründen nicht tagsüber erledigt werden können.

      Die Bewilligung müsse langfristig erfolgen, da es sich bei Strassenund Tiefbauarbeiten, gerade im Bereich der Nationalstrassen, um langfristige Projekte handle. Selbst bei bester Planung könne nicht jede Situation vorausgesehen werden. Die technische Unentbehrlichkeit liege im Schutz der Gesundheit und des Lebens der Arbeitnehmer. Dieser Schutz sei höher zu gewichten als der Schutz vor Nacht-, Sonntagsund Feiertagsarbeit. Weiter spiele die Durchführbarkeit der Arbeiten eine wichtige Rolle. So könne die Anlieferung von Material am Tag bei hohem Verkehrsaufkommen und auch die Möglichkeit von Manövern im Baustellenbereich tagsüber erheblich erschwert werden.

    3. Die Vorinstanz führt in der Vernehmlassung aus, die Beschwerdegegnerin dürfe lediglich auf Hauptverkehrsachsen Strassenund Tiefbauarbeiten im Auftrag des ASTRA in der Nacht und am Sonntag ausführen. Die Bewilligung werde zusätzlich beschränkt, indem sie Arbeiten nur erlaube, wenn diese aus sicherheitstechnischen Gründen nicht zwischen Montag und Samstag, während des Tagesoder Abendzeitraumes erledigt werden könnten. Das ASTRA erteile zudem nur Aufträge für Baustellen auf Nationalstrassen. Mit "Flughafengelände" sei der Flughafen selbst gemeint. Geographisch sei die Bewilligung nur für Arbeiten auf dem Gebiet des Kantons Y. ausgestellt. Die Bewilligung richte sich an ein Unternehmen und betreffe einen klar begrenzten Sachverhalt.

Die Bewilligung sei aus administrativen Gründen um zwei Monate verlängert worden, damit die Arbeitslast besser verteilt werden könne. Da die Bewilligung auf bestimmte Arbeiten beschränkt worden sei, sei der Grundsatz der Verhältnismässigkeit eingehalten worden. Ob im konkreten Fall die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Bewilligung tatsächlich gegeben seien, lasse sich letztlich nur durch eine Kontrolle der kantonalen Vollzugsbehörden vor Ort beurteilen.

Die Gründe für eine technische Unentbehrlichkeit nenne das Gesetz nicht abschliessend. Vorliegend seien die Sicherheit der Arbeitnehmenden sowie die Betriebsumgebung und die übrigen Verkehrsteilnehmer durch die im entsprechenden Strassenabschnitt herrschende Verkehrssituation gefährdet. Die Nachtarbeit habe das Ziel, die Gesundheit der Arbeitnehmenden zu schützen. Insgesamt erweise sich diese thematisch eingeschränkte Nachtund Sonntagsarbeit als unentbehrlich. Überdies rechtfertige auch das besondere Konsumbedürfnis die Erteilung der Bewilligung.

4.

    1. Gemäss Art. 16 ArG (Verbot der Nachtarbeit) ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern ausserhalb der betrieblichen Tagesund Abendarbeitszeiten nach Art. 10 ArG untersagt.

      Die Arbeit von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr gilt als Tagesarbeit, die Arbeit von 20:00 Uhr bis 23:00 Uhr als Abendarbeit (Art. 10 ArG). In der Zeit zwischen Samstag 23:00 Uhr und Sonntag 23:00 Uhr ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern untersagt (Art. 18 Abs. 1 ArG). Feiertage sind den Sonntagen gleichgestellt (Art. 20a Abs. 1 ArG).

      Ausnahmen vom Verbot der Nachtund Sonntagsarbeit bedürfen der Bewilligung (Art. 17 Abs. 1 bzw. Art. 19 Abs. 1 ArG). Dauernde oder regelmässig wiederkehrende Nachtund Sonntagsarbeit wird bewilligt, sofern sie aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unentbehrlich ist (Art. 17 Abs. 2 bzw. Art. 19 Abs. 2 ArG). Art. 28 der Verordnung 1 vom 10. Mai 2000 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1, SR 822.111) konkretisiert die Ausnahmen.

    2. Art. 28 Abs. 1 ArGV 1 bestimmt die Unentbehrlichkeit aus technischen Gründen. Technische Unentbehrlichkeit liegt insbesondere vor, wenn ein Arbeitsverfahren oder Arbeiten nicht unterbrochen werden können, weil mit der Unterbrechung oder dem Aufschub erhebliche und unzumutbare Nachteile für die Produktion und das Arbeitsergebnis oder die Betriebseinrichtungen verbunden sind (Bst. a), andernfalls die Gesundheit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen oder die Umgebung des Betriebes gefährdet werden (Bst. b).

      Die Verordnungsbestimmung zählt zwei Varianten der Unentbehrlichkeit auf. Wie sich aus dem Wortlaut ("insbesondere") ergibt, ist die Aufzählung nicht abschliessend. Die Bestimmung ist eine Konkretisierung des gesetzlichen Ausnahmetatbestandes (Art. 17 ArG), wonach Ausnahmen vom Verbot der Nachtarbeit der Bewilligung bedürfen (Abs. 1) und dauernde oder regelmässig wiederkehrende Nachtarbeit bewilligt wird, sofern sie auch aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unentbehrlich ist (Abs. 2).

    3. Der Ausdruck der "Unentbehrlichkeit aus technischen Gründen" bzw. der "technischen Unentbehrlichkeit" hat den Gehalt eines unbestimmten Rechtsbegriffs, der im konkreten Anwendungsfall auszulegen ist. Der Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut eines Erlasses. Ergibt die grammatikalische Auslegung, dass der Wortlaut nicht klar ist oder verschiedene Interpretationen zulässt, so ist der eigentliche Sinn der Bestimmung zu ermitteln unter Berücksichtigung aller Elemente der Auslegung, namentlich mit Hilfe der systematischen, historischen und teleologischen Auslegungsmethode (vgl. BGE 131 V 431 E. 6.1 m.w.H.). Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Kontext, dass sich die Auslegung am gesetzgeberischen Grundgedanken zu orientieren hat, dass Nachtarbeit möglichst eingeschränkt werden soll, und Ausnahmen grundsätzlich eng auszulegen sind (DANIEL SOLTERMANN, Die Nacht aus arbeitsrechtlicher Sicht, Schriften zum Schweizerischen Arbeitsrecht, Heft 59, 2004, S. 179).

Das Bundesgericht hat sich bereits verschiedentlich mit der Tragweite des Nachtarbeitsverbots befasst und sich - ausgehend von der ratio legis - für die Anwendung eines strengen Massstabs bei der Gewährung von Ausnahmen ausgesprochen. Das Arbeitsgesetz dient dem Arbeitnehmerschutz (vgl. Art. 110 Abs. 1 BV), insbesondere in gesundheitlicher und sozialer Hinsicht. Die Bestimmungen über die Nachtarbeit sollen den mit ihr verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen Rechnung tragen (vgl. Urteil des BGer 2C_344/2008 vom 26. März 2009 E. 4.4 m.H.). Es sei ihnen gerade auch dann Nachachtung zu verschaffen, wenn die Marktgesetze für die Einführung von Nachtarbeit sprächen. Blosse Zweckmässigkeitsüberlegungen genügten nicht, um das Nachtarbeitsverbot aufzuweichen. Die Nachtarbeit müsse nach dem Gesetzestext "unentbehrlich" sein. Abweichungen vom Nachtarbeitsverbot hätten im Interesse eines wirksamen Arbeitnehmerschutzes daher die Ausnahme zu bilden (vgl. statt vieler BGE 136 II 427 E. 3.2).

5.

Soweit die Beschwerdeführerin gegen die Bewilligung vorbringt, sie sei in unzulässiger Weise individuell-abstrakt und beruhe auf einer Kompetenzdelegation an das ASTRA, gehen die Vorbringen an der Sache vorbei.

Das Begriffspaar konkret / abstrakt ist wie das Begriffspaar individuell / generell eine Unterscheidung, die dazu dient, einen Verwaltungsakt zu qualifizieren. Die erste Unterscheidung betrifft die Anzahl der Sachverhalte, die geregelt werden sollen. Sie ist relativ. Die Verwaltungsbehörden können unter den gesetzlich gegebenen Voraussetzungen auch einen individuellabstrakten Verwaltungsakt erlassen. Das Gesetz sieht eine Ausnahmebewilligung für dauernde oder regelmässig wiederkehrende Nachtund Sonntagsarbeit vor (Art. 17 Abs. 2 bzw. Art. 19 Abs. 2 ArG), was eine gewisse Abstrahierung vom Einzelfall bereits beinhaltet. Aus der Abstraktheit allein kann die Beschwerdeführerin daher nichts zu ihren Gunsten ableiten.

Die Bewilligung enthält die Formulierung "Strassenund Tiefbauarbeiten [ ] im Auftrag von ASTRA [ ]". Nach Auffassung der Vorinstanz soll der Verweis auf den Auftraggeber ASTRA klarstellen, dass die Bewilligung auf Nationalstrassen beschränkt sei. Die Formulierung ist schwer verständlich. Das ändert aber nichts daran, dass die Vorinstanz keine Kompetenzen delegiert, sondern ihre eigene Bewilligungskompetenz ausgeübt hat.

Die Beschwerdegegnerin hat um eine Bewilligung für 36 Monate ersucht; erteilt wurde sie für die Dauer von 38 Monaten. Die Vorinstanz führt aus, sie habe die Verlängerung vorgenommen, um die Arbeitslast gleichmässig zu verteilen. Ob dies - wie die Beschwerdeführerin sinngemäss vorbringt

  • den Dispositionsgrundsatz im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren verletzt, kann aus nachfolgenden Gründen offen bleiben.

    6.

      1. Der Tatbestand für die Bewilligung von Nachtarbeit sowie Sonnund Feiertagsarbeit im Sinne von Art. 17 Abs. 2 bzw. Art. 19 Abs. 2 ArG setzt eine Unentbehrlichkeit aus technischen Gründen oder aus wirtschaftlichen Gründen voraus, wobei auf dem Weg der Verordnung besondere Konsumbedürfnisse, deren Befriedigung im öffentlichen Interesse liegt und nicht ohne Nachtoder Sonntagsarbeit möglich ist, der wirtschaftlichen Unentbehrlichkeit gleichgestellt sind (Art. 28 Abs. 3 ArGV 1). Technische Unentbehrlichkeit liegt insbesondere vor, wenn ein Arbeitsverfahren oder Arbeiten nicht unterbrochen werden können, weil mit der Unterbrechung oder

        dem Aufschub erhebliche und unzumutbare Nachteile für die Produktion und das Arbeitsergebnis oder die Betriebseinrichtungen verbunden sind (Bst. a), andernfalls die Gesundheit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen oder die Umgebung des Betriebes gefährdet werden (Bst. b).

      2. Der Betrieb oder der Betriebsteil oder die Art der Tätigkeit sind in der Arbeitszeitbewilligung anzuführen (Art. 42 Abs. 1 Bst. b ArGV 1). Die Wegleitung zur Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (Stand Februar 2019; abrufbar unter https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/Arbeit/Arbeitsbedingun - gen/Arbeitsgesetz-und-Verordnungen/Wegleitungen.html) hält dazu fest: "Bewilligungen sind auf die Bereiche oder Arbeitsplätze zu begrenzen, für welche Nachtoder Sonntagsarbeit tatsächlich nötig ist. Der Arbeitgeber muss deshalb genau bezeichnen, für welche Arbeitsplätze oder Aktivitäten er um eine Bewilligung ersucht." (Wegleitung, N 141-1).

        Die Vorinstanz hat die Bewilligung für Nachtarbeit sowie Sonnund Feiertagsarbeit für folgenden Betriebsteil erteilt: "Strassenund Tiefbauarbeiten auf den Hauptverkehrsachsen (Autobahnen, Flughafengelände, etc.) mit hohem Verkehrsaufkommen und im Auftrag von ASTRA, die aus sicherheitstechnischen Gründen nicht zwischen Montag und Samstag, während des Tagesund Abendzeitraumes erledigt werden können" (angefochtene Verfügung, S. 1).

        Aus der Beschreibung des Betriebsteils ergibt sich nur, dass Strassenund Tiefbauarbeiten auf Hauptverkehrsachsen mit hohem Verkehrsaufkommen bewilligt werden. Welche Arbeiten bzw. Aktivitäten nicht während der Woche zu Tagesund Abendzeiten erledigt werden können, ergibt sich daraus nicht. Die Bewilligung enthält auch keine Begründung dafür, weshalb die Arbeiten nicht unterbrochen werden können, ohne die Arbeiter in ihrer Gesundheit zu gefährden oder gravierende Nachteile für den Betrieb zu bewirken. Sie beinhaltet ferner keine örtliche Begrenzung. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, könnte Nachtund Sonntagsarbeit an einem bestimmten Ort unentbehrlich sein, während der gleiche Arbeitsablauf an einem anderen Ort nicht unentbehrlich ist. Die Unentbehrlichkeit der Nachtund Sonntagsarbeit aus technischen (oder wirtschaftlichen) Gründen lässt sich somit anhand des Betriebsteils und der Begründung auf Beschwerdeebene nicht überprüfen.

      3. Die Unentbehrlichkeit kann sich aus technischen Gründen ergeben. Technische Unentbehrlichkeit im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Bst. a ArGV 1 liegt vor, wenn mit der Unterbrechung oder dem Aufschub erhebliche und

        unzumutbare Nachteile für die Produktion und das Arbeitsergebnis oder die Betriebseinrichtungen verbunden sind. Die genannte Wegleitung beschreibt sie wie folgt: "Technische Unentbehrlichkeit im Sinne dieses Buchstabens [a] liegt vor bei kontinuierlichen Produktionsverfahren, die während mehreren Wochen, Monaten oder gar Jahren nicht unterbrochen werden können, ohne dass dadurch die Anlagen selbst endgültig beschädigt oder gänzlich zerstört werden. Dies kann z.B. zutreffen auf Glasöfen oder auf Aluminiumelektrolyseanlagen. Würden solche Anlagen beispielsweise über ein Wochenende abgeschaltet, so könnten sie in der Folgewoche nicht wieder in Betrieb genommen werden. Ähnliche Verhältnisse können beispielsweise vorliegen bei der Herstellung eines Produkts in einzelnen Chargen. [ ] Wesentlich ist, dass der Prozess, wenn er einmal läuft, nicht unterbrochen werden kann, bevor er beendet ist. Die Gründe für die Unmöglichkeit eines Prozessunterbruchs können verschieden sein, z.B. könnte das Produkt oder die Rohmaterialien verderben oder die Produktionsanlage könnte zerstört oder schwer beschädigt werden." (Wegleitung, N 128-2).

        Aus der Bewilligung und deren Begründung geht nicht hervor, inwiefern mit einem Unterbruch von "Strassenund Tiefbauarbeiten" aus technischen Gründen erhebliche und unzumutbare Nachteilen für die Arbeiten bzw. das Arbeitsergebnis oder für die Betriebseinrichtungen verbunden sind.

      4. Technische Unentbehrlichkeit nach Art. 28 Abs. 1 Bst. b ArGV 1 liegt vor, wenn durch einen Unterbruch ("andernfalls") die Gesundheit der Arbeitnehmenden oder die Umgebung des Betriebs gefährdet werden. Nach den Erläuterungen in der Wegleitung unterscheidet sich der Buchstabe b von der in Buchstabe a beschriebenen Situation nur dadurch, "dass bei einem Unterbruch des Produktionsprozesses in erster Linie die folgende Gefahr überwiegt: Durch den Unterbruch könnten unsichere gefährliche Zustände entstehen, die beim Eintreten eines daraus resultierenden Ereignisses insbesondere die Gesundheit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen oder die Betriebsumgebung gefährden würden." (Wegleitung, N 128-2).

        Aus der Bewilligung und deren Begründung ist nicht ersichtlich, inwiefern ein Unterbruch von "Strassenund Tiefbauarbeiten" gefährliche Zustände entstehen lassen könnte. Solches lässt sich auch nicht annehmen. Der Bestimmung liegt die Vorstellung eines Kausalverhältnisses zwischen dem Unterbruch eines Arbeitsvorganges und der Entstehung einer Gefahrenlage zugrunde. Die Gefahr muss gerade durch den Unterbruch entstehen

        und kann dann eine technische Unentbehrlichkeit begründen (Urteil des BVGer B-5340/2017 vom 28. März 2018 E. 7.3). Die Gefahrenlage, die von der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin angeführt wird, betrifft das Verkehrsaufkommen. Dabei handelt es sich offensichtlich nicht um eine Gefahr, die gerade durch den Unterbruch des Arbeitsvorganges entsteht.

        Der Nachweis einer technischen Unentbehrlichkeit ist mit der Formulierung "(Arbeiten), die aus sicherheitstechnischen Gründen nicht zwischen Montag und Samstag, während des Tagesoder Abendzeitraumes erledigt werden können", nicht erbracht, da unklar bleibt, welche Tätigkeiten bewilligt werden sollen (oben E. 6.2). Überhaupt ist fraglich, inwiefern Arbeiten im Strassenund Tiefbau nicht unterbrochen oder aufgeschoben werden können, ohne dass dies zu erheblichen und unzumutbaren Nachteilen für die betriebliche Produktion oder zu einer Gefährdung der Arbeiter oder der Betriebsumgebung führt. Die Frage kann indes offen bleiben. Eine technische Unentbehrlichkeit aufgrund der Gefährdung infolge Arbeitsunterbrechung ist vorliegend jedenfalls nicht dargetan.

      5. Die Unentbehrlichkeit aus technischen Gründen wird in Art. 28 Abs. 1 ArGV 1 nicht abschliessend geregelt. Die Bestimmungen von Bst. a und Bst. b bilden jedoch diejenigen Gründe, an denen sich andere, aber gleichwertige Ausnahmen ausweisen lassen müssen. Wer eine technischen Unentbehrlichkeit geltend macht, hat sie nachzuweisen (Art. 8 ZGB analog). Der Nachweis der technischen Unentbehrlichkeit ist nicht erbracht. Das gilt ebenso für die weiteren Gründe, welche die Beschwerdegegnerin anführt, um eine Ausnahme im Sinne von Art. 17 Abs. 2 ArG zu erwirken. So ist die Gefahr, die durch das grosse Verkehrsaufkommen bei Tag für die Arbeiter im Strassenund Tiefbau entsteht, nicht technisch bedingt, wie es der Tatbestand voraussetzt. Volkswirtschaftliche Überlegungen (wie Vermeidung von Staus, Blockaden und Umleitungen) - mögen sie auch zutreffen - begründen keine Unentbehrlichkeit aus technischen Gründen. Das Bedürfnis der Beschwerdegegnerin, gewissermassen auf Vorrat für allfällige Notfälle (wie Leitungsbrüche) über eine Bewilligung zu verfügen, erfüllt das Erfordernis der technischen Unentbehrlichkeit ebenfalls nicht. Blosse Zweckmässigkeitsüberlegungen genügen nicht, um das Nachtoder Sonntagsarbeitsverbot aufzuweichen (BGE 136 II 427 E. 3.2 m.H.).

        Den Bedürfnissen der Beschwerdegegnerin trägt das Gesetz anderweitig Rechnung. Aufgrund der Akten ergibt sich, dass sie von der Arbeitszeitbewilligung in der Vergangenheit nur punktuell Gebrauch gemacht hat. In den beiden letzten Jahren hat sie jeweils drei bis fünf Arbeitnehmer an sechs

        Nächten (2017) bzw. vier Nächten (2018) eingesetzt (Vernehmlassung der Vorinstanz, S. 7). Offenbar handelte es sich um Einsätze kurzer Dauer. Vorübergehende Nachtarbeit ist aber - auch ohne Nachweis einer technischen Unentbehrlichkeit (Art. 17 Abs. 2 ArG) - bereits zu bewilligen, sofern ein dringendes Bedürfnis nachgewiesen wird (Art. 17 Abs. 3 ArG). Ein dringendes Bedürfnis liegt namentlich bei zusätzlichen, kurzfristig anfallenden Arbeiten und bei Arbeiten vor, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus sicherheitstechnischen Gründen nur in der Nacht oder am Sonntag erledigt werden können (vgl. Art. 27 Abs. 1 Bst. a und Bst. b ArGV 1). Das Gesetz sieht schliesslich für Notfälle unter anderem vor, dass die Bewilligung nachträglich eingeholt werden kann, wobei in nicht voraussehbaren Fällen von geringfügiger Tragweite auf die nachträgliche Einreichung eines Gesuches verzichtet werden kann (vgl. Art. 49 Abs. 2 ArG). Die Bedürfnisse der Beschwerdegegnerin können in diesem Rahmen berücksichtigt werden. Auch ohne Nachweis einer Unentbehrlichkeit wird ihr die Nachtund Sonntagsarbeit auch in Zukunft zu bewilligen sein, sofern sie darum ersucht und ein dringendes Bedürfnis nachweist (Art. 17 Abs. 3 ArG

        i.V.m. Art. 27 ArGV 1). Das Bundesverwaltungsgericht kann darüber jedoch nicht befinden, da ein solches Gesuch nicht Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens war. Der Fall, den es hier zu beurteilen gilt, erfüllt den Ausnahmetatbestand der Unentbehrlichkeit aus technischen Gründen nach Art. 17 Abs. 2 ArG nicht.

      6. Die Unentbehrlichkeit kann sich aus wirtschaftlichen Gründen ergeben. Der wirtschaftlichen Unentbehrlichkeit gleichgestellt sind die besonderen Konsumbedürfnisse, deren Befriedigung im öffentlichen Interesse liegt und nicht ohne Nachtoder Sonntagsarbeit möglich ist (Art. 28 Abs. 3 ArGV 1). Die Vorinstanz stellt sich in der Vernehmlassung auf den Standpunkt, sie habe die Bewilligung auch aufgrund eines besonderen Konsumbedürfnisses ausgestellt, allerdings ohne nähere Begründung. Ein solches Bedürfnis, das der wirtschaftlichen Unentbehrlichkeit gleichgestellt wäre, ist nicht ersichtlich und lässt sich auch nicht annehmen.

      7. Zusammenfassend ist eine Unentbehrlichkeit aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht nachgewiesen. Da die Voraussetzungen für den Ausnahmetatbestand fehlen, kann die Rechtsfolge nicht eintreten. Die zugunsten der Beschwerdegegnerin erteilte Bewilligung für Nachtarbeit sowie Sonntagsund Feiertagsarbeit verletzt Bundesrecht.

    7.

    Die Beschwerde ist gutzuheissen und die angefochtene Verfügung vom

    27. Oktober 2018 ist ersatzlos aufzuheben.

    8.

    Entsprechend dem Verfahrensausgang hat die Beschwerdegegnerin die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG sowie Art. 1 ff. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Die Spruchgebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien (Art. 63 Abs. 4bis VwVG und Art. 2 Abs. 1 VGKE). Sie ist auf Fr. 2'000.- festzusetzen. Der von der Beschwerdeführerin in dieser Höhe geleistete Kostenvorschuss ist zurückzuerstatten. Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 9 Abs. 2 VGKE).

    Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

    1.

    Die Beschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung vom

    27. Oktober 2018 wird aufgehoben.

    2.

    Die Verfahrenskosten von Fr. 2'000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt und sind innert 30 Tagen nach Rechtskraft dieses Urteils zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen. Der Einzahlungsschein wird zu einem späteren Zeitpunkt mit separater Post zugestellt werden.

    3.

    Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 2'000.- wird der Beschwerdeführerin nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückerstattet.

    4.

    Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

    5.

    Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde; Beilage: Rückerstattungsformular)

  • die Beschwerdegegnerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Gerichtsurkunde)

  • das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung & Forschung WBF (Gerichtsurkunde)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Daniel Willisegger Pascal Waldvogel

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand: 25. März 2019

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