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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-6015/2022

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts D-6015/2022

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-6015/2022
Datum:31.07.2024
Leitsatz/Stichwort:Datenschutz
Schlagwörter : Geburt; Geburtsdatum; Alter; Person; ZEMIS; Bulgarien; Daten; Beschwerdeführers; Recht; Verfügung; Schweiz; Österreich; Verfahren; Bundesverwaltungsgericht; Datum; Minderjährigkeit; Personalien; Personen; Personendaten; Dokument; Behörden; Richtigkeit; Vorinstanz; Geburtsdatums
Rechtsnorm: Art. 25 DSG ;Art. 26 VwVG ;Art. 29 BV ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 61 VwVG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;
Referenz BGE:135 II 286
Kommentar:

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-6015/2022

U r t e i l v o m 3 1 . J u l i 2 0 2 4

Besetzung Richterin Nina Spälti Giannakitsas (Vorsitz), Richterin Camilla Mariéthoz Wyssen, Richterin Susanne Bolz-Reimann, Gerichtsschreiber Constantin Hruschka.

Parteien A. , geboren am (…)

(Datumseintrag bestritten), Afghanistan,

vertreten durch MLaw LL.M. Fabian Baumer-Schuppli, HEKS Rechtsschutz Bundesasylzentren Ostschweiz, (…),

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Datenschutz (Änderung von Personendaten im Zentralen Migrationsinformationssystem [ZEMIS]);

Verfügung des SEM vom 19. Dezember 2022 / N (…).

Sachverhalt:

A.

Der Beschwerdeführer stellte am 29. Juli 2022 in der Schweiz ein Asylgesuch. Dabei gab er an, er sei am (…) 2005 (Personalienblatt) beziehungsweise am (…) 2005 (Erstbefragung) geboren und damit minderjährig.

B.

Ein Abgleich mit der europäischen Fingerabdruck-Datenbank (Eurodac) ergab, dass der Beschwerdeführer bereits am (…) Juni 2022 in Bulgarien und am (…) Juli 2022 in Österreich um Asyl ersucht hatte.

C.

Am (…) August 2022 gelangte das SEM mit Informationsersuchen bezüglich des Asylverfahrens des Beschwerdeführers an Bulgarien und Österreich, in denen es jeweils um Informationen zum angegebenen Alter und zu allfälligen abgegebenen Dokumenten ersuchte.

Am (…) August 2022 antworteten die bulgarischen Behörden, der Beschwerdeführer sei aufgrund seiner in Bulgarien gemachten Angaben als erwachsene Person mit dem Namen B. und dem Geburtsdatum (…) Mai 2004 registriert.

Am (…) August 2022 antworteten die österreichischen Behörden, dass der Beschwerdeführer in Österreich als unbegleiteter Minderjähriger mit dem Namen C. (Anm.: phonetisch sehr ähnlich zu A. _) und dem Geburtsdatum (…) Januar 2005 registriert sei. Die geplante Altersfeststellung sei aufgrund seines Untertauchens nicht durchgeführt worden.

D.

Am 23. September 2022 führte das SEM eine Erstbefragung für unbegleitete Minderjährige (EB UMA) durch. Es stellte dem Beschwerdeführer Fragen zur Biographie, Identitätsdokumenten, der Familie und Ausreise sowie zum Reiseweg und zu den Gesuchsgründen. Zudem wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass aufgrund der unterschiedlichen Altersangaben in Bulgarien und Österreich sowie aufgrund seines Aussehens eine

rechtsmedizinische Altersabklärung durch das Institut D. in

E. durchgeführt werde. In diesem Zusammenhang wurden ihm medizinische Zusatzfragen zur Altersabklärung gestellt. Anlässlich der EB UMA zeigte der Beschwerdeführer Fotos eines Impfausweises, der den (…) 1384 (Anm.: islamischer Zeitrechnung – entspricht dem […] April 2005) als Geburtsdatum ausweist, welche zu den Akten genommen wurden.

E.

Am (…) September 2022 ersuchte das SEM mit zwei separaten Übernahmeersuchen sowohl Bulgarien als auch Österreich um die Übernahme des Beschwerdeführers zur Durchführung des Asylverfahrens und verwies dabei auf die Erfassung des Beschwerdeführers als volljährige Person durch die bulgarischen Behörden.

F.

Am (…) 2022 wurde durch das Institut D. in E. im Auftrag des SEM eine medizinische Altersabklärung durchgeführt (Altersgutachten vom […] 2022), gemäss welcher sich für den Beschwerdeführer gestützt auf eine rechtsmedizinische körperliche Untersuchung, Röntgenbilder der Hand, einer Computertomographie der Schlüsselbeine und einer zahnärztlichen Altersschätzung durch das Zentrum F. in G. «ein durchschnittliches Lebensalter von 18 bis 22 Jahren» ergebe. In Zusammenschau aller Untersuchungsbefunde ergebe sich beim Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Untersuchung ([…] 2022) ein Mindestalter von 17 Jahren und (…) Monaten, weshalb das von ihm angegebene Geburtsdatum (Lebensalter 17 Jahre und […] Monate) «gemäss der aktuellen wissenschaftlichen Studienlage» zutreffen könne.

G.

Am (…) Oktober 2022 lehnten die österreichischen Behörden eine Übernahme des Beschwerdeführers ab und wiesen darauf hin, dass sie «in Anbetracht des Grundsatzes in dubio pro minore» der Ansicht seien, der Beschwerdeführer sei als Minderjähriger zu betrachten.

H.

Am (…) Oktober 2022 übersandte das SEM das erstellte Altersgutachten an die bulgarischen Behörden und wies auf das am (…) 2022 gestellte Übernahmeersuchen hin.

Am (…) Oktober 2022 lehnten die bulgarischen Behörden unter Hinweis auf ihre am (…) September 2022 versandte Ablehnung des am 7. September 2022 von Österreich gestellten Übernahmeersuchens und die dadurch auf Österreich übergegangene Zuständigkeit eine Wiederaufnahme des Beschwerdeführers ab.

I.

Am (…) Oktober 2022 hielt das SEM in einer Aktennotiz fest, dass das Dublin-Verfahren aufgrund der ablehnenden Antwort der bulgarischen

Behörden beendet und ein nationales Asylverfahren durchgeführt werde, da «mit dem Ergebnis des Mindestalters im Altersgutachten von 17.6 Jahren» das Dublin-Verfahren mit Österreich nicht mehr weiterverfolgt werden könne.

J.

Im Rahmen der am 8. Dezember 2022 durchgeführten Anhörung stellte das SEM dem Beschwerdeführer unter anderem auch Fragen zu seinen Altersangaben in Bulgarien und gewährte ihm das rechtliche Gehör zu einer allfälligen Altersanpassung.

Der Beschwerdeführer sprach sich dabei gegen die geplante Anpassung aus und begründete dies unter anderem damit, dass eine unterschiedliche Erfassung seines Geburtsdatums in Afghanistan und in der Schweiz für ihn Nachteile haben könne.

K.

Am 15. Dezember 2022 wurde der Entwurf des ablehnenden Asylentscheides der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zur Stellungnahme ausgehändigt. Zu diesem nahm er über seine Rechtsvertretung am 16. Dezember 2022 Stellung.

L.

Das SEM verneinte mit Verfügung vom 19. Dezember 2022 – gleichentags eröffnet – die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers, lehnte dessen Asylgesuch vom 29. Juli 2022 ab und ordnete seine Wegweisung aus der Schweiz an. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs vorläufig aufgenommen.

In Dispositivziffer 8 dieser Verfügung hielt das SEM fest, die Hauptidentität im ZEMIS laute fortan «A. , geb. 1. Januar 2004» und sei mit einem Bestreitungsvermerk versehen. Die Änderung im ZEMIS erfolgte nach Aktenlage am 14. Dezember 2022.

M.

Der Beschwerdeführer erhob mit Eingabe vom 27. Dezember 2022 ausschliesslich gegen den Eintrag des Geburtsdatums auf den 1. Januar 2004 im ZEMIS gemäss Dispositivziffer 8 der Verfügung des SEM beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Er beantragte die Aufhebung der Verfügung des SEM in der Dispositivziffer 8 sowie die Belassung seines Geburtsdatums im ZEMIS auf den (…) April 2005; eventualiter die Aufhebung der Dispositivziffer 8 und die Setzung seines Geburtsdatums im ZEMIS auf

den (…) Januar 2005; subeventualiter die Aufhebung der Verfügung und eine Zurückweisung zur Neubeurteilung an die Vorinstanz. Darüber hinaus beantragte er, es sei festzustellen, dass die Dispositivziffer 8 der Verfügung das Recht auf rechtliches Gehör verletzt. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragte er, dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung zukommt und sein Geburtsdatum im ZEMIS während der Dauer des Beschwerdeverfahrens auf den (…) April 2005 zu lauten habe sowie die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung inklusive Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.

N.

Mit Zwischenverfügung vom 19. Januar 2023 hiess das Bundesverwaltungsgericht das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung gut.

Gleichzeitig wies es das Gesuch, für die Dauer des Beschwerdeverfahrens das Geburtsdatum (…) April 2005 im ZEMIS unter der Rubrik Hauptidentität zu belassen respektive dieses umgehend wieder einzutragen, ab und lud das SEM zur Vernehmlassung ein.

O.

In seiner Vernehmlassung vom 1. Februar 2023 hielt das SEM hinsichtlich des Beschwerdegegenstandes vollumfänglich an seinen Erwägungen fest.

P.

Mit Replik vom 17. Februar 2023 nahm der Beschwerdeführer zur Vernehmlassung Stellung.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Da keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt, ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, sofern das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

    2. Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist einzutreten.

2.

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet hinsichtlich der gerügten ZEMIS-Änderung mit uneingeschränkter Kognition. Es überprüft die angefochtene Verfügung somit auf die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie auf die Unangemessenheit hin (Art. 49 VwVG). Gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG ist es nicht an die Begründung der Begehren gebunden.

3.

Aus den Akten geht hervor, dass seit dem 14. Dezember 2022 im ZEMIS unter der Rubrik der Hauptidentität der 1. Januar 2004 als Geburtsdatum des Beschwerdeführers verzeichnet und mit einem Bestreitungsvermerk (ausgewiesen durch eine grafische Kennzeichnung des Datums) hätte versehen werden sollen. Dieser ist allerdings im ZEMIS aktuell nicht sichtbar. Das zuvor an dieser Stelle geführte Datum ([…] April 2005) wird seither im ZEMIS unter der Rubrik einer Nebenidentität geführt.

4.

    1. Der Beschwerdeführer verlangt eventualiter die Feststellung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Verfügung vom 19. Dezember 2022. Dabei bringt er vor, die Änderung der Daten im ZEMIS am 14. Dezember 2022 sei unter Verletzung seiner Verfahrensrechte vorgenommen worden. Er macht insbesondere geltend, er habe nicht ausreichend Gelegenheit gehabt, sich vor der Änderung des Geburtsdatums in der Rubrik Hauptidentität zu dieser zu äussern. Diese formelle Rüge ist vorab zu behandeln, da sie zu einer Kassation führen kann.

    2. Der in Art. 29 Abs. 2 BV garantierte und in den Art. 26 – 33 VwVG konkretisierte Grundsatz des rechtlichen Gehörs umfasst alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (vgl. BGE 135 II 286 E. 5.1; BVGE 2009/35 E. 6.4.1).

    3. Das Gericht kommt vorliegend zum Schluss, dass der Beschwerdeführer mit seiner Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ins Leere stösst. Ihm wurde im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens mehrfach die Gelegenheit geboten, zu einer allfälligen Volljährigkeit und einer damit verbundenen Anpassung seiner Daten Stellung zu nehmen. Dass ihm dazu auch

      im Rahmen der Anhörung zu den Asylgründen erneut Fragen gestellt wurden, ist entgegen der Beschwerdevorbringen in keiner Weise zu beanstanden und widerspricht auch nicht dem Grundsatz der Verfahrensfairness. Entsprechende Rückfragen sind zur Erstellung des Sachverhaltes vielmehr geboten und auf jeder Stufe des Verfahrens möglich. Dass im Rahmen des rechtlichen Gehörs nicht explizit erwähnt wurde, dass das Geburtsdatum auf den 1. Januar 2004 angepasst werden könnte, spielt dabei keine wesentliche Rolle. Schliesslich ist auch nicht zu beanstanden, dass die Anpassung im ZEMIS bereits am 14. Dezember 2022 und damit kurz vor Erlass der angefochtenen Verfügung erfolgte. Da der Erlass der Verfügung sowie die Anpassung im ZEMIS zeitlich sehr nah beieinander lagen, kann an dieser Stelle offen bleiben, wie das SEM korrekterweise vorzugehen hätte (vgl. etwa Urteile des Bundesverwaltungsgerichts D-333/2023 vom 20. Februar 2023 E. 6.3. sowie D-4665/2021 und D-4686/2021 vom 30. November 2022, anders jedoch Urteile A-3184/2022 vom 17. August 2022 E. 4.5; E-319/2023 vom 24. Januar 2023; E-6604/2023 vom 11. Dezember

      2023; D-5818/2023 vom 21. Dezember 2023 oder E-270/2024 vom 11.

      März 2024).

    4. Auch der Einwand, das SEM habe seine Begründungspflicht verletzt, indem es die Elemente zu wenig berücksichtigte, die für die Minderjährigkeit sprechen würden, vermag nicht zu überzeugen. Das SEM hat genügend dargelegt, weshalb es zum Schluss gelangte, der Beschwerdeführer habe die Volljährigkeit bereits erreicht und der Beschwerdeführer war denn auch in der Lage, sich eingehend mit den entsprechenden Argumenten auseinanderzusetzen. Ob diese Einschätzung zu Recht erfolgte, ist nicht Gegenstand der formellen Prüfung.

    5. Immerhin ist anzumerken, dass die Befragung nur knapp den spezifischen Anforderungen zur Befragung von unbegleiteten Minderjährigen zu genügen vermag (vgl. BVGE 2014/30 E. 2.3 m.w.H.). Das Bemühen seitens der befragenden Person, zu Beginn der Anhörung ein Klima des Vertrauens zu schaffen und eine wohlwollende und neutrale Haltung einzunehmen, kann nicht recht erkannt werden, wurde doch der Beschwerdeführer gleich zu Beginn, mit Widersprüchen und Ungereimtheiten konfrontiert (vgl. Akten der Vorinstanz [nachfolgend act.] […]). Den Protokollen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer dadurch nicht in der Lage gewesen wäre, seine Lebensumstände vollständig darzustellen. Letztlich wurden dem Beschwerdeführer die wesentlichen Fragen gestellt und genügend Raum gegeben, entsprechende Aussagen zu machen. Von

      einem ungenügend erstellten Sachverhalt oder der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes kann daher nicht ausgegangen werden.

    6. Der Antrag zur Aufhebung der Dispositivziffer 8 und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung ist deshalb abzuweisen und das Gericht hat in der Sache selber zu entscheiden (vgl. Art. 61 Abs. 1 VwVG).

5.

    1. Die Vorinstanz führt zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben das ZEMIS, welches der Bearbeitung von Personendaten aus dem Ausländerund dem Asylbereich dient (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 des Bundesgesetzes über das Informationssystem für den Ausländerund den Asylbereich vom

      20. Juni 2003 [BGIAA, SR 142.51]) und in der Verordnung über das Zentrale Migrationsinformationssystem vom 12. April 2006 (ZEMIS-Verordnung, SR 142.513) näher geregelt ist. Nach Art. 19 Abs. 1 ZEMIS-Verordnung richten sich die Rechte der Betroffenen, insbesondere deren Auskunfts-, Berichtigungsund Löschungsrecht sowie das Recht auf Informationen über die Beschaffung besonders schützenswerter Personendaten, nach dem Datenschutzgesetzt (DSG, SR 235.1) und dem VwVG.

    2. Wer Personendaten bearbeitet, hat sich über deren Richtigkeit zu vergewissern (Art. 5 Abs. 1 DSG). Werden Personendaten von Bundesorganen bearbeitet, kann jede betroffene Person insbesondere verlangen, dass unrichtige Personendaten berichtigt werden (Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 25 Abs. 3 Bst. a DSG). Ist die Unrichtigkeit erstellt, besteht auf die Berichtigung ein uneingeschränkter Anspruch (vgl. Urteil des Bundesgerichts [BGer] 1C_224/2014 vom 25. September 2014 E. 3.1). Die ZEMIS-Verordnung sieht in Art. 19 Abs. 3 ausdrücklich vor, dass unrichtige Daten von Amtes wegen zu berichtigen sind.

    3. Grundsätzlich hat die das Berichtigungsbegehren stellende Person die Richtigkeit der von ihr verlangten Änderung, die Bundesbehörde im Bestreitungsfall dagegen die Richtigkeit der von ihr bearbeiteten Personendaten zu beweisen (Urteil des BGer 1C_240/2012 vom 13. August 2012

E. 3.1; BVGE 2013/30 E. 4.1). Nach den massgeblichen Beweisregeln des VwVG gilt eine Tatsache als bewiesen, wenn sie in Würdigung sämtlicher Erkenntnisse so wahrscheinlich ist, dass keine vernünftigen Zweifel bleiben; unumstössliche Gewissheit ist dagegen nicht erforderlich.

Kann weder die Richtigkeit der bisherigen noch diejenige der neuen Personendaten bewiesen werden, dürfen grundsätzlich weder die einen noch die anderen Daten bearbeitet werden (vgl. Art. 5 Abs. 1 DSG). Dies ist jedoch nicht immer möglich, müssen doch bestimmte Personendaten zur Erfüllung wichtiger öffentlicher Aufgaben notwendigerweise bearbeitet werden. Dies gilt namentlich auch für die im ZEMIS erfassten Daten zur Identität. Sofern das öffentliche Interesse an der Bearbeitung möglicherweise unzutreffender Daten das Interesse an deren Richtigkeit überwiegt, sieht Art. 25 Abs. 2 DSG die Anbringung eines Vermerks vor, in dem darauf hingewiesen wird, dass die Richtigkeit der bearbeiteten Personendaten bestritten ist. Spricht dabei mehr für die Richtigkeit der neuen Daten, sind die bisherigen Angaben zunächst zu berichtigen und die neuen Daten anschliessend mit einem derartigen Vermerk zu versehen. Ob die vormals eingetragenen Angaben weiterhin abrufbar bleiben sollen oder ganz zu löschen sind, bleibt grundsätzlich der Vorinstanz überlassen. Verhält es sich umgekehrt, erscheint also die Richtigkeit der bisher eingetragenen Daten als wahrscheinlicher oder zumindest nicht als unwahrscheinlicher, sind diese zu belassen und mit einem Bestreitungsvermerk zu versehen. Über das Anbringen des Bestreitungsvermerks ist jeweils von Amtes wegen und unabhängig davon zu entscheiden, ob ein entsprechender Antrag gestellt worden ist (vgl. Urteil des BVGer A-7615/2016 vom 30. Januar 2018 E. 3.5; Urteil des BGer 1C_240/2012 vom 13. August 2012 E. 3.2).

6.

    1. Die Vorinstanz hat in Bezug auf das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Geburtsdatum im Wesentlichen festgehalten, er sei nicht in der Lage gewesen, die von ihm behauptete Minderjährigkeit glaubhaft und substantiiert darzulegen. Dies liege insbesondere an den unterschiedlichen Daten, die er zu seinem Alter im Laufe des Verfahrens und seines Aufenthalts in Europa angegeben habe. So sei auf dem von ihm unterschriebenen Personalienblatt – welches er gemäss der darauf festgehaltenen Informationen selbst ausgefüllt habe – als Geburtstag der (…) Januar 2005 vermerkt. In der EB UMA habe er hingegen angegeben am (…) 1384 ([…] April 2005) geboren zu sein, und dazu ausgeführt, dass er dieses Datum von seiner Mutter erfahren habe, als er diese telefonisch kontaktiert habe. Das Telefonat habe etwa 20 Tage vor der EB UMA stattgefunden, in diesem Kontext habe er ausgeführt, seine Identitätsdokumente und seine Tazkira seien von den Taliban mitgenommen worden, weswegen sein Geburtsdatum lediglich in einem Koran zu finden gewesen sei.

      Im Rahmen der EB UMA habe er darüber hinaus auf die Frage, welche Personalien er in Bulgarien angegeben habe, gesagt, er habe sich in Bulgarien mit dem Alter von 17 Jahren und mit den gleichen Personalien wie in der Schweiz registriert. In Wirklichkeit sei er jedoch in Bulgarien unter den Personalien B. , geboren am (…) Mai 2004, registriert worden, weshalb ihm dieser Widerspruch vorgehalten worden sei. Auf den Vorhalt habe er angegeben, der Dolmetscher in Bulgarien habe Paschtu gesprochen und er habe diesem einfach gesagt, dass er minderjährig sei. Der Dolmetscher habe dann von sich aus das Geburtsdatum mit dem (…) Mai 2004 erfasst. Im Kontext der Fragen nach dem Alter habe er zudem angegeben, ihm sei das Alter seines Bruders H. nicht bekannt. Seine Schwestern I. und J. seien (…) und (…) Jahre alt. Diese unsubstantiierten Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Alter, das Fehlen von rechtsgenüglichen Dokumenten, die seine Angaben hätten bestätigen können sowie der Fakt, dass er in Bulgarien als volljährige Person mit einem anderen Geburtsjahr registriert sei, hätten für das SEM auf ein anderes als das vom Beschwerdeführer angegebene Alter hingewiesen.

      Der Beweiswert der vom Beschwerdeführer eingereichten Fotokopie einer Impfkarte sei aufgrund erhöhter Manipulationsund Fälschungsanfälligkeit äusserst gering, zumal selbst ein entsprechendes Original in der Schweiz nicht als rechtsgenügliches Dokument anerkannt würde. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass alle Einträge auf der Impfkarte die gleiche Handschrift trügen und augenscheinlich derselbe Stift verwendet worden sei. In dieser Hinsicht wirke das Dokument nicht authentisch.

      Da beim SEM Zweifel an der vorgebrachten Minderjährigkeit des Be-

      schwerdeführers aufgekommen seien, sei das Zentrum D. in

      E. mit der Durchführung einer forensischen Lebensaltersschätzung beauftragt worden. Diese habe am (…) 2022 stattgefunden und gemäss dem Gutachten vom (…) 2022 entspreche der radiologische Befund der Hand je nach Untersuchung einem mittleren skelettalen Alter von 18 oder 19 Jahren und einem Mindestalter von 16.1 Jahren. Die Wachstumsfugen der inneren Schlüsselbeinanteile ergebe ein durchschnittliches Lebensalter von 21 Jahren sowie ein Mindestalter von 17.6 Jahren. Mit dem Gutachten habe daher eine Volljährigkeit nicht vollständig widerlegt werden können, da es sich bei dem aufgeführten Mindestalter um das tiefste überhaupt mögliche Alter handle. Der Beschwerdeführer könne «daher gut auch älter sein». Die Abklärungen des SEM im Rahmen des Dublin-Verfahrens hätten ergeben, dass er in Bulgarien mit dem Geburtsdatum (…) Mai 2004 sowie in Österreich mit dem Geburtsdatum (…) Januar 2005

      registriert sei. Diese sehr unterschiedlichen Personalien stellten ein «markantes Unglaubhaftigkeitselement» in den Schilderungen des Beschwerdeführers dar, da dieser während der EB UMA angegeben habe, dass er sich in Bulgarien unter den gleichen Personalien wie in der Schweiz – und somit als Minderjähriger – registriert habe. Die nachgeschobene Angabe, dass in Bulgarien ein Dolmetscher das Geburtsdatum einfach nach seinem eigenen Gutdünken erfasst haben soll, sei als eine – oft vorkommende und stereotype – Schutzbehauptung zu taxieren.

      Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen, die Zweifel an der geltend gemachten Minderjährigkeit im Rahmen des in der Anhörung gewährten rechtlichen Gehörs zu beseitigen. Die geltend gemachte Minderjährigkeit habe somit weder glaubhaft gemacht noch belegt werden können. Angesichts der Aktenlage sei überwiegend wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer volljährig sei. Das SEM erachte ihn deshalb zum Zeitpunkt des Asylgesuchs in der Schweiz als volljährig. Praxisgemäss werde somit sein Geburtsdatum im ZEMIS auf den 1. Januar 2004 angepasst. Gestützt auf Art. 25 Abs. 2 DSG sei der erwähnte ZEMIS-Eintrag mit einem Bestreitungsvermerk versehen worden.

    2. In der Beschwerde trat der Beschwerdeführer diesen Ausführungen entgegen und bringt im Wesentlichen vor, er habe bereits anlässlich der EB UMA vom 23. September 2022 geltend gemacht, er sei gemäss afghanischem Kalender am (…) 1384 geboren, was im gregorianischen Kalender dem (…) April 2005 entspreche. Er habe bereits an der EB UMA in transparenter Weise dargelegt, dass er sein exaktes Geburtsdatum etwa 20 Tage vor dem Befragungstermin durch seine Mutter erfahren habe. Sein Geburtsdatum sei bei seiner Geburt im Koran notiert worden und er habe früher auch eine Tazkira besessen, welche aber aufgrund der Flucht seiner gesamten Familie aus Afghanistan ebenda zurückgeblieben sei. Die Fotokopie seiner Kinderimpfkarte habe er ebenfalls etwa 20 Tage vor dem Befragungstermin erhalten. Auch im Lichte des im Gutachten zur Altersabklärung festgehaltenen Mindestalter von 17.6 Jahren und der Antworten auf die diesbezüglich an der Anhörung gestellten kurzen Fragen würden die Gesamtumstände für das Geburtsdatum (…) April 2005 sprechen. Im vorliegenden Fall obliege es nach den geltenden datenschutzrechtlichen Grundsätzen und der Rechtsprechung grundsätzlich dem SEM zu beweisen, dass das für ihn vom SEM neu eingetragene Geburtsdatum (1. Januar 2004) korrekt ist, was diesem nicht gelungen sei. Dass sein Geburtsdatum im Personalienblatt mit dem (…) Januar 2005 erfasst worden sei, sei einerseits darauf zurückzuführen, dass ihm eine sprachkundige asylsuchende

      Person beim Ausfüllen der Personalienblätter geholfen habe und er andererseits sein exaktes Geburtsdatum etwa 20 Tage vor dem Befragungstermin und somit erst nach der Personalienaufnahme erfahren habe. Zuvor habe er sein eigenes genaues Geburtsdatum nicht gekannt, was im afghanischen Kontext nichts Aussergewöhnliches sei. Vor diesem Hintergrund sei es nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer, im Wissen darüber, dass er 17 Jahre alt sei, den (…) Januar 2005 als sein Geburtsdatum angegeben habe beziehungsweise dieses Datum für ihn eingetragen wurde. Dies stünde auch im Einklang mit den behördlichen Informationen aus Österreich, wo er ebenfalls mit dem Geburtsdatum (…) Januar 2005 registriert worden sei. Er habe auch in Österreich angegeben, 17 Jahre alt zu sein. Diese Angaben seien mit dem von ihm vorgebrachten, exakten Geburtsdatum ([…] April 2005) vereinbar und sprächen für dieses Geburtsdatum als das wahrscheinlichste Datum. Jedenfalls spräche dies zumindest für ein Geburtsdatum im Jahr 2005 und gegen ein Geburtsdatum im Jahr 2004. Hinsichtlich der abweichenden Angaben der bulgarischen Behörden ihn betreffend, sei festzuhalten, dass er nachvollziehbar habe darlegen können, dass er sich mit dem Dolmetscher nicht habe verständigen können, da er zwar Usbekisch und darüber hinaus Dari/Farsi spreche, jedoch kein Paschtu. Er habe substantiierte Angaben zu seinem Alter gemacht, insbesondere habe das SEM nirgendwo ausgeführt, wo es detailliertere Angaben erwartet hätte. Die Einträge auf der Impfkarte seien als authentisch einzustufen, da das SEM kein Gutachten veranlasst habe und anhand der Fotokopie wohl kaum beurteilt werden können, ob derselbe Stift benutzt wurde. Darüber hinaus weise das Schriftbild darauf hin, dass die Impfungen durch verschiedene Personen durchgeführt worden seien, da die Schreibweise unterschiedlich sei, was ebenfalls für die Authentizität der Impfkarte spreche. Auch das vorliegende medizinische Altersgutachten verdeutliche, dass das von ihm angegebene Alter aus wissenschaftlicher Sicht zutreffen könne, was für das Geburtsdatum vom (…) April 2005, zumindest aber für ein Geburtsdatum im Jahr 2005 spreche. Zwar würden sich gemäss Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anhand des Altersgutachtens keine Aussagen zur Minderbzw, Volljährigkeit machen lassen, die Minderjährigkeit könne nur ausgeschlossen werden, wenn der höchste Mindestwert über 18 Jahren liege, was vorliegend nicht der Fall sei. Das vom SEM angewandte Beweismass stehe im Widerspruch zum gemäss Rechtsprechung geltenden Beweismass des wahrscheinlichsten Geburtsdatums. Eine Gesamtwürdigung der Umstände müsse zum Schluss führen, dass der (…) April 2005 sein wahrscheinlichstes Geburtsdatum sei. Er halte daher am geltend gemachten Geburtsdatum vom (…) April 2005 fest.

    3. In seiner Vernehmlassung betonte das SEM nochmals, dass die Schilderungen des Beschwerdeführers in der EB UMA markante Unglaubhaftigkeitselemente enthalten hätten. Der Beweiswert des vorgelegten Impfausweises sei zudem aufgrund erhöhter Manipulationsund Fälschungsanfälligkeit äusserst gering. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass praktisch alle Einträge – ausser der von der Rechtsvertretung angesprochenen einmaligen vermeintlichen Abweichung bei einer Nummer 5 – die gleiche Handschrift tragen würden und augenscheinlich derselbe Stift verwendet worden sei, weshalb das Dokument für das SEM weiterhin nicht authentisch wirke.

      Im Übrigen verwies das SEM auf die ausführlichen Erwägungen im Asylentscheid, an denen es vollumfänglich festhielt.

    4. In seiner Replik entgegnete der Beschwerdeführer über seine Rechtsvertretung, er habe keinen fremden Namen in Bulgarien angegeben, um seine Identität zu verschleiern, vielmehr habe er den Namen Samandar angegeben, bei dem es sich um den Namen seines Vaters handle. Es sei auch nicht ersichtlich, warum es sich bei der geltend gemachten mangelhaften Verständigung mit der dolmetschenden Person in Bulgarien, um eine Schutzbehauptung handeln solle, da er diese nicht nachgeschoben habe, sondern diese Angabe bereits in der EB UMA gemacht und in der Anhörung zu den Asylgründen darauf verwiesen habe. Es erscheine darüber hinaus auch nicht als «zufällig», dass er sein exaktes Geburtsdatum erst nach der Asylgesuchstellung in der Schweiz erfahren und sich gleichzeitig darum bemüht habe, alle sich in den Händen seiner Familie befindlichen Unterlagen einzureichen, die sein Geburtsdatum und Alter belegen könnten. Vielmehr würden UMA in den Gesprächen mit der Rechtsvertretung und/oder sozialpädagogischen Fachperson betreffend das Asylverfahren in der Schweiz auf die zentrale Rolle ihres Alters im Asylverfahren und auf ihre Mitwirkungspflicht hingewiesen. Dass er sich in der Folge darum bemüht habe, mehr über sein exaktes Geburtsdatum – sein ungefähres Alter habe er ja bereits gekannt – in Erfahrung zu bringen und einschlägige Dokumente wie die Impfkarte einzureichen, erscheine daher nachvollziehbar und nicht «zufällig».

7.

    1. Wie vorstehend dargelegt, obliegt es grundsätzlich dem SEM zu beweisen, dass das aktuell im ZEMIS eingetragene Geburtsdatum des Beschwerdeführers (1. Januar 2004) korrekt ist. Der Beschwerdeführer hat seinerseits nachzuweisen, dass das von ihm geltend gemachte

      Geburtsdatum ([…] April 2005) richtig respektive zumindest wahrscheinlicher ist als die derzeit im ZEMIS erfassten Angaben. Gelingt keiner Partei der sichere Nachweis des Geburtsdatums, was vorliegend mangels eindeutiger Beweismittel der Fall sein dürfte, ist dasjenige Datum im ZEMIS zu belassen oder einzutragen, dessen Richtigkeit wahrscheinlicher ist (vgl. zum Ganzen BVGE 2018 VI/3 E. 3.5, m.w.H.).

    2. Bei der Einschätzung der Wahrscheinlichkeit des richtigen Geburtsdatums ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, bei der auch die protokollierten Aussagen zu den persönlichen Lebensumständen zu berücksichtigen sind (vgl. EMARK 2004 Nr. 30 E. 6.4.3 f.).

8.

    1. Der Beschwerdeführer ist nicht in der Lage, Identitätspapiere vorzulegen, die seine Identität zweifelsfrei belegen könnten. Dazu gibt er an, nie solche besessen zu haben. Drei Monate vor seiner Ausreise habe der Vater noch versucht einen Pass zu erlangen, was jedoch nicht möglich gewesen sei. Ihm sei zwar im Alter von zehn Jahren eine Tazkira ausgestellt worden, auf der auch sein Geburtsdatum gestanden habe. Dieses Dokument habe er jedoch im Dorf zurückgelassen und es sei inzwischen von den Taliban mitgenommen worden. Zurückgeblieben sei einzig der Koran, auf dessen Rückseite sein Geburtsdatum notiert gewesen sei, und ein Impfzertifikat. Zu Letzterem wurde ein Foto eingereicht, das er von der Mutter über die sozialen Medien erhalten habe.

      Nachvollziehbar scheint es grundsätzlich, dass der im Zeitpunkt der Ausreise noch sehr junge Beschwerdeführer über keinen Reisepass verfügte. Auch Schwierigkeiten zur Ausstellung von Dokumenten kurz vor der Machtübernahme der Taliban scheinen plausibel. Dass der Beschwerdeführer jedoch seine Tazkira, den einzigen Ausweis in seinem Besitz, nicht mitgenommen haben will, als er sich mit der Absicht der Weiterreise in den Iran zu seinem Onkel nach K. begab, weckt gewisse Zweifel (vgl. act. […]). Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer sein Heimatdorf gerade nicht – wie auf diesen Punkt angesprochen, zunächst behauptet – in den Kriegswirren verlassen hat (vgl. act. […]), sondern offensichtlich einige Zeit vor den ersten Kriegsgeschehen im Dorf (vgl. act. […] und act. […]). Dass der Beschwerdeführer unter diesen Umständen seine Tazkira nicht einreichen konnte, wirft somit Fragen auf.

    2. Hinsichtlich des Fotos des Impfausweises ist dem SEM grundsätzlich zuzustimmen, dass dieses aufgrund der Fälschungsanfälligkeit von eher

      geringem Beweiswert ist. Auf die vom SEM erwähnten Fälschungsmerkmale (gleicher Stift, gleiche Handschrift) ist dabei nicht weiter einzugehen, zumal sich die entsprechenden Merkmale bei einer Kopie und ohne weitere Abklärungen nur schwer bestätigen lassen. Dem Beschwerdeführer ist jedoch seinerseits vorzuhalten, dass er es unterlassen hat, das Original nachzureichen, obwohl er dazu aufgrund seiner Mitwirkungspflicht und angesichts der entsprechenden durch die Vorinstanz geäusserten Zweifel an der Echtheit gehalten gewesen wäre. Abgesehen davon enthält das Dokument jedoch einige Realkennzeichen, weshalb es, nachdem darauf der Geburtstag vom (…) April 2005 bestätigt wird, beweisrechtlich als – wenn auch sehr schwaches – Indiz für die Minderjährigkeit zu werten ist.

    3. Die medizinische Altersschätzung ist vorliegend als neutrales Indiz zu würdigen, da das Mindestalter sowohl bei der Skelettaltersanalyse als auch bei der zahnärztlichen Untersuchung unter 18 Jahren liegt (vgl. BVGE 2018 VI/3 E. 4.2.2). Das Durchschnittsalter wird zwar mit 18 – 22 Jahren angegeben, das Gutachten kommt aber zum Schluss, das vom Beschwerdeführer angegebene Geburtsdatum könne gemäss aktueller wissenschaftlicher Studienlage zutreffen.

    4. Die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinem Alter anlässlich der Erstbefragung und der Anhörung sind grundsätzlich in sich stimmig. Der Beschwerdeführer hat zwar im Personalienblatt angegeben, am (…) Januar 2005 geboren zu sein, und anlässlich der Erstbefragung hat er den (…) April 2005 als Geburtsdatum genannt. Diesbezüglich gab er aber übereinstimmend an, sein konkretes Geburtsdatum erst kurz vor der Erstbefragung von seiner Mutter telefonisch mitgeteilt bekommen zu haben. Bis dahin habe er einzig sein Alter gewusst. Ausserdem nennt er anlässlich der Erstbefragung den (…) 1384 im afghanischen Kalender, was umgerechnet dem (…) April 2005 entspricht, und gibt übereinstimmend dazu an, aktuell 17 Jahre und (…) Monate alt und im Zeitpunkt der Ausreise 16 Jahre alt gewesen zu sein.

      Hierzu ist immerhin zu bemerken, dass der Beschwerdeführer bereits in zwei Ländern Asylgesuche gestellt hatte und das Alter auch dort von Relevanz gewesen ist. Dass er sich also erst im Zusammenhang mit seinem Gesuch in der Schweiz bemüht haben will, sein Geburtsdatum in Erfahrung zu bringen, weckt gewisse Zweifel. Der diesbezügliche Einwand, erst hier Zugang zu einem Telefon erlangt zu haben, mit dem er die Mutter habe erreichen können, vermag jedenfalls nicht zu überzeugen (vgl. dazu act. […]).

    5. Gewichtige Zweifel wecken jedoch vor allem die in Bulgarien registrierten Identitätsangaben. Während das in Österreich registrierte Geburtsdatum ([…] Januar 2005) durchaus mit den in der Schweiz gemachten Angaben (Kenntnis der Minderjährigkeit, aber keine Kenntnis des genauen Datums) in Übereinstimmung gebracht werden kann (und Österreich denn auch wegen Minderjährigkeit die Übernahme des Beschwerdeführers gemäss Dublin-III-VO verweigerte), fällt auf, dass er in Bulgarien mit dem Geburtsdatum vom (…) Mai 2004 registriert worden ist. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei der Registrierung in Bulgarien für den jungen Beschwerdeführer zu Unklarheiten gekommen sein kann, zumal dieser geltend macht, er habe den dortigen Dolmetscher nicht verstanden, weil dieser Paschtu gesprochen habe und er selbst kein Paschtu spreche. Diesfalls wäre jedoch vielmehr davon auszugehen, dass ein fiktives Datum auf den 1. Januar eingetragen worden wäre und nicht ein konkretes Datum. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer gemäss expliziter Auskunft der bulgarischen Behörden aufgrund seiner eigenen Angaben als volljährig registriert worden sei (vgl. act. […]). Selbst vor dem Hintergrund der allgemeinen Mängel des Asylverfahrens in Bulgarien (vgl. Referenzurteil des Bundesverwaltungsgericht F-7195/2018 vom 11. Februar 2020) erscheint es insgesamt als unplausibel, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien tatsächlich wie behauptet die gleichen Angaben wie in der Schweiz gemacht hat und in der Folge das Datum vom (…) Mai 2004 registriert worden sein soll. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer anlässlich der verschiedenen Asylgesuche seine Identität unterschiedlich dargestellt hat, was als gewichtiges Indiz gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben und die geltend gemachten Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Einreise zu werten ist.

    6. In Würdigung dieser als spärlich zu bezeichnenden Beweislage ist es dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen, seine Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Einreise und damit die von ihm geltend gemachten Geburtsdaten als wahrscheinlicher erscheinen zu lassen. Die gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben sprechenden Indizien müssen als gewichtiger gewertet werden. Demzufolge vermag er mit seinem Hauptantrag, das eingetragene Geburtsdatum sei auf den (…) April 2005 zu berichtigen, nicht durchzudringen, ebenso wenig mit seinem Eventualantrag der Berichtigung auf den (…) Januar 2005. Nach dem Gesagten ist mit höherer Wahrscheinlichkeit von der Volljährigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Gesucheinreichung auszugehen, weshalb es als grundsätzlich nachvollziehbar erscheint, dass das SEM den 1. Januar 2004 als sein Geburtsdatum im ZEMIS aufgenommen hat. Zwar könnte sich die Frage

      stellen, ob das in Bulgarien angegebene Geburtsdatum ([…] Mai 2004) als das wahrscheinlichere erscheine. Dies ist vorliegend jedoch zu verneinen, da es sich dabei um ein Datum handelt, das offenbar ebenfalls ohne weitere Dokumentation allein aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers aufgenommen worden ist. Vom Beschwerdeführer wird denn auch im vorliegenden Verfahren gar nicht geltend gemacht, dass es sich dabei um sein wahres Geburtsdatum handle.

    7. An diesem Ergebnis vermag auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte i.S. Darboe und Camara gegen Italien, Nr. 5797/17, vom 21. Juli 2022, das Grundsätze der Altersbestimmung und der Unterbringung von unbegleiteten, mutmasslich minderjährigen Asylsuchenden aufstellt, im vorliegenden datenschutzrechtlichen Verfahren nichts zu ändern.

9.

Diesen Erwägungen gemäss vermag der Beschwerdeführer damit keinen Berichtigungsanspruch darzutun und die Beschwerde, die ausschliesslich die Datenänderung im ZEMIS betrifft, ist abzuweisen. Der Eintrag ist demzufolge auf den 1. Januar 2004 zu belassen. In der Verfügung des SEM wurde allerdings bereits angeordnet, der Eintrag sei mit einem Bestreitungsvermerk zu versehen. Sollte dies noch nicht umgesetzt worden sein, ist dies nachzuholen.

10.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären grundsätzlich Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG). Mit Verfügung vom 19. Januar 2023 wurde jedoch die unentgeltliche Rechtspflege gewährt, weshalb auf die Auferlegung zu verzichten ist.

11.

Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des Datenschutzes sind gemäss Art. 35 Abs. 2 der Verordnung vom 14. Juni 1993 zum Bundesgesetz über den Datenschutz (VDSG, SR 235.11) dem Eidgenössischen Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) bekannt zu geben.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Das im ZEMIS eingetragene Geburtsdatum des Beschwerdeführers (1. Januar 2004) ist zu belassen und mit einem Bestreitungsvermerk zu versehen.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.

4.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM, die kantonale Migrationsbehörde, das Generalsekretariat EJPD und den Eidgenössischen Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragten.

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Nina Spälti Giannakitsas Constantin Hruschka

(Rechtsmittelbelehrung nächste Seite)

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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