Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung V |
Dossiernummer: | E-2133/2024 |
Datum: | 11.09.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Asyl und Wegweisung |
Schlagwörter : | Verfahren; Verfahren; Vorinstanz; Recht; Bundes; Wegweisung; Schweiz; Verfügung; Beschwerdeführers; Person; Akten; Türkei; Bundesverwaltungsgericht; Urteil; Flüchtling; Gericht; Aufenthalt; Sachverhalt; Anspruch; BVGer; Staat; Provinz; Familie |
Rechtsnorm: | Art. 11 BV ; Art. 25 BV ; Art. 26 VwVG ; Art. 27 VwVG ; Art. 29 BV ; Art. 35 VwVG ; Art. 49 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 83 AIG ; Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | 126 II 377; 144 II 1 |
Kommentar: |
Abteilung V E-2133/2024
Besetzung Einzelrichterin Regina Derrer,
mit Zustimmung von Richter Manuel Borla; Gerichtsschreiberin Patricia Petermann Loewe.
Parteien A. , geboren am (…), Türkei,
vertreten durch MLaw Cordelia Forde,
Zürcher Beratungsstelle für Asylsuchende (ZBA), (…), Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Asyl und Wegweisung;
Verfügung des SEM vom 6. März 2024 / N (…).
Der kurdische Beschwerdeführer mit letztem Wohnsitz in der Provinz Diyarbakr reiste gemäss eigenen Angaben am (…) 2022 aus der Türkei aus und gelangte am (…) 2022 in die Schweiz, wo er am gleichen Tag um Asyl nachsuchte. Das SEM nahm am 18. Juli 2022 seine Personalien auf. Am 31. August 2022 wurde er dem erweiterten Verfahren zugeteilt und am
2. September 2022 dem Kanton B. zugewiesen.
Im Rahmen seiner Anhörung am 22. August 2022 brachte der Beschwerdeführer in persönlicher Hinsicht vor, er sei nur zwei Jahre zur Schule gegangen, weil er aus einer grossen Familie – sein Vater habe (…) Kinder mit zwei Ehefrauen – stamme. Seine Familie sei politisch aktiv gewesen, wobei sein Neffe derzeit in den Bergen sei, ein Cousin wegen Mitgliedschaft bei der PKK (Partiya Karkerên Kurdistanê) mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe bestraft worden sei und zwei weitere Verwandte vor einiger Zeit im Kampf gefallen seien. Im Jahr 2015 sei der Beschwerdeführer zwecks Arbeitsuche in der (…)branche nach C. gegangen. Später habe er auch in anderen Städten wie D. oder E. gearbeitet. Überall sei er als Kurde beleidigt und diskriminiert worden. Auch während seines Militärdienstes habe er stets Schikanen erleiden müssen.
Zwischen den Jahren 2012 und 2016 habe er an politischen Kundgebungen und am jährlichen Newroz-Fest teilgenommen sowie die HDP (Halklarn Demokratik Partisi) anlässlich der Wahlen unterstützt, weshalb er öfters bedroht worden sei. Seit 2013 oder 2014 sei er ausserdem auf Social Media aktiv. Von 2018 bis 2021 sei er wegen seinen politisch aktiven Verwandten vom Geheimdienst ferner mindestens (…) Mal aufgefordert worden, als Spitzel zu arbeiten, ansonsten er verhaftet würde. Im Jahr 2021, als er in der Provinzhauptstadt F. tätig gewesen sei, sei er in eine (…) geraten. Aufgrund einer Anzeige sei er für ein paar Stunden auf einem Polizeiposten festgehalten worden. Danach sei ein Verfahren gegen ihn eingeleitet worden, wobei er an einer Gerichtsverhandlung freigesprochen worden sei.
(…) Tage nach dem Ramadan-Fest im Jahr 2022 sei er wieder nach C. gegangen, um dort eine Arbeit zu finden. Dort habe er erfahren, dass ihn das Militär in seinem Heimatdorf gesucht habe. Da man ihn nicht gefunden habe, sei ein Festnahmebefehl ausgestellt worden. Er habe sich bis zum (…) 2022 bei seiner in C. wohnhaften Cousine versteckt,
dann habe ein Schlepper ihn nach G. gebracht, von wo aus er nach Griechenland gelangt sei. Dort habe er von seinem Anwalt erfahren, dass gegen ihn ein Untersuchungsverfahren eingeleitet worden sei.
An der Anhörung legte er unter anderem einen Antrag auf Ausstellung eines Vorführbefehls (Yakalama Emri Talebi) der Staatsanwaltschaft in H. vom (...) 2022 wegen Propaganda für eine terroristische Organisation und Beleidigung des Staatspräsidenten (Soruşturma No. [...]; A4 Bm. 6), sowie einen Vorführbefehl (Yakalama Emri) und einen Beschluss in sonstiger Sache (Deişik ş karar) des zuständigen Strafrichters in H. vom (...) in gleicher Sache (Soruşturma No. [...]; A4 Bm. 7 und Bm. 8) ins Recht.
Mit Eingabe vom 25. August 2022 reichte er Fotos der Newroz-Feierlichkeiten aus den Jahren 2014 und 2022 (in I. ; A4 Bm. 2 und Bm. 3), einen Screenshot seines E-Devlet-Auszugs (A4 Bm. 4) und einen Auszug aus einem Open-Source-Bericht (A4 Bm. 5) beim SEM ein.
Die eingereichten Justizdokumente aus H.
(A4 Bm. 6 bis
Bm. 8) wurden amtsintern analysiert. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2023 wurde dem Beschwerdeführer zum Ergebnis des Analyseberichts, die eingereichten Dokumente wiesen ein oder mehrere objektive Fälschungsmerkmale auf, das rechtliche Gehör gewährt.
Am 10. November 2023 reichte der Beschwerdeführer seine Stellungnahme beim SEM ein und rügte, dass der Abklärungsauftrag und das Analyseergebnis nicht rechtsgenüglich offengelegt worden seien, womit das Akteneinsichtsrecht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs verletzt sei. Sodann reichte er unter anderem einen Überweisungsbericht (Fezleke) der
Staatsanwaltschaft J.
vom (…) 2022 wegen Beleidigung des
Staatspräsidenten (Soruşturma No. […]; A4 Bm. 11) und als Anhang weitere Beweismittel wie polizeiliche Protokolle, Berichte und Schreiben aus dem Jahr 2022 (A4 Bm. 12 bis Bm. 14), Auszüge aus seinen Social MediaAccounts (A4 Bm. 15) und eine Liste mit Namen von türkischen Richtern und Richterinnen (A4 Bm. 17) bei der Vorinstanz ein.
Schliesslich informierte er das SEM über seine Absicht, K. , eine in der Schweiz niedergelassene Frau, so bald als möglich zu heiraten, und reichte eine Kopie des Gesuchs um Akteneinsicht (hinsichtlich eines
Ehevorbereitungsverfahrens) des Zivilstandsamtes der Stadt M. vom 22. Januar 2024 zuhanden der Vorinstanz ein.
Mit Verfügung vom 6. März 2024 verneinte das SEM die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers, lehnte sein Asylgesuch ab, wies ihn aus der Schweiz weg und ordnete den Vollzug der Wegweisung an.
Hiergegen reichte der Beschwerdeführer am 8. April 2024 durch seine rubrizierte Rechtsvertreterin eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein und beantragte, die Verfügung sei vollständig aufzuheben und er sei – unter Asylgewährung – als Flüchtling anzuerkennen; eventualiter sei er vorläufig aufzunehmen; subeventualiter sei die Sache zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung und zu neuer Entscheidfindung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht sei die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren, auf die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten und die mandatierte Rechtsvertreterin als amtliche Rechtsbeiständin zu bestellen.
Der Beschwerde lag eine Kopie des Scheidungsurteils von K. des Bezirksgerichts L. von (…) 2023, eine E-Mail des Zivilstandsamtes der Stadt M. vom 30. März 2024, diverse Fotos und eine Fürsorgebestätigung der AOZ Standort N. vom 25. März 2024 bei.
Mit Zwischenverfügung vom 15. April 2024 lehnte die zuständige Instruktionsrichterin die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Beiordnung eines amtlichen Rechtsbeistandes ab und forderte den Beschwerdeführer auf, einen Kostenvorschuss zu leisten. Dieser wurde fristgerecht am 22. April 2024 der Gerichtskasse eingezahlt.
Mit Eingabe vom 22. April 2024 wurde ein ärztliches Zeugnis des (…)spitals O. vom 19. April 2024 hinsichtlich der Schwangerschaft von K. eingereicht.
Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – wie auch vorliegend – endgültig (Art. 105 AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).
Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht worden. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und Art. 108 Abs. 2 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e AsylG). Wie nachstehend aufgezeigt, handelt es sich um eine solche, weshalb das Urteil nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.
Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs respektive der Begründungspflicht, da ihm keine Einsicht in den Analysebericht und die geltend gemachten Fälschungsmerkmale gewährt worden und die vorinstanzliche Abklärung betreffend die zu erwartende Strafe im
geltend gemachten türkischen Verfahren wegen Präsidentenbeleidigung spekulativ ausgefallen sei. Ferner habe das SEM den Sachverhalt hinsichtlich des Zivilstandes von K. – es sei davon ausgegangen, dass sie noch verheiratet sei – falsch festgestellt, da diese seit (…) 2023 geschieden sei. Diese formellen Rügen (vgl. Beschwerde Ziff. II.D) sind vorab zu prüfen.
Der Untersuchungsgrundsatz gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Asylverfahrens (Art. 12 VwVG i.V.m. Art. 6 AsylG). Demnach hat die Behörde von Amtes wegen für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen. Die Sachverhaltserstellung ist unvollständig, wenn nicht alle für den Entscheid rechtswesentlichen Sachumstände berücksichtigt werden, und unrichtig, wenn der Verfügung ein falscher und aktenwidriger Sachverhalt zugrunde gelegt wird oder Beweise falsch gewürdigt worden sind (vgl. KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, N. 1043). Zum Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) gehören das Recht auf Akteneinsicht (Art. 26 ff. VwVG) sowie die Begründungspflicht (Art. 35 Abs. 1 VwVG).
Die Vorinstanz unterzog die Justizdokumente betreffend das Verfahren in H. (A4 Bm. 6 bis Bm. 8) einer internen Dokumentenanalyse und stellte mehrere objektive Fälschungsmerkmale fest. In den entsprechenden Analysebericht vom 7. August 2023 hat sie dem Beschwerdeführer gestützt auf Art. 27 VwVG die Akteneinsicht verweigert; indes gewährte sie ihm mit Schreiben vom 27. Oktober 2023 das rechtliche Gehör zum Ergebnis der Analyse und brachte ihm den wesentlichen Inhalt zur Kenntnis (Art. 28 VwVG).
Das SEM hat den Bericht zu Recht nicht offengelegt, da dieser Angaben enthält, an deren Geheimhaltung ein wesentliches öffentliches Interesse besteht (Art. 27 Abs. 1 Bst. a VwVG). Insbesondere soll eine missbräuchliche Verwendung des Dokumentes durch den Beschwerdeführer oder eine missbräuchliche Weiterverwendung der besagten Informationen im Sinne eines Lerneffekts durch Drittpersonen in zukünftigen Asylverfahren vermieden werden (vgl. BVGE 2011/37 E. 5.4.4, Urteile BVGer D- 4041/2023 vom 18. Januar 2024 E. 5 und A-3147/2021 vom 24. August 2022 E. 3.2.4, je m.w.H.). Sodann hat die Vorinstanz dem Beschwerdeführer im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs vom 27. Oktober 2023 den wesentlichen Inhalt des Analyseergebnisses zur Kenntnis gebracht, indem es in hinreichender Form die Unstimmigkeiten offengelegt
und begründet hat, aufgrund welcher Umstände das SEM von einer Fälschung ausgegangen ist. Eine Verletzung des Akteneinsichtsrechts ist folglich nicht ersichtlich.
Auch die Rüge, das SEM habe die zu erwartende Strafe in der Türkei spekulativ begründet, schlägt fehl. Die Vorinstanz stellte diesbezüglich unter Hinweis auf die geltende Praxis und Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Verfügung (vgl. Ziff. II.2 [S. 6]) fest, dass es zum aktuellen Zeitpunkt offen sei, ob die vorgebrachten Ermittlungen wegen Präsidentenbeleidigung überhaupt fortgesetzt würden beziehungsweise worden seien respektive zur Eröffnung eines Gerichtsverfahrens oder einer späteren Verurteilung geführt hätten respektive führen würden. Dabei hat sie die eingebrachten Beweismittel (A4 Bm. 11 ff.) berücksichtigt und letztlich darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe aufgrund der Aktenlage nicht auszuschliessen sei, dass diese haltlos seien. Die Tatsache, dass die Vorinstanz bezüglich der flüchtlingsrechtlichen Relevanz des genannten Strafverfahrens nicht zu dem vom Beschwerdeführer erwünschten Ergebnis gelangt ist, beschlägt nicht die Begründungspflicht, sondern die materielle Würdigung.
Die vorinstanzliche Feststellung, K. sei «gegenwärtig mit einer anderen Person verheiratet» (vgl. Verfügung Ziff. III.1 [S. 10]), mag wohl im Zeitpunkt der Ausstellung der angefochtenen Verfügung nicht mehr richtig gewesen sein, jedoch verwies das SEM diesbezüglich ausdrücklich auf die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 10. November 2023, gemäss welcher K. sich «noch in einem Scheidungsprozess» befinde (A23 S. 6). Im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (Art. 8 AsylG) wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, bei der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken; dies gilt insbesondere für Tatsachen, die für die Behörden nicht leicht zugänglich sind. Folglich hätte er die Vorinstanz über die Scheidung von K. informieren müssen. Der nicht richtig festgestellte Sachverhalt ist daher nicht dem SEM anzulasten.
Die formellen Rügen erweisen sich nach dem Gesagten als unbegründet. Es besteht keine Veranlassung, die Sache aus diesen Gründen an die Vorinstanz zurückzuweisen, weshalb der Rückweisungsantrag abzuweisen ist.
Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im
Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 Abs. 2 AsylG).
Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
Das SEM begründete seine ablehnende Verfügung im Wesentlichen dahingehend, dass gestützt auf eindeutige Fälschungsmerkmale der Dokumente betreffend das Ermittlungsverfahren in H. (Soruşturma No. […]; A4 Bm. 6 bis Bm. 8) davon auszugehen sei, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, nach seiner Rückkehr werde er wegen diesem Verfahren der türkischen Justiz zugeführt, nicht glaubhaft sei. Dass, kurz nachdem ihm bezüglich der Fälschungsmerkmale am 27. Oktober 2023 das rechtliche Gehör gewährt worden sei, dieses Verfahren in H. plötzlich eingestellt und stattdessen ein neues Verfahren in J. (Provinz Diyarbakr) wegen Präsidentenbeleidung eröffnet worden sei, erscheine im Übrigen merkwürdig opportun. Gemäss den diesbezüglichen Akten (Soruşturma No. […]; A4 Bm. 11 ff.) bestehe dieses neue Verfahren schon seit (...) 2022 und damit schon seit mehr als einem Jahr, ohne dass der Beschwerdeführer das SEM jemals davon in Kenntnis gesetzt hätte. Aufgrund all dieser Umstände bestünden auch Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner weiteren Vorbringen. Den Akten betreffend das neu geltend gemachte Ermittlungsverfahren in J. in Sachen «Beleidigung des Staatspräsidenten» seien überdies keine Hinweise dafür zu entnehmen, dass ein Festnahmebeziehungsweise Vorführbefehl respektive Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer vorliege. Ferner sei erst ein Ermittlungsrespektive Untersuchungsverfahren, aber noch kein Gerichtsverfahren eröffnet worden. Der Beschwerdeführer habe diesbezüglich mithin mit erheblicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zeit keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung zu befürchten.
Darüber hinaus fehle es der vorgebrachten Aufforderung zur Spitzeltätigkeit von 2018 bis 2021 an der für die Asylrelevanz erforderlichen Intensität und Aktualität. Auch sein eigenes Verhalten spreche nicht dafür, dass er sich vor ernsthaften Behelligungen durch Geheimdienstmitarbeitende gefürchtet habe. So sei er zwar im Jahr 2015 nach C. gegangen, allerdings aus beruflichen Gründen. Zudem sei er bis zu seiner Ausreise im Jahr 2022 wiederholt in sein Dorf in der Provinz Diyarbakr zurückgekehrt. Bezüglich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Benachteiligungen und Schikanen, die er als Angehöriger der kurdischen Bevölkerung in der Türkei erlebt habe, hielt das SEM fest, dass es sich dabei nicht um ernsthafte Nachteile gemäss Art. 3 AsylG handle.
Schliesslich verfüge der Beschwerdeführer gemäss den Akten über kein politisches Profil. So habe er zwar angegeben, zwischen 2012 und 2016 während den Wahlen die HDP unterstützt zu haben. Allerdings sei er kein Mitglied dieser Partei gewesen. Der Umstand, dass gewisse seiner erweiterten Familienmitglieder in der PKK tätig gewesen seien, begründe noch kein politisches Profil seinerseits.
Zusammenfassend hielten die Vorbringen weder den Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft (Art. 3 AsylG) noch denjenigen an die Glaubhaftigkeit (Art. 7 AsylG) stand.
In der Beschwerde wurde bezüglich des noch hängigen Ermittlungsverfahrens (Soruşturma No. […]) wegen Präsidentenbeleidung eingewendet, aufgrund der Fluchtgefahr bestehe durchaus die Möglichkeit, dass die türkische Justiz ihn schon bei seiner Rückkehr inhaftieren werde, zumal er kein Ersttäter sei, wie die Vorinstanz fälschlicherweise behauptet habe. Es sei daran zu erinnern, dass im Jahr 2021 (…) ein Verfahren gegen ihn eingeleitet worden sei, das Urteil jedoch aufgeschoben worden sei. Aufgrund der bereits bestehenden Anklageschrift müsse ferner im aktuellen Verfahren wegen Präsidentenbeleidigung von einer Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe ausgegangen werden. Damit werde auch das politische Ziel, den aus einer politischen Familie stammenden Beschwerdeführer aufgrund seiner unbestrittenen politischen Aktivitäten zum Schweigen zu bringen, erreicht.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt nach Durchsicht der Akten zum Schluss, dass die angefochtene Verfügung zu stützen ist. Das SEM ist darin mit zutreffender Begründung zum Schluss gelangt, dass die Vorbringen
des Beschwerdeführers die Voraussetzungen von Art. 3 AsylG respektive Art. 7 AsylG nicht erfüllen. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann daher – mit den nachfolgenden Ergänzungen – auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden.
Hinsichtlich des Ermittlungsverfahrens in H.
(Soruşturma
No. […]) ist bereits deshalb nicht von einer flüchtlingsrechtlich relevanten Gefährdung auszugehen, weil der Beschwerdeführer sowohl in seiner Stellungnahme vom 10. November 2023 (S. 3) als auch auf Beschwerdeebene (vgl. Beschwerde Ziff. II.B.4.b [S. 8]) ausführte, aufgrund der Einstellung dieses Verfahrens sei dieses nicht mehr relevant.
In Bezug auf das neu geltend gemachte Verfahren wegen Präsidentenbeleidigung in J. (Soruşturma No. […]) ist weiterhin offen, ob die Staatsanwaltschaft die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Handlungen tatsächlich als strafrechtlich relevant erachten und Anklage erheben wird, zumal eine behauptete Anklageschrift nicht in den Akten liegt. Folglich ist auch weiterhin offen, ob das zuständige Gericht eine mögliche Anklage als begründet erachten und ein Gerichtsverfahren eröffnen wird, ob der Beschwerdeführer verurteilt und ob eine allfällige Verurteilung von den Rechtsmittelinstanzen bestätigt wird, zumal darauf hinzuweisen ist, dass lediglich ein Bruchteil der Social Media-Ermittlungsverfahren in der Türkei mit einer Verurteilung oder gar einer Haftstrafe enden (vgl. Urteil BVGer E-3593/2021 vom 8. Juni 2023 E. 6.2 m.w.H.).
Der Beschwerdeführer hat ferner als eine strafrechtlich unbelastete Person zu gelten, da das vorgebrachte Urteil aus dem Jahr 2021 nicht wie in der Beschwerdeschrift behauptet aufgeschoben wurde, sondern er gemäss seinen eigenen Aussagen freigesprochen wurde (A11 F53). Es ist daher nicht von vornherein vom Ausfällen einer unbedingten mehrjährigen Freiheitsstrafe auszugehen. Vielmehr dürfte diesfalls nach Praxis der türkischen Gerichte eine allfällige Haftstrafe bedingt ausgesprochen (Art. 51 des türkischen Strafgesetzbuches) respektive die Verkündigung des Strafurteils aufgeschoben werden (Art. 231 Abs. 5 der türkischen Strafprozessordnung; vgl. Urteil BVGer E-3568/2023 vom 19. September 2023 E. 7.2.5 m.w.H.). Nach diesen Feststellungen ist das auf Beschwerdestufe vorgebrachte Argument, der Beschwerdeführer werde bezüglich des hängigen Verfahrens wegen Fluchtgefahr mit Sicherheit in Untersuchungshaft kommen, zumal er kein Ersttäter sei, nicht überzeugend. Sodann verfügt er über kein geschärftes Profil, da sein politisches Engagement – zwischen den Jahren 2012 und 2016 habe er an politischen Kundgebungen und am
jährlichen Newroz-Fest teilgenommen sowie die HDP anlässlich von Wahlen unterstützt (A11 F18, 45, 55 und 76) – niederschwellig ist und schon länger zurückliegt.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich das auf den eingereichten Justizdokumenten betreffend das Strafverfahren wegen Präsidentenbeleidigung vermerkte Datum der Tat (suç tahiri: […] 2022) nicht mit den Aussagen des Beschwerdeführers anlässlich seiner Anhörung, wonach er seine letzten Posts in den Sozialen Medien in Griechenland veröffentlicht habe (A11 F27 und 52), vereinbaren lässt, da der Beschwerdeführer bereits am (…) 2022 in die Schweiz eingereist ist und sich somit am (…) nicht mehr in Griechenland aufgehalten haben kann.
Der vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den politischen Aktivitäten seiner Angehörigen geltend gemachten Aufforderung zur Spitzeltätigkeit durch den türkischen Geheimdienst fehlt es, wie von der Vorinstanz zu Recht festgestellt, an der Asylrelevanz, weshalb auch nicht von einer asylrelevanten Reflexverfolgung des Beschwerdeführers auszugehen ist.
Das Gericht verkennt nicht, dass Angehörige der kurdischen Bevölkerung in der Türkei regelmässig den Schilderungen des Beschwerdeführers entsprechenden Schikanen und Benachteiligungen ausgesetzt sind. Indessen führen solche allgemein die kurdische Bevölkerungsgruppe betreffenden Nachteile praxisgemäss nicht zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft, da sie die Schwelle der Asylrelevanz im Sinne von Art. 3 AsylG in der Regel nicht erreichen. Auch sind im Fall der Kurden in der Türkei die praxisgemäss sehr hohen Anforderungen an die Bejahung einer Kollektivverfolgung (vgl. BVGE 2014/32 E. 7.2 und 2013/21 E. 9, je m.w.H.) nicht als erfüllt zu erachten, dies auch unter Berücksichtigung der aktuellen politischen Entwicklungen in der Türkei (vgl. etwa Urteil BVGer E-3393/2023 vom 14. August 2023 E. 7.6 m.w.H.).
Zusammenfassend erweisen sich die Vorbringen des Beschwerdeführers nicht als flüchtlingsrechtlich relevant. Es ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, er würde bei der Rückkehr in die Türkei in naher Zukunft ernsthaften Nachteilen im Sinn von Art. 3 AsylG ausgesetzt. Es erübrigt sich, auf weitere Einwände in der Beschwerde einzugehen, weil sie zu keinem anderen Ergebnis führen. Das SEM hat zu Recht die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers verneint und sein Asylgesuch abgelehnt.
Gemäss Art. 44 AsylG verfügt die Vorinstanz in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz, wenn sie das Asylgesuch ablehnt oder darauf nicht eintritt; sie berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie.
Im Asylverfahren ist die Wegweisung namentlich dann nicht zu verfügen, wenn die asylsuchende Person im Besitz einer gültigen Niederlassungsoder Aufenthaltsbewilligung ist (Art. 32 Bst. a der Asylverordnung 1 über Verfahrensfragen [AsylV 1, SR 142.311]) oder ein grundsätzlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung besteht, wobei die kantonale Migrationsbehörde zuständig ist, über den tatsächlichen Anspruch zu befinden (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; EMARK 2006 Nr. 23 E. 3.2 und E-
MARK 2001 Nr. 21 E. 9). Ist die asylsuchende Person nicht im Besitz einer Aufenthaltsoder Niederlassungsbewilligung, ist im Asylverfahren mit Blick auf die mögliche Zuständigkeit der kantonalen Migrationsbehörden daher vorfrageweise zu prüfen (vgl. EMARK 2001 Nr. 21 E. 10), ob die asylsuchende Person sich im Sinne von Art. 14 Abs. 1 AsylG auf einen grundsätzlichen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung berufen kann. Soweit nicht das Gesetz oder das Freizügigkeitsabkommen einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vermittelt, kommt als Anspruchsgrundlage Art. 8 EMRK in Frage. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung besagt hierzu, dass Ausländerinnen und Ausländern gestützt auf den in Art. 8 EMRK und Art. 13 BV gewährleisteten Schutz des Familienlebens ein potentieller Anspruch auf Aufenthalt in der Schweiz erwächst, wenn eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung vorliegt. Weiter muss es sich beim in der Schweiz lebenden Familienmitglied grundsätzlich um eine hier gefestigt anwesenheitsberechtigte Person handeln. Letzteres ist der Fall, wenn diese das Schweizer Bürgerrecht besitzt, ihr die Niederlassungsbewilligung gewährt wurde oder sie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, die ihrerseits auf einem gefestigten Rechtsanspruch beruht. Zu den Familienbeziehungen, die nach dem Bundesgericht unter den Schutz von Art. 8 Abs. 1 EMRK fallen, gehört neben jener zwischen den Gatten auch jene zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1 und 139 I 330 E. 2.1, je m.w.H.). Die im Asylverfahren angeordnete Wegweisung wird demzufolge praxisgemäss aufgehoben, wenn erstens ein potentieller Anspruch gestützt auf Art. 8 EMRK vorfrageweise bejaht wird, zweitens die betroffene Person an die zuständige kantonale Migrationsbehörde ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gerichtet hat und drittens dieses Gesuch noch hängig ist.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine ausländerrechtliche Niederlassungsoder Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Er machte jedoch geltend, mit K. , die über eine Niederlassungsbewilligung verfüge und welche von ihm schwanger sei, eine Partnerschaft zu führen. Sie beabsichtigten zu heiraten, weswegen sie ein Gesuch um Vorbereitung der Eheschliessung eingereicht hätten. Somit ist vorfrageweise ein Anspruch gestützt auf Art. 8 EMRK zu prüfen.
Zwar haben der Beschwerdeführer und K.
am 22. Januar
2024 beim Zivilstandsamt der Stadt M. ein Ehevorbereitungsverfahren in die Wege geleitet. Aus den Akten sind jedoch keine konkreten Anhaltspunkte zu erkennen, wonach die beiden Personen in einer hinreichend engen, tatsächlich gelebten und intakten Beziehung leben, welche als dauerhafte und stabile Partnerschaft zu verstehen ist (vgl. hierzu statt vieler Urteil BVGer D-1869/2017 vom 6. August 2018 E. 5.5 f. m.w.H.). Die Schwangerschaft von K. ist nicht als ein solcher Anhaltspunkt zu bezeichnen, zumal sich diese im Laufe des Verfahrens nie zu ihrer Beziehung zum Beschwerdeführer geäussert hat. Sodann hat der Beschwerde- führer, welcher in P. (N. ) wohnhaft ist, seine gemäss dem Zentralem Migrationsinformationssystem (ZEMIS) in Q und damit nicht im selben Haushalt wohnhafte Partnerin erstmals in seiner Stellungnahme vom 10. November 2023 erwähnt. Schliesslich wurde auch keine gegenseitige Unterstützung geltend gemacht, die als finanziell massgeblich bezeichnet werden könnte. All dies lässt nicht auf eine partnerschaftliche und stabile Beziehung schliessen, die seit Längerem eheähnlich gelebt wird. Folglich kann sich der Beschwerdeführer nicht auf Art. 8 EMRK berufen.
Nach dem Gesagten verfügte die Vorinstanz die Wegweisung zu Recht. Diesbezüglich ist sodann festzustellen, dass die Wegweisung (und deren Vollzug) keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Eheschliessung gemäss Art. 12 EMRK darstellt, zumal die Weiterführung des Ehevorbereitungsverfahrens nicht zwingend die Anwesenheit des Beschwerdeführers in der Schweiz voraussetzt (vgl. Art. 62 ff. der Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004 [ZStV, SR 211.112.2]) und es ihm zuzumuten ist, dessen Ausgang sowie den Ausgang eines damit zusammenhängenden migrationsrechtlichen Verfahrens im Ausland abzuwarten (vgl. hierzu statt vieler Urteil BVGer E-3744/2025 vom 27. August 2015 E. 7.1).
Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG).
So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]).
Gemäss Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend darauf hin, dass das Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulement nur Personen schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann der in Art. 5 AsylG verankerte Grundsatz der Nichtrückschiebung im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Heimatstaat ist demnach unter dem Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.
Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerdeführers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer
Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des UN-Anti-Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr («real risk») nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. Urteil des EGMR Saadi gegen Italien 28. Februar 2008, Grosse Kammer 37201/06, § 124 ff. m.w.H.). Nach den vorstehenden Ausführungen gelingt ihm das nicht. Auch die allgemeine Menschenrechtssituation im Heimatstaat lässt den Wegweisungsvollzug zum heutigen Zeitpunkt nicht als unzulässig erscheinen.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die geltend gemachte Schwangerschaft der Partnerin des Beschwerdeführers auch mit Blick auf die Verpflichtungen der Schweiz aus der Kinderrechtskonvention (KRK; SR 0.107) dem Wegweisungsvollzug nicht entgegensteht. Bei der Definition des «Kindes» in Art. 1 KRK wurde die Frage der Anwendung des Übereinkommens auf das ungeborene Kind bewusst offen gelassen und der Entscheid über den Beginn des rechtlichen Schutzes für das Kind den Vertragsparteien überlassen (vgl. BBl 1994 V 12; JUDITH WYTTENBACH, Grundund Menschenrechtskonflikte zwischen Eltern, Kind und Staat, Schutzpflichten des Staates gegenüber Kindern und Jugendlichen aus dem internationalen Menschenrechtsschutz und der Bundesverfassung [Art. 11], Diss., Basel 2006, S. 299 f.). Es besteht kein Grund zur Annahme, dass in der Schweiz eine Ausdehnung des Schutzbereichs der Kinderrechtskonvention auf ungeborene Kinder befürwortet wird. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf Art. 11 Abs. 1 BV hinzuweisen. Mit dieser Bestimmung verfolgte der Verfassungsgeber unter anderem den Zweck, die in der KRK verbrieften Rechte in allgemeiner Form im Grundrechtsteil zu verankern und diese damit auch durch die Bundesverfassung zu garantieren (vgl. BGE 126 II 377 E. 5.d). Gemäss herrschender Lehre fallen Nascituri nicht unter den Begriff «Kinder und Jugendliche» im Sinne von Art. 11 Abs. 1 BV (vgl. JUDITH WYTTENBACH, Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, Ehrenzeller/Egli/Hettich/Hongler/Schindler/Schnmid/Schweizer [Hrsg.], 4. Aufl. 2023, Art. 11 BV N. 7 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts).
Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung sowohl im Sinne der asylals auch der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.
Gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AIG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren.
Auch unter Berücksichtigung des Wiederaufflammens des türkischen Konflikts sowie der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen der PKK und den staatlichen Sicherheitskräften seit Juli 2015 im Südosten des Landes und der Entwicklungen nach dem Militärputschversuch im Juli 2016 ist gemäss konstanter gerichtlicher Praxis nicht von einer Situation allgemeiner Gewalt oder bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen in der gesamten Türkei (mit der vorliegend nicht relevanten Ausnahme der Provinzen Hakkâri und Şrnak [vgl. dazu BVGE 2013/2 E. 9.6]) auszugehen (vgl. statt vieler Urteil BVGer E-5566/2020 vom 30. August 2023 E. 10.4.1 sowie Referenzurteil BVGer E-1948/2018 vom 12. Juni 2018 E. 7.3.1, je m.w.H.).
Sodann haben schwere Erdbeben im Südosten der Türkei Anfang Februar 2023 zur Zerstörung weiter Teile der Infrastruktur geführt. ln der Folge rief der türkische Präsident Erdoan den Ausnahmezustand in den elf betroffenen Provinzen (Kahramanmaraş, Hatay, Gaziantep, Osmaniye, Malatya, Adyaman, Adana, Diyarbakr, Kilis, Şanlurfa und Elaz) aus. Das SEM stellte dazu fest, dass in der Zwischenzeit zahlreiche Personen in ihre Herkunftsprovinz zurückgekehrt seien. Aufgrund der aktuellen Lage sei die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs in die von den Erdbeben betroffenen Provinzen individuell in jedem Einzelfall zu prüfen (vgl. hierzu das Referenzurteil BVGer E-1308/2023 vom 19. März 2024 E. 10 f.).
Der Beschwerdeführer ist ein junger und grundsätzlich gesunder Mann (A11 F5 und 30 ff.), der ursprünglich aus der vom Erdbeben betroffenen Provinz Diyarbakr stammt. Er selber hat ab dem Jahr 2015 auch in weiteren türkischen Städten wie C. (wo sein Onkel R und weitere Verwandte leben [A11 F12, 22 und 28]), F. , D. oder E. als (…) gearbeitet (A11 F7, 20 f. und 53), weshalb das Bestehen einer innerstaatlichen Aufenthaltsalternative in einer nicht vom Erdbeben betroffenen Region bejaht werden kann. Aufgrund dieser Sachlage ist nicht davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr in die Türkei in eine existentielle Notlage geraten würde. Folglich sind auch aus
individueller Sicht keine Gründe ersichtlich, welche gegen einen Wegweisungsvollzug sprechen.
Nach dem Gesagten erweist sich der Vollzug der Wegweisung auch als zumutbar.
Schliesslich obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der zuständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG und dazu auch BVGE 2008/34 E. 12), weshalb der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist (Art. 83 Abs. 2 AIG).
Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1–4 AIG).
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und – soweit diesbezüglich überprüfbar – angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 750.– festzusetzen (Art. 1–3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Der am 22. April 2024 in gleicher Höhe geleistete Kostenvorschuss ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 750.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der in gleicher Höhe geleistete Kostenvorschuss wird zu deren Bezahlung verwendet.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.
Die Einzelrichterin: Die Gerichtsschreiberin:
Regina Derrer Patricia Petermann Loewe
Versand:
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