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Bundesverwaltungsgericht Urteil A-1223/2019

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts A-1223/2019

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:A-1223/2019
Datum:29.04.2020
Leitsatz/Stichwort:Mehrwertsteuer
Schlagwörter : Vorsteuer; Steuer; MWSTG; Mehrwertsteuer; Vorsteuern; Leistung; Vorsteuerabzug; Urteil; Einsprache; Liegenschaft; Leistungen; Option; Bundesverwaltungsgericht; Steuerperiode; Vorinstanz; Vorsteuerbelege; Person; Steuerpflicht; Entscheid; BVGer; Recht; Steuerperioden; Einspracheentscheid; Belege; Wohnhaus; Mieterträge; Renovation
Rechtsnorm: Art. 10 MWSTG ;Art. 11 MWSTG ;Art. 13 BV ;Art. 18 MWSTG ;Art. 21 MWSTG ;Art. 22 MWSTG ;Art. 27 MWSTG ;Art. 28 MWSTG ;Art. 29 MWSTG ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 49 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 86 MWSTG ;
Referenz BGE:137 II 136; 137 II 199; 140 I 153; 140 II 202; 140 II 248; 140 II 495; 142 I 155; 142 II 488; 144 I 340
Kommentar:
-

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung I

A-1223/2019

U r t e i l  v o m  2 9.  A p r i l  2 0 2 0

Besetzung Richter Keita Mutombo (Vorsitz),

Richter Jürg Steiger, Richterin Sonja Bossart Meier, Gerichtsschreiberin Monique Schnell Luchsinger.

Parteien A. AG,

Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Vorsteuerkorrektur.

Sachverhalt:

A.

Die A. AG (nachfolgend: Steuerpflichtige) mit Sitz in ( ) bezweckt gemäss dem kantonalen Handelsregister ( ).

Die Steuerpflichtige ist seit dem 1. Januar 2009 im Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen der Eidgenössischen Steuerverwaltung (nachfolgend: ESTV) eingetragen. Sie rechnet effektiv und nach vereinbarten Entgelten ab.

B.

Die Steuerpflichtige deklarierte in den Steuerperioden 2010 bis 2014 (Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2014) Umsatzund Bezugssteuern von insgesamt Fr. 6'519.- und Vorsteuern von Fr. 34'931.-.

C.

Nachdem die ESTV in den ersten Jahren jeweils nach Erhalt der Mehrwertsteuerabrechnung den jeweiligen Vorsteuerüberschuss an die Steuerpflichtige vergütet hatte, forderte sie mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 die Steuerpflichtige auf, das detaillierte Umsatzund Vorsteuerjournal für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 30. September 2013 einzureichen. Die Steuerpflichtige reichte am 2. November 2013 diverse Unterlagen ein.

Nach den Angaben im Einspracheentscheid reichte die Steuerpflichtige mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 unter anderem eine Zusammenstellung der mehrwertsteuerrelevanten Kontoauszüge für das 1. bis 3. Quartal 2013, zehn Rechnungen und die Steuerwertschätzung des Steueramtes Grabs für die Liegenschaft ( ) in ( ) ein. Sie führte hierzu aus, dass die Wohnung im Haus an einen Herrn ( ) aus ( ) und das Landwirtschaftsgebäude als Lager an die ( ) in ( ) vermietet worden sei.

Ebenfalls nach den Angaben im Einspracheentscheid liess die Steuerpflichtige mit Schreiben vom 12. November 2014 über einen Herrn ( ) aus ( ) der ESTV mitteilen, dass diverse ihrer Geschäftsunterlagen versehentlich entsorgt worden seien.

D.

Die ESTV kündigte ihr mit Schreiben vom 14. November 2014 und erneut mit Schreiben vom 8. April 2015 eine Mehrwertsteuerkontrolle an. Beide Kontrollen konnten wegen Krankheit und Landesabwesenheit des einzigen Verwaltungsrates der Steuerpflichtigen nicht durchgeführt werden.

In der Folge forderte die ESTV mehrmals von der Steuerpflichtigen Unterlagen ein. Diese blieben jedoch trotz mehrerer Fristerstreckungen aus.

E.

Mit Einschätzungsmitteilung Nr. ( ) vom 28. Oktober 2016 forderte die ESTV von der Steuerpflichtigen für die Steuerperioden 2010 bis 2014 (Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2014) Vorsteuern von insgesamt

Fr. 21'296.- nebst Verzugszins zu 4% seit 30. April 2013 (mittlerer Verfall) zurück.

F.

Am 26. November 2016 bestritt die Steuerpflichtige den nacherhobenen Steuerbetrag. Sie wies darauf hin, dass die Steuerbehörde mit Schreiben vom 30. Dezember 2015 darüber informiert worden sei, dass die elektronischen Buchhaltungsunterlagen gelöscht und die physischen Dokumente irrtümlich vernichtet worden seien. Sie sei bis anhin nie aufgefordert worden, bei ihren Lieferanten Duplikate zu beschaffen.

G.

Die ESTV bat mit Schreiben vom 26. Januar 2017 und vom 30. November 2017 um weitere Informationen, insbesondere um die Beschaffung von Duplikaten der fehlenden Vorsteuerbelege. Die Steuerpflichtige ersuchte mehrmals um Erstreckung der Frist zur Einreichung der gewünschten Belege, blieb diese letztlich aber schuldig.

H.

Mit Verfügung vom 3. September 2018 setzte die ESTV für die Steuerperioden 2010 bis 2014 (Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2014) die Umsatzund Bezugssteuern auf Fr. 6'519.- und den Vorsteuerabzug auf Fr. 14'766.- fest. Die Differenz zwischen der Steuerforderung und der deklarierten Steuer ergab einen Rückforderungsanspruch zu Gunsten der ESTV von Fr. 20'112.-, nebst den gesetzlichen Verzugszinsen ab dem

30. April 2013.

I.

Gegen diese Verfügung erhob die Steuerpflichtige am 3. Oktober 2018 Einsprache und reichte dreizehn Vorsteuerbelege nach. Mit Eingabe vom

15. November 2018 reichte die Steuerpflichtige weitere acht Vorsteuerbelege nach.

J.

Am 20. Dezember 2018 forderte die ESTV weitere Auskünfte und Belege

ein. Die Antwort der Steuerpflichtigen datiert vom 4. Januar 2019. Hierbei führt die Steuerpflichtige aus, dass sie hauptsächlich in ( ) und ( ) tätig gewesen sei und dort Arbeiter ausgebildet habe. Die in die Buchhaltung eingestellte Liegenschaft sei im Dezember 2012 gekauft worden. Das Wohngebäude sei in den Jahren 2013 und 2014 saniert worden. Die Mieterträge für das Jahr 2014 hätten Fr. 8'000.- betragen, seien aber noch ausstehend. Nutzer sei ( ) aus ( ). Die Scheune habe nur eine kleine Sanierung erhalten und sei nicht vermietet. Die beigebrachten Rechnungen würden das Wohnhaus der Liegenschaft ( ) betreffen.

K.

Mit Einspracheentscheid vom 11. Februar 2019 setzte die ESTV für die Steuerperioden 2010 bis 2014 (Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2014) die Umsatzund Bezugssteuern auf Fr. 6'519.- und den Vorsteuerabzug auf Fr. 13'582.- fest. Die Differenz zwischen der Steuerforderung und der deklarierten Steuer ergab einen Rückforderungsanspruch zu Gunsten der ESTV von Fr. 21'296.-, nebst Zins zu 4% ab dem 30. April 2013.

Die ESTV begründet ihren Entscheid im Wesentlichen damit, dass die nachgereichten Vorsteuerbelege die Renovation der Liegenschaft ( ) betreffen würden. Sinngemäss führt die ESTV aus, dass diese Liegenschaft zu Wohnzwecken genutzt werde, weshalb für die daraus resultierenden Mieterträge nicht optiert werden könne. Infolgedessen könnten die Vorsteuern auf den Renovationskosten für diese Liegenschaft nicht geltend gemacht werden. Dies führe zu einer Korrektur der vorgängig zugestandenen Vorsteuern. Zudem würden die eingereichten Vorsteuerbelege nicht mit denjenigen Belegen übereinstimmen, für welche der Vorsteuerabzug ursprünglich gewährt worden sei. Schliesslich betreffe eine Rechnung private Lebenshaltungskosten und damit den nichtunternehmerischen Bereich, während weitere Belege aus formellen Gründen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen würden oder doppelt eingereicht worden seien.

L.

Die Steuerpflichtige erhob dagegen am 8. März 2019 «Einspruch» bei der ESTV, welche diesen zuständigkeitshalber am 12. März 2019 an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet hat.

Die Steuerpflichtige (nachfolgend: Beschwerdeführerin) beantragt sinngemäss die Berücksichtigung der Vorsteuern gemäss den nachgereichten Belegen. Sie führt hierzu zusammengefasst aus, dass sie die Mieterträge

versteuert habe, was von der Steuerverwaltung nicht beanstandet worden sei. Insoweit sei eine Optierung erfolgt. Die Renovationsrechnungen und die darin enthaltenen Vorsteuern seien bezahlt worden, andernfalls wäre sie betrieben und gepfändet worden, was nicht der Fall gewesen sei. Die Korrekturen gemäss Ziff. 24 der Erwägungen des angefochtenen Einspracheentscheides könne sie indessen akzeptieren.

M.

Mit Vernehmlassung vom 2. Juli 2019 beantragt die ESTV (nachfolgend: Vorinstanz) die Abweisung der Beschwerde.

Sie begründet diesen Antrag wie folgt: Von der gesamten Steuernachforderung der ESTV in der Höhe von Fr. 21'296.- sei der Betrag von Fr. 2'931.95 nicht bestritten (aufgerechneter Betrag von Fr. 21'296, abzüglich Vorsteuern gemäss den nachgereichten Belegen im Betrag von Fr. 18'364.05). Die Beschwerdeführerin anerkenne weiter den Vorsteuerausschluss für die Belege Nr. 7 und 10 (Fr. 223.70 und Fr. 62.20). Bei der Liegenschaft ( ) handle es sich um ein Einfamilienhaus mit Scheune. Dieses sei gemäss Aussage der Beschwerdeführerin ab 2014 an eine natürliche Person vermietet worden, die Scheune sei nicht vermietet worden. Für diese Vermietung könne nicht optiert werden. Im Einspracheverfahren habe die Beschwerdeführerin zusätzliche Vorsteuerabzüge betreffend den Umbau der Liegenschaft geltend gemacht. Für die in den entsprechenden Rechnungen ausgewiesene Vorsteuer habe sie - so die ESTV abschliessend - im Einspracheentscheid vom 11. Februar 2019 den Abzug verweigert.

Auf die einzelnen Vorbringen der Parteien ist nachfolgend insoweit einzugehen, als sie für den vorliegenden Entscheid wesentlich sind.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG). Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Eine Ausnahme nach Art. 32 VGG liegt nicht vor. Die Vorinstanz ist zudem eine Behörde im Sinne von Art. 33 VGG. Das

      Bundesverwaltungsgericht ist demnach für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerden zuständig. Die Beschwerdeführerin ist als Adressatin des angefochtenen Einspracheentscheides zu dessen Anfechtung legitimiert (vgl. Art. 48 Abs. 1 VwVG). Die Beschwerde wurde im Übrigen fristund formgerecht eingereicht (Art. 50 Abs. 1 VwVG, Art. 52 Abs. 1 VwVG), und der Kostenvorschuss wurde fristgerecht bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

    2. Streitgegenstand der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege und damit des Beschwerdeverfahrens ist grundsätzlich einzig das Rechtsverhältnis, das Gegenstand des angefochtenen Entscheides bildet oder bei richtiger Rechtsanwendung hätte bilden sollen, soweit es nach Massgabe der Beschwerdebegehren im Streit liegt. Der Streitgegenstand darf im Lauf des Beschwerdeverfahrens weder erweitert noch qualitativ verändert, sondern höchstens verengt und um nicht mehr streitige Punkte reduziert werden. Der Entscheid der unteren Instanz (Anfechtungsobjekt) bildet somit den Rahmen, der den möglichen Umfang des Streitgegenstandes begrenzt: Gegenstände, über welche die vorinstanzliche Behörde nicht entschieden hat und nicht zu entscheiden hatte, darf die Beschwerdeinstanz grundsätzlich nicht beurteilen, da sie ansonsten in die funktionelle Zuständigkeit der Vorinstanz eingreifen würde. Auf eine Beschwerde, deren Anträge über diesen Streitgegenstand hinausgehen, ist insoweit nicht einzutreten (BGE 142 I 155 E. 4.4.2, 131 II 200 E. 3.2; Urteile des BGer 2C_71/2017 vom

23. August 2017 E. 4.2, 2C_343/2010 und 2C_344/2010 vom 11. April 2011 [in BGE 137 II 199 nicht publizierte] E. 2.5; Urteile des BVGer A-7030/2016 vom 17. Januar 2018 E. 1.3.2, A-7166/2016 vom 7. November 2017 E. 1.3 mit Hinweis).

2.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Entscheid in vollem Umfang überprüfen. Die Beschwerdeführerin kann neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Unangemessenheit rügen (Art. 49 Bst. c VwVG).

    2. Die für die Entscheidfindung (Rechtsanwendung) vorzunehmende Tatsachenfeststellung setzt voraus, dass die Sachlage korrekt und vollständig ermittelt wurde. Das Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsrechtspflege werden deshalb grundsätzlich von der Untersuchungsmaxime beherrscht (Art. 12 VwVG; vgl. auch Art. 81 MWSTG). Demnach muss die entscheidende Behörde den Sachverhalt von sich aus abklären. Sie trägt

      die Beweisführungslast (sog. subjektive oder formelle Beweislast). Der Untersuchungsgrundsatz wird im Mehrwertsteuerverfahren indes dadurch relativiert, dass der steuerpflichtigen Person spezialgesetzlich statuierte Mitwirkungspflichten auferlegt werden (vgl. Art. 13 VwVG; BVGE 2009/60

      E. 2.1.2). Dazu zählt namentlich das im Mehrwertsteuerrecht geltende Selbstveranlagungsprinzip (BGE 137 II 136 E. 6.2; Urteile des BGer 2C_353/2013 vom 23. Oktober 2013 E. 3.3, 2C_970/2012 vom 1. April

      2013 E. 4.1; Urteil des BVGer A-1314/2019 vom 26. November 2019

      E. 1.4.1; vgl. dazu auch nachfolgend E. 3. 9).

    3. Im Steuerrecht gilt, dass die Steuerbehörde die Beweislast für die steuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen trägt, während die steuerpflichtige Person für die steueraufhebenden und -mindernden Tatsachen beweisbelastet ist (statt vieler: BGE 140 II 248 E. 3.5; Urteil des BGer 2C_353/2013 vom 23. Oktober 2013 E. 3.3; Urteile des BVGer A-1314/2019 vom 26. November 2019 E. 1.4.2, A-4308/2015 vom 18. Feb-

      ruar 2016 E. 1.4.2 mit Hinweisen).

    4. Vorliegend findet das Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009 (MWSTG, SR 641.20) in der bis zum 31. Dezember 2017 gültig gewesenen Fassung Anwendung (AS 2009 5203).

3.

    1. Der Bund erhebt eine allgemeine Verbrauchssteuer nach dem System der Nettoallphasensteuer (auch als Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug bzw. Mehrwertsteuer bezeichnet [Art. 1 Abs. 1 MWSTG]; Art. 130 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]). Damit wird die Besteuerung des nicht unternehmerischen Endverbrauchs im Inland bezweckt (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 MWSTG).

    2. Mehrwertsteuerpflichtig ist, wer eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne von Art. 10 Abs. 1 MWSTG betreibt und nicht nach Abs. 2 dieser Vorschrift von der Steuerpflicht befreit ist (sog. subjektive Steuerpflicht). Von der Steuerpflicht ist befreit, wer im Inland innerhalb eines Jahres weniger als Fr. 100'000.- Umsatz aus steuerbaren Leistungen erzielt (Art. 10 Abs. 2 Bst. a MWSTG). Wer ein Unternehmen betreibt und nach Art. 10 Abs. 2 MWSTG befreit ist, kann auf die Befreiung von der Steuerpflicht verzichten (vgl. Art. 11 Abs. 1 MWSTG; BGE 142 II 488 E. 2.3.2).

    3. Der Inlandsteuer (Art. 1 Abs. 2 Bst. a MWSTG) unterliegen die im Inland durch steuerpflichtige Personen gegen Entgelt erbrachten Leistungen.

      Diese sind steuerbar, soweit dieses Gesetz keine Ausnahme vorsieht (Art. 18 Abs. 1 MWSTG, vgl. auch Art. 21 Abs. 2 MWSTG).

    4. Von der Steuer ausgenommen ist namentlich die in Art. 21 Abs. 2 Ziff. 21 MWSTG genannte Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zum Gebrauch oder zur Nutzung, soweit keine der in Bst. a - f dieser Vorschrift genannten Gegenausnahmen vorliegt. Die Vermietung von Liegenschaften ist also gemeinhin eine von der Mehrwertsteuer ausgenommene Leistung.

    5. Die im Negativkatalog von Art. 21 Abs. 2 MWSTG genannten Leistungen sind von Gesetzes wegen ausgenommen, es sei denn, die steuerpflichtige Person habe im Sinne von Art. 22 MWSTG für die Versteuerung der Leistung optiert (sog. "Option im objektiven Sinn"; zum vorrevidierten Recht von 1999 BGE 140 I 153 E. 2.5.3, 140 II 495 E. 2.2.2; Urteil des

      BGer 2C_812/2013 vom 28. Mai 2014 E. 2.2.2). Für die Versteuerung kann nicht optiert werden, wenn der Gegenstand vom Empfänger ausschliesslich für private Zwecke genutzt wird (Art. 22 Abs. 2 Bst. b MWSTG). Mit anderen Worten ist eine Option ausgeschlossen für Mietobjekte, die privat genutzt werden.

    6. Neurechtlich können steuerpflichtige Personen im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit die in Art. 28 Abs. 1 Bst. a bis c MWSTG genannten und wirtschaftlich tatsächlich getragenen (Art. 28 Abs. 4 MWSTG in der bis zum 31. Dezember 2017 gültigen Fassung [AS 2009 5203]) Vorsteuern grundsätzlich abziehen. Im Gegensatz zum früheren Recht (Art. 38 Abs. 1 und 2 des Mehrwertsteuergesetzes vom 2. September 1999 [aMWSTG, AS 2000 1300]) ist der strikte Verwendungskonnex zwischen vorsteuerbelasteten Leistungen und (steuerbaren) Ausgangsumsätzen neurechtlich keine Voraussetzung für die Zulassung zum Vorsteuerabzug mehr. Es genügt, dass das konkrete Vorsteuerbetreffnis in die unternehmerische Tätigkeit einfliesst (statt vieler: BGE 142 II 488 E. 2.3.4; Urteil des BVGer A-4250/2019 und A-4251/2019 vom 22. März 2020 E 2.3.1).

    7. Kein Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht bei Leistungen, die für die Erbringung von Leistungen, die von der Steuer ausgenommen sind und für deren Versteuerung nicht optiert wurde, verwendet werden (Art. 29 Abs. 1 MWSTG, vgl. Urteil des BVGer A-4250/2019 und A-4251/2019 vom 22. März 2020 E 2.3.2).

    8. Gemäss Art. 22 Abs. 1 MWSTG (in der bis zum 31. Dezember 2017 gültigen Fassung [AS 2009 5203]) kann die steuerpflichtige Person «unter Vorbehalt von Abs. 2 durch offenen Ausweis der Steuer jede von der Steuer ausgenommene Leistung versteuern (Option)». Aus dem Gesetzestext ergeben sich drei Tatbestandsvoraussetzungen, nämlich:

      • das Vorliegen einer von der Steuer ausgenommenen Leistung (Art. 21 Abs. 2 MWSTG),

      • die Ausübung der Option (Art. 22 Abs. 1 MWSTG) und

      • das Fehlen eines Ausschlussgrundes (Art. 22 Abs. 2 MWSTG; zum Ganzen: BGE 140 II 495 E. 2.2.4 mit Hinweis).

      Gestützt auf Art. 22 Abs. 1 MWSTG führt Art. 39 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV, SR 641.201, in der bis zum

      31. Dezember 2017 gültigen Fassung [AS 2009 6743]) aus: «Kann die steuerpflichtige Person nicht durch offenen Ausweis der Steuer optieren, so kann sie die Ausübung der Option der ESTV auf andere Weise bekannt geben. Eine entsprechende Option ist bereits möglich, wenn noch keine Leistungen erbracht werden. Art. 22 Abs. 2 MWSTG bleibt vorbehalten.»

      Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beschränkt sich der Anwendungsbereich von Art. 39 MWSTV auf Fälle relativer Unmöglichkeit, mithin Leistungen, die im Alltag gemeinhin ohne schriftliche Rechnung erfolgen, so etwa der Verkauf von Eintrittsbilletten zu einer kulturellen Veranstaltung oder Verkauf von Urprodukten «ab Hof». Hierzu - und nicht zum Grundfall von Art. 22 Abs. 1 MWSTG - halte das Schrifttum fest, dass der

      «blosse Ausweis im Abrechnungsformular als Mitteilung im Sinne von Art. 39» MWSTV ausreiche (BGE 140 II 495 E. 3.4.3 mit Hinweis).

    9. Die Veranlagung und Entrichtung der Inlandsteuer erfolgt nach dem Selbstveranlagungsprinzip. Der Steuerpflichtige stellt dabei eigenständig fest, ob er die Voraussetzungen der subjektiven Steuerpflicht (Art. 10 und 66 MWSTG) erfüllt, ermittelt die Steuerforderung selber (Art. 71 MWSTG) und begleicht diese innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode (Art. 86 Abs. 1 MWSTG). Das Selbstveranlagungsprinzip bedeutet somit, dass der Leistungserbringer selbst für die Feststellung der Mehrwertsteuerpflicht bzw. -forderung verantwortlich ist (vgl. BGE 140 II 202

E. 5.4; Urteile des BVGer A-1418/2018 vom 24. April 2019 E. 2.2,

A-2788/2018 vom 27. September 2018 E. 2.6, A-3574/2013 vom 18. November 2014 E. 6.5; nichts daran ändert, dass neuere deutschsprachige Bundesgerichtsentscheide von «modifizierter Selbstveranlagung» sprechen [BGE 144 I 340 E. 2.2.1 mit Hinweisen]; vgl. zum Ganzen: Urteil des BVGer A-2859/2019 vom 5. Dezember 2019 E. 2.2.1).

4.

    1. Im vorliegenden Fall korrigierte die Vorinstanz die MWST-Abrechnungen der Beschwerdeführerin für die Steuerperioden 2010 bis 2014, wobei sie den Vorsteuerabzug teilweise verweigerte oder zusätzlich gewährte. Die Verweigerung erfolgte deshalb, weil die Beschwerdeführerin für die entsprechenden Positionen keine Vorsteuerbelege beigebracht hatte. Im Einspracheverfahren reichte die Beschwerdeführerin einzig für die Steuerperioden 2012 und 2013 Vorsteuerbelege nach. Für die Steuerperiode 2012 machte sie Vorsteuern im Umfang von Fr. 49.- geltend, für die Steuerperiode 2013 Fr. 18'364.-. Letzterer Betrag überstieg gar den von der ESTV vorgängig für die Steuerperiode 2013 verweigerten Vorsteuerabzug von Fr. 9'218.-. Die Vorinstanz verweigerte jedoch den einspracheweise geltend gemachten Vorsteuerabzug vollumfänglich. Zudem verweigerte sie den vorgängig gewährten Vorsteuerabzug im Umfang von Fr.1'184.25. Zur Begründung führte die Vorinstanz im Wesentlichen aus, dass die Vorsteuern die Renovation des Wohnhauses ( ) betroffen hätten. Das Wohnhaus sei zu Wohnzwecken genutzt worden, weshalb die auf den Renovationskosten angefallenen Vorsteuern nicht abzugsfähig seien. Die Beschwerdeführerin wendet sich dagegen. Vor Bundesverwaltungsgericht nicht mehr strittig sind die Vorsteuern von Fr. 223.20 auf den «privaten» Aufwänden, die Vorsteuern auf der «Garagenrechnung» von Fr. 400.63 sowie die doppelt geltend gemachten Vorsteuern von Fr. 62.20.

    2. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht einzig zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin im Umfang der im Einspracheverfahren geltend gemachten Vorsteuern von Fr. 17'727.19 (Fr. 18'413.22 ./. Fr. 223.20 ./. Fr. 400.63

      ./. Fr. 62.20) vorsteuerabzugsberechtigt ist. Hierbei hat die Beschwerdeführerin diejenigen Tatsachen nachzuweisen, aufgrund derer auf die Vorsteuerabzugsberechtigung geschlossen werden kann (E. 2. 3). Sie gibt vor, für die Vermietung der Liegenschaft ( ) optiert zu haben.

    3. Ein Blick auf Ziff. 21 der Erwägungen des angefochtenen Einspracheentscheides ergibt, dass die nunmehr noch strittigen Vorsteuern allesamt im Zusammenhang mit Aufwänden für die Renovation des Wohnhauses ( ) stehen. Dies bestätigt auch die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vom 8. März 2019 und ergibt sich auch mit Blick auf die aktenkundigen Vorsteuerbelege (vgl. act. 19 und 22).

      Voraussetzung für die Vorsteuerabzugsberechtigung ist im vorliegenden Kontext demzufolge, dass die Beschwerdeführerin erstens steuerausgenommene Leistungen aus der Vermietung der fraglichen Liegenschaft erbracht hat, zweitens diesbezüglich eine Option ausgeübt hat und drittens kein Ausschlussgrund vorliegt (E. 3. 8).

    4. Die Beschwerdeführerin hatte im fraglichen Zeitraum gemäss eigenen Angaben das Wohnhaus vermietet. Damit erbrachte sie grundsätzlich steuerausgenommene Leistungen (E. 3. 4). Dass das hierfür geschuldete Entgelt zumindest teilweise noch ausstand - wie das die Beschwerdeführerin ebenfalls geltend macht - ist im vorliegenden Kontext unerheblich.

    5. Die Beschwerdeführerin behauptet indessen, sie habe optiert. Sie vermag jedoch weder entsprechende Ausgangsrechnungen (E. 3. 8) noch einen Mietvertrag beizubringen. In den aktenkundigen Mehrwertsteuerabrechnungen für die Steuerperioden 2012 und 2013 sind unter Ziff. 205 auch keine Entgelte aus nicht steuerbaren Leistungen deklariert, für welche gemäss Art. 22 MWSTG optiert worden wäre. Damit ist die Beschwerdeführerin den Nachweis für die Option schuldig geblieben (E. 2.3 und 3. 8).

      Die Beschwerdeführerin vermag zudem den Zweck der Vermietung nicht rechtsgenüglich nachzuweisen. Ebensowenig vermag sie Umstände nachzuweisen, wonach eine Geschäftsmiete vorliegt. Eine solche ist bei einem Wohnhaus naturgemäss auch nicht naheliegend. Die Folgen der Beweislosigkeit hat vorliegend die Beschwerdeführerin zu tragen (oben E. 2.3). Demzufolge wäre eine Option für die Vermietung des Wohnhauses ohnehin ausgeschlossen (vgl. E. 3.5 und 3. 8).

      Daran vermag nichts zu ändern, dass der Buchhaltung der Beschwerdeführerin Hinweise zu entnehmen sind, die darauf hindeuten, dass sie tatsächlich Mieterträge deklariert und darauf Mehrwertsteuern entrichtet hat, wie das die Beschwerdeführerin geltend macht. Darin kann - selbst wenn sie zulässig sein sollte - keine rechtsgenügliche Option erblickt werden.

    6. Soweit die Beschwerdeführerin sinngemäss den Grundsatz des Vertrauensschutzes anruft, indem sie geltend macht, die ESTV habe die Versteuerung der Mieterträge nicht beanstandet, vermag sie daraus nichts zu ihren Gunsten abzuleiten, denn dies ändert nichts daran, dass keine Option stattfand.

      Ein allfälliger Rückerstattungsanspruch aus möglicherweise fälschlicherweise versteuerten Mieterträgen ist nicht Gegenstand der angefochtenen

      Verfügung und kann im vorliegenden Verfahren nicht geprüft werden (E. 1. 2). Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass gemäss dem Grundsatz «fakturierte Mehrwertsteuer gleich geschuldete Mehrwertsteuer» allenfalls zu Unrecht oder zu viel berechnete Steuerbetreffnisse grundsätzlich in voller Höhe geschuldet bleiben (vgl. Art. 27 Abs. 2 MWSTG; Urteile des BVGer A-7678/2015 vom 25. Januar 2017 E. 2.3.1, A-3497/2015 vom 25. Februar 2016 E. 3.2.1).

    7. Zusammenfassend ist mit der Vorinstanz einig zu gehen, dass die im Einspracheverfahren nachgereichten Vorsteuerbelege aus den Jahren 2012 und 2013 gesamthaft nicht berücksichtigt werden können.

Die Beschwerde ist daher vollumfänglich abzuweisen.

5.

Ausgangsgemäss sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens auf Fr. 3'000.- festzusetzen (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und durch die unterliegende Beschwerdeführerin zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Der einbezahlte Kostenvorschuss in derselben Höhe ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden.

(Das Dispositiv befindet sich auf der nächsten Seite.)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 3'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. [ ]; Gerichtsurkunde)

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Keita Mutombo Monique Schnell Luchsinger

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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