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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-4638/2024

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts D-4638/2024

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-4638/2024
Datum:03.09.2024
Leitsatz/Stichwort:Verweigerung vorübergehender Schutz
Schlagwörter : Schutz; Beschwerdeführende; Beschwerdeführenden; Schweiz; Frankreich; Wegweisung; Vollzug; Recht; Staat; Verfügung; Gesuch; Bundesverwaltungsgericht; Verfahren; Schutzstatus; Ukraine; Vorinstanz; Gewährung; Akten; Ausländer; Schutzes; Verfahrens; Person; ügen
Rechtsnorm: Art. 33 VwVG ;Art. 49 BV ;Art. 52 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 65 VwVG ;Art. 83 AIG ;Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-4638/2024

U r t e i l v o m 3 . S e p t e m b e r 2 0 2 4

Besetzung Einzelrichterin Daniela Brüschweiler,

mit Zustimmung von Richterin Regina Derrer, Gerichtsschreiberin Regula Frey.

Parteien A. , geboren am (…), Algerien,

  1. , geboren am (…), Ukraine,

  2. , geboren am (…), Ukraine,

alle (…),

Beschwerdeführende,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Verweigerung vorübergehender Schutz; Verfügung des SEM vom 27. Juni 2024 / N (…).

Sachverhalt:

A.

Die Beschwerdeführenden und ihr gemeinsames Kind C. stellten am (…) in der Schweiz ein Gesuch um Gewährung vorübergehenden Schutzes.

B.

    1. Mit Schreiben vom 22. Februar 2024 gewährte das SEM den Beschwerdeführenden das rechtliche Gehör zur beabsichtigten Ablehnung des Gesuchs um vorübergehenden Schutz sowie zu einer Wegweisung nach D. (gültiges Visum) oder Frankreich (gültige Aufenthaltsbewilligung). Das Schreiben vom 22. Februar 2024 wurde gemäss Akten am

      22. Februar 2024 den Beschwerdeführenden persönlich und am 29. Februar 2024 der zugewiesenen Rechtsvertretung ausgehändigt.

    2. Die Beschwerdeführenden verzichteten auf die Einreichung einer Stellungnahme.

C.

Mit Verfügung vom 27. Juni 2024 – eröffnet am 1. Juli 2024 – lehnte das SEM das Gesuch der Beschwerdeführenden um vorübergehenden Schutz ab, wies sie aus der Schweiz weg und verpflichtete sie, das Staatsgebiet der Schweiz am Tag nach Eintritt der Rechtskraft der Verfügung zu verlassen. Der Kanton E. – dem die Beschwerdeführenden zugewiesen wurden – wurde mit dem Vollzug der Wegweisung beauftragt.

D.

Mit Eingabe vom 23. Juli 2024 (Datum Postaufgabe) erhoben die Beschwerdeführenden gegen diese Verfügung Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sinngemäss beantragten sie die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung und die Gewährung vorübergehenden Schutzes.

E.

Am 24. Juli 2024 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Eingang der Beschwerde.

F.

    1. Wegen fehlender Unterschrift forderte die Instruktionsrichterin die Beschwerdeführenden mit Zwischenverfügung vom 29. Juli 2024 auf, innert sieben Tagen ab Erhalt dieser Zwischenverfügung eine Beschwerdever-

      besserung einzureichen, verbunden mit der Androhung, bei ungenutzter Frist werde auf die Beschwerde nicht eingetreten.

    2. Dieser Aufforderung kamen die Beschwerdeführenden am 2. August 2024 – und damit fristgerecht – nach.

G.

Mit Zwischenverfügung vom 6. August 2024 hielt die Instruktionsrichterin fest, die Beschwerdeführenden dürften den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten und forderte sie gleichzeitig zur Leistung eines Kostenvorschusses in der Höhe von Fr. 750.– bis zum 21. August 2024 auf.

H.

Mit Eingabe vom 14. August 2024 (Datum Postaufgabe: 17. August 2024) ersuchten die Beschwerdeführenden um unentgeltliche Prozessführung sowie um Wechsel der Verfahrenssprache. Gleichzeitig reichten sie eine Fürsorgebestätigung (datiert vom 13. August 2024) sowie das Formular

«Demande d’assistance judiciaire» zu den Akten.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls – in der Regel und auch vorliegend – endgültig (Art. 72 i.V.m. 105 AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).

    2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

    3. Die Beschwerdeführenden haben am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, sind durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Sie sind daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 72 AsylG i.V.m. Art. 108 Abs. 6 AsylG, Art. 48 Abs. 1 und Art. 52

      Abs. 1 VwVG).

    4. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Unterschrift auf dem am 2. August 2024 nachgereichten Beschwerdeexemplar zwar nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Indessen kann angesichts der gesamten Aktenlage der Inhalt der Beschwerde ohne Zweifel den Beschwerdeführenden zugerechnet werden und es besteht kein Anlass zur Annahme, eine unberechtigte Person habe die Beschwerde erhoben. Diesbezügliche Weiterungen erübrigen sich damit.

    5. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

Die Beschwerde richtet sich angesichts der Beschwerdebegründung – und nachdem die Beschwerdeführenden ihrem aktenkundigen Wunschkanton zugeteilt wurden – nicht gegen die Kantonszuteilung (Dispositivziffer 4 der angefochtenen Verfügung). Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet demnach die Frage, ob das SEM zu Recht die Gesuche der Beschwerdeführenden um vorübergehenden Schutz abgelehnt, die Wegweisung verfügt und den Vollzug angeordnet hat. Im Übrigen ist die angefochtene Verfügung mangels Anfechtung mit Ablauf der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen.

3.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich, soweit die Verweigerung vorübergehenden Schutzes betreffend, nach Art. 106 Abs. 1 AsylG (i.V.m. Art. 72 AsylG), im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

4.

Das SEM hat in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 Bst. b AsylG das erstinstanzliche Verfahren in deutscher Sprache durchgeführt und das Entscheiddispositiv zweisprachig (deutsch und französisch) verfasst. Diese Vorgehensweise wird von den Beschwerdeführenden nicht beanstandet und dazu besteht auch für das Gericht keine Veranlassung. Das Beschwerdeverfahren ist gemäss Art. 33a Abs. 2 VwVG grundsätzlich in der Sprache des angefochtenen Entscheids zu führen. Auch wenn die Beschwerdeführenden mittlerweile in einem französischsprachigen Kanton Wohnsitz haben, drängt sich ein Wechsel der Verfahrenssprache schon insofern nicht auf, als keine weiteren Instruktionsmassnahmen erforderlich sind. Im Übrigen haben die Beschwerdeführenden in der von ihnen gewünschten Sprache eine rechtsgenügliche Beschwerde einreichen können. Das Gesuch um Wechsel der Verfahrenssprache ist deshalb abzuweisen.

5.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich – wie nachstehend aufgezeigt wird – als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im Verfahren einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung einer zweiten Richterin (Art. 111 Bst. e AsylG), ohne Durchführung eines Schriftenwechsels und mit summarischer Begründung, zu behandeln ist (Art. 111a Abs. 1 und 2 AsylG).

6.

    1. Gestützt auf Art. 4 AsylG kann die Schweiz Schutzbedürftigen für die Dauer einer schweren allgemeinen Gefährdung, insbesondere während eines Kriegs oder Bürgerkriegs sowie in Situationen allgemeiner Gewalt, vorübergehenden Schutz gewähren. Der Bundesrat entscheidet, ob und nach welchen Kriterien Gruppen von Schutzbedürftigen vorübergehender Schutz gewährt wird (Art. 66 Abs. 1 AsylG).

    2. Am 11. März 2022 hat der Bundesrat gestützt auf Art. 66 Abs. 1 AsylG eine Allgemeinverfügung zur Gewährung des vorübergehenden Schutzes im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine (nachfolgend: Allgemeinverfügung) erlassen (Bundesblatt [BBI] 2022 586]). Gemäss Ziff. I dieses Erlasses gilt der Schutzstatus für folgende Personenkategorien:

      1. schutzsuchende ukrainische Staatsbürgerinnen und -bürger und ihre Familienangehörige (Partnerinnen und Partner, minderjährige Kinder und andere enge Verwandte, welche zum Zeitpunkt der Flucht ganz oder teilweise unterstützt wurden), welche vor dem

        24. Februar 2022 in der Ukraine wohnhaft waren;

      2. schutzsuchende Personen anderer Nationalität und Staatenlose sowie ihre Familienangehörige gemäss Definition in Buchstabe a, welche vor dem 24. Februar 2022 einen internationalen oder nationalen Schutzstatus in der Ukraine hatten;

      3. Schutzsuchende anderer Nationalität und Staatenlose sowie ihre Familienangehörige gemäss Definition in Buchstabe a, welche mit einer gültigen Kurzaufenthaltsoder Aufenthaltsbewilligung belegen können, dass sie über eine gültige Aufenthaltsberechtigung in der Ukraine verfügen und nicht in Sicherheit und dauerhaft in ihre Heimatländer zurückkehren können. Eine Ablehnung eines Gesuchs um vorübergehenden Schutz verpflichtet in der Regel zur Ausreise aus der Schweiz.

7.

    1. Die Vorinstanz begründete ihren ablehnenden Entscheid im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführenden nicht auf die Schutzgewährung der Schweiz angewiesen seien, da sie über einen Schutzstatus in Frankreich verfügten. Auch wenn der Schutztitel in Frankreich möglicherweise abgelaufen sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der beendete Schutzstatus in Frankreich nicht reaktiviert werden könnte oder dass sie in Frankreich nicht erneut Schutz erhalten könnten. Den Vollzug der Wegweisung nach Frankreich erachtete die Vorinstanz als zulässig, zumutbar und möglich.

    2. Zur Begründung ihrer Rechtsmitteleingabe führten die Beschwerdeführenden im Wesentlichen aus, der Schutztitel in Frankreich sei am 29. Februar 2024 abgelaufen. Jegliche Hilfeleistungen durch den französischen Staat würden ihnen verwehrt. Bei einer Rückkehr nach Frankreich könnten sie nirgendwo hingehen, da sie weder über eine Adresse noch ein Netzwerk verfügten. Eine Integration in die französische Gesellschaft sowie die Suche nach einer geeigneten Arbeitsstelle habe sich trotz ihrer guten Bildung, umfassenden Berufserfahrung, ihrer Sprachkenntnisse und Entschlossenheit als äusserst schwierig erwiesen. Gerne würden sie ihrer Tochter ein stabiles und friedliches Umfeld bieten, weshalb sie sich für die Schweiz entschieden hätten. Sie seien bestrebt, sich zu integrieren, zu arbeiten und einen Beitrag für die Schweizer Gemeinschaft zu leisten.

8.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht kommt nach Prüfung der Akten zum Schluss, dass die Vorinstanz das Gesuch der Beschwerdeführenden um Gewährung vorübergehenden Schutzes unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Rechtsprechung (vgl. BVGE 2022 VI/1) zu Recht abgelehnt hat. Die Ausführungen in der Beschwerde vermögen der vorinstanzlichen Einschätzung in der angefochtenen Verfügung nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen.

    2. Die Beschwerdeführerinnen sind ukrainische Staatsangehörige und der Beschwerdeführer ist algerischer Staatsangehöriger mit ukrainischer Aufenthaltsbewilligung. Alle hatten ihren Wohnsitz am 24. Februar 2022 in der Ukraine, womit sie grundsätzlich unter Bst. a der Allgemeinverfügung fallen. Vor ihrer Einreise in die Schweiz hielten sie sich in Frankreich auf, wo sie bereits einen Schutzstatus erhalten haben. Aus den Akten geht zwar hervor, dass der Schutzstatus bis am 29. Februar 2024 Gültigkeit hatte. Das SEM hat indessen zutreffend ausgeführt, dass die abgelaufene

      Gültigkeit des Schutzstatus nichts an der fehlenden Schutzbedürftigkeit der Beschwerdeführenden ändere, zumal keine Gründe ersichtlich sind, weshalb ihnen die Wiederaufnahme und die erneute Gewährung eines Schutzstatus in Frankreich verweigert werden sollten. Es ist darauf hinzuweisen, dass ukrainische Staatsangehörige grundsätzlich in allen EU-Staaten bis zum 4. März 2025 – Mitte Juni 2024 beschloss der Europäische Rat eine Verlängerung der Massnahme bis zum 4. März 2026 – vorübergehenden Schutz gemäss der «EU-Massenzustrom-Richtlinie» (Richtlinie 2001/55/EG) erhalten. Der auf Beschwerdeebene geltend gemachte Einwand, wonach die Beschwerdeführenden die französischen Behörden kontaktiert und um Hilfe gebeten hätten, jedoch kategorisch abgelehnt worden seien, ist als eine unbestätigt gebliebene Behauptung zu qualifizieren.

    3. Die Beschwerdeführenden machen nicht geltend, Frankreich unfreiwillig verlassen zu haben, und es bleibt ihnen deshalb unbenommen, sich an die französischen Behörden zu wenden, dort die Gründe für ihr Verlassen Frankreichs darzulegen, um wieder in den Genuss ihres bisherigen, am

      29. Februar 2024 abgelaufenen Schutzstatus zu gelangen.

    4. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführenden die Möglichkeit haben, ihren Schutzstatus in Frankreich wieder zu erlangen. Sie verfügen über eine valable Schutzalternative und sind nicht auf den Schutz der Schweiz angewiesen. Die Ausführungen in der Beschwerde vermögen zu keiner anderen Betrachtungsweise zu führen.

    5. Das SEM hat folglich das Gesuch um vorübergehenden Schutz zu Recht abgelehnt.

9.

    1. Lehnt das SEM ein Gesuch um Gewährung des vorübergehenden Schutzes ab, verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an (Art. 69 Abs. 4 AsylG).

    2. Die Beschwerdeführenden verfügen insbesondere weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.).

10.

    1. Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das SEM das Anwesenheitsverhältnis nach den

      gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (vgl. Art. 69 Abs. 4 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AIG).

    2. Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).

10.3

      1. Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG). Keine Person darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]). Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101), Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK; SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

      2. Nach Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind.

      3. Der Vollzug ist schliesslich gemäss Art. 83 Abs. 2 AIG nicht möglich, wenn die Ausländerin oder der Ausländer weder in den Heimatoder in den Herkunftsstaat noch in einen Drittstaat ausreisen oder dorthin gebracht werden kann.

10.4

      1. Die Beschwerdeführenden haben in der Schweiz kein Asylgesuch gestellt. Den Akten sind keine Hinweise auf eine Verletzung des flüchtlingsrechtlichen Refoulement-Verbots zu entnehmen. Aus den Akten ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie für den Fall einer Rückkehr nach Frankreich dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3

        EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wären.

      2. Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung sowohl im Sinne der asylals auch der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.

10.5

      1. Gemäss Art. 83 Abs. 5 AIG besteht die Legalvermutung, dass der Vollzug der Wegweisung in einen EUoder EFTA-Staat in der Regel zumutbar ist (vgl. auch Art. 18 der Verordnung über den Vollzug der Wegund Ausweisung sowie der Landesverweisung von ausländischen Personen [VVWAL, SR 142.281] und deren Anhang 2). Es obliegt der betroffenen Person, diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen und ernsthafte Anhaltspunkte dafür vorzubringen, dass sie im betreffenden Staat aufgrund von individuellen Umständen sozialer, wirtschaftlicher oder gesundheitlicher Art in eine existenzielle Notlage geraten würde.

      2. Den Beschwerdeführenden gelang es nicht, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Sie machen zwar geltend, in Frankreich über kein Netzwerk zu verfügen, und die Integration sowie die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz hätten sich als äusserst schwierig erwiesen. Dies sind jedoch unbelegte und gleichzeitig pauschale und unsubstanziierte Behauptungen. Der Wunsch der Beschwerdeführenden nach einem Verbleib in der Schweiz ist nicht entscheidend, sie vermögen aus dem Hinweis auf die politische Stabilität der Schweiz, die hohe Lebensqualität und das gute Gesundheitsund Bildungssystem nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass soziale und wirtschaftliche Schwierigkeiten, von welchen die vor Ort ansässige Bevölkerung im Allgemeinen betroffen ist, keine konkrete Gefährdung im Sinne von Art. 83 Abs. 4 AlG darstellen. Schliesslich bleibt festzuhalten, dass die Beschwerdeführenden

        – soweit aktenkundig – gesund sind und einer Überstellung nach Frankreich – wie vom SEM zutreffend festgehalten – auch dem in Art. 3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (KRK, SR 0.107) verankerten Schutz des Kindeswohls nicht entgegensteht.

      3. Der Vollzug der Wegweisung erweist sich demnach auch als zumutbar.

    1. Der Beschwerdeführer verfügt über einen gültigen algerischen und die Beschwerdeführerinnen verfügen über einen gültigen ukrainischen

      Reisepass, weshalb sich der Vollzug der Wegweisung auch als möglich erweist (Art. 83 Abs. 2 AIG).

    2. Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1–4 AIG).

11.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 72 i.V.m. Art. 106 Abs. 1 AsylG) und – soweit diesbezüglich überprüfbar – angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.

12.

Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG ist – ungeachtet der durch die eingereichte Bestätigung nachgewiesenen Bedürftigkeit – abzuweisen, da sich die in der Beschwerde gestellten Begehren als von vornherein aussichtslos erwiesen haben. Die Verfahrenskosten sind den Beschwerdeführenden aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 750.– festzusetzen (Art. 1–3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung wird abgewiesen.

3.

Die Verfahrenskosten von Fr. 750.– werden den Beschwerdeführenden auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

4.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Die Einzelrichterin: Die Gerichtsschreiberin:

Daniela Brüschweiler Regula Frey

Versand:

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