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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-5912/2023

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts D-5912/2023

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-5912/2023
Datum:28.08.2024
Leitsatz/Stichwort:Asyl (ohne Wegweisungsvollzug)
Schlagwörter : ühre; Ausreise; Bruder; Familie; Beschwerdeführers; Vater; Behörde; Behörden; Verfahren; Verfahren; Verfügung; Flüchtling; Türkei; Bruders; Vorbringen; Anklage; Bundesverwaltungsgericht; Flüchtlingseigenschaft; Fluchtgründe; Zeitpunkt; Polizei; Vaters; Verhaftung; Gefahr
Rechtsnorm: Art. 29 tStG;Art. 48 VwVG ;Art. 49 BV ;Art. 57 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-5912/2023

U r t e i l v o m 2 8 . A u g u s t 2 0 2 4

Besetzung Richterin Nina Spälti Giannakitsas (Vorsitz), Richterin Giulia Marelli,

Richter Thomas Segessenmann, Gerichtsschreiber Constantin Hruschka.

Parteien A. , geboren am (…), Türkei,

vertreten durch Patrizia Testori,

(…),

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Asyl (ohne Wegweisungsvollzug);

Verfügung des SEM vom 4. Oktober 2023 / N (…).

Sachverhalt:

A.

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, reiste eigenen Angaben zufolge am (…) 2020 illegal aus der Türkei und hielt sich vor der Weiterreise in die Schweiz längere Zeit in Griechenland auf. Nach Aktenlage wurde er am (…) 2020 in Griechenland im Zuge einer illegalen Einreise über eine Aussengrenze des Schengen-Raumes in der Eurodac-Datenbank registriert. Er stellte am 15. November 2021 in der Schweiz ein Asylgesuch und wurde dem Bundesasylzentrum (BAZ) der Region Bern zugewiesen. Am 18. November 2021 wurden die Personendaten aufgenommen.

B.

Der Beschwerdeführer brachte zur Begründung seines Asylgesuchs in der Befragung vom 13. Dezember 2021 und der Anhörung vom 10. Januar 2022 im Wesentlichen vor, sowohl er selbst als auch seine Familie seien als türkische Staatsangehörigen ethnisch kurdischer Herkunft in den letzten Jahren immer stärker ins Visier der türkischen Behörden geraten, weshalb er sich im Jahr 2020 dazu gezwungen gesehen habe, aus der Türkei auszureisen und seine Familie zurückzulassen, obwohl er dort als (… [als Händler mit grossem Lagerbestand]) ein gutes Auskommen gehabt habe. Er stamme aus einer Familie, die ursprünglich nomadisch gelebt habe. Er

selbst habe bis zu seinem 16. Lebensjahr in B.

im Landkreis

C. in der Provinz D. gelebt. Schon zu diesem Zeitpunkt sei seine Familie von den Behörden schikaniert worden, das Dorf sei mehrfach zerstört worden und das Haus in Brand gesetzt worden. Die Familie habe sich dann in E. angesiedelt, wo er bis zu seiner Ausreise etwas mehr als 25 Jahre gelebt habe. In E. habe er seine Frau geheiratet und sie hätten (…) gemeinsame Kinder ([…]) im Alter zwischen (…) und (…) 24 Jahren.

Seine Mutter sei vor mehr als 20 Jahren gestorben und sein Vater habe danach erneut geheiratet. Er habe (… [mehrere Geschwister, von denen lediglich (…) noch am Familienwohnort seien. Von seinen Brüdern sei einer an einem Ort, der ihm nicht bekannt sei, wohl in der Türkei, sein Bruder F. sei von den türkischen Behörden ermordet worden, (… [weitere Geschwister]) seien verschollen. Sein Bruder G. sei ab dem Alter von 14 Jahren jahrelang inhaftiert gewesen und sei nach dem gewaltsamen Tod von F. ausgereist und in der Schweiz als Flüchtling anerkannt worden.

Seit die Familie nach E. gegangen sei, seien die Mitglieder der Familie immer bei der HDP gewesen. Sie hätten jeweils an den Kundgebungen teilgenommen und vor den Wahlen Flyer verteilt. Im Jahr 2018 sei die Familie über den Tod seines Bruders F. in H. (Provinz I. ) informiert worden und sein Vater habe die Leiche seines Bruders abgeholt, um ihn in J. zu beerdigen. Die Polizei habe sowohl bei der traditionellen Trauerzeremonie als auch bei der Beerdigung interveniert, um eine grössere Trauerfeier zu verunmöglichen. Beim Waschen der Leiche sei seinem Vater und ihm aufgefallen, dass sein Bruder ausser dem sichtbaren Einschussloch am Schädel keine Verletzungsspuren am Körper gehabt habe. Sie seien daher davon ausgegangen, dass er hingerichtet worden sei. Da ein angekündigter Autopsiebericht nicht veröffentlicht worden sei, hätten sie Nachfragen bei den Behörden gestellt und ihren Verdacht auch medial in der Öffentlichkeit geäussert. Seit dieser Zeit habe die Polizei sie nie mehr in Ruhe gelassen. Sein Bruder F. sei in dem Verdacht gestanden, sich dem bewaffneten Arm der PKK (Partiya Karkerên Kurdistanê) angeschlossen zu haben.

Die Behörden hätten ständig Razzien bei ihm und seiner Familie durchgeführt und dabei jeweils alles durcheinander gebracht. Diese Razzien hätten etwa alle zwei Monate und teilweise sogar wöchentlich stattgefunden. Er selbst sei etwa zehn Tage nach einer Razzia im Jahr 2020 ausgereist. Zum Zeitpunkt der Razzia sei er nicht zu Hause gewesen. Seine Kinder hätten ihn telefonisch informiert, dass er persönlich gesucht worden sei und ihm dazu geraten auszureisen, da er sonst verhaftet und inhaftiert würde. Nach dem Vorfall habe er bis zu seiner Ausreise für etwa zehn Tage bei einem Freund in einem abgelegenen Quartier gewohnt.

Nach dem Tod seines Bruder F. und der Ausreise seines Bruders G. habe er das Gefühl gehabt, dass er als nächstes Familienmitglied an der Reihe gewesen wäre, um inhaftiert und unter einem Vorwand angeklagt zu werden. Sein Vater sei nach seiner Ausreise inhaftiert und eine Zeit lang im Gefängnis gewesen. Seit der Entlassung unterliege er einer Meldepflicht bei den Behörden. Erst danach hätten die Behörden ein Verfahren gegen seinen Vater eröffnet und Anklage erhoben.

Er selbst habe wegen der Schikanen gegen seine Familie auch keinen Militärdienst geleistet und wolle diesen auch nicht leisten, weswegen er zu Geldstrafen verurteilt worden sei.

Insgesamt stehe seine Familie unter ständiger Beobachtung und viele weitere Verwandte seien umgekommen oder langjährig inhaftiert worden. Er stehe in gutem Kontakt zu seiner Familie. Die Behörden hätten auch nach dessen Tod regelmässig nach seinem Bruder F. gefragt und auch nach seinem in der Schweiz lebenden Bruder G. . Er sei durch seine Nachfragen nach dem Tod seines Bruders F. stärker persönlich ins Visier der Behörden geraten. Er sei auch mehrfach angefragt worden, als Spitzel für die Behörden zu arbeiten. Auch dies habe – wie die häufigen Razzien, Nachfragen und Schikanen durch die Behörden – dazu beigetragen, dass sich seine Angst ständig gesteigert habe, dass auch ihm etwas passieren werde. Dies auch, weil er das Gefühl habe, von der Familie sei niemand mehr übrig beziehungsweise, dass er der Nächste sein werde, gegen den ein Strafverfahren angestrengt werde.

Der Beschwerdeführer legte im Laufe seines Asylverfahrens zahlreiche Dokumente zum Beleg seiner Vorbringen vor:

  • Seine türkische Identitätskarte

  • Eine Bestätigung der Mitgliedschaft in der HDP aus dem Jahr 2020

  • Autopsiebericht, Identifizierungsbestätigung und Totenschein seines Bruders F.

  • Anklageschrift und Haftbestätigung vom (…) 2021 seinen Vater betreffend

  • Türkische Identitätsdokumente seines Vaters und seines Bruders F.

  • Eine von seinem Bruder G.

    verfasste Anzeige an die

    «E. Branch» des nsan Haklar Dernei (IHD) vom (…) 2018

  • Ein Schreiben seines Vaters K. an den IHD vom (…) 2021

  • Ein Schreiben des IHD vom (…) 2021

  • Ein Anwaltsschreiben an ihn selbst vom (…) 2021

  • Verschiedene Zeitungsberichte über den Tod seines Bruders F. und über die Verhaftung seines Vaters

  • Auszug aus e-Devlet betreffend seine Militärdienstverweigerung

  • Bestätigungen über Bussen wegen der Militärdienstverweigerung

  • Beobachtungsbericht der «Human Rights Foundation of Turkey» zur Aufdeckung von Rechtsverletzungen

  • Eine Liste mit Links, die zu Berichten im Internet über den Tod seines Bruders F. und die Verhaftung seines Vaters führen

  • USB-Sticks mit folgendem Inhalt:

    • Video eines Interviews mit dem Beschwerdeführer, welches im Rahmen einer Nachrichtensendung eines kurdischen Fernsehkanals ausgestrahlt worden sei

    • Video einer Nachrichtensendung des kurdischen Fernsehsenders L. über die Inhaftierung des Vaters

  • Einen Brief seines türkischen Anwalts vom (…) 2022

  • Zwei Überweisungsschreiben der Polizeidirektion an den Generalstaatsanwalt von E. vom (…) 2022

  • Polizeiprotokoll vom (…) 2022 hinsichtlich der Suche nach dem Beschwerdeführer

  • Anklageschrift vom (…) wegen Propaganda für eine Terrororganisation

  • Verschiedene Auszüge aus dem Facebook-Konto des Beschwerdeführers

  • Anklagezulassungsbeschluss des (…) Gerichts für schwere Straftaten in E. vom (…) 2023 (in Bezug auf das Verfahren wegen Propaganda für eine Terrororganisation gestützt auf Art. 7 Abs. 2 des Antiterrorgesetzes)

  • Gerichtlich angeordnete Expertenauskunft über sein Facebook-Konto vom (…) 2023

  • Anklagezulassungsbeschluss der (…) Kammer des Bezirksgerichts

    E.

    vom (…) 2023 (in Bezug auf das Verfahren wegen

    Präsidentenbeleidigung gestützt auf Art. 299 tStGB)

  • Vorführbefehl desselben Gerichts, ebenfalls datierend auf den (…) 2023

    C.

    Am 18. Januar 2022 wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers dem erweiterten Verfahren zugeteilt.

    D.

    Mit Verfügung vom 5. September 2022 lehnte das SEM das Asylgesuch des Beschwerdeführers im Rahmen des erweiterten Verfahrens ab und ordnete die Wegweisung und den Vollzug an. Auf dessen Beschwerde vom

    30. September 2022 hob das SEM am 11. Mai 2023 im Rahmen eines Schriftenwechsels (Art. 57 Abs. 1 VwVG) die Verfügung vom 5. September 2022 wiedererwägungsweise auf und nahm das erstinstanzliche Verfahren wieder auf. Das Bundesverwaltungsgericht schrieb die erhobene Beschwerde wegen Wegfalls des Anfechtungsgegenstands am 12. Mai 2023 ab.

    E.

    Auf Nachfrage des SEM vom 29. Mai 2023 reichte der Beschwerdeführer am 20. Juni 2023 weitere Informationen sowie weitere Dokumente zu den gegen ihn laufenden Strafverfahren ein. In diesem Zuge legte er folgende neue Dokumente vor:

  • Schreiben seines Anwaltes aus der Türkei vom (…) 2023

  • Eine an ihn adressierte E-Mail seines Anwaltes vom (…) 2023

  • Verhandlungsprotokoll vom (…) 2023 im Verfahren wegen Propaganda für eine Terrororganisation

Die gesamten eingereichten Dokumente wiesen nach Aktenlage keine objektiven Fälschungsmerkmale auf.

F.

Mit Verfügung vom 4. Oktober 2023 stellte das SEM, die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers aufgrund von subjektiven Nachfluchtgründen fest, lehnte gleichzeitig dessen Asylgesuch vom 15. November 2021

ab, ordnete seine Wegweisung aus der Schweiz an und setzte diese zugunsten einer vorläufigen Aufnahme aus.

G.

Der Beschwerdeführer erhob mit Eingabe vom 27. Oktober 2023 gegen diese Verfügung Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragte dabei die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung, die Gewährung des Asyls unter Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, eventualiter die Rückweisung der Sache zur erneuten Prüfung an das SEM. Gleichzeitig beantragte er in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung inklusive Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und die Beiordnung der rubrizierten Rechtsvertreterin als amtliche Rechtsbeiständin.

H.

Mit Zwischenverfügung vom 3. November 2023 hiess die Instruktionsrichterin das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Prozessführung gut, verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und setzte die rubrizierte Rechtsvertreterin als amtliche Rechtsbeiständin ein. Sie lud gleichzeitig das SEM zur Vernehmlassung ein.

I.

Am 22. November 2023 reichte das SEM nach einmaliger Fristverlängerung eine Vernehmlassung ein.

J.

Am 29. November 2023 reichte der Beschwerdeführer eine Replik ein.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).

      Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.

    2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

    3. Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht worden (Art. 108 Abs. 2 AsylG, 52 Abs. 1 VwVG). Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist nach dem Gesagten einzutreten.

2.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

3.

    1. Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 Abs. 2 AsylG).

    2. Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).

    3. Massgeblich für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3 AsylG ist indessen nicht die Situation im Zeitpunkt der Ausreise, sondern die Situation im Zeitpunkt des Asylentscheids. So ist auch eine asylsuchende Person als Flüchtling anzuerkennen, die aufgrund subjektiver

Nachfluchtgründe nach Art. 54 AsylG, das heisst erst durch die unerlaubte Ausreise aus dem Heimatoder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise, eine Verfolgung im Sinne von Art. 3 AsylG befürchten muss. In diesen Fällen hat jedoch, trotz Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, ein Ausschluss vom Asyl zu erfolgen. Das Vorliegen subjektiver Nachfluchtgründe im Sinne von Art. 54 AsylG führt lediglich dann nicht zum Ausschluss von der Asylgewährung, wenn bereits die Vorfluchtgründe die Gefahr einer zukünftigen Verfolgung begründen.

4.

Der Beschwerdeführer erhebt im Eventualantrag die Rüge der unvollständigen Abklärung des entscheidrelevanten Sachverhalts. Formelle Rügen sind vorab zu prüfen, da sie allenfalls geeignet sein könnten, eine Kassation der erstinstanzlichen Verfügung zu bewirken (vgl. BVGE 2013/34

E. 4.2). Allerdings erweisen sich die formellen Rügen vorliegend als Rügen, die ausschliesslich auf eine andere rechtliche Würdigung des Sachverhalts gerichtet sind, da der Beschwerdeführer geltend macht, das SEM habe die Glaubhaftigkeit seiner Vorbringen und die Intensität der drohenden Gefahr vor der Ausreise durch eine ungenügende Analyse der vorliegenden Fakten falsch beurteilt und diesbezüglich den Sachverhalt nicht ausreichend abgeklärt. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung hat das SEM in seiner Vernehmlassungsantwort klargestellt, dass es die Glaubhaftigkeit der Vorbringen des Beschwerdeführers nicht grundsätzlich in Frage stelle. Der blosse Umstand, dass der Beschwerdeführer die Auffassung der Vorinstanz bezüglich der Intensität der bei Ausreise bestehenden Verfolgungsgefahr nicht teilt, stellt weder eine ungenügende Sachverhaltsfeststellung noch eine Verletzung der Begründungspflicht dar. Die begehrte Beurteilung ist vielmehr eine Frage der rechtlichen Würdigung der Sache. Es kann somit auf die materiellen Erwägungen verwiesen werden (E. 6). Nach dem Gesagten erweisen sich die geltend gemachten formellen Rügen als unbegründet und der Sachverhalt als vollständig erstellt, weshalb der Eventualantrag auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzuweisen ist.

5.

    1. Mit Verfügung vom 4. Oktober 2023 stellte das SEM fest, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft erfülle. Gleichzeitig führte es aus, dass der Beschwerdeführer kein Asyl erhalte, da die Flüchtlingseigenschaft ausschliesslich aufgrund von subjektiven Nachfluchtgründen gegeben sei und keine Vorfluchtgründe bestanden hätten, die eine Asylgewährung rechtfertigen würden.

      Zur Begründung der Ablehnung der Asylgewährung führte das SEM im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe geltend gemacht, er sei in der Türkei als Angehöriger der kurdischen Bevölkerung und Mitglied der HDP von den türkischen Behörden beziehungsweise von der Polizei in E. mit Hausbesuchen, Kontrollen und Aufforderungen, als Spitzel zu arbeiten, schikaniert und benachteiligt worden.

      Es sei allgemein bekannt, dass Angehörige der kurdischen Bevölkerung in der Türkei Schikanen und Benachteiligungen verschiedenster Art ausgesetzt sein könnten. Dabei handle es sich nicht um ernsthafte Nachteile im Sinne des Asylgesetzes, die einen Verbleib im Heimatland verunmöglichten oder unzumutbar erschwerten. Aus diesem Grund führe die allgemeine Situation, in der sich die kurdische Bevölkerung befinde, für sich allein nicht zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Die vorliegend geltend gemachten Nachteile durch Hausbesuche mit Fragen, schikanöse Kontrollen und die Aufforderung, als Spitzel tätig zu sein, seien nicht als hinreichend intensiv und damit nicht als ernsthaft zu qualifizieren. Dies gelte insbesondere, da bis zur Ausreise des Beschwerdeführers kein Ermittlungsverfahren mit Festnahmebefehl und kein Strafverfahren gegen ihn existiert habe.

      Es seien vorliegend auch keine Hinweise aktenkundig, welche erwarten liessen, dass der Beschwerdeführer wegen seines familiären Umfeldes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft von Reflexverfolgungsmassnahmen ernsthaften Ausmasses betroffen sein würde. Auch aus den Asylakten seines Bruders G. könne nicht auf eine begründete Furcht vor aktueller wie auch zukünftiger Reflexverfolgung geschlossen werden, insbesondere da sich der Beschwerdeführer nach der Ausreise seines Bruders noch ein Jahr in der Türkei aufgehalten habe, ohne dabei flüchtlingsrechtlich relevanten Nachteilen ausgesetzt gewesen zu sein.

      Die Anklageschrift betreffend seinen Vater weise ebenfalls keine Besonderheiten auf, die auf eine mögliche Reflexverfolgung schliessen lassen würden. Der Ausgang dieses Verfahrens gegen seinen Vater sei noch unsicher und den Akten sei nicht zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der Anklage gegen seinen Vater ebenfalls ein Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation drohen würde beziehungsweise bei Ausreise gedroht habe.

      Aufgrund seiner Tätigkeit für die HDP könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass es tatsachlich zu einer Aufforderung/einem Angebot, als

      Spitzel für die Polizei zu arbeiten und damit einhergehend zu einem gewissen Druck für ihn als Kurde gekommen sei, auch wenn es sich bei der HDP um eine legale Partei handle. Allerdings sei der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben nicht in exponierter Stellung für die HDP tätig gewesen, sondern verfüge lediglich über ein sehr niederschwelliges Profil eines Sympathisanten der legalen HDP. Deshalb bestehe keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass sich seine Befürchtungen, deswegen flüchtlingsrechtlich verfolgt, inhaftiert oder in einem Strafverfahren angeklagt oder verurteilt zu werden, verwirklichen würden.

      Da es offensichtlich an der flüchtlingsrechtlicher Relevanz der Vorbringen fehle, könne darauf verzichtet werden, auf Unglaubhaftigkeitselemente, wie etwa seine stereotyp und detailarm dargelegten Vorbringen betreffend die Hausbesuche der Polizei, einzugehen.

      Auch die Weigerung des Beschwerdeführers in den türkischen Militärdienst zu gehen und die deshalb verhängten Geldstrafen führten zu keiner anderen Beurteilung, da eine mögliche Bestrafung nicht aus einem Grund nach Art. 3 AsylG erfolge.

      Gestützt auf die Ausführungen des Beschwerdeführers und die Aktenlage seien keine Hinweise für eine begründete Furcht bei Ausreise vorhanden, weswegen die Vorbringen zu den Vorfluchtgründen flüchtlingsrechtlich nicht beachtlich seien.

    2. In der Beschwerde macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, das SEM habe zu Unrecht die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen in Frage gestellt, da seine Ausführungen kohärent und glaubwürdig gewesen seien und mit vielen Dokumenten belegt seien. Insbesondere habe das SEM nicht ausreichend berücksichtigt, dass er Analphabet sei und bestimmte Aussagen, die er in der Anhörung aufgrund der Nachrichten seiner Kinder und der vorgelegten Dokumente gemacht habe, durch den Dolmetscher hätten vorgelesen und übersetzt werden müssen.

      Das SEM habe darüber hinaus zu Unrecht die Intensität der drohenden ernsthaften Nachteile verneint, da es keine Gesamtbetrachtung der Vorbringen vorgenommen habe, sondern die vielen Einzelpunkte separat abgehandelt habe. Insbesondere habe das SEM die sich aus der Einschaltung der Sektion E. des Menschenrechtsvereins IHD durch seine Familie und aus seinen öffentlichen Nachfragen und Äusserungen zum Tod

      seines Bruder F.

      ergebende Gefährdung nicht ausreichend

      gewürdigt. Die Interviews in Bezug auf dessen Tod würden Vorwürfe gegen die türkischen Behörden beinhalten und einen politischen Angriff auf die türkische Regierung darstellen. Er habe bei Ausreise damit rechnen müssen, verhaftet zu werden und dann auf der Grundlage einer fingierten Anklage verurteilt zu werden. Dass eine solche Gefahr bestanden habe, habe sich auch an der Verhaftung und Anklage seines (…)-jährigen Vaters gezeigt, die wohl auch aufgrund der Ausreise des Beschwerdeführers erfolgt sei.

      Zudem habe das SEM den psychischen Druck, der sich durch die andauernden und sich intensivierenden Nachstellungen seitens der Behörden aufgebaut habe, nicht korrekt gewürdigt. Darüber hinaus habe es die Lebensumstände seiner ursprünglich nomadisch lebenden Familie nicht ausreichend in seine Betrachtungen einbezogen, so dass es im Ergebnis insgesamt zu Unrecht die notwendige Intensität der drohenden Verfolgungsgefahr bei Ausreise verneint habe.

    3. In seiner Vernehmlassung hielt das SEM vollumfänglich an seinen Aussagen in der angefochtenen Verfügung fest und stellte darüber hinaus klar, dass es die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers mit Ausnahme eines Vorbehaltes betreffend die Ausführungen zu den Polizeikontrollen nicht angezweifelt habe.

      Hinsichtlich der in der Beschwerdeschrift monierten, angeblich fehlenden Berücksichtigung der Gesamtsituation des Beschwerdeführers führte es aus, es habe alle Ereignisse, die der Beschwerdeführer in den Anhörungen erwähnt habe, berücksichtigt. Zum Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers sei kein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren hängig gewesen, welches die Furcht des Beschwerdeführers, verhaftet zu werden, hätte bestätigen können. Das nachträglich, durch Äusserungen in den sozialen Medien provozierte Gerichtsverfahren zeige, dass vorliegend keine weiteren beziehungsweise früheren Gerichtsverfahren eingeleitet worden seien. In den vorgelegten Gerichtsakten werde auch nicht auf allfällige frühere Tätigkeiten des Gesuchstellers Bezug genommen. Die Aussage des Beschwerdeführers, wonach sein Vater vermutlich aufgrund der Ausreise des Beschwerdeführers verhaftet und angeklagt worden sei, sei als Behauptung zu charakterisieren. In den Akten gebe es keine konkreten Hinweise, wonach der Vater des Beschwerdeführers aufgrund des Profils oder der Ausreise des Beschwerdeführers verhaftet worden wäre.

      Den Akten sei auch an keiner Stelle zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer aufgrund der geführten Interviews in Bezug auf die Ermordung seines Bruders flüchtlingsrechtlich relevanten Nachteilen in der Türkei ausgesetzt gewesen wäre. Vielmehr sei nicht ersichtlich, dass seit der Ausreise des Beschwerdeführers aufgrund seiner Aussagen in den Medien und seinem familiären Hintergrund ein Strafverfahren eingeleitet worden wäre, sondern es sei lediglich ein Strafverfahren wegen der nach Ausreise erfolgten Äusserungen auf den sozialen Medien eingeleitet worden.

      Das SEM halte daher trotz der schwierigen Situation der Familie M. daran fest, dass die Vorbringen des Beschwerdeführers in Bezug auf die Vorfluchtgründe keine genügend intensiven Nachteile im Sinne des Asylgesetzes belegen würden, da diese keine Konsequenzen, insbesondere keine Nachteile für sein Leib und Leben sowie seine Freiheit nach sich gezogen hätten. Im Übrigen sei auf die Erwägungen in der angefochtenen Verfügung vom 4. Oktober 2023 zu verweisen, an denen vollumfänglich festgehalten werde

    4. In seiner Replik hielt der Beschwerdeführer an seinen Vorbringen aus der Beschwerdeschrift fest und hob nochmals besonders hervor, dass in der Provinz aus der der Beschwerdeführer stamme, die vorherige Einleitung eines Strafverfahrens nicht notwendig sei, um eine Verfolgungsgefahr zu belegen, dies habe sich sowohl bei der Tötung seines Bruder F. als auch bei den Verfahren gegen seinen Bruder G. , der bereits im Alter von 14 Jahren verhaftet worden sei, gezeigt. Auch die Verhaftung seines Vaters sei ohne vorherige Einleitung eines Strafverfahrens erfolgt.

6.

    1. Da das SEM in der Dispositivziffer 1 der Verfügung vom 4. Oktober 2023 festgestellt hat, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft erfüllt, ist vorliegend ausschliesslich die Frage zu klären, ob er bereits bei Ausreise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ernsthafte Nachteile zu befürchten hatte. Die Frage des Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft aufgrund von Nachfluchtgründen ist praxisgemäss streng von der Frage der Asylgewährung aufgrund von Vorfluchtgründen zu trennen (vgl. etwa EMARK 2000 Nr. 15 E. 5 S. 141 ff.).

    2. Hinsichtlich der Glaubhaftigkeit der Vorbringen schliesst sich das Bundesverwaltungsgericht den Ausführungen des SEM in der Vernehmlassung vom 22. November 2023 an und geht von der überwiegenden Glaubhaftigkeit der Vorbringen des Beschwerdeführers aus. Dies obwohl auch – wie

      das SEM zu Recht bemerkt – Vorbehalte hinsichtlich der Glaubhaftmachung der ständigen Nachstellungen durch die Behörden verbleiben, die nicht allein dadurch erklärt werden können, dass der Beschwerdeführer nach den Angaben seiner Rechtsvertretung Analphabet ist und sich daher in der Anhörung nicht immer habe gut ausdrücken können.

    3. Das SEM geht aber zu Unrecht davon aus, dass die Nichteinleitung eines Strafverfahrens wegen der öffentlichen Äusserungen und Interviews des Beschwerdeführers zum Tod seines Bruder F. ein Nachweis beziehungsweise ein starkes Indiz dafür sei, dass ihm im Ausreisezeitpunkt keine Gefahr ernsthafter Nachteile gedroht hätte. Der Beschwerdeführer macht desbezüglich – neben den generellen Risiken, die kurdischen Personen drohen – ernsthafte Nachteile geltend, die über die Nachteile hinausgehen, die der kurdischen Bevölkerung allgemein in der Türkei drohen. Der Beschwerdeführer macht überzeugend geltend, dass er aus einem Umfeld kommt, das der HDP nahe steht und aus dem viele Personen verhaftet wurden (vgl. SEM-Akte 16/23 F 25, F 47 und F 58 ff.). In diesem Kontext betrachtet, heben die belegte Verfolgung enger Familienmitglieder, die Kritik am türkischen Staat sowie die öffentliche Äusserung derselben, die der Beschwerdeführer durch überzeugende Dokumente belegt hat, ihn und seine Familie aus der kurdischen Bevölkerung hervor und begründen für ihm persönlich ein konkretes Risiko einer Gefahr, ernsthafte Nachteile zu erleiden. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefahr zeigt sich vorliegend insbesondere auch durch die Verhaftung und spätere Anklageerhebung gegen den Vater des Beschwerdeführers, die ohne den Zusammenhang mit den Interviews kaum erklärbar wäre. Diese im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der geäusserten Kritik stehende Verhaftung und Anklageerhebung gegen seinen Vater sind starke Indizien dafür, dass auch der Beschwerdeführer verhaftet worden wäre, wenn er nicht aus der Türkei ausgereist wäre. Die Tatsache, dass nach der Ausreise kein Strafverfahren deswegen gegen ihn eingeleitet wurde, spricht nicht gegen ein solches Risiko, da der Beschwerdeführer glaubhaft machen konnte, dass er von den türkischen Behörden gesucht wurde und diese mehrfach – unter anderem im Zusammenhang mit der Verhaftung seines Vaters – konkret nach ihm gefragt haben. Das SEM hat im Ergebnis zu Unrecht diese Vorbringen lediglich unter dem Aspekt der Reflexverfolgung geprüft, da die Gesamtumstände es hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Beschwerdeführer im Kontext der Äusserungen zum Tod seines Bruders verhaftet worden wäre. Für eine Gefahr ernsthafter Nachteile sprechen auch die Gesamtumstände der Familie M. , die der Beschwerdeführer glaubhaft schildert. Auch seine subjektive Furcht,

      «der Nächste zu sein», der verhaftet, misshandelt und angeklagt wird, wird aus seinen Äusserungen und emotionalen Reaktionen in der Anhörung deutlich und ist aufgrund der Verfolgung, der seine Familie bisher ausgesetzt war, objektiv begründet. Angesichts der geschilderten Umstände sowie aufgrund der durch die Brüder G. und F. sowie den Vater K. erlittenen Nachteile erscheint es hinreichend plausibel, dass die Familie M. bereits so stark im Fokus der türkischen Behörden stand, dass der Beschwerdeführer mit einer Verhaftung hätte rechnen müssen, wenn er die Türkei nicht verlassen hätte. Somit war eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr ernsthafter Nachteile bereits im Zeitpunkt der Ausreise gegeben.

    4. Vom Bestehen einer innerstaatlichen Aufenthaltsalternative war in diesem Zeitpunkt nicht auszugehen. Zwar lebt ein Bruder des Beschwerdeführers offenbar unbehelligt in einem anderen Teil der Türkei. Dieser war aber nicht in die medialen Auftritte zum Tod des Bruders involviert und lebt offenbar bereits seit Jahren von der Familie getrennt.

    5. Nach dem Gesagten erfüllte der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft bereits zum Zeitpunkt seiner Ausreise. Das SEM hätte daher die Asylgewährung – mangels Vorliegen von Asylausschlussgründen – nicht ablehnen und die Wegweisung nicht anordnen dürfen. Die Beschwerde ist gutzuheissen und dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren. Dementsprechend sind die Dispositivziffern 2 bis 6 der Verfügung vom 4. Oktober 2023 aufzuheben.

7.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG).

8.

Die bei den Akten liegende Kostennote erscheint den Verfahrensumständen als angemessen. Die von der Vorinstanz auszurichtende Parteientschädigung ist unter Berücksichtigung des Aufwandes für die Replik, der geschätzt werden kann, auf insgesamt Fr. 2'150.00 (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuerzuschlag im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Bst. c VGKE) festzusetzen.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen. Die Dispositivziffern 2 bis 6 der Verfügung des SEM vom 4. Oktober 2023 werden aufgehoben.

2.

Das SEM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.

4.

Das SEM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 2'150.00 auszurichten.

5.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Nina Spälti Giannakitsas Constantin Hruschka

Versand:

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