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Bundesverwaltungsgericht Urteil A-2674/2024

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:A-2674/2024
Datum:23.08.2024
Leitsatz/Stichwort:Enteignung
Schlagwörter : Verfahren; Vorinstanz; Verfahrens; Bundes; Verfügung; Verfahrenssprache; Gehör; Sprache; Parteien; Amtssprache; Anspruch; Recht; Gesuch; Entscheid; Schätzungskommission; Bundesverwaltung; Bundesverwaltungsgericht; Frist; Besitzeinweisung; Enteignung; Quot;; Französisch; Übersetzung; Kreis; Gericht; Deutsch; Eingabe
Rechtsnorm: Art. 26 VwVG ; Art. 29 BV ; Art. 32 VwVG ; Art. 33 VwVG ; Art. 35 VwVG ; Art. 48 BGG ; Art. 48 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ; Art. 70 BV ;
Referenz BGE:126 V 130; 131 V 35; 137 I 195; 140 II 194; 144 II 167
Kommentar:
-, Praxis VwVG, Art. 33 VwVG SR, 2022
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung I

A-2674/2024

U r t e i l v o m 2 3 . A u g u s t 2 0 2 4

Besetzung Richter Jürg Marcel Tiefenthal (Vorsitz),

Richter Alexander Misic, Richter Maurizio Greppi, Gerichtsschreiber Tobias Grasdorf.

Parteien A. ,

Beschwerdeführerin,

gegen

Transports Publics Neuchâtelois SA, Allée des Défricheurs 3, Case postale 1429, 2301 La Chaux-de-Fonds,

vertreten durch

Maître Christian Haag, avocat, Beschwerdegegnerin,

Commission fédérale d'estimation du 5e arrondissement,

Zustelladresse: c/o de Weck Nicolas, juge, Tribunal régional, Rue du Trésor 9, Case postale 2232, 2001 Neuchâtel 1, Vorinstanz.

Gegenstand Enteignung; vorzeitige Besitzeinweisung; Verfügung vom 2. April 2024.

Sachverhalt:

A.

A. ist Eigentümerin der Parzellen Nr. […] und […] im Kataster von Couvet.

B.

Am 28. September 2022 hiess das Bundesamt für Verkehr (BAV) das Plangenehmigungsgesuch der Transports Public Neuchâtelois SA (transN) zur Sanierung des Bahnhofs Couvet vom 27. November 2020 gut. Die Einsprache von A. erklärte das BAV für unzulässig, da sie nicht fristgerecht eingereicht worden war. Das Bundesverwaltungsgericht wies die gegen die Plangenehmigung des BAV gerichtete Beschwerde mit Urteil vom 12. Juli 2023 ab, soweit es darauf eintrat.

C.

Am 25. Oktober 2023 reichte die transN bei der Eidgenössischen Schätzungskommission Kreis 5 ein Gesuch um vorzeitige Besitzeinweisung der beiden Grundstücke von A. gemäss Art. 18k Abs. 3 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG, SR 742.101) und Art. 76 des Bundesgesetzes über die Enteignung vom 20. Juni 1930 (EntG, SR 711) ein.

D.

Mit Verfügung vom 21. Dezember 2023 eröffnete der Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission Kreis 5 ein Verfahren zur vorzeitigen Besitzeinweisung und lud A. ein, sich bis zum 30. Januar 2023 zu dem Gesuch der transN zu äussern. Am 8. Februar 2023 wandte sich der Sekretär der Schätzungskommission per Brief an A. . Er stellte fest, dass keine Antwort von ihr eingegangen sei. Deshalb werde ihr eine letzte Frist bis zum 19. Februar 2023 angesetzt, innert der sie sich zum Gesuch äussern könne. Wenn sie sich nicht innert Frist äussere, werde das Verfahren weitergeführt.

E.

A.

wandte sich mit Brief vom 13. Februar 2024 an die

Schätzungskommission. Darin führte sie insbesondere aus, sie erhebe Einsprache gegen das Vorgehen und Begehren der transN. Die Nutzung und Verwendung ihres Eigentums würden dadurch in unverhältnismässigem Ausmass belastet und beschränkt, was gesetzlich nicht erlaubt sei. Sie ersuchte zudem um Zustellung der Dokumente vom 21. Dezember 2023 in deutscher Sprache.

F.

Mit Verfügung vom 2. April 2024 ordnete der Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission Kreis 5 die vorzeitige Besitzeinweisung der Grundstücke Nr. […] und […] des Katasters Le Locle (richtigerweise: Couvet) an. Er führte in der Verfügung an, A. sei zweimal angeschrieben worden, habe aber nicht wirklich sachbezogen geantwortet ("interpellations auxquelles elle n'a pas vraiment répondu de manière pertinente"). Alle A. gesetzten Fristen seien ohne Antwort geblieben und es spreche nichts gegen die Fortführung des Verfahrens.

G.

Mit Schreiben vom 27. April 2024 erhob A. (Beschwerdeführerin) beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Verfügung der Eidgenössischen Schätzungskommission Kreis 5 (Vorinstanz). Sie beantragt sinngemäss die Aufhebung der Verfügung und die Berücksichtigung ihrer Eingaben durch die Vorinstanz.

H.

Am 5. Juni 2024 reichte die Vorinstanz eine Vernehmlassung ein, worin sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

I.

Am 6. Juni 2024 nahm die transN (Beschwerdegegnerin) zur Beschwerde Stellung. Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. In prozessualer Hinsicht beantragt sie die Feststellung, dass die Plangenehmigung des BAV vom 28. September 2022 und die Verfügung der Vorinstanz vom 2. April 2024 in Rechtskraft erwachsen seien. Eventualiter sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu entziehen.

J.

Am 4. Juli 2024 stellte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien deutsche Übersetzungen der Eingaben vom 5. und 6. Juni 2024 zu. Gleichzeitig setzte das Gericht der Beschwerdeführerin Frist zur Einreichung von Schlussbemerkungen an und der Vorinstanz zur Stellungnahme zu den prozessualen Anträgen der Beschwerdegegnerin.

K.

Am 3. August 2024 reichte die Beschwerdeführerin ihre Schlussbemerkungen ein. Die Vorinstanz liess sich innert Frist nicht vernehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Nach Art. 77 Abs. 1 EntG können Entscheide der Schätzungskommission beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Das Bundesverwaltungsgericht ist somit zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde. Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32), soweit das Enteignungsgesetz nichts anderes bestimmt (Art. 77 Abs. 2 EntG). Das Verwaltungsgerichtsgesetz verweist in Art. 37 ergänzend auf das Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021).

    2. Nach Art. 78 Abs. 1 EntG sind insbesondere die Hauptparteien des Enteignungsverfahrens zur Beschwerde befugt. Gemäss Art. 48 Abs. 1 VwVG ist zur Beschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.

      Die Beschwerdeführerin nahm als Hauptpartei am vorinstanzlichen Verfahren teil, drang jedoch mit ihren Forderungen nicht durch. Sie ist somit sowohl formell als auch materiell beschwert und zur Beschwerde legitimiert.

    3. Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (vgl. Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 VwVG) ist damit einzutreten.

    4. Im Beschwerdeverfahren ist (für die Festlegung der Verfahrenssprache) die Sprache des angefochtenen Entscheids massgebend. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden (Art. 33a Abs. 2 VwVG). Die Beschwerdeinstanz verfügt bei der Festsetzung der Verfahrenssprache über ein gewisses Ermessen und entscheidet aufgrund aller relevanten Umstände des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Interessen der Parteien, die Waffengleichheit, die Prozessökonomie und die Verfahrensbeschleunigung. Für einen Wechsel der Verfahrenssprache im Beschwerdeverfahren müssen nicht zwingend alle Parteien einverstanden sein (PATRICIA EGLI, in: Waldmann/Krauskopf [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, 3. Aufl. 2023, Art. 33a Rz. 18 und 22 f. und THOMAS PFISTERER, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar VwVG, 2. Aufl. 2019, Art. 33a Rz. 60 ff.).

Die Vorinstanz führte das Verfahren auf Französisch und erliess die angefochtene Verfügung auf Französisch. Die Beschwerdeführerin reichte ihre Beschwerde (und ihre weiteren Eingaben) auf Deutsch ein, was als impliziter Antrag auf Festsetzung des Deutschen als Verfahrenssprache anzusehen ist. Die Beschwerdegegnerin bringt vor, die Festlegung des Deutschen als Verfahrenssprache verstosse gegen Art. 33a Abs. 2 VwVG.

Es rechtfertigt sich hier, Deutsch als Verfahrenssprache festzulegen, weil die nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin der französischen Sprache nicht genügend mächtig ist, um einem juristischen Verfahren zu folgen (vgl. unten E. 6.2.4) und weil sie spezifisch eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aufgrund ihres ungenügenden sprachlichen Verständnisses rügt (vgl. unten E. 4.1). Diese Umstände gehen den Interessen der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin – bei denen es sich um eine Bundesbehörde und um ein grosses, anwaltlich vertretenes Transportunternehmen handelt – vor. Die französischen Eingaben der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin hat das Bundesverwaltungsgericht entgegengenommen (Art. 6 Abs. 1 des Sprachengesetzes vom 5. Oktober 2007, SpG, SR 441.1).

2.

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im vorliegenden Verfahren mit voller Kognition: Es prüft die angefochtene Verfügung auf Verletzungen des Bundesrechts – einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens –, auf unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und auf Unangemessenheit (Art. 49 VwVG).

3.

    1. Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Beschwerde vor, die Darstellungen in der Verfügung würden nicht den Tatsachen entsprechen; sie habe der Vorinstanz mit Schreiben vom 13. Februar 2024 geantwortet. Sie bestreite, dass ihr Brief nicht sachbezogen gewesen sei und dass sie Fristen nicht eingehalten habe. Ihre Eingaben seien fristgerecht erfolgt und trotzdem seien sie nicht berücksichtigt, sondern als nicht beachtenswert abgetan worden. Zudem habe sie darum gebeten, dass ihr die komplex formulierten Schriftstücke in deutscher Sprache zugestellt würden.

    2. Die Vorinstanz führt aus, sie sei als Eidgenössische Schätzungskommission Kreis 5 für die Enteignungsverfahren für die Kantone Neuenburg, Jura (mit Ausnahme von Ederswiler) und die französischsprachigen

      Gemeinden des Kantons Bern zuständig. Verfahrenssprache für ihre Verfahren sei das Französische.

      Die Beschwerdegegnerin habe ihr Gesuch auf Französisch eingereicht. Die Schätzungskommission bestehe aus französischsprachigen Mitgliedern, bei denen nicht gewährleistet sei, dass sie des Deutschen mächtig seien. Deshalb könne in Verfahren vor der Eidgenössischen Schätzungskommission Kreis 5 nur Französisch Verfahrenssprache sein.

      Die "komplizierten" Schriftstücke, auf die sich die Beschwerdeführerin beziehe, stammten nicht von ihr, sondern beträfen frühere Verfahren, insbesondere das Plangenehmigungsverfahren.

    3. Die Beschwerdegegnerin bringt vor, auf den Grundstücken der Beschwerdeführerin befänden sich ein respektive zwei Fahrleitungsmasten. Die Beschwerdeführerin habe zudem eine Durchgangsdienstbarkeit, die mit der Vergrösserung des Bahnhofs Couvet aufgehoben werde. Das Enteignungsverfahren betreffe die Zusprechung eines Baurechts von ca. 6 m2 zur Installation der Masten und von ca. 34 m2 für das Eisenbahnfreiraumprofil. Die Beschwerdeführerin habe sich systematisch geweigert, auf ihre Einigungsvorschläge einzugehen. Ihre Einsprache gegen die Plangenehmigung sei für unzulässig erklärt worden, wogegen sie nicht Beschwerde erhoben habe.

Die Verfahrenssprache sei Französisch, weil das Gesuch auf Französisch eingereicht worden sei. Die Beschwerdeführerin habe keinen Anspruch auf eine Übersetzung und habe die Verfahrensakten nicht selber übersetzen lassen. Die Folgen ihrer Nachlässigkeit habe sie selber zu tragen.

4.

    1. Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, sie habe sich im vorinstanzlichen Verfahren innert der angesetzten Frist vernehmen lassen, ihre Eingabe sei aber nicht berücksichtigt worden. Zudem habe sie die Vorinstanz um eine deutsche Übersetzung des Dokuments vom 21. Dezember 2023 ersucht, da sie das Dokument nicht verstanden habe. Dieses Gesuch habe die Vorinstanz nicht behandelt. Die Beschwerdeführerin rügt damit eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör.

    2. Zu prüfen ist entsprechend, ob die Vorinstanz gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör der Beschwerdeführerin verstiess.

    3. Der in Art. 29 Abs. 2 BV garantierte und in den Art. 26–33 VwVG konkretisierte Grundsatz des rechtlichen Gehörs umfasst das Recht, mit eigenen Begehren angehört zu werden, Einblick in die Akten zu erhalten und zu den für die Entscheidung wesentlichen Punkten Stellung zu nehmen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör dient einerseits der Sachaufklärung und stellt andererseits ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht der Parteien dar. Er beinhaltet die Pflicht der Behörden, die Vorbringen der vom Entscheid betroffenen Person sorgfältig und ernsthaft zu prüfen und in der Entscheidfindung zu berücksichtigen (Art. 32 Abs. 1 VwVG). Daraus folgt die Pflicht der Behörden, sich mit den wesentlichen Vorbringen der rechtssuchenden Person zu befassen und Entscheide zu begründen (Art. 35 Abs. 1 VwVG).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur, weshalb seine Verletzung ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache grundsätzlich zur Aufhebung der mit dem Verfahrensmangel behafteten Verfügung führt (BGE 126 V 130 E. 2b). Eine Gehörsverletzung kann indes ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die Gewährung des rechtlichen Gehörs in einem Rechtsmittelverfahren nachgeholt wird, in dem die Rechtsmittelinstanz sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann, die Gehörsverletzung nicht besonders schwer wiegt und der betroffenen Partei durch die Heilung kein Nachteil entsteht (BGE 137 I 195 E. 2.3.2; 135 I 279 E. 2.6.1; 129 I 129 E. 2.2.3; BVGE 2017 I/4

E. 4.2).

5.

    1. Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin sich mit in deutscher Sprache verfasstem Schreiben vom 13. Februar 2024 an die Vorinstanz wandte. Das Schreiben ging innerhalb der von der Vorinstanz bis zum

      19. Februar 2024 erstreckten Frist (vgl. Sachverhalt Bst. D) ein und befindet sich in den Akten der Vorinstanz.

    2. Das Verfahren gemäss Enteignungsgesetz richtet sich nach dem VwVG, soweit das Enteignungsgesetz keine eigenen Regelungen enthält (Art. 110 EntG). Art. 60 Abs. 3 EntG sieht bezüglich Verfahrenssprache lediglich vor, dass in mehrsprachigen Kreisen der Präsident oder sein Stellvertreter nach Möglichkeit gleicher Sprache sein soll wie der Enteignete. Da der Kreis 5 kein mehrsprachiger Kreis ist, kommt diese Bestimmung hier nicht zur Anwendung, womit bezüglich der Verfahrenssprache vorliegend auf das VwVG abzustellen ist.

      Art. 33a Abs. 1 VwVG bestimmt, dass das Verfahren in einer der vier Amtssprachen geführt wird, in der Regel in der Sprache, in der die Parteien ihre Begehren gestellt haben oder stellen würden. Art. 33a Abs. 1 VwVG regelt damit die Verfahrenssprache. Unter der Verfahrenssprache wird die Sprache verstanden, in der die Behörde das Verfahren führt und insbesondere mit den Parteien kommuniziert (EGLI, Praxiskommentar VwVG, Art. 33a Rz. 1). Da die Beschwerdegegnerin ihr Gesuch um vorzeitige Besitzeinweisung auf Französisch einreichte, ist es nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Französische als Verfahrenssprache verwendete.

      Von der Verfahrenssprache zu unterscheiden ist die Parteisprache, das heisst die Sprache, in der sich die Parteien gegenüber der Behörde äussern müssen respektive dürfen (EGLI, Praxiskommentar VwVG, Art. 33a Rz. 2; ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER/MARTIN BERTSCHI, Verwaltungsver-

      fahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 594). Zur Parteisprache äussert sich weder Art. 33a VwVG noch eine andere Bestimmung des VwVG. Die Parteisprache wird für Bundesbehörden vielmehr im Sprachengesetz geregelt: Wer sich an eine Bundesbehörde wendet, kann dies in der Amtssprache seiner Wahl tun (Art. 6 Abs. 1 SpG). Amtssprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch im Verkehr mit Personen dieser Sprache (Art. 70 Abs. 1 BV und Art. 5 Abs. 1 SpG). Entsprechend gilt bezüglich Parteisprache für Bundesbehörden, dass die Parteien in der Amtssprache ihrer Wahl am Verfahren teilnehmen können. Sie sind mithin nicht verpflichtet, die festgelegte Verfahrenssprache zu verwenden. Eingaben der Parteien, die in einer von der Verfahrenssprache abweichenden Amtssprache abgefasst wurden, sind von der Behörde trotzdem entgegenzunehmen (Urteil des BGer 1A.149/2002 vom 18. Juli 2002 E. 1.3; EGLI, Praxiskommentar VwVG, Art. 33a Rz. 2 und 17). Der 2. Abschnitt des Sprachengesetzes betreffend die Amtssprachen des Bundes gilt gemäss Art. 4 Abs. 1 SpG für die Bundesversammlung und ihre Organe (Bst. a), den Bundesrat (Bst. b), die Bundesverwaltung nach Art. 2 Abs. 1–3 des Regierungsund Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG, SR 172.010; Bst. c), die eidgenössischen Gerichte (Bst. d) und die ausserparlamentarischen Kommissionen des Bundes (Bst. e).

    3. Bei den Eidgenössischen Schätzungskommissionen handelt es sich gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung um erstinstanzliche eidgenössische Fachgerichte (BGE 144 II 167 Sachverhalt Bst. A), womit gemäss Art. 4 Abs. 1 Bst. c SpG der 2. Abschnitt des Sprachengesetzes und damit Art. 6 Abs. 1 SpG auf sie anwendbar ist. Der Bundesrat hat die freie

      Wahl der Amtssprachen für die Eidgenössischen Schätzungskommissionen nicht eingeschränkt (vgl. Art. 6 Abs. 4 SpG). Die Beschwerdeführerin hatte damit das Recht, ihre Eingaben an die Vorinstanz auf Deutsch zu verfassen.

    4. Die Vorinstanz war entsprechend verpflichtet, die deutschen Eingaben der Beschwerdeführerin entgegenzunehmen, was sie getan hat. Sie war weiter verpflichtet, das Schreiben der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen, soweit es für ihren Entscheid von Bedeutung war (Art. 32 Abs. 1 VwVG). Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz dieser Verpflichtung nachkam.

6.

6.1 Die Beschwerdeführerin führte in ihrem Schreiben vom 13. Februar 2024 erstens aus, sie "erhebe Einsprache gegen das Vorgehen und Begehren" der Beschwerdegegnerin. Obwohl die Terminologie rechtlich nicht korrekt war, ist dieser Formulierung ohne Weiteres zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin mit dem Gesuch der Beschwerdegegnerin um vorzeitige Besitzeinweisung nicht einverstanden war. Zur Begründung brachte die Beschwerdeführerin vor, die vorzeitige Besitzeinweisung sei unverhältnismässig. Das Schreiben enthielt damit rechtserhebliche Inhalte.

In der angefochtenen Verfügung erwähnte die Vorinstanz die Ablehnung der Beschwerdeführerin jedoch nicht, sondern führte lediglich aus, die Beschwerdeführerin habe sich innert Frist nicht sachgemäss geäussert und der Fortführung des Verfahrens zur vorzeitigen Besitzeinweisung stehe nichts entgegen. Weder mit der Opposition noch mit der Begründung der Beschwerdeführerin setzte sie sich auseinander. Damit verstiess sie gegen den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör.

6.2

      1. Zweitens führte die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben aus, sie ersuche um Zustellung der "oben erwähnten Dokumente vom 21. Dezember 2023" in deutscher Sprache, da sie deren Inhalt nicht verstehe. Aus dem Kontext ergibt sich, dass sich die Beschwerdeführerin dabei auf die Eröffnungsverfügung der Vorinstanz und das Gesuch der Beschwerdegegnerin bezog.

      2. Die Vorinstanz ging weder in der angefochtenen Verfügung noch vorher auf dieses Gesuch der Beschwerdeführerin ein. Damit verstiess sie gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör der Beschwerdeführerin und

        beging gleichzeitig eine Rechtsverweigerung. Zu prüfen ist weiter, ob die Vorinstanz gehalten gewesen wäre, ihre Eröffnungsverfügung für die Beschwerdeführerin auf Deutsch zu übersetzen.

      3. Akten in einer anderen Amtssprache als der Verfahrenssprache müssen grundsätzlich nicht übersetzt werden. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör lässt sich kein genereller Anspruch auf Übersetzung von Akten von einer Amtssprache in eine andere Amtssprache ableiten (BGE 131 V 35 E. 3.3; Urteil des BGer 2C_201/2013 vom 24. Januar 2014 E. 4.2 [nicht publiziert in BGE 140 II 194]; vgl. auch Urteil des BVGer F-3036/2020 vom 20. Januar 2022 E. 3.3.8). Dies gilt auch für Rechtsschriften von anderen Verfahrensbeteiligten, solange sie in einer Amtssprache verfasst sind. Im Verwaltungsverfahren ist es damit grundsätzlich Sache der Partei, die eine Verfahrenssprache nicht versteht, die Akten in eine ihr verständliche (Amts-)Sprache zu übersetzen (BGE 131 V 35 E. 3.3).

        Das Bundesgericht betont jedoch, dass Art. 33a VwVG in engem Zusammenhang mit den verfassungsrechtlichen Verfahrensgrundrechten steht und den in Art. 29 Abs. 2 BV verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsund Verwaltungsbeschwerdeverfahren konkretisiert (Urteil des BGer 2C_201/2013 vom 24. Januar 2014 E. 4.2 [nicht publiziert in BGE 140 II 194]; vgl. EGLI, Praxiskommentar VwVG, Art. 33a Rz. 8). Übersetzungen von Verfahrensakten können deshalb im Einzelfall ausnahmsweise notwendig sein, um ein faires Verfahren zu garantieren respektive zur Wahrung der Verfahrensgrundsätze. Entsprechend sieht Art. 33a Abs. 4 VwVG vor, dass die Behörde eine Übersetzung anordnet, wo dies nötig ist. Beherrscht eine nicht anwaltlich vertretene Partei die Verfahrenssprache oder die von der Gegenpartei für ihre Verfahrensschriften gewählte Amtssprache nicht, hat die Behörde deshalb die Übersetzung der Schriftstücke und mündlichen Äusserungen anzuordnen, auf deren Verständnis die Partei angewiesen ist, um dem Verfahren folgen zu können (EGLI, Praxiskommentar VwVG, Art. 33a Rz. 31; PFISTERER, Kommentar VwVG, Art. 33a Rz. 69 f.; RENÉ WIEDERKEHR/CHRISTIAN MEYER/ANNA

        BÖHME, Kommentar VwVG, 2022, Art. 33a Rz. 15.; vgl. auch Botschaft des Bundesrates zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4202, 4301).

      4. Die Beschwerdeführerin bringt in ihrem Schreiben vor, sie verstehe die Verfügung der Vorinstanz vom 21. Dezember 2023 nicht. Mit dieser Verfügung hatte die Vorinstanz der Beschwerdeführerin die Eröffnung des Verfahrens um vorzeitige Besitzeinweisung ihrer beiden Grundstücke

        mitgeteilt und sie aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. In der französischsprachigen Verfügung beginnt jeder Absatz als Nebensatz mit der Konjunktion "que" (entspricht im Deutschen dem sogenannten Dass-Stil). Dadurch wird die Verfügung insbesondere für eine nicht muttersprachliche Person schwer verständlich. Hinzu kommt, dass es sich um eine juristischtechnische Angelegenheit mit einer für Laien schwer verständlichen Terminologie handelt. Die Verfügung beschränkte sich darüber hinaus im Wesentlichen darauf, die rechtlichen Grundlagen wiederzugeben, ohne zusätzliche, für einen Laien leichter verständliche Erklärungen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 13. Februar 2024 zeigen denn auch, dass sie weder verstand, worum es in dem Verfahren vor der Vorinstanz ging, noch, was die Vorinstanz konkret von ihr wollte. Entsprechend gab sie in ihrem Schreiben einen Experten für die Zustandserfassung der Parzellen an, obwohl sich diese Aufforderung an die Beschwerdegegnerin richtete. Die Beschwerdeführerin war offensichtlich nicht in der Lage, dem Verfahren vor der Vorinstanz zu folgen.

      5. Unter diesen Umständen wäre es die Pflicht der Vorinstanz gewesen, das Verfahren so zu führen, dass die Beschwerdeführerin nachvollziehen konnte, worum es in dem Verfahren ging, und sie die Möglichkeit hatte, ihren rechtlichen Gehörsanspruch angemessen wahrzunehmen, das heisst, sich informiert zum Verfahrensgegenstand zu äussern. Zu berücksichtigen ist diesbezüglich zudem, dass es für die Beschwerdeführerin um einen Eingriff in die verfassungsrechtlich festgelegte Eigentumsgarantie geht (Art. 26 BV), sie also ein gewichtiges Interesse daran hat, sich äussern zu können. Die Vorinstanz wäre deshalb gehalten gewesen, die Beschwerdeführerin auf ihr Gesuch hin zumindest mit Übersetzungen des Gesuchs der Beschwerdegegnerin und der Eröffnungsverfügung vom

21. Dezember 2023 zu bedienen, damit diese ihre Gehörsrechte angemessen hätte wahrnehmen können. Indem die Vorinstanz dies nicht tat, verunmöglichte sie der Beschwerdeführerin, sich informiert zum Verfahren zu äussern, womit sie gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör verstiess.

6.3 Damit ist festzuhalten, dass die Vorinstanz den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör verletzt hat, in dem sie die von der Beschwerdeführerin rechtzeitig und in einer Amtssprache vorgebrachten Begehren nicht berücksichtigte (Ablehnung der vorzeitigen Besitzeinweisung und Antrag auf Übersetzung von Dokumenten) und weder die Vorbringen der Beschwerdeführerin sorgfältig und ernsthaft prüfte, noch diese in ihrer Entscheidfindung berücksichtigte. Da der Anspruch auf rechtliches Gehör formeller Natur ist, ist bei seiner Verletzung die angefochtene

Verfügung grundsätzlich aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es handelt sich hier insofern um eine schwere Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, als es der Beschwerdeführerin in grundlegender Weise verunmöglicht wurde, dem Verfahren zu folgen und ihre Rechte wahrzunehmen. Entsprechend ist keine Heilung möglich.

Die Verfügung ist aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese hat der Beschwerdeführerin insoweit die für das Verfahren relevanten Dokumente in deutscher Übersetzung zuzustellen, als diese darauf angewiesen ist, um sich zur Wahrnehmung ihrer Interessen sachgerecht äussern zu können. Dies betrifft insbesondere das Gesuch der Beschwerdegegnerin vom 25. Oktober 2023 und die Eröffnungsverfügung vom 21. Dezember 2023. Im Anschluss hat sich die Vorinstanz mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen, soweit diese für das Verfahren relevant sind, und neu zu entscheiden.

Die prozessualen Anträge der Beschwerdegegnerin werden damit gegenstandslos.

7.

    1. Gemäss Art. 116 Abs. 1 EntG hat der Enteigner die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht, einschliesslich einer Parteientschädigung an den Enteigneten zu tragen. Werden die Begehren des Enteigneten ganz oder zum grösseren Teil abgewiesen, so können die Kosten auch anders verteilt werden. Unnötige Kosten trägt in jedem Fall, wer sie verursacht hat.

      Die Gerichtsgebühr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien (Art. 77 Abs. 2 EntG i.V.m. Art. 63 Abs. 4bis VwVG und Art. 2 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht, VGKE, SR 173.320.2). Die Kosten sind in Abweichung von Art. 4 VGKE nicht in Abhängigkeit des Streitwertes zu bestimmen: Da das Unterliegerprinzip im Enteignungsverfahren grundsätzlich nicht gilt, kann der Streitwert nicht ausschlaggebend sein. In enteignungsrechtlichen Verfahren ist es zudem üblich, die Kosten eher niedrig zu halten (vgl. z.B. Urteil des BVGer A-4706/2022 vom 7. Mai 2024 E. 2.2).

      Unter Berücksichtigung insbesondere des Umfangs und der Schwierigkeit ist es angemessen, die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf Fr. 1'000.–

      festzulegen. Für ein Abweichen vom Grundsatz, wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungsrechts entstehenden Kosten trägt, sind keine Gründe ersichtlich. Die Beschwerdegegnerin hat somit die Verfahrenskosten zu tragen.

    2. Auf die Zusprechung einer Parteientschädigung ist zu verzichten, da nicht davon auszugehen ist, dass der nicht vertretenen Beschwerdeführerin aus der Einreichung der Beschwerde verhältnismässig hohe Kosten erwachsen sind (Art. 64 Abs. 1 VwVG).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen. Die angefochtene Verfügung wird aufgehoben und die Sache zum neuen Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 1'000.– werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

Dieser Betrag ist nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen. Die Zahlungsfrist beträgt 30 Tage ab Rechnungsdatum. Die Zustellung der Rechnung erfolgt mit separater Post.

3.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, die Beschwerdegegnerin und die Vorinstanz .

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Jürg Marcel Tiefenthal Tobias Grasdorf

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand:

Zust ellung erf olgt an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

  • die Beschwerdegegnerin (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Gerichtsurkunde)

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