Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung I |
Dossiernummer: | A-2715/2017 |
Datum: | 26.04.2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Mehrwertsteuer |
Schlagwörter : | Vorsteuer; Steuer; MWSTG; Vorsteuerabzug; Projekt; Steuerpflicht; Dienstleistung; Mehrwertsteuer; Dienstleistungen; Leistung; Vorinstanz; Wegfall; Nutzungsänderung; Vorsteuerabzugs; Recht; Immobilienprojekt; Leistungen; Eigenverbrauch; Gebrauch; Zeitpunkt; Vorsteuerabzugskorrektur; Vorleistung; Verfügung; MWSTV; Vorleistungen; Mehrwertsteuerpflicht; Bundesverwaltungsgericht; Befreiung; Entscheid; Unternehmen |
Rechtsnorm: | Art. 10 MWSTG ;Art. 11 MWSTG ;Art. 13 BV ;Art. 14 MWSTG ;Art. 28 MWSTG ;Art. 29 MWSTG ;Art. 31 MWSTG ;Art. 48 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ; |
Referenz BGE: | 141 II 199; 142 II 488 |
Kommentar: | - |
Abteilung I
A-2715/2017
Besetzung Richter Daniel Riedo (Vorsitz),
Richterin Marianne Ryter, Richter Pascal Mollard, Gerichtsschreiberin Kathrin Abegglen Zogg.
vertreten durch,
SwissChart Consulting GmbH, Beschwerdeführerin,
gegen
Gegenstand MWST; Wegfall der Steuerpflicht (Nutzungsänderung; 2013).
Die im Jahr 2009 gegründete X. AG mit Sitz in A. bezweckt gemäss Handelsregisterauszug vom 12. Mai 2017 u.a. die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Projektentwicklung (Bau und Realisierung) von Wohnund Gewerbeobjekten. Im Hinblick auf die Realisierung des Projekts „Y. “, welches den Bau und anschliessenden Be-
trieb eines Büround Ausstellungszentrums in B.
zum Gegen-
stand hatte, verzichtete die Gesellschaft ab 1. Januar 2010 auf die Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht und liess sich im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen bei der ESTV eintragen.
Aufgrund der Abrechnungen betreffend einen Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 erstattete die ESTV der X. AG Vorsteuern für vor und nach der Eintragung in das Mehrwertsteuerregister entstandene Projektkosten (darunter insbesondere Architektur-, Ingenieurund Bauplanungskosten) zurück.
Nachdem sich abzeichnete, dass die Gesellschaft das geplante Projekt mangels Baubewilligung selbst nicht würde realisieren können, meldete sie sich von der Steuerpflicht ab und wurde per 30. September 2013 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen gelöscht.
Mit Ergänzungsabrechnung (EA) Nr. ( ) vom 10. Februar 2014 forderte die ESTV von der X. AG die für die Jahre 2010 bis 2012 erstatteten Vorsteuern im Betrag von Fr. ( ) -- zzgl. Verzugszinsen infolge der Nutzungsänderung (Wegfall der Steuerpflicht per 30. September 2013) zurück. Diese Nachforderung bestätigte die ESTV mit Verfügung vom 27. April 2015.
Eine dagegen gerichtete Einsprache hiess die ESTV mit Einspracheentscheid vom 7. April 2017 teilweise gut und setzte die Steuerforderung neu auf Fr. ( ) (davon Fr. [ ] „Vorsteuerabzugskorrektur Eigenverbrauch“) zzgl. Verzugszins herab.
Gegen den Einspracheentscheid der ESTV liess die X. AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am 10. Mai 2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben. Sie beantragt, die im angefochtenen Entscheid bestätigte „Vorsteuerabzugskorrektur Eigenverbrauch“ von Fr. ( ) zzgl. Verzugszins sei aufzuheben und es sei ihr für die langjährige Vertretung der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. ( ) zuzusprechen. Zur Begründung bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, eine Nutzungsänderung per 30. September 2013 liege nicht vor. Das geplante Immobilienprojekt sei nach Entzug der Baubewilligung nicht mehr realisierbar gewesen. Damit hätten auch die Projektierungskosten, auf denen Vorsteuern erstattet worden seien, jeglichen Wert verloren.
Mit Vernehmlassung vom 29. Juni 2017 beantragt die Vorinstanz die kostenfällige Abweisung der Beschwerde.
Auf die detaillierten Vorbringen in den Eingaben der Parteien wird - soweit sie entscheidwesentlich sind - in den Erwägungen näher eingegangen.
Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, sofern sie von einer Behörde im Sinn von Art. 33 VGG erlassen wurden und in sachlicher Hinsicht keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Einspracheentscheide der ESTV auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer erfüllen diese Voraussetzungen, weshalb das Bundesverwaltungsgericht für die Behandlung der vorliegenden Beschwerde funktional und sachlich zuständig ist. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG). Die Beschwerdeführerin ist als Adressatin des angefochtenen Entscheids zur Beschwerdeführung berechtigt (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist damit einzutreten (Art. 50 Abs. 1 und 52 Abs. 1 VwVG).
Das Bundesverwaltungsgericht überprüft den angefochtenen Entscheid grundsätzlich in vollem Umfang. Die Beschwerdeführerin kann neben der Verletzung von Bundesrecht und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts auch die Rüge der Unangemessenheit erheben (Art. 49 VwVG).
Die angefochtene Verfügung betrifft einen Sachverhalt, der sich in den Jahren 2010 bis 2013 ereignet hat. In materieller Hinsicht findet daher ausschliesslich das am 1. Januar 2010 in Kraft getretene MWSTG (SR 641.20) bzw. die dazugehörige MWSTV (SR 641.201) Anwendung. Massgebend ist dabei die in einem konkreten Zeitpunkt geltende Fassung eines Erlasses. Nicht zu berücksichtigen sind hier insbesondere die per 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Änderungen des MWSTG.
Der Bund erhebt eine allgemeine Verbrauchssteuer nach dem System der Netto-Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug (Mehrwertsteuer; Art. 130 BV; Art. 1 Abs. 1 Satz 1 MWSTG). Die Steuer bezweckt die Besteuerung des nicht unternehmerischen Endverbrauchs im Inland (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 MWSTG).
Steuerpflichtig für die Inlandsteuer ist nach Art. 10 Abs. 1 MWSTG, wer unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht ein Unternehmen betreibt und nicht nach Absatz 2 von der Steuerpflicht befreit ist. Nach Art. 10 Abs. 2 Bst. a MWSTG ist insbesondere von der Steuerpflicht befreit, wer im Inland innerhalb eines Jahres weniger als Fr. 100‘000.-- Umsatz aus steuerbaren Leistungen erzielt, sofern er oder sie nicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht verzichtet; der Umsatz bemisst sich nach den vereinbarten Entgelten ohne die Steuer.
Wer ein Unternehmen betreibt und nach Artikel 10 Abs. 2 oder 12 Abs. 3 MWSTG von der Steuerpflicht befreit ist, hat das Recht, auf die Befreiung von der Steuerpflicht zu verzichten (Art. 11 Abs. 1 MWSTG). Auf die Befreiung von der Steuerpflicht muss mindestens während einer Steuerperiode verzichtet werden (Art. 11 Abs. 2 MWSTG). Der Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht kann frühestens auf den Beginn der laufenden Steuerperiode erklärt werden (Art. 14 Abs. 4 MWSTG). Nach Abgabe der Verzichtserklärung gelten die allgemeinen Regeln der Steuerpflicht (BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/KOCHER, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, 2010, §3 Rz. 48).
Die Abmeldung als steuerpflichtige Person hat zu erfolgen, wenn der massgebende Umsatz die Umsatzgrenze nach Art. 10 Abs. 2 Bst. a oder c oder 12 Abs. 3 MWSTG unterschreitet und zu erwarten ist, dass er auch in der folgenden Steuerperiode nicht mehr erreicht wird. Die Abmeldung ist dabei frühestens auf das Ende der Steuerperiode möglich, in der der massgebende Umsatz nicht erreicht worden ist (vgl. Art. 14 Abs. 5 MWSTG).
Die steuerpflichtige Person kann im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit, unter Vorbehalt der Art. 29 und 33 MWSTG, die ihr in Rechnung gestellte Inlandsteuer als Vorsteuer abziehen (Art. 28 Abs. 1 Bst. a MWSTG), wenn sie nachweist, dass sie die Vorsteuer bezahlt hat (Art. 28 Abs. 4 MWSTG).
Anders als im vorrevidierten Recht (Art. 38 ff. des Bundesgesetzes vom
2. September 1999 über die Mehrwertsteuer [aMWSTG; AS 2000 1300]) ist der strikte Verwendungskonnex zwischen vorsteuerbelasteten Leistungen und Ausgangsumsätzen neurechtlich keine Voraussetzung für die Zulassung zum Vorsteuerabzug mehr (BGE 142 II 488 E. 2.3.4, BGE 141 II 199 E. 4.2). Wie das Bundesgericht ausgeführt hat, spielt damit für die Anwendung von Art. 28 MWSTG auch keine Rolle, ob das konkrete Vorsteuerbetreffnis je in eine konkrete steuerbare Ausgangsleistung eingeht. Massgebend ist einzig noch das Einfliessen des vorsteuerbelasteten Aufwandes in die unternehmerische Tätigkeit. Ergeben sich daraus nur geringfügige oder gar keine steuerbaren Entgelte, weil das Vorhaben misslingt ("erfolgloser Unternehmer") oder das Geschäftsmodell einer langen Anlaufzeit bedarf ("Start-up-Unternehmen"), steht auch dies dem sofortigen Vorsteuerabzug nicht entgegen. In derartigen Konstellationen fliessen die vorsteuerbelasteten Aufwände dennoch in die betriebliche Leistungserstellung ein, die ihrerseits zu steuerbaren Umsätzen führen könnte, wäre sie nur erfolgreich (zum Ganzen: BGE 142 II 488 E. 2.3.5 mit weiteren Hinweisen).
Das Recht auf sofortigen Vorsteuerabzug gemäss Art. 28 MWSTG schliesst jedoch nicht aus, dass ein ursprünglich zu Recht getätigter Vorsteuerabzug nachträglich infolge einer Nutzungsänderung, namentlich bei Eigenverbrauch nach Art. 31 MWSTG, zu korrigieren ist.
Fallen nämlich die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nachträglich weg, so ist gemäss Art. 31 Abs. 1 MWSTG der Vorsteuerabzug in demjenigen Zeitpunkt zu korrigieren, in welchem die Voraussetzungen hierfür
weggefallen sind und die früher in Abzug gebrachte Vorsteuer, einschliesslich ihrer als Einlageentsteuerung korrigierten Anteile, muss zurückerstattet werden.
Eigenverbrauch liegt nach Art. 31 Abs. 2 MWSTG namentlich vor, wenn die steuerpflichtige Person aus ihrem Unternehmen Gegenstände oder Dienstleistungen dauernd oder vorübergehend entnimmt, sofern sie beim Bezug oder der Einlage des Ganzen oder seiner Bestandteile einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat oder die Gegenstände oder Dienstleistungen im Rahmen des Meldeverfahrens nach Artikel 38 MWSTG bezogen hat, und die:
sie ausserhalb ihrer unternehmerischen Tätigkeit, insbesondere für private Zwecke, verwendet;
sie für eine unternehmerische Tätigkeit verwendet, die nach Artikel 29 Absatz 1 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt;
sie unentgeltlich abgibt, ohne dass ein unternehmerischer Grund besteht; bei Geschenken bis 500 Franken pro Person und Jahr sowie bei Werbegeschenken und Warenmustern zur Erzielung steuerbarer oder von der Steuer befreiter Umsätze wird der unternehmerische Grund ohne weiteres vermutet;
sich bei Wegfall der Steuerpflicht noch in ihrer Verfügungsmacht befinden.
Auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist Voraussetzung für eine nachträgliche Vorsteuerabzugskorrektur, dass die Vorleistung im Zeitpunkt der Nutzungsänderung noch nicht verbraucht sein darf (BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/KOCHER, a.a.O., §7 Rz. 111).
Sind die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 31 Abs. 1 und 2 MWSTG erfüllt, richtet sich die Berechnung der Vorsteuerabzugskorrektur Eigenverbrauch nach Art. 31 Abs. 3 MWSTG und Art. 69 MWSTV.
Wurde die Dienstleistung in der Zeit zwischen dem Empfang der Leistung und dem Wegfall der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug in Gebrauch genommen, so ist der Vorsteuerabzug im Umfang des Zeitwerts der Dienstleistung zu korrigieren. Zur Ermittlung des Zeitwertes wird der Vorsteuerbetrag linear für jedes abgelaufene Jahr bei Dienstleistungen um einen Fünftel reduziert. Die buchmässige Behandlung ist nicht von Bedeutung. Der Bundesrat kann in begründeten Fällen Abweichungen von den Abschreibungsvorschriften festlegen (Art. 31 Abs. 3 MWSTG).
Art. 69 Abs. 1 MWSTV statuiert, was sich so bereits klar aus dem Gesetz ergibt, nämlich dass der Vorsteuerabzug auf nicht in Gebrauch genommenen Gegenständen und Dienstleistungen vollumfänglich zu korrigieren ist (Art. 31 Abs. 3 MWSTG e contrario; vgl. Urteile des BVGer A-7749/2016 vom 17. August 2017 E. 2.4.3, [zur Bemessung der Einlageentsteuerung unter dem aMWSTG]: A-5889/2009 vom 27. September 2010 E. 3.4 mit Hinweis; vgl. ferner BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/KOCHER, a.a.O., §7 Rz. 117). Im Einklang mit der gesetzlichen Regelung wiederholt Abs. 2 von Art. 69 MWSTV, dass der Vorsteuerabzug auf in Gebrauch genommenen Gegenständen und Dienstleistungen zu korrigieren ist, die im Zeitpunkt des Wegfalls der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs noch vorhanden sind und einen Zeitwert haben. Weiter stellt Art. 69 Abs. 2 MWSTV die Vermutung auf, dass Dienstleistungen in den Bereichen Beratung, Buchführung, Personalbeschaffung, Management und Werbung bereits im Zeitpunkt ihres Bezugs verbraucht und nicht mehr vorhanden sind.
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin, die im hier massgebenden Zeitraum nie steuerbare Umsätze erzielt hat, zu keinem Zeitpunkt obligatorisch steuerpflichtig war (E. 2.1.1) und per 1. Januar 2010 auf die Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht verzichten durfte (E. 2.1.2). Ebenfalls zu Recht nicht strittig ist, dass sie sich per
30. September 2013 auf die Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht berufen und ihre Löschung im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen beantragen durfte (E. 2.1.3).
Mit ihrem freiwilligen Eintritt in die Steuerpflicht per 1. Januar 2010 war die Beschwerdeführerin grundsätzlich berechtigt, einen Vorsteuerabzug auf den für das Immobilienprojekt bezogenen Leistungen geltend zu machen. Denn die Berechtigung zum sofortigen Vorsteuerabzug hängt nicht (mehr) davon ab, ob Umsätze tatsächlich erzielt werden (E. 2.2).
Strittig ist im vorliegenden Fall einzig, ob mit Wegfall der subjektiven Steuerpflicht per 30. September 2013 die ursprünglich zu Recht geltend gemachten Vorsteuerabzüge nachträglich unter dem Titel Eigenverbrauch zu korrigieren sind (vgl. E. 2.3).
Die Beschwerdeführerin verneint das Vorliegen einer Nutzungsänderung per 30. September 2013. Sie bringt vor, sie habe seit ihrer Eintragung im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen bei der ESTV ihre ganzen Ressourcen in das Immobilienprojekt gesteckt. Nachdem der Kanton eine Baubewilligung mit Auflagen erteilt habe, sei sie bestärkt gewesen, das Immobilienprojekt weiter voranzutreiben. Allerdings sei das Projekt sowie der zugehörige Quartierplan von verschiedenen Seiten mit Einsprachen bis zur Aufhebung der Baubewilligung bekämpft worden. Dies habe das endgültige Aus des Projekts bedeutet und sei der Grund gewesen, weshalb sie sich per 30. September 2013 im Mehrwertsteuerregister habe löschen lassen. Ihre verzweifelten Versuche, das Immobilienprojekt doch noch irgendwie zu retten, würden von der ESTV negativ gegen sie ausgelegt, was nicht nachvollziehbar sei. Seit Anfang 2013 sei sie inaktiv, da das ehrgeizige Projekt ein unwiderruflicher „Non-Valeur“ geworden sei. Der endgültige Untergang eines Immobilienprojekts stelle keine Nutzungsänderung dar. Das Projekt sei gestorben und habe nicht in eine gewinnbringende Anschlusstätigkeit umgesetzt werden können. Schliesslich sei auch das für die Realisation des Projekts vorgesehene Bauland von der Eigentümerin statt an die Beschwerdeführerin an eine Drittpartei verkauft worden.
Nach Auffassung der Vorinstanz ist demgegenüber für eine Vorsteuerabzugskorrektur infolge Eigenverbrauchs irrelevant, ob bezogene Vorleistungen nach dem Wegfall der Steuerpflicht effektiv noch für den geplanten Verwendungszweck eingesetzt werden bzw. ob im konkreten Fall das Projekt noch realisiert werden konnte. Abzustellen sei einzig auf den Zeitwert der Leistungsbezüge. Weil das Projekt bei Beendigung der Steuerpflicht nicht realisiert worden war, hätten die bezogenen Dienstleistungen als noch nicht in Gebrauch genommen zu gelten. Die im Zusammenhang mit dem Projekt getätigten Vorsteuerabzüge seien daher vollumfänglich,
d.h. ohne Abschreibung, zu korrigieren. Für die Berechnung der Vorsteuerabzugskorrektur habe sie, die ESTV, nur jene Leistungen berücksichtigt, die eindeutig dem Projekt zugeordnet werden konnten und aktivierbare Anlagekosten darstellten, wie z.B. Architektur-, Ingenieurund Bauplanungsleistungen.
Der bei Wegfall der subjektiven Steuerpflicht einschlägige Eigenverbrauchstatbestand nach Art. 31 Abs. 2 Bst. d MWSTG verlangt, dass eine Entnahme eines Gegenstands oder einer Dienstleistung aus dem Unternehmen vorliegt, über die im Zeitpunkt der Nutzungsänderung noch Verfügungsmacht besteht (E. 2.3.2).
Das Gesetz setzt damit für eine nachträgliche Vorsteuerabzugskorrektur infolge Eigenverbrauchs bei Wegfall der Steuerpflicht nach dem Wortlaut - und somit entsprechend der neurechtlichen Konzeption zur Vorsteuerabzugsberechtigung (E. 2.2) - nicht voraus, dass der betreffende Gegenstand oder die Dienstleistung im nicht steuerpflichtigen Unternehmensbereich tatsächlich verwendet wird. Verlangt ist von Gesetzes wegen einzig, dass der Gegenstand oder die Dienstleistung noch vorhanden ist und der Unternehmensträger darüber noch Verfügungsmacht besitzt, was namentlich bei verbrauchten, untergegangenen oder gestohlenen Gegenständen und Dienstleistungen nicht mehr der Fall ist. Dies hat zur Folge, dass bei einer Nutzungsänderung infolge Wegfalls der Steuerpflicht auch dort wo kein effektiver Verbrauch im unternehmerischen Bereich eines Nichtsteuerpflichtigen stattfindet, eine Belastung mit Mehrwertsteuern erfolgen kann.
Bloss auf den ersten Blick scheint eine solche Interpretation mit der Konzeption der Mehrwertsteuer als Verbrauchsteuer nicht vereinbar. Denn auch im Regelfall, in dem der Endkonsum auf einen Leistungsaustausch
(z.B. Kauf einer Haushaltsware beim Händler durch den Privaten) folgt, knüpft die Besteuerung erhebungstechnisch nicht an den Verbrauchsvorgang, sondern an den vorgelagerten Verkehrsakt an (vgl. BGE 142 II 488
E. 2.2.1 mit Hinweisen; vgl. DANIEL RIEDO, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer und von den entsprechenden Wirkungen auf das schweizerische Recht, 1999, S. 12 und 14). Es ist daher für die Erhebung der Mehrwertsteuer grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob und wann ein Konsumgut durch den Endabnehmer effektiv verbraucht oder genutzt wird. Entscheidend ist, dass ein Gegenstand oder eine Dienstleistung (in der Regel gegen Entgelt) zum Endabnehmer gelangt. Nichts anderes hat mutatis mutandis beim Eigenverbrauchstatbestand nach Art. 31 Abs. 2 Bst. d MWSTG zu gelten.
Es ist daher zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin bezogenen Leistungen, auf denen sie den Vorsteuerabzug getätigt hat, am 30. September 2013 im obgenannten Sinn noch vorhanden waren und sie Verfügungsmacht darüber besass.
Die Löschung der Beschwerdeführerin im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen per 30. September 2013 basierte auf der Erkenntnis, dass sie das Projekt selbst nicht würde realisieren können, nachdem ihr keine Baubewilligung erteilt und das vorgesehene Baugrundstück von der Eigentümerin zudem an eine Drittperson verkauft worden war. Unbestritten ist
weiter, dass die Beschwerdeführerin nach dem 30. September 2013 Verhandlungen mit der neuen Käuferin des Baugrundstücks geführt hat in der Absicht und Hoffnung, auch das Projekt noch verkaufen zu können.
Bei dieser Ausgangslage hat die Vorinstanz zu Recht gefolgert, dass das Projekt bzw. die hierfür bezogenen Dienstleistungen - soweit es sich nicht bereits um im Zeitpunkt ihres Bezugs verbrauchte Dienstleistungen nach Art. 69 Abs. 2 MWSTV handelte (E. 2.3.3) - bei Wegfall der subjektiven Steuerpflicht noch vorhanden waren und die Beschwerdeführerin darüber Verfügungsmacht besass. Weder führt der Umstand, dass ein Projekt von einer bestimmten Person nicht realisiert wird, eo ipso zum Untergang der entsprechenden Vorleistungen, noch ist es denkbar, dass über ein nicht mehr existentes Projekt Verhandlungen geführt würden. Dass die Verhandlungen in der Folge jedoch nicht zielführend waren und sich das Projekt rückblickend als „nutzund wertlos“ erwies, ändert daran nichts. Wie erwähnt, kommt es für die Beurteilung einer Nutzungsänderung nicht darauf an, ob die bezogenen Dienstleistungen im nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Tätigkeitsbereich tatsächlich genutzt oder verwendet wurden. Massgebend ist einzig, dass die Dienstleistungen bei Wegfall der Steuerpflicht - wie vorliegend - noch vorhanden waren und sich unbestrittenermassen noch in der Verfügungsmacht der Beschwerdeführerin befanden.
Was die Beschwerdeführerin dagegen einwendet, vermag nicht zu überzeugen.
Sie legt dar, sie habe im Geschäftsjahr 2013 kein Kapital mehr in das Projekt investiert, sondern lediglich noch intensives „Brain-Storming“ für ein wertloses Immobilienprojekt betrieben. Dabei habe es sich um einen Prozess gehandelt, um das wertlose Immobilienprojekt zu verdauen. Das Projekt sei massgeschneidert auf das eine Baugrundstück gewesen und mit dem Verkauf der betreffenden Parzelle an eine Drittperson unverkäuflich geworden. Zum Beleg verweist sie auf ein an sie gerichtetes „Kündigungsschreiben“ der Käuferin des Baugrundstücks vom 16. Januar 2015. Die Enttäuschung über das gestorbene Immobilienprojekt sei riesig gewesen. In der Folge sei das aktivierte Immobilienprojekt innert drei Geschäftsjahren vollständig abgeschrieben worden, um die Gesellschaft am Leben zu erhalten.
Wie erwähnt, ist vorliegend einzig relevant, dass die für das Projekt bezogenen Dienstleistungen am 30. September 2013 noch vorhanden waren. Ein Investitionsstopp ändert an der Existenz von Vorleistungen nichts. Auch die Tatsache, dass sich ein Projekt nach der Nutzungsänderung ausgangsseitig als unverkäuflich und wertlos erweist, führt nicht zum Untergang der hierfür eingangsseitig bezogenen Vorleistungen rückwirkend auf den Zeitpunkt der Nutzungsänderung. Dass die Vorleistungen am 30. September 2013 nicht mehr vorhanden gewesen wären, lässt sich denn auch nicht dem erwähnten „Kündigungsschreiben“ vom 16. Januar 2015 (Beschwerdebeilage 6) entnehmen. Im Gegenteil, bestätigt dieses Schreiben, dass zwischen der Beschwerdeführerin und der Käuferin des Baugrundstücks vorgängig eine Absichtserklärung („Letter of Intent“) bezüglich des Verkaufs des Immobilienprojekts bzw. zumindest entsprechender Verhandlungen bestand, wobei die Absichtserklärung erst mit Schreiben vom
16. Januar 2015 aufgehoben wurde. Es ist folgerichtig, dass die Vorinstanz vom weiteren Vorhandensein der für das Projekt bezogenen Leistungen per 30. September 2013 ausging, zumal das Projekt in jenem Zeitpunkt gemäss eigenen Angaben der Beschwerdeführer in der Buchhaltung noch aktiviert war und erst in den folgenden drei Geschäftsjahren vollständig abgeschrieben wurde. In diesem Zusammenhang kann daher von spekulativen Feststellungen der Vorinstanz keine Rede sein.
Schliesslich vermag die Beschwerdeführerin auch aus dem pauschalen Vergleich mit „vielen anderen Fällen der Schweizer Wirtschaft“, namentlich „Forschungsprojekten, die in einem Fiasko mit anschliessendem Konkurs endeten“, nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Erstens müsste der vorliegende Fall mit den genannten „Fällen der Schweizer Wirtschaft“ tatsächlich vergleichbar sein, was mangels näherer Substantiierung nicht überprüft werden kann. Zweitens könnte ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht ohnehin nur dann erfolgreich geltend gemacht werden, wenn die Vorinstanz eine eigentliche gesetzwidrige Praxis pflegen und überdies zu erkennen geben würde, auch in Zukunft nicht davon abweichen zu wollen (statt vieler: Urteil des BVGer A-7486/2016 vom 14. Dezember 2017 E. 2.3 und 5.4.3). Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.
Nach dem Gesagten ist die Vorinstanz zu Recht von einer Nutzungsänderung per 30. September 2013 bezüglich jener Vorleistungen ausgegangen, die nicht gemäss Art. 69 Abs. 2 MWSTV bereits als bei ihrem Bezug verbraucht galten.
Es bleibt damit zu prüfen, ob die per 30. September 2013 noch vorhandenen Dienstleistungen in Gebrauch genommen wurden.
Die Vorinstanz und die Beschwerdeführerin gehen übereinstimmend davon aus, dass die für das Projekt bezogenen (den Hauptteil der strittigen Forderung ausmachenden) Dienstleistungen, namentlich Architektur-, Ingenieurund Bauplanungsleistungen, mangels Realisation des Bauprojekts nicht in Gebrauch genommen worden seien. Dieser Auffassung ist beizupflichten. Das im Baubewilligungsverfahren gestoppte Projekt befand sich bei Wegfall der Steuerpflicht erst in der Planungsphase. Weder flossen die Vorleistungen in steuerbare Ausgangsleistungen ein noch ist ersichtlich, dass sie anderweitig im Rahmen der betrieblichen Leistungserstellung in Gebrauch genommen worden wären.
Als in Gebrauch genommen hat die Vorinstanz demgegenüber Leistungen von Kopierund Druckfachgeschäften (z.B. Druck der Visitenkarten, Investorenbroschüre), sowie vereinzelte Lieferungen von Büchern und Elektronikzubehör qualifiziert. Die Beschwerdeführerin hat sich dazu nicht geäussert. Das Vorgehen der Vorinstanz ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass diese (den kleineren Teil der Nachforderung ausmachenden) Vorleistungen am 30. September 2013 nicht mehr vorhanden gewesen wären. Mit Blick auf die Art der Leistungen ist sodann nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz von einer Ingebrauchnahme der Leistungen nach ihrem Bezug ausging.
Was die Berechnung der Vorsteuerabzugskorrektur infolge Eigenverbrauchs im angefochtenen Entscheid betrifft, sind keine Mängel erkennbar. Die Einteilung der Vorleistungen in die drei Kategorien „nach Art. 69 Abs. 2 MWSTV verbrauchte Dienstleistungen“ (keine Vorsteuerabzugskorrektur),
„nicht in Gebrauch genommene Architektur-, Ingenieurund Bauplanungsleistungen“ (E. 3.5.1) und „in Gebrauch genommene übrige Leistungen“ (E. 3.5.2) erscheint nach dem Ausgeführten sachgerecht. Gesetzeskonform hat die Vorinstanz den Vorsteuerabzug auf den für das Projekt bezogenen Architektur-, Ingenieurund Bauplanungsleistungen vollumfänglich korrigiert. Die Vorsteuerabzugskorrektur für die in Gebrauch genommenen übrigen Leistungen, hat die Vorinstanz in Anwendung von Art. 31 Abs. 3 MWSTG nach dem massgebenden Zeitwert (vgl. Art. 70 Abs. 2 MWSTV) und damit ebenfalls gesetzeskonform ermittelt.
Damit erweist sich der vorinstanzliche Entscheid als rechtmässig und die Beschwerde ist abzuweisen.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten, die auf Fr. 3'500.-- festzusetzen sind, der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Der einbezahlte Kostenvorschuss in derselben Höhe ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario; Art. 7 Abs. 3 VGKE).
(Das Dispositiv befindet sich auf der nächsten Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 3'500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss in derselben Höhe wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Gerichtsurkunde)
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Daniel Riedo Kathrin Abegglen Zogg
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.