Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung I |
Dossiernummer: | A-5956/2023 |
Datum: | 28.08.2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Mehrwertsteuer |
Schlagwörter : | Versicherung; Versicherungs; MWSTG; Vorsteuer; Leistung; Versicherungsschutz; Steuer; Urteil; Schulungsprogramm; Vorinstanz; Vorsteuerkorrektur; Leistungen; Recht; Nebenleistung; Methode; BVGer; Teilnehmer; Mehrwertsteuer; Hauptleistung; Korrektur; Bundesverwaltungsgericht; MWSTV; Vorsteuerabzug; Urteile; Einsprache; Verwaltung; Steuerkorrektur; Verfügung |
Rechtsnorm: | Art. 18 MWSTG ; Art. 19 MWSTG ; Art. 22 MWSTG ; Art. 28 MWSTG ; Art. 29 MWSTG ; Art. 30 MWSTG ; Art. 48 BGG ; Art. 48 VwVG ; Art. 49 VwVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 62 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ; Art. 81 BV ; Art. 81 MWSTG ; |
Referenz BGE: | 114 Ib 244; 130 II 482; 140 II 202; 142 V 337; 146 I 105 |
Kommentar: | -, Kommentar , Art. 19 BV MWSTG BVG, 2020 |
Abteilung I
A-5956/2023
Besetzung Richter Jürg Steiger (Vorsitz), Richterin Annie Rochat Pauchard, Richter Keita Mutombo, Gerichtsschreiber Alexander Cochardt.
(…),
vertreten durch PricewaterhouseCoopers AG, (…),
Beschwerdeführerin,
gegen
Gegenstand MWST (2014 bis 2018); Vorsteuerkorrektur.
Die Mehrwertsteuergruppe «A. AG» (nachfolgend: Steuerpflich-
tige), bestehend aus unter anderem der A.
AG (nachfolgend:
Gruppenmitglied 1) und der B. Ltd (nachfolgend: Gruppenmitglied 2), ist seit dem (…) im Mehrwertsteuerregister der Eidgenössischen Steuerverwaltung (nachfolgend: ESTV) eingetragen.
Gruppenmitglied 1, mit derzeitigem Sitz in (…), bezweckt gemäss damaligem und heutigem Handelsregisterauszug unter anderem (…).
Gruppenmitglied 2, mit derzeitigem Sitz in (…), bezweckt gemäss damaligem und heutigem Handelsregisterauszug unter anderem (…).
An mehreren Tagen zwischen dem 24. März und 9. Juni 2020 führte die ESTV bei der Steuerpflichtigen eine Kontrolle über die Steuerperioden 2014 bis 2018 durch (Zeit vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2018). Daraufhin erliess die ESTV am 3. März 2021 die Einschätzungsmitteilung (EM) Nr. (…). In dieser EM machte die ESTV eine Steuerkorrektur zu ihren Gunsten in Höhe von Fr. 423'046.– zuzüglich Verzugszinsen ab dem
16. Dezember 2017 (Spezialverfall) geltend unter anderem für «Vorsteuerkorrektur aufgrund gemischter Verwendung» betreffend Gruppenmitglied 1 und Gruppenmitglied 2.
Die ESTV begründete die Steuerkorrektur im Wesentlichen damit, dass die Gruppenmitglieder 1 und 2 steuerausgenommene Umsätze aus Versicherungsleistungen nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer vom 12. Juni 2009 (MWSTG, SR 641.20) erzielten. Da für die Versteuerung dieser Leistungen gemäss Art. 22 Abs. 2 Bst. a MWSTG nicht optiert werden könne, bestehe kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.
Die Steuerpflichtige erklärte sich mit Schreiben vom 6. April 2021 mit der EM hinsichtlich der unter Ziff. 3.2 und 4.1 («Vorsteuerkorrektur aufgrund gemischter Verwendung» betreffend Gruppenmitglieder 1 und 2) nachbelasteten Steuerkorrektur nicht einverstanden und ersuchte die ESTV um Erlass einer einsprachefähigen Verfügung.
Mit Verfügung vom 22. Dezember 2021 hielt die ESTV an der EM fest und forderte für die Steuerperioden 2014 bis 2018 Mehrwertsteuern im Betrag von Fr. 423'046.– (zuzüglich Verzugszins) nach.
Am 25. Januar 2022 bezahlte die Steuerpflichtige der ESTV die nachgeforderten Mehrwertsteuern in Höhe von Fr. 423'046.– unter Vorbehalt nach.
Gegen die Verfügung vom 22. Dezember 2021 liess die Steuerpflichtige am 31. Januar 2022 Einsprache erheben mit dem Hauptantrag, die Verfügung aufzuheben, und mit diversen Eventualanträgen.
Mit Einspracheentscheid vom 28. September 2023 hiess die ESTV die Einsprache teilweise gut und setzte die Steuerkorrektur für die Steuerperioden 2014 bis 2018 auf Fr. 264’047.– (zuzüglich Verzugszins) fest. Die teilweise Gutheissung resultierte aus einer geänderten Zuordnung gewisser Aufwendungen der Steuerpflichtigen zum gemischt verwendeten Bereich. Im Übrigen wies die ESTV die Einsprache hingegen ab.
Gegen diesen Einspracheentscheid gelangte die Steuerpflichtige (nachfolgend: Beschwerdeführerin) mit Beschwerde vom 30. Oktober 2023 ans Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragt sinngemäss, den Einspracheentscheid aufzuheben und die Steuerkorrektur um Fr. 255'657.– auf Fr. 8'389.– zu reduzieren. Ihr sei die unter Vorbehalt zu viel bezahlte Steuer im Betrag von Fr. 414'656.– auszubezahlen und ein Vergütungszins von 4 % gutzuschreiben. Eventualiter sei der Einspracheentscheid aufzuheben und die Sache zur neuen Berechnung der Vorsteuerkorrektur im Zusammenhang mit den von der Beschwerdeführerin angebotenen Versicherungsleistungen nach einer sachgerechten Methode an die ESTV zurückzuweisen; alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der ESTV.
Die ESTV (nachfolgend auch: Vorinstanz) lässt sich mit Eingabe vom
13. Dezember 2023 vernehmen und beantragt die Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge zulasten der Beschwerdeführerin.
Gleichzeitig korrigiert die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung einen Fehler in der Berechnung der Steuerkorrektur gemäss Einspracheentscheid vom
28. September 2023. Dabei handle es sich um einen blossen Kanzleifehler. Nach Berichtigung des Kanzleifehlers belaufe sich die Steuerkorrektur auf Fr. 267’047.– (zuzüglich Verzugszins). Die Berichtigung sei im Sinne von Art. 85 MWSTG i.V.m. 69 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom
20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021) im vorliegenden Urteil festzuhalten.
Mit Replik vom 17. Januar 2024 nimmt die Beschwerdeführerin zur vorinstanzlichen Vernehmlassung fristgerecht Stellung und hält dabei an ihren Anträgen fest.
Auf die vorstehenden und die weiteren Vorbringen der Verfahrensbeteiligten sowie die Akten wird nachfolgend unter den Erwägungen insoweit eingegangen, als sie für den vorliegenden Entscheid wesentlich sind.
Die Beschwerdeführerin ist Adressatin der angefochtenen Verfügung und von dieser betroffen. Sie ist damit zur Beschwerdeerhebung berechtigt (Art. 48 Abs. 1 VwVG).
Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist demnach einzutreten.
Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Entscheid in vollem Umfang überprüfen. Die Beschwerdeführerin kann neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Unangemessenheit rügen (Art. 49 Bst. c VwVG).
Im Beschwerdeverfahren gilt die Untersuchungsmaxime, wonach die entscheidende Behörde den rechtlich relevanten Sachverhalt von sich aus abklären und darüber ordnungsgemäss Beweis führen muss. Der Untersuchungsgrundsatz wird im Mehrwertsteuerverfahren indes dadurch relativiert, dass den Verfahrensbeteiligten spezialgesetzlich statuierte Mitwirkungspflichten auferlegt werden (Art. 13 VwVG i.V.m. Art. 81 Abs. 1 MWSTG; BVGE 2009/60 E. 2.1.2). Dazu zählt namentlich das im Mehrwertsteuerrecht geltende (modifizierte) Selbstveranlagungsprinzip (BGE 140 II 202 E. 5.4 f.; Urteil des BGer 2C_443/2020 vom 8. Oktober 2020 E. 3.2.3). Die Beschwerdeinstanz nimmt jedoch nicht von sich aus zusätzliche Sachverhaltsabklärungen vor oder untersucht weitere Rechtsstandpunkte, für die sich aus den vorgebrachten Rügen oder den Akten nicht zumindest Anhaltspunkte ergeben (BVGE 2010/64 E. 1.4.1; MOSER et al., Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 3. Aufl. 2022,
Rz. 1.49 ff., 1.54 f., 3.119 ff.). Sodann gilt im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (vgl. auch Art. 81 Abs. 3 MWSTG). Die Beweiswürdigung endet mit dem richterlichen Entscheid darüber, ob eine rechtserhebliche Tatsache als erwiesen zu gelten hat oder nicht. Der Beweis ist geleistet, wenn das Gericht gestützt auf die freie Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangt ist, dass sich der rechtserhebliche Sachumstand verwirklicht hat (BGE 130 II 482 E. 3.2; vgl. statt vieler: Urteil des BVGer A-719/2018 vom 2. Mai 2019 E. 2.5).
Verwaltungsverordnungen (wie MWST-Infos, MWST-Branchen-Infos, Merkblätter, Richtlinien, Kreisschreiben etc.) sind für die Justizbehörden nicht verbindlich (vgl. MOSER et al., a.a.O., Rz. 2.173). Die Gerichtsbehörden sollen Verwaltungsverordnungen bei ihrer Entscheidung allerdings mitberücksichtigen, sofern diese eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen darstellen. Dies gilt umso mehr, als es nicht Aufgabe der Gerichte ist, als Zweitinterpreten des der Verwaltungsverordnung zugrunde liegenden Erlasses eigene Zweckmässigkeitsüberlegungen an die Stelle des Vollzugskonzepts der zuständigen Behörde zu setzen (vgl. BGE 146 I 105 E. 4.1, 146 II 359 E. 5.3, 141 V 139 E. 6.3.1; BVGE 2010/33 E. 3.3.1).
Die vorliegend zu beurteilende Sache betrifft die Steuerperioden 2014 bis 2018. Somit ist in casu das MWSTG mitsamt der zugehörigen Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV, SR 641.201) in
den in den Jahren 2014 bis 2018 gültigen Fassungen (AS 2009 5203 bzw. AS 2009 6743) massgebend. Darauf wird referenziert, sofern nicht explizit etwas anderes angegeben wird.
Der Bund erhebt eine allgemeine Verbrauchssteuer nach dem System der Netto-Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug (Mehrwertsteuer; Art. 130 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom
18. April 1999 [BV, SR 101]; Art. 1 Abs. 1 MWSTG). Die Steuer wird auf den im Inland von steuerpflichtigen Personen gegen Entgelt erbrachten Leistungen (Inlandsteuer), auf dem Bezug von Leistungen von Unternehmen mit Sitz im Ausland durch Empfänger und Empfängerinnen im Inland (Bezugsteuer) und auf Einfuhren von Gegenständen (Einfuhrsteuer) erhoben (Art. 1 Abs. 2 MWSTG). Der so genannten Inlandsteuer unterliegen die im Inland durch steuerpflichtige Personen gegen Entgelt erbrachten Leistungen; sie sind steuerbar, soweit das MWSTG keine Ausnahme vorsieht (Steuerobjekt; Art. 18 Abs. 1 MWSTG). Als Leistung gilt die Einräumung
eines verbrauchsfähigen wirtschaftlichen Wertes an eine Drittperson in Erwartung eines Entgelts (Art. 3 Bst. c MWSTG). Sie besteht in einer Lieferung oder einer Dienstleistung (vgl. Art. 3 Bst. d und e MWSTG).
Die Beurteilung, ob ein Leistungsverhältnis mit allen seinen Tatbestandsvoraussetzungen besteht, hat in erster Linie nach wirtschaftlichen, tatsächlichen Kriterien zu erfolgen (sog. «wirtschaftliche Betrachtungsweise»; BVGE 2019 III/1 E. 3.1 f.; Urteile des BVGer A-4155/2021 vom 31. Mai 2022 E. 2.2.1, A-553/2021 vom 8. Februar 2022 E. 2.5, A-3677/2016 vom 6. August 2018 E. 3.2.2 f.; vgl. BOSSART/CLAVADET-
SCHER, in: Zweifel/Beusch/Glauser/Robinson [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, 2015 [nachfolgend: MWSTG-Kommentar 2015], Art. 18 Rz. 14 ff. m.w.H.; zum Ganzen: Urteil des BVGer A-4256/2021 vom 14. November 2022
E. 2.2.6). Die zivilbzw. vertragsrechtliche Sicht ist nicht entscheidend, hat aber immerhin Indizwirkung (vgl. statt vieler: Urteil des BGer 2C_891/2020 vom 5. Oktober 2021 E. 3.1.3 m.w.H.).
Von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 MWSTG Versicherungsund Rückversicherungsumsätze einschliesslich der Umsätze aus der Tätigkeit als Versicherungsvertreter oder Versicherungsvertreterin, als Versicherungsmakler oder Versicherungsmaklerin. Die Änderungen betreffend Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 Bst. a MWSTG ab dem 1. Januar 2018 führen zu keiner Änderung der Rechtslage (vgl. Botschaft vom 25. Februar 2015 zur Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes, BBl 2015 2615, 2640).
Weiter sind gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 11 MWSTG bestimmte Leistungen im Bereich der Erziehung und Bildung und zugehörige Organisationsdienstleistungen von der Mehrwertsteuer ausgenommen.
Der Begriff der Versicherungsbzw. Rückversicherungsumsätze wird im MWSTG nicht definiert. Die ESTV orientiert sich bezüglich des Versicherungsbegriffs an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Versicherungsaufsicht (vgl. MWST-Branchen-Info 16 Versicherungswesen [MBI 16; webbasierte Fassung], Ziff. 1.2), wonach eine Versicherung durch folgende fünf begriffsnotwendige Merkmale gekennzeichnet ist: 1. das Vorhandensein eines Risikos oder einer Gefahr; 2. die Prämie als Leistung des Versicherungsnehmers; 3. die Leistung des Versicherers; 4. die Selbständigkeit der Operation; und 5. die Kompensation der Risiken nach den
Gesetzen der Statistik bzw. die Planmässigkeit des Geschäftsbetriebs (BGE 114 Ib 244 E. 4.a, 107 Ib 56; Urteile des BGer 2C_833/2016 vom 20. Februar 2019 E. 3.3.2, 2C_410/2010 vom 21. Januar 2011 E. 3,
2C_506/2007 vom 13. Februar 2008 E. 6.2; BVGE 2011/5 E. 6; Urteil des BVGer A-5934/2018 und A-5937/2018 vom 4. Februar 2020 E. 2.4.1; ausführlich: ROLF NEBEL, in: Honsell/Vogt/Schnyder [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag [VVG], 2001, Art. 101 Rz. 4 ff.).
ein Versicherungsvertrag (Kollektivoder Einzelvertrag) mit einem Versicherer über das entsprechende Risiko abgeschlossen wurde;
der weiterverrechnete Betrag als solcher (z.B. als Versicherungsprämie oder -beitrag) ausgewiesen wird.
Der Zuschlag (z.B. für administrative Kosten) für die Gewährung des Versicherungsschutzes kann sowohl in einem Gesamtbetrag (zusammen mit der Prämie) als auch separat ausgewiesen fakturiert werden. Sind diese Merkmale gegeben, sind sowohl die Versicherungsprämie als auch der Zuschlag von der Steuer ausgenommen. Dies unabhängig davon, ob es sich um einen einmaligen Betrag oder um wiederkehrende Beiträge handelt (zum Ganzen: MBI 16, Ziff. 4.5).
Im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit kann die steuerpflichtige Person, unter Vorbehalt von Art. 29 und Art. 33 MWSTG, die ihr in Rechnung gestellte Inlandsteuer, die von ihr deklarierte Bezugsteuer sowie die von ihr entrichtete oder zu entrichtende Einfuhrsteuer sowie die von ihr für die Einfuhr von Gegenständen deklarierte Steuer als sog. Vorsteuer abziehen (Art. 28 Abs. 1 MWSTG).
Kein Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht bei Leistungen und bei der Einfuhr von Gegenständen, die für die Erbringung von Leistungen, die von der Steuer ausgenommen sind und für deren Versteuerung nicht optiert wurde, verwendet werden (Art. 29 Abs. 1 MWSTG).
Gemäss Art. 60 MWSTV (aufgehoben mit Wirkung seit 1. Januar 2018) bzw. Art. 29 Abs. 1bis MWSTG (in Kraft seit 1. Januar 2018) ist der Vorsteuerabzug für Leistungen, die im Ausland erbracht wurden, im selben Umfang möglich, wie wenn sie im Inland erbracht worden wären und nach Art. 22 MWSTG für deren Versteuerung hätte optiert werden können. Für Bildungsleistungen gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 11 MWSTG kann gestützt auf Art. 22 Abs. 1 MWSTG optiert werden. Indessen ist eine Option für die nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 MWSTG ausgenommenen Umsätze im Versicherungsbereich ausgeschlossen (Art. 22 Abs. 2 Bst. a MWSTG).
Verwendet die steuerpflichtige Person vorsteuerbelastete Leistungen sowohl für Zwecke, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für andere Zwecke (sog. gemischte Verwendung), so hat sie den Vorsteuerabzug nach dem Verhältnis der Verwendung zu korrigieren (vgl. Art. 30 Abs. 1 MWSTG).
Das MWSTG enthält keine detaillierte Regelung zum Vorgehen bei der Vorsteuerkorrektur infolge gemischter Verwendung. Die Vorsteuerkorrektur hat jedenfalls im Einzelfall «sachgerecht» zu sein (Art. 68 Abs. 1 MWSTV). Als sachgerecht erachtet wird «jede Anwendung einer oder mehrerer Methoden, die den Grundsatz der Erhebungswirtschaftlichkeit berücksichtigt, betriebswirtschaftlich nachvollziehbar ist und die Vorsteuern nach Massgabe der Verwendung für eine bestimmte Tätigkeit zuteilt» (Art. 68 Abs. 2 MWSTV).
Die Korrektur des Vorsteuerabzuges kann gemäss Art. 65 MWSTV berechnet werden nach dem effektiven Verwendungszweck (Bst. a der Bestimmung), anhand von Pauschalmethoden mit von der ESTV festgelegten Pauschalen (Bst. b der Bestimmung) oder gestützt auf eigene Berechnungen (Bst. c der Bestimmung).
Nach der 3-Topf-Methode sind sämtliche Vorsteuerbeträge, soweit dies möglich ist, direkt der unternehmerischen, zum Vorsteuerabzug berechtigenden Tätigkeit (sog. Topf A) beziehungsweise der nicht unternehmerischen Tätigkeit und der unternehmerischen, aber nicht zum
Vorsteuerabzug berechtigenden Tätigkeit (sog. Topf B) zuzuordnen. Die übrigen Vorsteuern (sog. Topf C) werden sodann nach einem oder mehreren Schlüsseln korrigiert, welche auf betrieblich-objektiven Kriterien beruhen (z.B. Fläche, Volumen, Umsätze, Arbeitszeit des Personals, Lohnsumme, Bruttogewinne; vgl. MWST-Info 09 Vorsteuerabzug und Vorsteuerkorrekturen [MI 09; webbasierte Fassung], insbesondere Ziff. 4.5.1 und Anhang, Ziff. 11.1 ff.; Urteile des BVGer A-4946/2022 vom 28. September 2023 E. 2.10.3, A-6253/2018 vom 10. Dezember 2019 E. 2.4.2.1 ff.). Bei
der Methode der Teilzuordnung der Vorsteuern sind die übrigen Vorsteuern (Topf C) anteilsmässig aufzuteilen, analog der Zusammensetzung des Gesamtumsatzes (MI 09, Anhang, Ziff. 11.2).
Die in Art. 66 MWSTV aufgezählten Pauschalmethoden (Art. 65 Bst. b MWSTV) sind eine Auflistung der unter dem Bundesgesetz vom
2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (aMWSTG; AS 2000 1300 ff.) von der ESTV entwickelten Pauschalen für verschiedene Branchen, die der Vorsteuerkorrektur für die gemischte Verwendung der Verwaltungsinfrastruktur dienen (vgl. Urteil des BVGer A-6253/2018 vom 10. Dezember 2019 E. 2.4.2.2). Pauschalmethoden der ESTV stehen für die in Art. 66 Bst. a–f MWSTV aufgeführten Branchen bzw. Tätigkeiten zur Verfügung. Im Einzelnen werden Pauschalmethoden für die Tätigkeit von Banken (Bst. a), von Versicherungsgesellschaften (Bst. b), von spezialfinanzierten Dienststellen von Gemeinwesen (Bst. c), für die Gewährung von Krediten sowie für Zinseinnahmen und Einnahmen aus dem Handel mit Wertpapieren (Bst. d), die Verwaltung von eigenen Immobilien, für deren Versteuerung nicht optiert werden kann (Bst. e) und für Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs (Bst. f) in Art. 66 MWSTV aufgeführt. Die Pauschalen selber werden in den Praxisfestlegungen der ESTV konkretisiert (zum Ganzen: BEATRICE BLUM, MWSTG Kommentar, Schweizerisches Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer mit den Ausführungserlassen sowie Erlasse zum Zollwesen, 2. Aufl. 2019 [nachfolgend: MWSTG-Kommentar 2019],
Art. 30 Rz. 11).
Bei den eigenen Berechnungen (Art. 65 Bst. c MWSTV) kommt nach der Praxis der ESTV namentlich die 3-Topf-Methode in verschiedenen Varianten oder die Anwendung der Methode Umsatzschlüssel (ebenfalls in verschiedenen Varianten) in Frage (Urteil des BVGer A-5126/2020 vom 1. September 2021 E. 3.4.5.5).
Da die schweizerische Regelung keine Korrekturmethode verbindlich vorschreibt, hat die Unternehmung eine umfassende Wahlfreiheit.
Damit ist jede Methode zulässig, sofern sie für die konkrete steuerpflichtige Person als sachgerecht bezeichnet werden kann (Art. 68 Abs. 1 MWSTV; Urteil des BVGer A-642/2020 vom 5. Januar 2021 E. 3.6.5.6; HONAUER et al., Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz [MWSTG], 4. Aufl. 2024, Rz. 1927; DIEGO CLAVADETSCHER, MWSTG-Kommentar 2015, Art. 30
Rz. 27).
Im Mehrwertsteuerrecht stellt jede einzelne Leistung grundsätzlich ein selbständiges Steuerobjekt dar, d.h. voneinander unabhängige Leistungen werden selbständig behandelt (Art. 19 Abs. 1 MWSTG; Urteil des BGer 2C_833/2016 vom 20. Februar 2019 E. 5.2.2; BVGE 2019 III/1
E. 3.4.1; Urteile des BVGer A-22/2020 vom 17. Juli 2020 E. 2.3.1, A-358/2017 vom 31. August 2017 E. 2.2.1; FELIX GEIGER, MWSTG-Kom-
mentar 2019, Art. 19 Rz. 1).
Leistungen, die miteinander verbunden sind (sog. Leistungskomplexe), werden mehrwertsteuerlich jedoch dann als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang betrachtet, wenn sie wirtschaftlich derart eng zusammengehören und ineinandergreifen, dass sie entweder ein unteilbares Ganzes bilden (sog. Gesamtleistung) oder dass sie zueinander im Verhältnis einer Hauptleistung mit akzessorischer Nebenleistung stehen (Art. 19 Abs. 3 und 4 MWSTG; BVGE 2019 III/1 E. 3.4.1; Urteile des BVGer A-22/2020 vom 17. Juli 2020 E. 2.3.1, A-358/2017 vom 31. August 2017 E. 2.2.1,
A-7311/2014 vom 22. September 2015 E. 2.6, je m.w.H.).
Eine Gesamtleistung, welche als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang behandelt wird, liegt vor, wenn mehrere Leistungen wirtschaftlich derart eng zusammengehören und ineinandergreifen, dass sie ein unteilbares Ganzes bilden (Art. 19 Abs. 3 MWSTG). Dabei müssen die einzelnen Leistungen gemäss konstanter Gerichtsund Verwaltungspraxis sachlich, zeitlich und vom wirtschaftlichen Gehalt her in einer derart engen Verbundenheit stehen, dass sie untrennbare Komponenten eines Vorgangs verkörpern, der das gesamte Handeln umfasst. Eine Gesamtleistung ist mit anderen Worten gegeben, wenn der Leistungskomplex nicht in Einzelleistungen zerlegt werden kann, die jede für sich betrachtet einen wirtschaftlich sinnvollen Zweck erfüllen, oder wenn die Gesamtleistung durch eine solche Zerlegung zerstört, beschädigt oder verändert würde. Liegt eine Leistungseinheit vor, erfolgt die mehrwertsteuerliche Behandlung nach der für diese wesentlichen Eigenschaft, d.h. nach der Leistung, welche wirtschaftlich betrachtet im Vordergrund steht (Art. 19 Abs. 3 MWSTG). Mit anderen Worten gelten für die einzelnen Leistungskomponenten des Leistungskomplexes die gleichen Vorschriften bezüglich Ort der Besteuerung, Steuersatz oder Steuerbefreiung (Urteil des BGer 2C_969/2015 vom 24. Mai 2016
E. 2.3.5; BVGE 2019 III/1 E. 3.4.2; Urteile des BVGer A-22/2020 vom 17. Juli 2020 E. 2.3.2, A-358/2017 vom 31. August 2017 E. 2.2.2,
A-7311/2014 vom 22. September 2015 E. 2.6 und E. 2.6.1, A-6108/2014
vom 22. Juli 2015 E. 3.3.2, je m.w.H.).
24. Mai 2016 E. 2.3.4; BVGE 2019 III/1 E. 3.4.3; Urteile des BVGer
A-2037/2022 vom 15. Januar 2024 E. 2.5.3, A-22/2020 vom 17. Juli 2020
E. 2.3.3). Eine Leistung ist insbesondere dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel dafür darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (Urteile des BVGer A-4569/2022 vom 4. Juli 2022 E. 2.43, A-3285/2017
vom 21. Juni 2018 E. 2.5.3; GEIGER, MWSTG-Kommentar 2019, Art. 19
Rz. 26).
Dass die massgebenden Kriterien kumulativ verlangt werden, bildet auch Ausdruck des Ausnahmecharakters von Art. 19 Abs. 4 MWSTG. Grundsätzlich werden mehrere Leistungen nämlich selbständig gewürdigt. Nur bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen dürfen und müssen mehrere Leistungen ausnahmsweise als Einheit betrachtet werden; andernfalls bleibt es bei der Behandlung als Leistungsmehrheit (Urteil des BGer 2C_969/2015 vom 24. Mai 2016 E. 3.3.3; Urteile des BVGer A-22/2020 vom 17. Juli 2020 E. 2.3.3, A-7384/2018 vom 3. Juni 2020
E. 2.3.3).
2020 E. 2.3.4, A-358/2017 vom 31. August 2017 E. 2.2.4, A-6108/2014
vom 22. Juli 2015 E. 3.3.4 m.w.H.; zum Ganzen auch: ALEXANDRA PILLONEL, MWSTG-Kommentar 2015, Art. 19 Rz. 6 f.).
Die Art und Weise der Fakturierung ist für die Qualifikation nach Art. 19 Abs. 1, 3 oder 4 MWSTG nicht (allein) entscheidend. Die Teilkomponenten einer Gesamtleistung oder einer Hauptund Nebenleistung können etwa nicht einzig dadurch verselbständigt werden, dass sie in der Rechnung des Leistungserbringers gesondert ausgewiesen und selbständig versteuert werden. Umgekehrt führt die Tatsache, dass ein Gesamtentgelt in Rechnung gestellt wurde, nicht (automatisch) zur Annahme einer Gesamtleistung oder einer Hauptund Nebenleistung (Urteile des BVGer A-22/2020 vom 17. Juli 2020 E. 2.3.4, A-7384/2018 vom 3. Juni 2020 E. 2.3.4 m.w.H;
so auch: GEIGER, MWSTG-Kommentar 2019, Art. 19 Rz. 30; PILLONEL, MWSTG-Kommentar 2015, Art. 19 Rz. 6; siehe auch: HONAUER et al., a.a.O., Rz. 987).
Von mehreren selbständigen Leistungen, die mehrwertsteuerlich getrennt zu behandeln sind, ist nach dem Gesagten immer dann auszugehen, wenn es sich weder um eine Gesamtleistung noch um eine Hauptleistung
mit akzessorischer Nebenleistung handelt (Art. 19 Abs. 1, 3 und 4 MWSTG; Urteile des BGer 2C_639/2007 vom 24. Juni 2008 E. 2.2, 2A.40/2007 vom 14. November 2007 E. 2.2, 2A.452/2003 vom 4. März
2004 E. 3.1; Urteile des BVGer A-7384/2018 vom 3. Juni 2020 E. 2.3.5,
A-6108/2014 vom 22. Juli 2015 E. 3.3.6, je m.w.H.).
Die Beschwerdeführerin bietet Schulungsprogramme (Sprachkurse, Auslandssemester und Ähnliches) im Ausland und damit zusammenhängende Leistungen, wie Reiseversicherungen, an. Für die Teilnahme an den Schulungsprogrammen setzt die Beschwerdeführerin voraus, dass die Teilnehmer über eine ausreichende Versicherungsdeckung im Ausland verfügen. Die Teilnehmer können den Versicherungsschutz als Zusatzleistung zu den Schulungsprogrammen auswählen. Dafür schloss die Beschwerdeführerin mit dem Versicherer C. AB ([…]) per (…) 2015 einen kollektiven Gruppen-Versicherungsvertrag (nachfolgend: Gruppen-Versicherungsvertrag) ab. Der Versicherungsschutz des Gruppen-Versicherungsvertrags umfasst unter anderem Fälle wie Krankheit, Unfall, Gepäck, Programmunterbruch, Rückführungen, Rechtsschutz und Haftpflicht. Versicherungsnehmerin des Gruppen-Versicherungsvertrags ist die Beschwerdeführerin in eigenem Namen. Begünstigte des Gruppen-Versicherungsvertrags sind die Teilnehmer, die den Versicherungsschutz als Zusatzleistung zu den Schulungsprogrammen auswählen. Die Beschwerdeführerin bezahlt der C. AB eine Versicherungsprämie, deren Höhe sich unter anderem nach der Anzahl Begünstigter bestimmt.
Die Beschwerdeführerin stellt den Teilnehmern, die den Versicherungsschutz als Zusatzleistung zu den Schulungsprogrammen auswählen, neben den Kosten für das Schulungsprogramm Versicherungsprämien mit den Titeln «Cancellation Insurance Exam», «[Name] Versicherung ganzes Schuljahr», «Travel Insurance» oder Ähnliches in eigenem Namen in Rechnung (vgl. act. 5 und Beschwerdebeilage Nr. 10).
In rechtlicher Hinsicht ist zwischen den Parteien zu Recht unbestritten, dass es sich bei den von der Beschwerdeführerin erbrachten Schulungsprogrammen um Bildungsleistungen im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 11 MWSTG handelt und der Ort der Leistungen sich nach Art. 8 Abs. 2
Bst. c MWSTG richtet. Weil die betreffenden Bildungsleistungen ausschliesslich im Ausland erbracht werden und für deren Versteuerung hätte optiert werden können, führen diese gemäss Art. 60 MWSTV bzw. Art. 29 Abs. 1bis MWSTG (E. 2.4.3) nicht zu einer Korrektur des Vorsteuerabzugs.
Rechtlich im Streit liegt dagegen, ob der von der Beschwerdeführerin ebenfalls angebotene Versicherungsschutz als eine Nebenleistung zur Hauptleistung eines Schulungsprogramms zu qualifizieren und nach Art. 19 Abs. 4 MWSTG wie die Erbringung des Schulungsprogramms zu behandeln ist. Die Beschwerdeführerin ist dieser Ansicht. Die Vorinstanz vertritt dagegen die Ansicht, dass der streitbetroffene Versicherungsschutz nicht als Nebenleistung qualifiziere, sondern als selbständige Leistung im Sinne von Art. 19 Abs. 1 MWSTG zu beurteilen sei. Weil eine Option für Umsätze im Versicherungsbereich nicht möglich ist (E. 2.4.3), hat die Vorinstanz in der Folge eine Korrektur des Vorsteuerabzugs vorgenommen. Es ist im Nachfolgenden deshalb zu prüfen, ob sie zu Recht eine solche Korrektur der Vorsteuerabzüge vorgenommen hat (E. 3.3) und, falls dem so ist, ob die vorgenommene Korrektur pflichtgemäss erfolgt ist (E. 3.4).
Vorausschickend ist festzuhalten, dass sich in der Berechnung der Steuerkorrektur gemäss Einspracheentscheid vom 28. September 2023 ein Fehler eingeschlichen hat (vgl. Sachverhalt Bst. C.b). Die Vorinstanz hat im Einspracheentscheid vom 28. September 2023 fälschlicherweise auf eine Steuerkorrektur zu ihren Gunsten in Höhe von Fr. 264'047.– erkannt, obwohl sich dieser Betrag gemäss korrekter Berechnung auf Fr. 267'047.– belief. Die von der Vorinstanz im Beschwerdeverfahren beantragte Berichtigung des Fehlers hätte eine Schlechterstellung der Beschwerdeführerin zur Folge. Zwar wird die Korrektur offensichtlicher Schreibund Rechenfehler von einer reformatio in peius nicht erfasst (ANNETTE GUCKELBERGER, Zur reformatio in peius vel melius in der schweizerischen Bundesverwaltungsrechtspflege nach der Justizreform, Schweizerisches Zentralblatt für Staatsund Verwaltungsrecht 2010 S. 99). Den vorliegenden Fehler erachtet das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht als offensichtlich, handelt es sich doch nicht um einen blossen Rechenfehler, der aus der Verfügung selbst ersichtlich wird. Deshalb ist nachfolgend zu prüfen, ob die für eine reformatio in peius notwendigen Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind.
Nach Art. 62 Abs. 2 VwVG kann die Beschwerdeinstanz die angefochtene Verfügung zuungunsten einer Partei ändern, soweit diese
Bundesrecht verletzt oder auf einer unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes beruht. Bei Art. 62 Abs. 2 VwVG handelt es sich um eine Kann-Bestimmung, die dem Gericht einen Entscheidungsspielraum einräumt, der nach pflichtgemässem Ermessen wahrzunehmen ist (MOSER et al., a.a.O., Rz. 3.200a). Eine solche schlechterstellende Korrektur wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur vorgenommen, wenn der betroffene Entscheid offensichtlich unrichtig und die Korrektur von erheblicher Bedeutung ist (BGE 142 V 337 E. 3.1, 119 V 241 E. 5, 108 Ib 227 E. 1b; Urteile des BVGer A-5431/2015 vom 28. April 2016 E. 1.3.1, A-667/2015 vom 15. September 2015 E. 1.7).
Der streitbetroffene Versicherungsschutz ist daraufhin zu untersuchen, ob er von der massgeblichen Verbrauchergruppe als eigenständige Hauptleistung oder als Nebenleistung zur Hauptleistung des Schulungsprogramms verstanden wird.
Wie in E. 2.5.3 aufgezeigt, setzt die Annahme einer unselbständigen Nebenleistung – die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt – laut ständiger Rechtsprechung kumulativ voraus, dass sie im Vergleich zur Hauptleistung 1) nebensächlich ist, 2) mit dieser wirtschaftlich eng zusammenhängt, 3) sie wirtschaftlich ergänzt, verbessert oder abrundet und 4) üblicherweise mit ihr vorkommt. Die Bejahung einer Nebenleistung hat Ausnahmecharakter.
Schulungsprogramms ist mit Blick auf die – wie erwähnt – kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen in einem ersten Schritt zu untersuchen, ob dieser aus der vorliegend massgeblichen Verbraucheroptik eines Teilnehmers einen eigenständigen Zweck hat oder ob er im Verhältnis zum (ebenfalls) an den Teilnehmer erbrachten Schulungsprogramm lediglich nebensächlich ist.
Mit der Buchung eines Schulungsprogramms möchte der Teilnehmer in erster Linie Sprachkenntnisse erwerben oder verbessern, in kulturellen Austausch treten und allenfalls Sprachdiplome erlangen. Mit dem Abschluss des Versicherungsschutzes verfolgt der Teilnehmer in erster Linie das Ziel, sich gegen bestimmte Ereignisse finanziell abzusichern. Damit liegt – wie von der Vorinstanz vorgebracht – beim Versicherungsschutz eine andere Stossrichtung vor als beim Schulungsprogramm. Der streitbetroffene Versicherungsschutz hat für Teilnehmer einen eigenen Zweck und stellt nicht nur das Mittel dar, um das Schulungsprogramm unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Er wird von Teilnehmern vielmehr als eine wesentliche eigenständige (Haupt-)Leistung verstanden. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin vermag daran auch nichts zu ändern, dass die Beschwerdeführerin zur Teilnahme am Schulungsprogramm eine ausreichende Versicherungsdeckung voraussetzt. Zum einen, weil dieses Erfordernis sich aus den konkreten Vertragsbedingungen – und nicht aus der Optik eines Teilnehmers – ergibt. Zum andern, weil die Teilnehmer unbestrittenermassen die ausreichende Versicherungsdeckung ohnehin auch von einem anderen Anbieter beziehen können.
Der Hauptzweck des streitbetroffenen Versicherungsschutzes kann aus der massgeblichen Verbraucheroptik eines Teilnehmers nicht darin gesehen werden, das Schulungsprogramm zu verbessern, abzurunden oder zu ergänzen. Der Einwand der Beschwerdeführerin, wonach der Versicherungsschutz es den Teilnehmern ermöglicht, das Schulungsprogramm unbesorgt geniessen zu können, genügt hierfür nicht. Der streitbetroffene Versicherungsschutz hat keinen Einfluss auf die Durchführung des Schulungsprogramms selbst und ist daher nicht geeignet, diesen in irgendeiner Weise zu verbessern, abzurunden oder zu ergänzen.
Zwar dokumentiert die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin das Schulungsprogramm zusammen mit dem Versicherungsschutz anbietet eine gewisse Nähe der beiden Rechtsgeschäfte. Dies heisst aber nicht zwingend, dass der Versicherungsschutz üblicherweise mit dem Schulungsprogramm einhergeht. Eine eigentliche Handelsusanz, der zufolge die das Schulungsprogramm anbietende Partei gemeinhin auch auf den Abschluss eines Versicherungsschutzes hinwirkt, ist jedoch weder nachgewiesen noch ersichtlich. Davon, dass dies – wie die Beschwerdeführerin anführt –«marktüblich» sei, könnte gegebenenfalls die Rede sein, falls sich ein Marktmodell in der Praxis durchgesetzt hat und nahezu konkurrenzlos dasteht (vgl. Urteil des BGer 2C_969/2015 vom 24. Mai 2016 E. 3.4.1). Dies trifft auf den streitbetroffenen Versicherungsschutz aber nicht zu. Daran ändert auch nichts, dass die Beschwerdeführerin auf einzelne Anbieter von Schulungsprogrammen verweist, die ebenfalls eine Versicherungsdeckung anbieten. Es besteht eine Alternative, wie auch die Beschwerdeführerin einräumt, und zwar in Form einer Versicherungsdeckung, die von den Teilnehmern bei Dritten bezogen wird.
Die Beschwerdeführerin bringt nun vor, gemäss Ziff. 4.6 der MWST-Branchen-Info 20 Bildung (MBI 20) und Ziff. 4 der MWST-Branchen-Info 22 Hilfsorganisationen, sozialtätige und karitative Einrichtungen
(MBI 22) würden auch allfällige Versicherungskosten als Nebenleistung zu einem Studentenaustausch betrachtet. Es sei nicht einzusehen, warum dies nicht auch für den streitbetroffenen Versicherungsschutz gelten solle. Weiter verweist die Beschwerdeführerin auf Ziff. 3.4.3.3.6 der MWST-Info 08 Privatanteile (MI 08; Stand vom 1. Mai 2016) und Ziff. 2.5.1 der MWSTBranchen-Info 09 Transportwesen (MBI 09; jeweils webbasierte Fassungen), in denen die Weiterverrechnung von Zusatzversicherungen beim Privatanteil von Geschäftsfahrzeugen sowie die zusätzliche Fakturierung von Versicherungskosten bei Umzugsleistungen als Nebenleistungen genannt würden.
Auf die entsprechenden Ziffern der MI 08 sowie MBI 09, 20 und 22 muss vorliegend jedoch nicht eingegangen werden, da sich bereits aus Gesetz und Rechtsprechung ergibt, dass der streitbetroffene Versicherungsschutz keine Nebenleistung im Sinne von Art. 19 Abs. 4 MWSTG ist. Eine solche muss unter anderem nebensächlich sein (vgl. E. 2.5.3), was hier gerade nicht der Fall ist (vgl. E. 3.3.1.2). Ob allenfalls ein Versicherungsschutz beim Studentenaustausch einer gemeinnützigen Jugendaustauschorganisation (MBI 20, Ziff. 4.6 bzw. MBI 22, Ziff. 4), beim Privatanteil von Geschäftsfahrzeugen (MI 08, Ziff. 3.4.3.3.6) oder bei Umzugsleistungen (MBI 09, Ziff. 2.5.1) als Nebenleistung betrachtet würde, ist für den vorliegenden Fall nicht erheblich. Es ist auf den konkreten Einzelfall abzustellen (E. 2.5.4), welcher vorliegend eingehend geprüft wurde mit dem Ergebnis, dass keine Nebenleistung gegeben ist. Zumal handelt es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine gemeinnützige Jugendaustauschorganisation. Weiterungen erübrigen sich deshalb. Demnach bleibt es dabei, dass der streitbetroffene Versicherungsschutz als eigenständige Leistung zu qualifizieren ist (vgl. E. 3.3.1.2 in fine).
Zu prüfen bleibt bei diesem Zwischenergebnis, ob es sich beim streitbetroffenen Versicherungsschutz um eine von der Steuer ausgenommene Versicherungsleistung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 MWSTG handelt.
Die Beschwerdeführerin stellt den Teilnehmern, die den Versicherungsschutz auswählen, die Versicherungsprämien im eigenen Namen in Rechnung, wobei die Versicherungsprämie als solche ausgewiesen wird (vgl. E. 3.1). Dafür erhalten die Teilnehmer Versicherungsschutz, indem die Beschwerdeführerin bei der C. AB die entsprechenden Risiken der Teilnehmer über den Gruppen-Versicherungsvertrag abdeckt. Gemäss der Verwaltungspraxis (vgl. E. 2.3.3), welche das
Bundesverwaltungsgericht vorliegend als sachgerecht erachtet, ist die von der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellte Versicherungsprämie demnach im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 MWSTG von der Steuer ausgenommen. Dies ist unter den Parteien insoweit auch unbestritten (vgl. Beschwerde S. 10).
Schliesslich ist die angewendete Methode für die Vorsteuerkorrektur zu überprüfen.
Die Vorinstanz hat die Vorsteuerkorrektur nach der sogenannten Methode der Teilzuordnung der Vorsteuern vorgenommen (vgl. E. 2.4.4.4). In einem ersten Schritt wurden die Vorsteuerbeträge Topf A (voller Vorsteuerabzug) oder Topf C (gemischt verwendeter Bereich) zugeordnet. Dem Topf B (kein Vorsteuerabzug) wurden keine Vorsteuerbeträge zugeordnet, da die Beschwerdeführerin unbestrittenermassen keine dem streitbetroffenen Versicherungsschutz direkt zuordenbaren vorsteuerbelasteten Aufwendungen aufweist. In einem zweiten Schritt wurden die Vorsteuerbeträge in Topf C anhand eines Umsatzschlüssels korrigiert. Für die Berechnung des Umsatzschlüssels stellte die Vorinstanz die verbuchten Versicherungsumsätze ins Verhältnis zum Gesamtumsatz gemäss Erfolgsrechnung der Beschwerdeführerin.
Die Beschwerdeführerin bringt in ihrem Eventualantrag vor, dass die von der Vorinstanz angewendete Methode für die Vorsteuerkorrektur nicht zu einem sachgerechten Ergebnis führe. Mit dem streitbetroffenen Versicherungsschutz sei nur wenig Aufwand verbunden, sodass die Anwendung des Umsatzschlüssels zu Ergebnissen führe, die betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar seien. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass dieses Problem grundsätzlich nur durch die Anwendung einer Pauschalmethode gelöst werden könne. Da im vorliegenden Fall jedoch keine sachgerechte Methode für die Vorsteuerkorrektur zur Verfügung stünde, sei es gestützt auf den Grundsatz der Erhebungswirtschaftlichkeit vertretbar, infolge Unwesentlichkeit auf eine Vorsteuerkorrektur zu verzichten.
Die Vorinstanz hält dem entgegen, dass sie verschiedene Berechnungsmethoden geprüft habe und die Methode der Teilzuordnung der Vorsteuern vorliegend zum sachgerechtesten Ergebnis geführt habe. Die unter Art. 66 MWSTV aufgeführten Pauschalmethoden fänden aufgrund der Tätigkeit der Beschwerdeführerin vorliegend allesamt keine Anwendung.
Die Vorinstanz hat ihr Vorgehen nachvollziehbar dargelegt. Sie hat die Vorsteuerkorrektur nach der Methode der Teilzuordnung der Vorsteuern vorgenommen, wobei auf dem gemischt verwendeten Bereich der Umsatzschlüssel angewandt wurde. Diese Methode entspricht ihrer Verwaltungspraxis (E. 2.4.4.4). Die Vorinstanz hat insbesondere auch ausgeführt, weshalb andere Methoden der Vorsteuerkorrektur vorliegend nicht sachgerecht sind. Die von ihr vorgenommene Korrektur der Vorsteuer erscheint für das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls nicht als pflichtwidrig. In der Folge obliegt es der Beschwerdeführerin, darzutun und nachzuweisen, dass die vorgenommene Korrektur offensichtlich nicht sachgerecht ist (E. 2.4.4.8). Der Beschwerdeführerin gelingt dieser Nachweis nicht. Pauschale Äusserungen, wonach mit dem streitbetroffenen Versicherungsschutz nur wenig Aufwand verbunden sei und kein direkter Einfluss auf die Personalund Gemeinkosten bestünde, oder hypothetische Kostenkalkulationen genügen hier nicht. Im Weitern kennt die Praxis der ESTV für den vorliegenden Fall auch keine Pauschale zur Vorsteuerkorrektur gemäss Art. 66 MWSTV. Weiterungen zu den Vorbringen der Beschwerdeführerin erübrigen sich damit. Die vorinstanzliche Berechnung der Vorsteuerkorrektur aufgrund gemischter Verwendung erweist sich ohne Weiteres als sachgerecht und als innerhalb des Ermessensspielraums ausgeübt.
Die seitens der Vorinstanz vorgenommene Vorsteuerkorrektur ist somit nicht zu beanstanden.
Ausgangsgemäss sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens auf Fr. 8'500.– festzusetzen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 des Reglements vom
21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem
Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und durch die unterliegende Beschwerdeführerin zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Der in gleicher Höhe einbezahlte Kostenvorschuss ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario und Art. 7 Abs. 1 VGKE e contrario sowie Art. 7 Abs. 3 VGKE).
Das Dispositiv folgt auf der nächsten Seite.
Die Beschwerde wird abgewiesen. Der angefochtene Einspracheentscheid der Vorinstanz wird bestätigt. Die Steuerkorrektur für die Steuerperioden 2014 bis 2018 beträgt Fr. 264'047.– zuzüglich Verzugszins.
Die Verfahrenskosten von Fr. 8'500.– werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der in gleicher Höhe einbezahlte Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin und die Vorinstanz.
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Jürg Steiger Alexander Cochardt
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand:
Zust ellung erf olgt an:
die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Gerichtsurkunde)
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