Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung IV |
Dossiernummer: | D-5564/2024 |
Datum: | 16.09.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (sicherer Drittstaat - Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG) |
Schlagwörter : | Griechenland; Wegweisung; Vorinstanz; Beschwerdeführer; Schweiz; Beschwerdeführers; Akten; Bundesverwaltungsgericht; Asylgesuch; Verfügung; Recht; Quot;; Vollzug; Behandlung; Drittstaat; Schutz; Verfahren; Sachverhalt; Beschwerden; Behörde; Behörden; Person; Flüchtling; Aufenthalt; üglich |
Rechtsnorm: | Art. 25 BV ; Art. 44 BV ; Art. 49 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 55 VwVG ; Art. 83 AIG ; Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: |
Abteilung IV D-5564/2024
Besetzung Richterin Daniela Brüschweiler (Vorsitz),
Richterin Jeannine Scherrer-Bänziger, Richter Yanick Felley, Gerichtsschreiberin Kathrin Mangold Horni.
Parteien A. , geboren am (…), Afghanistan,
vertreten durch MLaw Cyril Treichler,
(…),
Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (sicherer Drittstaat);
Verfügung des SEM vom 30. August 2024 / N (…).
Der Beschwerdeführer reichte am 18. Februar 2023 in der Schweiz ein Asylgesuch ein.
Ein Abgleich seiner Fingerabdrücke mit der "Eurodac"-Datenbank ergab, dass er am 12. Mai 2022 in Griechenland ein Asylgesuch eingereicht hatte und ihm dort am 9. September 2022 Schutz gewährt worden war.
Gestützt auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal anwesender Drittstaatsangehöriger (nachfolgend: Rückführungs-Richtlinie) und auf das Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Hellenischen Republik über die Rückübernahme von Personen mit irregulärem Aufenthalt vom 28. August 2006 (SR 0.142.113.729) ersuchte das SEM die griechischen Behörden am 23. Februar 2023 um Rückübernahme des Beschwerdeführers. Die griechischen Behörden stimmten diesem Ersuchen am 24. Februar 2023 zu. Gleichzeitig bestätigten sie den Flüchtlingsstatus des Beschwerdeführers und die Gültigkeit seiner Aufenthaltsbewilligung bis zum 7. September 2025.
Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs wurde dem Beschwerdeführer am 17. März 2023 das rechtliche Gehör zu einem Nichteintretensentscheid gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG (SR 142.31) und zur Wegweisung nach Griechenland sowie zum medizinischen Sachverhalt gewährt.
Dabei brachte er vor, er habe in Griechenland kein Asyl beantragt beziehungsweise kein Asylgesuch stellen wollen. Er habe Asyl beantragen müssen, weil er in Mazedonien bei einem schweren Unfall mit einem (…) fast die ganze (…) verloren habe und von der mazedonischen Polizei nach Griechenland geschickt worden sei. Am 12. Mai 2022 seien ihm in Griechenland direkt nach der Einreise die Fingerabdrücke abgenommen worden. Er habe (…) und leide seit dem Unfall unter (…) sowie unter (…); die Ärzte hätten attestiert, dass er (…) sei. Er sei in Kontakt mit MedicHelp und habe in der kommenden Woche einen Operationstermin. Gleichzeitig reichte er ein medizinisches Datenblatt für interne Arztbesuche im
BAZ (Bundesasylzentrum) mit Einträgen vom 2. März 2023 und vom
15. März 2023 ein. Im Weiteren gab er an, in Griechenland drei Monate lang im Spital und zwei Monate lang in einem Asylzentrum, im Camp B. , gewesen zu sein. Wegen der schlechten Situation im Camp und der fehlenden finanziellen Unterstützung sowie der mangelhaften medizinischen Versorgung in Griechenland beziehungsweise aufgrund seiner persönlichen (gesundheitlichen) Situation habe er sich entschlossen, Griechenland zu verlassen, wobei sein Vater in Afghanistan ihn finanziell unterstützt habe.
Mit Eingaben vom 12. Mai 2023, 19. Mai 2023 und 23. Juni 2023 reichte der Beschwerdeführer durch die ihm zugewiesene Rechtsvertretung verschiedene, in der angefochtenen Verfügung aufgeführte medizinische Unterlagen zu den Akten und beantragte einen Unterkunftswechsel.
Am 11. Juli 2023 wurde er vom SEM für den Aufenthalt während der Dauer des Asylverfahrens dem Kanton C. zugewiesen.
Mit Schreiben vom 25. März 2024 erkundigte der Beschwerdeführer sich nach dem Stand des Verfahrens und beantragte die vorläufige Aufnahme.
Das SEM beantwortete die Verfahrensstandsanfrage am 28. März 2024.
Am 17. Juni 2024 reichte der Beschwerdeführer dem SEM eine selber verfasste schriftliche Eingabe in englischer Sprache unter Beilage von sich bereits bei den Akten befindenden medizinischen Unterlagen sowie von verschiedenen Fotos der seinerzeit erlittenen Verletzungen an (…) und (…) ein.
Die griechischen Behörden bestätigten auf entsprechende Anfrage des SEM am 22. Juli 2024 die Gültigkeit ihrer Rückübernahme vom 24. Februar 2023.
Das (…) beantwortete am 30. Juli 2024 eine Anfrage des SEM betreffend Abklärung des aktuellen Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers
und legte dieser Antwort weitere, überwiegend bereits während des Aufenthalts des Beschwerdeführers im BAZ im Frühjahr 2023 erstellte medizinische Unterlagen bei.
Mit Schreiben vom 14. August 2024 gewährte das SEM dem Beschwerdeführer (nochmals) das rechtliche Gehör zu einem Nichteintretensentscheid gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG und zur Wegweisung nach Griechenland.
Der Beschwerdeführer legte in seiner Stellungnahme vom 21. August 2024 eingehend die Gründe dar, welche gegen seine Rückkehr nach Griechenland sprechen würden. Insbesondere benötige er weiterhin medizinische Unterstützung, wobei er psychisch und physisch etwa gleichermassen betroffen sei. Besonders begünstigende Umstände, welche in einigen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vorausgesetzt worden seien, würden in seinem Fall offensichtlich nicht vorliegen.
Das SEM händigte dem Beschwerdeführer beziehungsweise der zugewiesenen Rechtsvertretung am 28. August 2024 die entscheidrelevanten Akten sowie den Entscheidentwurf zur Stellungnahme aus.
Der Beschwerdeführer liess sich mit Eingabe vom gleichen Tag vernehmen. Er verwies auf die bereits im früheren Verlauf des Verfahrens gemachten Ausführungen und machte im Weiteren geltend, Ärzte in der Schweiz hätten bestätigt, dass er aufgrund seiner psychischen Beschwerden zu 52% arbeitsunfähig sei. In Griechenland sei er indessen ungenügend behandelt worden, weshalb sich seine Beschwerden verschlimmert hätten. Es sei ihm auch nicht bekannt gewesen, dass er aufgrund seiner eingeschränkten Erwerbsfähigkeit Anspruch auf Ergänzungsleistungen gehabt hätte, zumal es ihm nicht hätte zugemutet werden können, sich diesbezüglich selber vor Ort zu informieren. Im Übrigen sei auch nicht nachvollziehbar, wieso das SEM davon ausgehe, dass er Ergänzungsleistungen hätte erhalten können. Insgesamt würde er bei einer allfälligen Rückkehr nicht nur keine adäquate medizinische Betreuung erhalten, sondern auch abermals in eine finanzielle und somit existenzielle Notlage geraten.
Mit gleichentags eröffneter Verfügung vom 30. August 2024 trat das SEM in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG auf das Asylgesuch des
Beschwerdeführers nicht ein, wies ihn aus der Schweiz weg und forderte ihn auf, die Schweiz am Tag nach Eintritt der Rechtskraft zu verlassen, ansonsten er in Haft genommen und unter Zwang nach Griechenland zurückgeführt werden könnte. Ferner beauftragte das SEM den Kanton C. mit dem Vollzug der Wegweisung und ordnete die Aushändigung der editionspflichtigen Akten gemäss Aktenverzeichnis an den Beschwerdeführer an.
Der Beschwerdeführer erhob mit Eingabe vom 5. September 2024 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde und beantragte dabei, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und die Vorinstanz sei anzuweisen, auf das Asylgesuch einzutreten und in der Schweiz ein materielles Asylverfahren durchzuführen. Eventualiter sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und seine vorläufige Aufnahme in der Schweiz anzuordnen, subeventualiter sei die Sache zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung und Neueurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen
In prozessualer Hinsicht beantragte er die Gewährung der aufschiebenden Wirkung; die kantonale Vollzugsbehörde sei vorsorglich und superprovisorisch anzuweisen, von seiner Überstellung nach Griechenland abzusehen, bis über das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung entschieden worden sei. Weiter ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung inklusive Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.
Am 6. September 2024 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Eingang der Beschwerde.
Gemäss Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG zuständig und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – und auch vorliegend – endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG).
Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht worden. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und Art. 108 Abs. 3 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist daher – vorbehältlich E. 2 – einzutreten.
Auf die Anträge auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung sowie auf Anordnung superprovisorischer Massnahmen ist mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten, da der Beschwerde von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt (Art. 55 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 42 AsylG), und diese von der Vorinstanz nicht entzogen wurde.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
In Anwendung von Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.
In der Beschwerde wird gerügt, die Vorinstanz sei in ihrem Entscheid nicht weiter darauf eingegangen, dass der Beschwerdeführer wegen seiner Beschwerden im Zusammenhang mit seiner (…) in der Schweiz Physiound Ergotherapie sowie psychologische Behandlung erhalte, sondern habe lediglich festgestellt, dass medizinische Abklärungen mit allfälligen Kontrollen der (…) sowie eine Weiterbehandlung durch Physiotherapie auch in Griechenland adäquat vorgenommen werden könnten. Dabei sei nicht berücksichtigt worden, dass eine adäquate Behandlung nicht gewährleistet sei und es im Falle einer Überstellung nach Griechenland zu einer rasanten Verschlechterung insbesondere des psychischen Zustandes kommen könnte. Dadurch habe die Vorinstanz ihre Untersuchungspflicht verletzt und den Sachverhalt ungenügend abgeklärt.
Der Beschwerdeführer zielt – entgegen seiner Auffassung – mit seiner Kritik nicht auf die Rüge der unvollständigen Sachverhaltsfeststellung, sondern er zieht die vorinstanzliche Beurteilung, er werde in Griechenland die
notwendige medizinische Behandlung erhalten, in Zweifel. Allein der Umstand, dass die Vorinstanz die Vorbringen – und insbesondere die gesundheitliche Situation – des Beschwerdeführers nicht so beurteilt wie von ihm gewünscht, lässt weder auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs noch auf eine unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsfeststellung schliessen. Vielmehr handelt es sich um eine materielle Frage, welche nachfolgend zu prüfen ist. Der Vollständigkeit halber bleibt anzumerken, dass das SEM dem Beschwerdeführer wiederholt (anlässlich des persönlichen Gesprächs vom 17. März 2023, mit Schreiben vom 14. August 2024 sowie mit der Zustellung des Entscheidentwurfs am 28. August 2024) die Möglichkeit gegeben hat, sich eingehend zum medizinischen Sachverhalt zu äussern, und es sich auch bei den zuständigen kantonalen Behörden nach dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers erkundigt hat. Zudem hat es die eingegangenen Stellungnahmen und ärztlichen beziehungsweise medizinischen Unterlagen eingehend gewürdigt.
Bei dieser Sachlage ist das subeventualiter gestellte Begehren um Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zwecks vertiefter Abklärung des Sachverhalts und Neubeurteilung abzuweisen.
Bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es die Vorinstanz ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 31a Abs.1–3 AsylG), ist die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist (vgl. BVGE 2017 VI/5 E. 3.1; 2012/4 E. 2.2, je m.w.H.).
Bezüglich der Frage der Wegweisung und des Wegweisungsvollzugs hat die Vorinstanz eine materielle Prüfung vorgenommen, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich volle Kognition zukommt.
Gemäss Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG wird auf ein Asylgesuch nicht eingetreten, wenn die asylsuchende Person in einen nach Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG als sicher bezeichneten Drittstaat zurückkehren kann, in welchem sie sich vorher aufgehalten hat.
Der Bundesrat bezeichnet Staaten, in denen nach seinen Feststellungen effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG besteht, als sichere Drittstaaten (Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG).
Die Vorinstanz stellte in der angefochtenen Verfügung zutreffend fest, dass es sich bei Griechenland als Mitgliedstaat der EU um einen sicheren Drittstaat im Sinne von Art. 6a Abs. 2 Bst. b AsylG handelt. Mit Beschluss des Bundesrates vom 14. Dezember 2007 wurden sämtliche Länder der EU und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) als sichere Drittstaaten bezeichnet. Den vorinstanzlichen Akten ist sodann zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer in Griechenland internationaler Schutz gewährt worden ist und die griechischen Behörden am 24. Februar 2023 seiner Rückübernahme ausdrücklich zugestimmt und die Gültigkeit dieser Zustimmung am 22. Juli 2024 bestätigt haben.
Das SEM ist demnach zu Recht in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. a AsylG auf das Asylgesuch nicht eingetreten. An dieser Feststellung vermögen der Hinweis, Griechenland sei ein zentrales Einreiseland für viele afghanische Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Europa, oder die Bemerkung, die Vorinstanz räume selber ein, dass "gewisse Anzeichen für das Bestehen der Flüchtlingseigenschaft beim Beschwerdeführenden" bestünden (vgl. Beschwerde S. 14), nichts zu ändern, zumal dem Beschwerdeführer bereits in Griechenland die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen worden war. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die sehr hohe Schwelle für die Feststellung einer Unzulässigkeit, die der EuGH in den in der Beschwerde zitierten Urteilen definiert hat, vorliegend nicht erreicht wird, wobei dies gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts unter dem Aspekt des Wegweisungsvollzuges zu behandeln ist (nachfolgend E. 9.4.2; vgl. Referenzurteil des BVGer E-3427/2021 E-3431/2021 E. 10 und 11).
Lehnt das SEM das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an (Art. 44 AsylG).
Der Beschwerdeführer verfügt in der Schweiz weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (Art. 44 AsylG; vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.).
möglich, so regelt die Vorinstanz das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (im Sinne von Art. 44 [zweiter Satz] AsylG i.V.m. Art. 83 Abs. 2-4 AIG [SR 142.20]).
Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz (insbesondere Art. 5 Abs. 1 AsylG, Art. 33 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30], Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe [FoK, SR 0.105] und Art. 3 EMRK) einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG).
Der Vollzug der Wegweisung nach Griechenland erweist sich in Beachtung der oben genannten völkerund landesrechtlichen Bestimmung als zulässig. Es handelt sich bei Griechenland um einen sicheren Drittstaat, in welchem der Beschwerdeführer Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG findet. Griechenland ist sodann Signatarstaat der EMRK, der FoK und der FK sowie des Zusatzprotokolls der FK vom 31. Januar 1967 (SR 0.142.301) und kommt seinen diesbezüglichen völkerrechtlichen Verpflichtungen grundsätzlich nach. Zwar erkennt das Bundesverwaltungsgericht an, dass die Lebensbedingungen in Griechenland für dort anerkannte Schutzberechtigte in fast allen Bereichen des täglichen Lebens äusserst schwierig sind und sich die Alltagsbewältigung beschwerlich gestaltet. Es ist aber nicht von einer Situation auszugehen, in der jeder Person mit Schutzstatus eine unangemessene und erniedrigende Behandlung im Sinne einer Verletzung von Art. 3 EMRK drohen würde (vgl. das Referenzurteil des BVGer E-3427/2021, E-3431/2021 vom 28. März 2022, E. 11.2).
Ferner lassen auch die aktuellen gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers (insbesondere Schmerzen im Zusammenhang mit der (…), (…) sowie psychische Beschwerden [{…} und {…}]; vgl. Antwort des kantonalen Sozialdienstes C. vom 30. Juli 2024; SEM-Akten […])
nicht befürchten, dass er bei einer Überstellung nach Griechenland eine ernsthafte, rapide und irreversible Verschlechterung seiner Lage, verbunden mit übermässigem Leiden oder einer bedeutenden Verkürzung der Lebenserwartung, zu erwarten hätte (vgl. Urteil des EGMR Paposhvili gegen Belgien vom 13. Dezember 2016, Grosse Kammer, 41738/10, §§ 183 ff.; bestätigt durch Urteil des EGMR Savran gegen Dänemark vom 7. Dezember 2021, Grosse Kammer, Nr. 57467, §§ 124 ff).
Gestützt auf Art. 83 Abs. 5 AIG besteht ferner die Vermutung, dass eine Wegweisung in einen EUoder EFTA-Staat in der Regel zumutbar ist (vgl. BVGer-Referenzurteil E-3427/2021, E-3431/2021 E. 11.3). Die Legalvermutung der Zumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung gilt bezüglich Griechenland grundsätzlich auch für vulnerable Personen, wie zum Beispiel Personen, die an gesundheitlichen Problemen leiden, die nicht als schwerwiegende Erkrankung einzustufen sind (vgl. a.a.O. E. 11.5.1).
Es obliegt der betroffenen Person, diese Legalvermutung umzustossen. Dazu hat sie ernsthafte Anhaltpunkte dafür vorzubringen, dass die Behörden im konkreten Fall das Völkerrecht verletzen, ihr nicht den notwendigen Schutz gewähren oder sie menschenunwürdigen Lebensumständen aussetzen würden respektive, dass sie in Griechenland aufgrund von individuellen Umständen sozialer, wirtschaftlicher oder gesundheitlicher Art in eine existenzielle Notlage geraten würde (vgl. Referenzurteil E-3427/2021, E- 3431/2021 E. 11.4).
Nach Durchsicht der Akten und unter Berücksichtigung der Beschwerdevorbringen liegen keine Hinweise für die Annahme vor, der Beschwerdeführer wäre nach einer Rückkehr einer existenziellen Notlage ausgesetzt. Aufgrund seines Schutzstatus hat er grundsätzlich Zugang zu Sozialleistungen, zum griechischen Arbeitsmarkt und zur Gesundheitsversorgung. Er kann sich als anerkannter Flüchtling auf die Qualifikationsrichtlinie berufen. Es wird ihm möglich sein, sich an die entsprechenden Stellen zu wenden und im Bedarfsfall seine Rechte einzufordern sowie nötigenfalls die unentgeltliche Hilfe von Nichtregierungsorganisationen zu beanspruchen. Diesbezüglich kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die einlässlichen, auch die möglichen Erschwernisse auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigenden Ausführungen in der angefochtenen Verfügung verwiesen werden.
Auch das Bundesverwaltungsgericht stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer seit dem auf der Reise in Richtung Mitteleuropa in Mazedonien erlittenen Unfall unter gesundheitlichen Beschwerden physischer und psychischer Art leidet. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung gilt er dadurch jedoch noch nicht als äusserst vulnerable Person im Sinne der Rechtsprechung. Bereits im ambulanten Bericht des (…) vom 18. April 2023 wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer gemäss eigenen Angaben aufgrund der (…) nur noch leichte, nicht einschränkende Beschwerden habe, wobei lediglich zur (…) und (…) Ergotherapie empfohlen wurde; der Beschwerdeführer sei im Übrigen (…) (vgl. SEMAkten […]. Gemäss dem Psychiatrischen Bericht der (…) zuhanden MedicHelp vom 6. Juni 2023 gehe es dem Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge – nach zwei entlastenden Gesprächen bei einem Psychiater – auch psychisch deutlich besser; er sei froh, überlebt zu haben und habe keine (…) mehr (vgl. SEM-Akten […] sowie […]). Gemäss den neusten dem Gericht vorliegenden Unterlagen (Auskunft des Kantonalen Sozialdienstes C. vom 30. Juli 2024) beschränkt sich die medizinische Behandlung des Beschwerdeführers in der Schweiz aktuell auf Physiound Ergotherapie zum (…), (…) sowie der – zumindest zeitweiligen – Einnahme von "(…)" gegen (…), von "(…)" gegen (…) und (…) und von "(…)" gegen (…) verschiedener Art, er sei in psychologischer Behandlung (vgl. SEM-Akten […]). Behandlungen dieser Art und allenfalls notwendige Kontrollen können indes – wie in der angefochtenen Verfügung ebenfalls zutreffend bemerkt wurde – auch in Griechenland vorgenommen werden, zumal der Beschwerdeführer selber vorbrachte, bereits in Griechenland adäquate medizinische Behandlung erhalten zu haben, und dabei ausdrücklich bemerkte, die Ärzte in Griechenland seien zuvorkommend und hilfsbereit gewesen (vgl. SEM-Akten […], Antwort auf Frage 13).
Der Vollzug der Wegweisung erweist sich somit auch als zumutbar, zumal auf Beschwerdeebene auch keine neuen Beweismittel (insbe-sondere medizinischer Art) eingereicht wurden, welche hätten geeignet sein können, die persönliche Situation des Beschwerdeführers in einem anderen Licht erscheinen zu lassen.
Es ist schliesslich auch ohne Weiteres von der Möglichkeit des Wegweisungsvollzugs auszugehen (Art. 83 Abs. 2 AIG), da die griechischen Behörden einer Rückübernahme des Beschwerdeführers ausdrücklich zugestimmt haben und er über eine bis zum 7. September 2025 gültige Aufenthaltsbewilligung verfügt.
Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1–4 AIG).
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt und auch sonst nicht zu beanstanden ist (Art. 106 AsylG und Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Mit dem vorliegenden Urteil ist das Gesuch um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses gegenstandslos geworden.
Das mit der Beschwerdeschrift gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung ist gutzuheissen. Entsprechend sind keine Verfahrenskosten zu erheben.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf diese eingetreten wird.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wird gutheissen.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Daniela Brüschweiler Kathrin Mangold Horni
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