Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung I |
Dossiernummer: | A-376/2021 |
Datum: | 14.09.2021 |
Leitsatz/Stichwort: | Zölle |
Schlagwörter : | Bewilligung; Veredelung; Qualität; Auflage; Eckstück; Rindsbinde; Bundes; Äquivalenz; Vorinstanz; Verfahren; Auflagen; Zollgebiet; Beschaffenheit; Unterspälte; Vorschlag; Rindsbinden; Einfuhr; Fisch; Verfügung; Bundesverwaltungsgericht; Recht; Eckstücke; Urteil; Äquivalenzverkehr; Verfahrens; Rindsbindenteile |
Rechtsnorm: | Art. 12 ZG ;Art. 21 ZG ;Art. 26 ZG ;Art. 32 ZG ;Art. 36 BV ;Art. 47 ZG ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 49 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 53 MWSTG ;Art. 59 ZG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ; |
Referenz BGE: | 128 II 292; 135 IV 217; 143 II 646 |
Kommentar: | - |
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Abteilung I A-376/2021
Besetzung Richter Jürg Steiger (Vorsitz),
Richter Keita Mutombo, Richter Raphaël Gani, Gerichtsschreiber Matthias Gartenmann.
vertreten durch
lic. iur. LL.M. Andrea Mani, Rechtsanwalt und Notar, Beschwerdeführerin,
gegen
Dienstbereich Grundlagen, Sektion Recht,
Vorinstanz.
Gegenstand Bewilligung für die aktive Veredelung.
Die F. AG (nachfolgend: F AG) bezweckt gemäss Handelsregistereintrag des Kantons (Ort) die Fabrikation, den Vertrieb und den Handel von Trockenund anderen Fleischwaren, Lebensmitteln und Getränken aller Art, insbesondere von (…).
Mit der Bewilligung Nr. (…) vom 23. Oktober 2019 erteilte die Eidgenössische Zollverwaltung (nachfolgend: EZV) der F AG die Genehmigung für die aktive Eigenveredelung. Es handelte sich dabei um Teile der Rindsbinde (Eckstücke, Fisch, Unterspälte) und des Vorschlags (Nuss) vom Rind ohne Bein, in konventioneller Qualität, frisch, gekühlt oder gefroren mit den Zolltarifnummern 0201.3099 und 0202.3099, die eingeführt werden können. Als Veredelungsart wurde die Herstellung von Trockenfleisch (Bündnerfleisch) angegeben.
Im Rahmen der Erteilung der analogen Bewilligungen Nr. (…) und Nr. (…) erläuterte die EZV in ihrem Schreiben vom 1. Oktober 2020 der F AG die Bestimmungen zum Äquivalenzverkehr und der dazugehörigen präzisierten Auflagen.
Mit der E-Mail vom 6. Oktober 2020 beantragte die Beschwerdeführerin die Erneuerung der Bewilligung Nr. (…).
(Nuss) sich hinsichtlich Beschaffenheit und Qualität unterschieden und nicht als äquivalent im Sinne des Zollrechts gelten würden.
Die Vorinstanz stellte die ersuchte Bewilligung Nr. (…) am 17. Dezember 2020 mit präzisierten Auflagen zur Äquivalenz aus. Sie erteilte die Bewilligung für die aktive Veredelung zusammengefasst unter den Auflagen, dass im Rahmen der Bewilligung ins Zollgebiet verbrachte Teile der Rindsbinde (Unterspälte, Fisch, Eckstück und Vorschlag) nur gegen die entsprechenden Teile der Rindsbinde ausgetauscht werden dürfen (d.h. zum Beispiel Austausch von Eckstück gegen Eckstück und nicht Unterspälte gegen Eckstück).
Aufgrund der per 1. Januar 2021 erfolgten Änderung der Tarifeinreihung für Würzfleisch passte die Vorinstanz sämtliche gültigen Bewilligungen für alle Bewilligungsinhaber für die aktive Veredelung von zugeschnittenen Rindsbinden zur Herstellung von Trockenfleisch an, unter anderem auch die Bewilligung Nr. (…). Die Bewilligung wurde mit der Tarifnummer 1602.5098 ergänzt. Am 23. Dezember 2020 teilte die EZV der F AG die Anpassung der Bewilligung Nr. (…) mit und stellte die angepasste Bewilligung Nr. (…) zu. Diese Bewilligung vom 23. Dezember 2020 ersetzte diejenige vom
17. Dezember 2020.
Mit Schreiben vom 26. Januar 2021 reichte die F AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Bewilligung Nr. (…) vom 23. Dezember 2020 der EZV (nachfolgend: Vorinstanz) ein. Die Beschwerdeführerin beantragt unter entsprechenden Kostenund Entschädigungsfolge die Aufhebung der präzisierten Auflage zur Äquivalenz, wonach die einzelnen Teile der Rindsbinde einzig durch identischen Teile der Rindsbinde ausgetauscht werden dürfen. Eventualiter sei die Bewilligung zur entsprechenden Korrektur an die EZV zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin bringt insbesondere vor, bei der Herstellung von Bündnerfleisch dienten als Rohmaterial vier Muskelstücke des Rindsstotzens (Unterspälte, Fisch, Eckstück und Vorschlag). Diese vier Teilstücke seien seit jeher auch für den aktiven Veredelungsverkehr zugelassen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz wiesen alle vier Teilstücke die gleiche Beschaffenheit und Qualität auf. Es müsse deshalb im Rahmen der Äquivalenz möglich sein, dass beispielsweise einerseits ein importiertes Stück
Unterspälte zu Bünderfleisch verarbeitet sowie exportiert wird und andererseits im Gegenzug dafür ein Eckstück importiert werden kann.
Mit der Vernehmlassung vom 8. April 2021 beantragt die Vorinstanz die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Auf die Vorbringen der Parteien sowie die eingereichten Akten wird nachfolgend eingegangen, soweit dies für den vorliegenden Entscheid wesentlich ist.
Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG, SR 173.32) gegeben ist (Art. 31 VGG). Eine solche Ausnahme liegt nicht vor. Der angefochtene Entscheid ist eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG. Die EZV ist zudem eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Art. 33 VGG). Dieses ist daher für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig (vgl. auch Art. 116 Abs. 4 des Zollgesetzes vom 18. März 2005 [ZG, SR 631.0]). Das Verfahren richtet sich – soweit das VGG nichts anderes bestimmt – nach den Vorschriften des VwVG (Art. 37 VGG).
Die Beschwerdeführerin ist Adressatin des angefochtenen Entscheids, hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist durch die Verfügung vom 23. Dezember 2020 beschwert (vgl. E. 2.2.3 in fine, wonach die Verfügungsadressatin Vorbringen gegen die in der Bewilligung enthaltenen Auflagen mittels Beschwerde gegen die erteilte Bewilligung zu erheben hat und sie solche später im Abgabeerhebungsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltendmachen kann). Sie ist zur Beschwerdeerhebung legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Die Beschwerde wurde formund fristgerecht eingereicht (Art. 50 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Das Bundesverwaltungsgericht darf die angefochtene Verfügung in vollem Umfang überprüfen. Die Beschwerdeführerin kann neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Unangemessenheit rügen (Art. 49 Bst. c VwVG). Im Beschwerdeverfahren gilt die Untersuchungsmaxime, wonach der Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen ist, und der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 62 Abs. 4 VwVG; ANDRÉ MOSER/MICHAEL BEUSCH/LORENZ KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, Rz. 1.49 ff.; PIERRE MOOR/ETIENNE
POLTIER, Droit administratif, Bd. II, 3. Aufl. 2011, S. 292 ff., 300 f., 820 f.,
Ziff. 2.2.6.3, 2.2.6.5 und 5.8.3.5).
Für Waren, welche zur Bearbeitung, Verarbeitung oder Ausbesserung vorübergehend ins Zollgebiet verbracht werden, gewährt die EZV im Rahmen des Zollverfahrens der aktiven Veredelung eine Zollermässigung oder Zollbefreiung, sofern keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen (vgl. Art. 12 Abs. 1 ZG). Unter den gleichen Voraussetzungen gewährt die EZV für Waren, die ins Zollgebiet eingeführt werden, Zollermässigung oder Zollbefreiung, wenn inländische Waren gleicher Menge, Beschaffenheit und Qualität als bearbeitete oder verarbeitete Erzeugnisse ausgeführt werden (vgl. Art. 12 Abs. 2 ZG). Die entsprechenden Einfuhren sind auch von der Einfuhrsteuer befreit (vgl. Art. 53 Abs. 1 Bst. i MWSTG). Art. 59 ZG regelt das Verfahren der aktiven Veredelung genauer. Weitere Bestimmungen sind den Art. 165 ff. der Zollverordnung vom 1. November 2006 (ZV, SR 631.01) zu entnehmen.
Der Äquivalenzverkehr ist dabei in Art. 41 Abs. 1 ZV näher geregelt (vgl. auch Art. 12 Abs. 2 ZG). Danach können die zur Veredelung ins Zollgebiet verbrachten Waren durch inländische Waren ersetzt werden. Die inländischen Waren müssen in gleicher Menge und von gleicher Beschaffenheit und Qualität wie die ins Zollgebiete verbrachte Waren sein. Nach Art. 41 Abs. 2 ZV wird der Äquivalenzverkehr angewandt, wenn:
die gleiche Beschaffenheit und Qualität der Ware nachgewiesen wird;
keine Einfuhrregelungen des Bundes umgangen werden können; und
ihm kein anderes überwiegendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Wer das Verfahren der aktiven Veredelung beanspruchen will, bedarf einer Bewilligung der EZV (Art. 59 Abs. 2 ZG). Entsprechend können die
inländischen Waren von dem Tag an als Veredelungserzeugnisse ausgeführt werden, an dem die EZV die aktive Veredelung bewilligt hat (Art. 41 Abs. 3 ZV).
Die Bewilligung kann allerdings mit Auflagen verbunden sowie mengenmässig und zeitlich beschränkt werden (Art. 59 Abs. 2 ZG). Die Bewilligung wird von der EZV namentlich erteilt, wenn die in Art. 165 ZV genannten Voraussetzungen erfüllt sind. So enthält sie gemäss Art. 166 Bst. h ZV unter anderem «Auflagen, namentlich Fristen für die Ausfuhr der Veredelungserzeugnisse und für den Abschluss des Verfahrens der aktiven Veredelung, materielle Kontrollund Verfahrensvorschriften sowie formelle Verfahrensvorschriften». Die Einhaltung dieser individuellen Vorschriften der EZV ist Grundvoraussetzung für den Abschluss des Veredelungsverfahrens und die entsprechende Zollermässigung oder -befreiung (Urteile des BVGer A-6139/2019 vom 18. August 2020 E. 2.2.2, A-6635/2018 vom 7. Januar 2020 E. 3.2.2, A-7140/2017 vom 21. November 2018 E. 2.2.2,
A-8109/2015 vom 18. Oktober 2016 E. 2.2, A-510/2011 et al. vom 14. August 2012 E. 2.4; IVO GUT, in: Kocher/Clavadetscher [Hrsg.], Stämpflis Handkommentar zum Zollgesetz [ZG], 2009 [nachfolgend: Zollkommentar], Art. 59 N. 4).
Mit der Erteilung der Bewilligung wird das im Rahmen der aktiven Veredelung anzuwendende Verfahren (Art. 59 Abs. 2 ZG i.V.m. Art. 166 Bst. a ZV) bestimmt: In der Regel werden die Einfuhrzollabgaben im sogenannten Nichterhebungsverfahren mit bedingter Zahlungspflicht veranlagt (Art. 59 Abs. 3 Bst. a ZG i.V.m. Art. 167 ZV). Das heisst, die Erhebung der Zollabgaben wird bei der Einfuhr bedingt ausgesetzt.
Wird die Verfügung, mit welcher die Bewilligung erteilt wird, nicht angefochten, erwächst sie mitsamt den darin aufgeführten Auflagen in formelle Rechtskraft. Der Verfügungsadressat hat damit die entsprechenden Auflagen akzeptiert und in der Folge auch einzuhalten. Vorbringen gegen die in der Bewilligung enthaltenen Auflagen sind mittels Beschwerde gegen die erteilte Bewilligung zu erheben und können später im Abgabeerhebungsverfahren nicht mehr mit Erfolg vorgebracht werden (Urteile des BVGer A- 6139/2019 vom 18. August 2020 E. 2.2.2, A-6635/2018 vom 7. Januar
2020 E. 3.2.2, A-7140/2017 vom 21. November 2018 E. 2.2.2, A-8109/2015
vom 18. Oktober 2016 E. 2.2, A-510/2011 vom 14. August 2012 E. 2.4).
Die bedingt ausgesetzten Zollabgaben werden nicht fällig, wenn das Verfahren der aktiven Veredelung ordnungsgemäss abgeschlossen wird
(Urteil des BVGer A-6139/2019 vom 18. August 2020 E. 2.2.3). Dies ist dann der Fall, wenn der Bewilligungsinhaber die in der Bewilligung festgehaltenen Auflagen eingehalten hat (Art. 168 Abs. 1 ZV). Gemäss Art. 168 Abs. 2 ZV muss der Bewilligungsinhaber (für einen ordnungsgemässen Abschluss des Verfahrens) bei der in der Bewilligung bezeichneten überwachenden Stelle:
innerhalb der vorgeschriebenen Frist das Gesuch um definitive Zollermässigung oder Zollbefreiung einreichen;
in der vorgeschriebenen Art nachweisen, dass die ins Zollgebiet verbrachten Waren oder die im Äquivalenzverkehr verwendeten inländischen Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist als Veredelungserzeugnisse wieder ausgeführt worden sind; und
die Menge der veredelten Waren und der angefallenen Abfälle oder Nebenprodukte unter Vorlage von Rezepturen, Fabrikationsrapporten und ähnlichen Dokumenten nachweisen.
Werden die Auflagen hingegen nicht eingehalten und wird somit das Verfahren der aktiven Veredelung nicht ordnungsgemäss abgeschlossen, fällt im Nichterhebungsverfahren der Suspensiveffekt für die Erhebung der Einfuhrzollabgaben weg und werden diese fällig. Dies gilt allerdings nicht, wenn die veredelten Waren innerhalb der festgesetzten (Ausfuhr-)Frist nachweislich ausgeführt worden sind. Das entsprechende Gesuch ist innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf der festgesetzten Frist zu stellen (Art. 59 Abs. 4 ZG; Urteile des BVGer A-6139/2019 vom 18. August 2020 E. 2.2.4,
A-6635/2018 vom 7. Januar 2020 E. 3.2.4, A-7140/2017 vom 21. Novem-
ber 2018 E. 2.2.4, A-8109/2015 vom 18. Oktober 2016 E. 2.3, A-510/2011
vom 14. August 2012 E. 2.6).
Das Zollverfahren wird vom Selbstdeklarationsprinzip bestimmt (Art. 21, 25 und 26 ZG). Derjenige, der Waren ins Zollgebiet verbringt, verbringen lässt oder sie danach übernimmt, hat die Waren unverzüglich und unverändert der nächstgelegenen Zollstelle zuzuführen (Art. 21 Abs. 1 ZG). Anmeldepflichtig ist unter anderem die zuführungspflichtige Person (Art. 26 Bst. a ZG). Von den Anmeldepflichtigen wird die vollständige und richtige Deklaration der Ware gefordert. Hinsichtlich ihrer Sorgfaltspflichten werden somit hohe Anforderungen gestellt (vgl. Art. 25 ZG; BGE 135 IV 217
E. 2.1.1 und 2.1.3, vgl. BGE 143 II 646 E. 3.3.3; BARBARA SCHMID, Zollkom-
mentar, Art. 18 N. 4). Die Zollpflichtigen haben sich vorweg über die Zollpflicht sowie die jeweiligen Abfertigungsverfahren zu informieren. Unterlassen sie dies, haben sie dafür prinzipiell selber die Verantwortung zu tragen. Insbesondere hat die zollanmeldepflichtige Person selbst das gewünschte Zollverfahren zu wählen und die Ware entsprechend anzumelden (vgl. Art. 47 Abs. 1 ZG). Zu den wählbaren Zollverfahren zählt unter anderem das Verfahren der aktiven Veredelung (Art. 47 Abs. 2 Bst. e ZG; zum Ganzen: Urteile des BVGer A-6635/2018 vom 7. Januar 2020 E. 3.3, A-7140/2017 vom 21. November 2018 E. 2.3, vgl. auch A-6992/2010 vom 12. Juli 2012 E. 3.4).
Mangels anderweitiger Regelung im MWSTG gelten die Mitwirkungsund Sorgfaltspflichten des Zollverfahrens auch für die Erhebung der Mehrwertsteuer auf der Einfuhr von Gegenständen (vgl. Art. 50 MWSTG; siehe dazu Urteile des BVGer A-6635/2018 vom 7. Januar 2020 E. 3.3, A-7140/2017 vom 21. November 2018 E. 2.3).
Das Gebot der Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2 BV; vgl. auch Art. 36 Abs. 3 BV) verlangt, dass die vom Gesetzgeber oder von der Behörde gewählten Massnahmen für das Erreichen des gesetzten Zieles geeignet, notwendig und für den Betroffenen zumutbar sind. Der angestrebte Zweck muss in einem vernünftigen Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln bzw. zu den zu seiner Verfolgung notwendigen Beschränkungen stehen. Die staatliche Massnahme darf in sachlicher, räumlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht nicht einschneidender sein als erforderlich und hat zu unterbleiben, wenn eine gleich geeignete, aber mildere Massnahme für den angestrebten Erfolg ausreichen würde (vgl. BGE 128 II 292 E. 5.1, mit Hinweisen). Die Frage der Verhältnismässigkeit stellt sich folglich nur in Fällen, bei denen mehrere Massnahmen zum Erreichen eines Ziels zur Verfügung stehen (vgl. Urteil des BGer 2A.65/2003 vom 29. Juli 2003 E. 4; Urteile des BVGer A-2206/2007 vom 24. November 2008 E. 4.3.2, A-1723/2006 vom
19. September 2007 E. 3.2).
Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 23. Dezember 2020 die Bewilligung Nr. (…) für die Einfuhr von Teilen der Rindsbinde (Eckstück, Fisch, Unterspälte) sowie dem Vorschlag (Nuss) vom Rind ohne Bein, in konventioneller Qualität, frisch gekühlt oder gefroren mit der Tarifnummer 0201.3099, 0202.3099, 1602.5098 zur aktiven Veredelung (Herstellen von Trockenfleisch [Bündnerfleisch] konventionell,
schneiden, ev. würzen, ev. zu Pesto verarbeiten sowie verpacken) im Nichterhebungsverfahren erteilt.
Diese Bewilligung enthält verschiedene Auflagen: Unter Rubrik 10 der Verfügung («Äquivalenz») wurde im Wesentlichen das Folgende festgehalten:
«Die im Rahmen dieser Bewilligung ins Zollgebiet verbrachten Waren dürfen gegen inländische Waren gleicher Menge, Beschaffenheit und Qualität ausgetauscht werden»:
Eckstücke in konventioneller Qualität dürfen nur durch inländische Eckstücke in konventioneller Qualität ausgetauscht werden;
Fisch in konventioneller Qualität darf nur durch inländischen Fisch in konventioneller Qualität ausgetauscht werden;
Unterspälte in konventioneller Qualität dürfen nur durch inländische Unterspälte in konventioneller Qualität ausgetauscht werden;
Vorschlag (Nuss) in konventioneller Qualität darf nur durch inländischen Vorschlag (Nuss) in konventioneller Qualität ausgetauscht werden.
Die Auflagen zum Äquivalenzverkehr in Rubrik 10 der früheren Bewilligung Nr. (…) vom 23. Oktober 2019 lauteten demgegenüber im Wesentlichen wie folgt:
Die im Rahmen dieser Bewilligung ins Zollgebiet verbrachten Waren dürfen gegen inländische Waren gleicher Menge, Beschaffenheit und Qualität ausgetauscht werden.
Als äquivalente Waren gelten Rindfleisch in der jeweiligen Art und in konventioneller Qualität für Fisch, Unterspälte, Eckstück und Vorschlag.
Vorliegend ist im Wesentlichen strittig, ob die angepasste Auflage zur Äquivalenz in Rubrik 10 der angefochtenen Verfügungen der Vorinstanz vom 23. Dezember 2020 den bundesrechtlichen Anforderungen entspricht.
Die Vorinstanz begründet die Anpassung der Rubrik 10 damit, dass sie im Rahmen der Bearbeitung des Erneuerungsantrages für die Bewilligung Nr. (…) festgestellt habe, dass mit 95.63% vor allem Eckstücke importiert wurden und die importierten Eckstücke nicht nur durch inländische Eckstü-
cke, sondern auch durch andere, nicht gleichwertige inländische Rindsbindenteile ausgetauscht worden und dann ohne Abgabenerhebung im Zollgebiet verblieben seien (vgl. Sachverhalt Bst. E). Die Vorinstanz geht bereits unter der früheren Bewilligung von einer «Verletzung der Äquivalenzbestimmungen» aus, da «der Austausch von nicht äquivalenten Rindsbindenteilen untereinander» «immer im Widerspruch zu den Bewilligungsauflagen und den Rechtsgrundlagen» gestanden sei.
Die Beschwerdeführerin führt dagegen ins Feld, dass «alle vier Teilstücke der Rindsbinden, die zu Bündnerfleisch veredelt werden können, sowohl die gleiche Qualität als auch die gleiche Beschaffenheit» aufweisen würden und dies seit 15 Jahren auch so erfolge.
Nach dem Äquivalenzverkehr können grundsätzlich die zur Veredelung ins Zollgebiet verbrachten Waren durch inländische Waren ersetzt werden. Die inländischen Waren müssen jedoch nach den gesetzlichen Bestimmungen in gleicher Menge und von gleicher Beschaffenheit sowie Qualität wie die ins Zollgebiete verbrachte Waren sein (vgl. Art. 41 Abs. 1 ZV sowie auch Art. 12 Abs. 2 ZG; vgl. auch E. 2.2.2).
Die gleiche Beschaffenheit und Qualität der Einfuhrwaren liegt gemäss herrschender Lehre vor, wenn die Ersatzwaren zu derselben achtstellige Zolltarifnummer gehören sowie dieselbe Handelsqualität und dieselben technischen Merkmale besitzen (REMO ARPAGAUS, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht Band XII, Zollrecht, unter Einschluss der völkerrechtlichen Grundlagen im Rahmen der WTO, UNECE, der EFTA und der Abkommen mit der EU, 2. Aufl. 2007, S. 484; IVO GUT, Zollkommentar, Art. 12
N. 9). So können etwa eingeführte Bioprodukte oder koschere Nahrungsmittel nicht durch einheimische Produkte, welche diese Eigenschaften nicht besitzen, ersetzt werden (Kommentar des EFD zur ZV vom 25. Juli 2006, S. 5).
Zwar ist vorliegend die Zolltarifnummer bei sämtlichen Rindsbindeteilen identisch (Nr. 0201.3099 für frische, gekühlte Rindsbinden bzw. 0202.3099 für gefrorene Rindsbinden sowie Nr. 1602.5098 für andere, einschliesslich zugeschnittene, rohe, ausgebeinte, gesalzene und gewürzte Rindsbinden zur Herstellung von Trockenfleisch). Die unterschiedlichen Rindsbindenteile (Eckstück, Unterspälte und Fisch) und der Vorschlag (bzw. Nuss) weisen als verschiedenartige Fleischstücke in Übereinstim-
mung mit den Ausführungen der Vorinstanz aber naturgegeben unterschiedliche Merkmale sowie unterschiedliche Qualitäten auf, weshalb auch die Verwendungsmöglichkeiten sich unterscheiden. Auch wenn die drei Rindsbindenteile alle aus dem Stotzen und damit anatomisch aus demselben Hauptteilstück des Schlachtkörpers des Rindes stammen, weist das Fleisch nicht die gleiche Beschaffenheit auf. Die unterschiedliche Beschaffenheit spiegelt sich bereits in den unterschiedlichen Namen der Fleischstücke (Eckstück, Unterspälte, Fisch sowie Vorschlag) je nach Körperpartie des Rindes wieder. Bezüglich Beschaffenheit erklärt die Beschwerdeführerin nämlich ebenfalls, dass «sich die verschiedenen Teilstücke in ihrer Form und Grösse unterscheiden» sowie die einzelnen Teile «bei den Kunden unterschiedlich beliebt sind».
Diese Unterschiede in der Beschaffenheit resultieren auch in unterschiedlichen Preisen. So weisen die verschiedenen Körperpartien (Eckstück, Unterspälte, Fisch sowie Vorschlag) preisliche Unterschiede auf. Nach Ausführungen der Vorinstanz in der Vernehmlassung weist das Eckstück einen Preis von CHF 37.46 pro Kilogramm, die Unterspälte einen Preis von CHF 25.62 pro Kilogramm, der Fisch (bzw. runder Mocken) einen Preis von CHF 29.66 pro Kilogramm und der Vorschlag (bzw. Nuss) einen Preis von CHF 37.46 auf. Diese Preisunterschiede werden durch die Beschwerdeführerin nicht bestritten. Wie die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde nämlich ausführt, sind «die Rohstoffkosten nicht identisch», daher «variieren auch die Abgabepreise». Die unterschiedlichen Preise der Rohstoff der einzelnen Rindsbindenteile bzw. des Vorschlags (Nuss) widerspiegeln gerade die unterschiedliche Beschaffenheit der Waren. Die Beschwerdeführerin kann auch aus der «GGA-Bündnerfleisch» (geschützte geografische Angabe des Bünderfleischs), welche erlaube «Bündnerfleisch aus allen vier Teilstücken herzustellen» nichts zu ihren Gunsten ableiten. Massgebend ist, ob die Teilstücke unterschiedliche Merkmale aufweisen, was vorliegend wie gesehen der Fall ist.
Zusammenfassend entspricht die Auflage den bundesrechtlichen Anforderungen an die Äquivalenz im aktiven Veredelungsverkehr. Die Auflage konkretisiert die Vorgaben gemäss Art. 12 Abs. 2 ZG i.V.m. Art. 41 Abs. 1 ZV für den Äquivalenzverkehr von Rindsbinden. Auch ohne die explizite Auflage muss indessen die Ersatzware gemäss den bundesrechtlichen Vorgaben die gleichen Merkmale wie die Einfuhrware aufweisen. In diesem Sinn hat die Auflage bloss deklaratorische Wirkung. Der Vorinstanz stand insoweit auch kein Ermessen zu, Einfuhrwaren mit anderen Merkmalen als äquivalente Ersatzware zu betrachten. In der Folge kann sich die Frage
der Verhältnismässigkeit der Auflage nicht stellen, da die Vorinstanz gar keine andere Möglichkeit hatte, als entsprechend der gesetzlichen Regelung zu handeln.
Letztlich erschliesst sich dem Bundesverwaltungsgericht nicht, inwiefern die Beschwerdeführerin aus dem früheren Wortlaut der Bewilligung etwas zu ihren Gunsten ableiten will. Zum einen galten die Voraussetzungen zur Äquivalenz bereits zu diesem Zeitpunkt, zum anderen sieht die geltende zollrechtliche Regelung ausdrücklich vor, dass sofern ein Mangel in der Vergangenheit durch die Vorinstanz nicht festgestellt und die Zollanmeldung nicht zurückgewiesen worden ist, daraus keine Rechte abgeleitet werden können (vgl. hierzu Art. 32 Abs. 3 ZG).
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten, die auf CHF 700.- festgesetzt werden, der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Der einbezahlte Kostenvorschuss in derselben Höhe wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.
Eine Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin ist nicht zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario bzw. Art. 7 Abs. 1 VGKE e contrario).
Das Dispositiv befindet sich auf der nächsten Seite.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von CHF 700.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss in gleicher Höhe wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Gerichtsurkunde)
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Jürg Steiger Matthias Gartenmann
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
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