Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung IV |
Dossiernummer: | D-3026/2020 |
Datum: | 02.02.2022 |
Leitsatz/Stichwort: | Asyl und Wegweisung |
Schlagwörter : | ünde; Schweiz; Vorinstanz; Lanka; Asylgesuch; Quot;; Beschwerdeführers; Behörde; Verfügung; Person; Sachverhalt; Beweis; Behörden; Bundes; -lankische; Mitglied; Aktivitäten; Facebook; Wegweisung; Sinne; -lankischen; Vorbringen; Recht; ührt |
Rechtsnorm: | Art. 25 BV ;Art. 48 VwVG ;Art. 49 BV ;Art. 52 VwVG ;Art. 61 VwVG ;Art. 62 AIG ;Art. 62 VwVG ;Art. 63 VwVG ;Art. 64 StGB ;Art. 64 VwVG ;Art. 83 AIG ;Art. 83 BGG ;Art. 96 AIG ; |
Referenz BGE: | 135 II 377; 143 III 65; 144 I 11 |
Kommentar: | - |
Abteilung IV D-3026/2020
Besetzung Richterin Daniela Brüschweiler (Vorsitz),
Richter Grégory Sauder, Richter Simon Thurnheer, Gerichtsschreiber Daniel Widmer.
Parteien A. , geboren am (…), Sri Lanka,
vertreten durch MLaw Roman Schuler, Rechtsanwalt, (…),
Beschwerdeführer,
gegen
Vorinstanz.
Gegenstand Asyl und Wegweisung;
Verfügung des SEM vom 11. Mai 2020 / N (…).
Der Beschwerdeführer suchte am (…) 2008 in der Schweiz um Asyl nach und wurde am 15. Februar 2008 zu seiner Person, zum Reiseweg und summarisch zu den Asylgründen befragt (Befragung zur Person [BzP]). Am 18. April 2008 wurde er vertieft und am 18. Mai 2010 ergänzend zu seinen Asylgründen angehört.
Zur Begründung des Asylgesuchs machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, im (…) 2005 habe er in B. an einer Schülerund Studentenkundgebung teilgenommen. Er habe im Umzug die Gruppe der rund (…) Schüler, welche von seiner Schule daran teilgenommen hätten, angeführt. Er sei eher im hinteren Teil des Umzuges, welcher aus rund (…) Schülern und Studenten verschiedener Schulen und Universitäten bestanden habe, mitgelaufen. Studenten in den vorderen Reihen hätten bei dieser Kundgebung (…) auf die an der Kundgebung anwesende sri-lankische Armee (SLA) geworfen. Die SLA habe das gefilmt. Er und seine Gruppe hätten sich hingegen nicht am (…) oder Ähnlichem beteiligt. Im (…) 2006 hätten die Schülerinnen und Schüler seiner Schule gegen die Prä- senz der SLA in B. und gegen Entführungen von Schülern einen Proteststreik durchgeführt. In dieser Zeit um die Jahre 2005 und 2006 habe es in B. viele Protestkundgebungen gegeben, aber er habe nicht daran teilgenommen. Universitätsstudenten, welche in Verbindung mit den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) gestanden seien, seien am (…) 2006 in seine Schule gekommen und hätten die Schüler aufgefordert, an einem obligatorischen (…)training teilzunehmen. Am (…) 2006 seien er und seine Mitschüler nach (…) gefahren worden, wo er am Vormittag zugeschaut habe, wie die LTTE (…) übten. Danach habe es ein kleines Meeting gegeben, bei dem die LTTE ihm und seinen Mitschülern eröffnet habe, dass sie Leute zum Kämpfen brauchten. Er habe dies abgelehnt mit der Begründung, dass er (…). Er habe darum gebeten, nach Hause gelassen zu werden, was ihm auch gewährt worden sei. Am (…) 2006 sei er auf der Strasse von der SLA bei einer Identitätskontrolle vorübergehend festgenommen worden. Er sei über allfällige Verbindungen zu den LTTE befragt worden. Bei dieser Befragung sei er geschlagen worden. Nach etwa (…) Stunden habe man ihn nach Hause gehen lassen. Aus Angst sei er tags darauf nach C. (bei D. , Distrikt B. ) zur (…) gegangen. Zirka zwei Tage später habe sich die SLA bei ihm zu Hause nach ihm erkundigt. Seine Mutter habe der SLA gesagt, dass er ins Ausland gereist sei. Am (…) 2006 habe die SLA das Haus seiner Eltern durchsucht.
Sein Vater sei Präsident des (…)-Vereins gewesen und deswegen im Verdacht gestanden, mit den LTTE in Verbindung zu stehen, was·tatsächlich jedoch nicht der Fall gewesen sei. Am (…) 2006 seien er und seine Familie (Eltern und Geschwister) nach E. umgezogen, wo er sein letztes Schuljahr vor dem (…)-Level-Examen besucht habe. Im (…) 2006 habe es in der Gegend Bombenanschläge gegeben. In der Folge sei es vermehrt zu Kontrollen durch die Polizei und die SLA gekommen. Diese Kontrollen hätten jedoch weder für ihn noch für seine Familie zu irgendwelchen Konsequenzen geführt. Als er im (…) 2007 das (…)-Level-Examen nicht bestanden habe, habe er entschieden, ins Ausland zu reisen. Vor diesem Hintergrund sei er am (…) 2008 mithilfe eines Schleppers und gefälschten Reisepapieren über den internationalen Flughafen in Colombo aus Sri Lanka ausgereist. Sein eigener, echter Reisepass sei beim Schlepper geblieben. Weder er noch sonst jemand in seiner Familie sei jemals Mitglied bei den LTTE gewesen.
Mit Verfügung vom 18. März 2011 lehnte das SEM (ehemals Bundesamt für Migration [BFM]) das Asylgesuch ab und ordnete den Wegweisungsvollzug an.
Das Bundesverwaltungsgericht trat auf die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde mit Urteil D-2367/2011 vom 24. Mai 2011 nicht ein, da der Beschwerdeführer den Kostenvorschuss nicht bezahlt hatte.
Mit Verfügung vom 16. Juni 2011 lehnte das SEM das vom Beschwerdeführer mit der Einreichung eines Gesuchs um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung beim Kanton F. begründete Gesuch um Verlängerung der ihm angesetzten Ausreisefrist ab.
Am (…) 2011 ging der Beschwerdeführer die Ehe mit einer Schweizer Staatsangehörigen ein. In der Folge erteilte ihm der Kanton F. am (…) eine Aufenthaltsbewilligung. Die Ehe wurde am (…) 2015 rechtskräftig geschieden.
Am (…) 2014 verurteilte das Bezirksgericht G. den Beschwerdeführer wegen (…) zu (…) Jahren Freiheitsstrafe, nachdem er bereits davor mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten war. Der Vollzug wurde zugunsten einer Massnahme im Sinne von Art. 61 StGB aufgeschoben.
Am (…) 2015 widerrief der Kanton F. die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers.
Am (…) November 2017 ersuchte die Advokatur (…) beim SEM unter Beilage einer Vollmacht des Beschwerdeführers um Einsicht in sämtliche Verfahrensakten.
Mit Schreiben vom (…) November 2017 und Nachsendung vom (…) Februar 2018 wurde der Rechtsvertretung Einsicht in die Verfahrensakten gewährt.
Am 13. Februar 2018 reichte der Beschwerdeführer beziehungsweise seine Rechtsvertretung beim SEM ein schriftliches Asylgesuch ein.
Die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Strafvollzug beziehungsweise der Massnahme erfolgte am (…) 2018.
Am 19. September 2018 wurde der Beschwerdeführer vertieft zu den Asylgründen angehört.
Im schriftlichen Asylgesuch vom 13. Februar 2018 und anlässlich der Anhörung brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor:
Er habe im ersten Asylverfahren nicht alle relevanten Tatsachen genannt, da er befürchtet habe, deswegen von der Schweiz bestraft zu werden. Er sei seit dem Jahr (…) Mitglied der (…) gewesen, welche die LTTE unterstützt habe. An der Protestkundgebung vom (…) 2005 sei er zuvorderst mitgelaufen und habe (…) auf die SLA geworfen. Des Weiteren habe er (…). Am (…) 2006 habe er sehr wohl am Training der LTTE teilgenommen. Anschliessend sei ihm die Aufgabe erteilt worden, für die LTTE in (…). Sein Vater, Präsident des (…)-Vereins, habe den Präsidenten der LTTE ([…]) an einer Sitzung betreffend Training für die (…) getroffen. Darüber hinaus sei er (der Beschwerdeführer) in der Schweiz exilpolitisch tätig. Er habe in (…) und später Kontakt mit dem Chef der LTTE-loyalen (…) gehabt. Zusammen mit diesem habe er an exilpolitischen Kundgebungen in der Schweiz teilgenommen und für die LTTE Geld gesammelt. Im Weiteren sei er bis im Jahr 2012 Mitglied der (…) ([…]) gewesen. In dieser Funktion habe er im Jahr 2009 in G. Geld für die LTTE gesammelt und sei für die Sicherheit von LTTE-Veranstaltungen zuständig gewesen. Insbesondere
habe er an Kundgebungen im (…) 2009 in H. , I.
und
G. teilgenommen. Dabei sei er in den vordersten Reihen gestanden und habe sich die Flagge der LTTE umgehängt. Er sei von mehreren Reportern fotografiert worden. An der Kundgebung in H. sei er in
einen Streit mit Mitgliedern des Schweizer Ablegers der (…) geraten. Er habe einmal in (…) einen Streit mit J. (nachfolgend: J. ), dem Führer des Schweizer Ablegers der (…), gehabt. Er befürchte deshalb, dass dieser Informationen über ihn an die sri-lankischen Behörden weitergeleitet habe. In den Jahren 2010 und 2011 habe er an Sportfesten und Heldentagfeiern der LTTE teilgenommen. Auf Facebook schmücke nach wie vor die LTTE-Flagge sein Profilbild. Er sei in der Schweiz verschiedentlich strafrechtlich verurteilt worden. Bei einer allfälligen Rückkehr nach Sri Lanka würde der Strafregisterauszug in Sri Lanka direkt übernommen und er sich bereits dadurch verdächtig machen. Seine letzte Straftat hänge zudem mit der tamilischen exilpolitischen Diaspora zusammen. Das Delikt habe sich auf ein Mitglied der (…)-Gruppe bezogen, was einen gewichtigen Gefährdungsfaktor darstelle. Im Weiteren habe er (…) Narben im Gesicht, was ein weiterer Risikofaktor bedeute.
Zum Nachweis seiner Identität reichte der Beschwerdeführer eine Kopie seines sri-lankischen Reisepasses, ausgestellt am (…) 2007, gültig bis am (…) 2017, zu den Akten.
Als Beweismittel wurden folgende Unterlagen eingereicht:
Ausschnitt eines Videos einer Demonstration in H. (ohne Datum), welches am (…) 2018 in der Tagesschau des Schweizer Radios und Fernsehens (SRF) gesendet und auf der SRF-Website veröffentlicht worden sei (der Beschwerdeführer sei die vermummte Person in der Mitte);
Foto des Führers des Schweizer Ablegers der (…) zusammen mit dem sri-lankischen Präsidenten Rajapaksa, undatiert;
Ausschnitt des Facebook-Profils mit dem LTTE-Tiger-Emblem.
Am (…) 2018 bewilligte das SEM das Gesuch des Beschwerdeführers um Kantonswechsel in den Kanton G. nach der Eheschliessung vom (…) mit einer Schweizer Staatsangehörigen. Am (…) 2018 erfolgte der Wechsel des Wohnsitzes in den Kanton G. .
Mit Verfügung vom (…) 2018 lehnte der Kanton G. ein Gesuch des Beschwerdeführers um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zwecks Verbleibs bei der Ehegattin ab.
Am (…) wurde der gemeinsame Sohn des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau geboren.
Mit Verfügung vom 11. Mai 2020 – eröffnet am 12. Mai 2020 – stellte das SEM fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte sein Asylgesuch ab und ordnete gleichzeitig die Wegweisung aus der Schweiz und den Vollzug an.
Mit Beschwerde vom 11. Juni 2020 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Entscheid durch seinen Rechtsvertreter Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er beantragte die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung [1], die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft [2] und die Gewährung von Asyl [3], eventualiter die Anordnung der vorläufigen Aufnahme [4], subeventualiter die Rückweisung der Sache zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsabklärung und zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz [5].
Der Beschwerde waren Ausschnitte von politischen Posts des Beschwerdeführers ab (…) 2018, ein Kurzbericht über den Verlauf der Probezeit und Bewährungshilfe vom (…) 2020, ein Screenshot eines Ausschnitts der SRF-Tagesschau vom (…) 2018 und ein Ausdruck eines Internet-Artikels aus der (…) vom (…) 2007 beigelegt.
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte den Eingang der Beschwerde mit Schreiben vom 12. Juni 2020.
Mit Zwischenverfügung vom 18. Juni 2020 teilte die Instruktionsrichterin dem Beschwerdeführer mit, er dürfe den Ausgang des Beschwerdeverfahrens in der Schweiz abwarten. Zugleich wurde er zur Leistung eines Kostenvorschusses bis zum 3. Juli 2020 aufgefordert.
Am 30. Juni 2020 wurde der verlangte Kostenvorschuss bezahlt.
Am 7. Juli 2020 lud die Instruktionsrichterin die Vorinstanz unter Ansetzung einer Frist zur Einreichung einer Vernehmlassung ein.
Innert erstreckter Frist äusserte sich die Vorinstanz in ihrer Vernehmlas-
sung vom 30. Juli 2020 zu den in der Beschwerde geltend gemachten exilpolitischen Tätigkeiten des Beschwerdeführers und hielt vollumfänglich an ihrer Verfügung fest.
Am 6. August 2020 gab die Instruktionsrichterin dem Beschwerdeführer Gelegenheit, bis zum 21. August 2020 eine Replik und entsprechende Beweismittel einzureichen.
Innert erstreckter Frist nahm der Beschwerdeführer mit Replik vom 3. September 2020 Stellung zur Vernehmlassung des SEM vom 30. Juli 2020.
Am 1. März 2019 ist die Teilrevision (AS 2016 3101) des AsylG in Kraft getreten. Für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom
25. September 2015).
Gemäss Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG zuständig und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – wie auch vorliegend
endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG [SR 142.31]).
Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde (aArt. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist nach der fristgerechten Leistung des Kostenvorschusses einzutreten.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Entscheid ungeachtet der erhobenen Rügen grundsätzlich in vollem Umfang überprüfen. Es stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest (Art. 12 VwVG) und wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 62 Abs. 4 VwVG). Es ist mithin
nicht an die Beschwerdeanträge oder die Begründung der Begehren gebunden und kann den Entscheid auch aus anderen Gründen gutheissen oder abweisen (vgl. dazu nachfolgend E. 8.3 f.).
Die Vorinstanz kam in der angefochtenen Verfügung zum Schluss, die im zweiten Asylgesuch neu dargestellten Vorfluchtgründe hielten den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 AsylG nicht stand.
Namentlich sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, die geltend gemachten neuen Tatsachen in Bezug auf die behauptete Mitgliedschaft bei der (…), die Kundgebung vom (…) 2005 sowie das Engagement zugunsten der LTTE glaubhaft zu machen. Dasselbe gelte bezüglich der neu geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten.
Weiter sei zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Sri Lanka trotz unglaubhafter Vorverfolgung und exilpolitischer Aktivitäten begründete Furcht vor künftigen Verfolgungsmassnahmen im Sinne von Art. 3 AsylG habe. Diese Prüfung sei anhand sogenannter Risikofaktoren vorzunehmen (Referenzurteil des BVGer E-1866/2015 vom 15. Juli 2016). Seine Zugehörigkeit zur tamilischen Ethnie und die (…)jährige Landesabwesenheit reichten gemäss herrschender Praxis nicht aus, um von Verfolgungsmassnahmen bei seiner Rückkehr auszugehen. Es bleibe zu prüfen, ob andere Faktoren vorlägen, welche eine Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG zu begründen vermöchten. Aufgrund des blossen Umstands, dass er tamilischer Ethnie sei und ursprünglich im Distrikt B. gewohnt habe, sei nicht davon auszugehen, dass er in den Augen der sri-lankischen Sicherheitsbehörden als Person gelte, die eine besonders enge Beziehung zu den LTTE gepflegt habe. Der Umstand, dass er in der Schweiz verschiedentlich strafrechtlich verurteilt worden sei und sich dadurch bei einer Wiedereinreise in Sri Lanka bereits verdächtig machen würde, sei nicht geeignet, einen konkreten Risikofaktor in Bezug auf einen Verdacht auf allfällige terroristische Aktivitäten im Zusammenhang mit den LTTE zu begründen. Die Delikte seien allesamt gemeinstrafrechtlicher Natur gewesen. Ein politischer oder gar terroristischer Hintergrund des von ihm angesprochenen letzten Delikts, namentlich im Zusammenhang mit der (…)-Gruppe, könne weder dem Urteil des Bezirksgerichts G. vom (…) 2014 noch seiner schriftlichen Eingabe vom 13. Februar 2018 entnommen werden. Narben gälten als schwach begründende Risikofaktoren und vermöchten für sich alleine noch keine konkrete Gefährdungssituation darzu-
stellen (Referenzurteil E-1866/2015 E. 8.5.5.). Ausserdem habe er die geltend gemachten (…) Narben (…) durch keine entsprechenden Beweismittel belegt und dokumentiert, wie, wann und durch was diese Narben entstanden seien. Somit ergäben sich aus den Akten keine glaubhaften erheblichen Risikofaktoren, welche eine Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG zu begründen vermöchten. Auch die am 16. November 2019 erfolgte Präsidentschaftswahl vermöchte diese Einschätzung nicht umzustossen. Mit der Wahl von Gotabaya Rajapaksa zum Präsidenten sowie ersten Anzeichen der Zunahme von Überwachungsaktivitäten gingen Befürchtungen von mehr Einschüchterungen von Minderheiten einerseits und Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Oppositionellen und weiteren regierungskritischen Personen andererseits einher. Tatsächlich habe die Überwachung der Zivilbevölkerung seit den dschihadistisch motivierten Terroranschlägen an Ostern 2019 und nochmals nach der Präsidentschaftswahl zugenommen. Dennoch gebe es zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anlass zur Annahme, dass ganze Volksoder Berufsgruppen unter Präsident Gotabaya Rajapaksa kollektiv einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt seien. Voraussetzung für die Annahme einer Verfolgungsgefahr aufgrund der Präsidentschaftswahl vom 16. November 2019 sei ein persönlicher Bezug der asylsuchenden Person zu eben diesem Ereignis respektive dessen Folgen. Weder habe der Beschwerdeführer die Präsidentschaftswahl respektive deren Folgen als Gefährdungselement vorgebracht, noch seien den Akten Hinweise auf eine Verschärfung seiner persönlichen Situation aufgrund dieses Ereignisses zu entnehmen. Die Anforderungen an die Annahme einer begründeten Verfolgungsfurcht seien damit nicht gegeben. Somit bestehe kein begründeter Anlass zur Annahme, dass er bei einer Rückkehr nach Sri Lanka mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft asylrelevanten Verfolgungsmassnahmen ausgesetzt sein werde.
Zusammenfassend hielten seine Vorbringen weder den Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG noch denjenigen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 AsylG stand.
Den Vollzug der Wegweisung nach Sri Lanka erachtete das SEM als zulässig, grundsätzlich zumutbar und möglich. Hinsichtlich der Zulässigkeit aufgrund der Einheit der Familie (Art. 8 EMRK) verwies die Vorinstanz auf die Erwägungen der Verfügung des Kantons G. vom (…) 2018, mit welchem das Gesuch des Beschwerdeführers (…) 2018 um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zwecks Verbleibs bei der Ehegattin worden ist. Sodann schloss sie den Beschwerdeführer in Anwendung von Art. 83 Abs. 7 Bst. b AIG (SR 142.20) von der vorläufigen Aufnahme aus, da er zu
einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei und wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen habe. Deshalb könne eine Prüfung unter dem Aspekt der Zumutbarkeit unterbleiben.
Der Beschwerdeführer hielt in seiner Rechtsmitteleingabe in sinngemässer Wiederholung der Vorbringen in seinem schriftlichen Asylgesuch vom 13. Februar 2018 an der Glaubhaftigkeit der Vorverfolgung und der exilpolitischen Aktivitäten fest. Zudem habe er seine Aktivitäten vorwiegend ins Virtuelle verlegt, sei auf Facebook nach wie vor aktiv und kritisiere die Regierung scharf. Des Weiteren beantragte er eventualiter die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz wegen unvollständiger Sachverhaltsfeststellung und Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl. dazu nachfolgend
E. 4). Schliesslich habe sich die Sicherheitslage in Sri Lanka weiter verschlechtert und wäre der Wegweisungsvollzug insbesondere unzulässig, weil er gegen Art. 8 EMRK verstossen würde.
In seiner Vernehmlassung vom 30. Juli 2020 hielt das SEM fest, es habe sich im Asylentscheid entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift eingehend mit den im schriftlichen Asylgesuch vom 13. Februar 2018 eingereichten Beweismitteln und den Vorbringen zu den exilpolitischen Aktivitäten auseinandergesetzt und diese als nicht flüchtlingsrelevant eingestuft. Neu werde auf Beschwerdeebene geltend gemacht, der Beschwerdeführer sei ebenfalls auf seinem Facebook-Profil politisch aktiv. Dazu habe er Ausschnitte aus einem Facebook-Profil eingereicht, welches sein eigenes sein solle. Diesbezüglich führte die Vorinstanz unter Verweis auf die Erwägungen im Asylentscheid zunächst aus, dass sowohl die Vorfluchtals auch Nachfluchtgründe bereits in zwei Asylentscheiden, als unglaubhaft und im Weiteren nicht flüchtlingsrelevant beurteilt worden seien. Bereits deshalb sei einem exponierten politischen Profil die Grundlage grundsätzlich entzogen. Aus den Auszügen aus dem Facebook-Profil sei insgesamt keine regelmässige oder dauerhafte exilpolitische Tätigkeit ersichtlich, weshalb die Voraussetzungen für eine qualifiziert exponierte exilpolitische Stellung des Beschwerdeführers auch in dieser Hinsicht zu verneinen seien. Des Weiteren genüge eine blosse Teilnahme an einer Demonstration einschliesslich eines Fotos nicht, um aus der grossen Masse der exilpolitisch tätigen Tamilen in der Schweiz herauszustechen. Demzufolge und mangels eingereichter Belege sei auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit diesen unregelmässigen und überwiegend unpersönlichen Facebook-Beiträgen in den Fokus der sri-lankischen Behörden geraten sei. Zusammenfassend erfülle er die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG in Verbindung mit Art. 54 AsylG nicht. Es gelte
anzumerken, dass er infolge seiner Verurteilung zu einer (…)jährigen Freiheitsstrafe wegen (…) unter einer verwerflichen Handlung gemäss Art. 53 Bst. a AsylG aus dem Asyl auszuschliessen wäre und damit das Rechtsbegehren 3 (Asylgewährung) bereits deshalb ins Leere stosse.
Dem hielt der Beschwerdeführer in seiner Replik vom 3. September 2020 entgegen, dass im ersten Asylverfahren nur die Vorfluchtgründe beurteilt worden seien und exilpolitischen Gründe im Asylentscheid vom
18. März 2011 gar nie Verfahrensthema gewesen seien. Mit den Vorfluchtgründen setze sich die Vorinstanz in der Replik bezeichnenderweise nicht mehr auseinander. Um Wiederholungen zu vermeiden wurde auf die entsprechenden Ausführungen in der Beschwerdeschrift (Ziff. 3.1) verwiesen und an diesen festgehalten. In Bezug auf die Nachfluchtgründe verkenne die Vorinstanz bei ihrer Argumentation, dass sich der Beschwerdeführer mit seiner unrühmlichen Straftat als Mitglied der (…) im Zentrum des Konflikts der sri-lankischen Diaspora befunden habe. Sie beurteile nun die Facebook-Post losgelöst vom Kontext, spreche von einer niederprofiliegen Aktivität, ohne jedoch eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung der politisch motivierten Gewalt vorzunehmen, an welcher der Beschwerdeführer beteiligt gewesen sei. Isoliert betrachtet möge zwar zutreffen, dass er, seit er aus dem Strafvollzug entlassen worden sei, nicht mehr in dem grossen Ausmass politisch aktiv gewesen sei, wie zu seiner Zeit als Mitglied der (…). Er habe sich – auch auf Anraten und als Auflage der Bewährungshilfe – aus dem damaligen gewaltbereiten Umfeld der (…) zurückgezogen. Er habe sich ein neues Leben aufgebaut und erfolgreich auf Beruf und Familie konzentriert. Er teile aber immer noch seine politischen Überzeugungen für die LTTE, welche er nicht mehr mit Gewalt, sondern durch gewaltfreie politische Bekundungen im Internet vertrete. Entgegen der vorinstanzlichen Behauptung sei das Facebook-Profil dem Beschwerdeführer eindeutig und zweifelsfrei zuzuordnen, umso mehr, als er auf den Fotos zu erkennen sei und sein Gesicht aufgrund seiner früheren Taten den sri-lankischen Behörden bekannt sei. Auch verfange der Vorwurf nicht, es handle sich bei den Posts nur um allgemeine politische Nachrichten und Beiträge der (…). Diesbezüglich sei zu differenzieren: Während bei einem „unbescholtenen Tamilen", der in die Schweiz komme und ausschliesslich friedlich demonstriere, solche Meinungsbekundungen oder öffentliche Proteste allenfalls noch nicht ausreichen möchten, um ins Visier der sri-lankischen Behörden zu geraten und ernsthafte Repressalien zu befürchten, sei die Sachlage beim Beschwerdeführer eine ganz andere. Er habe zum engen gewaltbereiten Kreis des LTTE-Befreiungskampf gehört. Er sei in der Schweiz eng verbunden mit dem Chef der LTTE-loyalen (…) gewesen und
habe Geld für die LTTE gesammelt. Als Mitglied der (…) sei er derart fanatisch gewesen, dass er vor Gewalt nicht zurückgeschreckt habe – was er heute bereue. Bei einer Rückkehr in den Heimatstaat würden ihn die srilankischen Behörden als regierungskritische, potenziell sehr gefährliche Person einstufen, die – bei Verlust von beruflicher und familiärer Existenz aufgrund einer Zwangsausschaffung – wieder in alte Muster zurückfallen könnte und auch zu gewalttätigen Aktionen bereit wäre. Damit gehöre er zu jener Kategorie von Personen, welche von den sri-lankischen Behörden als besonders gefährlich eingestuft würden, weil sie ein Aufflammen des tamilischen Befreiungskampfes wieder befeuern könnten. Zum Vorwurf der Verletzung der Mitwirkungspflicht und mangelnder Substanziierung sei schliesslich zu bemerken, dass der Beschwerdeführer jene Dokumente eingereicht habe, auf welche er Zugriff habe. Vielmehr habe die Vorinstanz, wie bereits in der Beschwerde (Ziff. 4.1) dargelegt, den Sachverhalt ungenügend abgeklärt. Auch sei aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung und der sehr glaubhaften, weitgehend unbestrittenen Aussagen zur Mitgliedschaft bei der (…) und zum Konflikt mit der (…) bereits von einer exponierten Stellung auszugehen, die unweigerlich zu einer Anerkennung als Flüchtling aufgrund subjektiver Nachfluchtgründe führen müsse. Die (angeblich ungenügend dokumentierten) späteren exilpolitischen Aktivitäten
träten lediglich als weiterer Risikofaktor hinzu, akzentuierten das politische Profil und belegten, dass die Gefährdung auch heute noch aktuell sei.
Gemäss Art. 29 VwVG haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Der Gehörsanspruch umfasst als Mitwirkungsrecht alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (vgl. BGE 144 I 11 E. 5.3 und BVGE 2009/35 E. 6.4.1, je m.w.H.). Mit dem Gehörsanspruch korreliert die Pflicht der Behörden, die Vorbringen tatsächlich zu hören, ernsthaft zu prüfen und in ihrer Entscheidfindung angemessen zu berücksichtigen. Nicht erforderlich ist, dass sich die Begründung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (vgl. BGE 143 III 65 E. 5.2).
Gemäss Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 12 VwVG stellen die Asylbehörden den Sachverhalt von Amtes wegen fest (Untersuchungsgrundsatz). Dabei
muss die Behörde die für das Verfahren erforderlichen Sachverhaltsunterlagen beschaffen, die rechtlich relevanten Umstände abklären und darüber ordnungsgemäss Beweis führen. Unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung dann, wenn der Verfügung ein falscher und aktenwidriger oder nicht weiter belegbarer Sachverhalt zugrunde gelegt wurde. Unvollständig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn die Behörde trotz Untersuchungsmaxime den Sachverhalt nicht von Amtes wegen abgeklärt hat, oder wenn nicht alle für den Entscheid wesentlichen Sachumstände berücksichtigt wurden. Die Behörde ist dabei jedoch nicht verpflichtet, zu jedem Sachverhaltselement umfangreiche Nachforschungen anzustellen. Zusätzliche Abklärungen sind vielmehr nur dann vorzunehmen, wenn sie aufgrund der Aktenlage als angezeigt erscheinen (vgl. dazu ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER/MARTIN BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 629 ff.; CHRISTOPH AUER, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren,
2. Aufl., 2019, Rz. 17 zu Art. 12; BENJAMIN SCHINDLER, in: Auer/Mül-
ler/Schindler [Hrsg.], a.a.O., Rz. 29 ff. zu Art. 49).
Namentlich habe das SEM den Sachverhalt bezüglich der exilpolitischen Aktivitäten unvollständig abgeklärt. So habe die Vorinstanz nur ganz wenige allgemein gehaltente Fragen zu den politischen Aktivitäten in der Schweiz gestellt, obwohl sie den Schwerpunkt des zweiten Asylgesuchs gebildet hätten. Die Vorinstanz habe den Beschwerdeführer namentlich nicht dazu befragt, wie und warum er sich der (…) angeschlossen und im Jahr 2009 Geld für die LTTE gesammelt habe, an welchen von der LTTE organisierten Demonstrationen er teilgenommen habe, wie er an Demonstrationen in H. im Jahr 2009 teilgenommen habe, wobei er sich besonders exponiert habe, als er versucht habe, (…) und anschliessend (…) habe, wie er zu seinen körperlichen Narben gekommen sei und wie sich der persönliche Konflikt mit dem Anführer der (…), J. , in (…) abgespielt habe. Weiter habe die Vorinstanz zu den eingereichten Beweismitteln – namentlich auch dem Video vom (…) 2018 – keine einzige Frage gestellt und dieses nicht in Gegenwart des Beschwerdeführers visioniert. Damit habe das SEM dem Beschwerdeführer auch nicht die Möglichkeit gegeben, die Demonstrationsteilnahme detaillierter zu schildern und zu erläutern, welche Personen auf der Aufnahme zu sehen seien. Diesbezüglich ist Folgendes festzuhalten: Der Beschwerdeführer legte seine Vorbringen in seinem zweiten, (…) Seiten umfassenden Asylgesuch und Beweismitteln ausführlich dar. Zwar trifft zu, dass ihm anlässlich seiner Anhörung vom
19. September 2018 im Verhältnis zu den Vorfluchtgründen weniger Fragen zu den exilpolitischen Aktivitäten gestellt wurden. Konkret wurde er
insbesondere aufgefordert, sich bezüglich der Mitgliedschaft bei der (…) äussern, wobei seine Schilderung wenig substanziiert ausfiel (vgl. SEMAkte B10/18 F111 f., F117). Dasselbe gilt bezüglich der Frage nach den exilpolitischen Aktivitäten nach der Haftentlassung, wobei er auch Probleme "mit der höheren Person von PLOT[E]" erwähnte (vgl. a.a.O. F113 ff., F117). Abschliessend wurde er gefragt, ob er mit dem zweiten Asylgesuch und seinen Aussagen bei der Anhörung alles habe sagen können, was er für sein Asylgesuch als wesentlich erachte, worauf er einzelne Vorbingen im Asylgesuch vom 13. Februar 2018 sinngemäss wiederholte und zusätzlich einzig vorbrachte, die (…) in der Schweiz habe Kenntnis davon, dass er in hier im Gefängnis gewesen sei und sich einmal geweigert habe, (…), (sinngemäss wiederholte, die (…) hätte sicherlich Informationen über ihn nach Sri Lanka weitergeleitet) und ihm der (…)-Anführer gesagt habe, er werde ihn in Sri Lanka "(…)", falls er dorthin zurückkehren würde, zudem habe er im (…) 2018 an einer Demonstration teilgenommen, was von den LTTE auf Facebook veröffentlicht worden sei (vgl. a.a.O. F125). Bei dieser Sachlage erübrigten sich für die Vorinstanz weitere Abklärungen zum Sachverhalt, wobei insbesondere darauf hinzuweisen ist, dass der Beschwerdeführer zu Beginn der Anhörung darauf hingewiesen wurde, deren Ziel sei es, die Fakten zu sammeln, welche für die Beurteilung des Asylgesuchs und den Asylentscheid wesentlich seien, und er Gelegenheit habe, die Gründe für sein Asylgesuch darzulegen (vgl. a.a.O. S. 1). So findet der Untersuchungsgrundsatz seine Grenze an der Mitwirkungspflicht der Asylsuchenden (Art. 8 AsylG; Art. 13 VwVG). Dazu gehört insbesondere, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken und in der Anhörung die Asylgründe darzulegen, allfällige Beweismittel vollständig zu bezeichnen und unverzüglich einzureichen (vgl. BVGE 2011/28 E. 3.4). Nach dem Gesagten hatte der Beschwerdeführer anlässlich seiner Anhörung ausreichend Gelegenheit, seine Asylgründe darzulegen und sich dabei zu den vorerwähnten Sachverhaltselementen zu äussern, falls er diese für sein Asylgesuch als wesentlich erachtet hätte. Somit ist beispielsweise auch die Feststellung des SEM in der angefochtenen Verfügung nicht zu beanstanden, er habe die geltend gemachten Narben im Gesicht durch keine entsprechenden Beweismittel belegt und nicht dokumentiert, wie, wann und durch was sei entstanden seien. Ebenso wenig vermag er aus seinem Vorwurf im Zusammenhang mit dem eingereichten Ausschnitt aus einem Video betreffend eine Demonstration in H. etwas zu seinen Gunsten abzuleiten. Zum einen äusserte er sich diesbezüglich anlässlich seiner Anhörung mit keinem Wort, obwohl er damals konkret nach seinen exilpolitischen Aktivitäten gefragt wurde (vgl. SEM-Akte B10/18 F113 ff.). Zum an-
dern hat sich die Vorinstanz mit diesem Beweismittel in ihrem Asylentscheid auseinandergesetzt und im Rahmen der Beweiswürdigung den diesbezüglichen Ausführungen im Asylgesuch 13. Februar 2018 Rechnung getragen (vgl. dazu nachfolgend auch E. 6.4.2). Nach dem Gesagten besteht keine Veranlassung, die Vorinstanz anzuweisen, den Beschwerdeführer ergänzend anzuhören, und erweist sich der Vorwurf, das SEM habe den Sachverhalt nicht vollständig und umfassend abgeklärt, als unberechtigt.
Ferner rügte der Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. So sei dem Aktenverzeichnis der Vorinstanz zu entnehmen, dass sie am 23. Februar 2018 einen COI-Bericht (Country of Origin) eingeholt habe (vgl. SEM-Akte B3/2). Dieser Bericht sei als „interne Akte" und damit nicht editionspflichtig qualifiziert und dem Beschwerdeführer nie offengelegt worden. Ob sich die Vorinstanz auf diesen Bericht gestützt habe, könne er mangels Akteneinsicht nicht beurteilen. Dadurch habe die Vorinstanz das rechtliche Gehör verletzt. Wenn sie schon COl-lnformationen einhole und sich darauf stütze, wäre sie gehalten gewesen, eine Botschaftsabklärung vor Ort durchführen zu lassen und dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör zu den Ergebnissen der Abklärung zu gewähren. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde handelt es sich bei der SEM-Akte B3/2 nicht um einen COI-Bericht, sondern um interne Abklärungen des SEM, welche unter der fehlerhaften Bezeichnung "Auskunft COI" ins Aktenverzeichnis aufgenommen wurden. So standen diese SEM-internen Abklärungen im Zusammenhang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei in der Schweiz für die (…) tätig gewesen, und ergaben die in den in der angefochtenen Verfügung zitierten Quellenangaben betreffend mehrere Medienberichte, wonach es sich bei der (…) um eine tamilische Schlägertruppe handle. Mithin liegt weder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor noch ist eine Botschaftsabklärung zu veranlassen.
Die formellen Rügen erweisen sich aufgrund dieser Sachlage als unbegründet, weshalb keine Veranlassung besteht, den Entscheid aus formellen Gründen aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das diesbezügliche Subeventualbegehren ist somit abzuweisen.
Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer
politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 Abs. 2 AsylG).
Wer sich darauf beruft, dass durch sein Verhalten nach der Ausreise aus dem Heimatoder Herkunftsstaat eine Gefährdungssituation erst geschaffen worden ist, macht sogenannte subjektive Nachfluchtgründe im Sinne von Art. 54 AsylG geltend. Solche begründen zwar die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 AsylG, führen jedoch gemäss Art. 54 AsylG zum Ausschluss des Asyls, unabhängig davon, ob sie missbräuchlich oder nicht missbräuchlich gesetzt wurden. Stattdessen werden Personen, die subjektive Nachfluchtgründe nachweisen oder glaubhaft machen können, als Flüchtlinge vorläufig aufgenommen (vgl. BVGE 2009/28 E. 7.1).
Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG). Entscheidend ist, ob eine Gesamtwürdigung der Vorbringen ergibt, dass die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung des Gesuchstellenden sprechen, bei einer objektivierten Sichtweise überwiegen oder nicht (vgl. BVGE 2015/3 E. 6.5.1; 2013/11 E. 5.1; 2012/5 E. 2.2).
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt nach Prüfung der Akten in Übereinstimmung mit der Vorinstanz zum Schluss, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG nicht zu begründen vermag.
In der Beschwerde wurde in materieller Hinsicht vorab eingewendet, die Vorinstanz habe den herabgesetzten Beweisanforderungen gemäss Art. 7 AsylG nicht hinreichend Rechnung getragen. Ihre Erkenntnis, wonach die Aussagen des Beschwerdeführers in den wesentlichen Punkten unglaubhaft seien, gründe auf einer zu restriktiven Handhabung der Beweisregel von Art. 7 AsylG. Die überwiegende Mehrheit der von der Vorinstanz aufgeführten Ungereimtheiten habe ohne Weiteres entkräftet
werden können. In Bezug auf die Vorfluchtgründe habe der Beschwerdeführer die schon sehr lange zurückliegenden Ereignisse präzise, aus eigener Optik und mit Detailwissen beschrieben. Aber vor allem in Bezug auf die politischen Aktivitäten in der Schweiz sei die Vorinstanz in Willkür verfallen, wenn sie ihn kaum dazu befragt und zudem die eingereichten Beweismittel als nicht tauglich einstuft habe (vgl. Beschwerde S. 18). Dieser Einwand verfängt nicht. Dazu ist vorweg auf Erwägung 4.3 vorstehend zu verweisen. Dass die Vorinstanz Art. 7 AsylG nicht verletzt hat, ergibt sich sodann aus den nachfolgenden Erwägungen 6.3–6.4.
Hinsichtlich der neu dargestellten Vorfluchtgründe hielt das SEM zu Recht fest, dass diese den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit nicht standhielten. Die Vorinstanz führte dazu in ihrem Entscheid zutreffend insbesondere aus, der Beschwerdeführer habe geltend gemacht, diese neu dargestellten Tatsachen in seinem ersten Asylgesuch deshalb nicht erwähnt zu haben, weil er Angst gehabt hätte, deswegen mit den Schweizer Behörden Probleme zu bekommen. Indes hätten bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylgesuches zahlreiche Tamilen aus Sri Lanka in der Schweiz um Asyl ersucht und auch erhalten. Die ergänzende Anhörung im Rahmen des ersten Asylgesuchs habe am 18. Mai 2010 und damit mehr als zwei Jahre nach der Einreise des Beschwerdeführers in die Schweiz stattgefunden. Diese Anhörung hätte ihm Gelegenheit geboten, die angeblich zuvor falsch dargestellten Gesuchsvorbringen zu korrigieren. Davon habe er nicht Gebrauch gemacht, sondern erklärt, alle seine Asylgründe gesagt zu haben. Ebenso wenig habe er die Gelegenheit genutzt, in seiner damaligen Beschwerdeeingabe gegen den ablehnenden Asylentscheid vom 18. März 2011 entsprechende Korrekturen anzubringen. Seine Erklärung, wonach er sich vor den Schweizer Behörden gefürchtet hätte, obwohl er gerade dieselben um Schutz ersucht habe, leuchte folglich nicht ein und sei als unglaubhaft zu würdigen. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb er diese Furcht vor den Schweizer Behörden nun abgelegt hätte. Die Umstände seines neuen Asylgesuchs liessen eine andere Annahme zu: So habe er erst ein neues Asylgesuch gestellt, nachdem ihm aufgrund seines delinquenten Verhaltens in der Schweiz die Aufenthaltsbewilligung widerrufen, er aus der Schweiz weggewiesen worden sei und kurz vor der Haftentlassung gestanden sei. Dieser Umstand lasse darauf schliessen, dass er seinem neuen Gesuch durch diese konstruierten Vorbringen mehr Gewicht verleihen und sich damit einen weiteren Verbleib in der Schweiz ermöglichen wolle. Dem vermag der Beschwerdeführer in seiner Rechtsmitteleingabe (S. 11) nichts Stichhaltiges entgegenzuhalten.
Soweit die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung ausführte, sowohl die Vorfluchtals auch Nachfluchtgründe seien bereits in zwei Asylentscheiden vom 18. März 2011 und 11. Mai 2020 als unglaubhaft und im Weiteren nicht flüchtlingsrelevant beurteilt worden, so dass bereits deshalb einem exponierten politischen Profil die Grundlage sei, wird in der Replik zwar zu Recht eingewendet, dass im ersten Asylverfahren nur die Vorfluchtgründe beurteilt worden und exilpolitische Gründe im Asylentscheid vom 18. März 2011 gar nie Verfahrensthema gewesen seien. Trotzdem ist die abschliessende Einschätzung in der Vernehmlassung des SEM, die geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten seien einerseits weder belegt noch hinreichend substanziiert worden, obwohl dies vom Beschwerdeführer unter der Mitwirkungspflicht und vertreten durch eine im Asylrecht bewanderte Rechtsvertretung nach einem (…)jährigen Aufenthalt in der Schweiz zu erwarten gewesen wäre, und vermöchten andererseits, insbesondere die durch Facebook-Ausschnitte dokumentierten Tätigkeiten, die Voraussetzungen für eine regelmässige und dauerhafte qualifiziert exponierte exilpolitische Tätigkeit nicht zu erfüllen, aus den nachfolgenden Gründen nicht zu beanstanden.
Bezüglich des Vorbringens im Asylgesuch vom 13. Februar 2018, der Beschwerdeführer habe sich der (…) angeschlossen, sei bis zu seiner Inhaftierung im Jahr 2012 Mitglied der Gruppe gewesen, habe in dieser Funktion Geld für die LTTE gesammelt, sei für die Sicherheit von LTTEVeranstaltungen zuständig gewesen, im Jahr 2009 während ungefähr (…) Monaten (…) gegangen und habe (…) gebeten, hielt die Vorinstanz zu Recht fest, er habe dazu anlässlich der Anhörung vom 19. September 2018 nichts Konkretes zu berichten vermocht, stattdessen nur oberflächliche Angaben gemacht und seine Vorbringen durch keine entsprechenden Beweismittel belegt. Aus dem Einwand in der Beschwerde, dass er während Jahren Mitglied der (…) gewesen sei, ergebe sich nur schon aus dem ak-
tenkundigen Strafurteil des Bezirksgerichts G.
vom (…) 2014,
werde doch in der Urteilsbegründung beschrieben, dass sich das Delikt auf ein Mitglied der (…) bezogen habe, und mehrfach ausgeführt, dass er Mitglied der (…) und mit der (…)-Gruppe verfeindet gewesen sei (vgl. Beschwerde S. 13 f.), vermag der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. So machte ein Privatkläger an den in der Beschwerde zitierten Protokollstellen im Rahmen des Strafverfahrens geltend, die Angreifer hätten einer Gruppierung namens "(…)" angehört, und gab ein Mitbeschuldigter zu Protokoll, er sei dazumal mit der Gruppe (…), welche der Gruppierung "(…)" angehöre, unterwegs gewesen (vgl. SEM-Akte B12/61
S. 14 u. 16). Allein daraus, den Ausführungen im Asylgesuch, wonach es
sich bei K. um den Spitznamen von J. handle, und den Aussagen des Beschwerdeführers vermag dieser weder seine Mitgliedschaft noch seine angeblichen diesbezüglichen Aktivitäten glaubhaft darzutun. Daran würde sich auch unter Annahme der Mitgliedschaft bei der (…) nichts ändern. So führte die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung gestützt auf ihre internen Abklärungen und mit Verweis auf das Strafurteil weiter zutreffend aus, dass es sich bei der (…) um eine tamilische Schlägertruppe handle und eine konkrete Verbindung zwischen der (…) und dem LTTE-Gedankengut auch von den sri-lankischen Behörden nicht wahrgenommen werde, brächten diese doch weder die (…) noch den Beschwerdeführer persönlich mit Terrorakten in Verbindung, wobei das SEM auf die "Gazette of the Democratic Socialist Republic of Sri Lanka" (Amtsblatt) vom 9. November 2016 verwies. Soweit dagegen in der Beschwerde angeführt wurde, der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht auf der Liste von gesuchten Personen stehe, lasse keine Rückschlüsse auf eine politische Verfolgung zu, da diese Liste nicht als zuverlässige Quelle zu erachten sei, parteiisch sei und von der Regierung stamme (vgl. Beschwerde S. 14), ist dieser Einwand nicht geeignet, zu einer von der Vorinstanz abweichenden Einschätzung zu gelangen. Aus der vom SEM zitierten Ausgabe des Amtsblatts geht hervor, dass die Liste der designierten Personen bezüglich der «Regulation 4(7) of the United Nations Regulations No. 1 of 2012" erweitert worden ist. Diese Liste "of designated persons and entities" enthält Namen von Organisationen, die verboten, und von Personen, die gesucht sind. Sie wird regelmässig überprüft und angepasst. Da sich der Name des Beschwerdeführers und der (…) auch nicht auf aktualisierten (und früheren) Listen befindet, kann ausgeschlossen werden, dass er in diesem Zusammenhang von den Behörden in Sri Lanka gesucht wird. Etwas anderes vermag er auch aus seinem Vorbringen, wonach sich eine konkrete Verbindung zwischen der (…) und dem LTTE-Gedankengut aus dem eingereichten Artikel der (…) vom (…) 2007 ergebe, nicht abzuleiten. Dieser handelt von einem Angriff von "Tiger gangs" beziehungsweise "LTTE gangsters" auf (…)-Kader (darunter auch J. ) im Zusammenhang mit einer (…)feier in G. . So werden darin zum einen keine der LTTE nahestehenden oder mit diesen affilierten Gruppierungen namentlich genannt und hielt sich der Beschwerdeführer zum anderen zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht in der Schweiz auf. Sodann vermag er keine konkreten Hinweise darauf zu geben, dass der Strafregisterauszug in Sri Lanka direkt übernommen werde (vgl. Beschwerde S. 20). Des Weiteren führte der Beschwerdeführer in seinem Asylgesuch vom
13. Februar 2018 zum angeblichen Konflikt mit dem Anführer der (…) in
der Schweiz lediglich pauschal aus, es sei einmal zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und J. in (…) gekommen (vgl. SEM-Akte B1/20 S. 6). Anlässlich der Anhörung erwähnte er einzig, dass er "mit der höheren Person" von der (…) auch Probleme gehabt habe (vgl. SEM-Akte B10/18 F117). Dieses Vorbringen wird auch auf Beschwerdeebene nicht konkretisiert (vgl. Beschwerde S. 8). Unter diesen Umständen vermag er daraus nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Dasselbe gilt bezüglich seines weiteren Vorbringens, J. habe ihm gesagt, er werde ihn bei einer Rückkehr nach Sri Lanka "(…)", zumal auch dieses Vorbringen auf Beschwerdeebene nicht weiter substanziiert wird (vgl. Beschwerde S. 15). Bei dieser Sachlage vermag er ebenfalls aus dem im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten undatierten Foto von J. mit dem sri-lankischen Präsident Rajapaska in der Schweiz nicht zu seinen Gunsten abzuleiten. Die Vorinstanz hielt dazu zutreffend fest, der Beschwerdeführer vermöge mit diesem von der Webseite "(…)" heruntergeladenen Foto keinen konkreten Bezug seiner Person und seinem Asylgesuch herzustellen. Im Übrigen deutet nichts darauf hin, dass J. den sri-lankischen Behörden Informationen zukommen liess, welche bei einer Rückkehr in den Heimatstaat zu einer flüchtlingsrechtlich relevanten Gefährdung des Beschwerdeführers führen würden beziehungsweise die heimatlichen Behörden über solche Informationen verfügen, zumal dessen Familienangehörige in Sri Lanka auch nach den geltend gemachten Vorfällen unbehelligt blieben.
Zu den Screenshots wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass sich diese auf ein in der SRF-Tagesschau vom (…) 2018 ausgestrahltes Video bezögen. Gemäss den diesbezüglichen Ausführungen im Asylgesuch vom
13. Februar 20218 sei der Beschwerdeführer zusammen mit anderen Mitgliedern der (…) in der vordersten Reihe an einer Demonstration in H. gewesen und mit (…) zu sehen. Das Video sei bezüglich eines Prozesses am Bundesgericht gegen LTTE Mitglieder veröffentlicht worden (vgl. SEM-Akte B1/20 S. 6). Unter Wiederholung dieser Vorbringen wurde in der Beschwerde unter Verweis auf die Markierungen auf den Screenshots eingewendet, der Beschwerdeführer sei entgegen der Vorinstanz klar erkennbar und identifizierbar (vgl. Beschwerde S. 12 f.). Indessen ist er auch auf den Screenshots weder klar erkennbar noch identifizierbar, weshalb die weiteren Feststellungen des SEM, dieses Beweismittel sei nicht geeignet, ein exilpolitisches Engagement in Form von Kundgebungsteilnahme glaubhaft zu machen – es könnte sich dabei auch um eine andere Person gehandelt haben – nicht zu beanstanden ist. Sodann hielt die Vorinstanz weiter zutreffend fest, er habe die übrigen, im Asylgesuch vom 13.
Februar 2018 dargebrachten Demonstrationsteilnahmen, welche im Jahr 2009 erfolgt seien, mit keinen entsprechenden Beweismitteln belegt und weder in der ergänzenden Anhörung vom 18. Mai 2010 noch in seiner Beschwerdeeingabe vom 23. April 2011 die angeblichen Demonstrationsteilnahmen im Jahr 2009 erwähnt. Auf die explizite Frage, ob es weitere Gründe gäbe, die er noch nicht erwähnt haben und die gegen eine Rückkehr nach Sri Lanka sprechen würden, habe er in der ergänzenden Anhörung vom 18. Mai 2010 stattdessen geantwortet, alles gesagt zu haben (vgl. SEM-Akte A11/19 F51), weshalb es sich bei den im Asylgesuch vom
13. Februar 2018 geltend gemachten Demonstrationsteilnahmen um durch nichts belegte Behauptungen handle, was auch für die übrigen geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten gelte.
Was die exilpolitischen Aktivitäten des Beschwerdeführers auf Facebook anbelangt, wurde in der Beschwerde unter Wiederholung des Hinweises auf die LTTE-Flagge auf dem Profilbild und unter Bezugnahme auf die eingereichten Ausschnitte von politischen Posts vom September 2018 bis zur Einreichung der Beschwerde ausgeführt, dieser äussere seine politische Haltung auch nach der Entlassung aus dem Massnahmenvollzug unvermindert auf Facebook. Er poste auf seinem Profil regelmässig Berichte über das politische Geschehen, namentlich auch zum Machtwechsel im vergangenen Jahr, und kritisiere die Regierung scharf (vgl. Beschwerde
S. 8 und S. 15). Auch daraus vermag der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. So führte die Vorinstanz bereits in der angefochtenen Verfügung bezüglich des Facebook-Auftritts des Beschwerdeführers zutreffend aus, dieser würde als blosser Mitläufer und mithin in Sri Lanka nicht als Gefahr wahrgenommen. Hinsichtlich der mit der Beschwerde eingereichten politischen Posts hielt sie in der Vernehmlassung weiter zutreffend fest, diese datierten vom (…) 2018, (…) bis (…) 2018, (…) 2019 und vom (…) sowie (…) 2020, wobei im Jahr 2020 teilweise bloss "Erinnerungen von vor zwei Jahren" geteilt worden seien. Insgesamt sei aus diesen Auszügen keine regelmässige oder dauerhafte exilpolitische Tätigkeit ersichtlich. Mehrheitlich dokumentierten sie ein unregelmässiges Teilen von allgemeinen politischen Nachrichten in Bezug auf die Tamilen in Sri Lanka, den Regierungswechsel oder geteilte Beiträge der (…). Diese Beiträge hätten keinen unmittelbaren Zusammenhang zum Beschwerdeführer, zumal das Facebook-Profil nicht auf dessen vollständigen Namen laute. Lediglich zwei Beiträge vom (…) 2018, welche im (…) 2020 nochmals geteilt worden seien, bezögen sich auf eine Demonstration (…) in I. . In der Beschwerdeschrift werde von exilpolitischen Tätigkeiten im Jahr 2009/2010 sowie dann wieder im Jahr 2015 und 2018 geschrieben. Somit sei keine
regelmässige oder dauerhafte exilpolitische Tätigkeit dokumentiert worden. Bereits deshalb seien die Voraussetzungen an eine qualifiziert exponierte exilpolitische Stellung des Beschwerdeführers zu verneinen. Zumal nur ein Foto vom (…) 2018, nochmals geteilt im (…) 2020, den Beschwerdeführer an dieser LTTE-Demonstration zeigen solle. Bezeichnenderweise sei keine aktuelle exilpolitische Tätigkeit inklusive Social Media dokumentiert und das Foto von der Demonstration in I. vom (…) 2018 sei einfach nochmals im (…) 2020 geteilt worden. Des Weiteren genüge eine blosse Teilnahme an einer Demonstration einschliesslich eines Fotos nicht, um aus der grossen Masse der exilpolitisch tätigen Tamilen in der Schweiz herauszustechen. Demzufolge und mangels eingereichter Belege sei daher auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit diesen unregelmässigen und überwiegend unpersönlichen Facebook-Beiträgen, einschliesslich der geteilten Demonstrationsteilnahme vom (…) 2018, in den Fokus der sri-lankischen Behörden geraten sei. Zumal diesbezüglich keinerlei konkrete Hinweise oder Belege vorhanden seien (vgl. Vernehmlassung des SEM). Soweit dem in der Replik entgegengehalten wurde, das Facebook-Profil sei eindeutig und zweifelsfrei dem Beschwerdeführer zuzuordnen, umso mehr, als er auf den Fotos zu erkennen sei und sein Gesicht den sri-lankischen Behörden aufgrund seiner früheren Taten bekannt sei, vermag dieses Argument aufgrund der Aktenlage ebenso wenig zu überzeugen wie sein weiterer Einwand, Beiträge zu politischen Nachrichten und dem Regierungswechsel hätten einen weitreichenderen Effekt, wenn sie von einem Absender mit der Vergangenheit des Beschwerdeführers stammten, zumal dieser damit immer noch seine Solidarität zum Freiheitskampf der LTTE bekunde, was bei einer Rückkehr aufgrund seiner strafrechtlichen und politischen Vergangenheit drastische Konsequenzen hätte.
Im Übrigen ist auch der Vorwurf, die Vorinstanz habe das LTTE-Tiger-Emblem auf dem Facebook-Profil des Beschwerdeführers als einzelnes Beweismittel aus dem Kontext gerissen, ohne eine unvoreingenommene Gesamtwürdigung vorzunehmen, unberechtigt. So würdigte das SEM nebst den neuen Vorfluchtgründen die einzelnen geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten sowie die entsprechenden Beweismittel, soweit solche eingereicht worden waren, und gelang abschliessend zur Einschätzung, dass sowohl die neu dargebrachten Asylvorbringen in Bezug auf die Vorfluchtgründe als auch die exilpolitischen Aktivitäten den Anforderungen an Glaubhaftigkeit nicht standhielten. Dasselbe gilt sinngemäss bezüglich des in der Replik erhobenen weiteren Vorwurfs, die Vorinstanz habe die Facebook-Post losgelöst vom Kontext beurteilt und von einer niederprofiliegen
Aktivität gesprochen, ohne jedoch eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung der politisch motivierten Gewalt vorgenommen zu haben, an welcher der Beschwerdeführer beteiligt gewesen sei.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die geltend gemachten Verfolgungsvorbringen nicht geeignet sind, eine asylrespektive flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung im Sinne von Art. 3 AsylG beziehungsweise eine entsprechende Verfolgungsfurcht glaubhaft zu machen.
Es bleibt zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer trotz fehlender Vorverfolgung bei einer Rückkehr nach Sri Lanka wegen des Bestehens eines Risikoprofils aus anderen Gründen ernsthafte Nachteile im Sinne von Art. 3 AsylG drohen würden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat im Referenzurteil E-1866/2015 festgestellt, dass Angehörige der tamilischen Ethnie bei einer Rückkehr nach Sri Lanka nicht generell einer ernstzunehmenden Gefahr von Verhaftung und Folter ausgesetzt sind (vgl. a.a.O. E. 8.3). Zur Beurteilung des Risikos von Rückkehrenden, Opfer ernsthafter Nachteile in Form von Verhaftung und Folter zu werden, wurden verschiedene Risikofaktoren identifiziert. Eine tatsächliche oder vermeintliche, aktuelle oder vergangene Verbindung zu den LTTE, ein Eintrag in der "Stop List" und die Teilnahme an exilpolitischen regimekritischen Handlungen wurden als stark risikobegründende Faktoren eingestuft, da sie unter den im Entscheid dargelegten Umständen bereits für sich allein genommen zur Bejahung einer begründeten Furcht führen könnten. Demgegenüber stellen das Fehlen ordentlicher Identitätsdokumente bei der Einreise in Sri Lanka, Narben und eine gewisse Aufenthaltsdauer in einem westlichen Land schwach risikobegründende Faktoren dar. Von den Rückkehrenden, die diese weitreichenden Risikofaktoren erfüllten, habe jedoch nur jene Gruppe tatsächlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ernsthafte Nachteile im Sinne von Art. 3 AsylG zu befürchten, die nach Ansicht der sri-lankischen Behörden bestrebt sei, den tamilischen Separatismus wiederaufleben zu lassen und so den sri-lankischen Einheitsstaat gefährde. Mit Blick auf die dargelegten Risikofaktoren seien in erster Linie jene Rückkehrer gefährdet, deren Namen in der am Flughafen in Colombo abrufbaren Stop-List vermerkt seien und der Eintrag den Hinweis auf eine Verhaftung beziehungsweise einen Strafregistereintrag im Zusammenhang mit einer tatsächlichen oder vermuteten Verbindung zu den LTTE enthalte. Entsprechendes gelte für sri-lankische Staatsangehörige, die sich im Ausland regimekritisch betätigt hätten (vgl. a.a.O. E. 8).
An dieser Einschätzung vermag auch die aktuelle – zwar als volatil zu bezeichnende – Lage in Sri Lanka nichts zu ändern. Am 16. November 2019 wurde Gotabaya Rajapaksa zum neuen Präsidenten Sri Lankas gewählt. Kurz nach der Wahl ernannte dieser seinen Bruder Mahinda zum Premierminister und band einen weiteren Bruder, Chamal Rajapaksa, in die Regierung ein; die drei Brüder Gotabaya, Mahinda und Chamal Rajapaksa kontrollieren im neuen Regierungskabinett zusammen zahlreiche Regierungsabteilungen oder -institutionen, und Beobachter und ethnische oder religiöse Minderheiten befürchten insbesondere mehr Repression und die vermehrte Überwachung von Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten, Journalistinnen und Journalisten, Oppositionellen und regierungskritischen Personen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe [SFH]: Regierungswechsel weckt Ängste bei Minderheiten, 21. November 2019). Am 5. August 2020 fanden Parlamentswahlen statt mit dem Resultat, dass der RajapaksaClan seine Macht in Sri Lanka ausweiten konnte (vgl. Sri Lanka: Rajapaksa-Clan weitet seine Macht weiter aus [nzz.ch] vom 7. August 2020). Das Bundesverwaltungsgericht ist sich dieser Veränderungen in Sri Lanka bewusst, beobachtet die Entwicklungen aufmerksam und berücksichtigt diese bei seiner Entscheidfindung. Zwar ist beim derzeitigen Kenntnisstand durchaus von einer möglichen Akzentuierung der Gefährdungslage auszugehen, der Personen mit einem bestimmten Risikoprofil ausgesetzt sind beziehungsweise bereits vorher ausgesetzt waren. Dennoch gibt es zum heutigen Zeitpunkt keinen Grund zur Annahme, dass seit dem Machtwechsel in Sri Lanka ganze Bevölkerungsgruppen kollektiv einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt wären. Unter diesen Umständen ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein persönlicher Bezug der asylsuchenden Personen zur Präsidentschaftswahl vom 16. November 2019 respektive deren Folgen besteht.
Die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Vorverfolgung neu vorgebrachten Verfolgungsvorbringen im Zusammenhang mit LTTE-Verbindungen, namentlich die Mitgliedschaft bei der JSO, Teilnahme an einem Training der LTTE, anschliessender Beitritt zu dieser Bewegung und (…)tätigkeiten für diese, haben sich als nicht glaubhaft erwiesen (vgl. E. 6.3). Es ergibt sich demnach keinerlei relevante Verbindung des Beschwerdeführers zu den LTTE. Ebenso wenig ist es ihm gelungen, Verfolgungsmassnahmen im Zusammenhang mit seinen exilpolitischen Aktivitäten glaubhaft zu machen (vgl. E. 6.4). Wie die Vorinstanz dazu in ihrer Vernehmlassung vom 30. Juli 2020 zusammenfassend zutreffend ausführte, sind die geltend gemachten exilpolitischen Tätigkeiten zum einen weder belegt noch hinreichend substanziiert worden und zum andern die Voraussetzungen für eine
regelmässige und dauerhafte qualifiziert exponierte exilpolitische Tätigkeit nicht gegeben.
Nach dem Gesagten erfüllt der Beschwerdeführer keine der oben erwähnten stark risikobegründenden Faktoren. Alleine aus der Zugehörigkeit zur tamilischen Ethnie und der gut 13-jährigen Landesabwesenheit kann er keine Gefährdung ableiten. Diesbezüglich ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass die Dauer der Landesabwesenheit nicht allein auf die Asylverfahren des Beschwerdeführers zurückzuführen ist, sondern teilweise eine Folge der ihm erteilten Aufenthaltsbewilligungen ist und den srilankischen Behörden bekannt ist, dass sich Tamilen aus unterschiedlichen Gründen im Ausland aufhalten. Sodann sind auch die pauschal geltend gemachten Narben des Beschwerdeführers und eine zwangsweise respektive durch die IOM begleitete Rückführung nach Sri Lanka schwach risikobegründender Faktoren, die nicht zur Annahme geeignet sind, dass er bei einer Rückkehr von den sri-lankischen Behörden als Bedrohung wahrgenommen würde und ihm ernsthafte Nachteile im Sinne von Art. 3 AsylG drohen könnten. Schliesslich vermag der Beschwerdeführer aus seinen Ausführungen zur aktuellen Sicherheitslage in Sri Lanka (vgl. Beschwerde
S. 22 ff.) kein konkreter Bezug zu seinen Verfolgungsvorbringen herzustellen.
Lehnt das SEM das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 AsylG).
Ist die asylsuchende Person nicht im Besitz einer Aufenthaltsoder Niederlassungsbewilligung, so kann sie ab Einreichung des Asylgesuchs bis zur Ausreise nach einer rechtskräftig angeordneten Wegweisung, nach einem Rückzug des Asylgesuchs oder bis zur Anordnung einer Ersatzmassnahme bei nicht durchführbarem Vollzug kein Verfahren um Erteilung einer ausländerrechtlichen Aufenthaltsbewilligung einleiten, ausser es bestehe ein Anspruch auf deren Erteilung (vgl. Art. 14 Abs. 1 AsylG; sog. Grundsatz des Vorrangs des Asylverfahrens [gegenüber dem ausländerrechtlichen Verfahren]). Falls ein solcher Anspruch bejaht wird, geht die Zuständigkeit
betreffend die Anordnung der Wegweisung von den Asylbehörden auf die kantonale Ausländerbehörde über, welche über das Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung entscheidet (vgl. dazu BVGE 2013/37 E. 4.4 und bereits Entscheidungen und Mitteilungen der vormaligen Asylrekurskommission [EMARK] 2001 Nr. 21 E. 8d). Wenn die kantonale Ausländerbehörde es bereits abgelehnt hat, gestützt auf Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, haben sich die Asylbehörden bei der Prüfung der Zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs nicht mehr mit Art. 8 EMRK zu befassen (vgl. EMARK 2001 Nr. 21 E. 12b S. 178 f. sowie E. 14a S. 179).
Der Beschwerdeführer verfügt – wie bereits vom Migrationsamt des Kantons G. in seiner Verfügung vom 19. Dezember 2018 festgehalten (vgl. dort E. 2.b) und auch vom SEM anerkannt (vgl. angefochtene Verfügung Ziff. III.1) – grundsätzlich über einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Nachdem die Verfügung vom 19. Dezember 2018 unangefochten blieb und der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer nicht geltend macht, es sei bei der zuständigen kantonalen Behörde ein (neues) ausländerrechtliches Bewilligungsverfahren hängig, wurde die Wegweisung von der Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung zu Recht angeordnet (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.).
In Bezug auf die Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gilt gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
Nach Art. 83 Abs. 3 AIG ist der Vollzug nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen. Vorliegend kommt dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zu. Das flüchtlingsrechtliche Rückschiebungsverbot von Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung
der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) und Art. 5 AsylG ist daher nicht anwendbar. Die Zulässigkeit des Vollzugs beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen verfassungsund völkerrechtlichen Bestimmungen (Art. 25 Abs. 3 BV; Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe [FoK, SR 0.105]; Art. 3 EMRK).
Der EGMR hat sich mit der Gefährdungssituation im Hinblick auf eine EMRK-widrige Behandlung namentlich für Tamilen, die aus einem europäischen Land nach Sri Lanka zurückkehren müssen, wiederholt befasst (vgl. EGMR, R.J. gegen Frankreich, Urteil vom 19. September 2013, Beschwerde Nr. 10466/11; T.N. gegen Dänemark, Urteil vom 20. Januar 2011, Beschwerde Nr. 20594/08; P.K. gegen Dänemark, Urteil vom 20. Januar 2011, Beschwerde Nr. 54705/08; N.A. gegen Grossbritannien, Urteil vom
17. Juli 2008, Beschwerde Nr. 25904/07). Dabei unterstreicht der Gerichtshof, dass nicht in genereller Weise davon auszugehen sei, zurückkehrenden Tamilen drohe eine unmenschliche Behandlung. Vielmehr müssten im Rahmen der Beurteilung, ob der oder die Betroffene ernsthafte Gründe für die Befürchtung habe, die Behörden hätten an seiner Festnahme und Befragung ein Interesse, verschiedene Aspekte – welche im Wesentlichen durch die in Erwägung 6.6.1 identifizierten Risikofaktoren abgedeckt sind (vgl. EGMR, T.N. gegen Dänemark, a.a.O., § 94) – in Betracht gezogen werden, wobei dem Umstand gebührend Beachtung zu schenken sei, dass diese einzelnen Aspekte, auch wenn sie für sich alleine betrachtet möglicherweise kein "real risk" darstellen, diese Schwelle bei einer kumulativen Würdigung erreichen könnten.
Nachdem der Beschwerdeführer – wie in den vorstehenden Erwägungen ausgeführt – nicht darlegen konnte, dass er befürchten müsse, bei einer Rückkehr ins Heimatland die Aufmerksamkeit der sri-lankischen Behörden in einem flüchtlingsrechtlich relevanten Ausmass auf sich zu ziehen, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, ihm würde aus demselben Grund eine menschenrechtswidrige Behandlung in Sri Lanka drohen.
Soweit sich der Beschwerdeführer bei der Frage der Zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs auf seine familiäre Situation und damit auf Art. 8 EMRK beruft, ist darauf im vorliegenden Verfahren nicht weiter einzugehen. Zwar stellte die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung angesichts der Geburt des zweiten Kindes des Beschwerdeführers am (…) unzutreffend fest, die Sachlage habe sich seit der kantonalen Verfügung vom
19. Dezember 2018 nicht verändert. Da die zuständige kantonale Behörde
aber über das Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bereits entschieden hat, hätte der Beschwerdeführer einen diesbezüglich veränderten rechtserheblichen Sachverhalt bei der zuständigen Ausländerbehörde geltend zu machen.
Nach dem Gesagten ist der Vollzug der Wegweisung – soweit im vorliegenden Verfahren zu prüfen – sowohl im Sinne der asylals auch der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.
Gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Eine entsprechende Prüfung entfällt im Falle des Beschwerdeführers jedoch, da aufgrund seiner Verurteilung Art. 83 Abs. 7 Bstn. a und b AIG zur Anwendung gelangen.
Gemäss Art. 83 Abs. 7 Bstn. a und b AIG wird eine vorläufige Aufnahme wegen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit (Art. 83 Abs. 2 und 4 AIG) nicht verfügt, wenn die betreffende Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe im Inoder Ausland verurteilt wurde, wenn gegen sie eine strafrechtliche Massnahme im Sinne von Art. 64 oder 61 StGB angeordnet wurde oder wenn sie erheblich oder wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder äussere Sicherheit gefährdet.
Das Bundesgericht hat den Begriff der «längerfristigen Freiheitsstrafe» im Sinne von Art. 62 Bst. b AIG (und damit auch den gleichlautenden Begriff von Art. 83 Abs. 7 Bst. a AIG) dahingehend konkretisiert, dass darunter im Sinne eines festen Grenzwertes eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu verstehen ist (BGE 135 II 377 E. 4.2). Dieser Praxis folgt das Bundesverwaltungsgericht im Bereich seiner endgültigen Entscheidkompetenz (vgl. u.a. Urteile des BVGer E-3405/2021 vom 1. September 2021 E. 9.4.3; E-3152/2018 vom 22. Juni 2018 E. 8.3.2; D-1105/2017 vom
31. Mai 2017 E. 4.2, m.w.H.).
Der Beschwerdeführer wurde vom Bezirksgericht G. zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe ([…] Jahre; vgl. Sachverhalt Bst. A.g) in obgenanntem Sinne verurteilt (Art. 83 Abs. 7 Bst. a AIG). Die Voraussetzung für einen von vornherein gegebenen Ausschluss der vorläufigen Auf-
nahme im Falle einer Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit ist damit grundsätzlich erfüllt. Dass der Vollzug der Strafe zugunsten einer Massnahme im Sinne von Art. 61 StGB aufgeschoben wurde, ändert nichts.
Der Ausschluss von der vorläufigen Aufnahme respektive deren Aufhebung muss verhältnismässig sein (Art. 5 Abs. 2 BV, Art. 96 Abs. 1 AIG). Dabei haben die für die Anordnung einer ausländerrechtlichen Massnahme zuständigen Behörden bei ihrer Ermessensausübung insbesondere das Interesse der Schweiz, die Ausländerin oder den Ausländer zur Verhinderung von zukünftigen kriminellen Handlungen aus der Schweiz fernzuhalten, deren privaten Interessen an einem Verbleib in der Schweiz gegenüber zu stellen. Zu berücksichtigen sind dabei namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens, die seit der Tat vergangene Zeit und das Verhalten des Betroffenen in dieser Periode, der Grad seiner Integration, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile. Es ist nicht von einer schematischen Betrachtungsweise auszugehen, sondern auf die gesamten Umstände des Einzelfalls abzustellen (vgl. BGE 135 II 377 E. 4.3; 134 II 1 E. 2.2 m.w.H.; Urteile des
BVGer E-789/2020 vom 19. August 2021 E. 4.3.1 – 4.3.3; D-1818/2018
vom 27. November 2020 E. 5; E-3822/2019 vom 28. Oktober 2020
E. 9–11; E-4243/2020 vom 16. Oktober 2020 E. 4.2; E-1642/2018 vom
8. April 2020 E. 4.4).
Die Interessenabwägung soll jedoch nicht auf eine vollständige Zumutbarkeitsprüfung hinauslaufen. Zudem darf dadurch nicht der Wortlaut von Art. 83 Abs. 7 AIG unterlaufen werden (vgl. Urteil BVGer F-177/2016 vom 7. Februar 2017 E. 5.3).
Zu beachten ist sodann, dass die Ausschlussgründe von Art. 83 Abs. 7 AIG nicht die Sanktionierung vergangener Straftaten, sondern den Schutz der Öffentlichkeit vor künftigen Delikten der ausländischen Person bezwecken und damit im Wesentlichen präventive Schutzinteressen erfüllt (vgl. dazu RUEDI ILLES, in: Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG], 2010, Art. 83 N 54; SPESCHA / THÜR
/ ZÜND / BOLZLI / HRUSCHKA / DE WECK, Kommentar Migrationsrecht, 5. Auflage, Zürich 2019, N 39 zu Art. 83 AIG).
Das SEM hat in der angefochtenen Verfügung zwar auf die Notwendigkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung hingewiesen und auch zutreffend dargelegt, dass angesichts der Straffälligkeit des Beschwerdeführers eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu bejahen sei. Die privaten
Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz (beispielsweise der mittlerweile mehr als zehnjährige Aufenthalt, der Verbleib bei den Kindern und der Ehefrau, das Verhalten seit Beendigung des Massnahmevollzugs, Aufnahme einer Erwerbstätigkeit) blieben jedoch unerwähnt und damit offensichtlich unberücksichtigt. Insbesondere äusserte sich das SEM auch in seiner Vernehmlassung nicht zu den diesbezüglichen Informationen im mit der Beschwerde eingereichten Kurzbericht über den Verlauf der Probezeit und Bewährungshilfe. Weder aus dem Protokoll der Anhörung 19. September 2018 noch aus den übrigen vorinstanzlichen Akten ist ersichtlich, dass das SEM dem Beschwerdeführer vor Erlass der angefochtenen Verfügung die Möglichkeit eingeräumt hätte, sich zu seinen persönlichen Verhältnissen zu äussern. Lediglich – wenn auch zutreffend
das öffentliche Interesse an einem Wegweisungsvollzug darzulegen, ohne diesem das Interesse an einem Verbleib in der Schweiz gegenüberzustellen, stellt keine genügende Verhältnismässigkeitsprüfung dar.
Somit ergibt sich, dass die Vorinstanz in Bezug auf die Verhältnismässigkeitsprüfung den Sachverhalt nicht rechtsgenügend erstellt und im Rahmen dieser Verhältnismässigkeitsprüfung nicht alle relevanten Faktoren berücksichtigt hat.
Gemäss Art. 61 Abs. 1 VwVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in der Sache selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück. Eine Kassation und Rückweisung an die Vorinstanz ist insbesondere angezeigt, wenn weitere Tatsachen festgestellt werden müssen und ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen ist (vgl. WEISSENBERGER/HIRZEL, Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2016, Art. 61 VwVG, N 16 S.1264). Die in diesen Fällen fehlende Entscheidungsreife kann grundsätzlich zwar auch durch die Beschwerdeinstanz selbst hergestellt werden, wenn dies im Einzelfall aus prozessökonomischen Gründen angebracht erscheint; sie muss dies aber nicht (vgl. EMARK 2004 Nr. 38 E. 7.1).
Im vorliegenden Fall ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, da die Erstellung des Sachverhalts bezüglich des Wegweisungsvollzuges weiterer Abklärungen bedarf und die weiteren Untersuchungsmassnahmen den Rahmen des Beschwerdeverfahrens sprengen würden.
Die Beschwerde ist somit teilweise gutzuheissen. Die Dispositivziffern 4–6 der Verfügung vom 11. Mai 2020 sind aufzuheben, und die Sache ist zur
Neubeurteilung des Wegweisungsvollzugs im Sinne der Erwägungen an das SEM zurückzuweisen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens (hälftiges Obsiegen) sind dem Beschwerdeführer für sein hälftiges Unterliegen reduzierte Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Diese betragen Fr. 375.– und dem am 30. Juni 2020 geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 750.– zu entnehmen. Der Restbetrag von Fr. 375.– ist zurückzuerstatten.
Soweit der Beschwerdeführer obsiegt, hat er Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihm erwachsenen notwendigen Kosten, die vom SEM auszurichten ist (Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 7 Abs. 1 und 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Angesichts des hälftigen Obsiegens ist die Parteientschädigung indessen zu reduzieren. Der Rechtsvertreter reichte am 3. September 2020 eine Kostennote zu den Akten. Darin werden ein Aufwand von 13.70 Stunden bei einem Stundenansatz von Fr. 300.–, Auslagen von Fr. 21.70 sowie eine Mehrwertsteuer von Fr. 315.–, total Fr. 4'406.20 ausgewiesen. Diese Kostennote erscheint angemessen. Der ausgewiesene Stundenansatz ist für die Bemessung der Parteientschädigung reglementskonform (Art. 10 Abs. 2 VGKE). Demnach ist die vom SEM zu entrichtende, um die Hälfte zu reduzierende Parteientschädigung auf Fr. 2204.– (aufgerundet, inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen.
(Dispositiv nächste Seite)
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit damit die Aufhebung der angefochtenen Verfügung im Wegweisungsvollzugspunkt beantragt wurde. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Die vorinstanzliche Verfügung vom 11. Mai 2020 wird hinsichtlich der Dispositivziffern 4–6 aufgehoben, und die Sache wird zur Neubeurteilung des Wegweisungsvollzugs im Sinne der Erwägungen an das SEM zurückgewiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 375.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag wird dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 750.– entnommen. Der Restbetrag von Fr. 375.– wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet.
Das SEM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine (reduzierte) Parteientschädigung von Fr. 2'204.– auszurichten.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.
Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:
Daniela Brüschweiler Daniel Widmer
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