Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung IV |
Dossiernummer: | D-5344/2024 |
Datum: | 12.09.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Mehrfachgesuch) |
Schlagwörter : | Bundesverwaltungsgericht; Verfügung; Urteil; Mehrfachgesuch; Recht; Wegweisung; Eingabe; Vollzug; Verfahren; -lankische; Beweis; Vorinstanz; Gesuch; Beschwerdeführers; Vorbringen; Ausländer; Begründung; Beweismittel; -lankischen; Schweiz; Lanka; Sinne; Behörde; Verfolgung; Asylgesuch |
Rechtsnorm: | Art. 13 VwVG ;Art. 25 BV ;Art. 52 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 83 AIG ;Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: |
Abteilung IV D-5344/2024
Besetzung Einzelrichterin Contessina Theis,
mit Zustimmung von Richterin Daniela Brüschweiler; Gerichtsschreiber Martin Scheyli
Parteien A. , geboren am [...], Sri Lanka,
vertreten durch lic. iur. Anna Brauchli, Rechtsanwältin, Zürcher Beratungsstelle für Asylsuchende,
[...],
Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz
Gegenstand Asyl und Wegweisung (Nichteintreten auf Mehrfachgesuch); Verfügung des SEM vom 19. August 2024
Der Beschwerdeführer, ein sri-lankischer Staatsangehöriger tamilischer Ethnie, stellte erstmals am 7. März 2016 in der Schweiz ein Asylgesuch. Dieses wurde durch das Staatssekretariat für Migration (SEM) mit Verfügung vom 16. November 2016 abgelehnt, bei gleichzeitiger Anordnung der Wegweisung aus der Schweiz sowie des Vollzugs. Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wurde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil D-7875/2016 vom 6. September 2017 abgewiesen.
Am 31. Oktober 2017 richtete der Beschwerdeführer durch seinen damaligen Rechtsvertreter an das SEM eine Eingabe mit der Bezeichnung "neues Asylgesuch". Mit Verfügung vom 30. Juli 2020 wies das SEM dieses Gesuch (behandelt als Mehrfachgesuch im Sinne von Art. 111c Abs. 1 des Asylgesetzes [AsylG, SR 142.31]) ab und ordnete erneut die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz sowie den Vollzug an. Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wurde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil D-4432/2020 vom 6. Dezember 2023 abgewiesen.
Mit Eingabe seiner Rechtsvertreterin vom 31. Juli 2024 wandte sich der Beschwerdeführer unter der Bezeichnung "Wiedererwägungsgesuch und Mehrfachgesuch" ein weiteres Mal an das SEM.
Mit Verfügung vom 19. August 2024 (Datum der Eröffnung: 20. August 2024) trat das SEM auf dieses Gesuch (unter anderem behandelt als Mehrfachgesuch im Sinne von Art. 111c Abs. 1 AsylG) nicht ein, ordnete erneut die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz sowie den Vollzug an und erhob eine Verfahrensgebühr von Fr. 600.–.
Diese Verfügung focht der Beschwerdeführer mit Eingabe seiner Rechtsvertreterin vom 27. August 2024 beim Bundesverwaltungsgericht an. Dabei beantragte er im Wesentlichen die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Rückweisung der Sache an das SEM mit der Anweisung, auf das Mehrfachgesuch einzutreten und dieses materiell zu prüfen, unter Einschluss seiner Vorbringen, die sich auf den Zeitraum zwischen Juni und August 2023 beziehen würden. Eventualiter seien die Vorbringen, die sich
auf den Zeitraum zwischen Juni und August 2023 beziehen würden, als Revisionsgesuch vom Bundesverwaltungsgericht entgegenzunehmen, subeventualiter sei die Eingabe an das SEM vom 31. Juli 2024 als Revisionsgesuch vom Bundesverwaltungsgericht entgegenzunehmen. In prozessualer Hinsicht beantragte er, es sei ihm nach Erhalt der Asylakten eine Frist zur Ergänzung seiner Beschwerde beziehungsweise seines Revisionsgesuchs zu gewähren, seiner Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen, und die zuständigen Behörden seien im Sinne einer vorsorglichen Massnahme anzuweisen, von Vollzugshandlungen abzusehen. Weiter beantragte er, es seien ihm die unentgeltliche Prozessführung im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG sowie die amtliche Rechtsverbeiständung gemäss Art. 102m Abs. 1 Bst. a AsylG zu gewähren. Auf die Begründung der Eingabe wird, soweit für den Entscheid wesentlich, in den Erwägungen eingegangen.
Im Hinblick auf die Durchführung eines Revisionsverfahrens (Geschäftsnummer D-5542/202) in Bezug auf das Urteil vom 6. Dezember 2023 wies das Bundesverwaltungsgericht mit Zwischenverfügung vom 2. September 2024 die Vollzugsbehörden im Sinne einer superprovisorischen Massnahme an, einstweilen keine Vollzugshandlungen vorzunehmen.
Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Über Beschwerden gegen Verfügungen, die gestützt auf das AsylG durch das SEM erlassen worden sind, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich (mit Ausnahme von Verfahren betreffend Personen, gegen die ein Auslieferungsersuchen des Staates vorliegt, vor welchem sie Schutz suchen) endgültig (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31–33 VGG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht können im Anwendungsbereich des AsylG die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Missbrauch und Überschreitung des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG). Im Bereich des Ausländerrechts richtet sich die Kognition des Gerichts nach Art. 49 VwVG (BVGE 2014/26 E. 5).
Der Beschwerdeführer ist legitimiert; auf seine fristund formgerecht eingereichte Eingabe ist – soweit diese als Beschwerde in Bezug auf die Verfügung des SEM vom 19. August 2024 zu behandeln ist (vgl. E. 4.2) – einzutreten (Art. 105 und Art. 108 Abs. 3 AsylG; Art. 37 VGG i.V.m. Art. 48
Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG).
Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e AsylG). Vorliegend handelt es sich, wie nachfolgend aufgezeigt wird, um eine solche, weshalb das Urteil nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.
Das mit der Beschwerdeschrift gestellte Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist angesichts von Art. 42 AsylG gegenstandslos.
Der mit der Beschwerdeschrift gestellte Antrag, es sei nach Erhalt der Asylakten eine Frist zur Ergänzung der Beschwerde zu gewähren, ist abzuweisen, bestehen die im vorliegenden Verfahren wesentlichen vorinstanzlichen Akten in materieller Hinsicht doch ausschliesslich aus der Eingabe des Beschwerdeführers vom 31. Juli 2024 an das SEM sowie der angefochtenen Verfügung.
Prüfungsgegenstand ist im vorliegenden Verfahren einzig die Frage, ob die Vorinstanz gestützt auf Art. 111c Abs. 1 Satz 1 AsylG zu Recht auf das neue Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist. Die Beschwerdeinstanz enthält sich – sofern sie den Nichteintretensentscheid als unrechtmässig erachtet – einer selbständigen materiellen Prüfung; sie hebt die angefochtene Verfügung auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück (vgl. BVGE 2007/8 E. 2.1 m.w.H.). Nachdem die Vorinstanz die Frage der Wegweisung und des Vollzugs materiell geprüft hat, kommt dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich volle Kognition zu.
Hinsichtlich der mit der Eingabe vom 27. August 2024 gestellten (Eventual-) Anträge, bestimmte Vorbringen, welche mit Eingabe an das SEM vom
31. Juli 2024 gemacht worden seien, beziehungsweise die Eingabe vom
31. Juli 2024 als solche seien vom Bundesverwaltungsgericht unter dem Titel eines Revisionsgesuchs entgegenzunehmen, wird unter der Geschäftsnummer D-5542/2024 ein gesondertes Verfahren geführt.
Asylgesuche, die innert fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Asylund Wegweisungsentscheides eingereicht werden, haben gemäss Art. 111c Abs. 1 AsylG schriftlich und begründet zu erfolgen. Ausreichend begründet ist ein Gesuch, wenn die Behörde in der Lage ist, über das Gesuch zu entscheiden, auch ohne dass sie die gesuchstellende Person vorher anhört. Die Beschleunigung darf jedoch nicht auf Kosten der Rechtsstaatlichkeit der Verfahren geschehen. So ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass während der gesetzlich vorgesehenen Zeitspanne von fünf Jahren seit Abschluss des ordentlichen früheren Asylverfahrens auch die erneuten Asylgesuche jener Personen nach den Regeln von Art. 111c AsylG zu behandeln sind, die zwischenzeitlich in ihren Heimatstaat – mithin in den potentiellen und behaupteten Verfolgerstaat – zurückgekehrt sind. In diesen Fällen könnten tatsächlich neue beachtliche Gründe für eine Verfolgung geltend gemacht werden, welche von den Gesuchstellenden in einer schriftlichen (Laien-)Eingabe nicht ausführlich genug dargelegt werden können. In Ermangelung einer Regelung im Asylgesetz sind daher bei ungenügender Einhaltung der Formvorschriften die Regeln nach Art. 52 VwVG zu beachten. Die analoge Anwendung der Vorschriften hinsichtlich Beschwerdeverbesserung und -ergänzung in den Verfahren betreffend Mehrfachgesuche ist auch mit Rücksicht auf die hochrangigen Rechtsgüter geboten, welche Gegenstand des Asylverfahrens sind (vgl. die Botschaft zur Änderung des Asylgesetzes vom 26. Mai 2010, BBl 2010 4455, 4473; BVGE 2014/39 E. 5.3 ff.).
Kommt eine asylsuchende Person im Rahmen eines Mehrfachgesuchs ihrer Begründungspflicht offensichtlich nicht nach, hat die Behörde auch in Verfahren, in denen nicht ohnehin schon die speziellen Voraussetzungen der Art. 31a Abs. 1–3 AsylG vorliegen, die Möglichkeit, auf das Gesuch gestützt auf Art. 111c Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 13 Abs. 2 VwVG nicht einzutreten (BVGE 2014/39 E. 7.1 S. 699).
Zur Begründung seiner Eingabe an das SEM vom 31. Juli 2024 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er mache sowohl unechte als
auch echte Noven geltend. Es handle sich einerseits um Ereignisse und Beweismittel, welche im Zeitraum vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2023 datieren würden, andererseits um solche, die sich danach zugetragen hätten.
Unter dem Titel "unechter Noven" wurde vorgebracht, der Beschwerdeführer sei im Jahr 2023 dreibis viermal von Polizisten in Zivilkleidung zu Hause (implizit: an seinem letzten Wohnort in Sri Lanka) gesucht sowie dreimal von der Polizei vorgeladen worden. In diesem Zusammenhang wurden als Beweismittel drei Vorladungen vom 10. Juni, 15. August und
30. August 2023 mitsamt englischen Übersetzungen eingereicht.
Unter dem Titel "echter Noven" wurde vorgebracht, nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2023 hätten sich neue Ereignisse zugetragen, indem drei neue Beweismittel vorliegen würden. In einem Schreiben vom 19. Dezember 2023 bezeuge der Gemeindepfarrer von B. (Bezirk Mullaitivu, Nordprovinz), dass der Beschwerdeführer vom ethnischen Konflikt betroffen gewesen sei und dessen Neffe im Krieg verschwunden sei. Dessen Schwester habe an Demonstrationen gegen die Regierung teilgenommen und sei von Militärkräften bedroht worden. Aus diesen Gründen fürchte sich der Beschwerdeführer, nach Sri Lanka zurückzukehren. Weiter hätten die sri-lankischen Behörden im Jahr 2024 zweimal an dessen Heimatort nach dem Beschwerdeführer gesucht. Von einem ersten, inoffiziellen Besuch bei der Mutter des Beschwerdeführers sei ein Video aufgenommen worden. Beim zweiten Mal sei seiner Muter eine vom 20. Juni 2024 datierende Vorladung der sri-lankischen Polizei ausgehändigt worden. In diesem Zusammenhang wurden als Beweismittel ein Schreiben des Gemeindepfarrers von B. vom 19. Dezember 2023, die Kopie einer Vorladung vom 20. Juni 2024 sowie ein digitales Speichermedium (USB-Stick) mit einem Videofilm eingereicht.
In den bisherigen Verfahren seien das SEM wie auch das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass zwar nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2009 von den sri-lankischen Behörden mitgenommen und während mehrerer Monate in einem Lager festgehalten, befragt und misshandelt worden sei. Indessen sei ihm nicht geglaubt worden, dass er nach seiner Flucht aus dem Lager weiterhin über Jahre hinweg von den sri-lankischen Sicherheitsbehörden gesucht worden sei. Die eingereichten neuen Beweismittel würden belegen, dass der Beschwerdeführer durch die sri-lankische Polizei weiterhin im Zusammenhang mit seiner Unterstützung der LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam) gesucht werde. Somit bestehe eine begründete Furcht des
Beschwerdeführers, bei einer Rückkehr nach Sri Lanka asylrelevanten Nachteilen ausgesetzt zu werden.
Weiter wurde geltend gemacht, es sei auf die durch das Referenzurteil des Bundesverwaltungsgerichts E-1866/2015 vom 15. Juli 2016 identifizierten Risikofaktoren einzugehen, welche in Kombination mit bereits erlittener Verfolgung auch zur Bejahung von Vorfluchtgründen und zur Asylgewährung führen könnten. Derartige Risikofaktoren seien im Fall des Beschwerdeführers gegeben. So seien seine drei Brüder bei den LTTE aktiv gewesen, wobei einer als Märtyrer gefallen und ein weiterer in Haft sei. Der Beschwerdeführer selber habe in den Jahren 2001 bis 2006 regelmässige Unterstützungsleistungen zugunsten der LTTE geleistet und sei während sechs Monaten in Haft gewesen, wobei er zur genannten Organisation befragt und misshandelt worden sei. Zudem lägen vier aktuelle Vorladungen betreffend Ermittlungen wegen Unterstützung der LTTE gegen den Beschwerdeführer vor. Schliesslich habe er in der Schweiz an Demonstrationen für die tamilische Sache teilgenommen, womit eine exilpolitische Tätigkeit vorliege. Unter diesem Aspekt seien jedenfalls subjektive Nachfluchtgründe gegeben.
Insgesamt sei aufgrund der erlittenen Vorverfolgung in Kombination mit der durch die neu eingereichten Beweismittel glaubhaft gemachten aktuellen Suche des CID (Criminal Investigation Department) der sri-lankischen Polizei nach dem Beschwerdeführer von einer asylrelevanten Verfolgung auszugehen. Zumindest müsse diese aber in Kombination mit den genannten Risikofaktoren bejaht werden. Bei der Verbindung des Beschwerdeführers zu den LTTE und der exilpolitischen Tätigkeit handle es sich um zwei stark risikobegründende Elemente, welche bereits für sich allein genommen zur Bejahung einer begründeten Furcht vor asylrelevanter Verfolgung führen könnten. In Kombination mit den anderen schwach risikobegründenden Elementen und der erlittenen Vorverfolgung müsse von einer begründeten Furcht vor ernsthaften Nachteilen im Sinne von Art. 3 AsylG ausgegangen werden.
Das SEM begründete seine Verfügung vom 19. August 2024 im Wesentlichen folgendermassen: Sowohl das Staatssekretariat in seinen beiden Verfügungen vom 16. November 2016 und vom 30. Juli 2020 als auch das Bundesverwaltungsgericht in seinen beiden Urteilen vom 6. September 2017 und vom 6. Dezember 2023 seien zum Schluss gekommen, dass die geltend gemachten Fluchtgründe, soweit die Zeit zwischen 2009 und 2016 betreffend, nicht glaubhaft seien. Es sei folglich nicht nachvollziehbar und werde in der Eingabe vom 31. Juli 2024 auch nicht in substantiierter
Art und Weise dargelegt, weshalb der Beschwerdeführer nun acht Jahre nach seiner Ausreise im Jahr 2016 beziehungsweise fünfzehn Jahre nach seiner im Jahr 2009 erfolgten Flucht aus einem Internierungslager von den sri-lankischen Behörden gesucht beziehungsweise vorgeladen werden sollte. Selbst wenn dem so wäre, so lasse sich aus den eingereichten Beweismitteln unter den gegebenen Umständen ohnehin nicht ableiten, dass die behaupteten Massnahmen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmassnahmen führen würden. Die neu eingereichten Beweismittel seien nicht geeignet zu belegen, dass der Beschwerdeführer im Heimatstaat mit einer behördlichen Verfolgung zu rechnen hätte.
Des Weiteren stellte das SEM fest, jene Beweismittel, welche aus dem Zeitraum vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2023 stammen würden, wären in einem allfälligen Revisionsverfahren geltend zu machen. Mangels funktioneller Zuständigkeit trete es auf die betreffendenVorbringen gestützt auf Art. 9 Abs. 2 VwVG nicht ein.
Angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer unter anderem geltend machte, nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2023 hätten sich – durch eine zweimalige Suche der sri-lankischen Sicherheitskräfte nach seiner Person – neue Ereignisse zugetragen, hat das SEM dessen Eingabe vom 31. Juli 2024 insofern korrekterweise als Mehrfachgesuch im Sinne von Art. 111c Abs. 1 AsylG behandelt (vgl. BVGE 2014/39 E. 4.5 f.).
Die Einschätzung der Vorinstanz, die Eingabe des Beschwerdeführers vom 31. Juli 2024 sei, soweit sie als Mehrfachgesuch zu behandeln sei, offensichtlich unbegründet, erweist sich ebenfalls als gerechtfertigt.
Wie in der vorliegend angefochtenen Verfügung zutreffenderweise festgestellt wurde, stufte das Bundesverwaltungsgericht die Asylvorbringen des Beschwerdeführers zuletzt mit Urteil vom 6. Dezember 2023 als unglaubhaft ein.
Dabei führte das Gericht im genannten Urteil (dortige E. 12) im Wesentlichen aus, die mit dem Mehrfachgesuch vom 31. Oktober 2017 geltend gemachten neuen Vorbringen bezüglich der gewichtigeren Hilfeleistungen zugunsten der LTTE seien als nachgeschoben und unglaubhaft zu qualifizieren. Abgesehen davon würden die angeblichen regelmässigen gewichtigeren Hilfeleistungen zugunsten der LTTE selbst unter der Annahme ihrer Glaubhaftigkeit nichts an der fehlenden Asylrelevanz dieses neuen
Vorbringens ändern. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits in seinem Urteil vom 6. September 2017 erwogen, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Fluchtgründe – soweit sie die Zeit zwischen 2009 und 2016 betreffen würden – nicht glaubhaft seien. Die vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Fluchtgründe wiederum seien infolge Unterbrechung des Kausalzusammenhangs nicht asylrelevant. Was das Risikoprofil anbelange, sei es dem Beschwerdeführer – wie bereits im Urteil vom 6. September 2017 festgehalten – nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass er seit dem Kriegsende im Jahr 2009 mit den sri-lankischen Sicherheitskräfte relevante Probleme gehabt habe. Daraus sei zu schliessen, dass die sri-lankischen Behörden an seiner Person offensichtlich kein Interesse (mehr) hätten. Folglich sei in seinem Fall auch unter Berücksichtigung des damals über siebenjährigen Aufenthalts in der Schweiz nach wie vor nicht davon auszugehen, dass er bei der Wiedereinreise nach Sri Lanka wegen fehlender Identitätspapiere und wegen eines durchlaufenen Asylverfahrens in der Schweiz mit einer asylrelevanten Verfolgung zu rechnen hätte. Schliesslich seien auch die geltend gemachten exilpolitischen Tätigkeiten gänzlich unsubstantiiert geblieben.
Es ist in Übereinstimmung mit der Vorinstanz festzustellen, dass die mit dem Mehrfachgesuch vom 31. Juli 2024 geltend gemachten Vorbringen in keiner Weise geeignet sind, eine heute bestehende asylrechtlich relevante Gefährdungssituation glaubhaft zu machen. Zum einen ist schlicht nicht ersichtlich und wird im Mehrfachgesuch auch nicht nachvollziehbar begründet, weshalb am Beschwerdeführer zum heutigen Zeitpunkt – und zwar anders als im Zeitraum vor dem Urteil vom 6. Dezember 2023 – seitens der sri-lankischen Sicherheitskräfte ein asylrechtlich relevantes Verfolgungsinteresse bestehen sollte. Zum anderen sind die betreffenden Vorbringen zu den angeblichen Ereignissen des Jahres 2024 auch nicht geeignet, die Einschätzung der fehlenden Glaubhaftigkeit jener Asylgründe zu beeinflussen, welche mit dem Urteil vom 6. Dezember 2023 bereits zu beurteilen waren. Es ist diesbezüglich vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Verfügung zu verweisen, welche auch durch die Argumente nicht in Frage gestellt werden, welche mit der Beschwerdeschrift vorgebracht worden sind.
Mit der Beschwerdeschrift wird im Übrigen geltend gemacht, das SEM habe in der angefochtenen Verfügung, obwohl es auf das Mehrfachgesuch mangels ausreichender Begründung nicht eingetreten sei, eine materielle Prüfung der neuen Vorbringen und Beweismittel vorgenommen. Es sei denn auch kaum ersichtlich, inwiefern ein ablehnender Entscheid der Vor-
instanz wesentlich anders begründet worden wäre als der vorliegende Nichteintretensentscheid. Eine Folge der falschen Erledigungsart sei jedoch, dass aufgrund der Beschwerdefrist von lediglich fünf Arbeitstagen statt dreissig Tagen ein Missverhältnis zwischen der vergleichsweise einlässlichen Prüfung der Vorinstanz und den begrenzten Möglichkeiten zur Begründung einer Beschwerde mit einer derart kurzen Frist bestehe. Hinzu komme das verfahrensrechtlich stossende Ergebnis, dass eine Gutheissung der vorliegenden Beschwerde sich wegen des Grundsatzes der Kognitionsverengung lediglich auf den Eintretenspunkt beziehen könnte. Die Erledigung des Wiedererwägungsverfahrens (recte: Verfahrens aufgrund eines Mehrfachgesuchs) mittels Nichteintretensentscheides erscheine widersprüchlich, treuund damit rechtswidrig, hätte doch angesichts der Begründung der angefochtenen Verfügung ein ablehnender materieller Entscheid ergehen müssen.
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Wie sich erwiesen hat, hat die Vorinstanz mit nachvollziehbarer Argumentation darauf geschlossen, das Mehrfachgesuch vom 31. Juli 2024 sei, soweit es überhaupt als solches aufzufassen sei, nicht ausreichend begründet. Dies erfolgte zwar mit einer gewissen Begründungsdichte, welche aber nicht als unverhältnismässig bezeichnet werden kann. Vielmehr wurde die betreffende inhaltliche Auseinandersetzung in erster Linie dadurch verursacht, dass im Mehrfachgesuch vom 31. Juli 2024 weitgehend Vorbringen geltend gemacht wurden – allerdings ohne grundlegend neue Aspekte darzulegen, die ein Eintreten auf das Gesuch hätten rechtfertigen können –, welche bereits mit den Urteilen vom 6. September 2017 und vom 6. Dezember 2023 auf Beschwerdeebene zu erwägen gewesen waren. Die mit der Beschwerdeschrift vorgebrachte Rüge der Widersprüchlichkeit und einer damit verbundenen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung ist daher als ungerechtfertigt zu erachten.
Nach dem Gesagten hat das SEM in zutreffender Weise das Erfordernis einer ausreichenden Begründung im Sinne von Art. 111c Abs. 1 AsylG als nicht erfüllt erachtet und ist zu Recht in Anwendung von Art. 13 Abs. 2 VwVG auf das Gesuch nicht eingetreten (vgl. zum Nichteintretensgrund der mangelhaften Begründung BVGE 2014/39 E. 7).
Die Ablehnung eines Asylgesuchs oder das Nichteintreten auf ein Asylgesuch hat in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge (Art. 44 AsylG). Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer
solchen (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.). Die verfügte Wegweisung steht daher im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und wurde von der Vorinstanz zu Recht angeordnet.
Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländerinnen und Ausländern (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration [AIG, SR 142.20]).
Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz (insbesondere Art. 5 Abs. 1 AsylG, Art. 33 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30], Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe [FoK, SR 0.105] und Art. 3 EMRK) einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AlG).
Gemäss Art. 83 Abs. 4 AlG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AlG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren.
Der Vollzug ist schliesslich nicht möglich, wenn die Ausländerin oder der Ausländer weder in den Heimatoder in den Herkunftsstaat noch in einen Drittstaat ausreisen oder dorthin gebracht werden kann (Art. 83 Abs. 2 AlG).
Für die Geltendmachung von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft. Mithin sind sie zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
Die Vorinstanz hat in der angefochtenen Verfügung mit zutreffender Begründung erkannt, dass der in Art. 5 AsylG verankerte Grundsatz der Nichtrückschiebung mangels Erfüllung der Flüchtlingseigenschaft keine Anwendung findet und keine anderweitigen völkerrechtlichen
Vollzugshindernisse erkennbar sind. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der jüngsten politischen Entwicklungen in Sri Lanka. Es besteht keinerlei Grund zur Annahme, die allgemeinen politischen Entwicklungen in Sri Lanka könnten sich zum heutigen Zeitpunkt in konkreter, die Zulässigkeit des Vollzugs der Wegweisung in Frage stellender Weise auf den Beschwerdeführer auswirken.
Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2023 wurde der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers für zumutbar befunden. An dieser Einschätzung vermögen weder die mit dem Mehrfachgesuch und in der Beschwerdeschrift behaupteten Vorbringen zur angeblichen behördlichen Suche nach dem Beschwerdeführer noch die aktuellen Ereignisse in Sri Lanka etwas zu ändern. Andere Gründe, welche gegen die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs sprechen würden, wurden weder substantiiert geltend gemacht, noch sind solche aus den Akten ersichtlich.
Des Weiteren obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der zuständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG; dazu auch BVGE 2008/34 E. 12), weshalb der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist (Art. 83 Abs. 2 AIG).
Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich erachtet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1–4 AIG).
Aus den angestellten Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und – soweit diesbezüglich überprüfbar – angemessen ist. Die Beschwerde ist somit abzuweisen.
Aufgrund der angestellten Erwägungen hat sich die Beschwerde als von vornherein aussichtslos erwiesen. Die mit der Beschwerdeschrift gestellten Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung (Art. 65 Abs. 1 VwVG) und der amtlichen Rechtsverbeiständung (Art. 102m Abs. 1 Bst. a AsylG) sind daher abzuweisen.
Als Folge der Abweisung der Beschwerde sind die Kosten des Verfahrens somit dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG). Die Kosten sind auf Fr. 2'000.– festzusetzen (Art. 1–3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2] i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG).
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und der amtlichen Rechtsverbeiständung werden abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 2'000.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.
Die Einzelrichterin: Der Gerichtsschreiber:
Contessina Theis Martin Scheyli
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