Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung I |
Dossiernummer: | A-830/2023 |
Datum: | 25.07.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Zölle |
Schlagwörter : | Einfuhr; Frist; Übersiedlungsgut; Veranlagung; Einfuhrsteuer; MWSTG; Zollanmeldung; Bundesverwaltungsgericht; Steuer; Person; Begleitdokumente; Urteil; Vorinstanz; Unterlagen; Zollstelle; Zeitpunkt; Mehrwertsteuer; Wohnsitz; Wohnung; Recht; Anspruch; Entscheid; BVGer; Schweiz; Rückerstattung; Vernehmlassung; Zollgebiet |
Rechtsnorm: | Art. 116 ZG ;Art. 21 ZG ;Art. 22 VwVG ;Art. 25 ZG ;Art. 26 ZG ;Art. 28 ZG ;Art. 30 VwVG ;Art. 33 ZG ;Art. 34 ZG ;Art. 39 ZG ;Art. 47 ZG ;Art. 48 BGG ;Art. 48 VwVG ;Art. 50 MWSTG ;Art. 51 MWSTG ;Art. 52 MWSTG ;Art. 52 VwVG ;Art. 53 MWSTG ;Art. 59 MWSTG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 VwVG ;Art. 70 ZG ; |
Referenz BGE: | 142 II 433; 143 II 646; 149 II 129 |
Kommentar: | Schweizer, Geiger, Schluckebier, Schweizerisches Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, Zürich, Art. 14 Abs. 3; Art. 53 MWSTG, 2019 |
Abteilung I A-830/2023
Besetzung Richterin Iris Widmer (Vorsitz), Richter Keita Mutombo,
Richterin Annie Rochat Pauchard, Gerichtsschreiber Kaspar Gerber.
Parteien A. ,
(…),
vertreten durch
Dr. iur. Claudia Suter, Rechtsanwältin, und MLaw Miriam Kämpf, Rechtsanwältin, (…),
Beschwerdeführer,
gegen
Elisabethenstrasse 31, Postfach 149, 4010 Basel, handelnd durch das
Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), Direktionsbereich Grundlagen, Sektion Recht, Taubenstrasse 16, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Einfuhrveranlagung von Übersiedlungsgut (Einfuhrsteuer, 2021).
Am 16. August 2021 meldete die Speditionsfirma «B. » beim Zoll (Ort) (Dienststelle) im EDV-Verfahren «e-dec» eine für A. , (Ort), bestimmte Sendung (Hausrat) wie folgt zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an:
«Einfuhrzollanmeldung (EZA) Nr. […], Version 1; Import Provisorisch 133 Packstücke;
Übersiedlungsgut gem. Liste; Bedingungen noch nicht erfüllt; Zolltarifnummer
6307.9099; statistischer Schlüssel 999;
Eigenmasse: 6'000 kg, Rohmasse: 6'000 kg; MWST-Wert: CHF 275'281.00; Zollansatz CHF 0.00; Versendungsland: DE».
Das Selektionsergebnis durch das EDV-System lautete auf «gesperrt» (Akten der Vorinstanz [act.] 2). Die Veranlagung erfolgte nach formeller Überprüfung aufgrund des verbindlichen Antrages des Anmelders und ohne Beschau durch die Dienststelle. Nach der Freigabe zur weiteren Verarbeitung erstellte das EDV-System mit Datum vom 16. August 2021 die provisorischen Veranlagungen Zoll und MWST (Einfuhrsteuer) (act. 2 und 3). Die Zollabgaben wurden auf Fr. 0.-, die Einfuhrsteuer auf Fr. 21'196.65 festgesetzt. Der Betrag wurde vor Ort beglichen, da die Zollanmeldung als
«Barzahler» (ohne Zollkonto im zentralisierten Abrechnungsverfahren) erfolgte (act. 4 und 5).
«Die anmeldepflichtige Person muss bis am 16.02.2022 die erforderlichen Begleitdokumente bei der zuständigen Zollstelle einreichen. Sollte diese Frist unbenutzt verstreichen, so wird die provisorische Veranlagung definitiv».
Eine Woche nach Ablauf der Frist, am 23. Februar 2022, wandelte das EDV-System die provisorische Veranlagung automatisch in eine definitive um, da bis zu diesem Zeitpunkt weder die fehlenden Unterlagen, noch ein Gesuch um Fristerstreckung eingereicht wurden. Die Dienstelle gab die Umwandlung am 4. März 2022 im EDV-System frei und liess die entsprechenden definitiven Veranlagungsverfügungen Zoll und MWST Version 2 direkt dem Importeur (A. ) per Post zukommen (act. 7 und 8).
Mit Schreiben vom 2. Mai 2022 liess A. beim Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) Beschwerde erheben mit den Anträgen, die Veranlagungsverfügung vom 4. März 2022 sei aufzuheben und es sei ihm die bereits bezahlte «Sicherheitsleistung (Kaution) von Fr. 21'196.65 inkl. Zins» auszubezahlen; unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten des Staates. Dem Beschwerdeschreiben waren diverse Unterlagen als Nachweis der Wohnsitzverlegung von A. beigelegt (act. 16 und 16.1–16.25).
Mit Schreiben vom 17. Mai 2022 wies die für die Behandlung der Beschwerde zuständige Zollkreisdirektion Nord A. darauf hin, dass die eingereichten Beweismittel nicht berücksichtigt werden könnten, da die Sendung provisorisch zur Einfuhr angemeldet worden und die Frist für das Nachreichen der fehlenden Unterlagen am 16. Februar 2022 ungenutzt verstrichen sei (act. 17).
Mit Schreiben vom 7. Juni 2022 hielt A. an der Beschwerde fest. Insbesondere wies er auf Art. 59 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG, SR 641.20) hin, der besage, dass für zu viel erhobene oder nicht geschuldete Steuern ein Anspruch auf Rückerstattung bestehe (act. 20).
Das BAZG wies die Beschwerde mit Beschwerdeentscheid vom
10. Januar 2023 ab (act. 22).
(nachfolgend: Beschwerdeführer) am
10. Februar 2023 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragt unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten des Staates die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides (Ziff. 1). Die bereits bezahlte Sicherheitsleistung (Kaution) von Fr. 21'196.65 inkl. Zins sei ihm (dem Beschwerdeführer) auszuzahlen (Ziff. 2).
In der Vernehmlassung vom 30. März 2023 schliesst das BAZG (nachfolgend auch: Vorinstanz) auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
In der Replik vom 26. April 2023 hält der Beschwerdeführer an seiner Darstellung fest, ebenso die Vorinstanz in ihrer Duplik vom 8. Mai 2023 und wiederum der Beschwerdeführer in seiner Triplik vom 26. Mai 2023.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien und die Akten wird – soweit für den Entscheid wesentlich – im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.23) Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021). Vorliegend stellt der angefochtene Beschwerdeentscheid vom 10. Januar 2023 eine Verfügung nach Art. 5 VwVG dar. Eine Ausnahme nach Art. 32 VGG liegt nicht vor. Zudem ist die Vorinstanz eine Behörde im Sinne von Art. 33 VGG. Das Bundesverwaltungsgericht ist demnach für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig (vgl. auch Art. 116 Abs. 1 und 4 des Zollgesetzes vom
18. März 2005 [ZG, SR 631.0], wo allerdings noch von «Zollstellen», «Zollkreisdirektionen» und «Oberzolldirektion»(und nicht von «Dienststellen»,
«Zoll Nord» und «Direktionsbereich Grundlagen») die Rede ist; vgl. zur organisatorischen Gliederung und Bezeichnung auch Art. 91 ZG i.V.m. Art. 221e der Zollverordnung vom 1. November 2006 [ZV, SR 631.01]
i.V.m. Art. 29 der Zollverordnung des EFD vom 4. April 2007 [ZV-EFD, SR 631.011]).
Das Verfahren richtet sich – soweit das VGG nichts anderes bestimmt – nach den Vorschriften des VwVG (Art. 37 VGG). Der Ausschluss gemäss Art. 3 Bst. e VwVG betrifft nur das Zollverfahren bis und mit Erlass der Veranlagungsverfügung und ist somit vorliegend nicht einschlägig (vgl. BGE 142 II 433 E. 3.2.6). Ungeachtet der Bestimmung von Art. 2 Abs. 1 VwVG, welcher die Art. 12 - 19 sowie die Art. 30 - 33 VwVG für Steuerverfahren ausschliesst, wendet das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung auch in Steuerverfahren den Untersuchungsgrundsatz in dem Sinn an, als die in den von der Anwendbarkeit ausgenommenen Artikeln näher ausgeführten Anhörungsund Mitwirkungsrechte gewährt werden (statt vieler: Urteil des BVGer A-5065/2021 vom 3. August 2023 E. 1.2; A-2892/2021 vom 7. Juli 2023 E. 1.4 je m.w.H.).
Der Beschwerdeführer ist als Adressat der angefochtenen Verfügung zu deren Anfechtung legitimiert (vgl. Art. 48 Abs. 1 VwVG). Die
Beschwerde wurde im Übrigen fristund formgerecht eingereicht (Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG).
Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Das Bundesverwaltungsgericht überprüft den angefochtenen Entscheid grundsätzlich in vollem Umfang. Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde neben der Verletzung von Bundesrecht auch die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie die Unangemessenheit rügen (vgl. Art. 49 VwVG).
Waren, die ins Zollgebiet oder aus dem Zollgebiet verbracht werden, sind grundsätzlich zollpflichtig und müssen nach dem ZG sowie nach dem Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986 (ZTG, SR 632.10) veranlagt werden (Art. 7 ZG). Ebenso unterliegt die Einfuhr von Gegenständen grundsätzlich der Einfuhrsteuer (Art. 50 ff. MWSTG). Vorbehalten bleiben Zollund Steuerbefreiungen bzw. -erleichterungen, die sich aus besonderen Bestimmungen von Gesetzen und Verordnungen oder Staatsverträgen ergeben (vgl. Art. 2 Abs. 1 und Art. 8 ff. ZG; Art. 1 Abs. 2 ZTG; Art. 53 MWSTG). Die Einfuhr von Übersiedelungsgut ist zollfrei (Art. 8 Abs. 2 Bst. c ZG i.V.m. Art. 14 ZV).
Jede Überführung in ein Zollverfahren – als solches gilt beispielsweise auch die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr – bedarf einer Zollanmeldung (vgl. Art. 47 Abs. 1 und 2 ZG). Bei der Zollanmeldung (Deklaration) handelt es sich um eine Erklärung, mit welcher die anmeldepflichtige Person (vgl. dazu Art. 21 Abs. 1, Art. 26 Bst. a und b ZG; Art. 75 ZV) einerseits ihr Wissen über die jeweilige Ware mitteilt und andererseits formgerecht ihren Willen bekundet, die Ware nach Massgabe eines gesetzlichen Zollverfahrens abfertigen zu lassen (vgl. BGE 143 II 646 E. 2.1; siehe dazu bereits die Botschaft vom 15. Dezember 2003 über ein neues Zollgesetz [nachfolgend: Botschaft ZG], BBl 2004 567 ff., 602). Durch die Annahme der Zollanmeldung wird diese für die anmeldepflichtige Person verbindlich (Art. 33 Abs. 1 ZG).
Für die Einfuhrsteuer gilt die Zollgesetzgebung, soweit die Bestimmungen des MWSTG nichts anderes anordnen (Art. 50 MWSTG). Da für die Erhebungstechnik der Zollabgaben detaillierte Vorschriften vorliegen und die Erhebung der Einfuhrsteuer auf die Zollbehörde übertragen
worden ist, werden die materiell-rechtlichen und die verfahrensrechtlichen Regelungen vom geltenden Zollrecht übernommen (vgl. auch REGINE SCHLUCKEBIER, in: Zweifel/Beusch/Glauser/Robinson [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, Basel 2015, Art. 50 N 4 f.).
Das BAZG (bis 31. Dezember 2021 die Eidgenössische Zollverwaltung [EZV]) legt Form und Zeitpunkt der Annahme fest (Art. 33 Abs. 2 ZG). Die Zollanmeldung kann auch elektronisch erfolgen (Art. 28 Abs. 1 Bst. a ZG; BGE 143 II 646 E. 2.2.3). Gestützt auf Art. 28 Abs. 2 ZG kann das BAZG (bis 31. Dezember 2021 die EZV) die Anmeldeform vorschreiben; es kann namentlich den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) anordnen und diesen von einer Prüfung des EDV-Systems abhängig machen.
E. 2.1). Demnach trägt die anmeldepflichtige Person die volle Verantwortung für eine ordnungsgemässe – d.h. vollständige und richtige – Zollanmeldung (vgl. Art. 21 und 25 f. ZG). Das Zollrecht stellt damit an die anmeldepflichtige Person hinsichtlich ihrer Sorgfaltspflichten hohe Anforderungen (vgl. zum Ganzen: BGE 143 II 646 E. 3.3.3; 135 IV 217 E. 2.1.3; Urteile des BVGer A-4346/2020 vom 23. Juni 2023 E. 2.2; A-2063/2021 vom 8. Februar 2023 E. 2.7).
Die Mitwirkungsund Sorgfaltspflichten des Zollverfahrens gelten
u.a. auch für die Einfuhrsteuer (vgl. Art. 50 MWSTG; Urteil des BVGer A-3628/2021 vom 13. Mai 2024 E. 2.3.2 m.w.H.).
Gemäss Art. 51 Abs. 1 MWSTG ist einfuhrsteuerpflichtig, wer nach Art. 70 Abs. 2 und 3 ZG Zollschuldner ist (Art. 51 Abs. 1 MWSTG). Zollschuldner im Sinne der letzteren Vorschriften sind unter anderem diejenigen Personen, welche die Waren über die Zollgrenze bringen oder bringen lassen (vgl. Art. 70 Abs. 2 Bst. a ZG).
Steuerobjekt der Einfuhrsteuer ist die Einfuhr von Gegenständen (Art. 52 Abs. 1 Bst. a MWSTG). Unter den Begriff der Einfuhr fällt grundsätzlich jedes Verbringen von Gegenständen ins Zollgebiet (vgl. Urteil des BVGer A-2675/2016 vom 25. Oktober 2016 E. 2.3.3). Für das Auslösen der Steuer genügt es, dass der Gegenstand über die Zollgrenze verbracht wird. Ein (entgeltliches) Umsatzgeschäft ist nicht erforderlich (vgl. anstelle vieler: BVGE 2014/7 E. 3.5; Urteil des BVGer A-825/2016 vom 10. November 2016 E. 4.2).
Von der Steuer befreit sind namentlich die in Art. 53 Abs. 1 MWSTG genannten Einfuhren.
Gemäss Art. 53 Abs. 1 Bst. d MWSTG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 Bst. c ZG und Art. 14 ZV ist sog. Übersiedlungsgut unter näher bestimmten Voraussetzungen von der Einfuhrsteuer befreit. Als Übersiedlungsgut gelten insbesondere «Waren von Zuziehenden, die von diesen zur persönlichen Lebenshaltung oder zur Berufsund Gewerbeausübung während mindestens sechs Monaten im Zollausland benutzt worden sind und zur eigenen Weiterbenutzung im Zollgebiet bestimmt sind» (vgl. Art. 14 Abs. 3 Bst. a ZV; REGINE SCHLUCKEBIER, in: Geiger/Schluckebier [Hrsg.], MWSTG Kommentar, Schweizerisches Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, Zürich 2019, Art. 53 N 29). Als Zuziehende gelten gemäss Art. 14 Abs. 5 Satz 1 ZV «natürliche Personen, die ihren Wohnsitz vom Zollausland ins Zollgebiet verlegen». Zuziehenden gleichgestellt sind nach Art. 14 Abs. 5 Satz 2 ZV «Personen, die sich ohne Aufgabe ihres inländischen Wohnsitzes während mindestens eines Jahres im Zollausland aufgehalten haben» (zum Ganzen: Urteil des BVGer A-2687/2016 vom 22. Dezember 2016 E. 2.2.1).
i.V.m. Art. 79 Abs. 1 Bst. a ZV sowie Art. 80 ZV). Als Begleitdokumente gelten Unterlagen, die für die Zollveranlagung von Bedeutung sind, namentlich Bewilligungen, Frachtdokumente, Handelsrechnungen, Lieferscheine, Ladelisten, Gewichtsausweise, Ursprungsnachweise, Veranlagungsinstruktionen, Analysenzertifikate, Zeugnisse und amtliche Bestätigungen (Art. 80 Abs. 1 ZV).
Eine provisorische Veranlagung erlaubt es den Zollpflichtigen bei Fehlen der für eine Präferenzbehandlung notwendigen Dokumente zum Zeitpunkt der Zollanmeldung namentlich, unter Sicherstellung der Zollabgaben zum höchsten Zollansatz, welcher nach der Art der importierten Ware anwendbar ist, die für eine Präferenzverzollung erforderlichen Dokumente innert einer von der Zollstelle anzusetzenden Frist nachzureichen und so in den Genuss der Zollpräferenz zu kommen (vgl. Art. 39 Abs. 3 ZG). Auch die ZV hält explizit fest, dass Gründe für eine provisorische Veranlagung namentlich vorliegen können, wenn Begleitdokumente für die Gewährung einer Zollermässigung oder einer Zollbefreiung fehlen (Art. 93 Abs. 2 Bst. a ZV).
nicht erfüllt sind. Die Zollstelle setzt in diesem Fall eine Frist fest, innerhalb deren die erforderlichen Begleitdokumente nachzureichen sind (etwa Ausweise, Ursprungszeugnisse und dergleichen) oder Antrag auf Änderung der Zollanmeldung zu stellen ist. Kommt die anmeldepflichtige Person innerhalb der ihr gesetzten Frist ihren Pflichten nicht nach, so werden die sichergestellten Zollabgaben veranlagt und fällig (Botschaft ZG, 621 f.). Die Eidgenössischen Räte folgten dem bundesrätlichen Vorschlag zu Art. 39 ZG diskussionslos (AB 2004 S 344; AB 2004 N 1384).
Zum Streitgegenstand ergibt sich Folgendes: Nach eigenen Angaben hat der Beschwerdeführer für die provisorische Veranlagung eine Sicherheitsleistung in der Höhe von Fr. 21'196.65 entrichtet. Zudem wurde ihm eine Frist bis zum 16. Februar 2022 gewährt, um die fehlenden Unterlagen für die abgabenfreie Einfuhr als Übersiedlungsgut nachzureichen. Bis zum besagten Datum hat er unbestrittenermassen keine Unterlagen eingereicht und kein Gesuch um Fristverlängerung gestellt (Beschwerde, Rz. 9). Die rein rechnerische Höhe der Einfuhrsteuer von Fr. 21'196.65 sowie das Fristversäumnis sind vorliegend nicht strittig (vgl. auch Vernehmlassung, Ziff. II).
Der Beschwerdeführer beruft sich auch nicht auf Art. 34 ZG («Berichtigung oder Rückzug der Zollanmeldung»; Beschwerde, Rz. 24). Auch die Vorinstanz hält Art. 34 ZG (bzw. dessen «einzig in Betracht kommenden» Abs. 4 [recte Abs. 3 i.V.m. Abs. 4]) vorliegend für nicht relevant (Vernehmlassung, Rz. 7). Daher und mangels entgegenstehender aktenkundiger
Hinweise erübrigen sich bundesverwaltungsgerichtliche Weiterungen zu Art. 34 ZG.
Der Beschwerdeführer bestreitet jedoch die Einfuhrsteuerforderung an sich und beantragt die Rückerstattung der bezahlten Sicherheitsleistung (Kaution) in der Höhe von Fr. 21'196.65 inkl. Zins (Sachverhalt Bst. B.a). Zum Zeitpunkt der Zollanmeldung vom 16. August 2021 hätten sich die
«ins Zollinland verbrachten Waren bereits als Übersiedlungsgut» qualifiziert. Laut Beschwerdeführer ist das Prinzip der Unabänderlichkeit der Zollanmeldung bzw. Zollverfügung für die Rückerstattung der Einfuhrsteuer gemäss Art. 59 MWSTG irrelevant. Diese Frage ist nachfolgend streitig und zu prüfen.
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass sich die am 16. August 2021 ins Zollinland verbrachten Waren zum Zeitpunkt der Anmeldung am 16. August 2021 als Übersiedlungsgut (Hausrat, persönliche Gegenstände) gemäss Art. 14 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Bst. a ZV qualifizieren würden, dies im Zusammenhang mit dem Gebrauch einer gemieteten Wohnung im Zollinland (Beschwerde, Rz. 41). Alle Voraussetzungen und Nachweise diesbezüglich – insbesondere der Mietvertrag der Schweizer Wohnung – hätten bereits vorgelegen (Beschwerde, Rz. 48).
Weiter stellt sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt, dass vorliegend nicht die Zollabgaben betroffen seien, da diese ohnehin «Fr. 0.00» betragen würden, sondern die Mehrwertsteuer. Hier gelte es zu beurteilen, ob diese rückerstattet werden könne. Die in Art. 59 Abs. 3 MWSTG gesetzlich vorgesehene Frist von fünf Jahren und die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinen Urteilen A-2890/2011 vom 29. Dezember 2011 und A-917/2014 vom 25. November 2014 würden zeigen, dass dieser mehrwertsteuerliche Rückforderungsanspruch unabhängig von einer Abänderung der Zollanmeldung/Zollverfügung zu prüfen sei. Ansonsten wäre die explizite gesetzliche Frist von fünf Jahren bei Einfuhrsteuerrückerstattungen in allen Fällen bedeutungslos (Beschwerde, Rz. 22 ff.; Replik, Rz. 3).
Die Vorinstanz entgegnet Folgendes: Der Wortlaut von Art. 59 Abs. 1 MWSTG sei unmissverständlich: «Für zu viel erhobene oder nicht geschuldete Steuern besteht ein Anspruch auf Rückerstattung». Im hier zu beurteilenden Fall seien weder zu viel Steuern erhoben worden, noch bestehe «aufgrund des Fristversäumnisses» ein Anspruch auf eine
steuerbefreite Einfuhr. Die diesbezüglichen Argumente des Beschwerdeführers würden somit allesamt ins Leere gehen (Vernehmlassung, Rz. 5).
Art. 53 Abs. 1 Bst. d MWSTG nenne die steuerbefreiten Einfuhren von zollfreien Waren gemäss Art. 8 ZG, unter anderem die Steuerbefreiung für Übersiedlungsgut. Daraus erhelle, dass nur dann keine Mehrwertsteuer für Übersiedlungsgut geschuldet sei, wenn dieses Übersiedlungsgut gestützt auf das Zollrecht zollfrei eingeführt werden könne.
Die Prüfung eines Rückforderungsanspruchs habe seitens BAZG stattgefunden, jedoch zum Schluss geführt, dass diesem Rückforderungsgesuch nicht stattgegeben werden könne (vgl. Beschwerdeentscheid, Rz. 10 und 24; Duplik, Rz. 2).
Der Beschwerdeführer hält die Voraussetzungen für das Übersiedlungsgut (Hausrat, persönliche Gegenstände) zum Zeitpunkt der Einfuhr am 16. August 2021 für gegeben, weil «insbesondere der Mietvertrag der Schweizer Wohnung» bereits vorgelegen habe.
Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers zu Art. 39 Abs. 4 ZG ist das Versäumnis der von der Zollstelle festgesetzten Frist, um die erforderlichen Begleitdokumente nachzureichen und eine Änderung der Zollanmeldung zu verlangen, konstitutiv für die Entstehung der (definitiven) Zollschuld (E. 2.5.4). Bei den Dokumenten zum Nachweis des Wohnsitzes handelt es sich um für die Zollveranlagung bedeutsame (in Art. 80 Abs. 1 ZV nicht abschliessend aufgezählte) Begleitdokumente (E. 2.5.1 und 2.5.3). Wie gesehen, obliegt es nach dem Selbstdeklarationsprinzip und den hohen Sorgfaltspflichten im Zollverfahren (E. 2.2.2 f.) dem Beschwerdeführer, diese Unterlagen im Zeitpunkt der Anmeldung zu einer definitiven Präferenzveranlagung bzw. eines Zollbefreiungstatbestands (Übersiedlungsgut) vorzulegen (E. 2.5.5). Dies war vorliegend unstreitig nicht der Fall (E. 3.4.2). Somit lässt sich die Qualifikation der eingeführten Ware als Übersiedlungsgut nicht durch die nach Ablauf der Frist eingereichten Unterlagen, wonach der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz am 7. September 2021 in die Schweiz verlegte, begründen (Beschwerdeentscheid, Rz. 20; Beschwerde, Rz. 22; vgl. auch die Wohnsitzbescheinigung der Stadt Zug vom 13. Oktober 2021; act. 13).
Unbehelflich ist auch der beschwerdeführerische Hinweis zur Untermauerung der Ware als Übersiedlungsgut, wonach gemäss Art. 14 Abs. 2 Satz 1 ZV die Anmeldung des Übersiedlungsguts am 16. August 2021
«entsprechend im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Mietvertrages am 14. Juli 2021» geschah (Beschwerde, Rz. 44). Art. 14 Abs. 2 Satz 1 ZV (E. 2.4.2) betrifft lediglich einen zeitlich-logistischen Teil der Einfuhr des Übersiedlungsguts. Die Vorschriften über die provisorische und definitive Zollveranlagung (E. 2.5) bleiben von Art. 14 Abs. 2 Satz 1 ZV unberührt.
Der Beschwerdeführer kann auch aus den von ihm referenzierten Entscheiden des Bundesverwaltungsgerichts nichts zu seinen Gunsten ableiten, da diese andere als die vorliegend konkret relevanten Fragen betrafen (vgl. Vernehmlassung, Ziff. III/5):
Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2890/2011 vom 29. Dezember 2011 wurde das betroffene Fahrzeug definitiv, jedoch mit einem zu hohen Mehrwertsteuerwert zur Einfuhr angemeldet. Der Wertnachweis wurde erbracht und das Gesuch um Teilrückerstattung der Mehrwertsteuer gutgeheissen. Der Antrag des (dortigen) Beschwerdeführers auf nachträgliche Abfertigung des eingeführten Fahrzeuges als Übersiedlungsgut war wegen Verfalls der 60-tägigen Beschwerdefrist nach Art. 116 Abs. 3 ZG
nicht möglich und wurde vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen. Aufgrund des (dortigen) auf die Eintretensfrage beschränkten Streitgegenstands erübrigte sich die Prüfung der vom Beschwerdeführer diesbezüglich inhaltlich vorgebrachten Rügen (dortige E. 3.1).
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-917/2014 vom 25. November 2014 betraf ein Fahrzeug, welches anlässlich der Einfuhr ebenfalls definitiv veranlagt wurde. Nachträglich wurde um Abfertigung als Übersiedlungsgut sowie Rückerstattung der geleisteten Einfuhrabgaben ersucht. Das BAZG wies die Beschwerde ab, da ein Nachweis der Wohnsitzverlegung fehlte. Das Bundesverwaltungsgericht stützte diesen Entscheid (dortige E. 3.2.4).
Der Beschwerdeführer kritisiert die von der Vorinstanz erhobenen Einfuhrsteuer von Fr. 21'196.65 in rein rechnerischer Hinsicht nicht, und auch für das Bundesverwaltungsgericht ergeben sich aus den Akten keine entgegenstehenden Hinweise (E. 3.1.1). Da kein Anspruch auf eine Rückerstattung der Einfuhrsteuer besteht (E. 2.1.4), erübrigen sich die Prüfung des Zeitpunkts der Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs und eines Vergütungszinses. Die Beschwerde ist abzuweisen.
Ausgangsgemäss hat der unterliegende Beschwerdeführer die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Diese sind auf Fr. 3'000.- festzulegen (vgl. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR. 173.320.2]). Der einbezahlte Kostenvorschuss in gleicher Höhe ist zur Bezahlung dieser Kosten zu verwenden.
Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario und Art. 7 Abs. 1 VGKE e contrario sowie Art. 7 Abs. 3 VGKE).
(Das Dispositiv folgt auf der nächsten Seite.)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 3'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss in gleicher Höhe wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer und die Vorinstanz.
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:
Iris Widmer Kaspar Gerber
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand:
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