Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung III |
Dossiernummer: | C-6399/2020 |
Datum: | 27.08.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Rentenanspruch |
Schlagwörter : | ähig; IVSTA; Arbeit; IVSTA-act; Urteil; Gutachten; Schmerz; Beweis; BVGer; Diagnose; Arbeitsunfähigkeit; Zustand; Untersuch; Untersuchung; Vorinstanz; Therapie; Diagnosen; Arbeitsfähigkeit; IV-act; Akten; Gesundheit; Recht; Schmerzen; Verfügung; Störung; Ungarn; ären |
Rechtsnorm: | Art. 17 ATSG ; Art. 29 ATSG ; Art. 43 ATSG ; Art. 48 BGG ; Art. 52 VwVG ; Art. 62 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ; |
Referenz BGE: | 109 V 108; 117 V 282; 121 V 362; 125 V 351; 130 V 138; 130 V 71; 131 V 164; 133 V 108; 133 V 67; 134 V 231; 135 V 141; 135 V 465; 136 V 376; 136 V 7; 137 V 210; 138 V 218; 138 V 533; 139 V 225; 140 V 8; 141 V 281; 141 V 585; 141 V 9; 142 V 547; 142 V 58; 143 V 418; 144 III 264; 144 V 210; 144 V 427; 144 V 50; 148 V 174; 148 V 49 |
Kommentar: |
Abteilung III C-6399/2020
Besetzung Richterin Selin Elmiger-Necipoglu (Vorsitz), Richter Beat Weber, Richter Vito Valenti, Gerichtsschreiberin Helena Falk.
B. , (Schweiz),
C. , (Ungarn),
beide vertreten durch Dr. iur. Anja Müller-Gerteis, Rechtsanwältin,
Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Invalidenversicherung, Rentenanspruch, Verfügung der IVSTA vom 15. September 2020.
Die Schweizer Bürgerin A. sel. (geb. (…) 1962; nachfolgend: Versicherte) war in zweiter Ehe verheiratet und lebte in Ungarn. Vor ihrem Umzug nach Ungarn war sie in der Schweiz zunächst als Pflegeassistentin und danach vornehmlich als Büroangestellte erwerbstätig. Dabei leistete sie Beiträge an die schweizerische Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung (vgl. Akten der IV-Stelle E. gemäss Aktenverzeichnis vom 2. Februar 2021 [nachfolgend: IV-act.] 14; Akten der IV-Stelle für Versicherte im Ausland gemäss Aktenverzeichnis vom 29. Januar 2021 [nachfolgend: IVSTA-act.] 128 [S. 63], 142, 143 und 147). Zudem wurden ihr Beiträge aus Einkommensteilen des früheren Ehegatten angerechnet. Ihren letzten effektiven Arbeitstag hatte die Versicherte am 8. März 2005 (IVSTA-act. 128, S. 64). Danach war sie nicht mehr erwerbstätig. Am 15. März 2006 (Posteingang) stellte die Versicherte einen Antrag auf Ausrichtung einer Invalidenrente (IV-act. 4, 96).
Aus den medizinischen Unterlagen (vgl. dazu insbesondere Urteil des BVGer C-8284/2015 vom 15. März 2018 Bst. A.a und Gutachten des D. vom 23. Juni 2008 [IV-act. 63, 74]) gingen damals im Wesentlichen folgende Diagnosen hervor: Benzodiazepin-Abhängigkeit (ICD-10 F13.2), Opiatabhängigkeit (ICD-10 F11.2), Schmerzverarbeitungsstörung (ICD-10 F54), Atrophie der paravertebralen unteren thorakalen Muskulatur mit Fehlhaltung (ICD-10 M62.5), HWS-Syndrom (ICD-10 M53.1) mit zervikozephalem Schmerzsyndrom, LWS-Syndrom (ICD-10 G51.0). Die Ärzte erachteten die Versicherte für angepasste Tätigkeiten (körperlich leichte Arbeiten ohne Tätigkeiten in Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten oder Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung der Rückenmuskulatur) als zu 100% arbeitsfähig.
Die IV-Stelle E. wies das Leistungsbegehren der Versicherten mit Verfügung vom 1. Dezember 2008 ab (IV-act. 77). Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons E. mit Urteil vom 21. Dezember 2009 ab (IV-act. 90). Die gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht am 29. Juni 2010 ebenfalls ab, soweit sie auf die Beschwerde eintrat (BGer 9C_158/2010; IV-act. 96).
Mit Eingabe vom 2. Oktober 2012 (Posteingang IV-Stelle E. am 4. Oktober 2012; IV-act. 101; vgl. auch Schreiben vom 14. Oktober 2012 in IV-act. 104, S. 8) meldete sich die Versicherte erneut zum
Leistungsbezug an und machte eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands geltend.
Im Januar 2013 teilte die Versicherte mit, dass sie seit Dezember 2012 in Ungarn lebe (IV-act. 127, S. 7). Die IV-Akten wurden daraufhin zuständigkeitshalber der IV-Stelle für Versicherte im Ausland (nachfolgend: IVSTA oder Vorinstanz) übermittelt (vgl. IV-act. 127, S. 2).
Gestützt auf den Formularbericht E 213 von Dr. F.
vom
13. Mai 2015 (IVSTA-act. 38 und 39) und die medizinische Stellungnahme von Dr. G. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie beim medizinischen Dienst der IVSTA, vom 14. Juli 2015 (IVSTA-act. 41) wies die IVSTA das Leistungsbegehren der Versicherten, nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens, mit Verfügung vom 23. November 2015 ab (IVSTA-act. 46, 50, 53).
Dagegen erhob die Versicherte mit Eingabe vom 21. Dezember 2015 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Mit Urteil C-8284/2015 vom
15. März 2018 hiess dieses die Beschwerde in dem Sinne gut, als es die angefochtene Verfügung vom 23. November 2015 aufhob und die Sache an die Vorinstanz zurückwies, damit diese im Sinne der Erwägungen den Sachverhalt ergänze und über den Anspruch der Versicherten erneut verfüge. In den Erwägungen hielt das Bundesverwaltungsgericht insbesondere fest, vorliegend sei aufgrund der im Oktober 2012 eingereichten Neuanmeldung ein Leistungsanspruch ab 1. April 2013 zu prüfen (E. 3.2). Aus den neuen medizinischen Berichten (vgl. namentlich Einschätzungen von Dr. H. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 6. November 2012 und interdisziplinäres Gutachten des Schweizerischen Instituts I. vom 21. September 2009) ergäben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen von neu aufgetretenen respektive verstärkten psychischen Störungen (E. 4.3). Unverändert zu bestehen schienen (demgegenüber) die körperlichen Beschwerden, namentlich das HWSund LWS-Syndrom. Schliesslich könnte die Suchtmittelabhängigkeit invalidenversicherungsrechtlich relevant sein, da die psychischen Störungen und die Suchtmittelabhängigkeit möglicherweise zusammenhängen würden.
Die Vorinstanz holte in der Folge medizinische Unterlagen bei den behandelnden Ärzten ein (IVSTA-act. 64, 68 - 95, 103). Zudem beauftragte sie das Zentrum J. (nachfolgend: J. ) mit der Durchführung einer polydisziplinären Begutachtung in den Fachrichtungen
Allgemeine Innere Medizin, Rheumatologie, Neurologie, Neuropsychologie und Psychiatrie. Im Gutachten vom 2. September 2019 stellten die Experten folgende Diagnosen, mit und ohne Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit (IVSTA-act. 128, S. 15 f.).
Asthma bronchiale (Erstdiagnose [ED] 12/2005)
nicht insulinabhängiger Diabetes mellitus (NIDDM; ED 11/2008)
Dyslipidämie (ED 2017, Ungarn)
Hypertonie Grad I WHO
chronifiziertes und generalisierendes Schmerzsyndrom, nicht näher spezifizierbar
im Rahmen einer Schmerzwahrnehmungsund Verarbeitungsstörung mit deutlichem Hinweis für eine Somatisierungsstörung
ohne somatisch reproduzierbares Korrelat
keine Hinweise für eine strukturelle vertebragene Ursache der beklagten diffus lokalisierten Rückenbeschwerden
mässiggradig ausgeprägte Fibromyalgie gemäss ACR-Kriterien 2010
deutliche Hinweise für eine zusätzliche bewusstseinsnahe Verdeutlichung mit Selbstlimitierung und Diskrepanzen
negative Selbsteinschätzung betreffend berufliche Aktivitäten, fehlende Zukunftsperspektive
Meningeom (fibroblastisch, WHO 1. Grades) im Bereich des Tentorium cerebelli links
Status nach (St. n.) Exstirpation 03/2004
St. n. Sinusvenen-Thrombose (Sinus transversus und sigmoideus links) 10/01
diskrete Fazialisparese links (ED 04/2006) o chronisch funktioneller Schwankschwindel o chronisches Schmerzsyndrom
Somatisierungsstörung ICD-10 F45.0
kombinierte Persönlichkeitsstörung ICD-10 F61.0
anfallsartige Zustände unklarer Genese
DD dissoziative Krampfanfälle ICD-10 F44
DD ICD-10 Z86: Andere Neubildungen in der Anamnese, Krankheiten des Nervensystems oder der Sinnesorgane in der Eigenanamnese (ICD-10 Z86.4)
Zustand nach Entfernung eines Meningeoms
Zustand nach Sinusvenenthrombose
DD im Rahmen eines bekannten Diabetes mellitus
rezidivierende depressive Störung (anamnestisch), gegenwärtig remittiert ICD-10 F33.4
Zustand nach psychischer und Verhaltensstörung durch Schmerzmittel, Abhängigkeitssyndrom (anamnestisch), gegenwärtig abstinent ICD-10 F11.2
Zustand nach psychischer und Verhaltensstörung durch Hypnotika (Benzodiazepine), Abhängigkeitssyndrom (anamnestisch), gegenwärtig abstinent ICD10 F13.2
Zustand nach psychischer und Verhaltensstörung durch Kokain, schädlicher Gebrauch (anamnestisch) ICD-10 F14.1
Verdacht auf (V. a.) ADHS
Belastungsfaktoren
Probleme mit Erlebnissen in der Kindheit (sexueller Missbrauch) ICD-10 Z61
Zustand nach 7 Suizidversuchen (nicht alle aktenkundig) ICD-10 X84.
Die Gutachter erachteten die Versicherte im Rahmen der Konsensbeurteilung sowohl in der bisherigen als auch in einer angepassten Tätigkeit als zu 100% arbeitsunfähig, und zwar mit Datum des Gutachtens (S. 20, 22). Da die im vorliegenden Gutachten erhobenen Diagnosen nicht alle rückwirkend vergleichbar seien, sei eine retrospektive zeitliche Beurteilung nicht möglich. Befragt nach dem Verlauf, hielten die Gutachter fest, die Arbeitsunfähigkeiten bestünden seit 2008. Die Diagnosen könnten nicht im Einzelnen nachvollzogen werden; aufgrund des heutigen Befundes und aufgrund der Aktenlage seien sie plausibel und nachvollziehbar. Es scheine insgesamt zu einer Besserung und Stabilisierung der psychischen Situation gekommen zu sein, allerdings habe sich demgegenüber der körperliche Zustand in der Wahrnehmung der Versicherten verschlechtert.
Mit Schreiben vom 16. Januar 2020 bat die Vorinstanz die Gutachterstelle um Stellungnahme zu den Fragen, ob der Gesundheitszustand der Versicherten seit 2008 unverändert sei und ob sich der Gesundheitszustand der Versicherten seit 2008 verschlechtert habe bzw. falls ja, worin und seit wann die Verschlechterung des Gesundheitszustands bestehe (IVSTA-act. 134).
Die Gutachter antworteten am 22. Januar 2020 namentlich, der Gesundheitszustand der Versicherten sei seit 2008 nicht unverändert, sondern habe sich verschlechtert (IVSTA-act. 135). Die Verschlechterung sei bereits im I. -Gutachten von 2009 festgehalten. Die Zeitachse sei im Konsensus ausgewiesen.
Die Vorinstanz gab in der Folge, am 24. März 2020, als Beginn der Arbeitsunfähigkeit den ersten Begutachtungstag und somit den 29. Mai 2019 an (interdisziplinäre Beurteilung zwischen Rechtsdienst und
medizinischem Dienst der IVSTA; IVSTA-act. 137). Zur bis dahin bestehenden Arbeitsunfähigkeit hätten sich die Gutachter nicht mit dem Grad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit äussern können.
Mit Vorbescheid vom 21. April 2020 stellte die Vorinstanz der Versicherten eine ganze Invalidenrente, beginnend ab dem 1. Mai 2020, in Aussicht (IVSTA-act. 138). Die Versicherte liess sich dazu nicht vernehmen. Am 15. September 2020 erging die angekündigte Verfügung (IVSTAact. 147).
Mit Eingabe vom 18. Dezember 2020 (Datum Poststempel) erhob die Versicherte gegen die am 18. November 2020 eröffnete Verfügung vom
15. September 2020 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer-act. 1, mit Beilagen 1 und 5). Sie beantragte die Abänderung der angefochtenen Verfügung insoweit, als die ganze Invalidenrente bereits ab dem 1. April 2013 zuzusprechen sei, und eventualiter die Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz zwecks Vornahme weiterer Abklärungen.
Der mit Zwischenverfügung vom 7. Januar 2021 eingeforderte Kostenvorschuss von Fr. 800.- wurde rechtzeitig geleistet (BVGer-act. 2, 4).
Die Vorinstanz beantragte mit Vernehmlassung vom 25. Februar 2021, unter Bezugnahme auf die Stellungnahme ihres internen medizinischen Dienstes vom 19. Februar 2021, die Abweisung der Beschwerde (BVGeract. 6).
Die Versicherte hielt mit Replik vom 8. April 2021 an ihren Anträgen fest (BVGer-act. 8), desgleichen die Vorinstanz mit Duplik vom 20. April 2021 (BVGer-act. 10).
Mit Instruktionsverfügung vom 29. April 2021 wurde der Schriftenwechsel abgeschlossen (BVGer-act. 11).
Am 31. August 2022 teilte die Vorinstanz mit, dass die Versicherte am
24. Dezember 2021 verstorben sei (BVGer-act. 12).
Mit Zwischenverfügung vom 16. Dezember 2022 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass Rechtsnachfolger der Versicherten im vorliegenden Verfahren der Sohn B. und der Ehemann C. seien, nicht aber – zufolge Ausschlagung der Erbschaft – die anderen beiden Kinder der Versicherten (BVGer-act. 19). Mit Schreiben vom 21. Januar 2023
stimmten die Beschwerdeführer dieser gerichtlichen Feststellung zu (BVGer-act. 20). Als Beschwerdeführer werden daher nachfolgend B. und C. (Erbengemeinschaft A. sel.) bezeichnet.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien und die eingereichten Akten wird
soweit erforderlich – im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
1296/2014 vom 7. Mai 2015 E. 1.4; C-3715/2012 vom 22. August 2013 E.
1.4.2 m.H.; vgl. dazu auch UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 4. Aufl. 2020, Art. 59 N 24). Folglich sind die Beschwerdeführer als gesetzliche Erben der Versicherten zur Beschwerdeführung legitimiert, so dass – nachdem der Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet wurde – auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist (Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG; Art. 60 ATSG).
1.2 Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (vgl. Art. 37 VGG). Gemäss Art. 3 Bst. dbis VwVG bleiben in sozialversicherungsrechtlichen Verfahren die besonderen Bestimmungen des ATSG vorbehalten. Laut Art. 2 ATSG sind die Bestimmungen dieses Gesetzes auf die bundesgesetzlich geregelten Sozialversicherungen anwendbar, wenn und soweit die einzelnen Sozialversicherungsgesetze es vorsehen. Nach Art. 1 IVG finden die Bestimmungen des ATSG auf die Invalidenversicherung Anwendung (Art. 1a - 26bis und 28 - 70 IVG), sofern das IVG nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG anordnet.
Anfechtungsobjekt und damit Begrenzung des Streitgegenstandes des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (vgl. BGE 131 V 164 E. 2.1) bildet die Verfügung vom 15. September 2020, mit welcher die Vorinstanz der Versicherten im Rahmen einer Neuanmeldung eine ganze Invalidenrente ab dem 1. Mai 2020 zusprach. In diesem Zusammenhang ist einzig strittig, ob die Vorinstanz zu Recht den Rentenbeginn auf den 1. Mai 2020 festsetzte.
Den Streitgegenstand bestimmende, aber nicht beanstandete Elemente prüft die Beschwerdeinstanz nur, wenn hierzu aufgrund der Vorbringen der Parteien oder anderer sich aus den Akten ergebender Anhaltspunkte hinreichender Anlass besteht (vgl. BGE 135 V 141 E. 1.4.2; 125 V 413 E. 2c;
119 V 347 E. 1a; Urteile des BVGer C-288/2021 vom 7. Juni 2023 E. 2.1.2;
C-2823/2022 vom 26. Mai 2023 E. 2; C-3582/2021 vom 20. September
2022 E. 2.3).
Die Versicherte war Schweizer Staatsangehörige sowie in der Schweiz erwerbstätig und wohnte in Ungarn. Damit gelangen das Freizügigkeitsabkommen vom 21. Juni 1999 (FZA, SR 0.142.112.681) und die Regelwerke der Gemeinschaft zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gemäss Anhang II des FZA, insbesondere die für die Schweiz am 1. April 2012 in Kraft getretenen Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 (SR 0.831.109.268.1) und Nr. 987/2009 (SR 0.831.109.268.11), zur Anwen-
dung (BGE 138 V 533 E. 2.1). Seit dem 1. Januar 2015 sind auch die durch die Verordnungen (EU) Nr. 1244/2010, Nr. 465/2012 und Nr. 1224/2012 erfolgten Änderungen in den Beziehungen zwischen der Schweiz und den EU-Mitgliedstaaten anwendbar. Das Vorliegen einer anspruchserheblichen Invalidität beurteilt sich indes auch im Anwendungsbereich des FZA und der Koordinierungsvorschriften nach schweizerischem Recht (vgl. BGE
130 V 253 E. 2.4; Urteil des BGer 9C_573/2012 vom 16. Januar 2013 E. 4; Urteil des BVGer C-5368/2020 vom 14. Februar 2023 E. 3.2).
In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgeblich, die bei der Erfüllung des rechtlich zu ordnenden oder zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 148 V 174 E. 4.1; 146
V 364 E. 7.1; 139 V 335 E. 6.2; 132 V 215 E. 3.1.1; 130 V 329 E. 2.2 f.).
Deshalb sind vorliegend die Vorschriften, welche spätestens am 15. September 2020 (Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung) in Kraft standen, anwendbar. Nicht zur Anwendung gelangen demgegenüber insbesondere die im Rahmen der sogenannten «Weiterentwicklung der IV» erst per 1. Januar 2022 in Kraft getretenen Änderungen im IVG, in der IVV sowie im ATSG (AS 2021 705, BBl 2017 2535).
Das Sozialversicherungsgericht stellt bei der Beurteilung einer Streitsache in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verwaltungsverfügung (hier den 15. September 2020) eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 132 V 215 E. 3.1.1). Tatsachen, die jenen Sachverhalt seither verändert haben, bilden demgegenüber im Regelfall Gegenstand einer neuen Verwaltungsverfügung (BGE 130 V 138
E. 2.1; 121 V 362 E. 1b). Indes sind Tatsachen, die sich erst später verwirklichen, soweit zu berücksichtigen, als sie mit dem Streitgegenstand in engem Sachzusammenhang stehen und geeignet sind, die Beurteilung im Zeitpunkt des Verfügungserlasses zu beeinflussen (BGE 121 V 362 E. 1b; Urteil des BGer 8C_506/2022 vom 21. Juni 2023 E. 4 m.H.). Ferner hat das Gericht selbst Unterlagen, die nach dem Verfügungszeitpunkt datieren, zu berücksichtigen, wenn und soweit sie sich auf den Zeitraum vor Verfügungserlass beziehen resp. Rückschlüsse darauf zulassen (Urteil des BGer 8C_295/2021 vom 9. August 2021 E. 3.4 m.H.).
Das Bundesverwaltungsgericht prüft die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit (Art. 49 VwVG).
Das sozialversicherungsrechtliche Verfahren ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art. 43 ATSG). Demnach hat die Verwaltung und im Beschwerdeverfahren das Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollständige Abklärung des erheblichen Sachverhalts zu sorgen (vgl. BGE 136 V 376 E. 4.1.1). Verwaltungsbehörden und Sozialversicherungsgerich-
te haben zusätzliche Abklärungen insbesondere dann vorzunehmen oder zu veranlassen, wenn hierzu aufgrund der Parteivorbringen oder anderer sich aus den Akten ergebender Anhaltspunkte hinreichender Anlass besteht (BGE 117 V 282 E. 4a m.H.; zum Ganzen auch: BGE 144 V 427
E. 3.2; vgl. auch Urteil des BVGer C-1424/2021 vom 13. Dezember 2023 E. 4.2).
Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäss dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht an die Begründung der Begehren der Parteien gebunden (Art. 62 Abs. 4 VwVG). Es kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den angefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer Begründung bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (vgl. BVGE 2013/46 E. 3.2).
Sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, gilt im Sozialversicherungsrecht der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 144 V 427 E. 3.2; 143 V 168 E. 2; 138 V 218 E. 6). Die blosse
Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen demnach nicht. Vielmehr gilt ein Beweis als erbracht, wenn für die Richtigkeit der Sachbehauptung nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht massgeblich in Betracht fallen (BGE 144 III 264 E. 5.1; 140 III 610 E. 4.1). Gilt es, zwischen zwei oder mehreren Möglichkeiten zu entscheiden, haben der Richter und die Richterin jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die sie von allen möglichen Geschehensabläufen für die wahrscheinlichste halten (BGE 144 V 427 E. 3.2; 138 V 218 E. 6;
126 V 353 E. 5b; Urteil des BVGer C-7332/2007 vom 6. März 2009
E. 3.3.3).
Anspruch auf eine Rente der schweizerischen Invalidenversicherung hat, wer invalid im Sinne des Gesetzes ist (vgl. Art. 8 Abs. 1 ATSG) und bei Eintritt der Invalidität während mindestens drei Jahren Beiträge geleistet hat (Art. 36 Abs. 1 IVG). Die Voraussetzung der Mindestbeitragsdauer für den Anspruch auf eine ordentliche Invalidenrente ist vorliegend zweifelsohne erfüllt (vgl. IK-Auszug [IVSTA-act. 142 und 143]).
Invalidität ist die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 ATSG). Sie kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein (Art. 4 Abs. 1 IVG). Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen,
geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG). Für die Beurteilung einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist (Art. 7 Abs. 2 ATSG). Arbeitsunfähigkeit ist die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten. Bei langer Dauer wird auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt (Art. 6 ATSG).
Anspruch auf eine Invalidenrente haben gemäss Art. 28 Abs. 1 IVG Versicherte, die ihre Erwerbsfähigkeit nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wiederherstellen, erhalten oder verbessern können (Bst. a), während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40% arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen sind (Bst. b) und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40% invalid (Art. 8 ATSG) sind (Bst. c). Bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40% besteht Anspruch auf eine Viertelsrente, bei mindestens 50% auf eine halbe Rente, bei mindestens 60% auf eine Dreiviertelsrente und bei mindestens 70% auf eine ganze Rente (Art. 28 Abs. 2 IVG [in der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung]).
In diesem Zusammenhang bleibt zu betonen, dass aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht letztlich nicht die Schwere einer Erkrankung entscheidend ist, sondern deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit (BGE 148 V 49 E. 6.2.2).
Gemäss Art. 29 Abs. 1 IVG entsteht der Rentenanspruch sodann frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Art. 29 Abs. 1 ATSG, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Lebensjahres folgt (zum Verhältnis zwischen Art. 28 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 1 IVG vgl. BGE 142 V 547 E. 3.2).
Wurde eine Rente wegen eines fehlenden oder zu geringen Invaliditätsgrades bereits einmal verweigert, so wird eine neue Anmeldung nur geprüft, wenn die versicherte Person glaubhaft macht, dass sich der Grad der Invalidität in einer anspruchserheblichen Weise geändert hat (Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV). Wenn die versicherte Person, wie hier, glaubhaft
gemacht hat, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten rechtskräftigen Verfügung, die auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Durchführung eines Einkommensvergleichs beruht, anspruchserheblich verändert haben, wird die Neuanmeldung – wie bei einem Revisionsfall nach Art. 17 ATSG – in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend geprüft (BGE 141 V 9 E. 2.3; 133 V 108; 130 V 71; Urteile des BGer
9C_234/2023 vom 4. September 2023 E. 1.2; 9C_899/2009 vom 26. März 2010 E. 2.1). Die auf das Eintreten folgende materielle Prüfung findet aber nicht von Grund auf statt, wie es bei einer erstmaligen Beurteilung der Rentenberechtigung der Fall wäre (Urteil des BGer 9C_280/2018 vom 8. Juni 2018 E. 5.3). Die Verwaltung, die auf die Neuanmeldung eingetreten ist, klärt die Sache materiell ab und vergewissert sich, ob die glaubhaft gemachte Veränderung des Invaliditätsgrades auch tatsächlich eingetreten ist. Stellt sie fest, dass der Invaliditätsgrad seit Erlass der früheren rechtskräftigen Verfügung keine Veränderung erfahren hat, so weist sie das neue Gesuch ab. Andernfalls hat sie zunächst noch zu prüfen, ob die festgestellte Veränderung genügt, um nunmehr eine anspruchsbegründende Invalidität zu bejahen, und hernach zu beschliessen. Im Beschwerdefall obliegt die gleiche materielle Prüfungspflicht dem Gericht (BGE 130 V 71 E. 3.2.2 f.; 117 V 198 E. 3a; Urteil des BGer 9C_317/2014 vom 16. Juni 2014 E. 3.1).
Bei einer Neuanmeldung zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung ist somit zunächst eine anspruchsrelevante Veränderung des Sachverhalts erforderlich (Urteil des BVGer C-3627/2021 vom 27. Juni 2023 E. 4.6). Erst in einem zweiten Schritt ist der Rentenanspruch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen (Urteil des BGer 9C_27/2019 vom 27. Juni 2019 E. 2 m.H.). Ist eine anspruchserhebliche Änderung des Sachverhalts nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt, bleibt es nach dem Grundsatz der materiellen Beweislast beim bisherigen Rechtszustand (Urteile des BGer 9C_273/2014 vom 16. Juni 2014 E. 3.1.1; 9C_418/2010 vom 29. August 2011 E. 3.1; Urteil des BVGer C-
4749/2020 vom 7. März 2024 E. 6.6.1).
Nach Art. 17 Abs. 1 ATSG (in der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung) ist die Rente bei einer erheblichen Änderung des Invaliditätsgrades von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben. Revisionsbegründend kann unter anderem eine Änderung des Gesundheitszustandes oder der erwerblichen Auswirkungen sein (BGE 141 V 9 E. 2.3). Gemäss Art. 88a
Abs. 1 resp. Abs. 2 IVV ist bei einer Verbesserung resp. Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit oder der Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, die anspruchsbeeinflussende Änderung für die Herabsetzung oder Aufhebung resp. Erhöhung der Leistung von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, in dem angenommen werden kann, dass sie voraussichtlich längere Zeit andauern wird; sie ist in jedem Fall zu berücksichtigen, nachdem sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate angedauert hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird (vgl. dazu BGE 133 V 67 E. 4.3.3). Ob eine anspruchsbegründende Änderung in den für den Invaliditätsgrad erheblichen Tatsachen eingetreten ist, beurteilt sich im Neuanmeldungsverfahren – analog zur Rentenrevision – durch Vergleich des Sachverhaltes, wie er im Zeitpunkt der letzten materiellen Beurteilung und rechtskräftigen Ablehnung bestanden hat, mit demjenigen zur Zeit der streitigen neuen Verfügung (BGE 133 V 108 E. 5.3; 130 V 71 E. 3.2.3). Im vorliegenden Fall sind daher die Sachverhalte zum Zeitpunkt der Verfügungen vom
1. Dezember 2008 und 15. September 2020 miteinander zu vergleichen.
Mit Blick auf die im Oktober 2012 eingereichte Neuanmeldung sind daher vorliegend Leistungsansprüche ab April 2013 zu prüfen (vgl. Urteil C- 8284/2015 E. 3.2).
Die Vorinstanz ist auf die Neuanmeldung der Versicherten eingetreten und hat dieser, nach einer materiellen Prüfung, mit der angefochtenen Verfügung vom 15. September 2020 mit Wirkung ab 1. Mai 2020 eine ganze IV-Rente zugesprochen. Die Eintretensfrage ist damit vom Bundesverwaltungsgericht nicht zu beurteilen (BGE 109 V 108 E. 2b).
Um den Invaliditätsgrad bemessen zu können, ist die Verwaltung (und im Beschwerdefall das Gericht) auf Unterlagen angewiesen, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes oder der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsfähig ist (BGE
140 V 193 E. 3.2; 132 V 93 E. 4; 125 V 256 E. 4; Urteil des BVGer C-
4564/2020 vom 2. Juni 2022 E. 4.6). Im Weiteren sind die ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die juristische Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der versicherten Person noch zugemutet werden können (BGE 141 V 281 E. 5.2.1; 140 V 193 E. 3.2 m.H.; Urteil des BVGer
C-4564/2020 vom 2. Juni 2022 E. 4.6).
Das Bundesrecht schreibt nicht vor, wie die einzelnen Beweismittel zu würdigen sind. Für das gesamte Verwaltungsund Beschwerdeverfahren gilt vielmehr der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Danach haben Versicherungsträger und Sozialversicherungsgerichte die Beweise frei, das heisst ohne förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Die Feststellungen ausländischer Versicherungsträger, Krankenkassen, Behörden und Ärzte sind bezüglich Invaliditätsgrad und Anspruchsbeginn für die rechtsanwendenden Behörden in der Schweiz nicht verbindlich; vielmehr unterstehen auch aus dem Ausland stammende Beweismittel der freien Beweiswürdigung des Gerichts (vgl. dazu z.B. Urteile des BVGer C-3782/2021 vom 8. September 2023 E. 7.2.2; C- 6073/2020 vom 4. August 2022 E. 3.7.2; C-5049/2013 vom 13. Februar
2015 E. 3.2 m.H.).
Gleichwohl erachtet es die Rechtsprechung mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung als vereinbar, Richtlinien für die Beweiswürdigung in Bezug auf bestimmte Formen medizinischer Berichte und Gutachten aufzustellen (vgl. hierzu BGE 125 V 351 E. 3b; AHI 2001 S. 112 E. 3b). So ist hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Expertinnen und Experten begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a). Zudem muss der Arzt oder die Ärztin über die notwendigen fachlichen Qualifikationen verfügen (Urteil des BGer 9C_555/2017 vom 22. November 2017 E. 3.1 m.H.; Urteil des BVGer C-4822/2020 vom 24. August 2022 E. 4.5). Der Beweiswert eines zwecks Rentenrevision bzw. Neuanmeldung erstellten Arztberichts hängt sodann wesentlich davon ab, ob dieser sich ausreichend auf das entsprechende Beweisthema – die erhebliche Änderung des Sachverhalts bzw. die effektive Veränderung des Gesundheitszustandes – bezieht (Urteil des BGer 8C_703/2020 vom 4. März 2021 E. 5.2.1.1 m.H.; Urteil des BVGer C-924/2020 vom 31. Oktober 2022 E. 5.7.2).
Den von Versicherungsträgern im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholten Gutachten von medizinischen Sachverständigen, die den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechen, darf das Gericht vollen Beweiswert zuerkennen, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 137 V 210 E. 1.3.4 und 2.2.2; 135 V
465 E. 4.4; Urteil des BGer 8C_260/2017 vom 1. Dezember 2017 E. 4.2.2).
Aufgrund der Erfahrungstatsache, dass Hausärzte mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung im Zweifelsfall eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen, wird im Streitfall eine direkte Leistungszusprache einzig gestützt auf die Angaben der behandelnden Ärztinnen und Ärzte kaum je in Frage kommen. Berichte der behandelnden Ärztinnen und Ärzte sind aufgrund deren auftragsrechtlicher Vertrauensstellung zum Patienten vielmehr mit Vorbehalt zu würdigen (BGE 135 V 465 E. 4.5; 125 V 351 E. 3b/cc; Urteil des BGer 9C_468/2009 vom 9. September 2009 E. 3.3.1; Urteil des BVGer C-6073/2020 vom 4. August 2022 E. 3.7.4 m.H.). Dies gilt für den allgemein praktizierenden Hausarzt wie für den behandelnden Spezialarzt (Urteil des BGer 9C_794/2012 vom 4. März 2013
E. 2.1 m.H.). Allerdings dürfen auch die potentiellen Stärken der Berichte behandelnder Ärzte nicht vergessen werden, namentlich wenn sie wichtige
und nicht rein subjektiver ärztlicher Interpretation entspringende – Aspekte benennen, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind (Urteil des BGer 9C_24/2008 vom 27. Mai 2008
E. 2.3.2 m.H.; vgl. auch Urteile des BVGer C-1424/2021 vom 13. Dezember 2023 E. 6.4.3; C-6357/2020 vom 28. September 2022 E. 6.6).
Die Stellungnahmen des Regionalen Ärztlichen Dienstes oder des medizinischen Dienstes der IVSTA, welche nicht auf eigenen Untersuchungen beruhen, können wie Aktengutachten beweiskräftig sein, sofern ein lückenloser Befund vorliegt und es im Wesentlichen nur um die fachärztliche Beurteilung eines an sich feststehenden medizinischen Sachverhalts geht, mithin die direkte ärztliche Befassung mit der versicherten Person in den Hintergrund rückt (vgl. Urteile des BGer 9C_524/2017 vom 21. März 2018 E. 5.1; 9C_28/2015 vom 8. Juni 2015 E. 3.2; 9C_196/2014 vom 18. Juni
2014 E. 5.1.1; je m.H.). Die Aufgabe der versicherungsinternen Fachpersonen besteht insbesondere darin, aus medizinischer Sicht – gewissermassen als Hilfestellung für die medizinischen Laien in Verwaltung und Gerichten, welche in der Folge über den Leistungsanspruch zu entscheiden haben – den medizinischen Sachverhalt zusammenzufassen und versicherungsmedizinisch zu würdigen (vgl. Urteile des BGer 9C_692/2014
vom 22. Januar 2015 E. 3.3; 8C_756/2008 vom 4. Juni 2009 E. 4.4 m.H.).
Dazu gehört auch, bei widersprüchlichen medizinischen Akten eine Wertung vorzunehmen und zu beurteilen, ob auf die eine oder die andere Ansicht abzustellen oder aber eine zusätzliche Untersuchung vorzunehmen ist (BGE 142 V 58 E. 5.1). Enthalten die Akten für die streitigen Belange keine beweistauglichen Unterlagen, kann die Stellungnahme einer versicherungsinternen Fachperson in der Regel keine abschliessende Beurteilungsgrundlage bilden, sondern nur zu weitergehenden Abklärungen Anlass geben (vgl. zum Ganzen: Urteile des BVGer C-6073/2020 vom 4. August 2022 E. 3.7.4; C-2463/2021 vom 15. März 2022 E. 4.5). Rechtsprechungsgemäss sind weitere Abklärungen vorzunehmen, selbst wenn auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der RAD-Berichte bestehen (vgl. BGE 139 V 225 E. 5.2; 135 V 465 E. 4.4; 122 V 157
E. 1d; Urteile des BGer 8C_551/2020 vom 15. Dezember 2020 E. 3; 9C_730/2018 vom 27. März 2019 E. 5.1.2; Urteile des BVGer C-4822/2020 vom 24. August 2022 E. 4.6; C-1424/2021 vom 13. Dezember 2023
E. 6.4.4).
Geht es um psychische Erkrankungen, namentlich eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein damit vergleichbares psychosomatisches Leiden (vgl. BGE 140 V 8 E. 2.2.1.3) oder depressive Störungen leichtbis mittelgradiger Natur (BGE 148 V 49; 143 V 409 und 418), sind für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit systematisierte Indikatoren beachtlich, die es – unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotentialen (Ressourcen) anderseits – erlauben, das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE 141 V 281 E. 2, 3.4 - 3.6 und 4.1; 143 V 418 E. 6 ff.). Aus-
gangspunkt der Prüfung und damit erste Voraussetzung bildet eine psychiatrische, lege artis gestellte Diagnose (vgl. BGE 143 V 418 E. 6 und 8.1; 141 V 281 E. 2.1). Die für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit erwähnten Indikatoren hat das Bundesgericht wie folgt systematisiert (BGE 141 V 281
E. 4.1.3): Kategorie «funktioneller Schweregrad» (E. 4.3) mit den Komplexen «Gesundheitsschädigung» (Ausprägung der diagnoserelevanten Befunde und Symptome; Behandlungsund Eingliederungserfolg oder -resistenz; Komorbiditäten [E. 4.3.1]), «Persönlichkeit» (Persönlichkeitsentwicklung und -struktur, grundlegende psychische Funktionen [E. 4.3.2]) und
«sozialer Kontext» (E. 4.3.3) sowie Kategorie «Konsistenz» (Gesichtspunkte des Verhaltens [E. 4.4]) mit den Faktoren gleichmässige Einschränkung des Aktivitätenniveaus in allen vergleichbaren Lebensbereichen (E. 4.4.1) und behandlungsund eingliederungsanamnestisch ausgewiesener Leidensdruck (E. 4.4.2).
Vorliegend stützte sich die Vorinstanz bei ihrer Beurteilung der Neuanmeldung zur Hauptsache auf das polydisziplinäre Gutachten des J. vom 2. September 2019 (IVSTA-act. 128). Für die Begutachtung wurden Ärztinnen und Ärzte aus den Fachgebieten Allgemeine Innere Medizin, Rheumatologie Neurologie, Neuropsychologie und Psychiatrie beigezogen (IVSTA-act. 128, S. 2).
In ihrer Konsensbeurteilung (zu den Diagnosen vgl. Bst. C.a) gaben die Gutachter insbesondere an, aus internistischer Sicht liessen sich keine die Funktion und/oder Arbeitsfähigkeit einschränkenden Befunde erheben (S. 12, 16). Aus rheumatologischer Sicht werde eine offensichtliche Aggravation beschrieben (S. 12). Die Funktionen des Bewegungsapparates seien wesentlich besser als von der Versicherten beschrieben. Grundsätzlich sei deren Bewegungsapparat in den funktionellen Prüfungen unauffällig und ohne Einschränkung (S. 85). Offenbar sei es der Versicherten problemlos möglich, mit dem PW zu fahren; denke man an die vorgeführten Gleichgewichtsund Schwindelbeschwerden sowie die limitierenden Schmerzen, sei dies diskrepant (S. 12). Belastbarkeitseinschränkungen bestünden, jedoch nicht im Ausmass, wie sie die Versicherte vorführe und beschreibe (S. 16). Die chronische Schmerzentwicklung bedinge regelmässige Erholungspausen und Einschränkungen bei Gewichtsbelastungen sowie monotonen Arbeitspositionen. Ein nass-kaltes Milieu sei aufgrund der für weichteilrheumatische Beschwerden typischen meteoropathischen Komponente zu vermeiden. Aus neurologischer Sicht handle es sich um eine chronisch-komplexe, vielschichtige Störung (S. 13). Die Schmerzen liessen sich nicht organisch neurologisch einordnen (S. 13, 102). Der neurologische Befund sei unauffällig (S. 102). Insgesamt sei bezüglich der Schmerzen von einem chronischen somatoformen Schmerzsyndrom auszugehen. Auch der Schwindel lasse sich weder neurologisch noch HNO-ärztlich erklären. Die beklagten kognitiven Einschränkungen seien im langen Anamnesegespräch nicht aufgefallen (S. 13). Aus versicherungsmedizinischer/neurologischer Sicht finde sich weder eine klare organische Diagnose noch eine relevante körperliche Einschränkung (S. 14, 103). Es liessen sich keine relevanten funktionellen Einschränkungen erheben (S. 16, 103). Vom neuropsychologischen Standpunkt sei auf ein Aggravationsverhalten der Versicherten zu schliessen (S. 14). Die Ergebnisse der Leistungstests könnten daher inhaltlich nicht ausgewertet werden und lieferten aufgrund mangelnder Mitarbeit keine verwertbaren neuropsychologischen Befunde. Ebensowenig könne beurteilt werden, ob allenfalls funktionelle Einschränkungen bestünden (S. 16). Psychiatrischer-
seits wurde berichtet, im Zusammenhang mit der Hirntumoroperation sei es bei der Versicherten zur Entwicklung eines chronischen Schmerzsyndroms mit zwei Schmerzformen, aber wechselnden Schmerzlokalisationen über den Körper verteilt, gekommen, was aus Sicht der Versicherten eine Arbeitstätigkeit verunmögliche (S. 14). Es bestehe aus psychiatrischer Sicht eine Somatisierungsstörung (S. 16). Die allgemeinen und spezifischen Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung seien in der aktuellen Untersuchung zwar nicht erfüllt. Ziehe man die Aktenlage hinzu, werde aber deutlich, dass eine komplexe Persönlichkeitsstörung vorhanden sei, die teilweise als Teil der Somatisierungsstörung zu bewerten sei, aber darüber hinausgehe, so dass diese Diagnose gerechtfertigt sei. Die anamnestisch geschilderten depressiven Episoden seien remittiert. Die Experten nahmen sodann eine Diskussion (S. 16 ff.) relevanter Persönlichkeitsaspekte, Belastungsfaktoren und Ressourcen sowie eine eingehende Konsistenzprüfung vor, wobei namhafte Inkonsistenzen bzw. Diskrepanzen festgestellt wurden, bezüglich derer die begutachtende Psychiaterin allerdings angab, in der Gesamtbetrachtung sei nicht der Eindruck einer Aggravation entstanden; eher der einer Verdeutlichungstendenz bezüglich der Schmerzen und der Konzentrationsund Aufmerksamkeitsstörungen. Ferner hielten die Expertinnen und Experten insbesondere fest (S. 20 f.), dass bei der Versicherten in der bisherigen Tätigkeit als selbständige Geschäftsfrau – mit Datum des Gutachtens – eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bestehe. Da die im vorliegenden Gutachten erhobenen Diagnosen nicht alle rückwirkend vergleichbar seien, sei eine retrospektive zeitliche Beurteilung nicht möglich. Auch eine Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit, z.B. im geschützten Rahmen, in einer leidensangepassten Tätigkeit mit wertschätzendem Umfeld, genügend Pausen oder einer abwechslungsreichen Tätigkeit, sei aktuell nicht gegeben. Die von den Teilgutachtern attestierte Arbeitsunfähigkeit addierten sich nicht. Mit einer stationären Therapie, fokussiert auf die Somatisierungsstörung bei chronischen Schmerzen, gefolgt von einer tagesklinischen Therapie, ambulant begleitet und einer Arbeit im geschützten Rahmen, könnte sich innerhalb von 1 bis 2 Jahren eine Anstellung im ersten Arbeitsmarkt erschliessen (S. 21). Befragt danach, ob die Gutachter die der aufgehobenen Verfügung (gemeint ist wohl jene vom
November 2015; vgl. S. 3) zugrunde gelegten Arbeitsunfähigkeiten bestätigen und zur seitherigen Veränderung des Gesundheitszustands bzw. der Arbeitsunfähigkeit Stellung nehmen könnten, führten die Gutachter aus (S. 22, 157), eine bleibende Einschränkung sei aufgrund der aktuell diagnostizierten Somatisierungsstörung begründbar. Die im vorliegenden Gutachten erhobenen Diagnosen seien nicht alle rückwirkend vergleichbar. Wie die Diagnose einer Somatisierungsstörung nahelege, habe sich die
Symptomatik insgesamt nicht verbessert; die Schwerpunkte hätten sich mehr in Richtung Schmerz verlagert. Zum Beginn und Ausmass der Veränderungen gaben die Gutachter an, die Arbeitsunfähigkeiten bestünden seit 2008. Aufgrund der Aktenlage sei nachvollziehbar, dass die bestätigten Arbeitsunfähigkeiten vorhanden gewesen seien. Die Diagnosen könnten nicht im Einzelnen nachvollzogen werden; aufgrund des heutigen Befundes, aufgrund der Aktenlage seien sie plausibel und nachvollziehbar. Es scheine insgesamt zu einer Besserung und Stabilisierung der psychischen Situation gekommen zu sein, allerdings habe sich demgegenüber der körperliche Zustand in der Wahrnehmung der Versicherten verschlechtert.
Dem Gutachten lässt sich entnehmen, dass entscheidend für die vollständige Arbeitsunfähigkeit der Versicherten ihre psychischen Beschwerden sind. Im psychiatrischen Gutachten wurde zusätzlich insbesondere ausgeführt, es bestehe Übereinstimmung mit dem I. -Gutachten, dass die Versicherte psychiatrisch schwer krank sei (S. 150). Aufgrund der in der frühen Kindheit begonnenen Krankheitsgeschichte und der traumatischen Kindheit sei die Somatisierungsstörung am ehesten im Rahmen einer komplexen Traumafolgestörung einzuordnen. Die mehreren psychiatrischen, stationären Aufenthalte hätten jeweils zu einer Besserung der Beschwerden geführt, vor allem der depressiven Phasen und der Angstsymptome, obwohl sie teilweise vorzeitig abgebrochen worden seien (S. 152). Die Schmerzerkrankung habe sich in der Wahrnehmung der Versicherten demgegenüber verstärkt, so dass insgesamt der Krankheitsverlauf als negativ zu bezeichnen sei. Aus psychiatrischer Sicht sei keine Arbeitsfähigkeit gegeben (S. 155), weder in der bisherigen noch in einer angepassten Tätigkeit. Es sei zu empfehlen, somatische Aspekte nicht zu unterschätzen und ggf. noch genauer abzuklären, da eine starke Überlagerung von somatischen Erkrankungen und somatoformen Symptomen bestehe und die Einordnung erschwere.
Am 22. Januar 2020 erläuterte das J. , der Gesundheitszustand der Versicherte sei seit 2008 nicht unverändert, vielmehr habe er sich seither verschlechtert (S. 135). Bereits im I. -Gutachten von 2009 sei die Verschlechterung festgehalten, die im Gutachten vom 2. September 2019 – auch wenn nicht alle im Gutachten vom 2. September 2019 erhobenen Diagnosen rückwirkend vergleichbar seien – bestätigt werde. Die Zeitachse sei im Konsensus (Spezialfragen) ausgewiesen. Die teilbegutachtende Psychiaterin habe die Gesundheitsveränderung aus dem Jahr 2009 in Punkt 6.2 eingehend diskutiert.
Die Beschwerdeführer machten zunächst insbesondere geltend, allerdings ohne Kenntnis des Gutachtens und der IV-Akten (vgl. dazu BVGeract. 1, S. 2), die Vorinstanz habe nicht abgeklärt, ab wann eine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 70% vorgelegen habe, wobei der Zeitraum ab 1. April 2013 relevant sei (S. 6). Eine Auseinandersetzung mit den vorliegenden ärztlichen Berichten sei nicht erfolgt. Die Festsetzung des Leistungsbeginns ein Jahr nach dem ersten Untersuchungsdatum im J. sei sachwidrig und willkürlich erfolgt (S. 7). In der Replik und nach Einsicht in die IV-Akten (samt Gutachten) brachten die Beschwerdeführer vor, die Gutachter hätten bestätigt, dass sich der Gesundheitszustand seit 2008 verschlechtert habe (BVGer-act. 8, S. 3), mithin bereits seit 2009 eine Arbeitsunfähigkeit von 100% bestehe. Namentlich die Berichte von Dr. K. , Dr. H. , Dr. L. und der Klinik M. seien nicht (ausreichend) gewürdigt worden (S. 4). Es sei zynisch, auf einen Thailandurlaub der Versicherten zu verweisen, da diese dort suizidale Handlungen begangen habe und sie ihr Leben in Ungarn wegen der Schmerzen nicht geniessen könne. Selbst wenn, was ausdrücklich bestritten werde, eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit seit 2009 als nicht hinreichend klar belegt erachtet würde, wäre dies die Folge des von der Vorinstanz missachteten Untersuchungsgrundsatzes, also eines Umstandes, der nicht von der Versicherten, sondern von der Vorinstanz zu verantworten wäre (S. 5). In casu wäre damit eine Umkehr der Beweislast anzunehmen (vgl. BGE 138 V 218 E.8.1.1). In Folge verfange der Verweis der Vorinstanz auf die Beweissituation nicht.
Den Beweiswert des J. -Gutachtens stellten die Beschwerdeführer nicht in Frage.
Die Ärzte des medizinischen Dienstes der IVSTA, die Allgemeinmedizinerin Dr. N. und der Psychiater Dr. O. , erklärten am
ärz 2020 (IVSTA-act. 137), das J. -Gutachten sei beweiswertig. U.a. enthalte es ausreichende Angaben hinsichtlich der Standardindikatoren, basiere auf ausführlichen und vollständigen Untersuchungen, berücksichtige die Beschwerden der Versicherten und sei in Kenntnis der Anamnese verfasst worden. Die Schlussfolgerungen seien begründet, und die Ärzte verfügten über die erforderliche Qualifikation. Für den Tag der Begutachtung, den 29. Mai 2019, sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Verschlechterung festgestellt worden. Für die Zeit zuvor hätten sich die Gutachter nicht mit der notwendigen überwiegenden Wahrscheinlichkeit festlegen können. Beginn der vollständigen Arbeitsunfähigkeit sei daher der 29. Mai 2019.
Befragt nach dem Beginn und dem Verlauf der Arbeitsunfähigkeit der Versicherten hielt der Arzt des medizinischen Dienstes der IVSTA, Dr. P. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, am 19. Februar 2021 insbesondere fest, die Gutachter hätten v.a. psychiatrischerseits einen schweren kombinierten Krankheitszustand mit aufgehobener Arbeitsunfähigkeit festgestellt (BVGer-act. 6, Beilage). Hinsichtlich des Verlaufes seit 2012 hätten sich die Gutachter retrospektiv nicht festlegen können, obwohl die begutachtende Psychiaterin festgehalten habe, dass ein erheblicher Krankheitszustand, wenn auch bei teilweise abweichenden diagnostischen Einordnungen, mit der aktuellen Einschätzung global übereinstimmend bereits im interdisziplinären Gutachten der I. (2009) festgestellt worden sei. Die IVSTA habe sich in der Folge der gutachterlichen Einschätzung einer völlig aufgehobenen Arbeitsfähigkeit angeschlossen und als Beginn, mangels eindeutiger gutachterlicher Stellungnahme zum Zwischenverlauf seit Antragsstellung, den Beginn auf die gutachterliche Untersuchung, mithin den 29. Mai 2019, festgelegt. Er, Dr. P. , halte an dieser Beurteilung fest, da das Vorliegen einer die Arbeitsfähigkeit dauerhaft einschränkenden Gesundheitsstörung bzw. einer rentenbegründenden Relevanz für den Zeitraum zwischen 2012 und der Begutachtung in 2019 nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne. Zwar sei für den Zeitpunkt des I. -Gutachten 2009 eine aufgehobene Arbeitsfähigkeit nachvollziehbar. Bereits im Bericht von Dr. H. 2012 seien der psychische Befund aber nur leicht auffällig und Funktionsstörungen wenig bekannt, wobei die Diagnosen zum Teil nicht nachvollziehbar seien. Dr. F. und ein psychiatrischer Bericht in Ungarn hätten 2015 bzw. 2017 einen kompensierten Zustand beschrieben, wobei keine Indikation für eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung gegeben gewesen sei. Ein Aufenthalt 2018 in der Klinik M. habe innert kürzester Zeit zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes der Versicherten geführt. Lediglich zu den Zeitpunkten der umfassenden und plausiblen gutachterlichen Untersuchungen in den Jahren 2009 und 2019 habe eine nachvollziehbare Feststellung einer aufgehobenen Arbeitsfähigkeit bestanden. Bereits für 2012 sei ein solcherart schwer krankhafter Zustand aufgrund der vorliegenden Berichte nicht mehr nachvollziehbar. In den darauffolgenden Jahren habe die Versicherte nach Ungarn emigrieren können, wo sie in ihrer Freizeit u.a. offenbar geritten sei und einen Thailand-Urlaub habe machen können, ohne dass ein besonders auffälliger und durchgehender psychischer Erkrankungszustand dokumentiert gewesen wäre. Zwar sei auch medizin-theoretisch zu hinterfragen, dass ein solcher, die Arbeitsfähigkeit vollkommen aufhebender Zustand von einem Tag auf den anderen eingetreten sein soll, zumal sich die
Versicherte bereits früher (2009) nachvollziehbar in einem solchen Zustand befunden habe. Auch die Natur der Störungen (chronifizierte Schmerzstörung, Persönlichkeitsstörung, rezidivierende Depressionen) liessen eher vermuten, dass der Gesundheitszustand auch in den Jahren zwischen den beiden Zeitpunkten (2009 und 2019) mindestens phasenweise kompromittiert gewesen sein dürfte. Gegen die überwiegende Wahrscheinlichkeit dieser Annahme einer durchgehenden Beeinträchtigung ausreichender Schwere sprächen jedoch das Fehlen konkreter positiver Nachweise, vielmehr das Vorliegen eher wenig beeinträchtigter psychischer Befunde resp. dessen kurzfristiger Schwankungen, sowie die Aktivitäten, zu denen die Versicherte offenbar in der Lage gewesen sei. Es erscheine zudem ausgeschlossen, dass heute noch entsprechende anderslautende Berichte oder andere medizinische Beweise erhoben werden könnten, welche diese Lücke schliessen würden, weshalb an der Festlegung des Beginns gemäss Stellungnahme vom 24. März 2020 (IVSTA-act. 137) festgehalten werde. Unter Hinweis auf diesen Bericht hielt die Vorinstanz in der Vernehmlassung vom 25. Februar 2021 an ihrer Verfügung bzw. dem verfügten Rentenbeginn fest (BVGer-act. 6). In der Duplik ergänzte sie (BVGer-act. 10), dass die orthopädische Beurteilung von Dr. K. im Rahmen des Gutachtens berücksichtigt worden sei. Der Psychiater des ärztlichen Dienstes habe am 19. Februar 2021 nur die aus psychiatrischer Sicht relevanten Unterlagen einer nochmaligen Verlaufsanalyse unterzogen.
Das polydisziplinäre J. -Gutachten vom 2. September 2019 wurde, wie dargelegt, von qualifizierten Fachärztinnen und Fachärzte in den Disziplinen Allgemeine Innere Medizin, Psychiatrie, Rheumatologie, Neurologie und Neuropsychologie erstellt. Es beruht auf allseitigen, persönlichen Untersuchungen (vgl. auch IVSTA-act. 116) und wurde in Kenntnis der Vorakten sowie unter Berücksichtigung der von der Versicherten angegebenen Beschwerden abgegeben, was sich einerseits aus der sorgfältigen chronologischen Auflistung und Zusammenfassung der Vorakten und andererseits aus den einlässlichen Anamneseerhebungen der Gutachter ergibt (IVSTA-act. 128, S. 4 ff., 24 ff., 62 ff., 81 ff., 95 ff., 108 ff., 160 ff.). Im Weiteren wurden in den Teilgutachten die jeweils festgestellten Untersuchungsbefunde angeführt und die gestellten Diagnosen begründet. Schliesslich enthält das Gutachten ein Kapitel zur interdisziplinären Gesamtbeurteilung (Konsensbeurteilung). Die Schlussfolgerungen der Gutachter sind nachvollziehbar, schlüssig, widerspruchsfrei und ausführlich begründet. Sodann enthält die Expertise ausreichende und nachvollziehbare Ausführungen zum Beweisthema der Neuanmeldung, nämlich der Veränderung des Gesundheitszustandes der Versicherten. Insgesamt
erfüllt das polydisziplinäre Gutachten die Kriterien für eine beweiswertige medizinische Expertise, was denn auch von keiner Partei in Frage gestellt wird.
Die psychiatrische Gutachterin stellte folgende Diagnosen (mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit): Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0), kombinierte Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F61.0), anfallsartige Zustände unklarer Genese (IVSTA-act. 128, S. 138). Ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit seien die rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert (ICD-10 F33.4), der Zustand nach psychischer und Verhaltensstörung durch Schmerzmittel, Abhängigkeitssyndrom (anamnestisch), ggw. abstinent (ICD 10 F 11.2), der Zustand nach psychischer und Verhaltensstörung durch Hypnotika (Benzodiazepine), Abhängigkeitssyndrom (anamnestisch), ggw. abstinent (ICD-10 F13.2) und der Zustand nach psychischer und Verhaltensstörung durch Kokain, schädlicher Gebrauch (anamnestisch; ICD-10 F14.1).
Die gestellten Diagnosen beruhen auf einer sorgfältigen und ausführlichen Herleitung (vgl. IV-act. 128, S. 107 ff.), basieren auf der persönlichen Untersuchung vom 5. Juni 2019 und lassen sich aufgrund der anamnestischen Angaben und der erhobenen Befunde ohne weiteres nachvollziehen. Sie werden von den Beschwerdeführern denn auch nicht bestritten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die psychiatrische Exploration von der Natur der Sache her nicht ermessensfrei erfolgen kann und deshalb dem medizinischen Sachverständigen praktisch immer ein gewisser Spielraum eröffnet, welcher verschiedene Interpretationen zulässt, die im Rahmen einer Exploration lege artis zu respektieren sind (vgl. Urteile des BGer 9C_393/2022 vom 17. Oktober 2022 E. 3.2; 9C_634/2015 vom 15. März 2016 E. 6.1). Eine psychiatrische, lege artis gestellte Diagnose liegt demnach vor.
Die Kategorie «funktioneller Schweregrad» beurteilt sich nach den konkreten funktionellen Auswirkungen und insbesondere danach, wie stark die versicherte Person in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionen leidensbedingt beeinträchtigt ist (vgl. Urteil des BGer 9C_590/2017 vom 15. Februar 2018 E. 6.3 m.H.).
Im Komplex «Gesundheitsschädigung» ist als erster Indikator die «Ausprägung der diagnoserelevanten Befunde und Symptome» zu nennen. Vor dem Hintergrund der im Gutachten diagnostizierten, diversen schwerwiegenden psychischen Erkrankungen überzeugt, dass bei der Versicherten mehrere auf psychiatrischem Fachgebiet bestehende Funktionseinschränkungen vorlagen, wobei insbesondere die Fähigkeit zur Planung und Strukturierung von Aufgaben, die Flexibilität/Umstellungsfähigkeit, die Durchhaltefähigkeit, die Gruppenfähigkeit, die Fähigkeit zu Spontanaktivitäten und die Pflege familiärer bzw. intimer Beziehungen beeinträchtigt waren (vgl. IVSTA-act. 128, S. 16 und 134 ff.). Nachvollziehbar beschreibt die Gutachterin, dass bei der Versicherten die Alltagsfunktionalität beeinträchtigt sei, wobei Selbstlimitierung und Somatisierung deutlich vorhanden seien und die teilweise gute Funktionalität aktuell einschränkten (S. 17).
Der Komplex «Behandlungsund Eingliederungserfolg oder -resistenz», also Verlauf und Ausgang von Therapien, stellt ein wichtiger Schweregradindikator dar (vgl. BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2). In diesem Zusammenhang hielt die Gutachterin fest, dass bei der Versicherten mehrere psychiatrische stationäre Aufhalte jeweils zur Besserung geführt hätten (S. 152), es aber zu häufigen stationären Therapieabbrüchen gekommen sei und die Versicherte eine ambulante Therapie im Grunde nicht in Anspruch genommen habe (S. 150). Störungsbedingt sei die Versicherte nicht konsequent in der Inanspruchnahme therapeutischer Hilfe (S. 152). Sie habe keine längeren stationären Psychotherapien absolviert (S. 133). Es habe sich mehr um Kriseninterventionen gehandelt. Dringend empfohlenen längeren stationären Aufenthalten habe sich die Versicherte jeweils gegen ärztlichen Rat entzogen; auch somatische Behandlungen habe sie teils vorzeitig abgebrochen (S. 133). Die Motivation der Versicherten für eine Therapie sei fraglich (S. 134). Therapeutisch seien die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, da die Versicherte keine tagesklinische Behandlung beanspruche; allerdings erschwere die aktuelle Lebenslage die Inanspruchnahme adäquater Hilfe, was negativ für die Prognose sei, zumal das Störungsbild einer Somatisierungsstörung ohnehin mit einer schlechten Prognose einhergehe (S. 152). Mit einer stationären Therapie, fokussiert auf die Somatisierungsstörung bei chronischen Schmerzen, gefolgt von einer
tagesklinischen Therapie, ambulant begleitet, und einer Arbeit im geschützten Rahmen, könnte sich innerhalb von 1 bis 2 Jahren eine Anstellung im ersten Arbeitsmarkt erschliessen (S. 21). Auf der somatischen Seite wurde insbesondere die Weiterführung der peroralen antidiabetischen und Lipidsenkertherapie, die Notwendigkeit der Überwachung/Therapie des Blutdrucks, die Nachkontrolle des Liquorbefunds, der Hautveränderungen sowie der Verdichtungen im rechten Oberund linken Unterlappen hingewiesen und auf die Notwendigkeit körperlicher Aktivierung (S. 21). Sodann sei die Fahreignung zu überprüfen. Insgesamt waren die Therapieoptionen bei der Versicherten zwar nicht ausgeschöpft, womit sich aus dem Komplex «Behandlungsund Eingliederungserfolg oder -resistenz» betreffend Schweregrad der Störung nichts Entscheidendes ableiten lässt (vgl. BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2). Allerdings wird beschrieben, dass das Fehlen einer konsequenten Therapie auch störungsbedingt sei. Zudem hatte die Versicherte immerhin mehrere stationäre Aufenthalte absolviert, eine medikamentöse Therapie sowie zeitweise eine Psychotherapie in Anspruch genommen und sich diversen Eingriffen unterzogen (vgl. S. 32 ff.).
Unter dem Aspekt der «Komorbiditäten» ist eine Gesamtbetrachtung der Wechselwirkungen und sonstigen Bezüge der psychischen Störungen zu sämtlichen begleitenden krankheitswertigen Störungen erforderlich (BGE 141 V 281 E. 4.3.1.3). Im vorliegenden Fall wurden zwar die Wechselwirkungen nicht ausführlich in einem separaten Abschnitt erörtert, dennoch ergibt sich aus dem Gutachten sowie den vorhandenen Akten klar, dass die Einschätzung der Experten auf einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Beschwerden beruht (S. 4 ff.). Sodann wird das Zusammenspiel von körperlichen und psychischen Einschränkungen beschrieben und nachvollziehbar dargelegt, dass viele körperliche Beschwerden nicht somatisch erklärt werden könnten, womit eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren überwiegend wahrscheinlich sei, wobei die ursprünglich auslösenden somatische Faktoren und die aufrechterhaltenden psychischen Faktoren erläutert wurden (S. 139 ff.). Ferner wurde festgehalten wurde, dass die von den Teilgutachtern attestierten Teil-Arbeitsunfähigkeiten sich nicht addierten (S. 20). Die Experten stellten sodann unmissverständlich fest, dass die körperlichen und psychischen Beschwerden sich gegenseitig negativ verstärkten und das Krankheitsbild aufrecht erhielten (S. 17). Im psychiatrischen Gutachten wurde eindrücklich angeführt, es sei aus psychiatrischer Sicht zu empfehlen, somatische Aspekte nicht zu unterschätzen und ggf. noch genauer abzuklären, da eine starke Überlagerung von somatischen Erkrankungen und somatoformen Symptomen bestehe und die Einordnung erschwere (S. 156). Auch
neurologisch wurde von einer sehr chronischen, komplexen, vielschichtigen Störung gesprochen, wobei allein schon das festgestellte ‘chronisch somatoforme Schmerzsyndrom’ auf das Bestehen relevanter Wechselwirkungen hinweist (S. 102).
Mit Blick auf den Komplex «Persönlichkeit» (Persönlichkeitsentwicklung und -struktur, grundlegende psychische Funktionen, persönliche Ressourcen) wird in der Konsiliarbeurteilung beschrieben, es gebe leichte Hinweise auf abhängige und vermeidende Persönlichkeitszüge (S. 17). Aufgrund des Verhaltens, welches als leicht angetrieben erlebt werde und der teils assoziativ gelockerten Erzählweise mit Sprunghaftigkeit sei der Verdacht auf ein ADHS aufgetreten. In der aktuellen Untersuchung habe die Versicherte allerdings nicht angetrieben und nicht assoziativ gelockert gewirkt (S. 17, 133).
Betreffend den Komplex «sozialer Kontext» ist der Expertise zu entnehmen, dass die Verbindung zur eigenen Familie positiv erlebt werde, wobei der Bruch mit der Herkunftsfamilie negativ sei (S. 17). Die Versicherte habe zu den Kindern guten Kontakt, alle besuchten sie in Ungarn, teilweise gebe es regelmässige telefonische Kontakte (S. 116). Der jetzige Mann sei die Liebe ihres Lebens (S. 117). Allerdings sei unklar, ob die Versicherte mit ihm zusammen oder von ihm getrennt wohne (S. 18, 153). Die Versicherte lebe in Ungarn relativ abgeschieden, ohne öffentlichen Verkehr und Infrastruktur, und fühle sich dort nicht sehr wohl (S. 116). Die Leute seien allerdings sehr gastfreundlich und unterstützend (S. 117). Die Versicherte habe in Ungarn gute Bekannte und Freundinnen. Insgesamt habe die Versicherte einen guten Bekanntenkreis und gute familiäre Kontakte, vor allem zu den Kindern und Enkeln (S. 117).
In die Kategorie «Konsistenz» fallen verhaltensbezogene Gesichtspunkte (BGE 141 V 281 E. 4.4). Zu diesem Thema finden sich im Gutachten ausführliche und nachvollziehbare Angaben, in denen zahlreiche Diskrepanzen in den Aussagen und im Verhalten der Versicherten beschrieben und diese eingehend erörtert werden (vgl. IV-act. 128, S. 17 ff.).
Der Indikator einer «gleichmässigen Einschränkung des Aktivitätenniveaus in allen vergleichbaren Lebensbereichen» zielt auf die Frage ab, ob die diskutierte Einschränkung in Beruf und Erwerb einerseits und in den sonstigen Lebensbereichen (z.B. Freizeitgestaltung) andererseits gleich ausgeprägt ist (BGE 141 V 281 E. 4.4.1). Dem Gutachten ist zu entnehmen, dass die Versicherte sich zwar für arbeitsunfähig hielt, aber weiterhin an
ausserberuflichen Tätigkeiten partizipieren und teilhaben konnte. Sie pflegte familiäre Kontakte (S. 65), konnte Freunde treffen, Reisen unternehmen (u.a. Reisen nach Budapest [S. 117], nach Thailand [S. 11, 20, 64, 119; IVSTA-act. 122], in die Schweiz [S. 65]) und in der Freizeit ihren Beschäftigungen wie Reiten oder Spaziergängen mit den Hunden nachgehen (S. 65, 120). Sie war fähig, mit dem Auto zur Begutachtung anzureisen (S. 18; vgl. auch S. 117, wonach sie sehr gerne Auto fahre). Ausserdem war sie in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern (vgl. ‘gut gepflegt und gekleidet’ in IV-act. 128, S. 129). Ein eigentlicher sozialer Rückzug wurde nicht berichtet. Nach eigener Schilderung mochte die Versicherte allerdings nur noch kurze Zeit spazieren und schwimmen und reiten mochte sie nach der Fersenbeinfraktur nicht mehr (S. 64). Sie hatte Mühe, sich beim Lesen zu konzentrieren, konnte nur noch kurz Auto fahren (S. 65) und berichtete von einem eingeschränkten Betätigungsfeld sowie der Notwendigkeit vieler Pausen (S. 120). In der Haushaltführung war sie, nach eigenen Angaben, wegen Erschöpfung eingeschränkt und hatte eine Haushalthilfe (vgl. auch IVSTA-act. 132).
Die Inanspruchnahme von therapeutischen Optionen weist auf den tatsächlichen «Leidensdruck» hin (BGE 141 V 281 E. 4.4.2). In diesem Zusammenhang ist namentlich zu erwähnen, dass gemäss Psychiaterin eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Ausmass der geschilderten Beschwerden und dem Leidensdruck (auch präsentiert) und der Nicht-Inanspruchnahme der adäquaten therapeutischen Hilfe vorhanden sei. Eine gewisse Verdeutlichungstendenz sei spürbar. Das schliesse aber die psychiatrische Diagnose nicht aus; die Schilderungen seien in sich, über die gesamte Untersuchung hinweg, überwiegend plausibel und in sich stimmig (S. 20).
Betreffend Ausschlussgründe im Sinne einer Aggravation oder einer ähnlichen Erscheinung machte der Internist keine wesentlichen Inkonsistenzen aus und hielt die phantasievollen Aussagen der Versicherten für nachvollziehbar (S. 19). Der Rheumatologe erachtete die geklagten Symptome und Funktionseinbussen für inkonsistent und weder für plausibel noch für nachvollziehbar. Der Neurologe beschrieb bizarr unsicher anmutende Standund Gangversuche, die organisch nicht begründbar seien, und die Neuropsychologin erkannte Hinweise auf nicht im geklagten Umfang vorhandene Funktionsbeeinträchtigungen (S. 20). Die begutachtende Psychiaterin, aus deren Untersuchung sich die massgebende Arbeitsunfähigkeit der Versicherten ergab, hielt deren Schilderungen aus einer Gesamtsicht für überwiegend plausibel und in sich stimmig, wenn auch eine Verdeutlichungstendenz spürbar sei und deutliche Diskrepanzen zwischen
dem Ausmass der geschilderten Beschwerden, dem Leidensdruck und der Nicht-Inanspruchnahme therapeutischer Hilfe bestünden. Sie hielt fest, in einer Gesamtbetrachtung sei nicht der Eindruck einer Aggravation entstanden, sondern eher einer Verdeutlichungstendenz bezüglich der Schmerzen und der Konzentrationsund Aufmerksamkeitsstörungen.
Abschliessend ist auf die Diskussion der Belastungsfaktoren und Ressourcen im Gutachten hinzuweisen (IVSTA-act. 128, S. 17). Demnach sind die Ressourcen grundsätzlich positiv zu werten und vorhanden, indem unbeobachtet eine wesentlich bessere Funktion in verschiedenen Bereichen des Bewegungsapparates und der Leistungsfähigkeit bestehe. Die Versicherte verfüge über eine gute Resilienz angesichts der Life Events und der Schwere des Krankheitsbildes (S. 17). Als positive Ressource sei zudem die Verbindung zur eigenen Familie zu sehen (S. 17, 104, 171). Dass die Versicherte sich in Ungarn über mehr als sechs Jahre eine gewisse Selbständigkeit erhalten habe, stelle ebenfalls eine Ressource dar (S. 76). Problematisch sei die kritische Selbsteinschätzung im Längsschnittverlauf und die offensichtliche bewusstseinsnahe Verdeutlichung (S. 17). Die Alltagsfunktionalität sei beeinträchtigt. Selbstlimitierung und Somatisierung seien deutlich vorhanden und schränkten die teilweise gute Funktionalität aktuell ein. Die körperlichen und psychischen Beschwerden verstärkten sich gegenseitig negativ und hielten das Krankheitsbild aufrecht. Relevante Belastungen bestünden sodann in Form traumatischer Kindheitserlebnisse. Der Zustand der Paarbeziehung könne wegen der divergierenden Angaben nicht ausreichend sicher geschätzt werden; eine Belastung der Angehörigen durch das Störungsbild bestehe in relevantem Ausmass und werde fremdanamnestisch geschildert (S. 17, 155). Der Bruch mit der Herkunftsfamilie und das Leben in Ungarn aus finanziellen Gründen seien ebenfalls als stark belastend zu werten. Die über Jahre bestehenden Ganzkörperschmerzen und deren medizinische Versorgung in Ungarn belasteten die Versicherte zunehmend (S. 76). Der chronische Verlauf bzw. die Schmerzsymptomatik über viele Jahre gälten ebenfalls als Belastungsfaktor (S. 104, 171).
8.1 Vorliegend umstritten bzw. nachfolgend zu prüfen ist, inwiefern auch für die Beurteilung der Frage der Veränderung des Gesundheitszustands der Versicherten seit der Verfügung vom 1. Dezember 2008 resp. ihrer Arbeitsfähigkeit zwischen April 2013 (frühestmöglicher Rentenbeginn) und Mai 2019 (Gutachtensdatum) auf das J. -Gutachten abgestellt werden kann. Dabei wird die diesbezügliche Aussagekraft des Gutachtens von den Beschwerdeführern ebenfalls nicht in Frage gestellt. Die Angaben im Gutachten werden von den Beschwerdeführern aber anders interpretiert als von der IVSTA.
Betreffend Beweislast ist Folgendes vorauszuschicken: Erweist es sich als unmöglich, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes aufgrund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen, kommen die Beweislastregeln zur Anwendung (BGE 144 V 427 E. 3.2; Urteile des BGer 8C_643/2018 vom 4. Juli 2019 E. 6.1; 8C_351/2019 vom 17. Sep-
tember 2019 E. 4.3.1; Urteil des BVGer C-4885/2020 vom 30. Juli 2021
E. 2.4; KASPAR GERBER, Kommentar zum Schweizerischen Sozialversicherungsrecht, IVG, 2022, Art. 28 N 202; URS MÜLLER, Das Verwaltungsverfahren in der Invalidenversicherung, 2010, § 25 N 1541). Gemäss der allgemeinen Beweislastregel hat, wo das Gesetz es nicht anders bestimmt,
diejenige Person das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, die aus ihr Rechte ableitet (Art. 8 ZGB). Bei Beweislosigkeit ist folglich zu Ungunsten derjenigen Person zu entscheiden, welche die Beweislast trägt (vgl. Urteile des BVGer A-1746/2016 vom 17. Januar 2017 E. 1.5.2; A-3119/2014 vom 27. Oktober 2014 E. 2.5; MOSER/BEUSCH/KNEU-
BÜHLER/KAYSER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 3. Aufl. 2022, Rz. 3.149 ff.).
Der Beweis für eine lang andauernde und erhebliche gesundheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit kann nur dann als geleistet betrachtet werden, wenn die Prüfung der massgeblichen Beweisthemen im Rahmen einer umfassenden Betrachtung ein stimmiges Gesamtbild einer Einschränkung in allen Lebensbereichen (Konsistenz) für die Bejahung einer Arbeitsunfähigkeit zeigt (vgl. Urteil des BVGer C-4885/2020 vom 30. Juli 2021 E. 5.2 m.H.a. BGE 141 V 281). Fehlt es daran, ist der Beweis nicht geleistet und nicht zu erbringen, was sich nach den Regeln über die (materielle) Beweislast zuungunsten der rentenansprechenden Person auswirkt (BGE 144 V 50 E. 4.3; 143 V 418 E. 6; MÜLLER, a.a.O., §25 N 1536 und 1537). Bei Beweislosigkeit wird mithin vermutet, dass sich Gesundheitsschaden nicht invalidisierend auswirkt (BGE 141 V 585 E. 5.3; GERBER, a.a.O., Art. 28 N 201), vermutet wird mit anderen Worten Validität, nicht Invalidität (GERBER, a.a.O., Art. 28 N 233). Im Falle einer Neuanmeldung bedeutet dies, dass es nach dem Grundsatz der materiellen Beweislast beim bisherigen Rechtszustand bleibt, sofern eine anspruchserhebliche Änderung des Sachverhalts nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt ist (Urteile des BGer 9C_273/2014 vom 16. Juni 2014 E. 3.1.1; 9C_418/2010 vom 29. August
2011 E. 3.1).
Die Beschwerdeführer machen, unter Verweis auf BGE 138 V 218
E. 8.1.1, geltend, die Vorinstanz habe den Untersuchungsgrundsatz verletzt, weshalb es zu einer Beweislastumkehr komme (vgl. dazu BVGeract. 8, S. 5). Gemäss dem zitierten BGE tritt eine Umkehr der Beweislast ausnahmsweise dann ein, wenn eine Partei einen Beweis aus Gründen nicht erbringen kann, welche nicht von ihr, sondern von der Behörde zu verantworten sind, beispielsweise bei Beweislosigkeit im Zusammenhang mit der Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels. Die Beschwerdeführer sehen einen solchen Grund darin, dass die Vorinstanz den Untersuchungsgrundsatz verletzt habe, indem sie nur zögerliche Untersuchungshandlungen und nur unzureichende Abklärungen getätigt habe. Mithin habe es die Vorinstanz zu verantworten, falls eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit ab 2009 nicht hinreichend klar zu belegen wäre.
Gemäss der in Art. 43 Abs. 1 ATSG statuierten Untersuchungspflicht hat die Behörde den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären, ohne an die Anträge der Parteien gebunden zu sein (KIESER, a.a.O., Art. 43 N 13). Vorliegend holte die Vorinstanz nicht nur die notwendigen beruflichen und medizinischen Akten ein (vgl. IVSTA-act. 67 - 108), sondern gab auch ein umfassendes medizinisches Gutachten in Auftrag (IVSTA-act. 109). Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass diesbezüglich notwendige Abklärungen unterlassen worden wären oder eine übermässige Verzögerung eingetreten wäre. Vielmehr wurde das Verfahren nach Rechtskraft des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 2018 (welches bis dahin keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes festgestellt hatte) umgehend an die Hand genommen (vgl. IVSTA-act. 64). Eine gewisse Verfahrensverzögerung war dabei hinzunehmen, da die Versicherte im Ausland lebte und entsprechende Unterlagen beizuziehen waren, bevor der Auftrag an die Experten erfolgen konnte. Auch nach Vorliegen des J. -Gutachtens wurde das Verfahren ohne Verzug fortgeführt (vgl. IVSTA-act. 129 ff.). Eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes ist nicht ersichtlich, zumal nicht konkret aufgezeigt wurde und auch nicht ersichtlich ist, inwiefern die behauptete Verzögerung zur Beweislosigkeit hätte führen sollen bzw. welche Unterlagen zusätzlich hätten erhältlich gemacht werden sollen.
Eine Umkehr der Beweislast kann ohnehin allein gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben erfolgen (vgl. Urteil des BGer 8C_693/2010, 8C_694/2010 vom 25. März 2011 E. 12). Diesem Grundsatz würde es etwa widersprechen, wenn der Versicherer der versicherten Person das Beweisführungsrecht verunmöglichen würde. Dass den Beschwerdeführern das Beweisführungsrecht verunmöglicht worden wäre, wird zu Recht nicht geltend gemacht. Die Voraussetzungen für eine Umkehr der Beweislast sind daher nicht erfüllt.
In einem nächsten Schritt ist zu prüfen, ob das Gutachten zuverlässig eine massgebende Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Versicherten bzw. eine rentenwirksame Sachverhaltsänderung (vgl. dazu MEYER/REICHMUTH, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, 4. Aufl. 2022, Art. 30 N 20) ausweist und gegebenenfalls per wann diese ausgewiesen ist. Während der erste Punkt unbestritten geblieben ist, besteht über den zweiten Punkt Uneinigkeit.
Während im Zeitpunkt der ursprünglichen Rentenverfügung vom 1. Dezember 2008 invalidisierende psychische Beschwerden ausgeschlossen
waren und die damalige Schmerzverarbeitungsstörung sowie die Benzodiazepinabhängigkeit als überwindbar galten und das Vorliegen massgebender Komorbiditäten verneint wurde (vgl. dazu Urteil des BGer 9C_158/2010 vom 29. Juni 2010 E. 3.2 ff. in IV-act. 96), zeigt das J. -Gutachten klar auf, dass bei der Versicherten eine Verschlechterung des Zustands in psychosomatischer Hinsicht eingetreten ist. So habe sich die psychische Situation der Versicherten seither stabilisiert, der körperliche Zustand bzw. das Schmerzempfinden habe sich aber verschlechtert und die Somatisierungsstörung verunmögliche der Versicherten aktuell, zusammen mit der kombinierten Persönlichkeitsstörung und den anfallsartigen Zuständen, eine Arbeitstätigkeit (vgl. S. 22, wonach die bleibende Einschränkung mit der Somatisierungsstörung begründet wird). Das Bestehen einer massgebenden Verschlechterung wird denn auch weder von der Vorinstanz noch von den Beschwerdeführern in Frage gestellt.
Zu prüfen ist nun, per wann bei der Versicherten eine rentenrelevante Verschlechterung ausgewiesen ist. Die Beschwerdeführer gehen davon aus, dass dies ein Jahr vor dem möglichen Rentenbeginn, d.h. per April 2012, der Fall ist, während die Vorinstanz das Begutachtungsdatum vom Mai 2019 als massgebenden Zeitpunkt annimmt.
Das J. -Gutachten geht davon aus, dass eine massgebende Verschlechterung per Gutachtensdatum ausgewiesen ist, während für die Zeit davor eine retrospektive Beurteilung nicht mit dem erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad möglich sei, weil die Diagnosen nicht im Einzelnen nachvollzogen werden könnten bzw. rückwirkend vergleichbar seien (vgl. IVSTA-act. 128, S. 20, 22; IVSTA-act. 135). Die Angaben der Versicherten müssten kritisch hinterfragt werden, bedingt durch die Verdeutlichung und Selbstlimitierung (act. 128, S. 92). Zwar gaben die Gutachter an, die Versicherte sei, wie schon während des I. -Gutachtens 2009, psychisch schwer krank (IVSTA-act. 135). Daraus lässt sich jedoch weder die Dauer noch das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit herleiten. Auch lässt sich der Verlauf der Arbeitsunfähigkeit über den hier interessierenden Zeitraum 2012/2013 bis 2019 nicht schlüssig darstellen. Dieser Einschätzung der Gutachter ist umso mehr zuzustimmen, als sich den Akten, wie nachfolgend aufgezeigt wird, entnehmen lässt, dass sich die gesundheitliche Situation der Versicherten in dieser Zeitspanne immer wieder als gut oder gebessert präsentiert hatte.
Wie oben erwähnt ist zu prüfen, ob die übrigen medizinischen Akten eine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Versicherten im massgebenden Zeitraum zulassen oder ob den J. -Experten, wonach eine diesbezügliche Aussage nicht möglich sei, zuzustimmen ist. Die relevante medizinische Aktenlage bis zum Gutachtensdatum zeigt dabei folgendes Bild:
Im interdisziplinären I. -Gutachten vom 21. September 2009, welches auf einer neurologischen und psychiatrischen Untersuchung basiert, wurden folgende Diagnosen gestellt (IV-act. 83, S. 27):
Neurologische Diagnosen
gemischt chronische Kopfschmerzen (chronic daily headache) mit Migränen und Cluster-Typ Kopfschmerzen
leichte, linksseitige periorale Gesichtsmuskulaturschwäche (Nervus facialis)
chronisches fluktuierendes zerviko-thorakales und lumbales Syndrom mit pseudoradikulären Reizsymptomen, zeitweise übergehend in ein Ganzkörperschmerzsyndrom
Schmerzund stimmungsbegleitete Störungen der Konzentration des Gedächtnisses und der Sprache
Psychiatrische Diagnosen
Persönlichkeitsstörung
dependent (ICD-10 F60.7) und ängstlich-vermeidend (ICD-10 F60.6) sowie mit emotional-instabilen Zügen
bei kollusiver Paarbeziehung
chronische depressive Störung, wahrscheinlich (whs.) reaktiv im Zusammenhang mit der Persönlichkeitsproblematik, gegenwärtig mittelbis schwergradig (ICD-10 F32.2)
Panikstörung, whs. ebenfalls reaktiv, gegenwärtig schwergradig (ICD-10 F41.01)
seit ca. 1999 bestehend
V. a. gemischte dissoziative Störung (ICD-10 F44.7)
St. n. mehreren Suizidversuchen
chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD10 F45.41).
Die Gutachter gaben an, ausgehend von einer einfachen, kognitiv geprägten, wechselbelastenden Bürotätigkeit, bewirkten die chronischen fluktuierenden Schmerzen aus neurologischer Sicht eine Reduktion der Arbeitsfähigkeit von 20%, im Sinne eines entsprechend verminderten zumutbaren Tagesarbeitspensums (S. 30). Die Einschränkung erkläre sich aus der
Belastungsabhängigkeit der Schmerzen und der damit verbundenen Minderung der kognitiven Leistungsfähigkeit, der verstärkten körperlichen und mentalen Ermüdbarkeit und des verlängerten Erholungsbedarfs. Die Einschränkung der körperlichen Arbeitsfähigkeit stehe wahrscheinlich hinter der (Einschränkung), die durch die psychischen Störungen bedingt sei, zurück. Aus psychiatrischer Sicht bestehe keine Arbeitsfähigkeit (S. 33). Die Versicherte sei primär durch die Persönlichkeitsstörung eingeschränkt. Dazu kämen die chronischen Schmerzen. Die Versicherte beschreibe eine deutliche Besserung in den Sommermonaten 2008, wobei eine weitere Verschlechterung, einschliesslich Suizidversuchs, im Jahr 2009 eingetreten sei (S. 34). Mittelfristig sollte durch die Umsetzung gewisser Massnahmen (ambulante psychiatrische Therapie, Medikation, Ergotherapie, Tagesklinik, berufliche Massnahmen) innerhalb eines Jahres eine Arbeitsfähigkeit von 50% im Bürobereich erreicht werden; längerfristig sei eine volle Arbeitsfähigkeit in angepassten Tätigkeiten möglich, aber nicht wahrscheinlich.
Das D. wies am 19. November 2009 darauf hin, dass bei ihrem Gutachten keine Hinweise für eine depressive Störung hätten gefunden werden können (IV-act. 88, S. 2). Die Versicherte sei nur während zwei Sitzungen ambulant bei einem Psychiater gewesen und habe nie kontinuierlich eine antidepressive Therapie durchgeführt. Einzig während des ersten Klinikaufenthaltes seien depressive Verstimmungen beobachtet worden. Es fänden sich also keine Hinweise für eine länger dauernde depressive Störung, die die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen würde. Die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung könne nicht bestätigt werden. Die Versicherte habe bis 2006 keine Schwierigkeiten im beruflichen und privaten Umfeld gehabt. Eine Persönlichkeitsstörung wirke sich aber spätestens mit Eintritt ins Erwachsenenalter sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld aus; in der Regel seien die Betroffenen in beiden Umfeldern wesentlich beeinträchtigt. Die Gedächtnisstörungen und die verwaschene Sprache seien also auf den hohen Konsum der Benzodiazepine zurückzuführen und dementsprechend auch reversibel, falls die Versicherte auf den Konsum von Benzodiazepinen verzichten würde. Zusammenfassend werde an den Einschätzungen im Gutachten vom 23. Juni 2008 festgehalten. In der angestammten Tätigkeit sei die Versicherte zu 100% arbeitsund leistungsfähig. Allerdings werde die Leistungsfähigkeit durch den hohen Benzodiazepinkonsum beeinträchtigt; diese Beeinträchtigung sei allerdings reversibel, und es sei davon auszugehen, dass die Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigt wäre, wenn die Versicherte auf den Konsum von Benzodiazepinen verzichten würde.
Im Bericht über die rheumatologische Konsultation bei Dr. Q. vom 24. August 2012 heisst es, die Kriterien für ein Fibromyalgie-Syndrom seien erfüllt (DD: anhaltende somatoforme Schmerzstörung; IV-act. 121). Die Versicherte versuche, trotz Beschwerden ein aktives Leben zu führen. Sie könne aktuell den dreiköpfigen Haushalt – unter Einhaltung von Pausen – selber führen, gehe mit dem Hund spazieren, schwimmen und Rad fahren. Eine Medikation finde derzeit mit Cipralex und Magnesium statt. Eine Schmerzmedikation erfolge wegen Unwirksamkeit nicht.
Vom 19. September 2012 bis 1. Oktober 2012 war die Versicherte in der Klinik M. , einer psychiatrischen und psychotherapeutischen Spezialklinik für Frauen, hospitalisiert (vgl. Austrittsbericht vom 8. November 2012 in IV-act. 123). Dabei wurden folgende Diagnosen gestellt:
Psychiatrische Diagnosen
Benzodiazepinabhängigkeit (ICD-10 F13.2)
V. a. anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.4)
V. a. bipolare Störung, gegenwärtig manische Episode ohne psychotische Symptome (ICD-10 F31.1)
Zu den übrigen Diagnosen vgl. S. 2.
Die Versicherte sei von ihrem Hausarzt, Dr. L. , notfallmässig zugewiesen worden, zur Krisenintervention und Akutbehandlung aufgrund familiärer und partnerschaftlicher Konflikte. Die Versicherte habe die Therapie vorzeitig abgebrochen. Der Austritt sei bei fehlender Eigenund Fremdgefährdung aufgrund mangelnder Therapiemotivation und fehlender Krankheitseinsicht entgegen ärztlichen Rates erfolgt. Die Versicherte sei über die Risiken eines Austritts aufgeklärt worden, und es sei die klare Empfehlung ausgesprochen worden, sich weiterhin stationär behandeln zu lassen, was von der Versicherten abgelehnt worden sei. Diese sei in nur leicht gebessertem Zustand nach Hause entlassen worden. Eine ambulante psychiatrische Psychotherapie werde dringend empfohlen.
Dr. K. , Facharzt für orthopädische Chirurgie, gab im Formularbericht vom 7. November 2012 (Eingang IV-Stelle) als Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit ein chronisch rezidivierendes Lumbovertebralsyndrom, ein Z. n. HWS-Distorsion, ein Z. n. Operation eines Hirntumors und ein Z. n. mehrfachen Infiltrationen der LWS an (IV-act. 107). Die Versicherte leide an massiven Schmerzen. Die bisherige Tätigkeit sei nicht mehr zumutbar. Mit der Wiederaufnahme einer Tätigkeit sei nicht zu rechnen. Im beigelegten undatierten Bericht (IV-act. 108) wurden
sodann insbesondere Schwellungen an Fuss und oberem Sprunggelenk (OSG) sowie diverse Schmerzen beschrieben.
Dr. H. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, bei dem die Versicherte in den Jahren 2011/2012 rund ein Jahr in Behandlung war, führte am 6. November 2012 (Posteingang IV-Stelle) folgende Diagnosen auf (IV-act. 106):
Aktualachse
St. n. Agoraphobie mit Panikstörung (ICD-10 F40.1)
Dysthymie, Suchtproblematik (aktuell Dormicum/Opioide; ICD-10 F34.1)
Kleptomanie (ICD-10 F63.2)
V. a. Serotoninsyndrom bei der Kombination von Tramadol und serotonergen Antidepressiva; war im letzten Jahr immer wieder im Spital R. wegen schwerer Intoxikationszustände hospitalisiert
Persönlichkeitsachse
kombinierte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen, ängstlich-vermeidenden, histrionischen und narzisstischen Zügen (ICD-10 F61.0); DD: organische Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F07.1 [recte wohl F07.0])
leichte kognitive Beeinträchtigung, nicht im Zusammenhang mit einer Systemerkrankung (ICD-10 F60.70; MS jedoch nie ausgeschlossen, trotz positiver Liquoruntersuchung in R._ 2010)
Körperachse
St. n. Meningeomoperation 2004
chronischer Rückenund Schulter-Nackenschmerz nach HWS-Beschleunigungstrauma.
St. n. Rippenserienfraktur mit Pneumothorax 08.2011
obstruktives Schlafapnoesyndrom
Psychosoziale Belastung
keine Beziehung zur Herkunftsfamilie
Suizid des Vaters, bipolare Erkrankung des Vaters
Gewalt in der ersten Ehe
Alkoholproblematik des seit 12.2010 getrennten Partners (im Oktober 2012 lebten die Ehegatten allerdings wieder zusammen)
schwere Misshandlung und sexuelle Ausbeutung durch getrennt lebenden Partner
- sexueller Missbrauch in der Kindheit.
Der Arzt berichtete, die Versicherte sei 2012 in der Rehaklinik S. zur stationären Rehabilitation hospitalisiert gewesen, wegen Stehlens aber entlassen worden. Im September 2012 sei sie in der Klinik M.
hospitalisiert worden, habe aber mit Hilfe eines Anwalts die vorzeitige Entlassung erwirkt. Sodann hätten mehrmalige Notfallhospitalisationen in R. stattgefunden. Die Arbeitsfähigkeit im erlernten Beruf als Büroangestellte betrage 30%, in einer angepassten Tätigkeit 50%. Die Versicherte berichte, ihr gehe es gut, sie sei voll an den Vorbereitungen für den Umzug nach Ungarn (S. 3). Er, der Arzt, denke, dass sich vormundschaftliche Massnahmen aufdrängten. Die Versicherte sei nur in einer strukturierten Behandlung einigermassen führbar. Sie würde jeden Betrieb innerhalb kürzester Zeit in Unordnung bringen. Das Einzige, was die Versicherte wahrscheinlich könne, sei putzen und Kunstnägel aufkleben. Dies sollte bei entsprechenden Pausen zu 50% (4 bis 5 Stunden am Tag) möglich sein.
Der Hausarzt, Dr. L. , führte am 8. November 2012 aus, der Versicherten seien die bisherige und angepasste Tätigkeiten vollständig nicht mehr zumutbar, und zwar dauerhaft (IV-act. 124). Die Versicherte werde psychotherapeutisch und medikamentös behandelt.
Im ausführlichen ärztlichen Bericht vom 13. Mai 2015 beschrieb Dr. F. vor allem Kopf-, Rücken-, Gelenkund Nackenschmerzen (IVSTA-act. 38 [Übersetzung in IVSTA-act. 39]). Die Versicherte könne sich nicht konzentrieren und sei vergesslich. Sie habe Sprachschwierigkeiten, Schlafprobleme, weder Motivation noch Energie und leide an Panikanfällen, seitdem sie sich die Morphinderivate abgewöhnt habe. An Medikamenten nehme sie Lyrica, Gliprex, Sirdalud, Trittico AC, Melatonin und Ralgen ein. Gang und Bewegungen der Versicherten seien unauffällig (S. 7). Es liege ein kompensierter Zustand vor. Derzeit seien keine pathologischen Stimmungsverschiebungen feststellbar.
Gemäss Einschätzung der Psychiaterin des internen medizinischen Dienstes vom 14. Juli 2015 seien die Befunde bei der Versicherten weitgehend normal (IVSTA-act. 41). Der psychische Zustand der Versicherten sei kompensiert.
Am 18. August 2016 stellten die Rheumatologen in Ungarn folgende Diagnosen: Rotatorenmanschette l.u., Spondylarthrosis cervikal et lumbal (ICD-10 M47.90), Scoliosis dorsolumbal cum torsionem (ICD-10 M41.90), Obs. ad polyarthritidem (IVSTA-act. 73). Es wurde eine Medrol-Stosstherapie empfohlen.
Am 3. April 2017 führte die Fachordination Rheumatologie des Komitats-
krankenhauses T.
folgende Diagnosen auf (IVSTA-act. 76; vgl.
auch IVSTA-act. 88): Polyarthritis, nicht näher bezeichnet (ICD-10 M13.00), Arthrose, nicht näher bezeichnet (ICD-10 M19.90), Koxarthrose, nicht näher bezeichnet (ICD-10 M16.90), Neurodystrophie (Algodystrophie; ICD-10 M89.00).
Im Untersuchungsbericht vom 13. April 17 beschrieb die Fachordination Rheumatologie Beschwerden an Schultern, Handgelenken, Händen und Kleingelenken, eine Gewichtsabnahme, Schwellungen, Durchfall, ein Raynaud-Syndrom, Müdigkeit und Schlafstörungen (IVSTA-act. 87). In der Projektion des linken Kalkaneus liege ein eine bedeutende Aktivität aufweisender Prozess (Folge von Trauma?, Entzündungsprozess?) vor. Es werde eine gezielte radiologische Untersuchung empfohlen. Im lateralen Bereich des rechten Kniegelenks zeichne sich deutlich ein mittelgradiger Prozess ab (wahrscheinlich Folge von Trauma oder Arthropathie). In den Kleingelenken der Hände und Beine sei eine mässige Arthropathie wahrscheinlich. Die Therapie erfolge mit Seractil und Vitamin D3.
Am 27. September 2016 erfolgte der Untersuch eines pathologischen Gebildes in der Bucca (IVSTA-act. 77). Eine Malignität wurde in der Folge nicht für wahrscheinlich erachtet, und es wurde eine Dysfunktion des Kiefergelenks attestiert (IVSTA-act. 81, S. 1 und 3).
Im Bericht vom 18. November 2016 des Komitatskrankenhauses T. , Fachordination Schulterchirurgie, wurde eine adhäsive Entzündung der Schultergelenkkapsel (ICD-10 M75.00) erwähnt (IVSTA-act. 84). Es bestehe keine organisch-neurologisch traumabedingte Anomalie. Es seien gesunde Reflexe, aber keine pathologischen Reflexe festzustellen. Sensibilität, Beweglichkeit und Muskelkraft seien am ganzen Körper erhalten. Es seien keine Anomalien bemerkt worden.
Vom 12. Januar 2017 bis 17. Januar 2017 wurde die Versicherte in
der HNO-Abteilung des Komitatskrankenhauses T.
wegen
Schmerzen im linken Unterkiefer und der Bucca behandelt (IVSTA-act. 92). Es ergab sich die Diagnose einer TMI-Dysfunktion. Die Versicherte sei zwecks Untersuchung wegen eines schlechten Allgemeinzustands aufgenommen worden (S. 5). Aktuell benötige sie keine weiteren Untersuchungen oder Observation. Sie werde in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen.
Im Arztbericht vom 14. Januar 2017 der Dermatologie des Komitats-
krankenhauses T.
werden Hautbeschwerden und Durchfälle
beschrieben (IVSTA-act. 72; vgl. zu den Hautbeschwerden auch IVSTAact. 78 und 83 [Diagnose: chronische Dermatitis]; betreffend Bauchbeschwerden IVSTA-act. 79, 80, 82, 85 [Diagnose: Erscheinungsbild einer Gastritis]).
Vom 25. April 2017 bis zum 4. Mai 2017 war die Versicherte im Komitatskrankenhaus T. , Abteilung Klinische Immunologie, hospitalisiert (IVSTA-act. 86; vgl. auch IVSTA-act. 71). Dabei wurde keine auf eine Gelenkentzündung hinweisende Anomalie festgestellt. Die Krankheit ruhe, und es sei keine regelmässige immunologisch-rheumatologische Versorgung notwendig. Im Abschlussbericht (IVSTA-act. 91) werden folgende Diagnosen gestellt: Fibromyalgie, Polyarthritis, Obs. ad seronegativ RA, Sudeck atrophia ossis tarso-metatarsalis links, St. n. Operation einer Kalkaneus-Fraktur links, St. n. Radiusfraktur links, Spondylosis et discopathia lumbal. Die Versicherte sei als Notfall in die Klinik gekommen. Sie sei geritten und habe danach starke Kreuzschmerzen verspürt. Das Auftreten von vielfältigen und weitverzweigten Beschwerden lasse sich durch Somatisierung erklären (S. 5). Eine psychiatrische Konsultation sei erfolgt und eine anxiolytische/angsthemmende Therapie eingeleitet.
Am 31. Mai 2017 ergab eine ambulante psychiatrische Untersuchung im Komitatskrankenhaus T. eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig (ICD-10 F33.1; IVSTA-act. 94). Infolge Therapie gehe es der Versicherten besser. Diese sei bei Einnahme von Duloxetin kompensiert, deswegen werde dem Hausarzt eine entsprechende Empfehlung für 12 Monate ausgestellt.
Am 29. Mai 2018 berichtete die Klinik M. über die 3. Hos-
pitalisation der Versicherten, die vom 29. März 2018 bis zum 11. April 2018
stattgefunden habe (IVSTA-act. 122; 2. Aufenthalt vom 19. September
2012 bis 1. Oktober 2012, 1. Aufenthalt 1998). Es ergäben sich folgende Diagnosen:
Psychiatrische Hauptdiagnose
- Mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.1)
o aktuell Erschöpfungszustand mit Hoffnungslosigkeit bezüglich Schmerzen
Andere Diagnosen (Nebendiagnosen)
sonstiger chronischer Schmerz (ICD-10 R52.2)
Fibromyalgie (ICD-10 M79.7)
Diabetes mellitus Typ II (ICD-10 E11.9).
Die Versicherte lebe seit 5 Jahren mit dem Ehemann in Ungarn. Sie seien im Jahr 2018 für 5 Wochen in Thailand gewesen, wo ein angeblicher Suizidversuch stattgefunden habe. Danach sei sie zur Tochter in die Schweiz gekommen, die wie eine beste Freundin sei. Aktuell sei die Versicherte maximal erschöpft und lebensmüde. Sie befinde sich in gepflegtem äusserem Erscheinungsbild, sei wach, bewusstseinsklar und zu allen vier Qualitäten hin orientiert; die Aufmerksamkeit und das Gedächtnis seien regelrecht. In der Aufnahmesituation habe keine Hypermotorik bestanden, anamnestisch gebe es aber Hinweise auf erhöhte Impulsivität. Es bestehe ein guter Blickkontakt. Die Versicherte sei freundlich und zugewandt im Kontakt. Es gebe keine Hinweise auf Ängste oder Zwänge, keine akustischen/optischen Sinnestäuschungen, kein Hinweis auf formale oder inhaltliche Denkstörungen (insbesondere keine Hinweise auf Verfolgungswahn). Es seien keine IchStörungen erkennbar. Es bestehe eine depressive Verstimmung, und es zeigten sich starke Erschöpfung und Hoffnungslosigkeit sowie lnsuffizienzgefühle. Die Versicherte beschreibe es als frustrierend, dass sie ihr eigentlich tolles Leben (Landhof in Ungarn mit Swimming-Pool und Reiten) wegen der starken Schmerzen nicht geniessen könne. Allerdings sei die Versicherte im Gesprächsverlauf affektiv auslenkbar (teilweise auch schmunzelnd). Psychomotorisch sei sie eher ruhig. Einschlafund Durchschlafstörungen seien vorhanden. Die Versicherte berichte von Suizidgedanken und
-plänen wie Luft in die Venen spritzen; aktuell könne sie sich aber glaubhaft davon distanzieren. Es bestehe kein Hinweis auf Selbstoder Fremdgefährdung im stationären Setting. Ein Leidensdruck bestehe. Es sei der Versicherten gelungen, in der Klinik zur Ruhe zu kommen und sich zu stabilisieren. Die anfänglichen stark schwankenden Verwirrtheitszustände hätten sich im Verlauf deutlich verringert, und die Versicherte habe in stabilem wachem, allseits orientiertem Zustand entlassen werden können. Mithilfe von Fentanylpflastern 50mcg (Wechsel alle 3 Tage) hätten die chronischen Schmerzen gut eingestellt werden können. Laut der Versicherten sei es noch nie so gut gewesen und sie sei sehr froh. Die Versicherte habe in deutlich gebessertem Zustandsbild nach Hause zur Tochter entlassen werden können. Als weitere Therapie werde aufgrund der anfänglichen schnell wechselnden Verwirrtheitszustände und des kardiovaskulären Risikoprofils dringlichst eine neurologische Verlaufskontrolle mit Bildgebung vom Kopf (St. n. Hirnschlag und multiplen Lungenembolien, Diabetes mellitus Typ II und erhöhtes Cholesterin) empfohlen. Aufgrund der chronischen Schmerzen (Fibromyalgie seit dem 29. Lebensjahr) werde eine Vorstellung bei den Schmerzspezialisten empfohlen. Zudem soll eine gelegentliche Kontrolle des EKG sowie der Elektrolytund Leberwerte (aufgrund der Medikation) weitergeführt werden.
In den Akten findet sich sodann ein Bericht vom 4. Juni 2019 des
Spitals U.
(IVSTA-act. 128, S. 176) über eine notfallmässige
Selbstvorstellung bei starken Schmerzen über dem ganzen Körper, bei einer vorbekannten Fibromyalgie-Erkrankung. Die körperliche und laborchemische Untersuchung zeige sich unauffällig. Auf der Notfallstation seien analgetische und beruhigende Massnahmen eingeleitet worden. Danach habe die Versicherte in gebessertem Allgemeinzustand nach Hause entlassen werden können.
Den Akten lässt sich zwar entnehmen, dass die Versicherte mit ständigen Schmerzen lebte und sich in der Zeit zwischen 2012/2013 und 2019 immer wieder in ärztliche Obhut begab. Die dabei erfolgten Krankenhausaufenthalte waren aber jeweils nur von kurzer Dauer und bewegten sich im Rahmen von Notfallkonsultationen, wobei in der Regel keine zusätzliche Versorgung oder (längere) stationäre Aufnahme notwendig war. Das J. -Gutachten beschrieb entsprechend, es hätten keine stationären Aufenthalte, nur Kriseninterventionen, stattgefunden (IVSTA-act. 128, S. 133). Längere stationäre Psychotherapien, welche die Versicherte absolviert hätten, sind nicht ausgewiesen. Die Versicherte genoss vielmehr seit einigen Jahren überhaupt keine psychiatrische Behandlung mehr (S. 117) und schöpfte die möglichen Therapien nicht aus (S. 152) bzw. nahm gar keine Therapieoptionen mehr wahr (S. 89). Im August 2012 wurde beschrieben, die Versicherte könne ein aktives Leben führen, trotz ihrer Be-
schwerden (IV-act. 121). Den Aufenthalt in der Klinik M.
vom
Herbst 2012 brach die Versicherte auf eigenen Wunsch vorzeitig ab und konnte dennoch bereits in (leicht) gebessertem Zustand entlassen werden (IV-act. 123). Im Mai 2015 berichtete Dr. F. von einem kompensierten Zustand (IVSTA-act. 38, 39). Von einem kurzen Krankenhausaufenthalt Anfang 2017 wegen Kieferbeschwerden konnte die Versicherte ebenfalls in gutem Zustand entlassen werden (IVSTA-act. 92). Auch betreffend die Depression führte eine medikamentöse Therapie im Mai 2017 zum Erfolg (IV-act. 94). Zu diesem Zeitpunkt war ebenfalls von einem kompensierten Zustand die Rede. Eine weitere Hospitalisation in der Klinik M. im Frühjahr 2018 dauerte lediglich 2 Wochen und führte bereits dazu, dass die Versicherte in gutem und stabilisiertem Zustand entlassen werden konnte, wobei es ihr nach eigenen Angaben betreffend Schmerzen noch nie so gut wie nach bzw. mit der betreffenden Behandlung ergangen sei (IVSTA-act. 122). Ein Aufenthalt im Spital U. im Sommer 2019 zeigte wiederum unauffällige Ergebnisse, und die Entlassung erfolgte ebenfalls in gebessertem Zustand (IVSTA-act. 128, S. 176). Die übrigen
aktenkundigen Beschwerden, wie die Hautleiden und Magen-/Darm-Beschwerden (vgl. dazu E. 8.7.14), vermögen demgegenüber keine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Auch bezüglich der rheumatologischen Leiden wurde der Versicherten keine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Dass es der Versicherten in der massgebenden Zeit nicht allzu bzw. nicht dauerhaft schlecht erging, zeigte schon ihr Verhalten. So vermochte sie in dieser Zeit den Umzug nach Ungarn zu bewältigen und sich dort zu integrieren. Noch im Jahr 2018 traute sie es sich zu, eine mehrwöchige Ferienreise nach Thailand zu unternehmen (wobei zum dort nach Angaben der Versicherten begangenen Suizidversuch keinerlei Belege existieren). Auch weitere Reisen und Ausflüge wurden beschrieben (IVSTA-act. 128, S. 117, 119). Selbst das Autofahren war weiterhin möglich (IVSTA-act. 128, S. 89) und sogar das Hinund Herreisen zwischen Ungarn und der Schweiz (IVSTA-act. 67 [S. 15], 105). Weiter lässt sich den Akten entnehmen, dass die Versicherte im Jahre 2017 noch dem Reitsport nachgehen konnte (IVSTAact. 71, 86). Sie lebte einen unauffälligen Alltag, vermochte mit den Hunden zu spazieren, zu kochen, zu schwimmen und zu basteln oder kurzzeitig die Enkel zu hüten (IVSTA-act. 128 [S. 90, 97, 120, 125, 162]). Die Aussage der Versicherten aus dem Jahr 2018 (vgl. dazu IVSTA-act. 67), sie habe seit 3 Jahren keine Freizeitbeschäftigungen mehr, ist offensichtlich unzutreffend, wie allein schon der ‘Reitunfall’ aus dem Jahr 2017 (vgl. dazu IVSTA-act. 71, 86) zeigt. Zudem unternahm die Versicherte noch 2019 Ausflüge und wagte sich dabei sogar auf die Rodelbahn, wobei sie danach Schmerzen verspürte (IVSTA-act. 128, S. 108).
Insgesamt liegen keine Hinweise vor, dass in den Jahren 2012/2013 bis 2019 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine dauerhafte, massgebende Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hätte. Vielmehr weisen die Unterlagen darauf hin, dass der gesundheitliche Zustand der Versicherten schwankend war, wobei kurze Therapieeinheiten bereits eine Linderung bewirkten, die Versicherte sich keinen einschneidenden, längerdauernden Therapien unterziehen musste und sie gleichzeitig ihr Leben durchaus aktiv gestalten konnte.
Zudem lassen sich von weiteren Abklärungen keine zusätzlichen entscheidenden Erkenntnisse erwarten, da sämtliche relevanten Unterlagen eingeholt und gewürdigt wurden, wobei selbst die Beschwerdeführer nicht vorbringen, dass und welche Abklärungen unterlassen worden wären.
Zur Untermauerung einer massgebenden Arbeitsunfähigkeit in der Zeit zwischen 2009 bis 2019 berufen sich die Beschwerdeführer auf das
I. -Gutachten sowie die Arztberichte von Dr. H. , Dr. K. und Dr. L. sowie der Klinik M. (BVGer-act. 1,
S. 4 ff.).
Bezüglich I. -Gutachten ist anzumerken, dass selbst wenn eine damalige Arbeitsunfähigkeit von 100% nachvollziehbar gewesen wäre, dieses keine Aussagen zum Verlauf und insbesondere keine Aussagen über den Gesundheitszustand der Versicherten im massgebenden Zeitraum ab 2012/2013 enthält. Dies gilt umso mehr, als der Zustand der Versicherten selbst gemäss Einschätzung des I. mit zumutbaren Massnahmen besserungsfähig gewesen wäre.
Der orthopädische Chirurg Dr. K. begründete nicht, weshalb der Versicherten die bisherige Tätigkeit nicht mehr zumutbar sein sollte (vgl. Arztberichte vom November 2012 in IV-act. 107 und 108). Seine Einschätzungen gab er zudem nicht in Kenntnis sämtlicher Akten ab. Sie lassen sich auch nicht nachvollziehen, zumal Dr. K. anlässlich der letzten Kontrolle (2. November 2012) berichtet hatte, dass das OSG gut sei, die Versicherte nur noch leichte Beschwerden und einen flüssigen Gang habe (IV-act. 108, S. 4).
Dr. H. gab, ebenfalls im November 2012, an, bei der Versicherten liege seit Sommer 2011 eine Arbeitsunfähigkeit von 70% vor, wobei diese in angepassten Tätigkeiten zu 50% arbeitsfähig sei (vgl. Arztbericht in IVact. 106). Er begründete die Arbeitsunfähigkeit (rudimentär) mit kognitiven Einbussen und der sozio-emotionalen Performanz. Diese Begründung beruht nicht auf der Kenntnis der vollständigen Unterlagen und erscheint nicht nachvollziehbar, zumal sich die Versicherte in der gleichen Zeit auf ihre Ausreise nach Ungarn vorbereiten und diesen Plan auch umsetzen konnte. Zudem war sie selber der Meinung, ihr gehe es gut (vgl. S. 3). Ferner widersetzte sich die Versicherte schon damals einer nachhaltigen Therapie. Ohnehin lässt die Vorbemerkung, ‘dieser Arztbericht musste ja kommen; nach zweifacher Begutachtung und abschlägigen Entscheiden kommt nun eine neue Runde’, Zweifel an der gebotenen Sachlichkeit der ärztlichen Stellungnahme aufkommen.
Betreffend den Arztbericht des Hausarztes Dr. L. vom 8. November 2012 (IVSTA-act. 124), welcher der Versicherten auf Dauer eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bescheinigte, ist anzufügen, dass diese Einschätzung wiederum nicht begründet wurde und der Tatsache widerspricht, dass die Versicherte im gleichen Zeitraum einen Umzug ins Ausland und
damit eine massgebliche Umstellung ihrer Lebensverhältnisse bewältigen konnte. Zudem ist in diesem Zusammenhang auf den Unterschied zwischen Behandlungsund Begutachtungsauftrag hinzuweisen (vgl. dazu Urteil des BGer 9C_393/2022 vom 17. Oktober 2022 E. 3.2).
Soweit die Beschwerdeführer auf die Darlegungen der Klinik M. verweisen, ist festzustellen, dass die Versicherte nach den jeweils kurzen Aufenthalten in gebessertem Zustand, 2018 sogar in deutlich gebessertem Zustand, entlassen werden konnte (IVSTA-act. 122, 123). Eine an den Klinikaufenthalt anschliessende Therapie wurde nicht absolviert. Hinweise auf eine massgebende, längerdauernde Arbeitsunfähigkeit lassen sich mithin auch diesen Arztberichten nicht entnehmen.
Die Arztberichte, auf die sich die Beschwerdeführer berufen, vermögen mithin keine massgebende Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Auch im Übrigen liegen keine medizinischen Unterlagen im Recht, die der Versicherten im Zeitraum zwischen 2012/2013 und 2019 eine dauerhafte, relevante Arbeitsunfähigkeit bescheinigten.
Zu befinden bleibt über die Verfahrenskosten und eine allfällige Parteientschädigung.
Das Beschwerdeverfahren bei Streitigkeiten um die Bewilligung oder die Verweigerung von IV-Leistungen vor dem Bundesverwaltungsgericht ist kostenpflichtig (Art. 69 Abs. 1bis i.V.m. Abs. 2 IVG). Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens haben die Beschwerdeführer die Verfahrenskosten solidarisch (vgl. Urteil des BVGer C-4558/2012 vom 25. Februar 2015
E. 4.1.2) zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Diese sind auf Fr. 800.-
festzusetzen. Der einbezahlte Kostenvorschuss ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden.
Weder die unterliegenden Beschwerdeführer noch die obsiegende Vorinstanz haben Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario und Art. 7 Abs. 3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
(Für das Dispositiv wird auf die nächste Seite verwiesen.)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 800.- werden den Beschwerdeführern in solidarischer Haftung auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführer, die Vorinstanz und das BSV.
(Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.)
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Selin Elmiger-Necipoglu Helena Falk
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
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