Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung I |
Dossiernummer: | A-7596/2016 |
Datum: | 23.02.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Amtshilfe |
Schlagwörter : | Amtshilfe; Steuer; Informationen; Behörde; Mehrwertsteuer; Steuern; Recht; Ersuche; Amtshilfeersuchen; Ersuchen; Vertrag; Unterlagen; Verfahren; Sachverhalt; Spezialität; Schweiz; Vertragspartei; Beschwerdeführerinnen; Mehrwertsteuerabrechnungen; Urteil; Vorinstanz; Staat; Verwendung; Deutschland; Zusammenhang; BVGer; Zweck |
Rechtsnorm: | Art. 115h ZG ;Art. 115i ZG ;Art. 48 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 71 MWSTG ;Art. 75 MWSTG ;Art. 75a MWSTG ; |
Referenz BGE: | 115 Ib 373; 123 IV 42; 125 II 65; 126 II 409; 127 II 142; 128 II 407; 135 IV 212; 139 II 404; 141 II 436; 143 II 185 |
Kommentar: | - |
Abteilung I
A-7596/2016
Besetzung Richter Michael Beusch (Vorsitz),
Richter Daniel Riedo, Richterin Marianne Ryter, Gerichtsschreiberin Anna Strässle.
( ),
( ),
beide vertreten durch
lic. iur. Daniel Holenstein, Rechtsanwalt, Flick Gocke Schaumburg Zürich AG, ( ),
Beschwerdeführerinnen,
gegen
Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI, Eigerstrasse 65, 3003 Bern,
Vorinstanz,
Gegenstand Betrugsbekämpfungsabkommen; Amtshilfe,
Am 2. März 2015 ersuchte das deutsche Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen den in Deutschland wohnhaften C. (Beschuldigter) die Oberzolldirektion (OZD) um Informationen betreffend dessen Tätigkeit in der Schweiz. Es bestehe der Verdacht, dass der Beschuldigte im Namen seiner schweizerischen Gesellschaft zu Unrecht Dienstleistungen ohne Umsatzsteuer abgerechnet habe, um auf diese Weise seine eigentlich in Deutschland erbrachten und somit in Deutschland umsatzsteuerpflichtigen Dienstleistungen vor dem deutschen Fiskus zu verschleiern. Die von dem BZSt gestellten Fragen beantwortete die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), soweit es die indirekten Steuern betraf, am 15. April 2015.
Im Anschluss daran ersuchte das BZSt mit Schreiben vom 14. August 2015 die OZD - wobei das Schreiben am 19. August 2015 bei der ESTV einging - u.a. um Amtshilfe (Hausdurchsuchung) betreffend ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten bei der A. AG und der B. AG als unverdächtige Dritte. Das BZSt erklärte, die für die Schweizer Firma «C. Anwaltsbüro ( )» eingereichten Mehrwertsteuerabrechnungen seien durch die A. AG erstellt worden. Daher sei zu vermuten, dass sich eventuell vorhandene Geschäftsunterlagen in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten des Treuhandbüros befänden, welche sicherzustellen seien. Die als reine Briefkastenfirma einzustufende Firma B. AG hätte im Prüfungszeitraum Geschäftsbeziehungen mit der Firma D. , in welcher der Beschuldigte als Geschäftsführer tätig sei, gehabt. Ziel sei festzustellen, dass sich an besagter Adresse keine IT-Firma befunden habe.
Mit der am 17. Februar 2016 eröffneten Zwischenverfügung stellte die ESTV fest, dass das genannte Amtshilfeersuchen bezüglich der Durchsuchung der A. AG zur Beschlagnahme von fallrelevanten Beweismitteln hinsichtlich der von den deutschen Behörden geltend gemachten Umsatzsteuerhinterziehung für die Jahre 2008 bis 2013 die formellen und inhaltlichen Voraussetzungen erfülle und dementsprechend bewilligt werde. Sie beauftragte den Strafdienst der Hauptabteilung MWST der ESTV, die beantragte Amtshilfemassnahme durchzuführen. Bezüglich der B. AG erging keine entsprechende Zwischenverfügung.
Der Strafdienst der Hauptabteilung MWST der ESTV führte am 17. Februar
2016 am Geschäftssitz der A. AG im Beisein einer Amtsperson der Gemeinde E. eine Hausdurchsuchung durch, wobei diverse Unterlagen - so insb. sechzehn Ordner, drei CDs und eine Sichtmappe, u.a. der B. AG gehörend - als Beweismittel sichergestellt bzw. beschlagnahmt wurden.
Mit Schlussverfügung vom 4. November 2016 erkannte die ESTV, dass dem Amtshilfeersuchen vom 14. August 2015 im Sinne der Erwägungen entsprochen werde und die anlässlich der Hausdurchsuchung beschlagnahmten und vorgenannten Informationen der ersuchenden Behörde zu übermitteln seien, wobei die voraussichtlich nicht relevanten Informationen ausgesondert würden. Sie begründete dies insb. damit, bei der Sichtung habe sich ergeben, dass ein Grossteil der Informationen in Zusammenhang mit dem deutschen Verfahren bezüglich der Umsatzsteuerhinterziehung zwischen 2008 bis 2013 respektive dem Inhalt des Ersuchens stünden und für dieses voraussichtlich relevant seien. Als voraussichtlich nicht relevant würden insb. jene Informationen erachtet, die nicht aus der ersuchten Periode vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2013 stammten.
Dagegen liessen die A. AG und die B. AG als Inhaberin der zur Herausgabe vorgesehenen Unterlagen (nachfolgend auch: Beschwerdeführerinnen) mit Eingabe vom 7. Dezember 2016 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erheben. Sie beantragen, die Schlussverfügung der ESTV vom 4. November 2016 sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese sei anzuweisen, von der ersuchenden Behörde eine Garantie für die Einhaltung des Spezialitätsvorbehaltes einzuholen und die für die Verfolgung der Umsatzsteuerhinterziehung voraussichtlich nicht erheblichen Unterlagen der Einzelunternehmung C. auszusondern. Die Herausgabe der Unterla- gen der B. AG sei zu verweigern (Ziff. 1); alles unter Kostenund Entschädigungsfolge (Ziff. 2). Als Begründung führen sie an, die angeblich hinterzogene Umsatzsteuer falle zwar grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Abkommens vom 26. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen (Betrugsbekämpfungsabkommen
[BBA, SR 0.351.926.81]); nicht jedoch die ebenfalls vorgeworfenen Hinterziehungen der direkten Steuern. Die voraussichtliche Erheblichkeit der verlangten Unterlagen für die Verfolgung der unter das BBA fallenden Delikte sei nicht im erforderlichen Ausmass geltend gemacht worden. Zudem sei der Spezialitätsvorbehalt verletzt worden, weswegen eine ausdrückliche Garantie einzuholen sei. Die Durchsuchung der Geschäftsräume der B. AG sollte dem Nachweis dienen, dass es sich um eine reine Briefkastenfirma handle, was im Zusammenhang mit den von der Firma D. geltend gemachten Betriebsausgaben stünde, welche wiederum nicht im Zusammenhang mit der behaupteten Umsatzsteuerhinterziehung, sondern mit der Hinterziehung von direkten Steuern stünden. Die in Bezug auf die B. AG gewünschten Amtshilfemassnahmen seien für die Verfolgung der unter das BBA fallenden Steuern nicht voraussichtlich erheblich.
Mit Vernehmlassung vom 25. Januar 2017 schloss die ESTV (nachfolgend auch: Vorinstanz) auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Vorliegend sei um die Mehrwertsteuerabrechnungen ersucht worden, welche Gegenstand des BBA bildeten und somit zu übermitteln seien. Im Ersuchen sei glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt worden, dass eine Beziehungsnähe zwischen der B. AG und dem Ermittlungsgegenstand bestehe. Die in den Geschäftsräumlichkeiten der A. AG vorgefun- denen Unterlagen betreffend die B. AG seien als voraussichtlich erheblich zu betrachten und zu übermitteln. Von ausdrücklichen Zusicherungen, dass das Spezialitätsprinzip eingehalten werde, sei nur zurückhaltend Gebrauch zu machen. Vorliegender Sachverhalt bilde jedenfalls einen Tatbestand der Auskunftserteilung nach Art. 27 des Abkommens vom
11. August 1971 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA CH-DE, SR 0.672.913.62), womit in Auslegung des Art. 19 Ziff. 2 BBA eine allfällige Auswertung und Nutzung der bereits amtshilfeweise erhaltenen Informationen für die Zwecke der direkten Steuern im Zweifelsfalle zulässig zu sein scheine.
In ihrer Replik vom 13. März 2017 führen die Beschwerdeführerinnen aus, die bereits übermittelten Mehrwertsteuerabrechnungen würden zwar einen Zusammenhang mit dem Umsatzsteuerstrafverfahren aufweisen, bezüglich der übrigen Geschäftsunterlagen fehle aber die Begründung. Dadurch,
dass die aus den übermittelten Mehrwertsteuerabrechnungen abgeleiteten Schätzungen [bezüglich der direkten Steuern] Eingang in die Durchsuchungsbeschlüsse und somit in die Akten des gegen C. geführten Hinterziehungsverfahrens - das vor allem die direkten Steuern betreffe - gefunden hätten, sei das Spezialitätsprinzip verletzt worden. Gestützt auf diese Beschlüsse hätten Hausdurchsuchungen in der Schweiz und in Deutschland stattgefunden. Die Erläuterung in der Botschaft zu Art. 19 BBA sei eindeutig, indem eine Verwendung der gestützt auf das BBA erlangten Beweismittel nur in Verfahren betreffend die indirekten Steuern zulässig sei. Eine Beziehungsnähe zum Untersuchungsgegenstand genüge nicht. Das die B. AG betreffende Ersuchen sei hinsichtlich der indirekten Steuern eine Beweisausforschung und daher unzulässig.
In ihrer Duplik vom 28. April 2017 entgegnet die Vorinstanz, sie erachte die bereits übermittelten Mehrwertsteuerabrechnungen als weiterhin voraussichtlich erheblich und sondere diese nicht aus. Vorliegend könne nicht davon ausgegangen werden, dass die sichergestellten Geschäftsunterlagen mit Sicherheit nicht erheblich seien. Somit seien sämtliche zur Übermittlung vorgesehenen Unterlagen voraussichtlich relevant. Das die B. AG betreffende Ersuchen sei ein aufgrund der glaubhaften und nachvollziehbaren Darlegung der ausreichenden Beziehungsnähe zum Ermittlungsgegenstand zulässiges Ersuchen. Die aufgrund des ersten Amtshilfeverfahrens übermittelten Mehrwertsteuerabrechnungen schienen tatsächlich in Gewinnschätzungen Eingang gefunden zu haben. Die Beschlüsse für das BBA-Verfahren in der Schweiz hätten nicht auf eine deutsche Adresse gelautet, wobei ihr, der Vorinstanz, keine «deutschen» Durchsuchungsbeschlüsse vorliegen würden.
Mit Eingabe vom 16. Mai 2017 reichen die Beschwerdeführerinnen nachträglich die vom Amtsgericht F. ausgestellten Durchsuchungsbeschlüsse ein, welche neben den Geschäftsräumen in der Schweiz auch diverse Wohnund Geschäftsräume in Deutschland betreffen. Die Vorinstanz bringt mit Schreiben vom 24. Mai 2017 nochmals den Hinweis an, dass selbst wenn eine Verletzung des Spezialitätsprinzips durch die Auswertung der im ersten Verfahren übersendeten Mehrwertsteuerabrechnungen stattgefunden habe, dies nicht zur Folge haben könne, dass die (vorangegangene) Amtshilfeverpflichtung zu verneinen sei. Die Verletzung des Spezialitätsprinzips sei in Deutschland zu rügen, wobei ihr die für das
deutsche Verfahren ausgestellten Beschlüsse bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt gewesen seien.
Auf die weiteren Ausführungen der Parteien sowie die eingereichten Unterlagen wird - soweit entscheidwesentlich - im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung von Beschwerden gegen Schlussverfügungen der ESTV betreffend Amtshilfe gestützt auf Art. 15 ff. BBA zuständig (Art. 31 und 33 Bst. d VGG; Art. 75a Abs. 2 des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 2009 [MWSTG, SR 641.20] i.V.m. Art. 115i Abs. 3 des Zollgesetzes vom 18. März 2005 [ZG, SR 631.0] ; dazu und zur Abgrenzung von Amtsund Rechtshilfe im Bereich des BBA ausführlich: Urteil des BVGer A-1735/2011 vom 21. Dezember 2011 E. 1.1 mit zahlreichen Hinweisen; ferner Urteil des BVGer A-1531/2015 vom 26. Juni 2015 E. 1.4 ff.). Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften des VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG). Die Beschwerdeführerinnen sind zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde berechtigt (Art. 75a Abs. 2 MWSTG i.V.m. Art. 115i Abs. 3 ZG und Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die im Übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist demnach einzutreten.
Die Schweiz (ersuchte Vertragspartei) und Deutschland (ersuchende Vertragspartei) haben das BBA am 23. Oktober 2008 bzw. 29. September 2008 ratifiziert und am 8. bzw. 9. Januar 2009 die gegenseitige Anwendbarkeit nach Art. 44 Ziff. 3 BBA notifiziert. Folglich findet das BBA zwischen diesen beiden Staaten seit dem 9. April 2009 Anwendung (vgl. Art. 44 Ziff. 3 Satz 2 BBA).
Beim BBA handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag im Sinn von Art. 2 Abs. 1 Bst. a des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (VRK, SR 0.111; in Kraft getreten für die Schweiz am 6. Juni 1990), welcher vorliegend direkt zur Anwendung gelangt (ohne Transformation ins Landesrecht; ausführlicher: Urteil des BVGer A-1531/2015 vom 26. Juni 2015 E. 1.3, mit weiteren Hinweisen).
Gemäss Art. 12 Ziff. 1 BBA übermittelt die Behörde der ersuchten Vertragspartei auf Ersuchen der Behörde der ersuchenden Vertragspartei im Rahmen des Anwendungsbereichs des BBA alle ihr oder anderen Behörden der gleichen Vertragspartei vorliegenden Informationen, die es der Behörde der ersuchenden Vertragspartei ermöglichen, rechtswidrige Handlungen im Sinne des BBA zu verhindern, zu ermitteln und zu verfolgen, oder die erforderlich sind, um eine Forderung einzuziehen. Als rechtswidrige Handlungen gelten der «Betrug und sonstige rechtswidrige Handlungen, die die finanziellen Interessen der Vertragsparteien beeinträchtigen», u.a. «in Bezug auf den Warenund Dienstleistungsverkehr, der gegen steuerrechtliche Vorschriften auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, der besonderen Verbrauchssteuern und der Verbrauchssteuern verstösst» (Art. 2 Ziff. 1 Bst. a Lemma 2 BBA; Urteil des BVGer A-1735/2011 vom
21. Dezember 2011 E. 1.1.2; vgl. zur «weiten Auslegung» des Begriffs
«Betrug und sonstige rechtswidrige Handlungen» gemäss BBA: ANNA SKVARC, Bekämpfung von strafbaren Verhaltensweisen nach dem Betrugsbekämpfungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU, 2010, S. 31 ff., insb. S. 83 ff. mit zahlreichen Literaturhinweisen; HERMANN KÄSTLI, Betrugsbekämpfung im Rahmen der bilateralen Abkommen II mit der EU, in: ASA 74 S. 177-199, insb. S. 183; vgl. ferner zum Anwendungsbereich des BBA: Botschaft vom 1. Oktober 2004 zur Genehmigung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union, einschliesslich der Erlasse zur Umsetzung der Abkommen, Bilaterale II [nachfolgend: Botschaft Bilaterale II], Bundesblatt [BBl] 2004 5965 ff., 6188). Die direkten Steuern sind vom Anwendungsbereich des BBA ausgeschlossen (Art. 2 Ziff. 4 BBA).
Gemäss Art. 15 Ziff. 1 BBA werden von der ersuchten Vertragspartei auf Ersuchen der ersuchenden Vertragspartei zweckdienliche Ermittlungen über Vorgänge oder Verhaltensweisen durchgeführt oder veranlasst, die rechtswidrige Handlungen im Sinne des BBA darstellen oder die bei der ersuchenden Behörde den begründeten Verdacht erwecken, dass solche
rechtswidrige Handlungen begangen worden sind. Dabei nutzt die ersuchte Vertragspartei alle Ermittlungsmittel, die ihr nach ihrer Rechtsordnung zur Verfügung stehen, als ob sie in Erfüllung eigener Aufgaben oder auf Ersuchen einer anderen Behörde der eigenen Vertragspartei handeln würde, auch durch Einschaltung oder gegebenenfalls mit Genehmigung der Justizbehörden (Art. 15 Ziff. 2 Satz 1 BBA). Der Begriff «Ermittlungsmittel» umfasst dabei die Einvernahme von Personen, den Augenschein und die Durchsuchung von Räumen und Beförderungsmitteln, das Kopieren von Unterlagen, das Ersuchen um Auskunft und die Beschlagnahme von Gegenständen, Unterlagen und Vermögenswerten (Urteil BVGer A-249/2012 vom 2. April 2012 E. 3.4.2; vgl. vereinbarte Niederschrift im Anhang zum BBA, S. 24; SKVARC, a.a.O., S. 191). Das Ergebnis der Ermittlungen des Amtshilfeverfahrens ist der ersuchenden Vertragspartei mitzuteilen, wobei Art. 12 Ziff. 2 BBA entsprechende Anwendung findet (Art. 15 Ziff. 2 Satz 3 BBA). Die Behörde der ersuchten Vertragspartei dehnt die Amtshilfe auf alle Umstände, Gegenstände und Personen aus, die in einem offensichtlichen Zusammenhang mit dem Gegenstand des Amtshilfeersuchens stehen, ohne dass ein ergänzendes Ersuchen erforderlich ist (Art. 15 Ziff. 3 Satz 1 BBA).
Amtshilfeersuchen sind schriftlich zu stellen und die zu ihrer Erledigung erforderlichen Unterlagen sind beizufügen. In dringenden Fällen sind mündliche Ersuchen zulässig, die jedoch so bald wie möglich schriftlich zu bestätigen sind (Art. 18 Ziff. 1 BBA). In Art. 18 Ziff. 2 BBA sind die Angaben aufgeführt, die das Amtshilfeersuchen enthalten muss. Das sind die folgenden: die ersuchende Behörde (Bst. a); die Massnahme, um die ersucht wird (Bst. b); den Gegenstand und Grund des Ersuchens (Bst. c); die betroffenen Rechtsund Verwaltungsvorschriften und sonstigen rechtlichen Elemente (Bst. d); möglichst genaue und umfassende Angaben zu den natürlichen oder juristischen Personen, gegen die sich die Ermittlungen richten (Bst. e) sowie eine Zusammenfassung des Sachverhalts und der bereits durchgeführten Massnahmen, ausser in Fällen des Artikels 14 (Bst. f). Unrichtige oder unvollständige Ersuchen können berichtigt oder ergänzt werden (Art. 18 Ziff. 4 BBA).
Das Ersuchen sollte klar und logisch aufgebaut sein, zudem muss die Sachverhaltsdarstellung von den verlangten Amtshilfemassnahmen abgegrenzt sein. Eine Ergänzung des Ersuchens kann auch verlangt werden, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass die ersuchende Behörde die eigenen Ermittlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft hat, obwohl sie von
ihnen hätte Gebrauch machen können, ohne den Ermittlungszweck zu gefährden (Urteile des BVGer A-249/2012 vom 2. April 2012 E. 3.6.2 und A-1735/2011 vom 21. Dezember 2011 E. 3.2; HERMANN KÄSTLI, in: Kad-
dous/Jametti Greiner [Hrsg.], Bilaterale Abkommen II Schweiz-EU und andere neue Abkommen, 2006, S. 617; SKVARC, a.a.O., S. 182).
Art. 18 BBA verhindert u.a. das Stellen von verdachtsunabhängigen Amtshilfeersuchen, die lediglich einer Informationserhebung bzw. sogenannten «fishing expeditions» dienen (SKVARC, a.a.O., S. 181). Eine
«fishing expedition» ist eine verbotene Beweisausforschung, die gemäss Schweizer Rechtsprechung sowohl im Rechtsals auch im Amtshilfeverfahren unzulässig ist. Ohne auf diese Rechtsprechung im Detail einzugehen, ist ein Amtshilfeersuchen, das neben konkreten Anhaltspunkten für das Vorliegen einer amtshilfefähigen Tat auch den Namen der verdächtigen Person enthält, jedenfalls unbedenklich (vgl. statt vieler: BGE 141 II 436 E. 4.4.3, BGE 128 II 407 E. 5.2.1, BGE 127 II 142 E. 5a, BGE 125 II 65
E. 6a f.; Urteile des BVGer A-249/2012 vom 2. April 2012 E. 3.6.3 und A-1735/2011 vom 21. Dezember 2011 E. 3.3).
Unter dem Titel «Verhältnismässigkeit» hält Art. 10 Bst. b BBA fest, dass die Behörde der ersuchten Vertragspartei ein Ersuchen um Zusammenarbeit ablehnen kann, wenn sich eindeutig ergibt, dass die Behörde der ersuchenden Vertragspartei die üblichen Informationsquellen nicht ausgeschöpft hat, die sie unter den gegebenen Umständen zur Erlangung der erbetenen Informationen hätte nutzen können, ohne die Erreichung des angestrebten Ergebnisses zu gefährden. Art. 10 BBA sieht also vor, dass die ersuchte Behörde ein Amtshilfeersuchen ablehnen darf, wenn der Verhältnismässigkeitsgrundsatz verletzt wird (Urteile des BVGer A-249/2012 vom 2. April 2012 E. 3.7 und A-1735/2011 vom 21. Dezember 2011 E. 3.1; SKVARC, a.a.O., S. 180). Hierbei handelt es sich um eine
«Kann-Regelung»; eine Pflicht der ersuchten Vertragspartei, ein Amtshilfeersuchen unter den Voraussetzungen von Art. 10 BBA ablehnen zu müssen, besteht nicht (hierzu ausführlich: Urteile des BVGer A-249/2012 vom 2. April 2012 E. 3.7.1 f. und A-1735/2011 vom 21. Dezember 2011 E. 5.4 f.).
Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung muss sich die voraussichtliche Erheblichkeit von geforderten Informationen bereits aus dem Amtshil-
feersuchen ergeben und hat die Steuerverwaltung des ersuchten Staates nach der Edition der verlangten Unterlagen zu prüfen, ob die betreffenden Informationen für die Erhebung der Steuer voraussichtlich erheblich sind.
Dem «voraussichtlich» kommt dabei nach dieser Rechtsprechung eine doppelte Bedeutung zu, indem der ersuchende Staat die Erheblichkeit voraussehen und deshalb im Amtshilfeersuchen geltend machen muss und der ersuchte Staat nur solche Unterlagen übermitteln darf, welche voraussichtlich erheblich sind (BGE 143 II 185 E. 3.3.2 und BGE 141 II 436
E. 4.4.3; DANIEL HOLENSTEIN, in: Internationales Steuerecht, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Zweifel/Beusch/Matteotti [Hrsg.], 2015, Art. 26 OECD-MA Rz. 93 ff.). Würde nicht verlangt, dass sich die voraussichtliche Erheblichkeit der verlangten Informationen bereits aus dem Amtshilfeersuchen ergibt, könnten Ersuchen aufs Geratewohl gestellt werden und die ersuchte Behörde müsste die Informationen bzw. Unterlagen auch dann zur Verfügung stellen, wenn sie erst nach deren Erhebung deren voraussichtliche Erheblichkeit feststellen würde. Der ersuchte Staat darf sodann mit Blick auf das Kriterium der voraussichtlichen Erheblichkeit nur Unterlagen von der Amtshilfe ausschliessen, deren Erheblichkeit für die Aufklärung der Steuerangelegenheiten bestimmter Steuerpflichtiger unwahrscheinlich ist (vgl. Ziff. 3 Bst. c des Protokolls zum Abkommen vom
11. August 1971 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des Protokolls vom 21. Dezember 1992 [unter SR 0.672.913.62 zu finden]; vgl. zum Ganzen: Urteile des BVGer A-6102/2016 vom 15. März 2017 E. 2.4 und A-6666/2014 vom 19. April 2016 E. 2.3).
Im Gegensatz zu diversen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), welche regelmässig Rechtsgrundlage der Amtshilfe in Steuersachen bilden, erwähnt das BBA das Kriterium der voraussichtlichen Erheblichkeit der Information nicht explizit. Dennoch wird in Art. 15 Ziff. 1 BBA der allgemeine Verhältnismässigkeitsgrundsatz präzisiert, indem die Amtshilfe auf
«zweckdienliche» Ermittlungen, d.h. solche die der Aufklärung und Verfolgung von rechtswidrigen Handlungen im Sinne des BBA dienen, beschränkt ist. Zudem sieht Art. 75a Abs. 2 MWSTG i.V.m. Art. 115h Abs. 2 ZG vor, der das ordentliche (innerstaatliche) Verfahren der internationalen Amtshilfe im Bereich der Mehrwertsteuer regelt, dass Informationen, Unterlagen, Gegenstände oder Vermögenswerte, die voraussichtlich nicht erheblich sind, nicht übermittelt werden dürfen. Es besteht somit kein Grund für das Bundesverwaltungsgericht, die erwähnte Rechtsprechung nicht auch im Bereich des BBA analog heranzuziehen (vgl. Urteil des BVGer A-211/2016 vom 7. Juli 2016 E. 2.2).
Soweit die Behörden des ersuchenden Staates verpflichtet sind, den massgeblichen Sachverhalt darzulegen, kann von ihnen nicht erwartet werden, dass sie dies bereits lückenlos und völlig widerspruchsfrei tun. Dies wäre mit Sinn und Zweck der Amtshilfe (wie mit jenem der Rechtshilfe) nicht vereinbar, sollen doch aufgrund von Informationen und Unterlagen, die sich im ersuchten Staat befinden, bisher im Dunkeln gebliebene Punkte erst noch geklärt werden (vgl. statt vieler: BGE 139 II 404 E. 7.2.2 und BGE 128 II 407 E. 5.2.1; ROBERT ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 3. Aufl. 2009, Rz. 295). Daher verlangt die Rechtsprechung von der ersuchenden Behörde nicht den strikten Beweis des Sachverhalts, doch muss sie hinreichende Verdachtsmomente für dessen Vorliegen dartun (statt vieler: BGE 139 II 404 E. 7.2.2 und E. 9.5 und Urteil des BVGer A-6102/2016 vom 15. März 2017 E. 2.5, mit weiteren Hinweisen).
Ein wichtiges Element der internationalen Behördenzusammenarbeit bildet der Grundsatz, wonach - ausser bei offenbarem Rechtsmissbrauch oder bei berechtigten Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz des schweizerischen oder internationalen ordre public (vgl. Art. 4 BBA und Art. 7 des Bundesgesetzes vom 28. September 2012 über die internationale Amtshilfe in Steuersachen [Steueramtshilfegesetz, StAhiG, SR 651.1]) - prinzipiell kein Anlass besteht, an Sachverhaltsdarstellungen und Erklärungen anderer Staaten zu zweifeln (sog. völkerrechtliches Vertrauensprinzip; vgl. statt vieler: BGE 128 II 407 E. 3.2, E. 4.3.1 und E. 4.3.3,
BGE 126 II 409 E. 4; Urteil des BVGer A-6102/2016 vom 15. März 2017
E. 2.6, mit weiteren Hinweisen). Auf diesem Vertrauen gründet letztlich das ganze Amtshilfeverfahren. Dementsprechend ist die ESTV an die Darstellung des Sachverhalts im Ersuchen insoweit gebunden, als diese nicht wegen offensichtlicher Fehler, Lücken oder Widersprüche sofort entkräftet werden kann (vgl. statt vieler: Urteil des BGer 2A.567/2001 vom 15. April 2002 E. 4.1; Urteile des BVGer A-6102/2016 vom 15. März 2017 E. 2.6, mit weiteren Hinweisen und A-4414/2014 vom 8. Dezember 2014 E. 3.3). Gleiches gilt für die vom ersuchenden Staat abgegebenen Erklärungen. Werden diese sofort entkräftet, kann der ersuchte Staat ihnen nicht mehr vertrauen (Urteil des BVGer A-3716/2015 vom 16. Februar 2016 E. 3.5, mit weiteren Hinweisen).
Das Spezialitätsprinzip stellt einen traditionellen völkerrechtlichen Grundsatz der internationalen Amtsund Rechtshilfe dar, welcher im Auslieferungsrecht entwickelt wurde (vgl. BGE 123 IV 42 E. 3b und BGE 135
IV 212 E. 2.1), wobei ihm auch völkergewohnheitsrechtlicher Charakter zukommt. Da er sich insb. aus der Vertragsnatur der Amtsund Rechtshilfe ableiten lässt, auf der er beruht, gründet er demzufolge auf einem völkerrechtlichen Vertrag. Der ersuchende Staat akzeptiert mit der vorbehaltlosen Entgegennahme der gesammelten Informationen die im Vertrag vorgesehene und bei der Übermittlung erwähnte Zweckbindung (zum Ganzen: ROBERT WEYENETH, Der nationale und internationale ordre public im Rahmen der grenzüberschreitenden Amtshilfe in Steuersachen, 2017,
S. 214, mit weiteren Hinweisen). Dabei kann es nach dem völkerrechtlichen Vertrauensprinzip grundsätzlich als selbstverständlich vorausgesetzt werden, dass der Spezialitätsgrundsatz durch Staaten eingehalten wird, die mit der Schweiz durch einen Amtsoder Rechtshilfevertrag verbunden sind, ohne dass die Einholung einer ausdrücklichen Zusicherung notwendig wäre (BGE 128 II 407 E. 4.3.1, BGE 115 Ib 373 E. 8 und BGE 107 Ib
264 E. 4b). Folglich ist die Wahrung des Grundsatzes erst bei konkreten Anhaltspunkten auf eine zweckwidrige Verwendung im ersuchenden Staat zu überprüfen (vgl. BGE 128 II 407 E. 3.2). Der Grundsatz der Spezialität der Amtsund Rechtshilfe schützt in erster Linie die Souveränität des ersuchten Staates, indem dieser durch die (vertragliche) Bestimmung des zulässigen Verwendungszweckes den Rahmen seiner Zusammenarbeit festlegt und eine gewisse Kontrolle über die Verwendung der übermittelten Informationen behält. Schliesslich stellt er aber auch eine Garantie zugunsten der betroffenen Person dar, deren Persönlichkeitsrechte durch die Zweckbindung geschützt werden (BGE 135 IV 212 E. 2.1). Letztlich enthält der Grundsatz der Zweckbindung insofern Merkmale einer Schranke und einer (Zulässigkeits-)Voraussetzung, als die ersuchende Behörde hinreichende Gewähr für deren Einhaltung bieten muss (zum Ganzen: WEYENETH, a.a.O., S. 216 ff., mit weiteren Hinweisen). Aufgrund der Vertragsnatur der Amtsund Rechtshilfe erfordert eine Zweckänderung eine Vertragsänderung, die einen Konsens voraussetzt. Der Empfängerstaat muss demzufolge die Zustimmung des ersuchten Staates einholen, bevor er die Daten zu einem anderen als dem vertraglich vorgesehenen Zweck verwendet (vgl. Art. 19 Ziff. 1 BBA; E. 2.9.2; WEYENETH, a.a.O., S. 221).
Konkretisiert wird das Spezialitätsprinzip in Art. 19 Ziff. 1 BBA, der das Verwenden der Informationen regelt, die im Amtshilfeverfahren gesammelt wurden (vgl. auch Art. 5 Ziff. 1 Satz 2 BBA; SKVARC, a.a.O., S. 186; vgl. zur Rechtsnatur: E. 2.9.1). Die Informationen dürfen gemäss Art. 19 Ziff. 1 BBA nur für die Zwecke verwendet werden, die unter das BBA fallen. Beantragt eine Vertragspartei die Verwendung dieser Informationen für andere Zwecke, so hat sie vorher die schriftliche Zustimmung der Behörde
einzuholen, von der die Informationen stammen. Die Verwendung unterliegt dann den von dieser Behörde festgelegten Beschränkungen. Laut Botschaft wird die Schweiz in solchen Fällen immer einen generellen Spezialitätsvorbehalt anbringen, wonach die Informationen nicht im Bereich der direkten Steuern verwendet werden dürfen (Botschaft Bilaterale II, BBl 2004 6193). Nach Art. 19 Ziff. 2 BBA steht Absatz 1 der Verwendung der Informationen in Gerichtsoder Verwaltungsverfahren wegen Verstosses gegen die in dem Amtshilfeersuchen genannten Rechtsvorschriften nicht entgegen, sofern für diese Verfahren die gleichen Mittel der Amtshilfe zur Verfügung stehen. Die zuständige Behörde der Vertragspartei, von der die Informationen stammen, ist unverzüglich über eine solche Verwendung zu unterrichten.
Im Folgenden ist zunächst strittig und muss geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Amtshilfe erfüllt sind und dem vorliegenden Amtshilfeersuchen des BZSt vom 14. August 2015 zu entsprechen bzw. Amtshilfe zu leisten ist (E. 3.1 f.). Danach gilt es zu klären, ob das Spezialitätsprinzip verletzt worden und allenfalls eine Zusicherung einzuholen ist (E. 3.3).
Die im vorliegenden Amtshilfeersuchen verlangte Übermittlung der anlässlich der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Informationen im Zusammenhang mit der (geltend gemachten) Hinterziehung von Umsatzsteuern im Zeitraum von 2008 bis 2013 durch C. in Deutschland wird grundsätzlich vom Anwendungsbereich des BBA erfasst (vgl. E. 2.3.1).
Nicht im Streit liegt, dass das Amtshilfeersuchen den formellen Anforderungen gemäss Art. 18 BBA genügt. So ist im vorliegend in Frage stehenden Amtshilfeersuchen des BZSt u.a. die A. AG als (zu untersuchende) unverdächtige Dritte mit Name und Adresse genannt, die erbetenen Massnahmen beschrieben und insb. in formeller Hinsicht rechtsgenügend der Steuerzweck erläutert, für den die in Frage stehenden Informationen verlangt werden. Das BZSt erklärt nämlich, sie brauche die Informationen für die Verfolgung der unter das BBA fallenden (geltend gemachten) Umsatzsteuerhinterziehungen im Zeitraum von 2008 bis 2013. Das Ersuchen ist klar und logisch aufgebaut und grenzt die Sachverhaltsdarstellung von den verlangten Amtshilfemassnahmen ab. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, dass die ersuchende Behörde die eigenen Ermittlungsmög-
lichkeiten noch nicht ausgeschöpft hätte (vgl. E. 2.4.1 und E. 2.5). Das Ersuche stellt bezüglich der A. AG unbestrittenermassen keine verbotene Beweisausforschung (vgl. E. 2.4.2) dar (vgl. zur B. AG:
E. 3.1.3). Das Amtshilfeersuchen erfüllt die formellen und inhaltlichen Voraussetzungen gemäss Art. 18 BBA und die Vorinstanz ist darauf zu Recht mit Zwischenverfügung vom 17. Februar 2016 eingetreten (Sachverhalt Bst. A.b).
Betreffend die B. AG als unverdächtige Dritte wurde zwar mit Schreiben vom 14. August 2015 ebenfalls um eine Hausdurchsuchung ersucht. Begründet wurde diese damit, die als reine Briefkastenfirma einzustufende Firma hätte im Prüfungszeitraum Geschäftsbeziehungen mit der Firma D. , in welcher C. als Geschäftsführer tätig sei, gehabt (Sachverhalt Bst. A.b). Auf dieses Ersuchen erging jedoch keine entsprechende Zwischenverfügung (Sachverhalt Bst. A.c), da es (vermutlich) im Zusammenhang mit einer Hinterziehung von direkten Steuern stand, welche klarerweise nicht zum Anwendungsbereich des BBA gehören. Es ist den Beschwerdeführerinnen daher insofern Recht zu geben, als dass die in Bezug auf die B. AG gewünschte Amtshilfemassnahme in Form der anbegehrten Hausdurchsuchung für die Verfolgung der unter das BBA fallenden Steuern nicht als voraussichtlich erheblich gelten kann.
Die Beschwerdeführerinnen rügen, eine Beziehungsnähe [der B. AG] zum Untersuchungsgegenstand genüge nicht. Damit die gewünschte Amtshilfe zu leisten sei, müsse das Ersuchen eine Widerhandlung gegen die Mehrwertsteuergesetzgebung zum Inhalt haben. Es müsse folglich bereits der Verdacht auf ein Mehrwertsteuerdelikt bestehen - vorliegend sei dem Ersuchen kein einziger Anhaltspunkt zu entnehmen -, wobei es nicht zulässig sei, Beweise zu verlangen, um nachträglich einen Verdacht begründen zu können. Dies sei eine Beweisausforschung und daher unzulässig (Sachverhalt Bst. F).
Die Vorinstanz entgegnet, die B. AG sei nicht aufgrund eines durch sie begangenen Mehrwertsteuerdelikts Teil des vorliegenden Amtshilfeersuchens. Sie bilde vielmehr Inhalt des Ersuchens vom 14. August 2015, worin glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt worden sei, dass eine Beziehungsnähe zum Ermittlungsgegenstand bestehe. Die B. AG habe nämlich im Prüfungszeitraum Geschäftsbeziehungen mit der Firma D. unterhalten, weise eine identische Adresse mit der A.
AG auf, und nicht zuletzt ergebe sich dieser Schluss auch aus den Beschlüssen des Amtsgerichts F. vom 31. Juli 2015, in denen sie wiederholt genannt und gar als eigenständige Beschlussadressatin aufgeführt werde. Ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen den beiden Beschwerdeführerinnen bestünde auch durch ihr Treuhandverhältnis. Mithin sei das Ersuchen nicht ein aufgrund einer Beweisausforschung unzulässiges Ersuchen, sondern ein aufgrund der glaubhaften und nachvollziehbaren Darlegung der ausreichenden Beziehungsnähe zum Ermittlungsgegenstand zulässiges Ersuchen. Die in den Geschäftsräumlichkeiten der A. AG vorgefundenen Unterlagen betreffend die B. AG seien demnach als voraussichtlich erheblich zu betrachten und zu übermitteln (Sachverhalt Bst. E und Bst. G).
Bezüglich der B. AG ist zwar um eine Hausdurchsuchung ersucht worden, worüber jedoch keine Zwischenverfügung erging (Sachverhalt Bst. A.c und E. 3.1.3.1). Insofern ist der Vorinstanz beizupflichten, dass die B. AG eben nicht aufgrund eines begründeten Verdachts darauf, dass eine rechtswidrige Handlung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer stattgefunden habe, Teil dieses Verfahrens geworden ist. Vielmehr wurde die Amtshilfe auf sie ausgedehnt, da - wie erwähnt (E. 2.3.2) - die Behörde gemäss Art. 15 Ziff. 3 BBA die Amtshilfe auf alle Umstände, Gegenstände und Personen ausdehnt, die in einem offensichtlichen Zusammenhang mit dem Gegenstand des Amtshilfeersuchens stehen (vgl. hierzu auch: Urteil des BVGer A-249/2012 vom 2. April 2012 E. 4.2.1). Vorliegend wurde zwischen der B. AG und dem Gegenstand des Amtshilfeersuchens zu Recht ein offensichtlicher Zusammenhang bejaht:
Einerseits ergibt sich aus den Beschlüssen des Amtsgerichts F. vom 31. Juli 2015, dass die B. AG im relevanten Prüfungszeitraum Geschäftsbeziehungen mit der Firma D. gehabt habe, in welcher C. als Geschäftsführer tätig sei, gegen den das Ermittlungsverfahren u.a. wegen Umsatzsteuerhinterziehung angestrebt worden sei (vgl. Sachverhalt Bst. A.b und A.c). Andererseits verfügt die B. AG über dieselbe Anschrift wie die A. AG, welche einerseits als Treuhänderin für die Schweizer Firma «C. Anwaltsbüro ( )» und letztlich
auch für die B.
AG fungiert. Im Rahmen der bezüglich der
A. AG durchgeführten zweckdienlichen Hausdurchsuchung war der Strafdienst der Hauptabteilung MWST der ESTV gehalten, die Räume der A. AG nach voraussichtlich erheblichen Unterlagen zu durchsuchen (vgl. E. 2.3.2). Gleichzeitig sind die durchsuchten Räume auch jene
der B. AG. Dass die Behörde daher auch in den einen oder ande-
ren Ordner der B.
AG einen Blick geworfen hat bzw. werfen
musste, stellt vorliegend im Gesamtzusammenhang keine unzulässige
«fishing expedition» dar. Diese Dokumente standen in einem offensichtlichen Zusammenhang mit der gegenüber der A. AG zulässigen Hausdurchsuchung. Im Übrigen wäre die Vorinstanz zu dieser Vorgehensweise auch gehalten gewesen, wenn bezüglich der B. AG gar nicht um Amtshilfe ersucht worden wäre. Dass vorliegend ein Amtshilfeersuchen betreffend die B. AG gestellt worden ist, worüber jedoch - da lediglich ein Zusammenhang zu den direkten Steuern aufgezeigt werden konnte - keine Zwischenverfügung erging, vermag daran nichts zu ändern.
Neben den formellen Anforderungen muss überdies geprüft werden, ob das Amtshilfeersuchen des BZSt Informationen betrifft, die voraussichtlich erheblich sind. Gleiches muss danach auch für die nach der angefochtenen Schlussverfügung zu übermittelnden Angaben und Unterlagen gelten (E. 2.6).
Diesbezüglich monieren die Beschwerdeführerinnen, der ersuchende Staat habe nicht präzisiert, inwiefern die Geschäftsunterlagen des Unternehmens «C. Anwaltsbüro ( )» für die Verfolgung der Umsatzsteuerhinterziehung erheblich sein sollten. Die Durchsuchungsbeschlüsse bezögen sich sowohl auf die Hinterziehung der direkten Steuern, als auch der Umsatzsteuer (Sachverhalt Bst. D). In ihrer Replik führen sie aus, die Mehrwertsteuerabrechnungen seien für das in Deutschland geführte Mehrwertsteuerstrafverfahren voraussichtlich erheblich, doch seien diese ja bereits übermittelt worden. Eine erneute Übermittlung mache keinen Sinn. Gegenstand eines Amtshilfeverfahrens gestützt auf das BBA könnten nur Widerhandlungen gegen die Umsatzsteuergesetzgebung bilden, wobei Beweismittel einen Zusammenhang mit diesem aufweisen müssten. Auf die bereits übermittelten Mehrwertsteuerabrechnungen treffe dies zwar zu, bezüglich der übrigen Geschäftsunterlagen fehle jedoch die Begründung (Sachverhalt Bst. F).
Die Vorinstanz entgegnet, es sei sowohl in der Zwischenverfügung als auch in der Schlussverfügung begründet worden, dass die für die Firma
«C. Anwaltsbüro ( )» eingereichten Mehrwertsteuerabrechnungen durch die A. AG erstellt worden seien und daher zu vermuten sei, dass sich die vorhandenen Geschäftsunterlagen auch bei dieser befänden. Klar gehe hervor, dass es sich um die Mehrwertsteuerabrechnungen handle, die voraussichtliche Beweisunterlagen deutscher Ermittlungen seien, welche Gegenstand des BBA bildeten und um welche somit zulässigerweise ersucht worden sei. Diese seien zu übermitteln. Dass sich die Hausdurchsuchungsbeschlüsse auch auf die Hinterziehung direkter Steuern bezögen, sei zwar möglich. Relevant sei für das die Schweiz betreffende Amtshilfeersuchen nur die Mehrwertsteuer, welche zulässigen Inhalt eines Amtshilfeersuchens bilde. Generell sei nur nicht zu übermitteln, was für das ausländische (Straf-)Verfahren mit Sicherheit nicht erheblich sei, da erst der Erkenntnisprozess (in Deutschland) zeigen könne, welche Informationen tatsächlich von Relevanz seien (Sachverhalt Bst. E). Die Einreichung eines weiteren Amtshilfeersuchens in gleicher Sache - am 9. März 2015 sei ein erstes Amtshilfeersuchen übermittelt worden, aufgrund dessen am 15. April 2015 die Mehrwertsteuerabrechnungen übergeben worden seien - wecke den begründeten Anschein, dass diese Abrechnungen und die Fotodokumentation für die Zwecke des deutschen Verfahrens nicht ausreichend gewesen seien. Die Vorinstanz erachte diese aber als weiterhin voraussichtlich erheblich und sondere sie nicht aus. Inwiefern die Beschwerdeführerinnen durch die erneute Übermittlung der Mehrwertsteuerabrechnungen benachteiligt bzw. geschädigt würden, führten diese nicht aus. Vorliegend könne nicht von Vornherein ausgeschlossen werden, dass die sichergestellten Geschäftsunterlagen für einen nachvollziehbaren, wahrheitsgetreuen und umfassenden Einblick in die umsatzsteuerrechtliche Situation nicht in einem relevanten Zusammenhang stünden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Informationen mit Sicherheit nicht erheblich seien. Gemäss schweizerischem Recht sei es zulässig und üblich, nebst den Mehrwertsteuerabrechnungen die Einreichung der Geschäftsbücher zu verlangen; sämtliche zur Übermittlung vorgesehenen Unterlagen seien voraussichtlich relevant. Ausführungen darüber, inwiefern sie nicht spezifisch genug aussortiert habe, fehlten (Sachverhalt Bst. G).
Bezüglich der bereits am 15. April 2015 übermittelten Mehrwertsteuerabrechnungen liegt die voraussichtliche Erheblichkeit bereits unbestrittenermassen vor; einer erneuten Übermittlung steht tatsächlich nichts im Wege. Was die übrigen Geschäftsunterlagen anbelangt, besteht bereits im Zeitpunkt des Ersuchens eine vernünftige Möglichkeit, dass sich diese als erheblich erweisen (vgl. auch BGE 143 II 185 E. 3.3.2). Zumindest ergibt sich derlei aus dem Ersuchen der deutschen Behörde (E. 2.7 f.), in welchem diese darlegt, die Mehrwertsteuerabrechnungen der Einzelfirma von C. , in deren Namen angeblich zu Unrecht Dienstleistungen ohne
Umsatzsteuer abgerechnet und somit in Deutschland umsatzsteuerpflichtige Beratungsdienstleistungen vor dem deutschen Fiskus verschleiert worden seien, seien durch die A. AG erstellt worden, und es sei zu vermuten, dass sich allfällige Geschäftsunterlagen in deren Räumlichkeiten befänden (vgl. Sachverhalt Bst. A.b). Zumindest wäre es jedoch auch gemäss schweizerischem Recht - hier ist der Vorinstanz beizupflichten - zulässig und üblich, nebst den Mehrwertsteuerabrechnungen die Einreichung der Geschäftsbücher zu verlangen (vgl. Art. 70 Abs. 1 und Art. 71 Abs. 1 MWSTG i.V.m. Art. 128 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 [MWSTV, SR 641.201]). Solche Geschäftsunterlagen als Basis der Abrechnungen können somit durchaus Licht in die Steuerangelegenheiten bzw. Einblick in die umsatzsteuerrechtliche Situation im Ermittlungsverfahren gegen C. bringen (vgl. BGE 141 II 436 E. 4.4.3). Die voraussichtliche Erheblichkeit der geforderten Unterlagen ergibt sich somit bereits aus dem Amtshilfeersuchen und stellt gerade keine «fishing expedition» dar (vgl. bereits E. 3.1). Die Beschwerdeführerinnen bringen jedenfalls nichts Gegenteiliges vor. An diesem Ergebnis vermag nichts zu ändern, dass sich die Beschlüsse des Amtsgerichts F. vom 31. Juli 2015 auch auf die Hinterziehung direkter Steuern beziehen.
Schliesslich gilt es noch festzuhalten, dass die gemäss angefochtener Schlussverfügung zu übermittelnden Informationen ebenfalls als voraussichtlich erheblich im Sinne der einschlägigen Vorschriften bezeichnet werden können. Die Prüfung der Vorinstanz ergab, dass ein Grossteil der in den Räumlichkeiten der A. AG beschlagnahmten Unterlagen (vgl. Sachverhalt Bst. B) aus der relevanten Zeitperiode für die Jahre 2008 bis 2013 in Zusammenhang mit dem deutschen Verfahren bzw. dem Ersuchen stehen und für dieses voraussichtlich relevant sind. Etwas Gegenteiliges vermögen auch die Beschwerdeführerinnen nicht aufzuzeigen.
Als Letztes ist zu prüfen, ob vorliegend das Spezialitätsprinzip bzw. der Grundsatz der Zweckbindung verletzt worden ist (E. 3.3.3 f.) und ob vorliegend bejahendenfalls vor Übermittlung der Unterlagen eine Zusicherung der ersuchenden Behörde einzuholen ist (E. 3.3.5 f.).
Die Beschwerdeführerinnen beanstanden, das Spezialitätsprinzip sei durch die ersuchende Behörde verletzt worden. Diese habe nämlich die am 15. April 2015 zur Verfügung gestellten Informationen verwendet, um die anfallenden Körperschafts-, Gewerbeund Einkommenssteuern im ursprünglichen Amtshilfeverfahren in derselben Sache zu schätzen. Es sei
daher eine ausdrückliche Garantie für die Einhaltung des Spezialitätsprinzips einzuholen (vgl. Sachverhalt Bst. D). Die Erläuterung in der Botschaft zu Art. 19 BBA sei eindeutig, indem eine Verwendung der gestützt auf das BBA erlangten Beweismittel nur in Verfahren betreffend die indirekten Steuern zulässig sei. Die Verwendung in einem Verfahren betreffend direkte Steuern setzte die vorgängige schriftliche Zustimmung der ersuchten Behörde voraus, wobei eine Verwendung ohne eine solche nicht vorgesehen sei (vgl. Sachverhalt Bst. F).
Die Vorinstanz entgegnet, ein Gesuch zur Aufhebung der Spezialität sei ihr nicht zugegangen. Von der Einholung von Zusicherungen sei jedoch zurückhaltend Gebrauch zu machen, da die Einhaltung des Spezialitätsprinzips nach dem völkerrechtlichen Vertrauensprinzip als selbstverständlich vorausgesetzt werde, es sei denn, eine Verletzung sei zu befürchten bzw. erfolgt. Vorliegend seien die aufgrund des ersten Amtshilfeverfahrens übermittelten Mehrwertsteuerabrechnungen wohl tatsächlich zu einer Schätzung aus dem Bereich der direkten Steuern verwendet worden, ob diese Schätzung jedoch auch eine weitere (rechtliche) Folge hatte/habe oder nur eine Gedankenäusserung der deutschen Behörde darstelle, sei nicht klar. Sodann bilde der vorliegende Sachverhalt einen Tatbestand der Auskunftserteilung nach Art. 27 DBA CH-DE, der eine Informationsübermittlung zum Zweck der korrekten Veranlagung direkter Steuern ermöglicht hätte. Damit scheine in Auslegung des Art. 19 Ziff. 2 BBA eine allfällige Auswertung und Nutzung der bereits amtshilfeweise erhaltenen Informationen für die Zwecke der direkten Steuern im Zweifelsfalle zulässig zu sein (vgl. Sachverhalt Bst. E). Sie spreche dem Spezialitätsvorbehalt die Anwendbarkeit nicht ab. Es sei lediglich offen, ob Art. 19 Ziff. 2 BBA im Sinne der Verfahrensökonomie (teleologisch) so auszulegen sei, dass kein zusätzliches Ersuchen gestellt werden müsse, wenn ein Amtshilfeersuchen gemäss DBA CH-DE voraussichtlich ohnehin zu einer Informationsübermittlung führen würde. Die Beschlüsse für das BBA-Verfahren in der Schweiz hätten nicht auf eine deutsche Adresse gelautet und es bleibe fraglich, inwiefern diese Beschlüsse im deutschen Verfahren überhaupt rechtliche Wirkung entfalten könnten. Durchsuchungsbeschlüsse, die für Deutschland respektive ein allfälliges Verfahren in Deutschland ausgestellt worden seien, würden der Vorinstanz jedenfalls nicht vorliegen (vgl. Sachverhalt Bst. G).
Wie gesehen (E. 2.9.2) dürfen gemäss Art. 19 Ziff. 1 BBA die gesammelten Informationen nur für die Zwecke verwendet werden, die unter das BBA fallen (vgl. auch Art. 5 Ziff. 1 Satz 2 BBA). Laut Art. 2 Ziff. 4 BBA sind
die direkten Steuern vom Anwendungsbereich des BBA ausgeschlossen, wobei auch gemäss Botschaft die Schweiz immer einen generellen Spezialitätsvorbehalt anzubringen hat, wonach die Informationen nicht im Bereich der direkten Steuern verwendet werden dürfen. Mit anderen Worten stellt der Vorbehalt der Spezialität im Anwendungsbereich des BBA sicher, dass die übermittelten Informationen nicht zur Veranlagung von direkten Steuern verwendet werden (WEYENETH, a.a.O., S. 220). Als lex specialis bestimmt nun aber Art. 19 Ziff. 2 BBA, dass Absatz 1 der Verwendung der Informationen in Gerichtsoder Verwaltungsverfahren wegen Verstosses gegen die in dem Amtshilfeersuchen genannten Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, sofern für diese Verfahren die gleichen Mittel der Amtshilfe zur Verfügung stehen. Die zuständige Behörde der Vertragspartei, von der die Informationen stammen, ist unverzüglich über eine solche Verwendung zu unterrichten (E. 2.9.2).
Vorliegend kann aufgrund der Ausführungen der Parteien und der vorliegenden Akten als erstellt gelten, dass die am 15. April 2015 gelieferten Mehrwertsteuerabrechnungen für Zwecke der direkten Steuern verwendet worden sind und somit grundsätzlich der Spezialitätsvorbehalt gemäss Art. 19 Ziff. 1 BBA verletzt worden ist. Da es ebenfalls als erstellt zu gelten hat, dass die Vorinstanz als zuständige Behörde der Vertragsparteien, von der die Informationen stammen, nicht unverzüglich über eine solche Verwendung gemäss Art. 19 Ziff. 2 BBA unterrichtet worden ist (vgl.
E. 3.3.2), ist Ziffer 2 als lex specialis vorliegend nicht anwendbar. Offengelassen werden kann somit, ob die Unterlagen aufgrund eines Amtshilfeersuchens gemäss DBA CH-DE ebenfalls zu übermitteln gewesen wären. Der Grundsatz der Spezialität ist vorliegend durch die ersuchende Behörde verletzt worden.
Die zweckwidrige Verwendung der übermittelten Mehrwertsteuerabrechnungen durch den ersuchenden Staat stellt u.a. sowohl eine Verletzung des vorliegenden Staatsvertrages (BBA) als auch der im Rahmen der spezifischen Amtshilfeleistung getroffenen völkervertraglichen Vereinbarung dar (vgl. WEYENETH, a.a.O., S. 223). Grundsätzlich bestünde vorliegend somit keine Pflicht zur Leistung von Amtshilfe (vgl. eingehender zur Auseinandersetzung, ob dies mit dem Fehlen einer vertraglichen Voraussetzung oder mit der Betroffenheit des ordre public begründet wird: WEYENETH, a.a.O., S. 223 ff.). Bei konkreten Hinweisen auf eine zweckwidrige Verwendung - ohne dass dadurch bereits der ordre public verletzt würde - kann die ersuchte Behörde die Verwendung der Informationen mit
Bedingungen versehen (vgl. Art. 20 Ziff. 2 BBA) bzw. hat sie die Möglichkeit, von der ersuchenden Behörde spezifische Angaben oder hinreichend präzise und glaubwürdige Zusicherungen einzufordern oder kann - als ultima ratio - die Amtshilfe verweigern (vgl. WEYENETH, a.a.O., S. 225 und
S. 396 f.). Hierbei kann für die grenzüberschreitende Amtshilfe die bestehende Praxis in der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen analog angewendet werden.
Wie erwähnt (E. 3.3.4 f.) ist zwar vorliegend erstellt, dass die am
15. April 2015 gelieferten Mehrwertsteuerabrechnungen für Zwecke der direkten Steuern verwendet worden sind und somit eine zweckwidrige Verwendung durch den ersuchenden Staat stattgefunden hat. Bei Deutschland handelt es sich freilich um einen bewährten Rechtsstaat (anstelle vieler: Urteil des BGer 1C_454/2013 vom 13. Mai 2013 E. 1.2). Aus diesem Grund rechtfertigt sich, die Amtshilfeleistung in Anlehnung an die bestehende Praxis in der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen nur mit einer Bedingung zu versehen (vgl. etwa Urteil des Bundesstrafgerichts RR.2015.191 vom 14. Oktober 2015 E. 5.6, auszugsweise publiziert als TPF 2015 110).
Nach dem Gesagten sind die Informationen zwar als voraussichtlich erheblich einzustufen. Da jedoch das Spezialitätsprinzip verletzt wurde, ist die Übermittlung der bei der Beschwerdeführerin mittels Hausdurchsuchung erhobenen Unterlagen an folgenden zusätzlichen Spezialitätsvorbehalt zu knüpfen: «Die gesammelten Informationen dürfen nur für die Verhinderung, Aufdeckung, Untersuchung, Verfolgung und Ahndung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die die finanziellen Interessen der Vertragsparteien beeinträchtigen, in Bezug auf den Warenund Dienstleistungsverkehr, der gegen steuerrechtliche Vorschriften auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, der besonderen Verbrauchssteuern und der Verbrauchssteuern verstösst (Art. 2 Ziff. 1 Bst. a Lemma 2 BBA), verwendet werden. Als Beweismittel in Verfahren der direkten Steuern wie Einkommenssteuern, Solidaritätszuschlag zur Einkommenssteuer, Vermögenssteuern, Körperschaftssteuern, Grundstückgewinnsteuern usw. dürfen sie nicht verwendet werden».
Gemäss Art. 63 Abs. 1 VwVG werden die Verfahrenskosten in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Die Verfahrenskosten bemessen
sich nach dem Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2). Beim vorliegenden Ausgang des Verfahrens sind den teilweise obsiegenden Beschwerdeführerinnen reduzierte Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 1‘000.-- aufzuerlegen. Der einbezahlte Kostenvorschuss (Fr. 2‘000.--) ist hierbei auf die Verfahrenskosten anzurechnen und im übersteigenden Umfang (Fr. 1‘000.--) nach Eintritt der Rechtskraft an die Beschwerdeführerinnen zurückzuerstatten.
Den teilweise obsiegenden Beschwerdeführerinnen ist für die erwachsenen notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten ihrer Vertretung eine reduzierte Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG; Art. 7 Abs. 2 VGKE). Die Beschwerdeführerinnen haben keine Kostennote eingereicht. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände erscheint eine reduzierte Parteientschädigung von praxisgemäss Fr. 1'500.-- als angemessen.
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe im Bereich der Mehrwertsteuer endgültig, wenn die Amtshilfe - wie im vorliegenden Fall - ihre völkerrechtliche Grundlage im BBA hat (Art. 75a Abs. 2 MWSTG i.V.m. Art. 115i Abs. 3 ZG; vgl. Botschaft StAhiG, BBl 2011 6193 ff., 6228; vgl. BEUSCH/IMSTEPF, in: Zwei-
fel/Beusch/Glauser/Robinson [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, 2015, Art. 75a MWSTG, Rz. 5, 12 und 16).
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Die Übermittlung der bei der Beschwerdeführerin mittels Hausdurchsuchung erhobenen Unterlagen wird an folgenden zusätzlichen Spezialitätsvorbehalt geknüpft: «Die gesammelten Informationen dürfen nur für die Verhinderung, Aufdeckung, Untersuchung, Verfolgung und Ahndung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die die finanziellen Interessen der Vertragsparteien beeinträchtigen, in Bezug auf den Warenund Dienstleistungsverkehr, der gegen steuerrechtliche Vorschriften auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, der besonderen Verbrauchssteuern und der Verbrauchssteuern verstösst (Art. 2 Ziff. 1 Bst. a Lemma 2 BBA), verwendet werden. Als Beweismittel in
Verfahren der direkten Steuern wie Einkommenssteuern, Solidaritätszuschlag zur Einkommenssteuer, Vermögenssteuern, Körperschaftssteuern, Grundstückgewinnsteuern usw. dürfen sie nicht verwendet werden».
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Die Verfahrenskosten werden auf Fr. 2‘000.-- festgesetzt und den Beschwerdeführerinnen im Umfang von Fr. 1‘000.-- auferlegt. Letzterer Betrag wird dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 2‘000.-- entnommen. Der Restbetrag von Fr. 1‘000.-- wird den Beschwerdeführerinnen zurückerstattet.
Die Vorinstanz wird verpflichtet, den Beschwerdeführerinnen nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 1‘500.-- zu bezahlen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerinnen (Einschreiben)
die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Einschreiben)
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Michael Beusch Anna Strässle
Versand:
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