Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung I |
Dossiernummer: | A-2859/2019 |
Datum: | 05.12.2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Mehrwertsteuer |
Schlagwörter : | Steuer; MWSTG; Saldosteuersatz; Leistung; Recht; Vorinstanz; Mehrwertsteuer; Forderung; Urteil; Steuerperiode; Entgelt; Person; Provision; Take-Away; Abrechnung; Sachverhalt; Rechnung; Steuerforderung; Leistungserbringer; Einsprache; Bundesverwaltungsgericht; Steuerpflicht; BVGer; «Take-Away; Konsumationsmöglichkeit»; Steuernachforderung; Methode |
Rechtsnorm: | Art. 10 MWSTG ;Art. 18 MWSTG ;Art. 20 MWSTG ;Art. 24 MWSTG ;Art. 37 MWSTG ;Art. 42 MWSTG ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 49 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 78 MWSTG ;Art. 83 MWSTG ;Art. 86 MWSTG ; |
Referenz BGE: | 132 II 353; 133 II 366; 137 II 182; 140 II 202; 140 II 248; 142 II 488; 144 I 340 |
Kommentar: | Marti, Schweizer, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Art. 3 MWSTG SR, 2015 |
Entscheid bestätigt durch BGer mit Urteil vom 03.04.2020 (2C_29/2020)
Abteilung I
A-2859/2019
Besetzung Richter Jürg Steiger (Vorsitz),
Richter Raphaël Gani, Richter Daniel Riedo, Gerichtsschreiber Roger Gisclon.
Parteien A. ,
vertreten durch
Remy Bärlocher, Rechtsanwalt, Beschwerdeführerin,
gegen
Gegenstand MWST (2011 bis 2015).
A. (nachfolgend: Steuerpflichtige) betrieb gemäss Agenturvertrag vom 14. Februar 2013 (nachfolgend: Agenturvertrag) mit der B. AG (vormals: B. GmbH & Co KG; nachfolgend: B. ) ab dem 1. April 2011 selbständig eine Take-Away-Filiale. Hauptsächlich stellte sie dabei die von B. angelieferten Backwaren fertig und verkaufte diese. Gemäss Agenturvertrag erhielt die Steuerpflichtige als Entschädigung eine monatliche Provision in der Höhe von 33% des gesamten monatlichen Nettoumsatzes aus dem Verkauf des B. -Sortiments zuzüglich der jeweils gültigen Mehrwertsteuer. Für die Gebrauchsüberlassung der Geschäftsräume wurde der Steuerpflichtigen indes eine Gebühr in der Höhe von 17% des erzielten Nettoumsatzes aus dem Verkauf des B. -Sortiments zuzüglich der jeweils gültigen Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt.
In der Unterstellungserklärung vom 4. Oktober 2011 gab die Steuerpflichtige an, ein «Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» zu betreiben und dabei den Saldosteuersatz von 0,6% anzuwenden. Gemäss Bestätigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) vom 14. Oktober 2011 wurde sie mit Wirkung ab 1. April 2011 ins Register der steuerpflichtigen Personen eingetragen.
Gestützt auf Art. 78 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (MWSTG; SR 641.20) führte die ESTV bei der Steuerpflichtigen am 7. August 2017 eine Kontrolle über die Steuerperioden 2011 bis 2015 durch.
Die ESTV stellte dabei fest, dass für die Steuerpflichtige im Rahmen
ihrer Tätigkeit als Agentin für B.
nicht der Saldosteuersatz für
«Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» von 0,6%, sondern derjenige für «Provisionen soweit nicht anderswo genannt» von 6,1% anwendbar sei. Anstelle des Umsatzes aus dem Vertrieb der Backwaren sei als Umsatz der Bruttoumsatz aus den monatlich erhaltenen Provisionen von B. abzurechnen, und zwar zum erwähnten Saldosteuersatz von 6,1%.
Gemäss Einschätzungsmitteilung der ESTV (Nr. [ ]) vom 12. Dezember
2017 ergab sich aufgrund des angepassten Saldosteuersatzes und steuerbaren Entgelts eine Steuerkorrektur zu Gunsten der ESTV von CHF 94'862.-.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2018 teilte die Steuerpflichtige der ESTV mit, dass sie die Einschätzungsmitteilung Nr. ( ) und die darin festgesetzte Steuerforderung nicht akzeptiere. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass sie ein «Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» betreibe und die Bedingungen nach Art. 37 Abs. 1 MWSTG erfülle, womit der Saldosteuersatz von 0,6% gerechtfertigt und im Übrigen von der ESTV bewilligt worden sei.
Die Steuerpflichtige führte weiter aus, sie trage das Unternehmensrisiko, zahle alle Unkosten wie Personal, Miete, Unterhalt sowie die eingekaufte Ware und sei dafür verantwortlich, dass Umsätze generiert oder zumindest die Unkosten gedeckt werden könnten.
Da die ESTV die Saldosteuersätze festlege und bewillige, könne sich die ESTV nicht der Verantwortung entziehen und im Nachhinein behaupten, der Saldosteuersatz sei nicht korrekt und müsse angepasst werden. Durch den höheren Saldosteuersatz müsse die Steuerpflichtige erheblich und unverhältnismässig mehr Mehrwertsteuern bezahlen, wodurch ihre Existenz gravierend in Frage gestellt sei.
Mit Verfügung vom 10. August 2018 bestätigte die ESTV die Steuernachforderung über CHF 94'862.- (zzgl. Verzugszins von 4% seit dem 18. November 2014) aus der Einschätzungsmitteilung Nr. ( ). Die Einwände der Steuerpflichtigen wies sie mit Verweis darauf ab, dass B. als Leistungserbringerin der gesamten Umsätze der Take-Away-Filiale gegen aussen auftrete und der Verkaufserlös entsprechend auch B. zuzurechnen sei. Die monatlichen Provisionen (33% der erzielten Nettoumsätze), die die Steuerpflichtige erhalte, stellten das tatsächliche Entgelt im Sinne von Art. 24 Abs. 1 MWSTG dar. Überdies handle es sich bei der Mehrwertsteuer um eine Selbstveranlagungssteuer, weshalb es in der Verantwortung der Steuerpflichtigen liege, jene korrekt zu deklarieren. Bei Unsicherheiten würden Auskunftsmöglichkeiten bestehen, welche die Steuerpflichtige hätte wahrnehmen können. Folglich liege der Fehler nicht bei der ESTV.
Gegen die Verfügung vom 10. August 2018 erhob die Steuerpflichtige am 14. September 2018 Einsprache und bat aufgrund der Abwesenheit ihres Rechtsvertreters um eine neue Frist zur substanziellen Begründung der Einsprache. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2018 gewährte die ESTV der Steuerpflichtigen eine Nachfrist von 5 Tagen.
Der eingeschriebene Brief der ESTV vom 11. Oktober 2018 konnte der Steuerpflichtigen nicht ausgehändigt werden, worauf das Schreiben aufgrund der Zustellfiktion am 19. Oktober 2018 als zugestellt galt. Die angesetzte Frist verstrich ungenutzt.
Die ESTV trat mit Entscheid vom 22. Januar 2019 mangels Einhaltung der Anforderungen an eine Einsprache (insbesondere eine Begründung) gemäss Art. 83 Abs. 2 MWSTG nicht auf die Einsprache der Steuerpflichtigen ein. In der Rechtsmittelbelehrung führte sie dabei nicht die Beschwerdemöglichkeit ans Bundesverwaltungsgericht, sondern fälschlicherweise die Einsprachemöglichkeit nach Art. 83 MWSTG auf.
Gegen den Nichteintretensentscheid vom 22. Januar 2019 erhob die Steuerpflichtige am 20. Februar 2019 wiederum Einsprache und brachte vor, sie habe das Schreiben vom 11. Oktober 2018 nicht erhalten. Ebenso wenig sei ihr eine Abholungseinladung der Post zugestellt worden. Die Steuerpflichtige brachte vor, eine Begründung sei mit dem Schreiben vom
11. Januar 2018 sehr wohl eingereicht worden und wiederholte im Wesentlichen die dort dargelegten Argumente.
Mit Einspracheentscheid vom 7. Mai 2019 trat die ESTV unter Verweis auf die falsche Rechtsmittelbelehrung im Nichteintretensentscheid (vgl. Sachverhalt Bst. G.c) auf die Einsprache der Steuerpflichtigen ein, um diese materiell zu behandeln. Sie hob den Nichteintretensentscheid vom 22. Januar 2019 auf und wies die Einsprache der Steuerpflichtigen ab.
Gegen den Einspracheentscheid der ESTV (nachfolgend: Vorinstanz) vom
7. Mai 2019 erhob die Steuerpflichtige (nachfolgend: Beschwerdeführerin) mit Eingabe vom 6. Juni 2019 Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht. Sie verlangt sinngemäss die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und unentgeltliche Rechtspflege; unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu
Lasten der Vorinstanz. Da es sich um einen sehr komplexen Sachverhalt handle, ersuche sie um «unentgeltliche Rechtspflege, unentgeltliche Prozessführung und unentgeltliche[n] Rechtsbeistand». Mit Hilfe eines Sachverständigen bzw. Rechtsanwalts könne sie die Sachverhaltsdarstellung sowie eine substantiierte Begründung nachreichen. Sie verfüge zurzeit weder über ein Einkommen noch ein Vermögen.
Mit prozessleitender Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom
12. Juni 2019 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, einerseits ihre Beschwerde bis zum 24. Juni 2019 zu verbessern, indem sie eine Begründung nachliefere, und anderseits das Formular «Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege» ausgefüllt und mit den nötigen Beweismitteln versehen einzureichen.
Mit Eingabe vom 22. Juni 2019 reichte die Beschwerdeführerin das Formular «Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege» ein und ersuchte um eine Fristverlängerung, bis ihr ein Rechtsanwalt für eine substantiierte und rechtlich untermauerte Beschwerde zur Seite stehen könne. Zudem wiederholte sie ihre bereits vor Vorinstanz dargelegte Begründung (vgl. Sachverhalt Bst. E).
Mit Zwischenverfügung vom 3. Juli 2019 wurde das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gutgeheissen und der Beschwerdeführerin Frist bis zum 26. Juli 2019 gewährt, um dem Bundesverwaltungsgericht den Namen der von ihr gewählten Rechtsvertretung mitzuteilen sowie den Nachweis des entsprechenden Eintrags im Anwaltsregister zu erbringen.
Mit prozessleitender Verfügung vom 5. August 2019 wurde der innert Frist bezeichnete Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin als amtlicher Anwalt eingesetzt und gleichzeitig Akteneinsicht gewährt.
Die Beschwerdeführerin reichte am 19. August 2019 eine ergänzte Beschwerdeschrift ein und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sowie die Veranlagung der steuerbaren Umsätze zum Saldosteuersatz von 0,6% für Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit; eventualiter die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sowie die Berechnung
und Veranlagung der steuerbaren Umsätze nach der effektiven Abrechnungsmethode; unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Vorinstanz.
Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, dass der Saldosteuersatz von 0,6% für «Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» statt demjenigen von 6,1% anzuwenden sei, da ein Saldosteuersatz für Provisionen gesetzlich gar nicht vorgesehen und der Saldosteuersatz von 0,6% von der Vorinstanz bewilligt worden sei. Der Saldosteuersatz für «Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» lasse sich rechtfertigen, da es sich nicht um einen Agentur-, sondern einen Franchisevertrag handle. Die Beschwerdeführerin sei wohl im Rahmen eines einheitlichen Verkaufskonzepts tätig, indes betreibe sie die Filiale «wenn auch nicht rechtlich, so doch faktisch auf eigene Rechnung und Gefahr». Insofern unterscheide sich ihre Tätigkeit von einem klassischen Agenturvertrag, weshalb sie letztlich als faktische Leistungserbringerin zu gelten habe. Indem die Vorinstanz von der Beschwerdeführerin als «Agentin» gesprochen habe, habe sie den rechtserheblichen Sachverhalt unvollständig festgestellt.
Die Beschwerdeführerin wendet zudem ein, die Vorinstanz gehe von einer zu hohen Bemessungsgrundlage aus, indem sie ihrer Abrechnung die Brutto-Provision zugrunde lege, welche nicht dem tatsächlich empfangenen Entgelt im Sinne von Art. 24 Abs. 1 MWSTG entspreche. Tatsächlich ausbezahlt werde nur die Netto-Provision, errechnet aus dem beschwerdeführerischen Anteil am Verkaufserlös abzüglich der geschuldeten Entschädigung für die Gebrauchsüberlassung. Sofern der höhere Saldosteuersatz von 6,1% angewendet werden müsse, so sei als Bemessungsgrundlage zumindest das effektiv ausbezahlte Entgelt heranzuziehen.
Den Eventualantrag auf Abrechnung nach der effektiven Methode begründet die Beschwerdeführerin damit, dass sie im Bewusstsein eines höheren Saldosteuersatzes von 6,1% «wohl eine Abrechnung der MWST nach der effektiven Methode» gewählt hätte. Eine solche Abrechnung und Besteuerung sei nachträglich ohne erheblichen Aufwand möglich und relativ einfach zu handhaben.
Letztlich kritisiert die Beschwerdeführerin die geltend gemachte Steuernachforderung im Hinblick auf den Grundsatz der Besteuerung nach dem wirtschaftlichen Leistungsfähigkeitsprinzip. Die Steuernachforderung der Vorinstanz senke ihr Jahreseinkommen auf einen weit unter dem Existenzminimum liegenden Betrag. So erweise es sich als stossend, dass der Saldosteuersatz für die «Take-Away Branche» nicht der wirtschaftlichen Leistungserbringerin, sondern lediglich dem formellen Rechnungssteller zugestanden werde. Die Beschwerdeführerin befinde sich trotz mehreren Jahren intensiven Arbeitseinsatzes nicht in der finanziellen Lage, die Steuernachforderung der Vorinstanz begleichen zu können.
Die Vorinstanz lässt sich mit Eingabe vom 19. September 2019 vernehmen und beantragt die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde sowie die Bestätigung der Steuernachforderung von CHF 94'862 betreffend die Steuerperioden 2011 bis 2015; unter Kostenfolgen zu Lasten der Beschwerdeführerin.
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), soweit das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG, SR 173.32) nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG). Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Vorliegend stellt der angefochtene Einspracheentscheid vom 7. Mai 2019 eine solche Verfügung dar. Eine Ausnahme nach Art. 32 VGG liegt nicht vor. Die Vorinstanz ist zudem eine Behörde im Sinn von Art. 33 VGG. Das Bundesverwaltungsgericht ist demnach für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.
Die Beschwerdeführerin ist als Adressatin des angefochtenen Einspracheentscheides zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die im Übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist einzutreten.
Der vorliegende Sachverhalt betrifft die Steuerperioden 2011 bis und mit 2015. Damit kommt das am 1. Januar 2010 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (MWSTG, SR 641.20) zur Anwendung. Nicht zu berücksichtigen sind im vorliegenden Fall namentlich die per 1. Januar 2018 und 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Änderungen des MWSTG. Soweit im Folgenden auf die Rechtsprechung
und Literatur zum früheren Mehrwertsteuergesetz vom 2. September 1999 (aMWSTG, AS 2000 1300) verwiesen wird, liegt der Grund darin, dass diese auch für das heute geltende MWSTG übernommen werden können.
Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Entscheid in vollem Umfang überprüfen. Die Beschwerdeführerin kann neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Unangemessenheit rügen (Art. 49 Bst. c VwVG). Im Beschwerdeverfahren gelten die Untersuchungsmaxime, wonach der Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen ist (vgl. zum Ganzen: ULRICH HÄFELIN et al., Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 1146 ff.; PIERRE TSCHANNEN et al., Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014,
§ 30 Rz. 23), und der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 62 Abs. 4 VwVG).
Im Steuerrecht gilt grundsätzlich, dass die Steuerbehörde die (objektive) Beweislast für Tatsachen trägt, welche die Steuerpflicht als solche begründen oder die Steuerforderung erhöhen (steuerbegründende und -erhöhende Tatsachen). Demgegenüber ist die steuerpflichtige Person für die steueraufhebenden und steuermindernden Tatsachen beweisbelastet, das heisst für solche Tatsachen, welche eine Steuerbefreiung oder Steuerbegünstigung bewirken (sog. Normentheorie; BGE 140 II 248 E. 3.5, 121 II
257 E. 4c/aa; Urteile des BVGer A-1418/2018 vom 24. April 2019 E. 1.4,
A-2786/2017 vom 28. Februar 2019 E. 1.3.2, A-5649/2017, A-5657/2017
vom 6. September 2018 E. 1.7).
18. April 1999 [BV, SR 101]; Art. 1 Abs. 1 MWSTG). Aus Praktikabilitätsgründen erfolgt der Bezug der Mehrwertsteuer auf Stufe der leistungserbringenden Personen, obschon nicht diese, sondern die leistungsbeziehenden Personen die Destinatäre der Mehrwertsteuer sind (BGE 142 II 488
E. 2.2.2, mit Hinweisen; Urteil des BGer 2C_1076/2015 vom 9. Dezember 2016 E. 2.1).
Die Veranlagung und Entrichtung der Inlandsteuer erfolgt nach dem Selbstveranlagungsprinzip. Der Steuerpflichtige stellt dabei eigenständig
fest, ob er die Voraussetzungen der subjektiven Steuerpflicht (Art. 10 und 66 MWSTG) erfüllt, ermittelt die Steuerforderung selber (Art. 71 MWSTG) und begleicht diese innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode (Art. 86 Abs. 1 MWSTG). Das Selbstveranlagungsprinzip bedeutet somit, dass der Leistungserbringer selbst für die Feststellung der Mehrwertsteuerpflicht bzw. -forderung verantwortlich ist (vgl. BGE 140 II 202
E. 5.4; Urteile des BVGer A-1418/2018 vom 24. April 2019 E. 2.2,
A-2788/2018 vom 27. September 2018 E. 2.6, A-3574/2013 vom 18. November 2014 E. 6.5; nichts daran ändert, dass neuere deutschsprachige Bundesgerichtsentscheide von «modifizierter Selbstveranlagung» sprechen [BGE 144 I 340 E. 2.2.1, mit Hinweisen]).
Die ESTV kann bei steuerpflichtigen Personen Kontrollen durchführen (Art. 78 MWSTG; Urteil des BGer 2C_326/2015 vom 24. November 2016 E. 3.2). Diese werden mit einer Einschätzungsmitteilung abgeschlossen, welche den Umfang der Steuerforderung in der kontrollierten Steuerperiode und die steuerliche Nachbelastung bzw. Steuergutschrift festhält (Art. 78 Abs. 5 MWSTG; vgl. BEATRICE BLUM, in: Geiger/Schluckebier [Hrsg.], MWSTG Kommentar, 2. Aufl. 2019 [nachfolgend: MWSTG Kommentar 2019], Art. 78 Rz. 46). Die ESTV hat die Steuerforderung für die betreffende Steuerperiode im Rahmen ihrer Einschätzungsmitteilung umfassend zu prüfen (Urteil des BGer 2C_190/2015 vom 27. Juli 2015 E. 2.2).
Das Recht, eine Steuerforderung festzusetzen, verjährt gemäss Art. 42 Abs. 1 MWSTG fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist. Der Lauf der Verjährungsfrist wird durch eine auf Festsetzung oder Korrektur der Steuerforderung gerichtete empfangsbedürftige schriftliche Erklärung, Verfügung, einen Einspracheentscheid oder ein Urteil unterbrochen. Zu einer entsprechenden Unterbrechung der Verjährung führen auch die Ankündigung einer Kontrolle nach Art. 78 Abs. 3 MWSTG oder der Beginn einer unangekündigten Kontrolle (Art. 42 Abs. 2 MWSTG). Wird die Verjährung durch die ESTV oder eine Rechtsmittelinstanz unterbrochen, so beginnt die Verjährung neu zu laufen. Sie beträgt neu zwei Jahre (Art. 42 Abs. 3 MWSTG). Das Recht, die Steuerforderung festzusetzen, verjährt in jedem Fall zehn Jahre nach Ablauf der Steuerperiode, in der die Steuerforderung entstanden ist (Art. 42 Abs. 6 MWSTG). Die Verjährung der Mehrwertsteuerforderung ist von Amtes wegen zu prüfen (BGE 133 II 366 E. 3.3; Urteil des BGer 2C_227/2010 vom 5. August 2010 E. 2.2; BVGE 2009/12 E. 6.3.1; zur Verjährung nach MWSTG vgl. auch Urteil des BVGer A-1214/2011 vom 2. Oktober 2012 E. 4.1.1; MI-
CHAEL BEUSCH, Der Untergang der Steuerforderung, 2012, S. 282 mit zahlreichen weiteren Hinweisen). Eine Veranlagungsverfügung, die trotz eingetretener Verjährung ergeht, ist nicht nichtig, sondern anfechtbar (BGE 133 II 366 E. 3.4; vgl. auch MICHAEL BEUSCH, MWSTG Kommentar 2019,
Art. 42 Rz. 4).
Der Mehrwertsteuer unterliegen die im Inland von steuerpflichtigen Personen gegen Entgelt erbrachten Leistungen; sie sind steuerbar, soweit das MWSTG keine Ausnahme vorsieht (Inlandsteuer, Art. 18 Abs. 1 MWSTG). Steuerpflichtig ist demnach, wer unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht ein Unternehmen betreibt und nicht von der Steuerpflicht befreit ist. Ein Unternehmen betreibt, wer eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgerichtete berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbständig ausübt und unter eigenem Namen nach aussen auftritt (Art. 10 Abs. 1 Bst. a und b MWSTG in der bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung gemäss AS 2009 5203).
Die Leistung umfasst als Oberbegriff sowohl Lieferungen (vgl. Art. 3 Bst. d MWSTG) als auch Dienstleistungen (vgl. Art. 3 Bst. e MWSTG).
Als Lieferung gilt insbesondere das Verschaffen der Befähigung, im eigenen Namen über einen Gegenstand wirtschaftlich zu verfügen (vgl. Art. 3 Bst. d Ziff. 1 MWSTG). Die Verfügungsmacht kommt dem Abnehmer dann zu, wenn er den Gegenstand wie ein Eigentümer selber verbrauchen oder gebrauchen kann (vgl. SONJA BOSSART/DIEGO CLAVADETSCHER, in: Martin Zweifel et al. [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, 2015 [nachfolgend: MWSTG Kommentar 2015], Art. 3 Rz. 63; FELIX GEIGER, MWSTG Kommentar 2019, Art. 3 Rz. 22). Ebenfalls als Lieferung gilt das Überlassen eines Gegenstandes zum Gebrauch oder zur Nutzung (Art. 3 Bst. d Ziff. 3 MWSTG). Neben der Gebrauchsüberlassung fällt unter anderem die Miete darunter (vgl. BOSSART/CLAVADETSCHER, a.a.O., Art. 3 Rz. 95).
Als Dienstleistung gilt jede Leistung, die nicht als Lieferung qualifiziert werden kann (Art. 3 Bst. e MWSTG; vgl. BOSSART/CLAVADETSCHER, a.a.O., Art. 3 Rz. 43).
Eine steuerbare Leistung setzt voraus, dass sie im Austausch mit einem Entgelt erfolgt, also (gemäss der Legaldefinition des Entgelts von Art. 3 Bst. f MWSTG) ein Vermögenswert gegeben ist, den der Empfänger
oder an seiner Stelle eine Drittperson für den Erhalt der Leistung aufwendet. Besteht zwischen Leistungserbringer und -empfänger kein Austauschverhältnis, ist die Tätigkeit mehrwertsteuerlich irrelevant und fällt nicht in den Geltungsbereich der Mehrwertsteuer (statt vieler: BGE 132 II 353
E. 4.3, mit Hinweisen; Urteile des BVGer A-5162/2017 vom 4. September 2018 E. 2.2.3, A-2599/2015 vom 19. Oktober 2015 E. 3.1.2).
Im Rahmen der Beurteilung, ob ein Leistungsverhältnis vorliegt, ist zu prüfen, wer als Leistungserbringer und wer als Leistungsempfänger zu gelten hat (vgl. Urteil des BGer 2A.215/2003 vom 20. Januar 2005 E. 6.4 und 6.5; Urteile des BVGer A-555/2013 vom 30. Oktober 2013 E. 2.3.2.1, A-5279/2011 vom 1. März 2013 E. 2.1.1). Wer als Leistungserbringer zu gelten hat, bestimmt sich laut Art. 20 Abs. 1 MWSTG nach dem Aussenauftritt. Das mehrwertsteuerlich relevante Handeln wird demgemäss grundsätzlich demjenigen zugeordnet, der gegenüber Dritten im eigenen Namen auftritt (vgl. statt vieler: Urteil des BGer 2C_767/2018 vom 8. Mai 2019 E. 2.1; Urteile des BVGer A-5431/2015 vom 28. April 2016 E. 2.2.2,
A-555/2013 vom 30. Oktober 2013 E. 2.3.2.1; PIERRE-MARIE GLAUSER,
MWSTG Kommentar 2015, Art. 20 Rz. 16; RALF IMSTEPF, Die Zuordnung von Leistungen gemäss Art. 20 des neuen MWSTG, ASA 78 S. 772). Massgebend ist dabei die Frage, wie die angebotene Leistung für die Allgemeinheit bzw. für den neutralen Dritten objektiv erkennbar in Erscheinung tritt (vgl. statt vieler: Urteil des BVGer A-6198/2012 vom 3. September 2013 E. 3.1.1). Das Handeln im eigenen Namen ist mutatis mutandis ebenso entscheidend für die Bestimmung des Leistungsempfängers (siehe zum Ganzen: Urteil des BVGer A-1591/2014 vom 25. November 2014 E. 4.2.2).
Handelt eine Person im Namen und für Rechnung einer anderen Person (und tritt somit nach aussen hin nicht als Leistungserbringerin auf), gilt die Leistung als durch die vertretene Person getätigt (sog. direkte Stellvertretung), sofern die Voraussetzungen nach Art. 20 Abs. 2 Bst. a und b MWSTG kumulativ erfüllt sind: Bst. a verlangt, dass die Vertreterin nachweisen kann, dass sie als Stellvertreterin handelt und die vertretene Person gegenüber der Steuerbehörde eindeutig identifizieren kann. Bst. b setzt mit Bezug auf das Aussenverhältnis voraus, dass die Vertreterin das Bestehen eines Stellvertretungsverhältnisses gegenüber dem Leistungsempfänger ausdrücklich bekannt gibt oder sich dieses (zumindest) aus den Umständen ergibt (vgl. BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/KOCHER, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, 2010, S. 134; GLAUSER, a.a.O., Art. 20 Rz. 34 f.; IMSTEPF, a.a.O., S. 773 ff.). Ob der Vertreter dabei ein
(wirtschaftliches) Risiko übernimmt, ist nicht entscheidend (GLAUSER, a.a.O., Art. 20 Rz. 36; vgl. auch GEIGER, a.a.O., Art. 20 Rz. 14).
Mithin gilt nicht der Vertreter, der im Sinne der direkten Stellvertretung in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt, als Leistungserbringer, sondern der Vertretene. Daraus folgt, dass der Vertreter lediglich die vom Vertretenen erhaltene Entschädigung (Provision) versteuern muss, während der Vertretene als Leistungserbringer das Entgelt für die erbrachte Leistung separat zu versteuern hat (vgl. MWST-Info 04, Ziff. 5.1 und 5.2.1; GEIGER, a.a.O., Art. 20 Rz. 17; GLAUSER, a.a.O., Art. 20 Rz. 37 ff.). Ob das
Entgelt dabei direkt an den Vertretenen bezahlt wird oder über den Vertreter geleitet wird, spielt keine Rolle (GLAUSER, a.a.O., Art. 20 Rz. 41).
Wer als Mehrwertsteuerpflichtiger jährlich nicht mehr als CHF 5'020'000 steuerbaren Umsatz aus steuerbaren Leistungen erzielte und im gleichen Zeitraum nicht mehr als CHF 109'000 Mehrwertsteuer - berechnet nach dem massgebenden Saldosteuersatz - zu bezahlen hatte, konnte gemäss der vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung von Art. 37 Abs. 1 MWSTG nach der Saldosteuersatzmethode abrechnen.
Die Abrechnung nach Saldosteuersätzen ist bei der ESTV zu beantragen (vgl. Art. 37 Abs. 4 MWSTG) und bei gegebenen Voraussetzungen durch diese zu bewilligen (vgl. MICHAEL BEUSCH, MWSTG Kommentar 2019, Art. 37 Rz. 17 f.). Auf Verordnungsstufe ist des Weiteren festgehalten, dass die steuerpflichtigen Personen ihre Tätigkeiten zu den von der ESTV bewilligten Saldosteuersätzen abrechnen müssen (Art. 84 Abs. 1 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 [MWSTV, SR 641.201]). Wurde die Anwendung der Saldosteuersatzmethode basierend auf falschen Angaben gewährt, kann die ESTV die Bewilligung rückwirkend bis auf den Zeitpunkt der Gewährung derselben entziehen (Art. 80 MWSTV; MICHAEL BEUSCH, MWSTG Kommentar 2019, Art. 37 Rz. 18).
Gemäss Art. 37 Abs. 4 Satz 1 MWSTG ist die Abrechnung nach der Saldosteuersatzmethode während mindestens einer Steuerperiode beizubehalten. Ein Wechsel von der Saldosteuersatzmethode zur effektiven Methode ist jeweils auf Beginn einer Steuerperiode möglich (vgl. Art. 37 Abs. 4 Satz 3 MWSTG). Die steuerpflichtige Person hat der ESTV den Wechsel bis spätestens 60 Tage nach Beginn der Steuerperiode schriftlich zu melden; wird die Meldung zu spät erstattet, erfolgt der Wechsel auf den
Beginn der nachfolgenden Steuerperiode (Art. 81 Abs. 1 MWSTV). Daraus erhellt, dass ein Wechsel von der Saldosteuersatzmethode zur effektiven Methode nach Ablauf der Steuerperiode für selbige ausgeschlossen ist (vgl. Urteile des BVGer A-904/2017 vom 18. Dezember 2017 E. 5.3 und 5.6, A-5126/2012 vom 1. Oktober 2013 E. 2.2.1.4; MICHAEL BEUSCH,
MWSTG Kommentar 2019, Art. 37 Rz. 21).
Der Saldosteuersatz in den relevanten Steuerperioden 2011 - 2015 für «Dienstleistungen, sofern zum Normalsatz steuerbar und soweit nicht anderswo genannt» betrug 6,1%; derjenige für «Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» 0,6% (vgl. Verordnung der ESTV über die Höhe der Saldosteuersätze nach Branchen und Tätigkeiten vom 6. Dezember 2010 [Saldosteuersatzverordnung]; in Kraft vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2017).
Gibt eine Behörde eine unrichtige Auskunft oder Zusicherung ab, ist aufgrund des aus Art. 9 BV fliessenden Vertrauensschutzes unter Umständen eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung des Betroffenen geboten (vgl. Urteil des BVGer A-2323/2018 vom 13. August 2018 E. 3.5). Im Einzelnen ist dafür Voraussetzung, dass die Auskunft für einen konkreten Einzelfall aufgrund einer vollständigen Darstellung des Sachverhalts ohne Vorbehalt erteilt wurde, die Amtsstelle für die Erteilung dieser Auskunft zuständig war oder der Rechtssuchende sie aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte, die anfragende Person die Unrichtigkeit bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit nicht ohne Weiteres erkennen konnte, sie im berechtigten Vertrauen auf die Auskunft eine nicht wieder rückgängig zu machende Disposition getroffen hat, sich die Rechtslage seit Erteilung der Auskunft nicht geändert hat und das private Interesse am Vertrauensschutz das öffentliche Interesse an der richtigen Rechtsanwendung überwiegt (vgl. BGE 137 II 182 E. 3.6.2, 131 II 627 E. 6.1; Urteile des BGer
2C_130/2009 vom 5. März 2009 E. 2.2, 2A.455/2006 vom 1. März 2007
E. 3.2; Urteile des BVGer A-2323/2018 vom 13. August 2018 E. 3.5,
A-1508/2014 vom 19. Mai 2015 E. 5.1).
Bei der Mehrwertsteuer als Selbstveranlagungssteuer kommt der steuerpflichtigen Person eine erhöhte Eigenverantwortung zu (vgl.
E. 2.2.1). Sie kann insbesondere nicht geltend machen, sie sei aufgrund ihrer mangelnden Kenntnis nicht an die von ihr eingereichte Unterstellungserklärung gebunden (vgl. Urteil des BVGer A-1377/2006 vom
20. März 2007 E. 3.3). Sie trägt die Verantwortung für die korrekte Ermittlung der Steuerforderung und damit auch für die Festlegung des korrekten Saldosteuersatzes (vgl. E. 2.2.1).
Die Steuer wird gemäss Art. 24 Abs. 1 MWSTG vom tatsächlich empfangenen Entgelt berechnet. Das Entgelt kann in einer Geldzahlung oder geldwerten Leistung bestehen. Als geldwerte Leistung gilt unter anderem die Verrechnung mit einer Gegenforderung und als Grundlage der Berechnung der Betrag, der dadurch ausgeglichen wird (vgl. BOSSART/CLAVADETSCHER, a.a.O., Art. 24 Rz. 16 f.; MWST-Info 07, Ziff. 1.1.1).
Ebenfalls zum Entgelt gehört nach dem Gesetzeswortlaut namentlich der Ersatz aller Kosten, selbst wenn diese gesondert in Rechnung gestellt werden. Dadurch stellt der Gesetzgeber klar, dass als Bemessungsgrundlage die Bruttoeinnahmen dienen und nicht etwa die Marge nach Abzug von Aufwänden (BOSSART/CLAVADETSCHER, a.a.O., Art. 24 Rz. 38).
Im vorliegenden Fall bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass der Saldosteuersatz von 0,6% für «Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» statt demjenigen von 6,1% anzuwenden sei (E. 3.2). Sie wendet zudem ein, die Vorinstanz gehe von einer zu hohen Bemessungsgrundlage aus, indem sie ihrer Abrechnung die Brutto-Provision zugrunde lege, welche nicht dem tatsächlich empfangenen Entgelt im Sinne von Art. 24 Abs. 1 MWSTG entspreche (E. 3.3). Eventualiter beantragt die Beschwerdeführerin, nach der effektiven Methode abrechnen zu können, da sie im Bewusstsein eines höheren Saldosteuersatzes von 6,1% wohl nach der effektiven Methode abgerechnet hätte (E. 3.4). Letztlich kritisiert sie die geltend gemachte Steuernachforderung im Hinblick auf den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (E. 3.5).
Von Amtes wegen ist zuerst zu prüfen, ob die Steuernachforderung nicht bereits teilweise verjährt ist (E. 2.2.3).
Die seitens der Vorinstanz vorgenommene Kontrolle betraf die Steuerperioden 2011 bis 2015. Angekündigt wurde die Kontrolle mit Schreiben vom 13. Juni 2017. Durchgeführt wurde sie am 7. August 2017. In der Folge erliess die Vorinstanz am 12. Dezember 2017 die Einschätzungsmitteilung Nr. ( ) und setzte die Steuernachforderung für die Steuerperiode
2011 auf CHF 9'464.- und für sämtliche kontrollierten Steuerperioden 2011 bis 2015 auf gesamthaft CHF 94'862.- fest (vgl. Sachverhalt Bst. D).
In Anbetracht der fünfjährigen Frist gemäss Art. 42 Abs. 1 MWSTG war das Recht zur Festsetzung der Steuerforderung für die Steuerperiode 2011 grundsätzlich per 1. Januar 2017 verjährt. Aus den Akten geht nicht hervor, dass die Verjährung bereits zu einem früheren Zeitpunkt (i.e. vor der Ankündigung der Kontrolle) unterbrochen wurde. Die Ankündigung der Kontrolle (13.06.2017) wie auch die Kontrolle selbst (07.08.2017) erfolgten nach Ablauf der Verjährungsfrist der Steuerperiode 2011 (01.01.2017).
Aus dem Gesagten folgt, dass das Recht zur Festsetzung der Steuerforderung betreffend die Steuerperiode 2011 verjährt ist. Die Steuernachforderung ist dementsprechend um den von der Vorinstanz für die Steuerperiode 2011 geltend gemachten Betrag von CHF 9'464.- zu reduzieren.
Die Beschwerdeführerin macht hauptsächlich geltend, dass der Saldosteuersatz für «Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» gerechtfertigt sei, da es sich beim vorliegenden Vertrag zwischen ihr und
B.
nicht um einen Agentur-, sondern einen Franchisevertrag
handle. Sie sei wohl im Rahmen eines einheitlichen Verkaufskonzepts tätig, indes betreibe sie die Filiale «wenn auch nicht rechtlich, so doch faktisch auf eigene Rechnung und Gefahr». Insofern unterscheide sich ihre Tätigkeit von einem klassischen Agenturvertrag, weshalb sie letztlich als faktische Leistungserbringerin zu gelten habe. Indem die Vorinstanz von der Beschwerdeführerin als «Agentin» sprach, habe sie den rechtserheblichen Sachverhalt unvollständig festgestellt.
Eine Leistung wird im Grundsatz derjenigen Person zugeordnet, welche gegenüber Dritten in eigenem Namen auftritt. Handelt die Person im Namen und für Rechnung einer anderen Person, so gilt letztere als Leistungserbringerin. Entscheidend ist der Aussenauftritt, namentlich wie die angebotene Leistung für die Allgemeinheit bzw. einen neutralen Dritten objektiv erkennbar in Erscheinung tritt. Ob die vertretende Person dabei ein Risiko trägt, ist ebenso wenig allein entscheidend wie die Frage, ob das Entgelt direkt oder über die vertretende Person zum Vertretenen gelangt (vgl. E. 2.3.4).
Gemäss § 4 Abs. 1 des Agenturvertrags war die Beschwerdeführerin bevollmächtigt, «das gesamte B. -Sortiment im Namen und für Rechnung von B. zu veräussern» (Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht). Sie und ihr Filialpersonal waren verpflichtet, während des Betriebes «den einheitlichen B. -Marktauftritt zu gewährleisten». In diesem Zusammenhang hatte die Beschwerdeführerin das
«vorschriftsmässige Tragen der einheitlichen B. -Berufskleidung durchzusetzen» (§ 4 Abs. 3). Des Weiteren wurde in § 6 Abs. 1 festgehalten, dass der Tagesumsatz mit B. -Produkten spätestens am darauffolgenden Banköffnungstag auf ein Bankkonto der B. einzuzahlen sei.
Aus den Vertragsbestimmungen geht ausdrücklich hervor, dass die Beschwerdeführerin im Namen und für Rechnung von B. tätig war. Durch den «einheitlichen B. -Marktauftritt» wird die Absicht der Vertragsparteien deutlich, dass für einen neutralen Dritten der objektive Anschein entstehen soll, die Beschwerdeführerin sei für B. tätig. Es bestehen zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beschwerdeführerin nicht an die entsprechenden Vertragsbestimmungen gehalten hätte. Unbestritten ist überdies, dass die Verkaufsquittungen - als wesentliches Indiz für den Aussenauftritt - explizit auf B. lauteten.
Die Pflicht zur Weiterleitung des gesamten Tagesumsatzes verdeutlicht zudem, dass die Beschwerdeführerin diesbezüglich keinerlei Verfügungsmacht hatte, sondern lediglich zur Einziehung des Kaufpreises für B. berechtigt war.
Indem die Beschwerdeführerin im Namen und für Rechnung von B. tätig war und dies aufgrund ihres Aussenauftritts von Drittpersonen auch so interpretiert werden durfte, gilt B. folglich als mehrwertsteuerliche Leistungserbringerin und die Beschwerdeführerin lediglich als deren Vertreterin (Agentin). Ihre Tätigkeit bestand nicht im Betrieb einer Take-Away-Filiale, sondern im Verkauf der gelieferten Lebensmittel im Namen und für Rechnung von B. . Demgemäss ist zur Besteuerung der Leistungen der Beschwerdeführerin auf ihre Tätigkeit als Agentin abzustellen und mithin der entsprechende Saldosteuersatz anzuwenden (vgl. nachfolgend E. 3.2.2).
Daraus folgt, dass die Vorinstanz das strittige Vertragsverhältnis rechtmässig ausgelegt und den rechtserheblichen Sachverhalt vollständig und korrekt festgestellt hat.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass ein Saldosteuersatz für Provisionen gesetzlich gar nicht vorgesehen sei.
Die exakte Bezeichnung «Provisionen soweit nicht anderswo genannt» lässt sich - wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt - in der Saldosteuersatzverordnung nicht auffinden. Indes ist die fragliche Leistung unter die «Dienstleistungen, sofern zum Normalsatz steuerbar und soweit nicht anderswo genannt» einzuordnen. Demzufolge ist eine genügende gesetzliche Grundlage für die Besteuerung von Provisionen im Grundsatz sehr wohl gegeben.
Darüber hinaus macht die Beschwerdeführerin geltend, der Saldosteuersatz von 0,6% sei von der Vorinstanz bewilligt worden. Wäre ihr Gesuch nicht bewilligt worden, hätte sie sich nicht ohne Weiteres einem höheren Saldosteuersatz unterstellt. Zudem bestehe keine gesetzliche Grundlage, welche es der Vorinstanz erlaube, rückwirkend einen anderen als den beantragten Saldosteuersatz anzuwenden.
Erfüllt ein Mehrwertsteuerpflichtiger die Voraussetzungen (jährlich nicht mehr als CHF 5'020'000 steuerbarer Umsatz aus steuerbaren Leistungen zu erzielen und nicht mehr als CHF 109'000 Mehrwertsteuer bezahlen zu müssen; gemäss der vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung von Art. 37 Abs. 1 MWSTG), so kann er bei der Vorinstanz die Abrechnung nach Saldosteuersätzen beantragen, welche bei gegebenen Voraussetzungen durch die Vorinstanz zu bewilligen ist (vgl. E. 2.4.1 f.).
Der aus Art. 9 BV fliessende Vertrauensschutz hat insbesondere zur Folge, dass eine unrichtige Auskunft oder Zusicherung einer Behörde unter Umständen eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung des Betroffenen gebietet. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass die Auskunft für einen konkreten Einzelfall aufgrund einer vollständigen Darstellung des Sachverhalts ohne Vorbehalt erteilt wurde (vgl. E. 2.5.2).
Gemäss dem im Mehrwertsteuerrecht anwendbaren Selbstveranlagungsprinzip trägt die Beschwerdeführerin die Verantwortung für die korrekte Ermittlung der Steuerforderung. Dazu gehört auch die Festlegung des korrekten Saldosteuersatzes (vgl. E. 2.5.3).
Die Vorinstanz bewilligte am 10. Oktober 2011 gestützt auf die Angaben der Beschwerdeführerin den Saldosteuersatz für «Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» von 0,6%. Wie sich indes gezeigt hat, wäre die
Beschwerdeführerin verpflichtet gewesen, die Mehrwertsteuer nach dem Saldosteuersatz für «Dienstleistungen, sofern zum Normaltarif steuerbar und soweit nicht anderswo genannt» von 6,1% zu beantragen bzw. abzurechnen (vgl. E. 3.2.1.4 und 3.2.2).
Als Grundlage für die Bewilligung der Vorinstanz dienten die Angaben der Beschwerdeführerin in der Unterstellungserklärung vom 4. Oktober 2011, wonach sie ein «Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» betreibe. Die unvollständige resp. unrichtige Darstellung des Sachverhalts ist demzufolge auf die Beschwerdeführerin selbst zurückzuführen. Diese trägt deshalb auch die Verantwortung für die fehlerhafte Festlegung des Saldosteuersatzes in der Bewilligung der Vorinstanz und kann sich demnach nicht mit Recht auf den Vertrauensschutz berufen.
Im Übrigen ist die Vorinstanz sehr wohl berechtigt, rückwirkend den anderen - korrekten - Saldosteuersatz von 6,1% anzuwenden, hat sie die Steuerforderung im Rahmen ihrer Kontrolle bzw. Einschätzungsmitteilung doch umfassend zu prüfen (vgl. E. 2.2.2).
Daraus folgt, dass die Beschwerdeführerin aus der Bewilligung des falschen Saldosteuersatzes durch die Vorinstanz nichts zu ihren Gunsten ableiten kann und die Beschwerde demnach in diesem Punkt abzuweisen ist.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe jeweils nur die NettoProvision - errechnet aus dem beschwerdeführerischen Anteil am Verkaufserlös abzüglich der geschuldeten Entschädigung für die Gebrauchsüberlassung - ausbezahlt erhalten. Sofern der höhere Saldosteuersatz von 6,1% angewendet werden müsse, so sei als Bemessungsgrundlage zumindest das effektiv ausbezahlte Entgelt heranzuziehen.
Als Berechnungsgrundlage der Mehrwertsteuer dient das tatsächlich empfangene Entgelt, welches in einer Geldzahlung oder einer geldwerten Leistung bestehen kann. Als geldwerte Leistung gilt unter anderem die Verrechnung mit einer Gegenforderung (vgl. E. 2.6.1). Ebenfalls zum Entgelt gehört der Ersatz aller Kosten, selbst wenn diese gesondert in Rechnung gestellt werden. Entsprechend dienen als Bemessungsgrundlage die Bruttoeinnahmen und nicht etwa die Marge nach Abzug der Aufwände (vgl. E. 2.6.2).
Im vorliegenden Fall erbrachte die Beschwerdeführerin in ihrer Funktion als Agentin eine Dienstleistung gemäss Art. 3 Bst. e MWSTG an B. . Demgegenüber stellt die Gebrauchsüberlassung durch B. eine Lieferung im Sinne von Art. 3 Bst. d Ziff. 3 MWSTG an die Beschwerdeführerin dar. Es handelt sich dabei um zwei eigenständige Leistungen, die je für sich der Mehrwertsteuer unterliegen.
Das Entgelt, welches der Beschwerdeführerin für ihre Tätigkeiten zustand, betrug laut § 7 Abs. 1 des Agenturvertrags 33% des Nettoumsatzes aus dem verkauften B. -Sortiment. Dass diese Provision in der Folge mit der von der Beschwerdeführerin geschuldeten Gebühr für die Gebrauchsüberlassung verrechnet wurde, ändert nichts an der betragsmässigen Höhe des Entgeltes. Während ein Teil des Entgeltes durch Geldzahlung geleistet wurde, erfolgte die restliche Tilgung durch Verrechnung der Gegenforderung im Sinne einer geldwerten Leistung. Die Provision und die Gebühr für die Gebrauchsüberlassung sind als unabhängige Entgelte zu betrachten, deren entsprechende Leistungen separat zu versteuern sind.
Im Sinne des Ausgeführten bildet daher die «Brutto-Provision», i.e. 33% des monatlichen Nettoumsatzes gemäss Agenturvertrag, die Berechnungsgrundlage für die Mehrwertsteuer. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe der Berechnung den falschen Betrag zugrunde gelegt, ist demnach nicht zu folgen.
Eventualiter beantragt die Beschwerdeführerin, die Veranlagung nach der effektiven Abrechnungsmethode vornehmen zu können. Eine solche Abrechnung und Besteuerung sei nachträglich ohne erheblichen Aufwand möglich und relativ einfach zu handhaben. Sie bringt vor, sie hätte im Bewusstsein eines höheren Saldosteuersatzes wohl von Anfang an nach der effektiven Methode abgerechnet (vgl. auch E. 3.2.3).
Wird die Abrechnung nach der Saldosteuersatzmethode gewählt, so ist sie während mindestens einer Steuerperiode beizubehalten. Ein Wechsel zur effektiven Methode ist jeweils auf Beginn einer Steuerperiode möglich und der Vorinstanz innerhalb von 60 Tagen ab Beginn der Periode schriftlich zu melden. Erfolgt die Meldung zu einem späteren Zeitpunkt, wird der Wechsel zu Beginn der nachfolgenden Steuerperiode vollzogen. Eine nachträgliche Änderung der Abrechnungsmethode für vergangene Steuerperioden ist nach Gesetz und konstanter Rechtsprechung ausgeschlossen (vgl. E. 2.4.3).
Vorliegend hat die Beschwerdeführerin erstmals in ihrer Beschwerdeschrift vom 19. August 2019 und mithin gar erst nach Beendigung ihrer Tätigkeit den Wechsel von der Saldosteuersatzmethode zur effektiven Methode beantragt. Der Antrag zum Wechsel der Abrechnungsmethode erfolgt damit zu spät.
Die Beschwerdeführerin vermag auch nicht mit ihrer Argumentation durchzudringen, sie hätte wohl von Anfang an nach der effektiven Methode abgerechnet, wenn sie vom höheren Saldosteuersatz gewusst hätte. Im Sinne des Selbstveranlagungsprinzips oblag es ihr, in der Unterstellungserklärung die korrekten Angaben zu machen, um die geschuldete Mehrwertsteuer von Beginn an rechtmässig abzurechnen (vgl. E. 3.2.3.3).
Abschliessend macht die Beschwerdeführerin geltend, die Steuernachforderung der Vorinstanz senke ihr Jahreseinkommen auf einen weit unter dem Existenzminimum liegenden Betrag. Es erweise sich als stossend, dass der Saldosteuersatz für die «Take-Away Branche» nicht der wirtschaftlichen Leistungserbringerin, sondern lediglich dem formellen Rechnungssteller zugestanden werde. Die Beschwerdeführerin befinde sich trotz mehreren Jahren intensiven Arbeitseinsatzes nicht in der finanziellen Lage, die Steuernachforderung der Vorinstanz begleichen zu können. Letztere sei deshalb unter dem Aspekt des allgemein gültigen Grundsatzes der Besteuerung nach dem wirtschaftlichen Leistungsfähigkeitsprinzip äusserst fragwürdig.
In der Lehre ist umstritten, ob das wirtschaftliche Leistungsfähigkeitsprinzip im Recht der Mehrwertsteuer überhaupt auch für den Steuerpflichtigen und nicht vielmehr letztlich nur für den Steuerträger, den Verbraucher, zu gewährleisten ist (MOLLARD/OBERSON/TISSOT BENEDETTO, Traité TVA, 2009, Rz. 336 ff.; DANIEL RIEDO, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer und von den entsprechenden Wirkungen auf das schweizerische Recht, 1999, S. 35 f.). Auf jeden Fall wäre es in erster Linie durch den Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Mehrwertsteuervorschriften zu berücksichtigen (Urteil des BVGer A-1383/2006 vom 19. Juli
2007 E. 3.4.4). Abgesehen davon lässt die Beschwerdeführerin ausser Acht, dass der tiefe Saldosteuersatz für «Take-Away ohne Konsumationsmöglichkeit» von 0,6% (E. 2.4.4) auch der Tatsache geschuldet ist, dass die entsprechenden Leistungserbringer ihren Kunden die Mehrwertsteuer lediglich zum reduzierten Satz in Rechnung stellen (i.e. 2,5% im hier relevanten Zeitraum), während ihr die monatlichen Provisionen seitens B. jeweils zuzüglich 8% MWST ausgerichtet wurden, womit sie den Saldosteuersatz von 6,1% hätte finanzieren können. Eine Verletzung des wirtschaftlichen Leistungsfähigkeitsprinzips wäre folglich ohnehin nicht gegeben.
Da der Beschwerdeführerin mit Zwischenverfügung vom 3. Juli 2019 die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde (Sachverhalt Bst. K.c), ist sie im vorliegenden Beschwerdeverfahren vollständig von der Bezahlung der Verfahrenskosten zu befreien (Art. 65 Abs. 1 VwVG).
Der Vorinstanz sind ebenfalls keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 2 VwVG).
Die teilweise obsiegende Beschwerdeführerin hat im entsprechenden Umfang Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1 VwVG und Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
Da der als unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellte Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin keine Kostennote eingereicht hat, ist die Parteientschädigung aufgrund der Akten festzusetzen (Art. 14 Abs. 2 VGKE). Die reduzierte Parteientschädigung wird vorliegend praxisgemäss auf CHF 500.- festgesetzt.
Rechtsanwalt Remy Bärlocher, der mit Zwischenverfügung vom 5. August 2019 als unentgeltlicher Rechtsbeistand der Beschwerdeführerin eingesetzt wurde, ist für den nicht durch die Parteientschädigung gedeckten Betrag aus der Gerichtskasse eine Entschädigung aus unentgeltlicher Rechtspflege auszurichten (vgl. Urteile des BVGer A-6686/2018 vom 30. August 2019 E. 6.3, A-1131/2017 11. Januar 2018 E. 10.2,
A-3121/2017 vom 1. September 2017 E. 5.3). Diese beträgt noch CHF 2'500.-.
Die Beschwerdeführerin wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass sie nach Art. 65 Abs. 4 VwVG, sollte sie als bedürftige Partei später zu hinreichenden Mitteln gelangen, der Gerichtskasse für die erwähnte Entschädigung (E. 4.3) Ersatz zu leisten hat.
Die Beschwerde wird im Umfang von CHF 9'464.- gutgeheissen, im Übrigen aber abgewiesen.
Die in Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Einspracheentscheides vom
7. Mai 2019 bezifferte, noch geschuldete Mehrwertsteuer wird auf CHF 85'398.- zuzüglich des gesetzlich geschuldeten Verzugszinses reduziert.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Die Vorinstanz wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von CHF 500.- auszurichten.
Dem amtlichen Anwalt der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Remy Bärlocher, wird darüber hinaus zu Lasten der Gerichtskasse ein amtliches Honorar von CHF 2'500.- zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Gerichtsurkunde)
(Die Unterschriften und die Rechtsmittelbelehrung befinden sich auf der nächsten Seite.)
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Jürg Steiger Roger Gisclon
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
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