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Bundesverwaltungsgericht Urteil B-4781/2024

Urteilsdetails des Bundesverwaltungsgerichts B-4781/2024

Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:B-4781/2024
Datum:04.09.2024
Leitsatz/Stichwort:Amts- und Rechtshilfe
Schlagwörter : Beweisaufnahme; Verfahren; Vorinstanz; Bewilligung; Akten; Bundesverwaltungsgericht; München; Parteien; Zustimmung; Landgericht; Akteneinsicht; Richter; Ausland; HBewÜ; Gesuch; Parteientschädigung; Schweiz; Zentralbehörde; Kantons; Eigentümerin; Liegenschaft; Bedingung; Urteil; Hinweisen; Beweisbeschluss; Verfahrenskosten; Obergericht; Entscheid; Ref-Nr
Rechtsnorm: Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 VwVG ;Art. 52 VwVG ;Art. 57 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:129 III 107; 141 II 307; 145 II 259
Kommentar:

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung II B-4781/2024

U r t e i l v o m 4 . S e p t e m b e r 2 0 2 4

Besetzung Richterin Vera Marantelli (Vorsitz),

Richter Marc Steiner; Richter Jean-Luc Baechler, Gerichtsschreiber Benjamin Märkli.

Parteien A. AG,

vertreten durch Frank Rutishauser, Rechtsanwalt, Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössisches Justizund Polizeidepartement EJPD,

Bundeshaus West, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Genehmigung einer Beweisaufnahme nach Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Ziviloder Handelssachen; Bewilligung vom 8. Juli 2024 i.S. B. AG, Schweiz gegen C. GmbH & Co. KG, Deutschland (Aktenzeichen […]).

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,

dass das Eidgenössische Justizund Polizeidepartement (hiernach: Vorinstanz) mit Bewilligung vom 8. Juli 2024 unter Berücksichtigung der Zustimmung der Zentralbehörde des von der Beweisaufnahme betroffenen Kantons (d.h. des Obergerichts des Kantons Zürich) den Antrag des Landgerichts München I vom 2. Mai 2024 auf Beweiserhebung nach Kapitel II des Haager Übereinkommens über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18. März 1970 (nachfolgend: HBewÜ, SR 0.274.132) gutgeheissen hat,

dass die Eigentümerin der von der beantragten Beweisaufnahme betroffenen Liegenschaft, die A. AG (hiernach: Beschwerdeführerin), mit Eingabe vom 29. Juli 2024 dagegen Beschwerde führt,

dass sie dabei im Wesentlichen einzig vorbringt, sie stimme der in der Bewilligung vorgesehenen Beweisaufnahme nicht zu, damit entfalle eine Bedingung für deren Vollzug, diese sei daher «objektiv undurchführbar» und daher aufzuheben,

dass das Bundesverwaltungsgericht mit Verfügung vom 31. Juli 2024 die Vorakten, einstweilen aber noch keine Vernehmlassung eingeholt hat,

dass die Beklagte im Verfahren vor Landgericht München, die C. GmbH & Co. KG mit Schreiben vom 27. August 2024 (vorab per Fax zugestellt) um «Akteneinsicht auf elektronischem Weg» ersuchte,

dass das Bundesverwaltungsgericht von Amtes wegen und mit freier Kognition prüft, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind und ob auf die Beschwerde einzutreten ist (Urteil des BVGer B-3797/2015 vom 13. April 2016 E. 1.1, auszugsweise publiziert in BVGE 2017/IV/4; 2007/6 E. 1 je mit Hinweisen),

dass die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der von der Beweismassnahme betroffenen Liegenschaft besonders berührt ist und sich aus den Akten nichts ergibt, woraus zu schliessen wäre, dass sie die Möglichkeit gehabt hätte, am Verfahren vor der Vorinstanz teilzunehmen (Art. 48 Abs. 1 Bst. a und b),

dass sowohl die Beschwerde fristgerecht eingereicht (Art. 50 Abs. 1 VwVG) als auch der Kostenvorschuss fristgerecht bezahlt wurde (Art. 63 Abs. 4 VwVG),

dass somit zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin das für die Erhebung einer Beschwerde notwendige schutzwürdige Interesse an der Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Bewilligung hat (Art. 48 Abs. 1 Bst. c VwVG),

dass die Praxis unter dem schutzwürdigen Interesse den praktischen Nutzen versteht, der sich ergibt, wenn die Beschwerdeführerin mit ihrem Anliegen obsiegt und dadurch ihre tatsächliche oder rechtliche Situation unmittelbar beeinflusst werden kann (BGE 145 II 259 E. 2.3; 139 II 499 E. 2.2 je mit Hinweisen),

dass die Beschwerde nicht dazu dient, abstrakt die objektive Rechtmässigkeit des staatlichen Handelns zu überprüfen, sondern der Beschwerdeführerin einen praktischen Vorteil zu verschaffen (BGE 141 II 307 E. 6.2; 141 II 114 E. 4.4 je mit Hinweisen),

dass die Vorinstanz in der angefochtenen Bewilligung als zu den Modalitäten gemäss Beweisbeschluss des Landgerichts München I hinzutretende, zusätzliche Bedingung zur fraglichen Beweisaufnahme das Folgende festhält (vgl. auch Art. 17, 19 und 21 HBewÜ):

«Die Beweisaufnahme hat ohne Anwendung von Zwang zu erfolgen und bedingt die Zustimmung der von der Beweisaufnahme betroffenen Person. Die Zustimmung kann jederzeit zurückgezogen werden.»,

dass die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Liegenschaft – mindestens marginal – von der Beweisaufnahme tangiert ist, zumal der Beweisbeschluss des antragstellenden Gerichts den Gutachter auch zur Vornahme von zerstörenden Untersuchungen oder zerstörenden Öffnungen ermächtigt (vgl. D.III. des Beweisbeschlusses),

dass sie daher als betroffene Person im Sinne der vorinstanzlichen Bedingung zu betrachten ist,

dass sie demnach, wenn sie mit der Beweisaufnahme nicht einverstanden ist, deren Durchführung durch einfache Verweigerung ihrer Zustimmung verhindern kann (vgl. auch BJ, Die internationale Rechtshilfe in Zivilsachen, 3. Aufl. 2003 [nachfolgend: Wegleitung BJ], S. 31 unten),

dass sie Solches im Übrigen in ihrer Beschwerde, in der sie sich inhaltlich nicht weiter mit der angefochtenen Bewilligung auseinandersetzt (Art. 52 Abs. 1 VwVG), bereits in Aussicht gestellt hat und dort selbst die Auffassung vertritt, diese könne deswegen nicht vollzogen werden,

dass Art. 18 HBewÜ in der Schweiz nicht gilt, weshalb die Beschwerdeführerin bei Verweigerung ihrer Zustimmung nicht gestützt darauf zur Beweisaufnahme gezwungen werden könnte (vgl. Wegleitung BJ, S. 30),

dass die Beschwerde folglich selbst bei einer allfälligen Gutheissung nicht geeignet wäre, der Beschwerdeführerin einen zusätzlichen praktischen Nutzen zu verschaffen,

dass es sich unter diesen Umständen aus verfahrensökonomischen Gründen aufdrängt, auf die von vornherein unzulässige Beschwerde nicht einzutreten, ohne zuvor noch einen Schriftenwechsel durchzuführen (Art. 57 Abs. 1 VwVG) bzw. abzuklären, ob es sich bei der angefochtenen Bewilligung um eine Verfügung i.S. von Art. 5 VwVG handelt, zu deren materieller Beurteilung das Bundesverwaltungsgericht zuständig wäre (siehe zur Rechtsnatur BGE 129 III 107 E. 1.1.1 [betreffend Ersuchen nach Kapitel I des HBewÜ], sowie GAUTHEY/MARKUS, L'entraide judiciaire internationale en matière civile, Bern 2014, NN. 752 und 802 f.),

dass der Anspruch auf Akteneinsicht gemäss Art. 26 VwVG an die Parteistellung im betreffenden Verfahren anknüpft,

dass die C. GmbH & Co. KG, in deren Schreiben nichts auf einen eigenen Beschwerdewillen hindeutet, nicht darlegt, inwiefern sie die für eine Parteistellung im vorliegenden Verfahren notwendigen Voraussetzungen (Art. 6 i.V.m. Art. 48 VwVG) erfüllt und auch keine dahingehenden Umstände ersichtlich sind,

dass daher auf ihr Gesuch um Akteneinsicht nicht einzutreten, ihr aber die sich auf sie beziehenden Abschnitte des vorliegenden Entscheides sowie die entsprechende Ziffer des Dispositivs zur Kenntnis zu bringen bzw. zu eröffnen sind,

dass bei diesem Verfahrensausgang die Verfahrenskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und diese keinen Anspruch auf Parteientschädigung hat (Art. 64 Abs. 1 VwVG),

dass der Aufwand für die Erledigung des Rechtsmittels gering war (Art. 6 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]), weshalb sich eine Reduktion der Verfahrenskosten rechtfertigt,

dass umständehalber auf die Erhebung von Kosten für die Bearbeitung des Akteneinsichtsgesuchs der C. GmbH & Co. KG zu verzichten und ihr keine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 63 Abs. 1 und Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 6 VGKE).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Auf das Gesuch der C. GmbH & Co. KG vom 27. August 2024 um Akteneinsicht wird nicht eingetreten. Je ein Doppel des Gesuchs geht zur Kenntnis an die Beschwerdeführerin und die Vorinstanz. Für die Bearbeitung des Gesuchs werden keine Kosten erhoben und wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

2.

Auf die Beschwerde der A. AG vom 29. Juli 2024 wird nicht eingetreten.

3.

Die Verfahrenskosten von Fr. 500.– werden der Beschwerdeführerin auferlegt und dem Kostenvorschuss von Fr. 1000.– entnommen. Der Überschuss von Fr. 500.– wird der Beschwerdeführerin nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückerstattet.

4.

Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.

5.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin und die Vorinstanz sowie auszugsweise an die C. GmbH & Co. KG und wird dem Obergericht Zürich und dem Landgericht München I auszugsweise mitgeteilt.

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Vera Marantelli Benjamin Märkli

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Zivilsachen geführt werden, sofern die Voraussetzungen gemäss Art. 72 ff., 90 ff. und 100 BGG gegeben sind. Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand: 10. September 2024

Zust ellung erf olgt an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde; Beilage: Rückerstattungsformular)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Gerichtsurkunde)

  • der C. GmbH & Co. KG (auszugsweise [sie betreffende Passagen]; Zustellung im Ausland über die Zentralbehörde)

    Dieses Ur t eil wir d m it geteilt :

  • dem Obergericht des Kantons Zürich (auszugsweise [Rubrum und Dispositiv]; Ref-Nr. […]; A-Post)

  • dem Landgericht München I, Prielmayerstrasse 7, 80335 München (auszugsweise [Rubrum und Dispositiv]; Ref-Nr. […]; Zustellung im Ausland über die Zentralbehörde)

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