Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung V |
Dossiernummer: | E-5138/2024 |
Datum: | 06.09.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Asyl und Wegweisung (beschleunigtes Verfahren) |
Schlagwörter : | Wegweisung; Bundes; Bundesverwaltungsgericht; Vollzug; Recht; Marokko; Verfügung; Algerien; Schweiz; Asylgesuch; Beschwerdeführers; Heimat; Verfahren; Probleme; Ausländer; Gewährung; Urteil; Flüchtlingseigenschaft; Staatssekretariat; Vorinstanz; Begründung; Prozessführung; Bundesverwaltungsgerichts; Flüchtlinge; Bestimmungen |
Rechtsnorm: | Art. 25 BV ; Art. 33 VwVG ; Art. 48 VwVG ; Art. 49 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 55 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 70 BV ; Art. 83 AIG ; Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: |
Abteilung V E-5138/2024
Besetzung Einzelrichter David R. Wenger,
mit Zustimmung von Richterin Esther Marti; Gerichtsschreiberin Monique Schnell Luchsinger.
Parteien A. , geboren am (…), Marokko,
(…),
Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Asyl und Wegweisung (beschleunigtes Verfahren); Verfügung des SEM vom 9. August 2024;.
dass der Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge am (…) von Algerien mit dem Boot nach B. und von dort mit dem Zug über C. kommend am 26. Juli 2024 in die Schweiz einreiste, wo er gleichentags um Asyl nachsuchte,
dass er anlässlich der Kurzbefragung und der Anhörung zu den Asylgründen am 5. August 2024 zur Begründung des Asylgesuchs im Wesentlichen geltend machte, er sei marokkanischer Staatsbürger, arabischer Ethnie und islamischen Glaubens, sei in D. geboren und sei dort vier Jahre zur Schule gegangen,
dass der Beschwerdeführer weiter ausführte, seinen Vater nicht beziehungsweise nur kurz gekannt und mit seiner Mutter und seinem Stiefvater zusammengelebt zu haben, mit welchen er im Alter von neun oder zehn Jahren nach E. in Algerien gezogen sei, bevor er nach Problemen mit dem Stiefvater aus dem Haus geworfen worden sei und sich seither alleine durchgeschlagen habe,
dass er ungefähr ab (…) in Algerien gelebt und dort als (…) gearbeitet habe, bevor er genug Geld gespart und Algerien verlassen habe, um in der Schweiz zu leben,
dass der Beschwerdeführer ferner angibt, ausser Zahnproblemen, mithin fehlenden Zähnen, keine gesundheitlichen Probleme zu haben,
dass die dem Beschwerdeführer für das Asylverfahren zugeteilte Rechtsvertretung mit Eingabe vom 8. August 2024 das SEM darüber informierte, dass der Beschwerdeführer mit dem voraussichtlichen Entscheid nicht einverstanden sei,
dass das SEM das Asylgesuch des Beschwerdeführers mit Verfügung vom
9. August 2024 – gleichentags eröffnet – ablehnte sowie die Wegweisung aus der Schweiz und den Vollzug anordnete,
dass das SEM zur Begründung im Wesentlichen anführte, der Beschwerdeführer habe Algerien primär wegen fehlender wirtschaftlicher Perspektive verlassen, sei nach familiären Problemen früh auf sich alleine gestellt gewesen und habe ein schwieriges Leben gehabt, wobei er weder in Marokko noch in Algerien Probleme mit den Behörden gehabt habe, welche Gründe jedoch weder flüchtlingsnoch asylrelevant seien,
dass das SEM weiter ausführte, der Beschwerdeführer sei aufgrund seiner Schulbildung und seiner Sprachkenntnisse zumindest teilweise in Marokko sozialisiert worden, und dass sich die sozio-kulturellen Begebenheiten in Algerien und Marokko nicht derart unterscheiden würden, dass von einer kompletten Entwurzelung auszugehen sei, weshalb es ihm aufgrund seiner Berufserfahrung als (…) möglich sei, nach seiner Rückkehr nach Marokko dort seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und sich ein neues Leben aufzubauen,
dass das SEM sodann ausführte, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Zahnprobleme seien in seiner Heimat behandelbar, ein Vollzug der Wegweisung sei sodann zumutbar, technisch möglich und praktisch durchführbar,
dass die zugeteilte Rechtsvertretung ihr Mandat am 9. August 2024 beendete,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 19. August 2024 gegen den Asylentscheid vom 9. August 2024 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhob und dabei sinngemäss dessen Aufhebung und die Gewährung von Asyl beziehungsweise der vorläufigen Aufnahme beantragte, weil er nirgendwo sonst hin könne,
dass er ferner um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verzicht auf Erhebung eines Kostenvorschusses ersuchte,
dass die vorinstanzlichen Akten dem Bundesverwaltungsgericht am
20. August 2024 in elektronischer Form vorlagen,
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls – in der Regel und auch vorliegend – endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 VwVG) des SEM entscheidet (Art. 105 AsylG [SR 142.31] i.V.m. Art. 3133 VGG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG),
dass sich das Verfahren nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG richtet, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG),
dass der Beschwerdeführer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 105 AsylG und Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass die vorliegende Beschwerde zumindest teilweise nicht in einer Amtssprache des Bundes verfasst ist (Art. 70 Abs. 1 BV und Art. 33a Abs. 1 VwVG), jedoch auf die Ansetzung einer Frist zur Beschwerdeverbesserung im Sinne von Art. 52 Abs. 2 VwVG praxisgemäss Gründen verzichtet werden kann, zumal die englischsprachige Beschwerdebegründung verständlich ist, so dass ohne weiteres darüber befunden werden kann, wobei der Entscheid in deutscher Sprache ergeht (Art. 33a Abs. 2 VwVG),
dass zwar auch das hauptsächliche Rechtsbegehren – «der Nichteintretensentscheid sei aufzuheben und sein Asylgesuch sei in der Schweiz zu prüfen» sich nicht als formgerecht erweist, zumal das SEM auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers eingetreten ist und dieses materiell geprüft hat,
dass es sich allerdings um vorgedruckte Rechtsbegehren handelt und sich aus der Begründung hinreichend klar der Wille des nicht rechtlich vertretenen Beschwerdeführers ergibt, die angefochtene Verfügung vollumfänglich aufheben und abändern zu lassen,
dass auf den Antrag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung nicht einzutreten ist, weil diese der Beschwerde von Gesetzes wegen zukommt (Art. 55 Abs. 1 VwVG) und sie von der Vorinstanz auch nicht vorsorglich entzogen worden ist,
dass somit auf die fristund im Übrigen formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist (Art. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG),
dass sich die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG richten, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5),
dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG) und es sich, wie nachfolgend aufgezeigt wird, um ein solches Rechtsmittel handelt, weshalb das Urteil nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG auf einen Schriftenwechsel verzichtet wurde,
dass die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl gewährt (Art. 2 Abs. 1 AsylG), wobei Flüchtlinge Personen sind, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG),
dass die Flüchtlingseigenschaft nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden muss (Art. 7 AsylG),
dass die Flüchtlingseigenschaft glaubhaft gemacht ist, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält,
dass den zutreffenden Erwägungen des SEM in der angefochtenen Verfügung beizupflichten ist, zumal die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründe wirtschaftlicher und familiärer Natur sind,
dass es dem Beschwerdeführer mit dem Einwand, er sei alleine, weshalb er nicht verstehe, dass ihm kein Asyl gewährt werde offensichtlich nicht gelingt, die Flüchtlingseigenschaft nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen, weshalb das Staatssekretariat das Asylgesuch zu Recht abgelehnt hat,
dass die Ablehnung eines Asylgesuchs oder das Nichteintreten auf ein Asylgesuch in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge hat (Art. 44 AsylG), vorliegend insbesondere der Kanton keine Aufenthaltsbewilligung erteilt hat und zudem kein Anspruch auf Erteilung einer solchen besteht (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.), weshalb die verfügte Wegweisung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen steht und demnach vom Staatssekretariat ebenfalls zu Recht angeordnet wurde,
dass das SEM das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme regelt, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich ist (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AIG [SR 142.20]),
dass beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft gilt, das heisst, sie sind zu
beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.),
dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG),
dass keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden darf, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]),
dass der Vollzug der Wegweisung vorliegend in Beachtung dieser massgeblichen völkerund landesrechtlichen Bestimmungen zulässig ist, da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, weshalb das in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulement im vorliegenden Verfahren keine Anwendung findet,
dass sodann keine Anhaltspunkte für eine im Heimatoder Herkunftsstaat drohende menschenrechtswidrige Behandlung im Sinne von Art. 25 Abs. 3 BV, von Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 EMRK ersichtlich sind,
dass sich der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer als unzumutbar erweist, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind (Art. 83 Abs. 4 AIG),
dass weder die allgemeine Lage im Heimatbeziehungsweise Herkunftsstaat des Beschwerdeführers noch individuelle Gründe auf eine konkrete Gefährdung im Falle einer Rückkehr schliessen lassen,
dass das SEM insbesondere ausführlich und zutreffend ausgeführt hat, weshalb es dem jungen Beschwerdeführer möglich sein sollte, sich in Marokko wieder eine wirtschaftliche Lebensgrundlage aufzubauen und dass er auch seine medizinischen Probleme dort werde behandeln lassen können, sollte dies notwendig sein,
dass dem zuzustimmen ist und die Beschwerdeeinwände – sinngemäss, er werde in Marokko alleine leben müssen – offenkundig nicht zu einer anderen Gewichtung führen, zumal es sich bei ihm um eine volljährige Person handelt,
dass der Vollzug der Wegweisung demnach zumutbar ist,
dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers in den Heimatstaat schliesslich möglich ist, da keine Vollzugshindernisse bestehen (Art. 83 Abs. 2 AIG), und es dem Beschwerdeführer obliegt, bei der Beschaffung gültiger Reisepapiere mitzuwirken (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG und dazu auch BVGE 2008/34 E. 12),
dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und – soweit überprüfbar – angemessen ist, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist,
dass mit dem vorliegenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts das Gesuch des Beschwerdeführers betreffend Verzicht auf Erhebung eines Kostenvorschusses gegenstandslos geworden ist,
dass sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, dass die Beschwerde offensichtlich aussichtslos ist, weshalb das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung – unabhängig der finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers – aussichtslos und damit abzuweisen ist (Art. 65 Abs. 1 VwVG),
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 750.- (Art. 1–3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG).
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.
Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:
David R. Wenger Monique Schnell Luchsinger
Versand:
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